Spurensuche. Exlibris von Antiquaren

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Antiquariatsbuchhandel

                                                     Spurensuche. Exlibris von
                                                     Antiquaren

                                                     E
                                                             s fing mit einem Zufall an. Im April 2010
                                                             war ich zur Vorbesichtigung auf einer
                                                             Auktion in München. Bei der Durch-
                                                     sicht eines Buchkonvoluts fiel mir ein Exlibris
                                                     auf. Dargestellt war eine Verkaufsszene in einem
                                                     Antiquariat. Es war das Exlibris des Buch- und
                                                     Kunstantiquariats Robert Wölfle in München.
                                                     Mich interessierte die Frage, ob es weitere Ob-
                                                     jekte dieser Art gab. Aller Anfang ist schwer,
                                                     hier galt dies doppelt. Alles musste erst entdeckt
                                                     und wenn möglich erworben werden. Das
                                                     Hauptproblem war die Unklarheit, ob ein Exli-
                                                     bris existierte oder nicht. Bei noch lebenden
                                                     Kollegen versuchte ich dies durch eine schrift-
                                                     liche Anfrage zu klären. Nicht immer kamen po-
                                                     sitive Reaktionen. Manche ­haben nicht reagiert,
                                                     wollten auch keine Auskünfte geben, zumal ein
                                                     Exlibris auch etwas Privates ist. Der größte Teil
                                                     von Antiquaren ­hatte zu allen Zeiten kein Exli-
                                                     bris. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einer
                                                     mag darin bestehen, dass viele Kollegen zu den
                                                     grafischen Künsten nur schwer Zugang finden.

                                                     Was ist ein Exlibris?
                                                     Ein Exlibris (lat. »aus den Büchern«) ist ein ge-
                                                     zeichnetes beziehungsweise gedrucktes Bild.
                                                     ­Eine Kleingrafik oder eine Fotografie, eine Art
                                                      grafischer Bildschmuck. Sie weist darauf hin,

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wem das Buch gehört und aus welcher Biblio-         klebte ›Erinnerung‹ an den neuen Käufer über-
thek es stammte. Es ist ein Besitzeignerzeichen     ging. Schon durch diesen Vorgang wird deutlich,
(Bucheignerzeichnen). Oftmals hat es neben          dass die Verbreitung von Buchhändlermarken in
dem Namen des Bucheigners, der eine Einzel-         enormen Auflagenhöhen geschehen ist. Im Ex-
person, Institution oder Gesellschaft sein kann,    libris drückt sich hingegen etwas von der Per-
zusätzlich den Hinweis »Exlibris«, »Aus der Bi-     sönlichkeit des Eigners, aber auch des Künstlers
bliothek«, »Aus der Handbücherei« oder auch         aus. Das Stereotype der Buchhändlermarken
nur »Dieses Buch gehört«. Sie sollen daran erin-    wird hier durch eine künstlerische Gestaltung
nern, es an die rechtmäßigen Besitzer zurück zu     aufgehoben. So gesehen ist jedes Exlibris ein
geben. Das Exlibris ist fast so alt wie der Buch-   Unikat, auch wenn es mehrfach hergestellt
druck. Erste Exlibris dürften aus der Dürer-Zeit    ­wurde. Unter Signaturen versteht man hand-
stammen, bekannt ist die »Igel-Darstellung«          schriftliche Belege, die sich in Büchern aus der
eines Johann Knabensberg (Hans Igler), ge-
nannt Igler, um 1480. Genaueres lässt sich
nur schwer belegen. Im Laufe der Jahrhun-
derte hat es sich vom Eigentumsnachweis zur
eigenständigen Kunstform gewandelt. Der
Handel mit Exlibris unterliegt eigenen Geset-
zen und grenzt sich vom antiquarischen
Handel mit Büchern und Grafiken ab. Be-
liebte Sammelgebiete sind: Exlibris vor 1650,
Berufsdarstellungen (Arzt und Rechtsan-
walt), Erotik, Freimaurerei, Heraldik, Kat-
zen, Landschaften und Städte, Memento
­Mori (Totentanz), und bestimmte Künstler
                                                                                                          Antiquariat
 (z. B. Hans Bastanier, Ludwig Hohlwein,                                                                  Robert Wölfle,
 Max Klinger, Emil Orlik, Max Slevogt und                                                                 München
 Heinrich Vogeler).
     Im weitesten Sinne sind Signaturen, Stempel    ­ rbeitsbibliothek des Antiquars befinden. Der
                                                    A
 und Buchhändlermarken auch Exlibris, denn sie      Kollege Walter Alicke (1938–2003) hatte diese
 befinden sich alle in Büchern und verraten uns     Angewohnheit. Der Exlibris-Stempel ist ko-
 etwas über die Herkunft des Buches und über        stengünstig und kommt als Tintenstempel oder
 den Vorbesitzer. Die Buchhändlermarke ist auf      Blindprägestempel vor. Unter den aktiven Kol-
 der einen Seite zunächst nur ein kleiner Adres-    legen verwendet Tobias Wimbauer (geb. 1976)
 senaufkleber, der meist aus zwei Teilen bestand.   ­einen Exlibris Tintenstempel. Von mir nicht be-
 Einem Auszeichnungsfeld, das in der Regel           rücksichtigt werden weitere ›Spuren‹ wie Logos,
 weiß war und wiederum in ein oder zwei Unter-       ­Reklamemarken, Siegelmarken, Signets und an-
 felder aufgeteilt wurde. Hier konnte mit Blei-       dere Kleingrafiken.
 stift der Verkaufspreis und eine Lager- und In-
 ventarisierungsnummer oder auch verschlüsselt
 ein Einkaufscode eingetragen werden. Die ande-     Erscheinungsformen
 re Hälfte war das eigentliche Adressfeld, das
 eingeklebt im Buch sichtbar zurückblieb. Beim      Grundsätzlich lassen sich vier Hauptgruppen
 Verkauf wurde die weiße Hälfte abgetrennt,         unterscheiden. Sogenannte »Geschäftsexlibris«,
 quasi als Eigenbeleg für das Kassenbuch des        oft mit Zusätzen wie »Antiquariat« oder »Aus
 Händlers, während die zweite Hälfte als einge-     der Handbibliothek« versehen. Private Exlibris

                                                                  Aus dem Antiquariat NF 9 (2011) Nr. 5               229
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                   von Antiquaren, auf denen nur der Name steht.       dere wiederum gestalten nur noch Buchdrucke
                   Ferner »Luxusexlibris« für Antiquare, die meist     (Klischee) per Computer. Unterschiedlich wird
                   überhaupt nicht in Bücher eingeklebt wurden,        die künstlerische Kennzeichnung gehandhabt.
                   sondern eher in kleinen Auflagen, signiert vom      Teilweise wird auf einen Namenshinweis oder
                   Künstler, nummeriert etc. ›gesammelt‹ und ›ge-      Monogramm verzichtet oder nur auf Kunden-
                   tauscht‹ wurden. Hier fehlt häufig auch der Ter-    wunsch ausdrücklich hinzugefügt. Ähnlich
                   minus Exlibris. Meist waren diese Antiquare         ­verhält es sich mit Datierungen. Das Weglassen
                   Mitglieder einer Exlibrisvereinigung, wo diese       dieser Informationen hat den Nachtteil, dass
                   »Tauschtradition« heute noch gepflegt wird.          spätere Nachforschungen und Zuordnungen
                   Und zuletzt eine recht kuriose Erscheinung,          ­erschwert werden.
                   das »Provenienzexlibris«. Es ist eine Art Werbe-          Es gibt aus künstlerischer Sicht kein einheit-
                   exlibris und wurde zu reinen Propaganda-­             liches Erscheinungsbild. Viel eher zeigt sich eine
                   zwecken hergestellt, um auf eine bedeutende           bunte Stilmischung verschiedener Zeiten und
                   Provenienz einer Büchersammlung oder eines            Kunstepochen. Oftmals findet man in der bild-
                                                                         lichen Darstellung einen direkten beruflichen
                                                                         Bezug: Bücherstapel, Ladengeschäft (Innen-
                                                                         und Außenansicht), Porträtdarstellungen (rea-
                                                                         listisch oder als Karikatur), aber auch Hinweise
                                                                         auf fachliche Spezialisierungen oder private
                                                                         ­(familiäre) Verbindungen.

                                                                       Problemkreise
                                                                       Meine Suche beginnt mit Hilfe von Suchmaschi-
                                                                       nen. Diese sind auf sprachlich klare Vorgaben
 Leopold Alfred                                                        angewiesen. Unterschieden werden weder die
 Baer, Frankfurt
  am Main bzw.                                                         Konjugation eines Wortes noch unterschied-
           Paris                                                       liche Rechtschreibformen. Ob man »Exlibris«
                                                                       oder » Ex-libris« schreibt, ist zunächst egal, hat
                   Vorbesitzers aufmerksam zu machen und somit         aber durchaus Einfluss auf das ­Suchergebnis.
                   für eine Bibliothek zu werben. Der Heidel-          Von ausländischen Suchprogrammen wird »Ex-
                   berger Antiquar Ernst Carlebach (1838–1923)         libris« inzwischen zwar akzeptiert, kommt im
                   pflegte diese Tradition.                            Englischen jedoch auch unter Begriffen wie
                       Die Gestaltung eines Exlibris stellt an den     »Bookplate« oder »Book Trade Label« vor; wo-
                   Künstler eine Herausforderung dar. Er hat nur       bei hier oftmals (auch) die Buchhändlermarken
                   wenig Raum für eine grafische Umsetzung zur         gemeint sind.
                   Verfügung. Ferner müssen Wünsche, Eigen-                 Ein weiteres Problem besteht darin, dass der
                   heiten und Schriftzüge des Auftraggebers be-        Begriff Exlibris in der deutschen Sprache vielfäl-
                   rücksichtigt werden. Meist werden drei bis fünf     tig verwendet wird: Computerprogramme, An-
                   zeichnerische Vorentwürfe angefertigt, aus de-      tiquariatsbuchhandlungen und zahlreiche Buch-
                   nen sich der Kunde einen Favoriten aussucht.        titel führen diesen Begriff ebenfalls. Exlibris
                   Die Entscheidung, in welcher Drucktechnik das       ­haben keine Titelbeschreibung. Der Verkäufer
                   Exlibris entsteht, liegt meist beim Künstler. Es     vergibt durch seine Beschreibung des Objektes
                   gibt Grafiker, die vorwiegend mit Radier-, Stahl-    eher einen subjektiven ›Titel‹. Das kann eben-
                   stich- oder Holzschnitttechniken arbeiten. An-       falls zu kuriosen Funden oder, wie meist, zu

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Antiquariatsbuchhandel

einem unbefriedigenden Ergebnis führen. Als           lung besitzt das Gutenberg-Museum in Mainz.
Beispiel sei hier nur das Exlibris von Karl W.        Zahlreiche Schenkungen, darunter 1963 die um-
Hiersemann erwähnt, das ich in einer Online-          fangreiche Sammlung des Chemikers Willy
Auktion fand. Hier wurde der Verkaufsartikel          Tropp (1884–1972), trugen zum Wachstum des
derart dilettantisch beschrieben, dass ich ihn fast   grafisches Bestands bei. Inzwischen besitzt das
übersehen hätte. Es las sich wie folgt: »Älterer      Gutenberg-Museum etwa 100.000 Exlibris von
Mann schreibend vor Manuskript«. Auf dem              mehr als 7.000 Künstlern. Das Museum Schloss
angefügten Miniaturscan war der Name Hierse-          Burgk wurde 1981 als ›Nationales Exlibris-
mann zu lesen, in der Beschreibung fehlte er.         Zentrum der DDR‹ gegründet. Hier befindet sich
Mit diesem Beispiel zeigt sich ein weiteres Pro-      die Sammlung Paul Heinicke (1874–1965), seit
blem meiner Arbeit: Angebotene Objekte wer-           1904 Mitglied des Leipziger Bibliophilen
den unvollständig oder derart oberflächlich be-       Abends. Inzwischen umfasst die Sammlung
schrieben, dass eine schnelle Verbindung zum          mehr als 75.000 Blätter. Die Deutsche National-
Antiquariat fast unmöglich erscheint.                 bibliothek in Leipzig verwaltet im Bestand der

                                                                                                            Drei Berliner
                                                                                                            Firmen: Martin
                                                                                                            Breslauer, Kauf-
                                                                                                            haus des Westens
                                                                                                            und Max Harrwitz

     Nach meinem Kenntnisstand gibt es zu             Grafischen Sammlung eine Exlibrisabteilung
meinem Thema keine umfassende Publikation             mit circa 10.000 Blatt, die aus unterschiedlichen
in deutscher Sprache. Bekannt ist die Arbeit von      Provenienzen stammen und überwiegend uner-
Fritz Funke ›Exlibris aus dem Buch- und Biblio-       schlossen sind. Sie sind entweder geografisch
thekswesen‹ (Leipzig 1966), die aber lediglich        und/oder nach Künstlern geordnet aufgestellt.
ein Antiquariats-Exlibris verzeichnet. Ich konn-      Zu einem Teilbestand von 5.000 Blatt gibt es
te weder auf Spezialsammlungen noch auf ein           ­einen Zettelkatalog der Eigner, der keine sach-
entsprechendes Verzeichnis zurückgreifen. Ich          lichen Zugriffe nach Antiquaren oder Antiqua-
wusste, ich suche die ›Nadel im Heuhaufen‹,            riaten erlaubt. Hierin integriert ist die Samm-
aber gab es überhaupt eine ›Nadel‹? Diese ­Frage       lung von Raymund Schmidt (1869–1946).
kann man inzwischen mit ja beantworten. Es                Wer sich mit Exlibris von Antiquaren be-
gibt inzwischen sogar recht viele ›Nadeln‹,            schäftigt, kann dies nicht ohne Berücksichtigung
­gefunden werden müssen sie trotzdem.                  der Entwicklung von Bibliophilie und Antiqua-
     So steht für die kommenden Jahre die              riatsbuchhandel tun. Einen Handel mit antiqua-
 ­Sichtung der großen deutschen Exlibris-Samm-         rischen Büchern im heutigen Sinne dürfte es in
  lungen in Bibliotheken an. Die größte Samm-          Deutschland erst seit Beginn des 19. Jahrhun-

                                                                    Aus dem Antiquariat NF 9 (2011) Nr. 5              231
Antiquariatsbuchhandel

                   derts geben. Die Blütezeit des Antiquariats be-      Exlibris auf über 200.000 Exemplare. Es gab
                   ginnt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts     ­eine regelrechte Exlibrisbewegung, die breiten
                   mit Geschäftsgründungen großer Weltfirmen             Zuspruch bei Sammlern, Verlegern und Künst-
                   wie 1864 Ludwig Rosenthal in Fellheim (später         lern fand. Diese Euphorie dürfte sich auch auf
                   München), 1872 Harrassowitz in Leipzig und            Antiquare verbreitet haben. Das bisher älteste
                   1885 Hiersemann, ebenfalls in Leipzig. Etwa ab        Exlibris eines Berufskollegen, das ich nachwei-
                   1890 erlebte der Antiquariatsbuchhandel einen         sen konnte, stammte aus dem Jahr 1899. Es ist
                   Aufschwung. Bedingt wurde diese Entwicklung           das schöne Jugendstil-Exlibris von Ephraim
                   durch Faktoren wie: Technische Modernisie-            Mose Lilien für Martin Breslauer.
                   rungen in der Buchherstellung, Urbanisierung              Meine Studie dokumentiert in erster Linie die
                   der Städte mit Schaffung einer neuen Laden-           Firmengeschichte eines Berufsstands. Hier ist
                   und Geschäftsstruktur, Gründung von Biblio-           das entsprechende Exlibris der Ausgangspunkt
                   theken und Universitäten weltweit, Gewerbe-           zu weiteren Nachforschungen. Bemerkenswert
                                                                                                       ist vielleicht noch
                                                                                                       die Tatsache, dass
                                                                                                       es sich oftmals
                                                                                                       um Firmen han-
                                                                                                       delt, die ansonsten
                                                                                                       nicht mehr be-
                                                                                                       kannt wären. So
                                                                                                       ist das Exlibris ei-
                                                                                                       ne Art Wegweiser
                                                                                                       zu einer Lebens-
                                                                                                       spur geworden.
                                                                                                       Die Exlibrisfor-
   Alfred Dultz,                                                                                       schung hingegen
  München, und
 Klaus Schubert,                                                                                       hat sich fast im-
     Mannheim                                                                                          mer auf die künst-
                                                                                                       lerischen Hinter-
                   freiheit, Reichsgründung, immensen Bevöl-­            gründe dieser Kleingrafiken konzentriert und
                   kerungsanstieg bei gleichzeitig verbesserten          selten auf die Geschichte der Eigner. Bei mir ist
                   ­Bedingungen für Alphabetisierung und Schul-          dies genau umgekehrt.
                    bildung und letztendlich einem Bildungsbürger-           Das größte Problem ist, wie bereits gesagt,
                    tum, das ein wachsendes Interesse für Bibliophi-     das Auffinden der entsprechenden Objekte.
                    le entwickelte. Und so mag es wenig erstaunen,       Fast gleichzeitig müssen Beweise ermittelt wer-
                    dass die Deutsche Exlibris Gesellschaft 1891 in      den, die bezeugen, dass ­dies wirklich ein Ex-­
                    Berlin unter dem Namen ›Exlibris-Verein zu           libris eines Antiquars und nicht eines Namen-
                    Berlin‹ gegründet wurde. Inspiriert durch die        vetters ist. Bei derart schlechter Quellenlage,
                    Jugendstilbewegung entstand eine Exlibriskul-        wie sie in diesem Berufsstand vorhanden ist,
                    tur. Jetzt galt es nicht mehr nur Exlibris in Bü-    kann dies schwierig sein.
                    cher zu kleben. Sie wurden gesammelt, getauscht          Zunächst wollte ich mein Projekt auf
                    und als selbständiges, kleines Kunstwerk be-         deutschsprachige Kollegen beschränken. Dies
                    trachtet. Alleine im deutschsprachigen Raum          war auch naheliegend, weil hier der Zugang zu
                    waren zwischen 1890 und 1930 ungefähr 3.500          etwaigen Hintergrundinformationen am ein-
                    bis 4.000 Künstler auf diesem Gebiet aktiv. Man      fachsten erschien. Dadurch würden aber die Er-
                    schätzt die Zahl der in dieser Zeit gedruckten       gebnisse stark eingeschränkt werden. Da das

232                Aus dem Antiquariat NF 9 (2011) Nr. 5
Antiquariatsbuchhandel

Thema ohnehin komplex ist und ich immerhin         libris als Handelsgegenstände des Antiquariats,
schon 54 Exlibris nachweisen konnte, werde ich     Exlibris als Geschäftsexlibris, Exlibris als
den internationalen Ansatz fortsetzen.             ­Luxusexlibris und Sammelgegenstand, Exlibris
   Bisher wurden insgesamt 101 Exlibris von 54      als Werbeträger oder über offene und versteckte
Antiquaren beziehungsweise Antiquariaten er-        Motive des Antiquariatsbuchhandels im Ex-­
mittelt: Antikvariat Hejda & Tucek • Antiqua-       libris. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob es
riat an der Bundesstraße • Leo Baer • Jens H.       gelingt, neben den eigentlichen Exlibris auch
Bauer • Bourcy und Paulusch • Günter Bremer         ­genügend firmengeschichtliches Hintergrund-
(5) • Bernhard H. Breslauer • Martin Breslauer       material zu sammeln.
(2) • Erich Bürck (2) • Ernst Carlebach • Deuer-           Mein Projekt ist eine Suche nach ›Bildern‹,
lichsche Buchhandlung • Alfred Dultz • Michael       die zwischen Buchdeckeln versteckt sind und
Eschmann (2) • Georg Ewald • William A. Foyle        etwas von der Geschichte des Antiquariatsbuch-
• Rene Gemuseus • Hans Harrassowitz • Max            handels erzählen. Es ist eine Suche nach Spuren
Harrwitz • Paul ­Hennings • Karl W. Hierse-          von Kollegen im wahrsten Sinne des Wortes. Es
mann • Emil Hirsch • Abraham Horodisch (22)          sind kleine Gedenksteine aus Papier, die es zu
• Kaufhaus des Westens • Stephan Kellner • V.        finden gilt. Da nicht bekannt ist, wie viele Exli-
Klochkov • H. P. Kraus • Wilhelm Kuhrdt (2) •        bris überhaupt existieren, muss davon ausgegan-
Louis Lamm • Arnulf Liebing • Leo Liepmanns-         gen werden, dass weitere unbekannte Objekte
sohn (2) • R. Loef • Aad van ­Maanen • Edith         irgendwo schlummern. Schon deshalb kann die
Markert (2) • Karl Markert (2) • Günther Met-        vorliegende Arbeit keine Vollständigkeit anstre-
zeltin • Müller Antiquariat (Bernburg) • Josef       ben. Sie ist ein ernsthafter Versuch, sich diesem
Müller • P. J. Nienaber • Leonis S. Olschki •        interessanten und bisher unerforschten Gebiet
Eberhard Ott • H. D. Pfann jr. • Theodor Pin-        mit Ausdauer von zehn Jahren zu nähern.
kus • Wolfgang Rieger • Bernard M. Rosenthal •       ­Danach wird das Projekt in schriftlicher Form
Jacques Rosenthal • Norbert Rosenthal • Klaus         abgeschlossen werden, bleibt jedoch neuen Er-
Schubert (2) • Alfred Schulz • Schuster & Bufleb      kenntnissen und Belegen offen.
• Johan Souverein (15) • Heinrich Staadt •                 Wie sieht das Antiquariat 2020 oder 2030
Tobias Wimbauer • Claus Wittal • Robert               aus? Sammelt der Antiquar dann selbst noch
Wölfle. – Die Zahl in Klammer gibt die Motiv-         Bücher? Klebt er in diese sein Exlibris ein? Inte-
varianten an. Es ist nicht ungewöhnlich, dass         ressiert er sich noch tiefgehend genug für Hin-
Antiquare, die Mitglied einer Exlibrisgesell-         tergründe eines Sammelgebietes, mit dem er
schaft waren, mehrere Exlibris besaßen.               handelt? Oder wird immer mehr ausschließlich
   Bisher ermittelte Exlibris nach Ländern ge-        das Internet als Datenquelle für berufliche Re-
ordnet: Deutschland • Großbritannien • Nie-           cherchen zu Rate gezogen werden? Meine Ar-
derlande • Österreich • Rußland • Schweiz •           beit geht auch diesen Fragen nach. Das Selbst-
Südafrika • Tschechien • Ungarn • USA.                verständnis des Antiquars befindet sich in einem
                                                      radikalen Werteumbruch. Ausgehend von einer
                                                      gewachsenen Ethik, die sich über Ideale wie
Ausblick                                              ­Individualität, Gelehrtentum, Handbibliothek
                                                       und Bibliophilie definierte, unterliegt sie heute
Geplant sind ausführliche Firmenporträts mit           neuen, teilweise recht unklaren Berufsvorstel-
Abbildungen der entsprechenden Exlibris. Un-           lungen. Das Exlibris des Antiquars wirkt hier
abhängig davon wären auch zusammenfassende             wie ein Fanal aus ›alten‹ Zeiten. So bleibt zum
Arbeiten denkbar, die sich auf einen speziellen        Schluss nur (noch) die Frage zu klären, ob dies
Themenschwerpunkt konzentrieren, wie zum               alles ein Strohfeuer von knapp 110 Jahren war?
Beispiel Antiquare als Sammler, Grafik und Ex-                                      Michael Eschmann

                                                                  Aus dem Antiquariat NF 9 (2011) Nr. 5    233
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