Prekäre Arbeitsbedingungen in Nähfabriken - ein Fotobuch - FÜNF BEISPIELE AUS SÜDINDIEN, KAMBODSCHA, BANGLADESCH UND CHINA

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Prekäre Arbeitsbedingungen in Nähfabriken - ein Fotobuch - FÜNF BEISPIELE AUS SÜDINDIEN, KAMBODSCHA, BANGLADESCH UND CHINA
Prekäre Arbeitsbedingungen in Nähfabriken – ein Fotobuch
FÜNF BEISPIELE AUS SÜDINDIEN, KAMBODSCHA, BANGLADESCH UND CHINA

                                                                  Titelbild © Jörg Böthling
Prekäre Arbeitsbedingungen in Nähfabriken - ein Fotobuch - FÜNF BEISPIELE AUS SÜDINDIEN, KAMBODSCHA, BANGLADESCH UND CHINA
MODERNE SKLAVEREI / Das „Sumangali-Programm“ in Südindien
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Obwohl offiziell verboten, ist es in vielen indischen Familien weiterhin üblich, dass die Frau bei der
 Hochzeit eine Mitgift in die Ehe mitbringt. Für viele Familien ist es jedoch eine große finanzielle Heraus-
 forderung, diese Mitgift aufzubringen. Manche Frauen können sich daher eine Heirat schlichtweg nicht
 leisten.
 Diese Problematik nutzen einige große Textilfabriken zu ihren Gunsten: Sie werben gezielt Mädchen
 aus wirtschaftlich schwächeren Familien mit Geld, Unterkunft, Essen, Freizeit- und Weiterbildungs-
 möglichkeiten sowie dem Versprechen an, ihnen nach drei Jahren Arbeit als Bonus ihre Mitgift zu
 zahlen. So scheint es auch für diese Mädchen möglich, eine „Sumangali“ zu werden: eine glücklich
 verheiratete, finanziell abgesicherte Frau.
 In der Realität arbeiten sie jedoch ohne Vertrag und ohne Sozialleistungen unter dem Mindestlohn und
 sind in ihrer Freiheit eingeschränkt. Oft müssen sie mehrere Schichten hintereinander durcharbeiten
 und haben außer zwei 1- bis 2-tägigen Besuchen bei der Familie im Jahr keinerlei Urlaubsanspruch. Auch
 die versprochene Mitgiftzahlung nach drei Jahren ist meist ein leeres Versprechen, denn die Summe
 wird den Mädchen vom Lohn abgezogen – sofern sie überhaupt eine Bonuszahlung erhalten.
 Auch große deutsche Firmen beziehen ihre Textilien von Fabriken in Südindien, in denen das
 „Sumangali-Programm“ praktiziert wird. Nach Schätzungen der Kampagne für saubere Kleidung sind
 rund 120.000 Mädchen eine „Sumangali-Braut“.

Bild links: Junge Mädchen in einer Textilfabrik in Tirupur in der südindischen Region Tamil Nadu (© ILO / Khemka A)
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MINDESTLOHN / Proteste in Kambodscha zum Jahreswechsel 2013/14
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Ende 2013 kam es in Phnom Penh, der Hauptstadt von
                                                                         Kambodscha, zu großen Demonstrationen von Textil-
         Beschäftigte in der Bekleidungs-                                arbeiterInnen. Ihre Forderung: ein Mindestlohn von
         industrie:                                                      umgerechnet 116 Euro statt der bisher üblichen nur etwa
         ca. 500.000 Menschen                                            60 Euro im Monat.

         Mindestlohn:                                                    Am 24. Dezember 2013 kam die Textilproduktion des
         336.000 Riel (60,68 Euro)                                       Landes nach Gewerkschaftsangaben zu 80 Prozent zum
         Existenzsichernder Lohn nach Be-                                Erliegen.
         rechnungen von Asia Floor Wage:                                 Die Demonstrationen wurden bis in den Januar hinein
         1.582.668 Riel (285,83 Euro)
                                                                         fortgesetzt. Bei Zusammenstößen mit der Polizei kam es
         Daten von 2013                                                  zu mehreren Toten. Einige kambodschanische Gewerk-
         Quelle: Lohn zum Leben, Clean Clothes Campaign
                                                                         schafterInnen wurden verhaftet.
                                                                         Initiativen wie die Kampagne für Saubere Kleidung for-
                                                                         dern die sofortige Freilassung der 21 Inhaftierten (Stand
                                                                         Februar 2014).

Bild links: Auch im Jahr 2007 demonstrierten kambodschanische TextilarbeiterInnen für bessere Arbeitsbedingungen (© ILO in Asia and the Pacific)
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SICHERHEIT / Fabrikunglück in Bangladesch

Beschäftigte in der Bekleidungs-
industrie:
ca. 4 Millionen Menschen
Mindestlohn:
3.000 Taka (28,60 Euro)
Existenzsichernder Lohn nach Be-
rechnungen von Asia Floor Wage:
25.687 Taka (259,80 Euro)
Daten von 2013
Quelle: Lohn zum Leben, Clean Clothes Campaign
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Am 24. April 2013 stürzte das Gebäude der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch ein. 1.133 ArbeiterInnen
kamen ums Leben. Schon am Tag zuvor war wegen tiefer Risse im Gebäude dessen Evakuierung angeordnet
worden. Während den Beschäftigten einer Bank und eines Einkaufszentrums die Rückkehr in das Gebäude ver-
boten worden war, hatten die TextilarbeiterInnen unter Androhung von Lohnabzug weiterarbeiten müssen –
trotz des immensen Sicherheitsrisikos.

                                                                                         Nach dem Unglück gingen Hunderttausende Textil-
                                                                                         arbeiterInnen auf die Straße und demonstrierten
                                                                                         für das Recht auf Entschädigung, bessere Arbeits-
                                                                                         bedingungen und gewerkschaftliche Organisation.

                                                                                         Es besteht Hoffnung auf eine Verschärfung der Si-
                                                                                         cherheitsmaßnahmen: Im Mai 2013 unterzeichne-
                                                                                         ten mehrere internationale Textilunternehmen ein
                                                                                         Brand- und Gebäudeschutzabkommen für Textil-
                                                                                         fabriken in Bangladesch.

Bild links: Eine von unzähligen Nähereien in Bangladesch (© medico international / Gordon Welters)
Bild oben: Die Ruine des Hochhauses Rana Plaza in der Stadt Savar, Bangladesch (© medico international / Gordon Welters)
GESUNDHEIT / Sandstrahltechnik

                                 Studie der Clean Clothes
                                 Campaign (März 2012):
                                 Deadly Denim – Sand-
                                 blasting in the Bangla-
                                 desh Garment Industry
Damit eine Jeans auch im Laden schon den gewünschten „used-look“ erhält, wird sie in den Textilfabriken
oft mit der Sandstrahltechnik ausgeblichen.
Dabei wird mit Hochdruck natürlicher Sand auf die Jeans geschossen. Die Vorteile: Sand ist billig und es
können auch nur einzelne Stellen bearbeitet werden. Doch diese Methode birgt extreme Gesundheits-
risiken für die ArbeiterInnen.
Der Staub, der beim Aufwirbeln von Quarzsand entsteht, setzt sich in ihren Lungen fest. Er kann zu der
Krankheit Silikose führen, der sogenannten „Staublunge“, die für die Betroffenen oftmals tödlich ist.

ArbeiterInnen werden häufig nicht über die Risiken
aufgeklärt und tragen unzureichende Schutzkleidung.
Im bisherigen Hauptproduktionsland Türkei wurde die
Sandstrahlmethode 2009 nach großen Protesten ver-
boten. Das Problem ist damit aber leider nicht aus der
Welt, sondern nur in andere Länder gewandert:
Heute sind besonders ArbeiterInnen in Pakistan,
China, Bangladesch und Ägypten betroffen.

Bild links: Arbeiter beim Sandstrahlen (© Clean Clothes Campaign)
Bild oben: Scene de Crime – Straßenaktion zu den Gefahren des Sandstrahlens (© Clean Clothes Campaign)
UMWELTVERSCHMUTZUNG / Färben in China
China ist das weltweit führende Land in der Textilproduktion. In 50.000 Fabriken werden Stoffe genäht,
gewebt, gefärbt, gedruckt und verziert. Besonders schlimme Umweltverschmutzungen gibt es in der
Textilmetropole Shaoxing. Greenpeace nennt in seinem Bericht „Toxic Threads“ (2012) konkrete Zahlen:
2010 wurden im Bezirk Shaoxing in rund 9.000 Textilfabriken 17 Milliarden Meter Stoff gefärbt und
130 Millionen Kleidungsstücke produziert.

Viele Färbereien leiten ihre verseuchten Abwässer
einfach in Flüsse und damit in das Ökosystem.
Dabei können manche Chemikalien, wie z. B.
Nonylphenolethoxylate (NPE), nicht einmal durch
Kläranlagen gefiltert werden. Im Abwasser sind
häufig auch krebserregende Azofarbstoffe vorhan-
den.
Die makabre Redensart, in China erkenne man die
Modefarben an den Farben der Flüsse, weist auf
die Dramatik des Problems hin.

Foto oben: Das Waschen von Kleidern – ein alltägliches Risiko für AnwohnerInnen eines verseuchten Flusses (© Greenpeace / Yin Kuang)
Foto links: Die Abwässer aus den Fabriken landen zuerst im Klärwerk Shaoxing, dann im Fluss Qiantang (© Greenpeace / Lu Guang)
Quellenangaben für die Gesamtinstallation

Aktiv gegen Kinderarbeit (2013), 100% Baumwolle – Afrikas Kindersklaven, Internet:
                      http://www.aktiv-gegen-kinderarbeit.de/2013/11/100-baumwolle-afrikas-kindersklaven/#identifier_2_289122
                      (Aufruf 27.3.2014).
Clean Clothes Campaign (2010), Mein Design. Meine Verantwortung, Internet:
                      http://mode.cleanclothes.at/start.asp?ID=231654 (Aufruf 27.3.2014).
Fairtrade Deutschland (2014), Fairer Handel mit Baumwolle, Internet:
                      http://www.fairtrade-deutschland.de/produzenten/baumwolle/ (Aufruf 27.3.2014).
FairWertung (2014), Zahlen Daten, Fakten, Internet:
                      http://www.fairwertung.de/info/hintergrund/zahlen.2/index.html (Aufruf 27.3.2014).
Südwind e.V. – Institut für Ökonomie und Ökumene (2013), Von weißem Gold und goldenem Öl, Siegburg, S. 8, 10.
Südwind Magazin (2004), Die textile Kette, Internet:
                      http://www.suedwind-magazin.at/start.asp?ID=235565&rubrik=31&ausg=200411 (Aufruf 27.3.2014).
TransFair e. V. (2008), Fairtrade-Baumwolle. Ein Gewinn für alle, Köln, S. 6. Internet:
                      https://www.fairtrade-deutschland.de/fileadmin/user_upload/materialien/download/download_baumwollbroschuere2008.pdf
                      (Aufruf 27.3.2014).
Umweltinstitut München e. V. (2012), Fragen und Antworten – Bekleidung – Baumwolle Anbau, Internet:
                      http://umweltinstitut.org/fragen--antworten/bekleidung/konventionelle_bekleidung-678.html (Aufruf 27.3.2014).
Virtuelles Wasser (2014), Produktgalerie, Internet:
                      http://virtuelles-wasser.de/jeans_burger.html (Aufruf 27.3.2014).
Diese Publikation wurde finanziell unterstützt durch die Europäische Union und durch Engagement Global im Auftrag des BMZ.
Die Verantwortung für den Inhalt tragen allein finep und die NHG. Der Inhalt gibt unter keinen Umständen eine Position der
Europäischen Union, von Engagement Global oder des BMZ wieder.
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