Spielzeug verantwortlich einkaufen und fair beschaffen - Uwe Kleinert, Werkstatt Ökonomie Veranstaltung der Evang. Kirchengemeinde Korntal im ...
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Spielzeug ‒ verantwortlich einkaufen und fair beschaffen Uwe Kleinert, Werkstatt Ökonomie Veranstaltung der Evang. Kirchengemeinde Korntal im Rahmen der Vortragsreihe „Fair Handeln” am 23. Januar 2014
Was ist Ihnen wichtig beim Spielzeugkauf? dass es sicher und schadstofffrei ist dass die Kinder beim Spielen etwas lernen dass die Kinder gerne damit spielen dass es preiswert ist dass es lange haltbar ist und repariert werden kann dass es aus natürlichen Materialien besteht dass es sich nach Gebrauch gut weiterverkaufen lässt dass es ohne Ausbeutung und ohne Umweltschäden hergestellt wurde dass sich die Menge von Spielzeug im Rahmen hält …
Die Realität? Boomende Spielzeugbranche »Der Geheimtipp auf der Nürnberger Spielzeugmesse quietscht, rülpst und wackelt fröhlich mit seinen neonfarbenen Plastikohren: Das Plüschtierchen freut sich, weil es per iPhone-App mit virtuellen Brathähnchen gefüttert wird ‒ und gemeinsam mit Messe-Testimonial Lena Meyer-Landrut ein Lied trällern darf. Das sprechende Hightech-Stofftier aus der Ideenschmiede des Spiel- zeugherstellers Hasbro, raunen Branchenvertreter, könnte der Ver- kaufsschlager des Jahres werden.« (Quelle: manager magazin online, 3.2.2013)
Spielzeug ist eine Ware wie jede andere • 16,5 Mrd. Euro gaben die VerbraucherInnen in der EU 2011 für Spielzeug aus • In der EU gibt es rund 78 Millionen Kinder unter 14 Jahren. • 50 bis 60 Prozent das Branchenumsatzes entfallen auf das Weihnachtsgeschäft. • Jedes Jahr sind 60 Prozent der Spielzeuge auf dem europäischen Markt Neuentwicklungen. • Die Folge: Preiskampf und Konzentration
Konzentration: z.B. 1982 2006 1998 2010 2004 2008 1993 2010 1999 2010 1993 1993 2001 2008 2010 Hinweis: Der deutsche Spielzeugmarkt ist vergleichsweise kleinteilig.
Preiskampf: mehr Importe aus Fernost Rund 80 % der deutschen Spielwaren werden importiert. 70 % der deutschen Spielzeugimporte stammen aus China. China-Produktion
Spielzeug kommt vor allem aus China 80 % der auf dem Weltmarkt gehandelten Spielsachen stammen aus China, 70% davon aus der Provinz Guangdong 8-10.000 Fabriken, davon 3.500 mit Exportlizenz
... nicht nur in der Spielzeugindustrie • Überlange Arbeitszeiten 80 / 90 Stunden pro Woche bis 16 Stunden pro Tag • Wochenlange Arbeit ohne freien Tag • Erzwungene Überstunden • Vorenthaltene Mindestlöhne (1.500 RMB = 180 € mtl.) und Überstundenzuschläge • Verzögerte Lohnauszahlungen
... nicht nur in der Spielzeugindustrie • Mangelhafter Gesundheits-/Arbeitsschutz • Fehlende Sozial-/Unfallversicherung • Keine Arbeitsverträge • Fehlender Kündigungsschutz • Menschenunwürdige Unterkünfte • Keine Arbeitnehmervertretung Besonders verletzlich: Wanderarbeiterinnen (75% der Belegschaften in der Region) Wie alles begann …
Kampf um bessere Arbeitsbedingungen • Fabrikbrände: Mai 1993 Kader Industrial (Thailand) Co. Ltd. (Bangkok): 189 Tote, 469 Verletzte November 1993 Zhili Handicraft Factory (Shenzhen): 87 Tote, 47 Verletzte • Hongkong Toy Coalition Charta für sichere Arbeitsbedingungen • NGOs in USA und Großbritannien • Menschenrechtsorganisationen bitten Misereor um Unterstützung seit 1999 Aktion fair spielt (bis Dez. 2012) Branchenkodizes
Freiwillige Brancheninitiativen • 1996 erste Verhaltenskodizes (Codes of Conduct) British Toy & Hobby Association (BTHA), Toy Manufacturers of Europe (TME) International Council of Toy Industries (ICTI) • 2001 Überarbeitung des ICTI-Kodex & ICTI CARE-Prozess • 2003 Beginn der Umsetzung (Fabrikkontrollen) Aktion fair spielt: Träger
Was verlangt der ICTI-Kodex? • Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeiten, Löhne und Überstundenvergütungen • Verbot von Kinder-, Zwangs- & Gefangenenarbeit • Gesetzliche Leistungen bei Krankheit & Schwangerschaft • Recht auf Arbeitnehmervertretung entsprechend den örtlichen Gesetzen • Arbeits- & Gesundheitsschutz, Notfallvorsorge • angemessene Hygieneeinrichtungen • sichere Schlafräume • Verbot seelischer & körperlicher Disziplinierung • Bekanntgabe der Standards in der örtlichen Sprache
ICTI-Kodex: ein aufwändiges Verfahren • Lieferant beantragt Zertifizierung bei ICTI CARE Foundation • ICTI CARE Foundation beauftragt eine von acht akkreditierten Auditfirmen mit der Inspektion der Fabrik • Auditfirma führt Inspektion der Fabrik durch • Auditfirma erstellt einen Auditbericht und (bei Mängeln) einen Corrective Action Plan • Auditfirma führt Re-Audit durch • Auditfirma empfiehlt der ICTI CARE Foundation die Ausstellung des so genannten Seal of Compliance ICTI-Kodex: Zertifikat
ICTI CARE-Prozess: das Zertifikat ICTI CARE Foundation stellt ein Zertifikat aus, das Seal of Compliance, das zunächst ein Jahr gültig ist und dann erneuert werden muss. Factory Database
ICTI CARE-Prozess: die Website www.icti-care.org ICTI-Kodex Stand Umsetzung
ICTI CARE-Prozess: Stand der Dinge • Start des ICTI CARE-Prozesses: November 2003 • Registrierte Betriebe: 1.423 mit ca. 1,4 Mio. Beschäftigten • Zertifizierte Betriebe: 1.095 • Zertifizierungen weit überwiegend in China • Date Certain Programm Zusage von Abnehmerfirmen, ab einem bestimmten Stichtag nur noch bei zertifizierten Lieferanten einzukaufen; 902 angeschlossene Firmen, davon 32 deutsche. Stand: Dez. 2013
ICTI CARE-Prozess: Eine gute Sache, oder? Das funktioniert doch Das ist doch nicht Sache nie und nimmer! der Firmen, sondern der Man sollte gar kein chinesischen Regierung! chinesisches Spielzeug mehr kaufen. Die schieben die ganze Die kontrollieren sich doch Verantwortung auf die selber – und das soll Lieferanten ab und selber glaubwürdig sein? tun sie nichts. Sind denn da die Arbeiter irgendwie beteiligt? Und was kann ich als Verbraucher damit Und wer kontrolliert, dass die anfangen? Markenfirmen ihre Versprechen auch einhalten? ICTI-Kodex: Kritik
ICTI CARE: Was besser werden muss(te) • Qualitätssicherung der Audits • Beteiligung der Arbeiterinnen & Arbeiter • Beschwerdeverfahren • Arbeiterschulungen • Unabhängige(re) Aufsicht • Einbeziehung der Vorlieferanten • Kontrolle der Date Certain-Versprechen • Transparenz: Wer tut was? • Einkaufspraxis der Abnehmer Herausforderungen
Grundsätzliche Erfahrungen • Es gibt bisher kein wirklich wirksames System • Es fehlt eine wirksame staatliche Regulierung (in vielen Herstellerländern, aber auch in den Importländern) • Unternehmen können viel tun, aber nicht immer alles … • Lieferanten sind nicht allein verantwortlich Preisdruck + Termindruck + Sozialdruck + Ökodruck • Das Verantwortungskarussell: Handel – Hersteller – Lieferant – VerbraucherIn • Verbraucher & Beschafferinnen brauchen (glaubwürdige) Informationen, um verantwortlich einkaufen zu können Was tun?
Spielzeugkauf: Was tun? • Weniger ist (meist) mehr • Herkunft prüfen (Marken statt No Name-Produkte) • Billigprodukte meiden • Auf Labels achten (GS, Spiel gut, Fair Trade) • Sich & andere informieren • Altersangaben beachten • Riechtest machen • Spielzeug wiederverwenden • Bei Herstellern & Händlern nachfragen Optionen: fair spielt
Optionen: die fair spielt-Firmenliste ICTI-Liste Kita-Ausstatter Europäische Produktion Stand: 14.9.2013 Optionen: Fairer Handel
Optionen für den verantw. Spielzeugkauf Spielzeug aus Fairem Handel Anbieter (Auswahl): • Weltläden www.weltladen.de • El Punte www.el-puente.de • Gepa – The Fair Trade Company www.gepa.de | www.gepa-shop.de • Lanka Kade | Fair Trade aus Sri Lanka www.lankakade.co.uk/store/welcome/ • Das Grenzlädchen | Produkte aus fairem Handel www.grenzlaedchen.de/index.php
Optionen für den verantw. Spielzeugkauf Spielzeug aus Behinderten-Werkstätten Anbieter (Auswahl) • entia – nachhaltige Produkte aus über 70 Werkstätten für Menschen mit Behinderung www.entia.de • fagus-Holzspielwaren | Büngern Technik www.fagus-holzspielwaren.de • Praunheimer Werkstätten (pw°) www.pw-ffm.de • Variomondo – „ethische Produkte aus Behindertenwerkstatten“ www.variomondo.com Optionen: andere
Optionen für den verantw. Spielzeugkauf Holzspielzeug mit dem FSC-Siegel Textilspielzeug mit dem GOTS-Siegel Spielzeug aus Recyclingmaterial Anbieter (Auswahl): • Greenpeace www.greenpeace-magazin.de/warenhaus/ • Memo www.memo.de • Minimanna www.minimanna.de • Avocado Store www.avocadostore.de • Green Toys www.greentoys.com • Let’s play fair www.letsplayfair.co.uk/shop/ Blauer Engel
Optionen für den verantw. Spielzeugkauf Blauer Engel für Textilspielzeug (RAL-UZ 159) Beschaffung: EU-Recht
Weitere Informationen • Website von fair spielt unter www.fair-spielt.de • Verbraucherbroschüre »So bringen Sie Menschenrechte ins Spiel« • Website von CorA: www.cora-netz.de • Die Verbraucher Initiative: www.label-online.de
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