Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
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Gesundheitsförderung und Prävention September 2018 spectra 121 mHealth 2–3 mHealth und der Nutzen für die Gesundheit Die Digitalisierung ist ein Megatrend, den das Smartphone nochmals beschleunigt hat. Das Bundesamt für Statistik gab für das Jahr 2017 bekannt, dass 72 Prozent der in der Schweiz lebenden Bevölkerung das Internet unterwegs nutzen, davon 98 Prozent mit dem Mobiltele- fon. Entlang dieses Trends ist in den letzten Jahren auch die Zahl der mobilen Anwendungen im Gesundheits- und Fitnessbereich stark angestiegen. Welche Entwicklungen, Chancen und Herausforderungen sich daraus ergeben, zeigt diese Ausgabe. 6–7 Gesundheitsspezifische Daten und ihr Schutz Gesundheitsdaten sind ein wertvolles Gut. Umso wichtiger ist es, sich zu fragen, was mit den Gesundheitsdaten passiert, die über Apps und andere mobile Geräte gemessen und getrackt werden. Im Interview mit der Datenschutzexpertin Barbara Widmer erfahren wir unter anderem denn auch, wie wir diese Daten als Anwenderin und Anwender besser schützen können. 12 Chancengleichheit und mHealth Die Frage, wer von neuen technologischen Errungenschaften profitieren kann, stellt sich immer wieder neu. So auch bei der Nutzung digitaler Medien. Diese Kluft, die zwischen den Menschen, die dank den neuen, digital verfügbaren Angeboten ihr Wissen vergrössern können, und denjenigen, die an diesem Fortschritt nicht teilhaben können, wird als Digital Divide bezeichnet. Wie diese in Bezug auf mHealth-Anwendungen minimiert werden kann, zeigt dieser Beitrag.
mHealth – über die Möglichkeiten mobiler Anwendungen im Gesundheit Der digitale Wandel verändert Einsatzes digitaler Technologien auf: mHealth als Teil von eHealth sich weisen müssen. Noch fehlen vieler- unseren Alltag tiefgreifend. Das Diese sollen den Behandlungsprozess mHealth (mobile Gesundheit) ist ein orts Evidenzen und somit fundierte Er- Smartphone hat diese Entwicklung unterstützen und die Gesundheitsver- Teilbereich von eHealth.4 In Anlehnung gebnisse, um mHealth-Anwendungen nochmals beschleunigt. Es ist sorgung der Bevölkerung in der Schweiz an die Definition der Weltgesundheits- im medizinischen Bereich vorbehaltslos immer und überall dabei und wird verbessern helfen. Nebst der Einfüh- organisation WHO wird mHealth be- empfehlen bzw. einsetzen zu können. So mehr und mehr auch im Bereich der rung des EPD sieht er Massnahmen zur zeichnet als die «medizinischen Verfah- zeigt die App PathMate des Center for Prävention und der Gesundheitsför- Unterstützung der Entwickler von ren sowie Massnahmen der privaten Digital Health Interventions der Univer- derung (Messung von Fitness- und mHealth-Anwendungen sowie höhere und öffentlichen Gesundheitsfürsorge, sität Sankt Gallen und der ETH Zürich Gesundheitsdaten) und auch im Transparenz bezüglich Datenschutz und die durch Mobilgeräte wie Mobiltelefo- vielversprechende Resultate (s. Seite 4). medizinischen Alltag (Messung von Datensicherheit von eben solchen An- ne, Patientenüberwachungsgeräte, per- Besondere Rücksicht zu nehmen ist Vitaldaten, Koordination und Krank- wendungen gegenüber den Anwendern sönliche digitale Assistenten (PDA) und beim Einsatz von mHealth-Applikatio- heitsmanagement) eingesetzt. Der vor. Als Ziele nennt die Strategie eine andere drahtlos angebundene Geräte nen auf die Digital Immigrants, d.h. medizinische Anwendungsbereich bessere Qualität und eine höhere Effizi- unterstützt werden».5 ältere Menschen und andere benachtei- besitzt gegenüber anderen Wirt- enz in der Versorgung, einen verbesser- ligte Menschen (vgl. den Beitrag zur schaftssparten allerdings Aufholbe- ten Informationsaustausch sowie effizi- Neue technische Möglichkeiten Chancengleichheit auf Seite 10). Auch darf, nicht zuletzt aufgrund höherer entere Versorgungsprozesse. ersetzen keine medizinische sie sollen die digitalen Technologien Anforderungen an die Sicherheit Behandlung nutzen können, weshalb ihnen Möglich- und den Schutz gesundheitsspezifi- Im medizinischen Alltag werden keiten geboten werden müssen, die da- scher Daten. Mobile Gesundheitsanwen- mHealth-Anwendungen eingesetzt, die für nötigen Kompetenzen zu erwerben. dungen ersetzen in keinem nebst dem oben erwähnten Beispiel Vi- eHealth Suisse, das Koordinationsorgan Falle die ärztliche Betreuung talwerte wie Puls, Blutzuckerspiegel, mHealth als Medizinalprodukt von Bund und Kantonen, wurde mit der Blutdruck, Körpertemperatur oder Ge- Wann mHealth-Anwendungen als Medi- «Strategie eHealth Schweiz 2.0»1 beauf- und die Arzt-Patienten-Kom- hirntätigkeiten messen oder an die Medi- zinprodukte gelten (d.h. als «eigenstän- tragt, die Einführung des elektronischen munikation, sie können diese kamenteneinnahme oder an den bevor- dige Medizinprodukte-Software» bzw. Patientendossiers (EPD) zu begleiten. aber erleichtern. stehenden Arztbesuch erinnern. Auch «mobile medizinische Applikation» / Im Jahr 2017 hat es auch erste Empfeh- Fitness- und Ernährungsempfehlungen App), wird in der Schweiz von der Medi- lungen im Umgang mit mHealth-An- können durch mHealth-Anwendungen zinprodukteverordnung (MepV, SR wendungen herausgegeben.2 Eine Visi- So werden Patientinnen und Patienten in abgegeben werden. Dadurch, dass im- 812.213), die von der europäischen on der Strategie eHealth 2.0 lautet, dass Zukunft nicht nur auf ihr EPD zugreifen mer mehr Menschen ein Smartphone be- Richtlinie über Medizinprodukte (93/42/ die Bevölkerung in der Schweiz digital können, sondern ihm auch Daten und sitzen, eröffnet der Bereich mHealth den EWG) abgeleitet ist, und von der EU- kompetent ist und ihre Möglichkeiten Unterlagen hinzufügen können, auch sol- Leistungserbringern ganz andere Mög- Leitlinie MEDDEV 2.1/6 geregelt. Ein neuer Technologien für ihre Gesundheit che, die von mHealth-Anwendungen lichkeiten der Versorgung. Mobile Ge- Merkblatt von Swissmedic gibt hierzu optimal nutzt. Gleichzeitig sollen auch (Apps) stammen. Es könnten so raschere sundheitsanwendungen ersetzen jedoch näher Auskunft («Eigenständige Medi- Gesundheitseinrichtungen und Gesund- Diagnosen gestellt und/oder eine Be- in keinem Falle die ärztliche Betreuung zinprodukte-Software», siehe Beitrag heitsfachpersonen digital so vernetzt handlung durch geeignete Applikationen und die Arzt-Patienten-Kommunikation, auf Seite 7). sein, dass sie entlang der Behandlungs- begleitet werden. Ein Beispiel: Am Insel- sie können diese aber erleichtern. In der Schweiz, den EWR-Staaten und kette Informationen elektronisch aus- spital Bern wird die Bariatrie-App einge- Die in dieser Ausgabe vorgestellten Pra- der Türkei werden Medizinprodukte im tauschen und erfasste Daten mehrfach setzt, die eine Nachversorgung nach der xisbeispiele sollen einen Einblick in Ent- Gegensatz zu Arzneimitteln nicht durch verwenden können.3 Magenbypass-Operation unterstützt. Ge- wicklungen und den möglichen Nutzen eine behördliche Zulassung verkehrsfä- nerell fehlen aber noch verbindliche für Anwenderinnen und Anwender, Pa- hig, sondern sie werden verkehrsfähig, «Gesundheit2020» Standards zur Austauschbarkeit von In- tientinnen und Patienten sowie Gesund- nachdem sie das zutreffende Konformi- und digitale Technologien formationen unter mHealth-Anwendun- heitsfachpersonen geben. Ob mit tätsbewertungsverfahren erfolgreich Der Bundesrat ruft in seiner Strategie gen (im Beispiel hier etwa zwischen Pa- mHealth wie behauptet künftig auch durchlaufen haben (Zertifikat bzw. EG- «Gesundheit2020» zur Förderung des tient und Leistungserbringer). Kosten gesenkt werden können,6 wird Konformitätserklärung). In Verkehr ge- Forum mHealth – mind your health? mentieren, analysieren, verarbeiten so- Zusammenarbeit in der medizinischen Es braucht eine Zusammenführung der Sind Sie optimistisch oder pessimis- wie austauschen. Aus ärztlicher Perspek- Versorgung denkbar. Neue analytische Daten in die Informationssysteme der tisch? Bezogen auf die Wahrnehmung tive haben mHealth-Anwendungen das Möglichkeiten, die bislang kaum im me- jeweiligen Fachpersonen unter Berück- von mHealth gibt es jene, die das pure Potenzial, die Patienten in ihrer ge- dizinischen Alltag möglich waren, sichtigung des Kontexts. Nur so können Chaos wittern. Ein Durcheinander in wohnten Umgebung zu unterstützen. (Mustererkennungen, personalisierte mittels mHealth Behandlungsqualität, Bezug auf Sicherheit, Privatsphäre, feh- Diese Entwicklung wird auch seitens der Prognosen etc.) zeichnen sich ab. Bisher -sicherheit und -effizienz verbessert und lende Regulierung und fragliche Wirk- Patienten vorwärtsgetrieben, indem sie werden diese Potenziale kaum genutzt der erwünschte Public-Health-Nutzen für samkeit. Zum Schluss seien wir alle nur über die Nutzung digitaler Informationen und ihre Finanzierung ist mitnichten Patientinnen und Patienten erzielt wer- noch gläserne Patienten. Am anderen souveräner und aktiver werden in Bezug sichergestellt. Nachholbedarf besteht den. Denn der Handlungsspielraum ist Ende der Bandbreite finden sich jene, die auf ihr Gesundheitsverhalten. Diverse insofern, als dass mHealth-Anwen- abhängig von den vorhandenen Mög- in den Anwendungen ein riesiges Poten- Studien lassen vermuten, dass mHealth dungen wegkommen müssen vom Fokus lichkeiten – oder anders ausgedrückt: zial sehen, u.a. für Prävention und Ge- auch zu einer Verminderung gesundheit- des individuellen Gesundheitsverhaltens keine Agency ohne entsprechende Struk- sundheitsförderung. mHealth verein- licher Ungleichheit beitragen könnte. und von marktgetriebenen Entwick- turen und umgekehrt. fache die Kommunikation, die Prozesse Über diese Anwendungen können Public- lungen hin zu einer Perspektive, die der und ermögliche auch bisher unerreichten Health-Informationen und -Dienstleis- breiten Öffentlichkeit dient und die nebst Linda Hadorn, Gruppen den Zugang zum Gesundheits- tungen einen Weg zu jenem Teil der Verhalten auch die Änderungen von Ver- Abteilung Public Health FMH, system. Zudem spare es Kosten und Bevölkerung finden, dem der Zugang hältnissen sowie das soziale Zusammen- linda.hadorn@fmh.ch verbessere die Patientensicherheit. Die bisher aus unterschiedlichen Gründen leben in den Fokus rückt. Die Angebote Realität liegt wohl irgendwo dazwischen. verwehrt geblieben ist.2 sind auch auf die Bedürfnisse, Fertig- Reinhold Sojer, keiten und das Wissen der Nutzenden Abteilung Digitalisierung/eHealth FMH, Die Zahl der täglichen Internetnutzenden mHealth kann, Anwenderfreundlichkeit auszurichten. Seitens Fachkräfte ist für reinhold.sojer@fmh.ch liegt bei über 3 Milliarden.1 Damit kann vorausgesetzt, medizinische Fachper- die effektive Unterstützung bei diagnos- das Potenzial mobiler Anwendungen fast sonen bei der Informationsbeschaffung, tischer und therapeutischer Tätigkeit die 1 I nternet Live Stats [Stand: 29.3.2018], http://www. internetlivestats.com/internet-users. nicht überschätzt werden. Mit mHealth der Entscheidfindung oder der interpro- weitgehend automatisierte Aufbereitung 2 Bauer A.M.; Rue T. et al.: Use of Mobile Health (mHealth) lassen sich unabhängig von Ort und Zeit fessionellen Zusammenarbeit unterstüt- der Daten mit geeigneter Darstellung der Tools by Primary Care Patients in the WWAMI Region Practice Research Network (WPRN), http://www.jabfm. unterschiedlichste gesundheits- oder zen. Durch die Integration von Anwen- im jeweiligen Behandlungskontext ent- org/content/27/6/780.full; Grady A.; Yoong, S. et al.: krankheitsbezogene Informationen und dungen in die ärztliche Tätigkeit sind scheidungs- und behandlungsrelevanten Improving the public health impact of eHealth and mHealth interventions, https://doi.org/10.1111/1753- Daten manuell oder automatisiert doku- neue effiziente Modelle und Formen der Informationen von grosser Wichtigkeit. 6405.12771, Erstpublikation: 31.1.2018. 2 spectra 121 | September 2018 | mHealth
Aus erster Hand tswesen Wer hat auf seinem Smartphone nicht schon den Schrittzähler benutzt? Der SCHEMA ZUR KLASSIFIKATION VON MHEALTH-ANWENDUNGEN7 Megatrend Digitalisierung hat es möglich gemacht und auch alle anderen Gesund- heits- und Fitness-Apps, die über das allzeit verfügbare Smartphone bedient werden Wellness Prävention Diagnostik Therapie Kontrolle können, sind Teil davon. Die Apps sind in der Lage, unseren Körper genauestens zu vermessen – sei es, um unser Bewegungs- Information/ Gesundheitsinformation, Kommunikation und Befähigung von Interessen-/ verhalten zu tracken, unsere sportlichen Kommunikation Anwendergruppen Leistungen und unsere Effizienz zu steigern, die Schlafphasen zu erfassen oder Ernährungsempfehlungen abzugeben. Überwachung Beurteilung kranker Menschen Doch alles in allem bleiben sie lediglich ein Überwachung Hilfsmittel. Eines, das uns allerdings dabei gesunder unterstützen kann, unseren Körper besser Menschen Compliance-Management kennenzulernen, gesund zu erhalten oder Intervention (Medikationstreue, unsere Gesundheit zu verbessern. Medikationsinteraktion) mHealth-Apps besitzen daher ohne Zweifel auch grosses Potenzial für die Prävention «Quantified Self» von nichtübertragbaren Krankheiten, den Monitoring (Self Tracking) sogenannten NCDs wie Krebs, Diabetes Versorgungsmanagement oder Erkrankungen des Bewegungsappa- rates – gerade für Menschen, die von diesen Krankheiten betroffen sind oder bei Koordination/ Unterstützung des Praxis-/Klinikmanagements denen die Wahrscheinlichkeit gross ist, Kollaboration künftig an einer solchen zu erkranken. Die hohe Verfügbarkeit von Smartphones und die Vielzahl an kostenlosen Apps machen Bereich für die Bevölkerung Patientenbereich Administrativer Bereich es somit möglich, dass immer mehr Menschen von immer mehr Möglichkeiten Der Einsatz von mHealth-Anwendungen ist entlang des gesamten Behandlungspfades gegeben. profitieren können, ihrer Gesundheit etwas Gutes zu tun. Für Präventionsfachleute kann es eine brachte Medizinprodukte müssen zu- sicherungen oder Arbeitnehmern nicht cherheit, Schutz und Verlässlichkeit der grosse Herausforderung sein, den dem mit der CE-Kennzeichnung möglich macht, Gesundheitsdaten ihrer Daten unter Berücksichtigung ethischer Menschen den Nutzen von mehr Bewe- versehen sein. Versicherten bzw. Angestellten unrecht- Normen auf der anderen Seite sind mit- gung oder auch einer gesünderen Ernäh- Ein wichtiger Aspekt bei der Verwen- mässig zu verwenden oder weiterzu- tel- und längerfristig ausschlaggebend rung aufzuzeigen. Mit mHealth-Applikati- dung von gesundheitsspezifischen Daten verkaufen. Auch diesbezüglich ist noch für ihren Erfolg. Sind diese Mindestan- onen, die durch spielerische Elemente, ist deren Korrektheit. Sind diese nicht einiges zu leisten (vgl. auch das Inter- forderungen erfüllt, werden auch keine eine hohe Anwenderfreundlichkeit und zuverlässig, gefährden sie unter Um- view mit der Datenschutzexpertin Bar- strengen Regulierungen nötig sein, die hohe Datensicherheit auffallen, könnte nun ständen die Gesundheit der Anwende- bara Widmer auf Seite 6/7). unter dem Etikett «Innovationsbremse» ein empfehlenswertes Mittel vorhanden rinnen und Anwender mehr, als dass sie ins Feld geführt werden. sein, das die Motivation erhöht und den diese fördern. Aber auch die Forschung Persönliche Sicherheit im Schritt dahin, etwas für die eigene ist auf verlässliche Daten angewiesen. Umgang mit mHealth Stefan Spycher, Gesundheit zu tun, erleichtert. Zu begrüssen wäre deshalb eine Form Anwenderinnen und Anwender von Vizedirektor, der Zertifizierung oder Einführung von mHealth-Applikationen sollten heute Direktionsbereich Gesundheitspolitik Um dies zu erreichen, sind die Kräfte aller Qualitätslabels, Letztere auch für Ge- schon minimale Sicherheitsvorkehrun- gefragt: Es braucht Unternehmen und sundheits- und Fitness-Apps, die das gen im persönlichen Gebrauch von Ap- Forschende, die bedienerfreundliche Vertrauen nicht nur bei Anwenderinnen plikationen beachten und sich zum Bei- Anwendungen mit hohen ethisch-mora- und Anwendern, sondern auch beim spiel nicht mit ihren Benutzerdaten für lischen Standards entwickeln und herstel- medizinischen Fachpersonal erhöhen. Twitter oder Facebook anmelden. App- len; es braucht die Ärzteschaft und weitere Hersteller wiederum sollten erwähnen, Gesundheitsberufe, die zusammen mit ihren Datenschutz und -sicherheit welche Daten sie wo speichern, und den Patientinnen und Patienten den Schritt vs. unternehmerische Freiheit Nutzerinnen und Nutzern Möglichkeiten unternehmen, geeignete digitale Anwen- Gesundheitsdaten sind schon von Rechts aufzeigen, selbst zu entscheiden, wel- dungen zu nutzen. Nur so ist es möglich, wegen ein in besonderem Masse schüt- che Daten sie mitteilen möchten und vom Potenzial, das mHealth verspricht, zu zenswertes Gut. Dieses gegen Einwände welche nicht (Opt-in/Opt-out). Oft hin- profitieren. der Wirtschaft auszuspielen, die darin dern allgemeine Geschäftsbedingungen 1 Health Suisse: Strategie eHealth Schweiz 2.0 e 2018–2022, vom 1.3.2018. eine Beschränkung unternehmerischer von Anbietern die Selbstbestimmung 2 eHealth Suisse: mobile Health: mHealth, Empfehlungen Freiheit sieht, geht deshalb nicht an. der Nutzerinnen und Nutzer über ihre I, vom 16.3.2017. 3 Strategie eHealth Schweiz 2.0 2018–2022, 1.3.2018, S. 4. Und trotzdem: Es müssen gemeinsame Daten. Sie fallen meist so lang aus, dass 4 «Unter eHealth oder elektronischen Gesundheitsdiens- Lösungen gefunden werden, damit eine sie gar nicht gelesen werden. Trotzdem ten wird der integrierte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie zur Gestaltung, Überregulierung die Möglichkeiten von ist man gezwungen, diesen zuzustim- Unterstützung und Vernetzung aller Prozesse und Akteure im Gesundheitswesen verstanden.», unter: mHealth für das Gesundheitssystem men, will man Zugang zur App erhalten. www.e-health-suisse.ch, [Stand: 13.4.2018]. nicht zu sehr einschränken. Nur so kön- In Zukunft werden digitale Technologien 5 Aus der Studie der FHS St. Gallen: mHealth im Kontext des elektr. Patientendossiers, Eine Studie im Auftrag von nen auch Produkte auf den Markt kom- im Gesundheitswesen eine immer wich- eHealth Suisse, S. VIII; WHO World Health Organization: men, die für eine Anwendung zu Ge- tigere Rolle spielen. Eine gewisse Exper- mHealth. New Horizons for Health Through Mobile Technologies, Geneva, 2011, S. 6. sundheitszwecken zuverlässig und tise und somit ein gesundes kritisches 6 Eine Studie von A. T. Kearney aus dem Jahr 2013 geht vertrauenswürdig sind sowie ethische Verhältnis gegenüber mHealth-Anwen- von «eine[r] Verbesserung der Patientenbehandlung und Roy Salveter -sicherheit» sowie «nachhaltige[n] Kostensenkungen für und datenschutzrechtliche Standards dungen von Nutzerinnen und Nutzern das Gesundheitssystem unter Nutzung der vorhandenen Leiter Abteilung Prävention technischen Infrastruktur wie Smartphones» aus, in: erfüllen. Und so ist auch für den Herstel- sowie der Behandelnden auf der einen A. T. Kearney (2013): Mobile Health: Fata Morgana oder nichtübertragbarer Krankheiten ler ein Einsatz in diesen Markt lohnens- Seite und die gemeinsam von Entwick- Wachstumstreiber?, S. 4. 7 Quelle: in Anlehnung an A.T. Kearney, vgl. eHealth wert. Es müssen aber auch Massnahmen lern, Herstellern, Experten und Fachleu- Suisse: mobile Health. mHealth, Empfehlungen I, getroffen werden, die es dann etwa Ver- ten zu lösenden Aufgaben bezüglich Si- vom 16.3.2017, S. 5. spectra 121 | September 2018 | mHealth 3
Mit Anna und Lukas zu mehr Bewegung finden Interview mit Tobias Kowatsch. Die Apps nach der ersten Euphorie, d.h. nach «digitale Pille» PathMate ist eines zirka drei Tagen, nicht mehr genutzt. Wir «Digitale Pille» PathMate der Projekte am Digital Center for haben uns gefragt, wie kommunizieren Die App gestaltet sich entlang einer Story: Ein digitaler Freund geht verloren, den Health Interventions (CDHI) der Menschen? Sieht man sich um, dann ge- man auf einer Insel suchen gehen muss. Schritte – und damit Bewegung – sam- Universität St. Gallen und der ETH schieht das meist mit Messaging Apps wie melt man, indem etwa eine Wasserstelle gesucht werden muss, um auf der Insel Zürich, mit dem die physische mit z.B. WhatsApp. Daraufhin haben wir eine überleben zu können. Um von einer Insel zur nächsten zu gelangen, pustet man der digitalen Welt zusammenge- ähnliche Chat App kreiert. in die Segel eines virtuellen Segelboots und führt so eine Atemübung durch und bracht werden soll. PathMate will Eine Herausforderung ist nach wie vor lernt gleichzeitig, mit Stress besser umzugehen. Bezüglich des Essverhaltens Kinder und Jugendliche, die an das Umfeld, in dem Kinder und Jugendli- können die Kinder und Jugendlichen Fotos ihrer Mahlzeiten einsenden, die mit Adipositas leiden, Hilfe zu einer che mit Adipositas leben und aufwachsen. Ernährungsexperten in einer Sprechstunde angeschaut werden. Das tägliche Verhaltensänderung bieten. Finan- Eltern sind oft geschieden, haben einen digitale Coaching passiert dabei über die beiden Chatbots Anna oder Lukas. Wird ziert wird das Projekt vom Schwei- Migrationshintergrund, und so ist es teil- während bspw. dreier Tage nicht geantwortet, erfolgt eine Meldung direkt beim zerischen Nationalfonds (SNF). Das weise schwierig, mit ihnen in der Sprech- Leistungserbringer, der seinerseits interveniert (über einen zweiten Chatkanal CDHI arbeitet dabei mit Partnern stunde zu kommunizieren. Auch haben oder ganz traditionell via Telefon). des Universitätsspitals in Genf und sie oftmals keine Zeit für ihre Kinder oder dem Ostschweizer Kinderspital St. wollen nach einem harten Arbeitstag ihre Gallen zusammen. Wir haben uns Ruhe. Kommt von ihrer Seite keine Unter- mit Tobias Kowatsch, dem Scienti- stützung, nützt auch die beste Technolo- fic Director des CDHI, über das gie nichts. ben und sich unterstützt zu fühlen. Dazu bot nützlich, der zudem noch eine Ge- Projekt unterhalten. muss allerdings von Beginn an ein Ver- schichte erzählen sollte. Damit ein sol- Wo sehen Sie den Zusatznutzen trauensverhältnis vorhanden sein. ches Projekt allerdings zur Marktreife spectra: Was tun Sie am Center einer solchen Applikation in gelangt, braucht es ein Unternehmen, for Digital Health Interventions? Bezug auf die Behandlung von das die Produktentwicklung macht und Tobias Kowatsch: Wir beschäftigen uns Adipositas im Gegensatz zu «Zuoberst steht das praktische diese «digitale Pille» professionell anbie- seit mehreren Jahren damit, die physi- einer gängigen Behandlungs- tet. Das können nicht wir tun. Problem, das uns die Ärzte sche und die digitale Welt zusammenzu- methode? bringen und bestimmte Verhaltenswei- Normalerweise bekommen die Patientin- vorgeben.» Haben Sie bereits Resultate sen zu unterstützen. PathMate war im nen und Patienten Aufgaben mit nach aus der Studie? Jahr 2012 das erste Projekt im Gesund- Hause: Inlineskaten, mit den Eltern ei- Die klinische Studie muss zeigen, dass heitsbereich. Allerdings hatten wir nie nen Ausflug zu Fuss machen, Entspan- Weiter ist der State of Receptivity (Mes- die Kinder erreicht werden und dass ein die Intention, etwa Spitäler in intensiv- nungsübungen usw. Einen Tag vor der sung der Aufnahmebereitschaft) für uns Einfluss auf Alltagsbewegung und Er- medizinischen Fragestellungen zu unter- nächsten Konsultation einen Monat spä- wichtig, um zu erkennen, wann der beste nährungsverhalten, Stress usw. erzielt stützen. Vielmehr wollten wir auf das ter füllen sie ihr Tagebuch aus. Sie wis- Zeitpunkt ist, mit dem Patienten zu kom- werden kann. Die Folge sollte ein redu- Alltagsverhalten und Lebensstilverände- sen dann zwar noch, was sie heute getan munizieren, und dieser bereit ist, darauf zierter BMI sein, was die Fragestellung rungen einwirken. Das heisst etwa auf haben, doch was letzte Woche war, meist zu reagieren. Hier nutzen wir die Senso- der Ärzte war. Wir wissen aber noch Ernährungsweisen und das Bewegungs- nicht mehr. Eine «digitale Pille» hinge- rik: Telefoniert die Person, schläft sie, ist nicht, wie die Studie endet, die Ergebnis- verhalten oder auch, wie mit Stress um- gen muss nicht manuell ausgefüllt wer- sie in einem Meeting? Es ist wahrschein- se liegen uns noch nicht vor. gegangen wird. Alle diese Faktoren sind den, sondern die Daten können zumeist lich ein besserer Zeitpunkt, wenn das Was wir jedoch sagen können, ist, dass für viele Krankheitsbilder relevant und automatisch erhoben werden und geben Smartphone entsperrt ist, als wenn ich die jungen Patienten am Ende der 6-mo- müssen im Alltag selbst in Angriff ge- so dem Behandelnden ein objektiveres merke, die Person joggt jetzt gerade. natigen, hochfrequenten Intervention nommen werden. Bild ab und ermöglichen gegebenenfalls So schicken wir über den Tag verteilt (d.h., es gab jeden Tag eine kleine Aufga- schnellere und bessere Interventionen. Nachrichten hinaus und messen, wann be) über 50 Prozent der täglichen Ziele Welche Spezialisten und der Patient geantwortet hat und wann erreicht haben. Es gibt sicher noch Ver- Experten beschäftigen Sie? Wie ist PathMate aufgebaut? nicht, d.h., wir versuchen auch, Vorher- besserungspotenzial, doch wüsste ich Unser Team besteht zu 80 Prozent aus In- PathMate ist wie jedes unserer Projekte sagemodelle zu entwickeln. Unser keine digitale Intervention, die ein ähnli- formatikerinnen und Informatikern, zu 20 entlang einer Pyramide aufgebaut (s. Ab- Hauptauftrag dabei bleibt, zum richtigen ches Ergebnis geschafft hat. Das sind Prozent aus Psychologen. Wir selbst sind bildung 1). Zuoberst steht das praktische Zeitpunkt Unterstützung zu bieten und nun wirklich objektive Daten. Es stellt daher keine medizinischen Domänenex- Problem, das uns die Ärzte vorgeben. Un- intervenieren zu können (Digital Coa- sich nur die Frage, ob die Ziele adäquat perten. In unseren Projekten benötigen sere Arbeit beginnt dort, wo wir uns ching). sind. wir daher immer Ärztinnen und Ärzte, die überlegen, welches der aktuelle State of uns sagen, wo das Problem liegt. Unsere Vulnerability (Messen der Verwundbar- Was sind die Rahmenbedin- Mehr Informationen: Hauptaufgabe ist es, uns zu überlegen, keit) ist oder derjenige in naher Zukunft. gungen, die erfüllt sein müssen, http://www.c4dhi.org/lab/projects/ wie Technologie Gesundheitsverhalten D.h., dass wir rechtzeitig erkennen kön- damit ein solches Instrument pathmate/ unterstützen kann, um im Alltag besser nen, wann eine Intervention seitens der systematisch in der Behandlung mit dem Krankheitsbild klarzukommen. Ärzte angezeigt ist. Bei PathMate kann von Adipositas eingesetzt wer- Kontakt: das dann sein, wenn der Patient seit eini- den kann? Tobias Kowatsch, Welchen Herausforderungen sind gen Tagen nicht mehr mit uns kommuni- Wir machen Grundlagenforschung und Scientific Director, Center for Digital Sie im Verlaufe des Projekts ziert hat. Hier kann der Arzt direkt in den haben einen Prototyp von PathMate er- Health Interventions, PathMate begegnet? Chat einsteigen. Das bedeutet einerseits stellt. Wir stellen Ergebnisse zur Verfü- tobias.kowatsch@unisg.ch Sehr wichtig war, dass die App möglichst Kontrolle, ist andererseits aber auch ein gung wie: Um die Patienten im Alltag zu einfach anzuwenden ist. Generell werden Motivator für den Patienten, dranzublei- erreichen, ist eine App mit einem Chat- Distaler Body Mass Endpunkt Index Interventionen mit Übersicht Sensorintegration Alltags- Umgang mit Ernährungs- Proximale bewegung Stress verhalten Experten-Chat Endpunkte Digitaler Coach Medienelemente: Fotos, Videos etc. «Digitale Pille» Verwundbarkeit Aufnahmebereitschaft Digitales Coaching Vordefinierte Anna Lukas Antwortoptionen Abb. 1: Anatomie «digitaler Pillen», Quelle: Center for Digital Health Interventions Abb. 2: Chat-Kanäle (links) und dialogbasierte Benutzerschnittstelle (rechts) der «digitalen Pillen», Quelle: Center for Digital Health Interventions 4 spectra 121 | September 2018 | mHealth
Apps und Self-Tracker als Mittel gegen NCDs? Studie Quantified Self. Das Aufzeich- dukte im Medizinbereich werden haupt- nen des eigenen Bewegungs- oder sächlich bei chronischen Krankheiten für Ernährungsverhaltens mit Apps und Therapie, Vorbeugung, Behandlung oder mobilen Messgeräten (Wearables) ist Diagnose eingesetzt. Bisher aber eher in im Trend. Helfen solche Instrumente, geringem Umfang. Gründe dafür sind gesünder zu leben und damit Krank- Vorbehalte bezüglich der Verlässlichkeit heiten vorzubeugen? Eine neue der Produkte, lückenhafte Nachweise der Studie kommt zum Schluss: Das Wirksamkeit oder fehlende Qualitäts- Potenzial bestehe, es sei aber nicht standards. Trotz der sich verbessernden leicht, aus der Masse der Apps die Sensortechnologie stellt im Konsumbe- wirksamen und sicheren zu erkennen. reich die mangelhafte Datenqualität bei tragbaren Computern (Wearables) nach Preiswerte Sensoren in tragbaren Gerä- wie vor ein Problem dar. Ein weiteres ten und eine immense Auswahl an Ge- Hindernis ist die Datensicherheit. Den- sundheitsapplikationen für Mobiltelefo- noch wird das Potenzial solcher Produk- ne machen es möglich, eine breite te als hoch eingeschätzt. Palette von Daten über sich selbst aufzu- zeichnen und damit potenziell seine Ge- Herausforderung Qualität sundheit zu optimieren. Diese Selbst- Für die Gesundheitsförderung und die vermessung wird mit dem Begriff Prävention wird QS-Anwendungen eben- Quantified Self (QS) bezeichnet. falls viel zugetraut, indem sie Verhal- Hat dies Auswirkungen auf die öffentli- tensänderungen unterstützen sowie QS-Anwendungen wird viel zugetraut. che Gesundheit? Um Antworten auf die- Informationen oder Zugang zu Versor- se Frage zu erhalten, unterstützten das gungsangeboten bereitstellen. Gemäss BAG und eHealth Suisse die Studie Experteneinschätzungen können mit QS lässlich sind. Im Rahmen der NCD-Stra- Unter dem Strich scheinen QS-Anwen- «Quantified Self – Schnittstelle zwischen Bevölkerungsgruppen erreicht werden, tegie ist deshalb ein Selbstdeklarati- dungen – trotz der allgemein noch dün- Lifestyle und Medizin» der Stiftung für die mit herkömmlichen Mitteln nur be- onstool für Entwickler von solchen nen Evidenzlage und den hier beschrie- Technologiefolgen-Abschätzung Schweiz grenzt erreichbar sind, beispielsweise Applikationen geplant. Dieses soll die benen Vorbehalten – ein für die (TA SWISS). Sie wurde 2017 von der Zür- Rauchende, junge Menschen oder Män- Transparenz fördern. öffentliche Gesundheit vielversprechen- cher Hochschule für Angewandte Wis- ner über 50. des Instrument zu sein. senschaften (ZHAW) und dem Institut für Zentral für die Wirksamkeit ist, dass die Ungleichheit könnte verstärkt Zukunftsstudien und Technologiebewer- Apps auf evidenzbasierten Praktiken auf- werden Studie, Buch und Kurzfassungen sind tung in Berlin erarbeitet. bauen und eine hohe Benutzerfreund- Ein Risiko, das die QS-Möglichkeiten mit auf www.ta-swiss.ch respektive lichkeit aufweisen. Eine Vielzahl der Pro- sich bringen, ist vermehrte Diskriminie- www.vdf.ethz.ch verfügbar. Riesiges Angebot dukte, die aktuell auf dem Markt sind, rung bei der Krankenversicherung. Das Angebot an QS-Produkten wird in erfüllt diese Standards nicht. Viele Gerä- Ebenso könnte sich die gesundheitliche Kontakt: Konsum- und Medizinprodukte unter- te machen ungenaue oder sogar falsche Ungleichheit vergrössern, da meistens Marc Raemy, Abteilung Prävention teilt. Der grösste Teil der Produkte sind Empfehlungen. Nutzerinnen brauchen Personen QS-Applikationen nutzen, die nichtübertragbarer Krankheiten, nicht als Medizinprodukte klassiert, bei- deshalb Informationen darüber, welche bereits ein hohes Gesundheitsbewusst- marc.raemy@bag.admin.ch spielsweise Schrittzähler. Die QS-Pro- Apps wirken und welche Sensoren ver- sein haben. Auf spielerische Weise die Schweizer Lebensmittelpyramide erobern Ausgewogene Ernährung. Die neue Anwendung und Inhalte aus dem Gesundheitswesen können die rate und die Verbreitung der App für die App MySwissFoodPyramid ist eine Wer die SwissFoodPyramid erklimmen Verwendung der App weiterempfehlen. Westschweiz und das Tessin hat das BLV App für alle, die wissen wollen, wie möchte, dem wird ein virtueller, weibli- Zudem kann die Applikation in der be- mit der Schweizerischen Gesellschaft sie sich am besten ausgewogen, cher oder männlicher Tour Guide zur Sei- trieblichen Gesundheitsförderung oder in für Ernährung (SGE) und den Konsu- gesund und mit Genuss ernähren te gestellt. Die beiden Guides unterstützen Ernährungskursen eingesetzt werden. mentenorganisationen der Westschweiz können. Sie eignet sich für Einzel- die App-Benutzer bei der Wahl von ge- und des Tessins zusammengearbeitet, personen, für Institutionen oder sundem, genussvollem Essen und Trin- Von der Universität St. Gallen das heisst mit der Fédération romande kann auch von Fachpersonal aus ken. Dabei soll es keine anstrengende entwickelt des consommateurs (FRC) und der As- dem Gesundheitswesen eingesetzt Tour werden. Interessierte werden in Die Universität St. Gallen hat die App im sociazione consumatrici e consumatori beziehungsweise empfohlen spielerischer Weise durch die Etappen ge- Auftrag des BLV entwickelt. Für die Zu- della Svizzera italiana (ACSI). werden. Die Universität St. Gallen führt. Sie führen ein Ernährungstagebuch, sammenstellung der Inhalte, Fachlekto- hat die App im Auftrag des Bun- lernen den sogenannten optimalen Teller Kontakt: desamtes für Lebensmittelsicher- kennen und bekommen Tipps für Mahl- Anita Christen, heit und Veterinärwesen (BLV) zeiten. Sie erfahren mehr über die Abteilung Lebensmittel und Ernährung, entwickelt. Schweizer Lebensmittelpyramide, die Ba- Bundesamt für Lebensmittelsicherheit sis für eine ausgewogene Ernährung. und Veterinärwesen BLV, Die Applikation soll Interessierten helfen, Die App ist kostenlos und richtet sich an anita.christen@blv.ch die Empfehlungen für eine rundum aus- erwachsene, in der Schweiz lebende gewogene Ernährung kennenzulernen Frauen und Männer ab 16 Jahren. Sie Link: und umzusetzen. Sie ist die ideale App, existiert in deutscher, italienischer und www.blv.admin.ch > Lebensmittel und um das eigene Ernährungsverhalten ein- französischer Sprache. Ernährung > Ernährung > Schweizer mal unter die Lupe zu nehmen, und das Einzelpersonen, aber auch Institutionen Lebensmittelpyramide eine oder andere noch dazuzulernen. wie Heime oder andere Einrichtungen können die App einsetzen. Zur App: https://play.google.com/store/apps/ Sie führen ein Ernährungsta- Weiterempfehlung durch details?id=ch.blv.myfoodpyramid medizinische Fachpersonen https://itunes.apple.com/ch/app/ gebuch, lernen den sogenann- Personen mit Übergewicht, Bluthochduck myswissfoodpyramid/ ten optimalen Teller kennen oder Diabetes Typ 2 bietet die App eben- id1386182432?mt=8 und bekommen Tipps für so Unterstützung. Ärztinnen und Ärzte, Mahlzeiten. anerkannte Ernährungsberaterinnen und -berater sowie andere Fachpersonen spectra 121 | September 2018 | mHealth 5
«Die Beteiligten sind sich der bestehenden datenschutzrechtlichen Vorga Interview mit Barbara Widmer. für eine oder mehrere konkrete Bearbei- und sich stets darüber informieren, wo- Unsere Gesundheitsdaten sind tungszwecke, nach angemessener Infor- zu die Daten gesammelt werden, wer besonders schützenswert. Und doch mation, freiwillig und eindeutig erfolgt. auf die Daten zugreifen kann, wo diese wird heute alles und jeder getrackt. gespeichert sind und inwiefern die Da- Können wir unsere Daten noch Wo liegen aus datenschutzrecht- ten an Dritte weitergegeben werden. schützen, die mHealth-Applikatio- licher Sicht die grössten Gefahren nen von uns speichern? In unserem bei mHealth-Applikationen? Wie ist es (wenn überhaupt) Gespräch sagte uns die Juristin und Aus datenschutzrechtlicher Sicht gibt es möglich, sich als Anwenderin/ Expertin für Datenschutzfragen, wo insbesondere drei Gefahren: Anwender zu schützen? bei mHealth-Apps aus datenschutz- Die erste besteht in der Zweckentfrem- Es ist durchaus möglich, sich als An- rechtlicher Sicht die grössten Gefah- dung der Daten. Nach der Datenschutz- wenderin oder Anwender zu schützen. ren liegen und was wir noch immer gesetzgebung dürfen Daten nur zu dem Vorsicht empfiehlt sich stets bei ver- tun können, damit unsere Daten Zweck bearbeitet werden, der bei der meintlichen Gratisangeboten (siehe sicherer sind. Datenerhebung angegeben wurde. Im Antwort vorherige Frage). Entspre- Rahmen von mHealth-Applikationen chend sollte immer geprüft werden, ob spectra: mHealth-Applikationen wird dies regelmässig die Messung, die eine kostenpflichtige Variante einer sammeln Gesundheitsdaten Sammlung und Analyse von Werten mHealth-Applikation verfügbar ist, und – weshalb sind gesundheitsspezi- sein. Leider besteht die Gefahr, dass in jedem Fall sollten Antworten auf fol- fische Daten besonders schüt- durch die Hersteller oder Anbieter im gende Fragen erhältlich sein: Zu wel- zenswert? Hintergrund eine Verarbeitung der Da- chem Zweck erhebt die mHealth-Appli- Barbara Widmer: Gesundheitsdaten sind ten zu anderen wie z.B. Werbezwecken kation die Daten, wer hat Zugriff auf besonders geeignet, die Persönlichkeit erfolgt – ohne dass die Betroffenen in diese Daten, wo werden die Daten ge- einer Person zu verletzen. Zu denken ist diese Verarbeitung eingewilligt haben. speichert und findet eine Weitergabe z.B. an das ungewollte Bekanntwerden der Daten an Dritte statt? Finden sich einer ungünstigen medizinischen Diag- für eine Applikation keine Antworten nose. Viele sind der Meinung, sie hätten «In der Regel gibt es bei auf diese Fragen, sollte auf ihre Nutzung nichts zu verbergen. Diese Annahme verzichtet werden – selbst wenn sie kos- kostenpflichtigen Angeboten trifft allgemein und insbesondere im Ge- tenpflichtig ist. sundheitsbereich nicht zu. Jeder hat et- mehr Möglichkeiten, die was zu verbergen und dagegen ist auch Verwendung der eigenen Was bedeutet es, wenn ich mei- nichts einzuwenden. Aus Gesundheits- Daten zu steuern.» ne Rechte auf meine Daten daten lassen sich viele Informationen ab- durchsetzen will, die Daten aber lesen, die für die verschiedenen Markt- im Ausland (EU oder USA, China, teilnehmer wie Versicherer (Kranken-, Russland, Indien etc.) liegen? Taggeld-, Invaliden-, Lebensversicherer), Die zweite Gefahr besteht in der in- Es kommt darauf an, wo im Ausland die Behörden, Arbeitgeber oder die Pharma- transparenten Datenbearbeitung. Oft Daten liegen. Sind sie im EU-Raum ge- industrie von grossem Interesse sind. wissen die Nutzerinnen und Nutzer von speichert, gestalten sich die rechtlichen Barbara Widmer vertritt die Konferenz der kanto mHealth-Applikationen nicht, wo die Durchsetzungsmöglichkeiten erfolgsver- Wann ist das Sammeln von Applikation die Daten speichert, wer auf sprechend. Die EU hat ihre Datenschutz- der Hersteller oder der Anbieter einer gesundheitsspezifischen Daten diese zugreifen kann und inwiefern die gesetzgebung vollständig überarbeitet mHealth-Applikation. Sind der Herstel- der Nutzerinnen und Nutzer Daten an Dritte weitergegeben werden. und dabei verschiedene Verschärfungen ler und der Anbieter ein und dieselbe durch mHealth-Applikationen Der dritte Gefahrenbereich liegt in der vorgenommen. Neu haben die EU-Daten- Person, kann bei Vorliegen eines Scha- problematisch? mangelhaften IT-Sicherheit. Nach der schutzaufsichtsstellen z.B. die Möglich- dens gegen diese Person vorgegangen Stets wenn es ohne das Wissen der be- Datenschutzgesetzgebung müssen keit, bei Verstössen gegen die EU-Daten- werden. Sind der Hersteller und der An- troffenen Nutzerinnen und Nutzer erfolgt mHealth-Applikationen über eine IT-Si- schutzgesetzgebung hohe Geldbussen zu bieter unterschiedliche Personen, die – wenn diese somit in das Sammeln nicht cherheit verfügen, die dem aktuellen verhängen. sich allenfalls noch in unterschiedlichen eingewilligt haben. Die Bearbeitung von Stand der Technik entspricht. Aus Kos- Ländern befinden, wird es schwieriger. Personendaten setzt entweder die Ein- tenüberlegungen sparen die Hersteller Hier spielen Fragen wie «Mit wem be- willigung der Betroffenen oder eine ge- bei der IT-Sicherheit jedoch insbesonde- «Sind die Daten nicht im steht ein Vertragsverhältnis oder wel- setzliche Grundlage, die das Bearbeiten re bei Gratisangeboten. Dies führt zu ei- cher Gerichtsstand und welches Recht EU-Raum gespeichert, ist erlaubt, voraus. Allgemein gilt, dass eine ner Gefährdung der Richtigkeit der Da- erscheinen am zielführendsten?» eine Einwilligung in die Bearbeitung von Per- ten (Daten können bei ungerechtfertigten Vorsicht geboten.» wichtige Rolle. Wird eine Klage ins Auge sonendaten nur dann gültig ist, wenn sie Zugriffen verfälscht oder falschen Per- gefasst, empfiehlt sich jedenfalls die sonen zugeordnet werden); im Weiteren Beiziehung einer Rechtsexpertin oder erhöht eine mangelhafte IT-Sicherheit Sind die Daten nicht im EU-Raum ge- eines Rechtsexperten. das Risiko für Datendiebstähle. speichert, ist Vorsicht geboten. Die USA haben zwar eine Datenschutzgesetzge- Weshalb sind gesundheitsspezi- Unsere Gesprächspartnerin Wie kann ein/-e Anwender/-in bung, jedoch unterscheidet sich diese fische Daten für Unternehmen Dr. iur. Barbara Widmer vertritt die Kon- den Nutzen von mHealth-Appli- erheblich vom europäischen und vom heute so wertvoll? ferenz der kantonalen Datenschutzbe- kationen maximal ausschöpfen schweizerischen Datenschutzverständ- Sammelt ein Unternehmen über einen auftragten in verschiedenen Arbeits- und gleichzeitig das Risiko des nis. In Ländern wie China, Indien und repräsentativen Zeitraum Daten und gruppen von eHealth Suisse – unter Datenmissbrauchs minimieren? Russland ist eine Datenschutzgesetzge- wertet diese anschliessend aus, lassen anderem in der Arbeitsgruppe mHealth, In der Regel gibt es bei kostenpflichtigen bung nicht oder nur bedingt vorhanden. sich über die Betroffenen Persönlich- die sich mit dem Thema «mobile Endge- Angeboten (nicht nur im mHealth-Be- Nutzerinnen und Nutzern von mHealth- keitsprofile erstellen, die sich zu unter- räte» aus verschiedenen Perspektiven reich) mehr Möglichkeiten, die Verwen- Applikationen ist daher zu raten, nur schiedlichen Zwecken nutzen lassen – beschäftigt. Barbara Widmer verfügt dung der eigenen Daten zu steuern. Vie- Anwendungen zu verwenden, die die z.B. für die risikoorientierte Prüfung über ein Nachdiplomstudium in interna- len Leuten ist nicht klar, dass Daten entweder in der Schweiz oder der von Kranken- und Lebensversiche- tionalem Wirtschaftsrecht und ein Dip- Gratisangebote im digitalisierten Um- EU speichern. rungsanträgen, für personalisierte Wer- lom als interne Revisorin. Sie forscht in feld stets nur vermeintlich gratis sind – beangebote (Medikamente, Lifestyle- den Bereichen Wirtschafts-, Immaterial- denn als Entschädigung werten die An- Wer haftet, wenn eine mHealth- Angebote, Medizinprodukte usw.), die güter-, Informations- und EU-Recht und bieter die gesammelten Daten aus und Applikation falsche Daten liefert Optimierung des Waren- und Dienstleis- beschäftigt sich auch mit aufsichts- verkaufen diese je nach Sachlage an oder Schlüsse über meine Ge- tungsangebots oder die bessere Ab- rechtlichen Fragen, die es im Rahmen Dritte weiter – oft ohne Wissen der Be- sundheit zieht, die meine Ge- schätzung des krankheitsbedingten der Digitalisierung verbreitet neu zu troffenen. Bei mHealth-Applikationen sundheit gefährden könnten? Ausfallrisikos einer Arbeitnehmerin beantworten gilt. sollte ein/-e Anwender/-in daher jeweils Diese Frage lässt sich nur bedingt allge- oder eines Arbeitnehmers durch den die kostenpflichtige Applikation wählen mein beantworten. In Frage kommen Arbeitgeber. Nicht selten kaufen die Un- 6 spectra 121 | September 2018 | mHealth
aben zu wenig bewusst.» Wann ist eine App ein Medizinprodukt? Qualifizierung und Zertifizierung von melt und analysiert die Meldungen, Apps. Für viele Hersteller ist nicht immer überwacht die Massnahmen und greift klar, wann eine App als Medizinprodukt wo nötig ein. qualifiziert und wann eine App zertifiziert werden muss. Bei digitalen Medizinpro- National und international dukten gelten zu allererst dieselben Be- gut vernetzt dingungen wie für alle anderen Medizin- Swissmedic ist national und internatio- produkte. nal gut vernetzt und tauscht sich mit Partnerbehörden aus. Neben der Über- Eine App ist ein Medizinprodukt, sobald wachungstätigkeit stellt Swissmedic sie Krankheiten erkennen oder behandeln Zertifikate für Firmen mit Sitz in der kann, d.h., wenn sie eine medizinische Schweiz aus. Diese werden Free Sale Zweckbestimmung für eine Einzelperson Certificate (FSC) genannt. Diese benötigt besitzt und sie mehr tut, als Daten spei- man für die Ausfuhr in Drittstaaten. In chern, archivieren oder kommunizieren. gewissen Staaten ist ein solches Zertifi- Keine Medizinprodukte sind demnach kat Voraussetzung für den Markteintritt Apps, die Fitnessdaten messen, oder und den Vertrieb. Apps, die zu statistischen Auswertungen klinischer oder epidemiologischer Daten verwendet werden. Ebenso sind elektro- Der Grossteil der Gesund- nische Patientenregister und Informati- heits-Apps in den App-Stores onsplattformen keine Medizinprodukte. betrifft Applikationen im Swissmedic und durch Bereich Fitness, Sport, Well- sie benannte Stellen ness, Ernährung und Diät und Die Schweiz und die meisten Länder im sind deshalb keine Medizin- EWR verfügen über benannte Stellen (Konformitätsbewertungsstellen, Noti- produkte. fied Bodies), denen die Erlaubnis erteilt wird, Medizinprodukte zu zertifizieren, und eine zuständige Behörde. In der Eine Zertifizierung schützt Schweiz ist das Swissmedic, das Schwei- die Anwender zerische Heilmittelinstitut. Sie überwacht Der Anteil an gemeldeten Sicherheits- die Medizinprodukte hauptsächlich nach massnahmen und Vorkommnissen von ihrer Inverkehrbringung (nachträgliche Medizinprodukte-Apps verglichen mit onalen Datenschutzbeauftragten in verschiedenen Arbeitsgruppen von eHealth Suisse. Kontrolle). der Gesamtzahl an diesbezüglichen Mel- dungen von Medizinprodukten liegt im ternehmen entsprechende Datenaus- nicht. Die EU hat zur Förderung der Risikogruppe entscheidet Promillebereich. Eine Meldung betraf wertungen auch von Dritten ein oder Forschungs- und Entwicklungstätigkeit über Intensität der Prüfung beispielsweise eine App, die die Dosie- verkaufen ihre eigenen Datenanalysen im Binnenmarkt verschiedene Rechts- Ob eine benannte Stelle beigezogen wird, rung eines Antibiotikums falsch berech- an Dritte weiter. Durch die Nutzung sol- akte überarbeitet – so auch die EU-Da- hängt von der Risikogruppe des Produk- nete. Diese wurde in der Folge aus den cher Datensätze werden die Unterneh- tenschutzgesetzgebung – und diese da- tes ab. Brillen etwa gehören der niedrigs- App-Stores entfernt und wird heute nicht menschancen und insbesondere die Un- bei spürbar verschärft. Für die ten Klasse an. Hier prüft der Hersteller in mehr angeboten. ternehmensrisiken besser plan- und Innovationskraft einer Unternehmung Eigenverantwortung, dass bestimmte Der Grossteil der Gesundheits-Apps in steuerbar, was einem uralten Bedürfnis sind aus meiner Sicht die Ausgestaltung Anforderungen eingehalten werden. An- den App-Stores betrifft Applikationen im der unternehmerischen Tätigkeit ent- des Immaterialgüter- und Wettbewerbs- dere, etwa Hüftgelenke, die der höchsten Bereich Fitness, Sport, Wellness, Ernäh- spricht. Deshalb sind Daten für Unter- rechts sowie im Weiteren der nationalen Risikoklasse angehören, müssen zusätz- rung und Diät und sind deshalb keine nehmen so wertvoll. Beschäftigungs- und Migrationspolitik lich durch eine benannte Stelle geprüft Medizinprodukte. Bei Apps, die Medizin- wichtiger als jene der Datenschutzge- und zertifiziert werden. Alle Medizinpro- produkte sind, muss wohl von einer zu setzgebung. dukte, die zertifiziert wurden, haben ne- geringen Zertifizierungsrate ausgegan- «Für die Innovationskraft ben dem CE-Kennzeichen eine Kennnum- gen werden. Für den Anwender, die An- Wo müsste das Datenschutzge- mer derjenigen benannten Stelle, die das wenderin heisst dies, im Zweifelsfalle einer Unternehmung sind aus setz der Schweiz Ihrer Meinung Zertifikat für das jeweilige Medizinprodukt ein Produkt mit einer CE-Kennzeichnung meiner Sicht die Ausgestal- nach angepasst werden? ausgestellt hat. Im Falle der Hüftprothese (bzw. Zertifizierung) zu verwenden und/ tung des Immaterialgüter- und Das Datenschutzgesetz muss meiner prüft die benannte Stelle, ob das Produkt oder sich durch eine medizinische Fach- Wettbewerbsrechts sowie im Meinung nach nicht angepasst werden. bezüglich Sicherheit, Wirksamkeit, Leis- person beraten zu lassen, um ihrerseits Das Problem liegt vielmehr darin, dass tungsfähigkeit und Qualität alle Anforde- die eigene Gesundheit zu schützen. Weiteren der nationalen sich die Beteiligten der bestehenden da- rungen erfüllt. Beschäftigungs- und Migrati- tenschutzrechtlichen Vorgaben nicht onspolitik wichtiger als jene oder zu wenig bewusst sind oder sich Wann eine Prüfung erfolgt der Datenschutzgesetzge- nicht um diese scheren (leider auch vie- Es gibt Produkte, die vor dem Marktein- Links: le Nutzerinnen und Nutzer). Es braucht tritt klinisch geprüft werden. Klinische www.swissmedic.ch bung.» deshalb verstärkte Anstrengungen zur Versuche mit solchen Produkten müssen www.swissmedic.ch > Über uns > Durchsetzung der bestehenden Daten- unter anderem durch Swissmedic bewil- Publikationen > Videos schutzgesetzgebung. Mit Blick auf die ligt werden. Swissmedic überwacht Behindern schärfere Daten- Hersteller und Anbieter von mHealth- ebenfalls den Verlauf der Versuche, um Merkblatt «Eigenständige schutzgesetze die Innovations- Applikationen haben die EU und eHealth die Sicherheit der Testpersonen zu ge- Medizinprodukte-Software» : kraft von Unternehmen? Oder: Suisse inzwischen Leitfäden mit Check- währleisten. Swissmedic überwacht https://bit.ly/2kbDvst Soll das Datenschutzgesetz auf listen zur Selbstprüfung erstellt. Als Medizinprodukte aber vor allem nach Unternehmen Rücksicht neh- weitere Massnahmen stehen in der ihrem Markteintritt. So müssen Herstel- men? Wie weit geht diese Rück- Schweiz eine zentrale Minimalprüfung ler und Spitäler bestimmte Vorkommnis- sichtnahme? von mHealth-Applikationen durch eine se und Sicherheitsmassnahmen an Geht man mit der EU, hindert eine staatliche oder quasistaatliche Stelle so- Swissmedic melden. Swissmedic sam- schärfere Datenschutzgesetzgebung die wie eine verstärkte Sensibilisierung der Innovationskraft von Unternehmen Nutzerinnen und Nutzer in Diskussion. spectra 121 | September 2018 | mHealth 7
Wie Jugendliche einen sensiblen Umgang mit Alkohol lernen können MobileCoach Alkohol. Das mobil- sonen, die viel Erfahrung im Umgang mit ner alters- und geschlechtsspezifischen der damit zusammenhängenden Studie telefonbasierte Programm Mobile- Jugendlichen haben. Referenzgruppe. Anschliessend werden teil. Von den 547 Teilnehmenden der In- Coach Alkohol motiviert Jugend- sie über einen Zeitraum von drei Mona- terventionsgruppe blieben 542 (99 Pro- liche für einen Zeitraum von drei Per SMS informiert ten mittels individualisierter SMS-Nach- zent) bis zum Ende des dreimonatigen Monaten mittels individualisierter und motiviert richten – unter anderem zu Zeiten und Programms dabei. In dieser Gruppe hat SMS-Nachrichten zu einem sensib- Teilnehmende erhalten nach einer On- in Situationen, in denen üblicherweise sich der Anteil der Rauschtrinker inner- len Umgang mit Alkohol. Es erwies linebefragung im Klassenzimmer ein in- Alkohol getrunken wird – über das The- halb von sechs Monaten von 47 auf 41 sich als wirksam zur Reduktion des dividuelles Feedback bezüglich ihrer ma Alkohol und Gesundheit informiert Prozent reduziert. Bei der Kontrollgrup- Rauschtrinkens und wird derzeit in Trinkgewohnheiten im Vergleich zu ei- und zu einem sensibleren Umgang mit pe ohne SMS ist der Prozentsatz gleich- mehreren Kantonen eingesetzt. Alkohol motiviert. Ein Jugendlicher mit zeitig leicht gestiegen. Besonders stark riskantem Alkoholkonsum, der in der war der Rückgang bei jenen, die zuvor MobileCoach Ausgangspunkt für die Entwicklung des Onlinebefragung angibt, am Samstag mindestens zweimal im Monat massiv Programms waren Studien aus den USA, Hey Lara, zwischendurch ein um 22 Uhr üblicherweise Alkohol zu zu viel getrunken hatten. die zeigten, dass ausführliche computer- alkoholfreies Getränk tut deinem trinken, erhält beispielsweise genau zu Unter anderem basierend auf den Er- Körper gut! Du löschst so den gestützt-generierte Feedbacks zum eige- diesem Zeitpunkt die Nachricht: «Hi Ke- gebnissen dieser Studie wurde das Pro- Durst und versorgst deinen Körper nen Alkoholkonsum den problemati- mit Nährstoffen, die dich fit halten! vin. Alkohol abzulehnen, ist nicht immer gramm technisch und inhaltlich opti- schen Alkoholkonsum bei Studierenden 22.43 leicht. Das Gute ist aber, dass es mit je- miert. Es wird bis Ende des Schuljahres reduzieren konnten. Allerdings schien dem Nein einfacher wird! Mach die Pro- 2017/2018 durch Fachstellen für Sucht- dieser Ansatz nicht unmittelbar auf be und sag freundlich, dass du eine Run- prävention in der deutschsprachigen Schülerinnen und Schüler an Berufs- de aussetzt.» Die SMS-Nachrichten Schweiz durchgeführt. Initiiert wurde und Mittelschulen mit möglicherweise beinhalten neben Textbotschaften auch es vom Nationalen Programm Alkohol geringerer Motivation und Fähigkeit, Links zu thematisch passenden YouTu- NPA (2008–2016) des BAG, das 2017 längere Texte durchzulesen, anwendbar. be-Videos und Hilfsangeboten. durch die Strategien NCD und Sucht ab- Auch auf Grundlage positiver Erfahrun- gelöst wurde. gen mit SMS-basierten Programmen im Bereich der Tabakprävention bei Schüle- Der MobileCoach Alkohol Link zum Ergebnisbericht des Projekts rinnen und Schülern an Schweizer Be- MobileCoach Alkohol (auf Deutsch): wurde für Schülerinnen rufsschulen erschien eine längerfristige www.isgf.uzh.ch > Projekte > Alkohol > Unterstützung via kurzer individualisier- und Schüler an Berufs- und MobileCoach Alkohol > Projektergeb- ter SMS-Nachrichten aussichtsreicher. Mittelschulen entwickelt. nisse Mobile Coach Alkohol (weiterfüh- Der MobileCoach Alkohol wurde für rende Links) Schülerinnen und Schüler an Berufs- und Mittelschulen entwickelt. Der persönliche Hohe Akzeptanz des Programms Kontakt: Kontakt und das Setting spielen bei der Die Auswertungen der Wirksamkeits- Severin Haug, Forschungsleiter Bewerbung des Programms eine zentrale studie ergaben eine hohe Akzeptanz. am Schweizer Institut für Sucht- Rolle. Am einfachsten gelingt der Zugang Von insgesamt 1371 Lernenden nahmen und Gesundheitsforschung, in Schulklassen durch geschulte Fachper- 1046 (77 Prozent) am Programm und an severin.haug@isgf.uzh.ch Zu zweit durch den Rauchstopp mit der SmokeFree Buddy App Erfahrungsbericht. Seit über zwei Rauchstopp in Angriff zu nehmen und vieren. Passend zur Situation stellt die bes Jahr. Und doch haben beide wieder Monaten sind Mara und Roger die täglichen Routinen zu brechen. App verschiedene Boni sowie eine Wis- angefangen. Auch diesmal geriet Mara rauchfrei und geniessen die neu sensdatenbank mit Informationen und zweimal fast in Versuchung: Einmal, als erlangte Unabhängigkeit. Doch der Gemeinsam durch Krisenzeiten Handlungsempfehlungen bereit. sie in einer Sporttasche eine übrig ge- Nikotinentzug und das Durchbre- Vor allem die erste Woche der Entwöh- bliebene Zigarette entdeckte, und ein chen der täglichen Routine war nung hatte es in sich. Die Gewohnheit ist andermal, als sie an der Fasnacht ein und ist teilweise noch immer ein ein gnadenloser Gegner. «Eigentlich ist Während es Mara besonders starkes Bedürfnis nach dem Rauchen schwieriges Unterfangen. Mit der dein ganzes Leben der Sucht untergeord- verspürte. Gerade in solchen Situationen am Nachmittag sowie nach SmokeFree Buddy App haben sie net», erzählt Roger. So haben sie zum ist die Buddy App sehr hilfreich: So kann sich gegenseitig bei der Entwöh- Beispiel stets schnell zu Mittag gegessen, dem Sport sehr schwerfiel, auf man eine Push-Nachricht mit einem Hil- nung unterstützt. Bei einem Treffen damit es anschliessend noch für eine Zi- das Rauchen zu verzichten, feruf oder dem aktuellen Gefühlszustand haben die beiden verraten, mit garette reichte. Hinzu kamen die starken vermisste Roger vor allem die verschicken. Der Buddy kann diese um- welchen Herausforderungen sie Entzugserscheinungen: Beide fühlten gehend mit einer persönlichen oder mit Zigarette in der morgendlichen beim Rauchstopp konfrontiert sich angespannt, gereizt, deprimiert, einer von Fachleuten erarbeiteten Rück- wurden und wie ihnen die Smoke- müde und hungrig. Pause. meldung beantworten und den Aufhör- Free Buddy App geholfen hat, diese Während es Mara besonders am Nach- willigen / die Aufhörwillige bestärken. zu meistern. mittag sowie nach dem Sport sehr Mara und Roger sind sich jedoch sicher, schwerfiel, auf das Rauchen zu verzich- Der direkte persönliche Kontakt dass gerade auch der direkte persönli- Heute sind Mara und Roger bereits seit ten, vermisste Roger vor allem die Ziga- erhöht den Erfolg che Kontakt wichtig war für ihren Erfolg. 63 Tagen rauchfrei. In einem Rauch- rette in der morgendlichen Pause. Durch Für Mara und Roger war es nicht der stopptraining der Lungenliga haben die die unterschiedlichen Krisenzeiten so- erste Versuch, sich der Nikotinsucht zu Kontakt: beiden den Einstieg in den Ausstieg ge- wie das gegenseitige Verständnis dafür, entziehen. Roger, der seit 32 Jahren Lukas Schmid, Sektion Gesundheits- wagt: In der ersten Pause des Work- was der andere gerade durchmacht, rund ein Päckchen pro Tag rauchte, hat information und Kampagnen, shops haben sie ihre letzte Zigarette ge- konnten sich die beiden mit der App ab- es schon einmal geschafft, drei Monate lukas.schmid@bag.admin.ch raucht und sich die SmokeFree Buddy wechslungsweise aufmuntern und moti- rauchfrei zu bleiben. Mara sogar ein hal- App heruntergeladen. Die App verlinkt eine Person, die mit dem Rauchen auf- hören möchte, mit einem sogenannten Über die SmokeFree Buddy App Buddy, der oder die sie beim Rauch- Mit der Unterstützung von Freunden ist es leichter, mit dem Rauchen aufzuhören. Im Rahmen der stopp unterstützt. Mara und Roger ha- Tabakpräventionskampagne «SmokeFree» lancierten das BAG und seine Partner eine App, die inter- ben sich für die anspruchsvollere Vari- aktive Hilfe durch eine selbst gewählte Person bietet. Sie leitet den sogenannten Buddy an, wie er die ante entschieden, bei der beide eine aufhörwillige Person beim Rauchstopp bestmöglich unterstützen kann. Die App wurde auf wissen- Doppelrolle wahrnehmen. Da sie zuvor schaftlicher Basis vom Institut de santé globale der Universität Genf entwickelt und kombiniert pro- oft zusammen geraucht haben, war es fessionelle und personalisierte Unterstützung. www.smokefree.ch/buddy-app für sie naheliegend, gemeinsam den 8 spectra 121 | September 2018 | mHealth
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