Spezial 10 Jahre AMNOG - Die Suche nach dem Zusatznutzen - Presseagentur Gesundheit
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OPG Spezial Operation Gesundheitswesen • 19. Jahrgang Gesundheitspolitische Nachrichten und Analysen der Presseagentur Gesundheit • ISSN 1860-8434 Sonderausgabe, Januar 2021 10 Jahre AMNOG Die Suche nach dem Zusatznutzen © stock.adobe.com, NOBU pag Presseagentur Gesundheit
INHALT | OPG Spezial, Januar 2021 10 Jahre AMNOG – Die Suche nach dem Zusatznutzen Editorial: Mit eingebautem Rocket-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 7 I. Einführung und Rückblick Der Feind des Guten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 8 Zehn Jahre AMNOG – Jubiläum mit Anspruch „Das AMNOG hatte viele Architekten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 11 Dr. Philipp Rösler zu den Urheberrechten des Verfahrens AMNOG-Debatten mit Déjà-vu-Erlebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 14 Reibepunkte des Verfahrens im Überblick Kontinuierliches Schrauben an AMNOG-Apparatur . . . . . . . . . . . . . . Seite 22 Übersicht: Die wichtigsten Reformen des Gesetzgebers II. Einblicke Was ist der Zusatznutzen wert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 26 Die Schiedsstelle: Unwägbarkeiten, Freiräume und fehlende Leitplanken Warum das Dossier eine Kunst für sich ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 30 Plädoyer für den besonderen Wert des Medikaments „Zu wenig Zeit für grundlegende methodische Fragen“ . . . . . . . . . Seite 32 Prof. Jürgen Windeler zur AMNOG-Arbeit des IQWiG „Evidenz mit Augenmaß anwenden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 34 Prof. Josef Hecken über gelöste und neue Probleme des Verfahrens III. Kontroversen Umstrittene Sonderrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 42 Wie sicher sind die Privilegien der Orphan Drugs? Kassen fordern rückwirkende Erstattungsbeträge . . . . . . . . . . . . . . . Seite 46 Die Kritik an der freien Preisfestsetzung im ersten Jahr Vertrauliche Erstattungsbeträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 48 Der Dauergast auf der politischen Agenda „Preisspirale durchbrechen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 50 Der GKV-Spitzenverband zu Fragen rund ums AMNOG © PAG, Januar 2021 • Seite 4
OPG Spezial IV. Herausforderungen Zur Bezahlbarkeit von Hochpreistherapien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 52 Der Balance-Akt des AMNOG wird nicht einfacher AIS: Erwartungen und Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 55 Die Nutzenbewertung soll in der Arztpraxis ankommen Mischpreise – es bleibt kompliziert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 58 Warum die Probleme fortbestehen Das Ringen um EU-HTA geht weiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 60 Deutsche Ratspräsidentschaft: Prozess nimmt wieder an Fahrt auf Offener Diskurs um Zahlungsbereitschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 62 Prof. Wolfgang Greiner plädiert für Kosten-Nutzen-Bewertungen V. Bewertungen Verschiedene Perspektiven aufs AMNOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 68 Wie Politiker, Patienten und Industrie das Verfahren bewerten „Beteiligung noch wirkungsvoller organisieren“ . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 71 Dr. Martin Danner zur Perspektive der Patienten Studiendesigns auf europäischer Ebene abstimmen . . . . . . . . . . . . . Seite 72 Ein Statement von Dr. Thomas Lang, Novartis Pharma AMNOG in der Energieeffizienzklasse C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 73 Ein Statement von Martin Fensch, Pfizer Wert von Versorgungsdaten endlich anerkannt . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 74 Ein Statement von Dr. Julia Wagle, Roche Pharma AG Neue Studiendesigns als zeitgemäße Ergänzung . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 75 Ein Statement von Dr. Hans-Christian Wirtz, Janssen Cilag Zunehmende Flexibilität erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 76 Ein Statement von Dr. Julia Büchner, Astra Zeneca Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 77 © PAG Januar 2021 • Seite 5
OPG Spezial Editorial Mit eingebautem Rocket-Effekt Liebe Leserinnen und Leser, Im deutschen Gesundheitswesen gibt es so manche Merkwürdigkeiten, die im sonstigen Leben eher nicht zu finden sind. Systembedingt und für den Systemerhalt. Dazu gehört der Ansatz, mit einer Reform Kosten zu reduzieren und gleichzeitig die Qualität der Versorgung zu erhöhen. Ein per- fekter Vertreter dieser Philosophie ist das AMNOG – das Arzneimittel- marktneuordungsgesetz. Es trägt diesen Namen nicht umsonst. Denn es hat vor zehn Jahren eine ganz neue Ordnung ins System gebracht. Mit Fug und Recht kann dies bei der Einführung im Jahr 2011 als System- innovation bezeichnet werden. Doch wo stehen wir nach zehn Jahren und vielen ausgefochtenen Graben- kämpfen zu Endpunkten und Evidenz? Jetzt geht es darum, dass das AMNOG Schritt halten muss mit den medizinisch-pharmazeutischen Innovationen. Ein ein- gebauter Rocket-Effekt, der dem Innovationstempo stand hält, wäre ein visionärer Lösungsansatz. Anlässlich des Jubiläums haben wir das Gesetz von der Geburtsstunde bis zu den Herausforderungen heute nachgezeichnet. Eine gute Lektüre wünschen Ihnen Lisa Braun und das Redaktionsteam der Presseagentur Gesundheit © PAG Januar 2021 • Seite 7
I. Einführung und Rückblick Blick zurück nach vorn: Wie war das, als Philipp Rösler das AMNOG auf den Weg gebracht hat? Für den Paradigmenwechsel zeichnen mehrere Architekten verantwortlich. Bemerkenswert ist, dass viele damals diskutierte Streitthemen noch heute die Gemüter bewegen. Der Feind des Guten Zehn Jahre AMNOG – Jubiläum mit Anspruch „Auf der finsteren Kellertreppe in der Schmuddelecke ha- ben wir damals als HTA-Menschen gesessen“, erinnert sich kürzlich der Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses, Prof. Josef Hecken, lebendig-bildhaft an die Anfangszeiten des AMNOG. Ob er tatsächlich in einer solchen Underdog-Posi- tion war? – sei´s drum. Fest steht, dass das Verfahren mitt- lerweile national anerkannt ist und international sogar als vorbildhaft gilt. Der Weg dorthin war mitunter recht steinig. Und auch jetzt dür- fen sich alle Beteiligten nicht auf dem bisher Erreichten ausruhen, denn angesichts der Dynamik des medizinischen Fortschritts wäre Stillstand beim AMNOG fatal. Dr. Philipp Rösler, Bundesgesundheitsminister Das Grundprinzip des Verfahrens ist jedoch noch immer unverän- von 2009 bis 2011 © Deutscher Bundestag, Lichtblick, Achim Melde dert, es funktioniert nach dem Prinzip, das Bessere ist der Feind des © PAG, Januar 2021 • Seite 8
OPG Spezial Guten. In AMNOG-Deutsch übersetzt bedeutet das: Welchen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie bietet das neue Arzneimittel? Rösler bringt Paradigmenwechsel auf den Weg Zurecht hat die schwarz-gelbe Koalition den mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz eingeführten zweistufigen Prozess als „Paradigmenwechsel in der Frage der Arzneimittelpreisfindung“ bezeichnet. Schlagzeilen wie „Rösler will Preismonopol brechen“ begleiteten im Jahr 2010 die Pläne – und immer wieder © iStock.com, Petmal schwingt bei dem Vorhaben eine gewisse Ungläubig- keit mit, dass ausgerechtet ein wirtschaftsfreundlicher FDP-Minister etwas Derartiges auf den Weg bringt. Rös- ler stellt allerdings klar, dass das AMNOG viele Archi- tekten hatte (lesen Sie dazu das Interview auf Seite 11). © PAG Januar 2021 • Seite 9
10 Jahre AMNOG • Einführung und Rückblick Insider wissen zu berichten, dass es schon so gut wie fertig in der Schublade ge- legen hat. Zur AMNOG-Einführung betont Rösler immer wieder die „schwierige Balance zwischen Innovation und Bezahlbarkeit“, die zu meistern sei und nennt dazu folgende Zahlen: Allein im Jahr 2009 habe die gesetzliche Krankenversiche- rung mehr als 32 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben. Dies entspreche einem Zuwachs von rund 1,5 Milliarden Euro, der hauptsächlich durch Arzneimit- tel ohne Festbetrag verursacht werde, rechnet Rösler 2010 vor. Kuriose Kostenschätzung – bis heute amüsant Das AMNOG hat mittlerweile das erwartete Einsparpotenzial übertroffen. Die damals vom Bundesgesundheitsministerium recht blauäugig prognostizierten Kosten, die dem pharmazeutischen Hersteller für ein Dossier entstehen würden, galten schon im Gesetzgebungsverfahren als Makulatur. Wie diese geschätzten 1.250 Euro zustande gekommen sind, kann heute wie damals niemand erklären. Lesen Sie im Folgenden, welche Herausforderungen es jetzt zu meistern gilt, welche Kontroversen das AMNOG seit seiner Geburtsstunde begleiten und was zentrale Akteure selbst vom lernenden System gelernt haben. t Erstattung Listenpreis des pU Erstattung Verhandlungspreis (= Listenpreis - Rabatt) Start ≤ 3 Monate ≤ 6 Monate 12 Monate 15 Monate Abschluss des Verfahrens Pharmazeutisches Gemeinsame Einigung Rabatt auf Herstellerpreis Unternehmen: § 130b SGB V belegter Zulassung neues Arzneimittel Zusatznutzen Rabatt auf Herstellerpreis (gilt rückwirkend bis Abschluss des Verfahrens) oder Anwendungsgebiet Beschluss GKV-SV / pU: Schiedsstelle Verhandlungen über keine evtl. Basis Erstattungspreis Einigung europäische Preise Antrag Kla KNB Kla ge ge GKV-SV Scoping oder pU GKV-SV / pU: (optional) Vereinbarung Er- Schiedsstelle Basis Jahres- KKs / pU: stattungsbetrag nach keine dezentrale § 130b SGB V (Höhe Einigung therapiekosten der Vergleichs- Beschluss Verträge §§ keine < Jahrestherapiekosten 130a/c; 140a ff. FB-Gruppe Vergleichstherapie) therapie Kla (optional) ge kein belegter Zusatznutzen Rabatt auf Herstellerpreis (gilt rückwirkend bis Abschluss des Verfahrens) Einigung Rabatt auf Herstellerpreis Zuordnung zu Fest- betragsgruppe möglich Festlegung Festbetrag Festbetrag (Höchstbetrag für GKV-Erstattung) Ablauf und Akteure des AMNOG-Verfahrens, Informationsgrundlage: Gesetzentwurf BT-Druck- sache 17/2413 vom 6.7.2010 sowie Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen Ausschuss-Druck- sache 17(14)0067 vom 20.9.2010. Redaktionsschluss: 21. Oktober 2010 © Presseagentur Gesund- heit, Michael Pross © PAG, Januar 2021 • Seite 10
OPG Spezial n „Das AMNOG hatte viele Architekten“ Dr. Philipp Rösler zu den Urheberrechten des Verfahrens Mit dem AMNOG werden die Pharmafirmen mit in die Verantwortung für die Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung genommen und der Zugang zur bestmöglichen Behandlung für alle Versicherten gesichert, verteidigt der damalige Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler das 2010 vom Bundestag beschlossene Gesetz. Im Interview erinnert er sich an die Entstehungsgeschichte des AMNOG, das einen Paradigmenwechsel im deutschen Gesundheitswesen eingeleitet hat. opg: Sie waren zwei Jahre Bundeswirtschaftsminister und zwei Jahre Bundesgesundheitsminister. Wenn Sie in jetzigen Pandemiezeiten eines der beiden Ämter ausführen müssten, welches wäre das? Rösler: Beides ist sehr herausfordern und sehr span- nend, zumal mittlerweile die Rechtslage eine bessere ist. Ich bin immer wieder beeindruckt, dass man trotz des Föderalismus auf Bundesebene doch relativ gut vorangekommen ist bei dem Thema Pandemiebe- kämpfung. Gesundheitsminister in der jetzigen Zeit zu sein, hätte ich deshalb spannend gefunden. Pandemie war allerdings auch hinterher noch mein Thema beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Wir haben damals an einer weltweiten Pandemieplanung zusammen mit Hermann Gröhe gearbeitet. Er war dazu sehr enga- giert. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind noch gar nicht absehbar, hier zu helfen diese abzumildern wäre ebenfalls sehr inter- Dr. Philipp Rösler, 2020 © privat essant. Um Ihre Frage zu beantworten: Ich könnte es nicht sagen, beide Ämter sind spannend und verantwortungsvolle Aufgaben. opg: Es überrascht, dass die weltweite Pandemieplanung in Davos ein Thema war, Deutschland scheint es unvorbereitet erwischt zu haben. Worum ging es genau in Davos? Rösler: Credit to Daniel Bahr, der das Infektionsschutzgesetz in Deutschland initi- iert hat, das im Zuge der gegenwärtigen Pandemie im Frühjahr geändert wurde. Darin sind schon viele wichtige Dinge mit angelegt gewesen. Das ist unter dem Eindruck der EHEC-Epidemie entstanden. Bei mir war zuvor die Schweinegrippe ein Thema. Aufgrund beider Erfahrungen ist das Gesetz entstanden. © PAG Januar 2021 • Seite 11
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