Stadtforum Berlin Berlins neue Gründerzeit: Alle wollen wohnen. Dokumentation: 04. April 2016, Tempodrom Berlin - Stadtforum
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Stadtforum Stadtforum Berlin Berlins neue Gründerzeit: Alle wollen wohnen. Dokumentation: 04. April 2016, Tempodrom Berlin
Stadtfor um Berli Die Beitr n äge find als Video en Sie au mitschnit ch www.be t u n t er rlin.de/s tadtforu m Stadtforum Berlin Berlins neue Gründerzeit: Alle wollen wohnen. Dokumentation: 04. April 2016, Tempodrom Berlin
Berlins neue Gründerzeit: Alle wollen wohnen. Über 600 Besucherinnen und Besuchern diskutierten in der kleinen Arena des Tempodroms mit den geladenen Gästen. 4
Einführung Andreas Geisel, Senator für sich Einiges getan. Berlin hat mit Erfolg viele gute Beispiele in Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg gefunden, Maßnahmen zum schnellen Wohnungs- neubau übernommen, implementiert und weiterentwickelt. Die Genehmigungs- und Fertigstellungszahlen steigen. Im Sehr geehrte Damen und Herren, Jahr 2015 wurden 22.500 Wohnungen genehmigt, 16.000 da- von als Neubauten in Mehrfamilienhäusern. Allerdings reicht schon vor einem Jahr haben wir im ersten Stadtforum zum das noch nicht. Thema „Welchen Wohnungsneubau braucht Berlin?“ mitein- ander diskutiert. Bereits vor einem Jahr befand sich unsere Wenn wir das Wachstum der Stadt bewältigen wollen, müssen Stadt auf einem stetigen Wachstumskurs, der weiterhin an- jedes Jahr rund 20.000 neue Wohnungen entstehen – und das halten wird. Dieses Wachstum umfasst sowohl die Zahl der mehrere Jahre hintereinander. Wie kann dieses Ziel erreicht Einwohnerinnen und Einwohner werden? Das Land Berlin muss sei- als auch die der Erwerbstätigen. In ne Aufgaben erfüllen. Hierzu zähle den letzten fünf Jahren kamen ich beispielsweise die Wiederein- rund 220.000 Personen nach Ber- führung der Wohnungsbau- sowie lin. Stärker als noch vor einem Jahr der Sozialwohnungsbauförderung. wächst Berlin nun zusätzlich um Wir müssen außerdem eine Diskus- Tausende von Menschen, die – zu- sion mit der Stadtgesellschaft füh- mindest temporär, vielleicht auch ren und die Frage der verfügbaren langfristig – als Flüchtlinge in Ber- Flächen thematisieren. Haben wir lin Schutz suchen und Berlinerin- überhaupt genug Flächen, um so nen und Berliner werden wollen. viele Wohnungen zu bauen? Das Ergebnis des eigens dafür aufge- In absehbarer Zeit nähern bauten Wohnflächeninformations- wir uns der vier Millio- systems ist eindeutig: An etwa nen Einwohner-Grenze. 1.300 Standorten in der Stadt gibt Für uns ist das eine große es Potenzialflächen für rund Chance, denn das Bevölke- 150.000 Wohnungen. rungswachstum in Berlin bietet Zukunftsper- spektiven für alle. Es bringt nicht nur mehr Un- Doch preisgünstige Fläche ist ein Engpass. Wir müssen des- ternehmen und Arbeitsplätze, sondern auch halb das Entwicklungsrecht stärken und Sanierungsgebiete größere finanzielle Spielräume für notwendige ausweisen, um über die Preisgestaltung bei Flächen mitreden Investitionen. Es stellt uns jedoch auch vor neue zu können. Gleichzeitig bemerken wir eine hochgradig speku- Herausforderungen: Alle wollen wohnen. lative Entwicklung der Grundstückspreise in der Stadt. Wir werden uns daher überlegen müssen, welche Maßnahmen Wie kann das gelingen? Wie können sich neue und wachsende erforderlich sind, um die Spekulation auf dem Immobilien- Quartiere in das bestehende Stadtbild einfügen? Welche Rolle markt einzuschränken. Doch das Thema Wohnungsneubau können diese Räume gleichzeitig bei der Integration von ist sehr viel weitreichender. Flüchtlingen spielen? Wo kann in Berlin neuer Wohnraum in relativ kurzer Zeit entstehen? Das sind Fragen, die nicht nur Ich möchte daher acht wichtige Problemstellungen und Her- Berlin betreffen. ausforderungen ansprechen, die wir mit der Stadtgesellschaft ausdiskutieren müssen: Vor anderthalb Jahren war Olaf Scholz, der Erste Bürgermeis- ter der Freien und Hansestadt Hamburg, im Stadtforum Berlin 1. Die Flächen. Ich habe von verfügbaren Flächen für rund zu Gast. Schon damals ging es um den Erfahrungsaustausch 200.000 Wohnungen gesprochen - in der Theorie. Doch zwischen den beiden größten deutschen Städten. Seitdem hat zunächst müssen diese Flächen mobilisiert werden, was 6
Titel der Broschüre | Titel des Kapitels uns oft vor große Probleme stellt, da wir vielerorts auf das Klima schonen. Und jede neue Stufe der Energieein- erheblichen Widerstand stoßen. Begründet wird dieser sparverordnung erhöht die Baupreise, was zu einem ech- Widerstand mit dem Argument, dass an anderer Stelle ten Zielkonflikt führt. Aber wer soll die Energiewende günstigere Flächen verfügbar sind. Gleichzeitig fordert herbeiführen, wer soll für Klimaschutz sorgen, wenn die Stadtgesellschaft auf die Dämpfung der Mietpreisent- nicht wir? wicklung einzuwirken. Alle getroffenen Entscheidungen, 7. Wohnen und Arbeiten - Mischungen in der Stadt. Unser wie beispielsweise die Mietpreisbremse, die Umwand- veraltetes Planungsrecht sieht eine räumliche Trennung lungsverordnung, das Bündnis mit den Wohnungsbauge- zwischen Gewerbe- und Wohngebieten vor. Erstellt wur- sellschaften, das Wohnraumversorgungsgesetz, sind gut de es mit dem Gedanken, dass das Gewerbe stark emittie- und wichtig. Doch solange eine extreme Nachfrage auf rend ist. Heute ist die Situation teilweise eine andere. ein zu geringes Angebot stößt, werden die Preise weiter Gewerbe und Wohnen kann und muss Tür an Tür statt- steigen. Das heißt, wir müssen bauen. Und wir müssen finden. Wie schaffen wir es, lebendige und gemischte heute Flächen mobilisieren, damit wir dieses Vorhaben Quartiere in Berlin entstehen zu lassen? Wir müssen an umsetzen können. der Änderung des Planungsrechts arbeiten, um diese Mi- 2. Wie bauen wir? Momentan verbrauchen wir zu viel Flä- schung ermöglichen zu können. che. 44 Prozent der Stadtfläche Berlins sind Grün- und 8. Die soziale Mischung in der Stadt. Es ist eine zu schützen- Freiflächen. Das macht die Lebensqualität in unserer de Qualität, dass Menschen mit den unterschiedlichsten Stadt aus. Wir müssen also dicht, in die Höhe und mit Einkommen in allen Teilen der Stadt wohnen können. kleineren Grundflächen bauen, damit wir die Ressourcen Wenn wir diese Mischung, die einen großen Teil der At- an anderer Stelle schonen können. traktivität Berlins ausmacht, bewahren wollen, dann 3. Die Baupreise. Wenn wir es schaffen, serielle Vorfertigung geht das nur, wenn wir Sozialwohnungen in der Mitte der im Wohnungsbau zu ermöglichen und gleichzeitig den Stadt bauen und halten. Wir müssen das Förderpro- Städtebau nicht monoton gestalten, liegt darin die Chan- gramm Soziale Stadt nutzen, um die soziale Ausgewo- ce, die Baupreise zu senken. Denn wenn wir für jedes genheit in unseren Wohngebieten zu bewahren oder wie- einzelne Wohnungsbauprojekt eine individuelle Planung der herzustellen. Wenn wir uns um die Wohngebiete vornehmen, rückt bezahlbarer Wohnraum in weite Ferne. kümmern, wird auch die Integration funktionieren. Denn Gleichzeitig müssen wir Qualität im Bau sicherstellen. Wohnungen zu bauen ist das eine, Solidarität und funkti- onierende Nachbarschaften zwischen den Menschen 4. Die demografische Entwicklung. Die Bevölkerungsprog- herzustellen, das ist das andere. Dafür werden wir dieses nose geht davon aus, dass die Zahl der über 65jährigen Förderprogramm in den nächsten Jahren weiter einset- bis 2030 um knapp ein Viertel zunehmen wird. Die Zahl zen müssen. der Hochbetagten – also 80 Jahre und älter – wird noch stärker ansteigen. Die Frage, wie wir diese Stadt Schritt Meine Damen und Herren, wir wollen demokratische Prozesse für Schritt altersgerecht umbauen, ist demnach eine und Menschen darin bestärken, ihr Lebensumfeld mitzuge- drängende Frage, mit der wir uns heute befassen müssen. stalten. Und deshalb muss diese Stadtgesellschaft den Dialog über die Gestaltung der Stadt gemeinsam führen. Ich erkläre 5. Die Infrastruktur. Der Anteil des Autoverkehrs liegt in von meiner Seite meine Offenheit dafür. Berlin unter 30 Prozent. Wir müssen den öffentlichen Personennahverkehr stärken, mehr Fahrradwege bauen Ich glaube, dass diese dritte Gründerzeit eine und die Fußgängerstrategie verbessern. Wir müssen neue große Chance für die Stadt Berlin ist. Meine herz- Wohngebiete an das öffentliche Netz anbinden. Mehr Ein- liche Bitte ist, die Diskussion nicht nur hier wohnerinnen und Einwohner bedeuten auch mehr Schul- heute Abend zu führen, sondern miteinander und plätze, mehr Grünflächen, mehr Kindertagesstätten, die beharrlich zu führen. Wir werden viele Wohnun- wir zur Verfügung stellen müssen – auch für Flüchtlinge. gen bauen müssen. Das heißt aber nicht automa- Doch niemand weiß, wie viele Flüchtlinge in den nächsten tisch, dass Städtebau monoton oder unsozial sein Jahren zu uns kommen werden, wie alt die Kinder sind, muss. Es liegt an uns. Lassen Sie uns kritisch wie lange sie bleiben. Heute eine darauf zugeschnittene diskutieren. Ich bin optimistisch für Berlin und Infrastruktur zu errichten, ist nahezu unmöglich. glaube, die besten Zeiten liegen noch vor uns. 6. Klimaschutz und Energieeinsparverordnung. Wir wollen Vielen Dank. nicht nur Wohnungen bauen, sondern wir wollen auch 7
Wie wollen wir in der guten Stadt leben? Prof. Dr. Heinz Bude, Universität Kassel offenbar ein guter Barkeeper dazu, das ist in diesem Fall Gregor Scholl. Creative City heißt, die Leute bewegen sich nicht mehr zu Arbeit, sondern die Arbeit muss sich zu den Meine sehr geehrten Damen und Herren, Leuten hin bewegen. Man muss in einer Creative City au- ßerdem ein paar Vergnügungsorte schaffen, schöne Bars, manchmal habe ich den Eindruck, es besteht eine Art von Bau- Theater und internationale Schulen haben. Kann man von panik. Nicht nur in Berlin, sondern in vielen deutschen Städten. diesem Konzept die Großstadt Berlin denken? Wie passen Diese Baupanik hat natürlich zunächst mit der neuen Zuwan- in dieses Konzept eigentlich die Flüchtlinge rein? Was derungsfrage zu tun, die wir schnell die „Flüchtlingsfrage“ heißt Creative City für Flüchtlinge? Ist das das Modell, das betiteln. Die Zuwanderung wird in Deutschland seit den 60er wir in und für Berlin wollen? Jahren hauptsächlich über den Arbeitsmarkt geregelt. Interes- santerweise wird nun plötzlich die Stadt anstelle des Arbeits- 2. Das nächste Modell ist die Smart City. Sie ist smart in Be- marktes als der Kernort von Ankunftssozialisation begriffen. zug auf den Klimawandel, denn sie zeichnet sich durch Wenn das so ist, stellen sich ein paar wichtige Fragen. neue Effizienzmodelle aus. Effizienz ist die Antwort auf den Klimawandel, und zwar ökologische Effizienz bei sozi- Eine der interessanten und existenziellen Fragen aler Ausgeglichenheit und demographischer Sensibilität. für die Zukunft der Städte wird sein: Werden wir Das ist die Idee der Smart City. Sie ist durchdrungen von in Deutschland in der Situation der Baupanik Vor- Digitalität, und zwar nicht nur im Sinne der allgemeinen städte errichten? Und was tun wir, wenn wir keine Steuerung dieses Prozesses von oben herab, sondern Vorstädte errichten wollen? Was müssen wir heu- durch eine dezentrierte Digitalität, die wir teilweise in der te für Vorkehrungen treffen? Wie müssen wir über Tasche haben, die teilweise in den jeweiligen Wohnumge- die Stadt denken, in der wir alle leben und leben bungen eine Rolle spielt. Das tun wir bereits alles in Sa- wollen? chen Energieeffizienz. Aber es ist die Frage, ob wir das Es ist jedenfalls keine gute Idee davon auszugehen, dass man beispielsweise in der Effizienz des öffentlichen Nahver- ein paar Quartiere baut, von denen man weiß, dass man sie in kehrs ebenfalls tun werden. Es ist außerdem die Frage, ob 25 Jahren wieder abreißen wird. Es wird eine grundsätzliche digitale Elemente auch bei der sozialen Ausgeglichenheit Frage sein, wie jetzt gebaut werden sollte. Nicht nur unter dem der Smart City eingesetzt werden. Aspekt der Kosten, nicht nur unter dem Aspekt der Flächener- 3. Das dritte Modell ist die Arrival City, die in den letzten 20 schließung, sondern unter der Frage: Was für eine Stadt mit Jahren eine große Prominenz gewonnen hat. Sie ist quasi ungewissen Zuwanderungszahlen wird entstehen? der Gegenbegriff zu einer Vorstellung, dass wir uns auf Ich würde gerne drei Grundmodelle der Stadt vorstellen, die einem Planeten der Slums befinden. Die Arrival-City-The- zeigen, wie wir die Stadt heute denken. Und ich möchte die se ist: Wir brauchen eine gewisse Wildheit in der Stadt, Frage stellen, ob diese Modelle auch für die Definition Berlins eine gewisse Ungeordnetheit in der Stadt, weil sich in den eine Rolle spielen können. Sphären der Ungeordnetheit die Kompetenzen entwi- ckeln, die es Ankömmlingen ermöglichen, sich in die etab- 1. Das erste Modell ist das der Creative City. Die Creative City lierten Stadtgesellschaften einzufädeln. Der städtische ist die Stadt für die Wissensnomaden auf der ganzen Welt, Raum ist ein Übungsort des Ankommens. Was heißt das die zusammengezogen werden sollen, damit hier Atmo- eigentlich für Berlin? Was sind hier die Übungsorte des sphären vibrierender Kooperationen entstehen. In Berlin Ankommens? Sind das bestimmte Teile Neuköllns? Sind ist das beispielsweise im Bötzow-Viertel wunderbar zu das Übungsorte? Oder sind das Überlebenscamps? Und studieren. Otto Bock baut eine Sphäre, einen Raum vibrie- wie sieht eigentlich geregeltes Ankommen aus? Was ist render Kooperation, eine Creative City im Nukleus. Was kontrollierte Wildheit? Wie kann man Leute attrahieren, gehört dazu? Da gehört ein berühmter Architekt dazu, in ihnen die Möglichkeit geben, ihr Schicksal selber in die dem Fall David Chipperfield. Da gehört ein berühmter Hand zu nehmen? Koch dazu, das ist in dem Fall Tim Raue. Und es gehört 8
Titel der Broschüre | Titel des Kapitels Und dann gibt es noch unter der Hand ein kleines Konzept, qualifikatorisch diffus, wie wir das so schön in der Soziologie das für Berlin nicht ganz unwichtig ist, nämlich das Konzept nennen. Das heißt, in einer Putzkolonne gibt es beispielswei- der Party City. Die Party City hat gewisse Überlappungen mit se eine ehemalige Staatsanwältin aus Moldawien. der Creative City und kann auch gewisse Überlappungen mit Wenn Sie sich dieses Dienstleistungsproletariat nun als Bus der Smart City haben. Die Attraktivität von Berlin ist natür- vorstellen, dann ist dieser Bus ist in den nächsten Jahren lich auch die einer Party City, das ist auch nicht schlimm. Sie immer voll. Warum? Weil wir offene Grenzen haben und ist eine Party City wie Tel Aviv. Warum nicht sich in eine immer wieder Leute zu uns kommen, die zuerst in diesen Reihe mit Tel Aviv stellen? Warum sich nicht in eine Reihe mit Bus einsteigen werden – auf den sogenannten Jedermanns- Belo Horizonte stellen? Warum soll man das so negativ se- oder Jederfraus-Arbeitsmärkten. Wir reden erneut von 12 hen? bis 15 Prozent der Beschäftigten, die nicht Hartz IV bekom- Die interessante Frage ist: Was bedeutet es ei- men, sondern hart und 50 bis 60 Stunden in der Woche ar- gentlich für die Stadt, dass sie sich als eine beiten. Das ist die neue Klassenfrage. Smart City, als eine Creative City, als eine Arri- Die Mittelklasse unserer Gesellschaft spaltet sich auf. Sie val City oder als eine Party City verstehen will? spaltet sich in einen oberen Teil von Haushalten, denen es in Und wer will sich eigentlich so verstehen in ei- den letzten 20 Jahren immer besser gegangen ist. Diese ner Stadt? Haushalte sind bereit, sich eine Die drei Megatrends in der heuti- Wohnung für 600.000 Euro zu kau- gen Zeit sind die Digitalisierung, fen und noch 300.000 Euro reinzu- das Demografieproblem sowie das stecken. Sie können das in ihrem Problem der Ökologie. Und ich Leben finanzieren. Das ist kein Pro- glaube, all diese Trends werden blem. Es gibt aber auch einen unte- heute gekreuzt durch den größten ren Teil dieser Mittelklasse, die Megatrend der nächsten 30 Jahre: wohnen direkt nebenan. Bei den die Ungleichheit. Wir gehen in eine gleichen Bildungsvoraussetzungen Weltgesellschaft, die immer unglei- können sie sich die Wohnung für cher wird. Weltgesellschaftlich ge- 800 Euro Miete leisten, vielleicht sehen hat die Ungleichheit zwi- auch für 1.000 Euro Miete, nicht schen den Ländern und aber die Eigentumswohnung für Gesellschaften zwar abgenommen, 600.000 Euro. aber gleichzeitig ist die Ungleich- Wie will die Stadt eigentlich damit heit innerhalb der Gesellschaften umgehen, dass wir zwei Arten von extrem gestiegen. Und das scheint sozialen Spaltungen in unserer Gesellschaft haben? mir die eigentliche Herausforderung für die Stadt der Zu- Deutschland ist das wirtschaftlich stärkste Land Europas, kunft zu sein. Ich mache Ihnen das an zwei Beispielen und und ich fürchte, es ist auch das politisch mächtigste Land Tatsachen deutlich, die auch für Berlin interessant sind. Europas. Aber in der Mittelklasse hat sich ein Riss ergeben. Die erste Tatsache ist die, dass wir auch in Deutschland seit Wie wollen wir mit dieser Spaltung umgehen? Ich glaube, etwa 20 Jahren wieder ein neues Proletariat haben. Sie alle dass dies die entscheidende Frage und Herausforderung kennen das alte Industrieproletariat. Heute haben wir ein sein wird, jenseits der Fragen von der Creative City, der Arri- Proletariat der Dienstleistung. Das sind die Leute, die im val City, der Smart City oder der Party City. Und wir können Transportgewerbe oder in der Gebäudereinigung tätig sind, sie bewältigen. Denn Berlin hat einen Vorteil. Ich glaube, die Ihnen die Pakete nach Hause bringen, die in Pflegeberu- diese Stadt hat immer noch das politisch soziale Vorstel- fen arbeiten. Dieses neue Proletariat der einfachen Dienst- lungsvermögen darüber, dass es solche Probleme gibt, und leistungen nimmt etwa 12 bis 15 Prozent der Beschäftigten dass die Stadtgesellschaft eine Antwort auf diese Frage der in Deutschland in Anspruch. Sie arbeiten hart in nicht prekä- Ungleichheit geben muss und kann. ren Jobs, da sie nicht befristet und sozialversicherungspflich- Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit. tig sind. Diese Beschäftigten verdienen im Schnitt aber nur 1.000 Euro netto im Monat. Dieses Dienstleistungsproleta- riat ist heute zudem vermehrt weiblich, etwa zu 38 Prozent. Es ist nicht mehr ethnisch homogen, sondern heterogen und 9
Debatte: Wie gestalten wir die Transformations- und Integrationsaufgaben der neuen Gründerzeit? Elke Frauns im Gespräch mit Prof. Arno Brandlhuber, Jens-Holger Kirchner brandlhuber+, Uli Hellweg, HELLWEG URBAN CONCEPT, „Berlin verändert sich nicht zum ersten Mal. Auch der Prenz- Jens-Holger Kirchner, Bezirksstadtrat Pankow, Sneza- lauer Berg war mal ein Feld. Deswegen glaube ich, dass Berlin na Michaelis, Mitglied des Vorstandes der Gewobag, das Wachstum in der neuen Gründerzeit erfolgreich bewälti- Susanne Walz, L.I.S.T. GmbH. gen kann. Berlin kann wachsen, auch auf engem Raum. Es gibt enge Stadtquartiere im Prenzlauer Berg, die hochgradig nachgefragt sind, weil sie so dicht sind, weil da das Leben Welche Chancen und Herausforderungen bietet pulsiert, weil dort Gewerbe, Bildung und Wohnen auf so en- das Wachstum in der neuen Gründerzeit? gem Raum stattfindet. Ich denke, wir sollten es als Chance Prof. Arno Brandlhuber begreifen. Und ich denke auch, dass wir mutiger und zuver- „Ich glaube, die Stadt eine der größten Kulturleistungen, die sichtlicher sein sollten.“ wir hingekriegt haben, weil hier unterschiedlichste Akteure Uli Hellweg auf relativ engem Raum zusammen ihr Leben organisieren. „Das Entscheidende ist, dass Berlin eine historische Eigenlo- Insofern finde ich es wunderbar, dass Berlin wächst. Ich finde gik als Stadt besitzt, die einzigartig ist. Wir müssen uns fra- es auch wunderbar, dass Leute hierher kommen, von denen gen, wo und wie Berlin wächst. Wir müssen an die Polyzen- wir noch nicht wissen, wie sie sind. Diese Mischung macht tralität anknüpfen, denn in Berlin haben wir zahlreiche Berlin aus.“ urbane Zentren, an denen Wachstum stattfindet und statt- 10
Titel der Broschüre | Titel des Kapitels finden kann. Ich denke, es gibt zwei Hauptrichtungen, die für Susanne Walz Berlin wichtig sind. Das ist zum einen das Wachsen in den „Die Stadtgesellschaft muss aktiv in Bauvorhaben einbezo- inneren Brachen, in den inneren Leerstellen der Stadt. Aber gen und zunächst informiert werden. Denn auf der Straße Berlin hat auch eine große Tradition der polyzentralen Stadt- und in den Bezirken begegnet einem hauptsächlich die Angst entwicklung.. Und deswegen müssen wir in der Doppelstra- vor der Veränderung, dass noch mehr verdrängt wird, dass tegie denken, in der wir auf der einen Seite an der Innenent- nicht für den unteren Mittelstand gebaut wird, dass Men- wicklung der Stadt weiter arbeiten, aber gleichzeitig auch die schen an den Stadtrand gedrängt werden. Wir müssen bei Potenziale der dezentralen urbanen Zentren entwickeln.“ den Menschen in den Nachbarschaften ansetzen. Und dort, wo Nachbarschaft gut funktioniert und wo ich ein neues Quartier andocke, braucht es eine Vermittlung und eine ge- Wo und wie kann in Berlin schnell und gut gebaut werden? meinsame Diskussion. Wir müssen den Bewohnerinnen und Ist serielles Bauen die Lösung? Bewohnern deutlich machen, dass auch sie von den Verän- Snezana Michaelis derungen in ihrem Stadtteil profitieren.“ „Serielles Bauen setzt zwei Dinge voraus. Ich muss eine be- Jens-Holger Kirchner stimmte Menge haben, damit es sich für den Hersteller auch „Die Menschen haben das größte Problem damit, wenn Ver- lohnt. Und ich muss natürlich Baufreiheit haben, das heißt änderungen vor ihrer Haustür stattfinden. Da geht es nicht verfügbare Flächen. Und wenn wir heute über optimierte um soziale Nachbarschaften, da geht es auch beispielweise Planung sprechen, dann ist das nicht mit Qualitätseinbußen um Parkplätze. Hier müssen wir ehrlicher zueinander sein, verbunden, sondern schlicht mit der Frage, wie ein Grundriss Kompromisse aushandeln und einfach Dinge miteinander konzipiert werden kann, der fünf Quadratmeter kleiner ist ausdiskutieren.“ als ein gängiger Grundriss, aber keine Qualität einbüßt.“ Prof. Arno Brandlhuber Wie kann eine funktionale und soziale Mischung „Es gibt kaum so gute Grundrisse wie in den Plattenbauten in der Stadt entstehen? - auch im Westen. Da sitzt man zum Beispiel im 17. Stock, Uli Hellweg schaut über Berlin, hat aber nur 40 Quadratmeter. Die sind „Wenn wir über die Stadt der Mischung und neue Quartiere allerdings so geschickt geschnitten, dass die Größe kein Pro- reden, dann sprechen wir im Prinzip über ein Gesellschafts- blem darstellt. Das heißt, wir müssten tatsächlich zurück auf und Zivilisationsmodell, das das ökologischste und energie- kleinere Flächen.“ sparendste Modell überhaupt ist. In einer Welt, in der 60 Uli Hellweg Prozent der Weltbevölkerung in Städten lebt, ist es extrem „Natürlich kann auch der Rand verstärkt bebaut werden. Für wichtig, dass wir solche Diskussionen führen. Denn von mich ist der Rand aber nicht draußen in der grünen Periphe- überall auf der Welt wird geguckt, wie wir die wachsende rie, sondern zwischen der Kernstadt und den polyzentrischen Stadt der Zukunft erfolgreich organisieren. Und das kann Stadtteilen sowie um diese Orte herum. Dort gibt es immer nur einer gemischten Stadt, einer Stadt der kurzen Wege, Ansätze, wieder neue städtische Qualitäten zu schaffen, und einer Stadt mit einer gewissen Dichte gelingen. Eine funktio- zwar in einer Win-Win-Situation. Denn hier sind neue Stadt- nale Mischung ist die Voraussetzung für eine soziale Mi- erweiterungsmodelle eine große Chance für die Menschen, schung. Das heißt, wir müssen die neuen Quartiere so pla- die bereits dort wohnen. Das muss nur besser kommuniziert nen, dass dort auch produzierendes Gewerbe möglich ist.“ werden, um auch Ängste nehmen zu können.“ Jens-Holger Kirchner „Es hat auch etwas mit einer erfolgreichen Mischung und Welche Rolle spielt die Stadtgesellschaft Balance zu tun, wenn wir dafür sorgen, dass private Ferien- bei neuen Bauvorhaben? wohnungen dem regulären Wohnungsmarkt zurückgeführt Snezana Michaelis werden. Stichwort Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Es „Wenn man sich an die praktische Umsetzung von Bauvor- kann nicht sein, dass ganze Straßenzüge nach den Bedürf- haben macht, ist man oft mit dem Unwillen der Menschen nissen von Touristen ausgerichtet werden, sodass sich ihr konfrontiert, Veränderungen hinzunehmen. Letzten Endes Charakter wandelt. Niemand hat etwas dagegen, wenn ir- hilft eigentlich nur, dies ein Stück weit durchzustehen, mit gendwo in der Straße zwei Ferienwohnungen sind. Aber den- allen Protagonisten zu sprechen sowie am Ende des Tages noch: Ferienwohnungen gehören, wie übrigens Tourismus die klare Botschaft zu vermitteln, dass es nicht um die Inter- auch, in Maßen zu dieser Stadt, aber nicht in dieser Dichte.“ essen Einzelner geht, sondern des Gemeinwesens.“ 11
Prof. Arno Brandlhuber viele Menschen wollen sie. Es braucht aber geeignete Nach- „Ich möchte auf Frage von Homogenität und Heterogenität barschaftsinstrumente und letztlich auch eine Vorsorge. Wir eingehen. Berlin ist eine gemischte Stadt, sozial, kulturell, haben den Luxus in den Quartiersmanagementgebieten, religiös und so weiter. Und genau diese Mischung und poly- dass dort Projekte umgesetzt werden können, weil es eine zentrische Ausrichtung wollen wir. Dieses stark Gemischte Finanzierung für nachbarschaftliche Aktivitäten gibt. Ich könnte eine Vorstellungsorientierung sein, an der sich Berlin glaube, das müssen die neuen Stadtteile auch leisten.“ weiter entwickeln kann.“ Welche Bedeutung kommt Baugruppen, Wohnprojekten und Susanne Walz Wohnungsbaugenossenschaften zu? Und für wen wird ei- „Integration und Mischung gestalte ich, wenn ich von den gentlich gebaut? Menschen ausgehe. Denn sie brauchen nicht nur Wohnen, sondern auch Flächen für Kunst, für Arbeit, für soziale und Snezana Michaelis nachbarschaftliche Projekte. Für all diese Segmente brau- „Wir als kommunale Wohnungsbaugesellschaft errichten chen wir innerhalb eines einzigen Hauses, was neu entste- natürlich Mietwohnungen. Und wir sind dabei ganz klar hen muss, Flächen, Räume, Orte – und sie müssen gemischt breiten Schichten der Bevölkerung verpflichtet. Bei all unse- sein. Die Vielfalt ist verhandelbar, wenn sie alle wollen. Und ren Bauvorhaben sind uns eine funktionierende Sozialstruk- 12
Titel der Broschüre | Titel des Kapitels tur und stabile Quartiere sehr wichtig. Und ich glaube, man ihren Vertreterversammlungen haben. Wir müssen auch mit muss zwei Dinge differenzieren. Ich muss unterscheiden, ob Wohnungsbaugesellschaften in umfangreichen Größenord- ich ein Haus baue, um ein bestehendes Quartier anzurei- nungen bauen, dann klappt das auch mit der Mischung.“ chern. Oder spreche ich von ganz neuen Quartieren, in de- Uli Hellweg nen 3.000 Wohnungen entstehen werden. Im zweiten Fall „Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte mit den Genos- kann ich natürlich groß und anders denken. Aber natürlich senschaften. Diesen muss man zugutehalten, dass auch hier bauen wir immer für unsere künftigen Zielgruppen und de- ein Generationenwechsel stattfindet und verstärkt neu ge- ren Bedürfnisse.“ baut wird. Das hat auch etwas mit operativen Kapazitäten zu Jens-Holger Kirchner tun, die in den letzten 20 Jahren abgebaut worden sind. Man „Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften haben die hat sich sozusagen auf das Instandhaltungs- und Moderni- Aufgabe, ein breites Spektrum an Wohnraum anzubieten. sierungsgeschäft konzentriert. Die Neuorientierung ist ein Denn das machen die Privaten nicht. Und wir müssen tat- Prozess, den man politisch und gesellschaftlich unterstützen sächlich in und mit dieser Stadtgesellschaft eine Debatte muss. Ich glaube schon, dass die Genossenschaften wieder führen, warum die Genossenschaften nicht ausreichend Akteure am Wohnungsmarkt werden können, um auch ihre bauen. Das ist der Fall, weil sie große Schwierigkeiten mit gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen.“ 13
Und das sagten die Besucherinnen und Besucher: a „Ich beobachte seit einigen Jahren in Charlottenburg und Wil- mersdorf zunehmend, dass intakter Wohnraum abgerissen wird. Ich frage mich, ist es wirklich gewollt, dass der preis- werte Wohnraum vernichtet wird? Denn Berlin hat doch eigent- lich sehr viele freie Flächen, auf denen es bauen kann.“ „Ich bin der Vorstand einer kleinen Genossenschaft mit 700 Wohnungen. Wir würden gerne bauen, aber uns sind die Grundstückspreise zu hoch. Das heißt, es gibt einen großen Bauwillen und ich würde mich freuen, wenn Politik und Genossenschaften zusammenarbeiten.“ 14
Titel der Broschüre | Titel des Kapitels „Das, was im Augenblick passiert, ist Eigeninteresse gegen anderes Eigeninteresse. Investoren kommen hierher, die nur ein Eigeninteresse an der Verwertung ihres Geldes haben. Die haben kein Interesse daran, Wohnraum zu schaffen. Sie haben Interesse, ihr Geld zu verwerten. Dass dabei auch Wohnungen entstehen, ist sozusagen eine notwendige Folge.“ „Alle wollen wohnen, alle müssen wohnen. Ich glaube, wir müssen nicht allgemeiner diskutieren. Natürlich sind wir uns einig, dass wir gemischte Quartiere wollen. Und natürlich haben wir darüber schon tausend Mal diskutiert. Aber die Frage ist, wie kriegen wir diese Herausforderung ganz konkret hin.“ „Ich gehöre zu dem vorhin besprochenen Proletariat, ich bin Dienstleisterin. Ich gehe in 15 Jahren in Rente. Dann wird mein Einkommen sinken und ich werde mir meine derzeitige Wohnung nicht leisten können. Ich möchte gerne, dass sich auch die städtischen Wohnungsgesellschaften und die Wohnungsgenossenschaften für gemeinschaftliche Wohnformen zu bezahlbaren Mieten öffnen.“ 15
Online-Debatte: Alle wollen wohnen – Wie kann Berlin das schnell und gut schaffen? Die folgenden Kommentare stellen eine Auswahl der „In den letzten zehn Jahren haben Baugruppen, Wohnprojek- zahlreich eingegangenen Einträge dar, die aus Platz- te und neugegründete Genossenschaft den Wohnungsneu- gründen nicht vollständig abgebildet werden können. bau in Berlin dominiert und geprägt. Wichtige Impulse, auch für die freie Immobilienwirtschaft, gingen von dieser Szene Das sagten die Bürgerinnen und Bürger aus. So funktioniert das auch beim Bauen, viele gute Ideen in der Online-Debatte über … machen das Ganze. Was unternimmt der Senat um den „kre- ativen Kleinen“ weiterhin Chancen zu eröffnen? Wie kann man sie in die „kooperative Baulandentwicklung“ einbeziehen?“ … Wohnungsbau, Verdichtung und Umnutzung: „Berlin braucht keinen Neubau, wenn wir unser Wohnungen „Wohnungsneubau muss einhergehen mit sparsamem Um- und Häuser anders und besser nutzen. Anstatt immer weiter gang mit der Ressource Boden sowie der Frage nach der ge- neu zu bauen und immer wieder erneut zu sagen, es reiche rechten Aufteilung des Stadtraums.“ nicht, sollten wir umdenken und alle Werkzeuge anwenden, unsere Häuser besser zu nutzen und damit Neubau über- „Ist die Verlängerung der Autobahn A100 sinnvoll und zeit- flüssig zu machen.“ gemäß? Für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner stellt der Bau der Autobahn eine enorme Verschlechterung „Wir brauchen mehr kleine Wohnungen für Berlin – mit der Lebensqualität in ihrem Wohnumfeld dar. Der Bau einer hoher Lebens- und Wohnqualität. Berlin muss Mehr aus Autobahn durch Wohngebiete entspricht nicht einer moder- Weniger machen.“ nen, menschenfreundlichen und klimaneutralen Stadtpla- nung.“ … Natur, Umwelt und Klima: „In München wird momentan über die Bebauung von Park- plätzen diskutiert. Warum nicht auch in Berlin? Angesichts „Wir müssen mit unserer natürlichen Umwelt achtsam um- der kommenden Flächenkonflikte (Wohnen vs. Parkplätze / gehen. Deshalb sollte in Berlin auch mit allen Ressourcen KfZ-Flächen vs. Fahrrad-Flächen...) müssen schnell Lösun- (einschließlich Platz) äußerst sparsam umgegangen werden, gen gefunden werden.“ damit möglichst viele Grünflächen erhalten bleiben und ver- netzt werden können.“ „Aufstockungs- und Verdichtungspotenziale sollten noch mehr genutzt werden, vor allem im Nachkriegssiedlungsbau „Die Nachfrage an Kleingärten in Zeiten des Urban-Gardening und in Einfamilienhausgebieten. Wir müssen mehr experi- ist ungebrochen. Neue Gartenformen fördern zudem das Zu- mentieren und ausreichend kleine Grundstücke für Selbst- sammenleben und sogar die Integration. Wird dagegen mehr bauer, Baugruppen und Genossenschaften anbieten.“ Fläche versiegelt, wird auch das Gärtnern verhindert.“ „Wir erleben derzeit eine beispiellose Verdrängung von in- nerstädtischen Gewerbeflächen durch Wohnungsbau. Ber- lins Zukunft liegt sicher eher am Rand als in der Mitte, wo sich höchstens noch symbolhaft etwas gestalten lässt. Wenn wir uns ausschließlich auf Verdichtung und Wohnungsbau konzentrieren, wird Berlin seine Magnetwirkung verlieren.“ ?! Diese und weitere Beiträge finden Sie auch unter www.berlin.de/stadtforum 16
Titel der Broschüre | Titel des Kapitels „Gewässer und Moore sind das Spiegelbild der ökosystemi- „Es muss Raum für Kultur mitgebaut werden. Bei neuen schen Verhältnisse in ihrer Umgebung. Die ökologische Ge- Quartieren sollten Raumangebote für Kunstproduktion ge- wässergüte zu erhalten, zu verbessern und sie den Men- schaffen werden: vielseitig nutzbar für Musik, Tanz, Theater, schen nachhaltig nutzbar zu machen, ist ein wichtiger Ausstellung, Ateliers oder für Sport und Bildungsangebote.“ Maßstab der zukunftsfähigen Stadtentwicklung.“ „Die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, vor allem in „Neue Wohnungen sollten nicht zu mehr PKW-Verkehr und er- schnell wachsenden Quartieren, ist von zentraler Bedeutung höhter Abgas- und Lärmbelastung der Quartiere führen, son- für das Leben in Großstädten. Der Autoverkehr lässt eine dern im Gegenteil zu verstärkten Klimaschutzanstrengungen.“ Verbesserung der Aufenthaltsqualität an vielen Orten aber nicht zu.“ „Für eine gesunde Entwicklung darf in der Stadt kein Missver- hältnis zwischen gebauter und technischer Infrastruktur ei- „Wir müssen die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum nerseits und hochwertigen Ökosystemen andererseits ent- erhöhen, und zwar bei gleichzeitiger weiterer baulicher stehen. Deshalb sollte die Stadt nicht zu groß werden, sondern Verdichtung.“ es sollte in einer Einheit mit dem ländlichen Raum ein regio- nales Netzwerk gesunder Städte entwickelt werden.“ ... Bezahlbaren Wohnraum, soziale Gerechtigkeit, Verant- „Das Wachstum der Städte fußt auf der Landflucht. Diese wortung und Transparenz: wiederum fußt auf einem Mangel an Arbeitsplätzen und so- zialen Freizeitmöglichkeiten, vor allem für die Jugend. Im „Wir brauchen gute und neue Wohn- und Quartierskonzep- Zusammenhang mit der Dämpfung des Klimawandels te. Es muss alles ganz schnell gehen mit dem Wohnungsbau. kommt dem ländlichen Raum aber eine zunehmende Bedeu- Aber ist das denn der richtige Weg? Wir sollten aus den Feh- tung in der Energie- und Rohstoffproduktion sowie für die lern der Vergangenheit lernen. Wer zu schnell zu viel will, hat Naherholung zu.“ möglicherweise am Ende gar nichts.“ „Das aktuelle Erfordernis besteht in der Herstellung der Ein- „Aktuelle Bauvorhaben werden Zeugnis geben von der Ge- heit von Nutzung und Schutz der Landschaft. Dies bedeutet samtheit heutiger gesellschaftlich-politischer Verhältnisse, auch den Erhalt der Einheit von Stadt und Land als lebens- von unserem Umgang mit Problemen der Zuwanderung so- wertem Sozialraum sowie die Herstellung gesunder rural- wie des Wohnraummangels. Diese Ursachen werden irgend- urbaner Strukturen.“ wann vergessen. Es bleiben die Lebenswelten, die wir künfti- gen Generationen hinterlassen.“ „Ländliche Produktvielfalt, regionale Veredlung, Hofläden, Erhalt und Förderung der Attraktivität der Natur und des „Hohe Geschwindigkeit führt zum Verlust des Überblicks, verkehrlichen Umweltverbundes sowie Urlaub auf dem Lan- denn „Gut Ding will Weile haben“. Daher bietet sich eine de können Arbeitsplätze und kulturelle Angebote fördern, Doppelstrategie an, bei der einerseits so gut wie möglich die Landflucht dämpfen und Wohnungen im ländlichen schnell gebaut wird. Anderseits muss kurzfristig geklärt Raum erhalten. So bleiben auch die Städte mit ihrem öffent- werden, welche Ressourcen in welchem Maße regenerativ lichen Raum lebenswert.“ zur Verfügung stehen und wie eine globale sozial- und gene- rationengerechte Lebensweise aussieht.“ ... Städtebauliche Qualitäten: „Neubauten sollten platzsparend und ökologisch zukunfts- fähig sein. Wir brauchen soziale und Generationengerech- „Berlin kann durch eine Rehabilitierung von kleinteiliger Be- tigkeit und dafür eine handlungskompetente Verantwor- bauung und Nutzungsmischung – plus Rückbau von Auto- tungsgemeinschaft.“ schneisen und maßstabsprengenden Bürobauten der 60er „Viele ältere Menschen würden sich gern wohnungsmäßig und 70er Jahre – Lebens- und Aufenthaltsqualität im Stadt- verkleinern. Es ist für sie allerdings kaum möglich, kleineren zentrum deutlich verbessern.“ und vor allem bezahlbaren Wohnraum in ihrem Umfeld zu „Berlin braucht einen schönen, urbanen Städtebau, der zu finden. Viele junge Familien hingegen suchen eine größere Erhöhung der Lebensqualität und des Wohlstandes vieler Bür- Wohnung, die bezahlbar ist. Wohnungstausch ist hier eine gerinnen und Bürger sowie der Kommune beiträgt. Dafür gibt Idee, die von der Politik unterstützt werden müsste.“ es ausreichend Zeit, privates Kapital und Flächenpotenziale.“ 17
„Es braucht für ein langfristig gesichertes Angebot im Seg- ment günstiger Wohnungen eine bewusste Entscheidung, den genossenschaftlichen Wohnungsbau zu fördern. Der private Wohnungsbau hat zu wenige Angebote, die zur Nachfrage von Menschen mit niedrigem eigenen Einkom- men passt.“ „Bezahlbarer Wohnraum? Der Begriff ist dehnbar. Bezahlbar für wen? Es entstehen sehr viele Eigentumswohnungen. Was ist mit den Menschen, die das nicht finanzieren können? Diese Eigentumswohnungen werden dann unter Umständen von Menschen aufgekauft, die ihr Geld anderweitig anlegen und die Wohnungen dann zu Höchstpreisen weitervermieten.“ „Wir müssen der Verantwortung gegenüber unseren Kin- dern gerecht werden und demnach auch an eine „kinder- freundliche“ Stadt denken. Denn in der Regel reden nur die Erwachsenen über die Verdichtung der Stadt.“ „Die Stadt sollte gemeinsam gestaltet werden. Eine inter- kulturelle Zusammenarbeit mit Anwohnern durch gemein- same Workshops, Bürgerinitiativen oder Foren wäre eine Option.“ „Alle müssen wohnen. Aber für welche Bevölkerungsgrup- pen wird gebaut? Nur für die, die wohnen wollen. Das klingt nach Luxusbauten für Menschen mit Geld. Wo sind die Woh- nungen für Alleinstehende, wo wird barrierefrei gebaut? Und wo werden Bürger in die Planung vom städtischen Woh- nungsbau einbezogen?“ „Wir brauchen möglichst breit akzeptierte und nachvollziehba- re Entscheidungen. Dazu ist es wichtig, frühzeitig Transparenz für Planungen und (Wohnungs-)Bauvorhaben zu schaffen. Es müssen echte Handlungs-, Standort- und Entwicklungsalter- nativen öffentlich zur Diskussion gestellt werden.“ 18
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Wir bauen gut und schnell. Ein Schlussgespräch zwischen Hamburg und Berlin. Elke Frauns im Gespräch mit Prof. Jörn Walter, Oberbau- ist ein rein faktisch physisches Problem der Baukapazitäten. direktor der Freien und Hansestadt Hamburg und Ich glaube, wir stehen in dem Zusammenhang vor einer gro- Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär ßen sozialen Fragestellung der nächsten Jahre. In Hamburg Bauen und Wohnen. sind fast 25 Prozent der Haushalte nicht mehr in der Lage, ihre Miete aus dem eigenen Einkommen zu bestreiten. Wir Elke Frauns: Welche Chancen und Möglichkeiten bestehen, brauchen also deutlich mehr geförderten Wohnungsbau in um Wohnungsbau zu gestalten? Wohnen ist außerdem der den nächsten Jahren, was natürlich auch mit hohen Kosten Spiegel der Gesellschaft. In welchem Zustand befindet sich verbunden ist. Wir müssen für die Menschen bauen, die auf die Hamburger Gesellschaft? günstigen Wohnraum angewiesen sind. Und wir brauchen einen freien Wohnungsmarkt, der Wohnungen für acht bis Prof. Jörn Walter: Hamburg ist Berlin im Hinblick auf die zehn Euro pro Quadratmeter anbieten kann. wohnungspolitischen Herausforderungen sehr ähnlich, wenn auch die physischen und räumlichen Voraussetzungen Elke Frauns: Machen Sie das in Hamburg? natürlich nicht identisch sind. Klar ist, dass beide Städte Prof. Jörn Walter: Wir werden in Hamburg Grundstücke auf deutlich mehr Wohnungen brauchen. Das ist eine Herausfor- den Markt bringen, die wir den Unternehmen anbieten, die derung für die Politik und für alle, die Wohnungen bauen. Die uns diese niedrigen Preise garantieren. In diesem Kontext Wohnungsbauzahlen innerhalb weniger Jahre zu verdop- wird es auch um die Frage gehen, ob das serielle Bauen eine peln, das ist nicht nur ein planerisches Problem, sondern es Option ist. Und wir müssen die Stadt teilweise neu justieren: Was kann wie umgenutzt werden? Brauchen wir all das an Qualitätsstandards, was wir im Moment haben? In Hamburg ist das Bauen teurer als in Berlin. Hier liegt die Kostenmiete bei 1.800 Euro, bei uns ist sie eher bei 2.200 bis 2.500 Euro. Für diese Preise können Sie nicht für acht Euro vermieten. Und wir müssen auch in Hamburg für eine Mischung in der Stadt sorgen. Wir brauchen den Drittelmix, ein Drittel geför- derter Mietwohnungsbau, ein Drittel freier Mietwohnungs- bau, ein Drittel Eigentumsbau. Elke Frauns: Wie reagiert die freie Wohnungswirtschaft dar- auf, wenn Sie Flächen oder Konzeptzuschläge nach Miethöhe vergeben? Prof. Jörn Walter: Wir hatten bisher einen zweiten Förderweg im geförderten Wohnungsbau, der bei 8,50 Euro pro Quad- ratmeter anfängt. Und wir wollen dieses Modell in die Breite tragen. Deswegen bieten wir jetzt städtische Grundstücke für einen solchen Zweck an. Hier geht es zunächst darum, solche Experimente zu befördern. Wir wollen von der privaten Woh- nungswirtschaft die Garantie erhalten, dass der niedrige Preis die nächsten 15 Jahre gehalten wird. Das Problem, dass wir mit zu hohen Mietpreisen z.T. am Markt vorbeiproduzie- ren, wird auch in der freien Wohnungswirtschaft gesehen. Deshalb haben verschiedene Unternehmen Ihr Interesse be- kundet, an solchen Ausschreibungen teilzunehmen. Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup 22
Titel der Broschüre | Titel des Kapitels Elke Frauns im Gespräch mit Prof. Jörn Walter Elke Frauns: Wäre die Vergabe nach Mietpreishöhe auch eine ren um weitere 100.000 ergänzt werden. Das ist meiner An- Option für Berlin? Und was passiert in Berlin konkret, um sicht nach ein ganz zentraler Schritt, um für Mischung in der bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können? Stadt zu sorgen und Segregation entgegenzuwirken. Wenn wir insgesamt pro Jahr 20.000 Wohnungen in Berlin brau- Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup: Wir haben in Berlin chen, dann müssen wir auch die privaten Wohnungsbauge- bereits die Liegenschaftspolitik verändert. Wir verkaufen sellschaften dafür gewinnen. An dieser Stelle werden Model- keine Wohnbaugrundstücke mehr zum Höchstpreis, sondern le wie in Hamburg sicher auch hier eine Rolle spielen. Die wir bringen sie im Regelfall als Einlage in das Vermögen der Grundstücke, die wir nicht in die kommunalen Wohnungsun- kommunalen Wohnungsunternehmen ein. Wir brauchen ei- ternehmen einlegen, werden wir nur dann an Private verge- nen starken neuen sozialen Wohnungsbau, der vor allen Din- ben können, wenn sie mit klaren Auflagen zu einem Anteil gen von den kommunalen Gesellschaften getragen werden mit preisgünstigen Wohnungen verknüpft sind. Und natür- muss. Denn nur kommunales Eigentum mit dem Wohnraum- lich müssen wir auch über serielles Bauen nachdenken und versorgungsgesetz im Rücken schützt davor, dass die Woh- Ansprüche und überzogene Standards an der einen oder an- nungen den normalen Marktmechanismen unterworfen deren Stelle herunterschrauben. Insofern benötigen wir ein werden. Wer über gemischte Stadt redet, der muss ganz ge- ganzes Bündel von Maßnahmen, um den Wohnungsmarkt nau darauf achten, wo der kommunale Wohnungsbestand zu entspannen. verortet ist und wie er mit ihm eine gemischte Stadt produ- zieren oder schützen kann. Hierbei könnten auch die Genos- Elke Frauns: Wie wird die Stadt Hamburg reaktionsfähiger? senschaften mehr leisten. Was wird getan, um schneller bauen zu können? Elke Frauns: Wir können wir für Mischung in der Stadt sorgen? Prof. Jörn Walter: Eine Komponente ist sicherlich, dass wir Und wie kann der Wohnungsmarkt entspannt werden? wieder mehr Personal benötigen. Eine zweite Komponente ist die Frage, wie wir in der aktuellen Lage zu einem schnel- Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup: Mittlerweile haben leren Planrecht kommen. Wenn man die Preisthematik nicht wir 6.000 kommunale Wohnungen im Bau. Der Bestand der weiter eskalieren will, muss man zügig handeln. Und das ist kommunalen Gesellschaften soll in den nächsten zehn Jah- 23
natürlich im mit den Themen Kommunikation, Austausch ner Hauptverkehrsstraße ist sehr aufwändig. Neben einem oder auch Prüfung von Alternativen nicht automatisch ver- Gewerbegebiet zu bauen, ist aufgrund alter Regelungen fast einbar. Hier gibt es einen gewissen Zielkonflikt. Und den unmöglich. Das heißt, wir haben ein regulatorisches Korsett kann man nicht auflösen, indem entweder keine Beteiligung in den letzten 60 Jahren bis heute erarbeitet, das an be- mehr stattfindet oder bis ins Unendliche ausgedehnt wird. Es stimmten Punkten überprüft werden muss. Ich überzeugt, müssen klare Vorgaben für ein zielgerichtetes Handeln ge- dass es überhaupt nichts an unserer Lebensqualität verän- setzt werden. Es muss in einer Phase des Wachstums auch dern würde, aber es würde uns die Möglichkeit geben, Ob- außerdem ein gewisses Gefühl der Gleichbehandlung und dachlosigkeit zu vermeiden, etwas schneller Wohnungen zu Gerechtigkeit in den Städten geben. Es kann nicht so sein, bauen und soziale und funktionale Mischung etwas leichter dass nur einzelne Bezirke, einzelne Teilquartiere, nur der organisieren zu können. Rand oder nur die Mitte dazu beitragen müssen, die Woh- Elke Frauns: Herr Prof. Walter, was würden Sie in Hamburg nungsfrage zu lösen. Wir brauchen alle Teile. Und wir denken gerne verändern oder abschaffen? Welches Experiment wür- auch in Hamburg erstmals wieder über die Außenbereiche den Sie gerne wagen? Und was davon könnten wir uns in nach, was wir 20 Jahre lang nicht getan haben. Wie soll die Berlin abgucken? neue Stadt dort aussehen? Auch diese Debatte muss geführt werden. Wir werden daneben über Lage und Qualität der Prof. Jörn Walter: Ich wünsche mir in Hamburg mehr Akzep- verfügbaren Flächen reden müssen. Das bedeutet auch, wir tanz für dichtes Bauen. Ich finde, man muss ein bisschen brauchen eine Gewichtung in den Städten über die Frage: Rationalität in diese Themen hineinbringen. Natürlich gibt Wie ist die relative, ökologische Bedeutung der Teilflächen es in Berlin wie in Hamburg sehr dichte Stadtteile, in denen im Verhältnis zueinander? Und auch da werden alle Bezirke man nicht beliebig nachverdichten kann. Aber es gibt in Ber- – in Hamburg und in Berlin – ihren Beitrag leisten müssen. lin wie auch in Hamburg noch viel mehr Stadtteile, die ext- rem dünn besiedelt sind. Diese Potentiale müssen wir nut- Elke Frauns: Was müssen Politik und Verwaltung tun, damit zen, wenn wir die Außenbereiche schonen wollen. Und schneller gebaut werden kann? Wie können wir das regulato- natürlich werden wir durch die Quantitäten gezwungen rische System verändern? sein, serieller, einfacher und strukturierter zu bauen. Das Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup: Es ist zu beobachten, wird unumgänglich werden bei den Größenordnungen, die dass beim Bauen zwei Welten existieren. In der einen Welt im Moment zu erwarten sind. Ich glaube, die Städte brau- darf nach § 34 Baugesetzbuch gebaut werden. In der ande- chen außerdem Spielraum für besondere Baugruppen, Kon- ren Welt muss ein Bebauungsplan aufgestellt werden, was zepte und Experimente, die zwar quantitativ nicht unser viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich bin fest überzeugt, dass wir Wohnungsmarktproblem lösen werden, die aber langfristig die förmlichen Verfahren schneller gestalten müssen. Ich bin zur Stabilisierung von Quartieren beitragen. Das wünsche dafür, dass wir weiter Bebauungspläne machen, aber ich ich mir für Hamburg und auch für Berlin. würde mir wünschen, dass sie sich zu Express-Bebauungs- plänen entwickeln, die vielleicht nur ein oder maximal zwei Elke Frauns: Herr Lütke Daldrup, „Wir bauen gut und schnell.“ Jahre in Anspruch nehmen. Wenn wir das schaffen würden Was ist Ihnen dabei am Ende wichtig? und die wesentlichen Dinge beibehalten – vom Naturschutz Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup: Ich glaube, dass wir bis zum Denkmalschutz, von der Wasserwirtschaft bis zum noch sehr viele Möglichkeiten haben, um in der bestehenden Lärm und der Beteiligung der Öffentlichkeit – dann sind wir Stadt zu bauen. Städtebauliche Qualitäten und Dichte sind auf dem richtigen Weg. Wir müssen Wachstum gezielt und kein Widerspruch. Und soziale und funktionale Mischung effizient steuern und organisieren. Und das wird auch Ver- sind sicher die wesentlichen Schlüssel für eine gelungene waltung und Prozesse verändern müssen. Stadtentwicklung. Wir müssen außerdem akzeptieren, dass Elke Frauns: Was bedeutet das im Detail? wir schneller werden müssen, und zwar bei gleichbleibender oder sogar steigender Qualität. Wenn wir heute nicht an die Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup: Das heißt, dass alle neuen Gegebenheiten anpassen, dann werden uns die zu- sich darauf einstellen müssen, dass wir Dinge etwas schnel- künftigen Erfordernisse überrollen. Das heißt, wir müssen ler und schlanker erledigen müssen. Wir müssen ein paar Bauprozesse gut und zügig umsetzen. Ich würde mir wün- Regeln ändern. Wenn wir beispielsweise über die Mischung schen, dass alle – Fachleute und auch die Stadtgesellschaft in der Stadt reden, müssen wir das auch mit realistischen – ihren Teil dazu beitragen. Standards tun. Wenn Sie an der Hauptverkehrsstraße woh- nen, dann müssen Sie den Lärm akzeptieren. Neubau an ei- 24
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Impressum Herausgeber Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Kommunikation Am Köllnischen Park 3, 10179 Berlin www.stadtentwicklung.berlin.de Inhalte und Bearbeitung Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Abteilung Stadt- und Freiraumplanung Referat Stadtentwicklungsplanung Thorsten Tonndorf, Referatsleiter Stadtentwicklungsplanung Elke Plate, Projektleitung Dr. Paul Hebes, Projektteam Durchführung und Moderation IMORDE Projekt- & Kulturberatung GmbH büro frauns kommunikation | planung | marketing IMORDE Projekt- & Kulturberatung GmbH Helmholtzstraße 42, 10587 Berlin E-Mail: stadtforum@imorde.de büro frauns kommunikation | planung | marketing Schorlemerstraße 4, 48143 Münster Elke Frauns E-Mail: info@buerofrauns.de Dokumentation und Gestaltung IMORDE Projekt- & Kulturberatung GmbH Ulrich Pappenberger, Romina Weber, Martin Weghofer Bildnachweis Till Budde, Berlin (alle); mit Ausnahme von Tom Unverzagt, Leipzig (Titelbild); © Andreas Muhs (Titelfoto); © Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Referat I A, Stadtentwicklungsplanung (Karte Wohnungsneubau-Standorte, S. 20 / 21) Berlin, Mai 2016 26
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Berlin ist eine Stadt im Wachstum. Um rund 220.000 Einwohnerinnen und Einwohner ist die Hauptstadt in den fünf Jahren von 2011 bis 2015 gewachsen, weitere 145.000 Personen werden laut aktueller Prognose bis 2020 folgen – hinzu kommt eine hohe Zahl von Flücht- lingen. Die Themen „Wohnen“ und „Integration“ sind demnach die größten Herausforderun- gen in Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft. Vor allem in Hinblick auf den Wohnraum braucht Berlin Lösungen, die sich strukturiert, innovativ und schnell umsetzen lassen. Im Stadtforum am 04. April 2016 wurde in der kleinen Arena im Tempodrom gemeinsam disku- tiert werden, wie das Leben und Wohnen im wachsenden Berlin zu gestalten ist. Was bedeu- tet die neue, dritte Gründerzeit für Berlin? Was bedeutet das städtische Wachstum und das schnelle Bauen für die Quartiere und das Zusammenleben? Welche Architektur, welcher Städtebau, welche sozialräumlichen Konzepte sind erforderlich, um lebenswerte und nach- haltige Quartiere zu schaffen, die zu einer gelingenden Integration der Neu-Berlinerinnen und Neu-Berliner beitragen? Wie und wo werden Transformation und neue Quartiere orga- nisiert?
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