HEALTH Gesundheitssystems - Handelsblatt ...

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    INNOVATIONEN & INVESTITIONEN   DiGA, ePA und Co.      HEALTH DATA

    Die Technologien sind da –     Kann Deutschland       Daten- und Prozessinter­
    packen wir‘s an!               Digitalisierung?       operabilität im Fokus

Eine Sonderveröffentlichung von Euroforum Deutschland   NOVEMBER 2020 | WWW.HANDELSBLATT-JOURNAL.DE

                        HEALTH
     Die digitale Zukunft des deutschen
            Gesundheitssystems

                                                                        Medienpartner
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2 INHALT | IMPRESSUM

Die Themen dieser Ausgabe

                                                  8
GRUSSWORT                                                                                            DIGITALISIERUNG AUF DEM PRÜFSTAND

Deutschland kann Digitalisierung            3                                                       Digitalisierung auf dem Prüfstand (Adv.)       6

                                                                                                     Digitalisierung im Gesundheitswesen:
                                                                                                     Die Aufholjagd hat begonnen                    7
INNOVATIONEN UND INVESTITIONEN

                                                  12
                                                                                                     Dr. med. dig.: Die Rolle der Ärzteschaft
Gesundheit neu denken                        4                                                       in der Digitalisierung                        16

Innovationen im Gesundheitswesen:                                                                    Das digitale Krankenhaus:
Deutschland braucht mehr Pioniergeist       12                                                       Fiktion oder Realität?                        18

Freie Fahrt für Investitionen (Adv.)        15                                                       Patientenzentrierung als Kernelement
                                                                                                     digitaler Versorgungsmodelle                  22
Wir investieren 60 Mio. Euro
in Digital Health Startups (Adv.)          20                                                        „Die TI ist die Datenautobahn
                                                                                                     in Richtung Digitalisierung“ (Adv.)           23

                                                                                                     HEALTH DATA

                                                                                                     Jetzt handeln! Für eine datengetriebene
                                                                                                     und ethische Medizin der Zukunft               8

                                                                                                     Mit Daten Leben retten (Adv.)                 10

                                                                                                     Medizinischer Fortschritt
                                                                                                     braucht Daten (Adv.)                           11

                                                  16
                                                                                                     GECCO: Ein standardisierter Datensatz
                                                                                                     für die COVID-19-Forschung                    14

   IMPRESSUM

   Herausgeber                          Projektleitung (V.i.S.d.P.)       Art Direction & Layout                    Titelbild
   Euroforum Deutschland GmbH           Christiane Daners,                Solutions by Handelsblatt                 Getty Images
   Toulouser Allee 27                   Euroforum Deutschland GmbH        Media Group GmbH
   40211 Düsseldorf                     christiane.daners@euroforum.com   Toulouser Allee 27 • 40211 Düsseldorf     Medienpartner
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                                                                                                                                                         Fotos: Getty Images

   www.handelsblatt-journal.de          Redaktionsleitung
                                        Nicola Csepella,                  Druck
                                        Euroforum Deutschland GmbH        Süddeutscher Verlag
                                        nicola.csepella@euroforum.com     Zeitungsdruck GmbH, München

Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                                                          HandelsblattJournal
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GRUSSWORT 3

                                     Deutschland
                                         kann
                                     Digitalisierung

                                   von Dr. Gottfried Ludewig

                                   W
                                                      ir erleben eine digitale Revolution im                                                  chungsheft oder Zahnarztbonusheft erweitert. Ab 2023
                                                      Gesundheitswesen. Dabei führt die Co-                                                   wird auch die Freigabe der Daten für die Forschung mög-
                                                      rona-Pandemie uns nachdrücklich vor                                                     lich sein.
                                                      Augen, dass die Digitalisierung keine                                                       Der Fast Track für digitale Gesundheitsanwendun-
                                                      Spielerei ist. Sie ist der Schlüssel zu ei-                                             gen ist ein weiterer Bereich, der bereits jetzt etabliert
                                   ner besseren Medizin. Genau hierfür die richtigen Rah-                                                     ist. Die ersten Apps stehen im Verzeichnis des Bundes-
                                   menbedingungen zu schaffen, ist die Kernaufgabe des                                                        instituts für Arzneimittel und Medizinprodukte; jeder
                                   Bundesministeriums für Gesundheit. Deshalb treiben                                                         Arzt kann sie verordnen, jeder Versicherte nutzen. Mit
                                   wir die Digitalisierung voran.                                   Dr. Gottfried Ludewig, Abteilungsleiter   dieser breiten Einführung digitaler Medizinprodukte für
                                      Von der Telematikinfrastruktur bis zur Telemedizin,           Digitalisierung und Innovation,           Patienten haben wir etwas weltweit bisher Einzigarti-
                                   von der Interoperabilität bis zu digitalen Anwendungen           Bundesministerium für Gesundheit          ges geschaffen. Die mobilen Anwendungen für Patien-
                                   für die Patienten – die digitale Infrastruktur für das Ge-                                                 ten verändern Therapien und organisieren Abläufe aus
                                   sundheitswesen wird schrittweise ausgebaut. Die meis-                                                      der Patientenperspektive neu und anders. Digitale Ser-
                                   ten Arztpraxen sind an die Telematik-Infrastruktur an-
                                   geschlossen. Die Apotheken und Krankenhäuser sind auf
                                                                                                    Die Digitalisierung                       vices und menschliches Handeln fließen mit unseren
                                                                                                                                              Ansprüchen an die Qualität der Versorgung, Datenschutz
                                   gutem Weg, weitere Institutionen und Gesundheitsbe-                                                        und Evidenz ineinander.
                                   rufe folgen. Mit Anwendungen wie dem E-Rezept, der               ist der Schlüssel                             Neue Behandlungswege im Wege der Videosprech-
                                   elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, elek-                                                     stunde oder im Rahmen von telemedizinischen Konsi-
                                   tronischen Notfalldaten oder dem elektronischen Me-              zu einer besseren                         lien leisten gerade in der Corona-Pandemie einen wich-
                                   dikationsplan gehen wir den Weg der Digitalisierung im                                                     tigen Beitrag. Telemedizinische Verfahren kommen zum
                                   nächsten Jahr entschlossen weiter.                               ­Medizin. Hierfür die                     Einsatz, wenn ein direkter Kontakt von Arzt und Versi-
                                      Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Einsatz der elek-                                                cherten nicht möglich oder nicht nötig ist. Die positiven
                                   tronischen Patientenakte, die ab Januar 2021 von allen
                                   Krankenkassen angeboten wird. Sie ermöglicht Patien-
                                                                                                     richtigen Rahmen­                        Erfahrungen der Versicherten werden dafür sorgen, dass
                                                                                                                                              Videosprechstunden auch zukünftig ein wichtiger Teil
Fotos: Getty Images, Tobias Koch

                                   ten, ihre gebündelten Gesundheitsdaten mit Ärzten aus-
                                   zutauschen. Die Akte ermöglicht den Patienten, sich ak-
                                                                                                     bedingungen zu                           der Versorgung bleiben werden.
                                                                                                                                                  Es wird inzwischen immer klarer: Deutschland kann
                                   tiver bei ihrer Therapie einzubringen. Die Versicherten                                                    Digitalisierung. Wir können Innovation nicht nur in den
                                   werden so zu einem Teil des Behandlungsteams und be-              schaffen, ist Kernauf­                   Dimensionen von Technologien oder Unternehmertum
                                   halten immer den Überblick über die eigenen Daten –                                                        denken. Gemeinsam mit allen Akteuren des Gesundheits-
                                   papierlos, transparent und sicher. Die elektronische Pa-          gabe des BMGs.                           wesens zeigen wir auch, dass wir ein gutes, leistungsfä-
                                   tientenakte wird in den kommenden Jahren um weitere                                                        higes, soziales Gesundheitssystem bewahren und zu-
                                   Funktionalitäten wie Impfpass, Mutterpass, Untersu-                                                        gleich vollständig neu erfinden können.               ■

                                   Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                                                                  HandelsblattJournal
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4 INNOVATIONEN UND INVESTITIONEN

Gesundheit neu denken
von Ilka Dekan

Z
            ukunftstechnologien verändern nicht nur den                               prägte Rollenverteilung zwischen Arzt und Patient ab:
            Berufsalltag von Ärzten und Erwartungen von                               Der Patient sollte Behandlungsinformationen verstehen
            Versicherten an das Gesundheitswesen. Sie                                 und befolgen können. Heute versteht man unter Gesund-
            verändern auch die Rolle der Krankenversi-                                heitskompetenz den kompetenten Umgang mit gesund-
            cherungen nachhaltig: Die zukunftsfähige                                  heitsrelevanten Informationen, und zwar nicht nur bei
Krankenkasse springt nicht erst dort ein, wo es etwas       Services zur Gesund­      Erkrankungen, sondern vor allem hinsichtlich der Ver-
zu heilen gibt. Sie kennt ihre Kunden, gestaltet für sie                              besserung und des Erhalts der eigenen Gesundheit.
eine moderne Gesundheitswelt und begleitet sie auf dem      heitskompetenz müssen         Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland ver-
Weg zu ihrem maximalen individuellen Gesundheitsle-                                   fügt heute nur über eine eingeschränkte Gesundheits-
vel. Kurzum: Sie muss die Rolle eines kundenfokussier-      digital zusammengeführt   kompetenz – quer durch alle Bevölkerungsschichten.
ten, Orientierung gebenden Partners einnehmen.                                        Konkret bedeutet das, dass es der Mehrheit schwerfällt,
   Natürlich investieren Krankenkassen bereits in ge-
sundheitsfördernde Angebote. Das 2015 in Kraft getre-
                                                            werden. Dann kann         in dem Meer an zur Verfügung stehenden Informatio-
                                                                                      nen die relevanten zu finden, kritisch zu beurteilen und
tene Präventionsgesetz nimmt sie in die Pflicht. Entspre-
chende Programme gibt es für alle Lebensphasen – von
                                                            Gesundheit genau dort     auf die eigene Lebenssituation anzuwenden. Eine geringe
                                                                                      Gesundheitskompetenz wirkt sich aber nicht nur nach-
der Schwangerschaft, Kindheit, dem Heranwachsen über                                  teilig auf die individuelle Gesundheit aus, sondern hat
die Ausbildung und Berufstätigkeit bis hin zur Pflege und   stattfinden, wo die       auch Einfluss auf die Nutzung und die Kosten der Ge-
dem Lebensende. Krankenkassen wissen deshalb schon                                    sundheitsversorgung. Die Investition in das Gesundheits-
viel über das, was ihre Kunden bewegt – nicht nur im        Menschen sind.            bewusstsein der Versicherten kann auch zur Entlastung
Krankheitsfall. Dieses Engagement muss weitergedacht                                  des Gesundheitswesens führen, weshalb die Kranken-
werden: Über die Prävention hinaus, hin zur Disease In-                               kassen die Befähigung der Versicherten nicht anderen
terception. Krankheiten zu erkennen und zu verhindern,                                Akteuren überlassen, sondern dort, wo Lücken sind, auch
bevor sie ausbrechen, wäre ein Richtungswechsel im Ge-                                selbst nutzwertige digitale Services initiieren müssen.
sundheitswesen.                                                                           Die bereits möglichen Anwendungsfälle sind viel­
                                                                                      fältig: Eine Erinnerung an Früherkennungsuntersuchun-
Gesundheitskompetenz stärken                                                          gen; ein Impfpass, der wichtige Immunisierungen im
Weiterentwickelt hat sich bereits der Begriff der Gesund-                             Blick behält; Unterstützung bei der Auswahl des besten
heitskompetenz. Früher bildete er die traditionell ge-                                Krankenhauses oder Arztes im individuellen Behand-

Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                                            HandelsblattJournal
HEALTH Gesundheitssystems - Handelsblatt ...
INNOVATIONEN UND INVESTITIONEN 5

                                    lungsfall, oder ein schneller Rat, wenn nicht klar ist, ob
                                    eine akute Krankheit ein Fall für die Notaufnahme ist.
                                    Viele solcher Services sind einzeln schon vorhanden.
                                    Sie müssen jedoch sinnvoll digital zusammengeführt
                                    werden. Dann kann Gesundheit genau dort stattfinden,
                                    wo die Menschen sind.

                                    Kunden dürfen mehr erwarten
                                    Krankenkassen werden mit solchen Angeboten bei ih-
                                    ren Kunden offene Türen einrennen. Denn die Menschen
                                    erwarten von ihrem Gesundheitspartner dasselbe
                                    Niveau an digitalen Services, welche sie von Amazon,
                                    Google & Co. gewöhnt sind – völlig zu Recht! Kranken-
                                    versicherungen müssen ihren Kunden innovative digi-
                                    tale Angebote machen, um wettbewerbsfähig zu sein.
                                       Doch im Gesundheitswesen fehlt es heute noch an
                                    zu vielen Stellen an Vernetzung zwischen den Akteu-
                                    ren. Und es gibt zu viele Medienbrüche. Es braucht ein
                                    Netzwerk, das die fehlenden Schnittstellen zwischen
                                    Kunden, ihren Krankenkassen, Leistungserbringern und
                                    Partnern schafft und eine ganzheitliche Versorgung er-
                                    möglicht.                                                     Ilka Dekan, Head of Digital Transformation, CFO, AOK PLUS

                                    Vernetzung vorantreiben
                                    Davor sollen Krankenkassen nicht zurückschrecken, son-
                                    dern vorangehen und die Rolle der Gestalter überneh-
                                    men. Sie sind Ansprechpartner für in der Regel Hundert-        Die Digitalisierung darf                                     Als Partner für Ärzte und Patienten sind Krankenkassen
                                                                                                                                                                in der Position, digitale Kompetenz auf beiden Seiten zu
                                    tausende, oft gar Millionen Kunden. Außerdem fließen                                                                        fördern. Erst dadurch können die digitalen Anwendun-
                                    bei ihnen schon viele der Gesundheitsinformationen zu-         nicht von ­finanziellen                                      gen tatsächlich ihren Mehrwert entfalten.
                                    sammen, auf denen eine individuelle Versorgung aufge-                                                                           Eine Herausforderung liegt derzeit noch in der Nut-
                                    baut werden kann.                                              Anreizen, sondern muss                                       zenbewertung und der Preisbildung für die digitalen Ge-
                                        Personalisierte Medizin birgt großes Potenzial für eine                                                                 sundheitsanwendungen. Viele Angebote entstehen, die
                                    bessere Behandlungsqualität, eine positive Lebensqua-
                                    lität und längere Lebensdauer. Damit diese Potenziale
                                                                                                   von der digitalen Kom-                                       ein langes, gesundes Leben ermöglichen – doch der Nut-
                                                                                                                                                                zen muss durch eine Outcomemessung klar nachgewie-
                                    der datengestützten, personalisierten Medizin aber ge-
                                    nutzt werden können, müssen Daten zusammengeführt,
                                                                                                   petenz der Beteiligten                                       sen werden. Es bleibt außerdem zu wünschen, dass die
                                                                                                                                                                DiGA-Entwickler nicht dem Beispiel der pharmazeuti-
                                    analysiert und nutzenbringend eingesetzt werden. Da-
                                    für braucht es lückenlos digital unterstützte Versorgungs-     getragen werden.                                             schen Industrie folgen und für ihre Produkte Mondpreise
                                                                                                                                                                aufrufen. Das schädigt am Ende die Versorgungsquali-
                                    und Behandlungspfade.                                                                                                       tät für alle Versicherten, weil die Krankenkassen diese
                                        Dabei sollten Krankenkassen nicht darauf bestehen,                                                                      Kosten an anderer Stelle einsparen müssen.
                                    alle Lösungen selbst erfinden zu müssen. Von Körper-
                                    schaften des öffentlichen Rechts über Kassenärztliche                                                                       Gesundheitsbewusstsein wecken
                                    Vereinigungen bis hin zu Startups mit innovativen Ge-                                                                       Der pandemiegetriebene Digitalisierungsschub hat be-
                                    schäftsmodellen gibt es zahlreiche Partner, die verstan-                                                                    wiesen, dass Ärzte – ebenso wie ihre Patienten – bereit
                                    den haben, dass die Digitalisierung im Gesundheitswe-          auf digitalem Weg mit ihrer Krankenkasse oder Ärzten         sind, sich zu öffnen und die Chancen der Digitalisierung
                                    sen hierzulande schneller und fokussierter vorangehen          zu kommunizieren. Unter den Versicherten der AOK PLUS        zu greifen, wenn sie erkennen, dass die Technologien
                                    muss.                                                          beispielsweise ist die Nutzerzahl der Online-Filiale seit    einen echten Mehrwert stiften. Die Potenziale für eine
                                        Als Partner des HHL-Accelerators SpinLab in Leipzig        Anfang 2020 um 40 Prozent gewachsen. Besonders Men-          bessere Gesundheitsversorgung sind vielfältig: Digitale
                                    engagiert sich die AOK PLUS seit drei Jahren als Mentor        schen bis 35 Jahre nutzen sie. Digitale Angebote, die ort-   Assistenzsysteme können administrative Aufgaben er-
                                    für Startups im Bereich eHealth. Der Blick über den Tel-       und zeitunabhängig zur Verfügung stehen, haben ihre          leichtern und so mehr Zeit für die Behandlung der Pa-
                                    lerrand lohnt sich: Die unterschiedlichen Player ergän-        Nutzer nachhaltig überzeugt. Krankenversicherungen           tienten freiräumen. Roboterassistierte Operationen kön-
                                    zen sich optimal. Die gestandene gesetzliche Kranken-          müssen derartige Dienste ausbauen, um ihren Service          nen bessere Behandlungsergebnisse erzielen. Und Al-
                                    kasse kennt das streng regulierte Gesundheitswesen und         nachhaltig zu verbessern. Auch in Arztpraxen beschleu-       gorithmen können anhand riesiger Datensätze lernen,
                                    weiß, was es braucht, um den Weg in die Versorgung zu          nigt Covid-19 die Digitalisierung. Das Paradebeispiel ist    Erkrankungen viel früher zu erkennen. Ein Beispiel: Um
                                    ebnen. Die Gründer bringen Ideen für nutzerzentrierte          die Videosprechstunde. Deren Nutzung ist seit dem ers-       künstlicher Intelligenz beizubringen, Brustkrebs früh-
                                    Produkte mit – und eine frische Arbeits- und Denkweise,        ten Quartal 2020 rapide angestiegen, obwohl sie noch         zeitiger zu diagnostizieren, hat Bart de Witte, Gründer
                                    die merklich auf die traditionell geprägten Krankenkas-        vor wenigen Jahren von einem großen Teil der Ärzte ab-       der Hippo AI Foundation, im Rahmen der Initiative Vik-
                                    sen abfärbt. Sie erkennen, dass es nicht mehr zwingend         gelehnt wurde.                                               toria 1.0 die weltweit größte offene Datenbank für den
                                    das perfekte Produkt braucht, um in den Markt zu ge-              Im Oktober 2020 wurden die ersten digitalen Gesund-       Kampf gegen Brustkrebs initiiert.
                                    hen. Minimal Viable Products werden immer häufiger             heitsanwendungen (DiGA) zugelassen und Anfang 2021               Für unser Gesundheitswesen macht es Sinn, Krank-
Fotos: Getty Images, Lars Neumann

                                    in Pilotprojekten mit einer kleinen Zahl von Leistungs-        folgt die Einführung der elektronischen Patientenakte.       heiten zu vermeiden. Alle Akteure müssen an einem Strang
                                    erbringern oder Kunden getestet, weiterentwickelt und          Ärzte dürfen mit diesen Herausforderungen nicht allein       ziehen und Gesundheitsversorgung neu definieren – weg
                                    skaliert. Das bringt Tempo in den Gesundheitsmarkt.            gelassen werden. Sie sind diejenigen, die die Angebote       von Kuration hin zu personalisierter Medizin und Di-
                                                                                                   kennen müssen und maßgeblich dazu beitragen wer-             sease Interception. Das sorgt nicht nur für eine finanzi-
                                    Pandemie beschleunigt die Digitalisierung                      den, dass die DiGA bei den Zielgruppen ankommen. Auch        elle Entlastung des Gesundheitswesens. Es rückt die
                                    Tempo macht in diesem Jahr auch die Corona-Pande-              hier dürfen sich die Krankenkassen nicht auf die Rolle       Versicherten in den Fokus, macht Gesundheit zu einem
                                    mie: Sie hat die Digitalisierung im Gesundheitswesen           des Kostenträgers zurückziehen: Die Digitalisierung darf     bewussten Teil ihres Alltags und befähigt sie, in ihren
                                    zweifelsohne beschleunigt. Diese Dynamik müssen wir            nicht von finanziellen Anreizen, sondern muss von der        individuellen Lebenssituationen ihr maximales Gesund-
                                    nutzen. Versicherte haben erlebt, wie es ist, effizient und    digitalen Kompetenz der Beteiligten getragen werden.         heitslevel zu erreichen.                             ■

                                    Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                                                                                   HandelsblattJournal
HEALTH Gesundheitssystems - Handelsblatt ...
6 DIGITALISIERUNG AUF DEM PRÜFSTAND
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                               Digitalisierung
                             auf dem Prüfstand
                          Ein neuer eHealth-Monitor misst Deutschlands Fortschritte
                             auf dem Weg in die digitale Gesundheitsversorgung

von Laura Richter und Tobias Silberzahn
                                                                  Nun wird es darum

D
            ie Digitalisierung des Gesundheitswesens
            steht derzeit ganz oben auf der Agenda der            gehen, das Tempo
            politischen Verantwortlichen in Deutsch-
            land. Um noch weitere Fortschritte beim               der Transformation
            Thema eHealth zu machen, ist ein objekti-
ver Überblick über den Status quo als gemeinsame Dis-
kussionsbasis nützlich.
                                                                  hochzuhalten, um
Der eHealth-Monitor
                                                                  zu den Ländern
Diesen Überblick bietet fortan regelmäßig der neue eHe-
alth-Monitor von McKinsey: Anhand von rund 30 Indi-               aufzuschließen,
katoren untersuchen wir darin die digitale Reife und In-
frastruktur deutscher Gesundheitseinrichtungen, über-             die bereits am
prüfen das Angebot von Leistungserbringern, Apotheken
und Krankenkassen, analysieren die digitale Bereitschaft          Innenausbau ihres
von Patienten und bewerten die Nutzeneffekte von eHe-
alth im Spiegel der Forschung. Das eHealth App-Baro-
meter misst außerdem den Erfolg von Gesundheits-Apps
                                                                  eHealth-­Gebäudes
anhand der Download-Raten.
                                                                  arbeiten.                                             Laura Richter, Associate Partner, McKinsey & Company

                                                                                                                        helfen: 52% aller niedergelassenen Ärzte boten im Früh-
                                                                                                                        jahr 2020 Videosprechstunden an; Ende 2017 waren es
                                                                                                                        gerade einmal 2%.

                                                                                                                        Nutzeffekte von eHealth-Lösungen
                                                           Erste Ergebnisse                                             Neue Einsichten liefert der Monitor auch zu den Nut-
                                                           Vor allem in den letzten zwei Jahren gab es viele Fort-      zeneffekten von eHealth-Lösungen, die erstmalig anhand
                                                           schritte (Stichwort ePA, eRezept, DiGA). Aber es gibt wei-   der Forschungsliteratur ermittelt wurden. Mehr als 80%
                                                           terhin noch viele Bereiche, in denen die Digitalisierung     der deutschen Publikationen weisen einen positiven Nut-
                                                           stärker vorangetrieben werden muss: Vor allem ambu-          zen von eHealth nach. Die Effekte zeigen sich überwie-
                                                           lante Praxen ticken vielerorts noch analog. 93% der Ärzte    gend in der gesundheitlichen Verbesserung des Patien-
                                                           kommunizieren mit Krankenhäusern nach wie vor in             ten (knapp 80% der betrachteten Studien), aber auch in
                                                           Papierform. Rezeptbestellung via Homepage oder die           höherer Kosteneffizienz und Zeitersparnis.
                                                           elektronische Bereitstellung von Unterlagen sind nur in          Deutschland hat schon jetzt durch seine Gesetzesin-
                                                           15% der Haus- und Facharztpraxen verfügbar, 59% hat-         itiativen viel unternommen, um das Fundament für den
                                                           ten bis 2019 keinerlei digitale Services für Patienten im    digitalen Wandel zu legen. Insbesondere bei der Schaf-
                                                           Angebot.                                                     fung eines geregelten Marktzugangs für digitale Gesund-
                                                              Patienten hingegen zeigen sich sehr offen für digitale    heitsanwendungen (DiGA) übernimmt Deutschland in-
Tobias Silberzahn, Partner, McKinsey & Company             Lösungen: Jeder Dritte nutzt bereits Online-Terminver-       ternational eine Vorreiterfunktion. Nun wird es darum
                                                                                                                                                                                  Fotos: McKinsey (2)

                                                           einbarungen und zwei von drei Deutschen begrüßen die         gehen, das Tempo der Transformation hochzuhalten,
                                                           Einführung von ePA und eRezept – selbst in der Gene-         um zu den Ländern aufzuschließen, die bereits am In-
                                                           ration 65plus sind es noch mehr als 60%.                     nenausbau ihres eHealth-Gebäudes arbeiten.          ■
                                                              Die aktuelle Corona-Pandemie könnte insbesondere
                                                           telemedizinischen Diensten zu ihrem Durchbruch ver-            mck.co/3535

                                          Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                                    HandelsblattJournal
HEALTH Gesundheitssystems - Handelsblatt ...
DIGITALISIERUNG AUF DEM PRÜFSTAND 7
                 ADVERTORIAL

                Digitalisierung im Gesundheitswesen

                Die Aufholjagd hat begonnen
                von Peter Vullinghs

                D
                             ass die Zukunft digital ist, wussten wir schon
                             vor dem Ausbruch des neuartigen Corona-                                                                             Medizin 4.0 kann
                             virus. Dennoch beobachte ich mit Erstau-
                             nen, wie viel Aufwind die Transformation                                                                            nur gelingen,
                             in den letzten Monaten durch die Pandemie
                bekommen hat. Und ich freue mich, dass wir im gemein-                                                                            wenn zuvor eine
                samen Kampf gegen SARS-CoV-2 den Mut finden, mehr
                Digitalisierung zu wagen. Mit dem Zukunftsprogramm
                Krankenhäuser stellt die Bundesregierung nun drei Mil-
                                                                                                                                                 Auseinanderset­
                liarden Euro zur Verfügung. Krankenhäuser sollten diese
                Investitionsmittel nutzen, um Rückstände aufzuholen –
                                                                                                                                                 zung mit den
                zumal der digitale Reifegrad zukünftig direkten Einfluss
                auf die DRG-Erlöse haben wird. Medizin 4.0 kann aller-                                                                           Prozessen statt­
                dings nur gelingen, wenn zuvor eine Auseinanderset-
                zung mit den Prozessen stattgefunden hat, denn Digita-                                                                           gefunden hat.
                lisierung bedeutet mehr als die einfache Übertragung
                von analogen in papierlose Workflows.

                Digitalisierung und Prozess­optimierung müssen
                Hand in Hand gehen                                                                                                         ist IntelliVue Guardian. Das automatisierte Frühwarn-
                Prozessoptimierung und -standardisierung sind univer-                                                                      system unterstützt Pflegekräfte auf der Normalstation
                selle Hebel zur Steigerung von medizinischer Qualität                                                                      dabei, Verschlechterungen des Patientenzustands recht-
                und Wirtschaftlichkeit im Krankenhaus. Optimale digi-                                                                      zeitig zu erkennen. Dadurch kann die Zahl der Kreislauf-
                tale Workflows machen Informationen für alle an der                        Peter Vullinghs, Market Leader,                 stillstände und ungeplanter Verlegungen auf die Inten-
                Versorgung der Beteiligten jederzeit und überall verfüg-                     Philips GmbH Market DACH                      sivstation verringert werden. Zusätzlich erfahren die Pfle-
                bar. Philips bietet zahlreiche klinische IT-Systeme, die                                                                   gekräfte eine spürbare Entlastung.
                das vernetzte Arbeiten sowohl zwischen den Berufsgrup-
                pen, Abteilungen und Standorten des Krankenhauses             Transparenz durch digitale Tools                             Dem Fachkräftemangel begegnen
                als auch über die Sektorengrenzen hinweg erleichtern.         Philips hat eine ganze Reihe digitaler Tools im Portfolio,   Digitalisierung und Prozessoptimierung sind folglich
                Sie reichen von Lösungen für die Radiologie, Kardiolo-        die Prozesse nachvollziehbar und damit beurteilbar ma-       auch Antworten auf den Fachkräftemangel im Gesund-
                gie und die Intensivmedizin über ein Patientendaten-          chen. So ist jederzeit eine Standortbestimmung mög-          heitswesen. Allein auf deutschen Intensivstationen sind
                managementsystem und ein Patientenportal bis hin zu           lich, die zeigt, welche Maßnahmen greifen und an wel-        tausende Stellen unbesetzt, hinzu kommt eine hohe Per-
                Anwendungen für die Telemedizin. Eine nicht zu unter-         chen Stellschrauben noch gedreht werden muss. Perfor-        sonalfluktuation. Die Coronakrise zeigt einmal mehr die
                schätzende Hürde für die Digitalisierung steht jedoch         manceFlow kann zum Beispiel helfen, die Abläufe in der       Dringlichkeit nach personeller Entlastung, die auch mit-
                gleich am Anfang: die Identifikation der relevanten Hand-     Notaufnahme zu optimieren. Die Plattform erlaubt die         tels Digitalisierung erreicht werden kann. Gleichzeitig
                lungsfelder. Krankenhäuser sind gefordert, sich inten-        Echtzeit-Ortung wichtiger Ressourcen wie mobiler Ge-         treibt sie Lösungen für das Arbeiten in virtuellen Netz-
                siv mit dem Thema zu beschäftigen und strategisch zu          räte aber auch Personen und die Analyse dieser Bewe-         werken voran, das in Zeiten von Smart Distancing ra-
                entscheiden, welche Lösungen den größten Nutzen ver-          gungsdaten. PerformanceBridge gibt detaillierte Einbli-      sant an Bedeutung gewonnen hat. Im Zuge der gesetz-
                sprechen.                                                     cke in die Leistung bildgebender Systeme und ermög-          geberisch gewollten qualitätsorientierten Zentren­bildung
                    Dabei können wir von Philips unterstützen. Wir ana-       licht unter anderem Analysen der Auslastung sowie der        und Spezialisierung können Häuser mit entsprechen-
                lysieren die wichtigsten Prozesse und bewerten deren          Untersuchungs- und Wartezeiten. Ein weiteres Beispiel        den Leuchttürmen, bleiben wir beim Beispiel Intensiv-
                Qualität – zunächst unabhängig vom Digitalisierungs-                                                                       medizin, kleineren Häusern ihre Leistungen anbieten.
                grad. Dort, wo wir Verbesserungspotenzial identifizie-                                                                     Diese Unterstützung aus der Ferne kann maßgeblich
                ren, schauen wir besonders genau hin und prüfen, ob                                                                        dazu beitragen, spezialisierte Expertise flächendeckend
                sich mithilfe digitaler Tools Steigerungen in Behandlungs-        Themenspecial                                            verfügbar zu machen und insbesondere auf dem Land
                qualität und Wirtschaftlichkeit erzielen lassen. Anschlie-
                ßend priorisieren wir die Handlungsfelder, für die eine
                                                                                  Digitalisierung                                          eine bedarfsgerechte, wohnortnahe Versorgung sicher-
                                                                                                                                           zustellen.                                            ■
                Förderung im Rahmen des Zukunftsprogramms Kran-                   Jetzt die Weichen stellen
                kenhäuser in Frage kommt. Außerdem – und das ist das              für eine digitale Versorgung                                www.philips.de/healthcare
                Besondere an unserer Beratung – lassen wir die Häuser
                                                                                  2025. So nutzen Sie die
                in der operativen Phase nicht allein. Vielmehr legen wir
                                                                                  Förderung des Zukunfts-
Foto: Philips

                bei Optimierungsprojekten den Fokus auf die Implemen-
                                                                                  programms Krankenhäuser.
                tierung. Dabei ist die Schaffung von Transparenz ganz
                entscheidend.

                Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020
HEALTH Gesundheitssystems - Handelsblatt ...
8 HEALTH DATA

                         Jetzt handeln!
             Für eine datengetriebene und ethische Medizin der Zukunft

Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020          HandelsblattJournal
HEALTH Gesundheitssystems - Handelsblatt ...
HEALTH DATA 9

                                      von Dr. Peter Gocke

                                      D
                                                  ie digitale Transformation hat längst nahezu                                                                 tationen dieser Datenschutz-Grundverordnung sowie
                                                  alle Lebens- und Arbeitsbereiche erfasst. So-                                                                deren Überlagerung durch nationale und/oder regionale
                                                  mit auch das Gesundheitswesen. Hier aller-                                                                   Zusatz-Gesetzgebungen oftmals einen sinnvollen Ein-
                                                  dings hinkt der Grad der Digitalisierung dem                                                                 satz. Darüber hinaus ist das Instrument der DSGVO nicht
                                                  anderer Branchen deutlich hinterher.                                                                         kompatibel mit den im Rahmen der Digitalisierung im-
                                                                                                                                                               mer wichtiger werdenden Cloud-Systemen, die heutzu-
                                      Digitalisierung im deutschen Krankenhaus                                                                                 tage überwiegend in den Händen nicht europäischer
                                      Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Digitalisierung hat                                                                (amerikanischer oder asiatischer) Privatfirmen liegen.
                                      insbesondere in Krankenhäusern ursprünglich in den                                                                           Hier bleibt zu hoffen, dass die Initiative Gaia-X, wel-
                                      administrativen Bereichen wie zum Beispiel der Abrech-                                                                   che ein zu den Prinzipien der DSGVO deutlich besser
                                      nung begonnen, und dies merkt man den heutigen Kran-                                                                     passendes Cloud-Ökosystem für Europa beinhaltet, und
                                      kenhausinformationssystemen oft noch an. Im Ender-                                                                       branchenübergreifend auf Interesse stößt, eine zeitnah
                                      gebnis liegen zwar viele klinische Daten in Krankenhäu-          Dr. med. Peter Gocke, Chief Digital Officer (CDO),      umsetzbare Lösung darstellt. (Aus dem Bereich des Ge-
                                      sern und Arztpraxen digital vor, aber oft nur in Form               Leiter Stabsstelle „Digitale Transformation”,        sundheitswesens stammen derzeit mehr als 40% der an-
                                      von elektronischen Dokumenten (PDFs). Erschwerend                       Charité – Universitätsmedizin Berlin             gemeldeten use cases!) Letztlich benötigen wir die in-
                                      kommt hinzu, dass die Digitalisierung in den einzelnen                                                                   teroperabel nutzbaren Daten nicht nur in unseren Kran-
                                      Teilbereichen der Krankenhäuser oft mit großem zeit­                                                                     kenhäusern oder in unseren zukünftig verfügbaren
                                      lichen Versatz stattgefunden hat. Dadurch besteht heute                                                                  nationalen Systemen wie der elektronischen Patienten-
                                      eine Vielzahl von Insellösungen und damit Daten-Silos
                                      nebeneinander, die mühsam über Schnittstellen inte­
                                                                                                      Gelingt uns neben                                        akte (ePA) auf Basis der Telematik-Infrastruktur (TI) der
                                                                                                                                                               gematik, sondern auch in den bereits vorgedachten Struk-
                                      griert werden müssen und oft eben auch nur den Aus-
                                      tausch von Dokumenten wirklich hinbekommen. Große
                                                                                                      der Dateninteropera­                                     turen eines european health data space (EHDS), welcher
                                                                                                                                                               eben auf Basis von Gaia-X realisiert werden soll.
                                      Teile von Prozessen bleiben dadurch weiterhin doku-
                                      mentenbasiert und nutzen damit nicht das Potenzial              bilität auch noch eine                                   Fazit und Ausblick
                                      strukturierter digitaler Daten, wie es in anderen Bran-                                                                  Hochwertige, nach interoperablen und internationalen
                                      chen bereits üblich ist.                                        prozessuale Interope­                                    Standards strukturierte Daten werden immer wichtiger
                                          Eine wirklich digitale Medizin ist die gemeinsame Nut-                                                               für eine wirklich gute Gesundheitsversorgung. Diese Da-
                                      zung strukturierter Daten in Echtzeit. Und wenn viel-           rabilität, stehen wir                                    ten sowohl für den Einzelnen als auch für unser Gesund-
                                      fach Daten als das Öl unseres Jahrhunderts bezeichnet                                                                    heitssystem sinnvoll und transparent nutzbar zu machen,
                                      werden, so ist die Gewinnung dieser Daten aus PDFs ein
                                      Vorgang, der durchaus mit „Fracking“ vergleichbar ist.
                                                                                                      wirklich am Beginn                                       muss unser aller Ziel sein. Mit den aktuell geschaffenen
                                                                                                                                                               gesetzlichen Rahmenbedingungen (Patientendaten-
                                      Die Fähigkeit des deutschen Gesundheitswesens, quali-
                                      tativ hochwertige strukturierte klinische Daten zu er-
                                                                                                      eines neuen medizini­                                    Schutz- und Krankenhauszukunftsgesetz) sowie den jetzt
                                                                                                                                                               endlich national verfügbaren Strukturen wie einer elek-
                                      zeugen und zu prozessieren, ist im internationalen Ver-                                                                  tronischen Patientenakte liegt eine Chance vor uns, die
                                      gleich noch unterentwickelt.                                    schen Zeitalters.                                        wir auch aktiv ergreifen und in unserem Sinne entwi-
                                          Eine sinnvolle Digitalisierung macht an den Grenzen                                                                  ckeln sollten.
                                      von Krankenhäusern natürlich nicht Halt und die oben                                                                        Das ineffiziente Nebeneinander von nur lokal und re-
                                      skizzierten Einschränkungen sind umso fataler, wenn                                                                      gional ausgestalteten „Pilotprojekten“, welche auch heute
                                      man auch den intersektoralen Austausch bzw. die sek-                                                                     oftmals noch mehr auf den Austausch von (PDF-)Doku-
                                      torenübergreifende gemeinsame Nutzung von Daten                                                                          menten als auf die Nutzung von strukturierten Daten
                                      möglich machen will.                                                                                                     abzielen und nur in begrenztem Umfang zu interopera-
                                                                                                                                                               bler und nachhaltiger Datennutzung führen, muss auf-
                                      Dateninteroperabilität im Fokus                                 Spätestens an dieser Stelle kommen in der Regel Ein-     hören. Ein Mensch, der heute geboren wird, wird über
                                      Dennoch besteht Anlass zur Hoffnung. Insbesondere in         wände, dass allein das Zusammentragen von gesund-           viele Jahrzehnte Gesundheitsdaten erzeugen und im
                                      den letzten Monaten haben sich die Digitalisierungsbe-       heitsbezogenen Daten einer Person ein erhebliches           Laufe seines Lebens vielleicht in mehr als nur einem
                                      mühungen im deutschen Gesundheitswesen nicht zu-             Risiko für die Privatsphäre der Betroffenen darstellt.      Bundesland leben. Diese Daten für den Einzelnen, aber
                                      letzt unter dem Eindruck der Corona-Pandemie deut-           Dieser Einwand ist sicherlich berechtigt – aber für das     auch für das Gesundheitswesen an sich sicher aufzube-
                                      lich verstärkt. Dabei wird auch das Problem der unstruk-     zugrunde liegende Problem lassen sich durchaus Lösun-       wahren und verfügbar zu halten, ist eine Herausforde-
                                      turierten und inkompatiblen Daten angegangen: Nahezu         gen finden. Keinesfalls kann die Lösung jedoch darin be-    rung, zu der wir alle unseren Teil beitragen sollten. Wenn
                                      alle initiierten Gesetzesvorgaben zielen im Endeffekt da-    stehen, die Daten eines Individuums nicht zu nutzen und     wir also verhindern wollen, dass Bürgerinnen und Bür-
                                      rauf ab, Daten in international gebräuchlichen Standard-     diesem dadurch relevante Vorteile für die persönliche       ger ihre Daten zukünftig amerikanischen oder asiati-
                                      formaten zu erheben und zu verarbeiten und somit die         Gesundheit vorzuenthalten – ein solches Vorgehen ist        schen Unternehmen anvertrauen müssen, um benötigte
Fotos: Getty Images, Charité Berlin

                                      dringend benötigte syntaktische und semantische Inter-       auch ethisch längst nicht mehr vertretbar.                  oder gewünschte Gesundheitsservices zu erhalten, dann
                                      operabilität von Daten herzustellen. Gelingt es uns jetzt                                                                müssen wir ein nationales, besser noch europäisches
                                      auch noch, eine prozessuale Interoperabilität hinzube-       Von DSGVO Und Gaia-X                                        System schaffen, in dem dieses gleichfalls möglich ist.
                                      kommen, stehen wir wirklich am Beginn eines neuen            Dabei geht Europa hier mit der Datenschutz-Grundver-        In einem solchen Szenario hat „Daten-Kleinstaaterei“
                                      Zeitalters der Medizin, in welchem die konsequente Nut-      ordnung (DSGVO) durchaus einen Sonderweg. Die DSGVO         keinen Platz. Letztlich ist eine erfolgreiche digitale Trans-
                                      zung hochwertiger klinischer Daten uns in Diagnostik         stellt für sich betrachtet ein sehr sinnvolles Instrument   formation nicht nur eine Frage der Technologie, son-
                                      und Therapie, aber auch in der Prävention von Erkran-        dar, eine datenschutzgerechte und ethisch vertretbare       dern fast mehr noch eine Kulturfrage: „In den wesentli-
                                      kungen, völlig neue Methoden und Werkzeuge an die            Nutzung von Daten zu ermöglichen. Derzeit allerdings        chen Dingen Einheit, im Handeln Freiheit, und bei allen
                                      Hand gibt.                                                   verhindern eine Vielzahl von uneinheitlichen Interpre-      Dingen Vertrauen [Aristoteles]“.                          ■

                                      Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                                                                                  HandelsblattJournal
HEALTH Gesundheitssystems - Handelsblatt ...
10 HEALTH DATA
 ADVERTORIAL

Mit Daten Leben retten
von Andreas Giese

T
          äglich werden 2,5 Trillionen Bytes neue Da-                                                     daten, die in Kombination einen erheblichen Beitrag zur
          ten erzeugt. Ein Großteil davon entsteht im                                                     Forschung und Entwicklung leisten können.
          Bereich G
                  ­ esundheit, zum Beispiel bei jedem                                                        Und das Gute: Jeder einzelne Patient kann mit einer
          Arztbesuch, durch jedes Training mit einer Fit-                                                 Datenfreigabe die Zusammenführung dieser Daten un-
          ness App, durch ­Medizingeräte im Kranken-                                                      ter Einhaltung der hohen europäischen Datenschutz-
haus oder Laboruntersuchungen.                                                                            Standards unterstützen. Dabei soll er selbst darüber be-
   Diese Daten sind wichtig, um mit modernen Analy-                                                       stimmen, ob und von welchen Nutzergruppen seine Ge-
semethoden Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie                                                          sundheitsdaten verwendet werden dürfen – ohne die
man die Früherkennung, Behandlung und Vorbeugung                                                          eigene Identität preisgeben zu müssen.
von Krankheiten verbessern kann. Entscheidend ist da-
bei die Kombination der verschiedenen Datentypen und                                                      Durch Technologie zu mehr Datentransparenz
die Qualität der Daten, welche die Grundlage für neue                                                     Das A und O bei einem solch sensiblen Thema heißt Auf-
Therapien schaffen können.                                                                                klärung und Transparenz. Daher ist es umso wichtiger,
                                                                                                          dass Patienten erfahren, welche Daten erfasst werden,
Medizin 4.0 durch Patientendaten                                                                          welchen Nutzen sie haben können und wer durch Zu-
Beispielsweise lässt sich mit Hilfe von künstlicher Intel-                                                griff auf diese Daten einen Beitrag zur besseren medizi-
ligenz die invasive Behandlung bei Parkinsonpatienten                                                     nischen Versorgung leisten kann. Denkbar ist eine Art
verbessern. Durch die Verknüpfung von patientenspe-                                                       digitaler Datenfreigabepass ähnlich zum Organspende-
zifischen Daten mit Informationen aus Behandlungen                                                        ausweis, durch den der Patient selbst entscheiden kann,
vieler anderer Patienten wird letztlich aus einer zeitauf-   Andreas Giese, Geschäftsführer bei Snke OS   was mit seinen medizinischen Daten passiert und wel-
wändigen, komplexen Operation ein standardisiertes,                                                       chen Beitrag sie zum medizinischen Fortschritt leisten
sicheres, präzises und schnelles Verfahren. Der Patient                                                   sollen.                                             ■
wird gezielter und individuell behandelt, erhält dadurch
einen höheren Therapieeffekt und in Folge eine Verbes-
serung der Lebensqualität.
                                                             Denkbar ist ein digi­taler                     www.snkeos.com

    Die Herausforderung: Gesundheitsdaten unterliegen
zu Recht den hohen Anforderungen des europäischen            Datenfreigabepass,
Datenschutzes. Zusätzlich sind diese Daten nicht zent-                                                       Über Snke OS
ral zugänglich, sondern entstehen und verbleiben häu-        mit dem Patienten selbst
                                                                                                             Snke OS ist die Digital Health Tech Plattform
                                                                                                                                                                     Fotos: www.romanjob.com, Getty Images

fig an verschiedenen Orten: Beim Hausarzt, in der Kli-
nik oder im Forschungslabor.                                 entscheiden, welchen                            für die Chirurgie im B2B.
    Ein strukturierter Datenpool ist die Voraussetzung                                                       Von Startups bis Großunternehmen der Phar-
für verbesserte Präventions-, Versorgungs- und Behand-
lungsansätze. Es existieren bereits Millionen von Einzel-
                                                             Beitrag sie zum medizi­                         ma- und Medizintechnikindustrie können
                                                                                                             Unternehmen direkt auf etablierte Software-
                                                             nischen Fortschritt                             technologien von Snke OS aufsetzen und
                                                                                                             durch gezielten Einsatz von KI sowie Big Data
                                                             leisten möchten.                                Analytics den OP schneller, effizienter und
                                                                                                             kostengünstiger digital durchdringen.

                                         Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                       HandelsblattJournal
HEALTH DATA 11
                       ADVERTORIAL

                      Medizinischer Fortschritt
                      braucht Daten
                      Mit der digitalen Transformation der Medizin ist ein Versprechen verbunden: das Versprechen auf eine bessere Gesund-
                      heitsversorgung und damit auf ein gesün­deres Leben. Um es einzulösen, müssen wir jetzt die Weichen stellen und
                      den Menschen dabei konsequent in den Mittelpunkt stellen: als Nutzer zunehmend individualisierter Therapien sowie als
                      souveränen Entscheider über seine Gesundheit – einschließlich seiner Daten.

                      von Andreas Gerber

                      W
                                        ir erleben derzeit einen Paradigmen-
                                        wechsel in der Medizin: weg von der             Der Zugang zu
                                        Behandlung von Krankheiten hin zur
                                        Bewahrung von Gesundheit.                       validierten Daten
                                            Gleich mehrere Faktoren sind hier-          ist entscheidende
                      für ausschlaggebend: Zum einen hat die Grundlagenfor-
                      schung in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte              Voraussetzung für
                      gemacht. Wir verstehen immer besser, wie Krankheiten
                      entstehen. Parallel dazu entwickeln sich unsere techno-
                                                                                        die Erforschung
                      logischen Möglichkeiten rasant weiter. Das beschleunigt           und Entwicklung
                      die Wirkstoffsuche und verbessert die Diagnostik und
                      Therapie insbesondere schwerer oder seltener Erkran-              innovativer
                      kungen. Ein weiterer Faktor ist die Digitalisierung: For-         Therapien.
                      scherinnen und Forscher arbeiten weltweit zunehmend
                      vernetzt zusammen, teilen und diskutieren Forschungs-             Andreas Gerber,
                      ansätze und -ergebnisse. Ohne solche Forschungsnetz-              Vorsitzender der Geschäftsführung,
                      werke wäre die Entwicklung eines Impfstoffs gegen                 Janssen Deutschland
                      COVID-19 in dem Tempo, das wir aktuell erleben, nicht
                      denkbar.

                      Private Forschung als Treiber medizinischer
                      Innovationen
                      Therapien, die heute zugelassen werden, setzen bereits
                      deutlich früher an, wirken immer präziser und berück-
                      sichtigen zunehmend die individuelle Ausprägung ei-         Auch das Patientendaten-Schutz-Gesetz, das eine freiwil-     IT-Infrastruktur. Die Folge: KI-Anwendungen, die Ärzte
                      ner Erkrankung bei den Betroffenen. Das Potenzial der       lige Datenspende vorsieht, schließt forschende Unter-        bei der Diagnose und Therapieentscheidung in komple-
                      digitalen Transformation ist jedoch größer. Gleiches gilt   nehmen vom Zugang zu diesen Datenspenden aus. An-            xen oder seltenen Indikationen unterstützen, können
                      für forschende Unternehmen wie Janssen: Bei der Über-       dere Länder sind in dieser Hinsicht progressiver. In Finn-   nicht flächendeckend ausgerollt werden. Das Potenzial
                      setzung von Grundlagenforschung in nutzenstiftende          land beispielsweise haben auch Unternehmen seit 2020         solch digitaler Werkzeuge, insbesondere im Hinblick auf
                      Diagnostik und Therapien ist die private Forschung in       per One-Stop-Shop Zugriff auf Gesundheits- und Sozial-       die Verbesserung der Gesundheitsversorgung im länd-
                      der Regel die treibende Kraft: Etwa 75 Prozent aller For-   daten (www.findata.fi/en). Ich meine: Dieses Modell wäre     lichen Raum, kann nicht genutzt werden.
                      schungsvorhaben werden durch die Industrie getragen         auch in Deutschland denkbar. Dass es möglich ist, Da-
                      oder von ihr finanziert. 2019 haben die in Deutschland      tenschutz und Datennutzung miteinander zu vereinba-          Forschende Unternehmen als Sparringspartner
                      ansässigen Unternehmen 25 neue Medikamente auf den          ren, beweisen wir bei Janssen im Übrigen schon seit 2014:    nutzen
                      Markt gebracht, darunter zehn zur Behandlung von Krebs.     Im Rahmen des YODA-Projekts (Yale Open Data Access-          Die Digitalisierung der Medizin kann maßgeblich dazu
                      Dürften wir unsere Innovationskraft umfassend nutzen,       Project) mit der Yale University ermöglichen wir Wissen-     beitragen, unsere Gesundheitsversorgung langfristig zu
                      könnten wir noch viel mehr zur langfristigen Verbesse-      schaftlern aus der ganzen Welt Zugang zu sämtlichen Da-      verbessern. Wollen wir dieses Potenzial nutzen, dann
                      rung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung bei-         ten aus unseren klinischen Studien.                          müssen wir – muss die Politik – jetzt die Rahmenbedin-
                      tragen. Dazu braucht es jedoch die richtigen Rahmen-                                                                     gungen dafür schaffen, dass alle Akteure im Gesundheits-
                      bedingungen.                                                Vernetzte Versorgung braucht vernetzte                       wesen ihren bestmöglichen Beitrag leisten können. Bei
                                                                                  Datenräume                                                   der Ausgestaltung dieser Rahmenbedingungen unter-
                      Gleichberechtigter Zugang zu Gesundheitsdaten               Die digitale Transformation birgt das Potenzial einer kon-   stützen wir gern als Sparringspartner.              ■
                      Der Zugang zu validierten Daten ist entscheidende Vo-       sequent vernetzten Versorgung. Die Voraussetzung sind
                      raussetzung für die Erforschung und Entwicklung inno-       Datenräume mit einem geregelten Zugang für öffentli-           www.janssen.com/germany
Foto: Steffen Hoeft

                      vativer Therapien. Das Digitale-Versorgung-Gesetz regelt    che und privat finanzierte Forschungseinrichtungen.
                      den Zugang zu den vorliegenden Gesundheitsdaten. An-        Die Schaffung eines solchen Datenraums auf EU-Ebene
                      tragsberechtigt sind unter anderem Krankenkassen, Ärz-      ist ein Ziel der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. In
                      tekammern und öffentliche Forschungseinrichtungen.          Deutschland sind wir davon noch weit entfernt: Nahezu
                      Die privat finanzierte Forschung fehlt in der Auflistung.   jedes Krankenhaus, jede Praxis hat eine individuelle

                      Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020
12 INNOVATIONEN UND INVESTITIONEN

                                              Innovationen im Gesundheitswesen

                    Deutschland braucht
                     mehr Pioniergeist
von Dr. Jens Baas

E
           s waren Bilder wie beim Besuch eines Rock-       Corona-Krise: Zwischen Systemdefiziten und                   perspektivisch wertvolle Dienste leisten, wenn sie im Ja-
           stars, als Elon Musk Anfang September seine      neuem Denken                                                 nuar kommenden Jahres eingeführt wird. In Zukunft soll
           Tour durch Deutschland startete. Besonderes      Keine Frage, die Corona-Pandemie ist eine Krise histo-       sie unter anderem Befunde, Behandlungsberichte, Impf-
           Augenmerk ließ der US-Unternehmer dabei          rischen Ausmaßes – für die Gesellschaft, die Wirtschaft      und Medikationspläne speichern und diese Daten leich-
           auf das Tübinger Biotech-Unternehmen Cure-       und das Gesundheitssystem gleichermaßen. Auch, wenn          ter für medizinisches Personal zugänglich machen, so-
vac fallen, dessen „Impfstoff-Drucker“ zur möglichen Be-    wir in Deutschland ein grundsätzlich gutes und funkti-       fern die Patientin oder der Patient dies wünscht. Bei all
kämpfung von Covid-19 er sich genauer anschauen wollte.     onierendes Gesundheitssystem haben – sicherlich sogar        diesen Dingen, von denen man doch denkt, sie müssten
Amerikanischer Pioniergeist trifft auf schwäbisches Tüft-   eines der besten der Welt – hält die Pandemie uns deut-      im 21. Jahrhundert reibungslos funktionieren, hat Co-
lertum.                                                     lich die Defizite vor Augen. Etwa gleich zu Beginn der       rona wie durch ein Brennglas gezeigt, wo die Schwach-
   Das Handelsblatt kommentierte, Musks Besuch solle        Krise, als es vor allem an Schutzausrüstung mangelte.        stellen liegen.
uns zuversichtlich stimmen; Deutschland verändere die       Auch ein weiteres Defizit kristallisierte sich heraus: Die       Die Pandemie ist nicht nur eine riesige Herausforde-
Welt, auch wenn wir das nicht immer bemerken. Worte,        mangelnde Vernetzung und der immer noch schwerfäl-           rung, sie ist auch eine Art Zeitenwende: Die Menschen
die Hoffnung machen, dass es besser um den Innovati-        lige Umgang mit Gesundheitsdaten, der sich unter an-         sind offener und bereiter geworden, technologischen
onsstandort Deutschland bestellt ist, als so mancher        derem in der häufig viel zu langsamen Übermittlung von       Fortschritt zu nutzen und neue, digitale Wege zu gehen.
denkt. Es fehlt uns nicht an Ideen, nein, insbesondere      Corona-Testergebnissen widerspiegelte.                       Das zeigte sich während des Lockdowns und danach in
im Gesundheitswesen tun wir uns nur schwer, Innova-             Die größten Engpässe bei der Schutzausrüstung ha-        vielen Facetten – im Privaten, im Berufsleben und eben
tionen ausreichend schnell in den Markt zu bringen. Wo-     ben wir zunächst einmal überwinden können und die            auch im Gesundheitsbereich. Digitale Sprechstunden,
ran kann das liegen?                                        elektronische Patientenakte wird in Sachen Vernetzung        elektronische Krankschreibungen und elektronische

Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                                                                                HandelsblattJournal
INNOVATIONEN UND INVESTITIONEN 13

                                                    Rezepte – die Nutzung digitaler Angebote hat in den ver-
                                                    gangenen Monaten stark zugenommen.

                                                    Das deutsche Gesundheitssystem, ein abgeschot-
                                                    teter Markt
                                                    Offensichtliche Defizite rufen Pioniere und Tüftler auf
                                                    den Plan, auch in Deutschland. Es gibt sie hierzulande,
                                                    die jungen Unternehmen, die Startups, die klugen Köpfe,
                                                    die Verbesserungspotenziale sehen, smarte Ideen für
                                                    eine bessere Gesundheitsversorgung entwickeln und
                                                    diese zügig auf den Markt bringen müssen, um Geld zu
                                                    verdienen. Das zeigt unter anderem die Health-i Initia-
                                                    tive, die die Techniker Krankenkasse zusammen mit dem
                                                    Handelsblatt ins Leben gerufen hat, und über die wir In-
                                                    novatoren beim Weg in die Versorgung unterstützen. Die
                                                    Initiative spiegelt uns seit fünf Jahren wider, dass der In-
                                                    novationsgrad in Sachen digitale Gesundheitsversorgung
                                                    im Lande hoch ist, dass es an Ideenreichtum und Prob-
                                                    lemlösungskompetenz keinesfalls mangelt.
                                                        Jedoch fehlt es bei vielen, die ihre Ideen ins Gesund-
                                                    heitssystem bringen wollen, an dem Wissen um die ho-
                                                    hen Widerstandskräfte des Systems. Das deutsche Ge-                                 Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender, Techniker Krankenkasse
                                                    sundheitswesen, es ist eben kein klassischer Markt, es
                                                    besitzt eigene Regeln. Und diese in ihrer Tiefe zu verste-
                                                    hen, ist für Außenstehende oft nicht leicht. Das kom-
                                                    plexe System zeigt sich hier und da abgeschottet. Der
                                                    Grund: Es funktioniert für viele Beteiligte gut, entspre-
                                                    chend gering ist der Drang nach Veränderung und ent-
                                                                                                                   Datenschutz: Chance statt Stopper
                                                                                                                   Daten, sie sind das Öl des 21. Jahrhunderts und beson-
                                                                                                                                                                                        Der europäische
                                                    sprechend hoch der Widerstand im Sinne der Wahrung
                                                    eigener Interessen. Die beschriebene mangelnde Ver-
                                                                                                                   ders im Gesundheitsbereich der zunehmend wichtigste
                                                                                                                   Treibstoff für Innovationen. Keine Frage, der Datenschutz            Datenraum für
                                                    netzung und die dafür erforderliche Digitalisierung und        ist hierbei ein hohes Gut und sorgt für hohe Akzeptanz
                                                    Automatisierung von Prozessen werden häufig mit der            bei den digitalen Anwendungen. Jedoch sehen wir, dass               Forschungsdaten
                                                    Bedrohung von Arbeitsplätzen und digitaler Überwa-             Datenschutz immer noch viel zu oft als Argument zum
                                                    chung gleichgesetzt. Die Argumente, durch die Digitali-        Schutz von Eigeninteressen vorgeschoben wird.                       muss endlich Form
                                                    sierung werde die Versorgung für Ärzte und Patienten               Ein Regelwerk schafft seit gut zwei Jahren die Daten-
                                                    gleichermaßen sicherer und komfortabler und das Ge-
                                                    sundheitssystem spare 34 Milliarden Euro pro Jahr an
                                                                                                                   schutz-Grundverordnung (DSGVO). Mit ihr haben wir ein
                                                                                                                   Grundgesetz für die Digitalisierung Deutschlands und
                                                                                                                                                                                          annehmen.
                                                    Kosten, wie es eine McKinsey-Studie errechnet haben            Europas. Und das ist viel wert, denn es unterscheidet
                                                    will, verpuffen vor diesem Hintergrund.                        uns in Deutschland und Europa deutlich von den markt-
                                                                                                                   und wettbewerbsorientierten US-amerikanischen sowie
                                                    Krankenkassen als Starthelfer für digitale                     den staatlich dominierten chinesischen „Datenschutz-
                                                    Innovationen                                                   konzepten“. Bei uns sollen die Patienten die Hoheit über
                                                    Als Schlüsselfaktor für visionäres Unternehmertum nennt        ihre medizinischen Daten haben; allein sie entscheiden,
                                                    Elon Musk, Produkte und Dienstleistungen zu entwi-             was mit ihnen geschieht. Seit Corona verstehen immer          zurück zu Elon Musk und seinem Deutschlandbesuch:
                                                    ckeln, die für Menschen sinnvoll sind. Das ist natürlich       mehr Menschen, wie wichtig Daten bei der Bekämpfung           Deutschland ist nach wie vor ein Land der Innovatio-
                                                    einfacher gesagt als getan. Ein erleichterter Marktzugang      von Krankheiten sind, wie wichtig es ist, dass sie zur For-   nen, und das deutsche Gesundheitssystem ist ein Milli-
                                                    für Innovationen ist hierfür elementar, und die Kran-          schung etwa gegen Covid-19, gegen Krebs oder Demenz           ardenmarkt, der ständig weiter wächst. Laut einer aktu-
                                                    kenkassen spielen dabei eine wichtige Rolle: Sie können        innerhalb Europas ausgetauscht werden, dass Spezialis-        ellen Roland Berger Studie steigt allein das Volumen des
                                                    Versorgungslücken gut erkennen, sie haben das „Mar-            ten länderübergreifend zusammenarbeiten müssen und            digitalen Gesundheitsmarktes in Deutschland in den
                                                    ket-Access-Know-How“, um Innovationen in die Versor-           dass Gesundheit eben nicht an der Landesgrenze Halt           kommenden fünf Jahren auf 57 Milliarden Euro. Musk
                                                    gung zu bringen. Dieses Wissen fehlt vielen Unterneh-          macht. Der europäische Datenraum für Forschungsda-            hat das erkannt. Sein Besuch in Deutschland sei ein ver-
                                                    men und auch den meisten Wagniskapitalgebern. Durch            ten muss daher endlich Form annehmen. Denn nur mit            stecktes Lob und eine Verbeugung vor deutschem For-
                                                    das Ende letzten Jahres verabschiedete Digitale-Versor-        diesem „europäischen Weg“ können wir in Zukunft im            schergeist und hiesiger Ingenieurskunst, schrieb das Han-
Fotos: Andreas Friese, Getty Images, flaticon.com

                                                    gung-Gesetz (DVG) haben die Kassen nun die Möglich-            Wettbewerb um die besten Gesundheitsinnovationen              delsblatt. Dem kann ich mich nur anschließen.
                                                    keit, mit einem Teil ihrer Finanzreserven Startups zu          der starken außereuropäischen Konkurrenz Stand hal-               Gerade der Ernstfall der Corona-Pandemie zeigt uns,
                                                    fördern. Ein echtes Novum in der Krankenkassen-Land-           ten. Es gilt, eine Kommerzialisierung der Nutzung me-         welche enormen Chancen in der Digitalisierung zum
                                                    schaft.                                                        dizinischer Daten durch internationale Tech-Riesen zu         Wohle der Menschen liegen. Wir sollten das geänderte
                                                       Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Krankenkassen        verhindern und gleichzeitig Forschung und Versorgungs-        Mindset in Sachen neuer Technologien jetzt nutzen, um
                                                    nicht profitorientiert arbeiten. Dadurch können sie in         innovationen in Deutschland und Europa mit hohem              die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Deutschland
                                                    Startups investieren, bei denen sich ein Einstieg für klas-    Tempo voran zu treiben.                                       sowie in Europa deutlich voran zu bringen. Hierzu müs-
                                                    sische Investoren nicht lohnt, die Versorgung aber ver-                                                                      sen wir Gesundheitspionieren mit ihren Innovationen
                                                    bessert wird. Entsprechend mein Rat: Ohne einen erfah-         Fazit: Den Mut haben, bestehende Grenzen zu ver-              schnell und unkompliziert den Weg ebnen. Und dafür
                                                    renen Lotsen, der die Startups und Innovatoren mit ih-         schieben                                                      müssen wir auch den Mut haben, bestehende Grenzen
                                                    ren Ideen durch die Untiefen des Systems steuert,              Ein Pionier ist jemand, der auf einem bestimmten Ge-          zu verschieben. Denn nur so kann unser Gesundheits-
                                                    erleidet man schnell Schiffbruch. Das umfasst auch das         biet bahnbrechend ist. Ein Wegbereiter, ein Vorreiter,        system zukunftsfähig werden und auch weitere Krisen
                                                    wichtige Thema Datenschutz.                                    der auch unbekanntes Gelände nicht scheut. Und damit          und Pandemien gut überstehen.                         ■

                                                    Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                                                                                    HandelsblattJournal
14 HEALTH DATA

Ein standardisierter Datensatz
 für die COVID-19-Forschung
                                                                                                Epidemiological
                                                                                                    factors
                                      Anamnesis                       Outcome
                                            &                             at
                                      Risk factors                    discharge

                                                                                                                          Vital signs

                                                                                                                                                Medication
                                   Demographics                                                                                                     &

                                                                           GECCO
                                                                                                                                                 Therapy

                     Study
                  enrollment
                                                                                                                           Complications
                       &
                   Inclusion
                    criteria
                                               Symptoms

                                                                                                 Imaging

                                                                                                                          Laboratory
                                                                      Onset of                                              values
                                                                      illness &
                                                                     Admission

                                          Prof. Dr. med. Sylvia Thun                                                                    Dr. Moritz Lehne
                                           Charité Visiting Professor und Direktorin der                                                 Health Data Scientist in der Core Unit
                                            Core Unit „eHealth und Interoperabilität”,                                                    „eHealth und Interoperabilität”,
                                            Berlin Institute of Health (BIH), und Professorin                                             Berlin Institute of Health (BIH)
                                            für Informations- und Kommunikations­
                                            technologien im Gesundheitswesen,
                                           Hochschule Niederrhein

von Prof. Dr. med. Sylvia Thun und Dr. Moritz Lehne         veröffentlicht. Diese Studien liefern täglich neue Erkennt-     harmonisieren und so das Beste aus der COVID-19-For-

W
                                                            nisse, die uns dabei helfen können, die Pandemie erfolg-        schung herauszuholen, sind einheitliche Datenformate
                                                                                                                                                                                     Fotos: BIH (2), Getty Omages

                 ohl noch nie wurde innerhalb weni-         reich zu bekämpfen.                                             notwendig.
                 ger Monate in einem Bereich so viel           Doch die Flut der vielen Studien führt auch zu einer
                 geforscht wie aktuell zu COVID-19. Seit    zunehmenden Segmentierung von Information: Daten                Der German Corona Consensus (GECCO)
                 im Dezember 2019 die ersten Infekti-       werden unterschiedlich erhoben, Studienergebnisse               Datensatz definiert einheitliche Datenstrukturen
                 onen mit dem neuen Coronavirus be-         sind oft nicht miteinander vergleichbar und ein studi-          für COVID-19-Studien.
kannt wurden, haben Forscherinnen und Forscher Zehn-        enübergreifender Datenaustausch zur gemeinsamen                 Um Studiendaten für die COVID-19-Forschung einheit-
tausende von Studien über COVID-19 und SARS-CoV-2           Auswertung ist schwierig. Um Forschungsaktivitäten zu           lich zu erheben, wurde innerhalb des mit 150 Millionen

Sonderveröffentlichung zum Thema „HEALTH“ | November 2020                                                                                                  HandelsblattJournal
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