Sprachförderung: Die Fitness-Probe - Herbert Günther - I
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Herbert Günther HfH Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik ZOrich Bibliothek Schaffhauserstrasse 239 Postfach 5850 CH-8050 Zürich www.hfh.ch Sprachförderung: Die Fitness-Probe Bausteine für einen erfolgreichen Schulanfang Beltz Verlag· Wein heim, Basel, Berlin
Prof. Dr. Herbert Günther, Jg. 1948, arbeitet als Hochschullehrer an der Universität Koblenz-Landau, Abteilung Landau, im Fachbereich Erziehungswissen- schaften des Instituts für Bildung im Kinder- und Jugendalter in der Ausbildung von Grund-, Haupt- und Sonderschullehrern sowie von Diplompädagogen. Die Kopiervorlagen dieses Bandes stehen für Vervielfältigungen im Rahmen von Veranstaltungen in Schulen, Seminaren und in der Lehrerfortbildung zur Verfügung. Die Weitergabe der Vorlagen oder Kopien in Gruppenstärke an Dritte und die gewerbliche Nutzung sind untersagt. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Lektorat: Peter E. Kalb © 2003 Beltz Verlag · Weinheim, Basel, Berlin www.beltz.de Satz: Mediapartner Satz und Repro GmbH, Hemsbach Druck: Druckhaus Beltz, Hemsbach Umschlaggestaltung: Federico Luci, Köln Umschlagabbildung!Zeichnungen: Franziska Kalb, Bensheim Printed in Germany ISBN 3-407-62511-1
Praktische Durchführung Materialien • Die Fitness-Probe sollte im Zeitraum August bis De- zember des letzten Kindergartenjahres, spätestens im Zur Durchführung der Fitness-Probe werden folgende gleichen Zeitraum der ersten Grundschulklasse durch- Materialien gebraucht: geführt werden. Dieser Beobachtungszeitraum hat • die praktische Durchführungsanleitung, sich als günstig erwiesen, da die Möglichkeit besteht, • der Beobachtungsbogen, präventive Maßnahmen im letzten Kindergartenjahr • die Bildtafeln 1, 2a-2d, oder kompensatorische Fördermaßnahmen zu Beginn • verschiedene Schreibgeräte (Bleistift, Radiergummi, des ersten Schuljahres anzubieten. Buntstifte in den Farben rot, grün, blau und gelb) und • drei weiße Blatt Papier DIN A4. Vorbereitungen Technischer Hinweis zum Beobachtungsbogen. Der Vor Beginn jeder Beobachtung ist zu prüfen, ob alle Ma- Beobachtungsbogen kann auf einem modernen Ko- terialien vollständig vorhanden sind und die Bildvorlagen piergerät im Kindergarten oder der Schule beidseitig sowie der Beobachtungsbogen bereit liegen. auf DIN A3 vervielfältigt und danach eingesetzt wer- Das Verfahren sollte in einem ruhigen Raum stattfin- den. Bei einfachen Kopiergeräten kann der Beobach- den und vor möglichen Störungen geschützt werden. Hier tungsbogen zwei Mal einseitig kopiert und dann zu- bieten sich Förderräume in den Kindergärten und lärm- sammengeheftet werden. geschützte Klassenräume in der Grundschule an. Der Lehrer sollte eine angenehme und stressfreie Atmosphäre herstellen, das Rein- und Rauslaufen von Kindern verhin- Bedingungen dern, auf eine entsprechende Raumtemperatur (19 °C) und auch das entsprechende Mobiliar wie einen körper- Die Fitness-Probe kann zur Früherkennung und Frühför- angepassten Stuhl und Tisch bereithalten. Die Situation derung in den Bereichen Sprachgedächtnis, auditive sollte dem Kind als Spielsituation angeboten werden, der Wahrnehmung, Sprachverstehen, Sprache, Sprechen und Begriff Test sollte auf jeden Fall vermieden werden. phonologische Bewusstheit im letzten Kindergartenjahr, In den bereit liegenden Beobachtungsbogen werden im Schulkindergarten und im ersten Schuljahr der Name des Kindes, das Beobachtungsdatum und die Uhr- Grundschule eingesetzt werden. Dabei geht es um die Er- zeit eingetragen. Weiterhin können in der Spalte »Be- fassung lautsprachlicher Fähigkeiten und metasprach- sonderheiten und Anmerkungen« alle Informationen licher Voraussetzungen für den bevorstehenden Schrift- notiert werden, die dem Lehrer relevant erscheinen: Kon- spracherwerb. Es sollten folgende Bedingungen eingehal- zentrationsschwäche, Brillenträger, Linkshändigkeit, Ver- ten werden: haltensauffälligkeiten, Sprachstörungen, Überbiss usw. Die beobachteten Ergebnisse werden auf dem Beobach- • Die Durchführung des Verfahrens ist nur für Kinder tungsbogen festgehalten. In Zweifelsfällen entscheidet zu empfehlen, die die deutsche Sprache zumindest so sich der Beobachter immer für ein Minus. Dies ist nicht weit beherrschen, dass sie die Anweisungen zu den als harte Entscheidung gegen das Kind zu betrachten, einzelnen Aufgaben verstehen und sich sprachlich so sondern sieht die Förderung des Kindes im Mittelpunkt. weit ausdrücken können, dass der Lehrer das Gespro- Entscheidet sich in diesen Fällen der Beobachter für ein chene verstehen und interpretieren kann. Der Einsatz »Plus«, so kommt das Kind nicht in den Genuss einer des Verfahrens bei Kindern mit Deutsch als Zweitspra- Förderung. che kann daher nur in der Bewertung der Einzelsitua- tion entschieden werden. • Die Durchführung setzt voraus, dass der Lehrer sich Beobachtungsdauer die Beschreibung und Durchführung des Verfahrens gründlich durchliest und sich mit dem benötigten Ma- Die Beobachtung sollte am Vormittag in der Zeit zwi- terial sowie dem Ausfüllen des Beobachtungsbogens schen 9.00 und 12.00 Uhr durchgeführt werden und ins- vertraut macht. Jeder Lehrer, der die systematische Be- gesamt nicht mehr als 30 Minuten dauern. Je nach Bedarf obachtung eines Kindes durchführen will, sollte vor- kann auch nach Baustein 4 »Malen/Schreiben« eine kurze her das Verfahren mehrfach praktiziert haben. Pause von 5 bis 10 Minuten eingelegt werden. Die Durch-
führung der Beobachtung kann sich verlängern, wenn Aufgabenstellung der Fitness-Probe hinlenken: »Heute Kinder Probleme haben, die Anweisungen zu den einzel- will ich mit dir einige Spiele und Rätsel machen. Dabei nen Aufgaben zu verstehen oder beim Malen des Hand- geht es vor allem um das genaue Zuhören, Erzählen und posters sehr viel Zeit benötigen. Ebenso kann sich die deutliche Sprechen. Die Spiele werden dir bestimmt Spaß Dauer der Beobachtung verkürzen, wenn z.B. Aufgaben machen. Ich erkläre dir alles ganz genau und mache dir nicht oder nur teilweise bewältigt werden. auch einige Beispiele langsam vor. Wenn du etwas nicht verstehst, so frage sofort nach. Wollen wir anfangen?« Ansprache Ablauf der Beobachtung Alle Anweisungen zu den einzelnen Aufgaben sollen klar und deutlich gegeben werden. Ein verlangsamtes und Die Fitness-Probe soll in der Regel als Einzelbeobachtung überakzentuiertes Sprechen ist zu vermeiden. Insbesondere durchgeführt werden; nur in besonderen Situationen dann, wenn es um das Heraushören von sprachlichen können zwei und mehr Kinder beobachtet werden. Die Feinheiten und lautlichen Nuancen geht, dürfen keine be- Einhaltung der hier vorgegebenen Reihenfolge wird emp- sonderen Hinweise auf einzelne Wörter, Silben oder gar fohlen, kann aber unter besonderen Umständen und in Laute gegeben werden. Wenn das Kind beispielsweise spezifischen Kind-Umfeld-Situationen verändert werden. Schwierigkeiten hat, den Anlaut herauszuhören und an- Es ist sinnvoll, die Fitness-Probe mit zwei pädagogischen zugeben, kann der Anlaut durchaus etwas gedehnt ausge- Fachkräften durchzuführen: Durchführender und Proto- sprochen werden. Eine gekünstelte Aussprache ist auf kollant. jeden Fall zu vermeiden! Elterngespräch Präsentation Die Durchführung des Gesprächs mit den Eltern bzw. den Die Fitness-Probe wurde in einen kindgemäßen Kontext Erziehungsberechtigten kann vor oder nach der Beobach- gebracht. Die sieben Beobachtungsaspekte werden den tung des Kindes durchgeführt werden. Dabei kann der Kindern in spielerischer Form ohne Testcharakter ange- »Leitfaden für ein Elterngespräch« (nach Seite 46) wert- boten. Zeitdruck und Stressgefühle sind vom Lehrer zu volle Dienste leisten. Wichtige Informationen und Hin- vermeiden. Der Lehrer sollte zunächst ein kurzes Motiva- weise zu den einzelnen Fragen sollten auf der Seite 2 des tionsgespräch mit dem Kind führen und auf die grobe Beobachtungsbogens eingetragen werden.
Beobachtung 1 Beobachtung 2 Anzahl der Anzahl der richtig richtig gelösten gelösten Aufgaben +oder- Aufgaben + oder- 1. Sprachgedächtnis Geschichte nacherzählen Kindervers nachsprechen 2. Auditive Wahrnehmung Unsinnsilben nachsprechen Minimalpaare wiederholen Schwierige Wörter nachsprechen 3. Sprachverstehen Verstehen verbaler Anweisungen ~"""' Erkennen von Unsinnsätzen Fragen beantworten Verstehen verbaler Beschreibungen 4. Malen/Schreiben Anzahl der richtig geschriebenen Wörter Anzahl der falsch geschriebenen Wörter B Entwicklungsstufen (bitte ankreuzen): kritzelt von links nach rechts schreibt einzelne Buchstaben richtig schreibt nach Gehör Wahl der Stifte (dick/ dünn) Stifthaltung (Pinzettengriff) Sitzhaltung (Augen dicht vorm Blatt) Linkshänder/Sch reibrichtu ng Lage des Blattes (gerade/schräg) 5. Aussprache einzelner Wörter Anzahl der nicht korrekt gebildeten Laute (Zwei Laute und mehr= Minus) 6. Konstruieren von Sätzen Grammatikalische Abweichungen notieren (Fünf Abweichungen und mehr= Minus) Anzahl der korrekt gesprochenen Sätze
Beobachtung 1 Beobachtung 2 7. Sprachbewusstsein/ Anzahl der Anzahl der richtig richtig Phonologische Bewusstheit gelösten gelösten Aufgaben + oder- Aufgaben + oder- Wörter heraushören Sätze konstruieren Reime erkennen ±± Silben klatschen Zwei- und dreisilbige Wörter Vier- und fünfsilbige Wörter EE Laute erkennen Was hörst du am Anfang? Was hörst du am Ende? EE Ergebnisse im Überblick (bitte ankreuzen!) Sprachgedächtnis Auditive Wahrnehmung Sprachverstehen Aussprache einzelner Wörter Konstruieren von Sätzen Sprachbewusstsein/Phonologische Bewusstheit Befund (bitte ankreuzen!) nicht auffällig (kein Minus) leicht auffällig (ein oder zwei Minus) stark auffällig (drei oder mehr Minus) Leichte Auffälligkeiten (ein oder zwei Minus) sollten im Rahmen der täglichen Kindergarten- arbeit bzw. im Anfangsunterricht der Grundschule, starke Auffälligkeiten im Rahmen einer speziellen Gruppenförderung (vier bis acht Kinder) behandelt werden.
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