Stadtgeschichte Künzelsau von A - Z

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Stadtgeschichte Künzelsau von A - Z
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Der alte Ortskern mit der Kirche schmiegt sich an den leicht geneigten Nordhang

Morsbach                                                     Die Hauptbesitzer von Morsbach waren ursprüng-
                                                             lich die Herren von Stetten, deren Amtsvögte
Ortsbeschreibung um 1880: „Am Abhang der                     zeitweise auch im Ort wohnten. Durch Verkäufe,
Hohenloher Ebene, wo der Morsbach, der eine                  Schenkungen und Heiraten gingen Güter und
Viertelstunde vom Dorf in der krummen Klinge                 Rechte auch an andere über: so an das Kloster
entspringt, in den Kocher mündet, liegt das klei-            Komburg, an das Kloster Lichtenstern, 1390 an
ne Dorf Morsbach, das vom linken Flußufer all-               die Herren von Neuenstein, 1411 an die Herren
mählich zum Fuß des Berges sich erhebt, in                   von Morstein, 1422 an die Herren von Kirchberg,
freundlicher Lage, vor Winden ziemlich ge-                   1491 an die Herren von Adelsheim u.a..
schützt. Den Talgrund bilden Wiesen und Baum-                Anteile an Morsbach gingen im Laufe der Zeit
gärten, die südliche Talwand krönt ein schöner               wieder zurück an die Herren von Stetten, somit
                                                             steht in einer Ortsbeschreibung von 1662, der Ort
Wald, die nördliche Weinberge. Das Dorf ist
                                                             „gehört denen von Stetten insgesamt“.
durch den Morsbach (Todtenbach) in 2 Teile ge-
teilt und besteht meist aus bescheidenen Woh-                                                     Morsbach 1760
                                                                                                  Die Gemarkung zu
nungen. Fünf Brunnen geben gutes […] reichli-                                                     Stetten‘scher Zeit
                                                                                                  Nördlich des Kochers
                                                                                                  (unten) Weinberge
ches Wasser, davon sind zwei Pumpbrunnen und
drei Laufbrunnen. Durch den oberen Teil des Dor-
fes führt die gut unterhaltene Kochertalstraße
nach Hall. Den Frösten ist Morsbach mehr ausge-
setzt als Künzelsau und Ingelfingen.“
Zitat aus: Beschreibung des Oberamts Künzelsau
1883, S.684

Erstnennung Als Morisbach wird 1149 der Ort in
einer Urkunde Siegfrieds von Würzburg über die
Schenkung des Klosters Komburg genannt. Das
Kloster Komburg kam vorher in Besitz durch
Schenkungen der Mechthild vom Stein (siehe
auch Künzelsau). Der Name könnte abgeleitet
sein als Bach eines Morenzo.

Aus der Ortsgeschichte Aus frühgeschichtlicher               1806 kam Morsbach zum württembergischen Kö-
Zeit stammen auf der südlichen Höhe über                     nigreich und wurde eine selbständige Gemeinde.
Morsbach Reste einer Erdbefestigung, genannt
Heidenschlösschen. Mauerreste davon sind spär-               Gemeindereform Morsbach wurde als letzter
lich erhalten, ein Graben von 60 Fuß (ca. 18 m)              Ort am 1.Januar 1973 Stadtteil von Künzelsau mit
Durchmesser ist noch sichtbar.                               einer eigenen Ortschaftsverwaltung.

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Ehemalige Wehrkirche Am östlichen Ortsaus-
gang direkt an der Durchgangsstraße liegt am
Hang die evangelische Kirche des Ortes, St.Alban
und St.Wendelin, vom Friedhof umgeben. Am
Anfang des 14.Jh. wurde sie als Wehrkirche mit
einem mächtigen Chorturm aus massiven Bruch-
steinwänden mit kleinen, spitzbogigen Schlitz-
fenstern erbaut, mit nur einem Zugang an der
Westseite. Anfang des 15. Jh. (1427 im Dach-
stuhl datiert) wurde dieser Urkirche ein Fach-
werkaufbau aufgesetzt, dem kurzen, rechtecki-
gen Langhaus mit einem Satteldach und dem
Chorturm im Osten mit einem Pyramidendach.
Größere Fenster wurden 1730 und 1847 einge-
baut. Einige Schlitzfenster sind auch heute noch
erhalten. Die Ausstattung im Inneren ist einfach
gehalten, mit einzelnen noch erhaltenen Wand-
malereien aus dem 15.Jh. Chorraum und Lang-
haus sind auch 1795 mit Blattranken, Zweigen
und Blättern bemalt worden. Zwei Emporen
schaffen Platz für Kirchenbesucher. Renovierun-
gen im Inneren 1958 und 2003, seit 2014 außen
an der Fassade und Turm, welche am 19.Jan.
2020 mit einem Festgottesdienst abgeschlossen
wurden. Die Turmspitze ziert nun ein neuer         Der Friedhof liegt am Hang neben der Kirche
Wetterhahn.
Morsbach ist Filialgemeinde der evangelischen
Pfarrei Künzelsau.

Schulhaus Ein Schulhaus mit einem Lehrzim-
mer und einer Lehrerwohnung wurde 1766 an
der zur Brücke führenden Dorfstraße erbaut,
1870 mit Ratsstube neu eingerichtet. Auf der
anderen Kocherseite wurde 1929 ein neues Rat-
und Schulhaus eingeweiht. Kinder von 6 bis 14
Jahren wurden in einer einklassigen Volksschule
unterrichtet. Ab 1973 besuchen die Schüler ab
der 5. Klasse die Hauptschule in Künzelsau. We-
gen der geringen Schülerzahl wird die Grund-
schule Morsbach 1975 zusammengelegt mit der
Grundschule Kocherstetten. Dadurch konnten         Im Schul-Rathaus von 1929 ist auch Platz für die Feuerwehr
Jahrgangsklassen gebildet werden. Bis zum
Schuljahr 2017/18 wurde eine Klasse immer in
Morsbach unterrichtet.

Kindergarten In einem 1976 eröffneten Neubau
am Kocher mit großem Garten fühlen sich die
Kindergartenkinder wohl. Ab 2007 gibt es auch
einen Waldorfkindergarten.                         Der Kindergarten nahe der Schule am Kocher

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Steinbrücke Über den Kocher führt eine Stein-
brücke mit vier Bögen. Ein eingearbeitetes Wap-
pen der Herren von Stetten ist auf 1596 datiert.
Setzt man dieses Jahr als Baujahr für die Stein-
brücke an, so wäre der Bau der Morsbacher
Brücke genau 100 Jahre früher erfolgt als der in
Künzelsau. Doch die heute bestehende Brücke
ist nicht so alt: nach Beschädigungen im 2.Welt-
krieg wurde die neue, alte Brücke im November
1953 festlich eingeweiht.
Weinbau Steinriegel am Südhang des Kocherta-
les weisen auch heute noch darauf hin, dass                                  Die vierbögige Steinbrücke verbin-
                                                                             det die beiden Ortsteile
Morsbach in der Vergangenheit ein bedeutender
Weinort war. Die nach Süden ausgerichteten
steilen Hänge (siehe alter Markungsplan) wur-
den aufwändig bewirtschaftet. Einzelne Parzel-
len gehörten auch nach Amrichshausen.
Gutedel und Silvaner waren die bevorzugten Ge-
wächse. Der Wein wurde ausgebaut in der
Stetten’schen Kelter in der Ortsmitte von 1687
mit einem heute denkmalgeschützten freitra-
genden Dachgebälk. Der Morsbacher Weißwein
wurde als Tropfen im Kochertal geschätzt.
Zur Markung gehörten in der Talaue einzelne
Wiesen mit „vielfach saurem Futter“, an den
Hängen und auf der Höhe Felder mit kalkhalti-
gen Böden, auf denen Dinkel und Gerste gut ge-
deihten. Die nach Norden ausgerichteten Tal-
hänge waren auch meist bewaldet. Die Mar-
kungsfläche wird im Jahr 1852 so genutzt
(jeweils in Hektar gerundet): 100 ha Äcker, 44
ha Wiesen und Weiden, 65 ha Weinberge, 88 ha
Wälder, 12 ha Ödland. Die Morsbacher bewirt-
schafteten auch Flächen auf den benachbarten
Markungen.
Kochermühle An bedeutenden Gewerben ist die                Die große Kelter wird heute anders genutzt
Kochermühle zu nennen. Schon im 13 Jh. bauten
die Herren von Stetten in Morsbach eine Mühle
mit Wehr, Mühlgraben und Wasserrad, um die
Kraft des Wassers zu nutzen. Die Getreidemühle
betrieben Müller mit heute noch bekannten Na-
men: Kneller, Klotz, Ebert, Uebel, Limbacher, von
Berg. Ab 1910 bewegte das Wasserrad eine Tur-
bine und die Mahlsteine wurden elektrisch ange-
trieben. Der damalige Mühlenbesitzer Christian
Limbacher belieferte auch das ganze Dorf mit
Gleichstrom 110 Volt. Die ersten Glühbirnen       Die Kochermühle um 1885
leuchteten in den Häusern auf!                    Quelle: Künzelsauer Heimatbuch II

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Neues Elektrizitätswerk Weil der Strombedarf
stieg schnell, baute 1923 die EVS etwas kocher-
aufwärts an der Buchenmühle ein neues Elektri-
zitätswerk. Doch nun reichte die Wassermenge
für die Kochermühle nicht mehr - es kam zum
Streit. Nach vier Jahren einigte man sich: Mühle
und Dorf erhielten Strom von der Buchenmühle
und die alte Mühle wurde 1927 ganz abgerissen.
An gleicher Stelle wurden neue geräumige Müh-
lengebäude mit elektrischen Antrieb und mit Ge-
treidesilo errichtet. Die Kochermühle war bis
2007 einer der ältesten betriebenen Mühlen in
Hohenlohe. In die Mühlengebäude wurden da-
nach Appartements eingebaut. Studenten der         Die ehemalige Kochermühle wird heute als Wohnanlage
naheliegenden Reinhold-Würth-Hochschule, ein       genutzt
Campus der Hochschule Heilbronn, in der Hof-
ratsmühle genießen ab dem Wintersemester
2015/16 die beschauliche Wohnidylle.

Glockengießer Der Sohn eines aus dem Aisch-
grund (Mittelfranken westlich von Nürnberg) zu-
gewanderten Zimmermanns, Johann Leonhard
Lösch, kam nach seiner Ausbildung wieder zu
seiner verwitweten Mutter nach Morsbach zu-
rück und gründete 1723 die Glockengießerwerk-
statt. In seiner neu aufgebauten Werkstatträu-
men neben der Kochermühle goss er Glocken für
die ganze Umgebung: so 1737 für Morsbach,
1739 für Schloss Möckmühl, 1747 für Untergins-
bach, 1757 für Hermuthausen und Crispenhofen.
Der Meister war beliebt und angesehen und
wurde sogar zum Richter gewählt. Sein ältester
Sohn Johann Ernst Lösch übernahm 1754 eine
                                                   Die Glockengießerwerkstatt kurz vor dem Abriss 1925
Werkstatt in Crailsheim und fertigte Glocken für
die Markgrafschaft Ansbach. In Morsbach setzte
nach dem Tod von Johann Leonhard Lösch 1765
sein Sohn Johann Georg Lösch die Glockengie-
ßertradition sehr erfolgreich fort. Er goss Glo-
cken für u.a. Kocherstetten, Eberbach, Widdern,
Westernhausen, Berlichingen, Oberkessach,
Marlach. Auch goss er noch Feuerspritzen und
andere Gussprodukte. Johann Georg Lösch starb
1816 und hinterließ eine hohe Schuldenlast. Sein
Sohn Johann Ludwig wagte einen Neubeginn,
doch gab er 1823 wegen mangelnder Nachfrage
das Glockengießerhandwerk auf.
Das Werkstattgebäude wurde 1925 abgerissen,
um auf diesem Platz das neue Schul- und Rat-        … so könnte es auch in der Morsbacher Werkstatt
                                                    ausgesehen haben ….
haus zu bauen.
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Ortsentwicklung In neuerer Zeit wandelte sich                       Infrastruktur: wichtige Daten
der Ort grundlegend: Gab es 1970 noch 20 land-                      1953 neue Kocherbrücke wird eröffnet
wirtschaftliche Betriebe, so ist dies heute nur                     1975 Abwasserkanal zur Kläranlage Künzelsau
noch ein Schafzuchtbetrieb. Der Weinbau wur-                        fertiggestellt
de mit der Zeit auch eingestellt. Am Südhang                        1976 Kindergartenneubau fertiggestellt
wurden mehrere Wohnbaugebiete erschlossen:                          1976 neuer Sportplatz mit Sportheim eingeweiht
1966 Vollmert/Rapsrain 1971/72 Vollmert West/Ost
1979 Obere Brühlsteige    1985 Im Herrenberg                        2000 Hochwasserschutzmaßnahmen am Kocher
2004 Östliche Brühlsteige                                           2007 Walddorfkindergarten wird eröffnet
Die Ortschaft entwickelte sich bis heute zu ei-
nem reinen Wohn und Schlafort.                                      Besondere Ereignisse
Auch wird Morsbach seit der Einführung der na-                      1549 vernichtete ein Brand am 21.August fast
hegelegenen Reinhold Würth Hochschule von                                das ganze Dorf.
Studenten als Wohnplatz bevorzugt angenom-                          1634 wurde Morsbach von kaiserlichen Truppen
men. In Neubauten und umgebauten Häusern                                 geplündert.
entstanden zahlreiche Studentenappartements.                        1686 entstand durch den Schuss auf eine Taube
Die vorhandenen landwirtschaftlichen Flächen                             ein Feuer,welches den halben Ort zerstörte.
wurden von den Eigentümern inzwischen an aus-                       1731, 1739 und 1774 kam es immer am 4.Juli zu
wärtige Landwirte verpachtet oder verkauft.                              einem starken Hagelschlag. Seit 1739 ist
                                                                         dieser Tag in Morsbach ein Hagelfeiertag.
Seit 1952 ist die Metallveredelungsfirma Maurer                     1748 entstand am 30.Juli durch einen Wolken-
ansässig und bietet Arbeitsplätze vor Ort.                               bruch große Überschwemmung.
Von 1947 - 2020 Fa.Richard Frank, Sanitärartikel                    1779 riss der Kocher am 30.Juli ein Stück der
und Holzschraubenhersteller und Handel                                   Steinbrücke fort.
Mehrere Handwerker eröffneten eigene Betrie-                        1862 forderte eine Typhusepidemie 42 Men-
be: So gab es ein Baugeschäft, einen Fliesenle-                          schenleben.
gerbetrieb, eine Flaschnerei und einen Stein-                       1957 Ein Gewittersturm deckte viele Dächer ab.
metz. Tätig sind vor Ort ein Gartenbaubetrieb,                      1993 Jahrhunderthochwasser mit Überflutung
eine Landmetzgerei und ein Restaurator.                             2016 Ein Unwetter mit Starkregen am 29.Mai
                                                                         führte zu Überschwemmungen.
Vereine
1908 Gesangverein, ab 1984 als Chorgemein-                          Einwohnerzahlen
     schaft mit Nitzenhausen                                        1687      240 Einwohner
1971 Sportverein gegründet                                          1796      370 Einwohner
1981 TennisClub TC Morsbach gegründet                               1852      457 Einwohner
                                                                    1972      575 Einwohner
                                                                    2020      600 Einwohner

                                                                                                         e
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                                                              Text:            Ehrenfried Biehal,
                                                                               mit Unterstützung durch Emil Zeller, ehem. Ortsvorsteher Morsbach
                                                              Fotos:           alle Fotos, wenn nicht anders angegeben: Ehrenfried Biehal | 2021
                                                              Quellen:         Jürgen Rauser, Künzelsauer Heimatbuch II, Künzelsau 1984
                                                                               Beschreibung des Oberamts Künzelsau, Stuttgart 1883
                                                                               Landesarchiv Baden-Württemberg: Der Hohenlohekreis, Band 2, 2006

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