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Standard Operating Procedures (SOP) in der Rettungsmedizin im Land Brandenburg Arbeitsgruppe Qualitätssicherung in der Rettungsmedizin der Landesärztekammer Brandenburg Stand Januar 2022
Inhaltsverzeichnis zu den SOP in der Rettungsmedizin im Land Brandenburg Seite Präambel 3 Quellennachweis 4 SOP Akutes Koronarsyndrom 5 SOP Akuter Schlaganfall 9 SOP Polytrauma 11 SOP schweres Schädel-Hirn-Trauma 14 AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 2 von 16
Präambel zu den SOP in der Rettungsmedizin im Land Brandenburg Im Rahmen der landesweiten Auswertung der Qualitätssicherung in der Notfallmedizin ist es notwendig entsprechende Standard Operating Procedures (SOP) zu erstellen. Diese Aufgabe hat die Arbeitsgruppe Qualitätssicherung in der Rettungsmedizin der Landesärztekammer Brandenburg übernommen. Mit eingebunden wurden die fachlichen Stellungnahmen und die Handlungsalgorithmen für die Notfallsanitäterin / den Notfallsanitäter vom Landesarbeitskreis der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Brandenburg. Es wurden für folgende Krankheitsbilder SOP’s erstellt: akutes Koronarsyndrom, akuter Schlaganfall, Polytrauma, schweres Schädel-Hirn-Trauma. Zu beachten ist, dass die SOP’s nicht in jeder Behandlungssituation uneingeschränkt einsetzbar sind. Deshalb sind die SOP’s Empfehlungen, von denen in begründeten Fällen auch abgewichen werden soll. Weiterhin ist die Reihenfolge der Punkte in den SOP’s nicht zwangsläufig die Reihenfolge der durchzuführenden Maßnahmen im Einsatz. Mitglieder der Arbeitsgruppe Qualitätssicherung in der Rettungsmedizin der Landesärztekammer Brandenburg sind: Herr Torsten Reinhold (Leiter AG) Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Landkreis Oberhavel Herr Dr. Jan Ludwig Qualitätssicherung ärztlicher Leistungen Landesärztekammer Brandenburg Herr Dr. Oliver Eckermann Ärztlicher Leiter der ADAC Luftrettungsstation Senftenberg Herr Dr. Thomas Lembcke Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Stadt Cottbus Herr Dr. Frank Mieck Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Landkreis Dahme- Spreewald Herr PD Dr. Michael Oppert Chefarzt Zentrale Notaufnahme Ernst von Bergmann Klinikum Frau Dr. Petra Prignitz Ärztliche Leiterin Rettungsdienst Landkreis Oderspreewald- Lausitz Frau Melanie Rahmel Ärztliche Leiterin Rettungsdienst Landkreis Ostprignitz – Ruppin Herr Dr. Günter Schrot Oberarzt Anästhesiologie und Intensivmedizin Johanniter Krankenhaus im Fläming Treuenbrietzen GmbH Herr Ulrich Schwille Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Landkreis Oder-Spree Diagnostik und Therapie unterliegen in der Notfallmedizin einer ständigen Weiterentwicklung, so dass diese SOP’s durch die Arbeitsgruppe Qualitätssicherung in der Rettungsmedizin der Landesärztekammer Brandenburg regelmäßig überarbeitet und aktualisiert werden. AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 3 von 16
Literaturquellen Grundlage der derzeitigen SOP’s sind die nachfolgenden Leitlinien der entsprechenden Fachgesellschaften: SOP akutes Koronarsyndrom • A) Leitlinien des European Resuscitation Council 2021: Kompaktversion:https://www.grc- org.de/downloads/Leitlinien-kompakt_14.07.2021.pdf o Kapitel „Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen“: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s10049-021-00891-z.pdf o Kapitel „Erweiterte lebensrettende Maßnahmen für Erwachsene“: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s10049-021-00893-x.pdf • B) Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (2018) ESC Pocket Guidelines. Therapie des akuten Herzinfarktes bei Patienten mit ST-Streckenhebung (STEMI), Version 2017. Börm Bruckmeier Verlag GmbH, Grünwald Kurzfassung der "ESC Guidelines for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation", European Heart Journal doi:10.1093/eurheartj/ehx393, https://leitlinien.dgk.org/files/09_2017_pocket_leitlinien_stemi.pdf • C) Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (2020) ESC Pocket Guidelines. Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Strecken-Hebung (NSTE-ACS). Börm Bruckmeier Verlag GmbH, Grünwald Kurzfassung der 2020 ESC Guidelines for the management of acute coronary syndromes in patients presenting without persistent ST-segment elevation (European Heart Journal; 2020 — doi: 10.1093/eurheartj/ehaa575), https://leitlinien.dgk.org/2021/pocket-leitlinie-akutes- koronarsyndrom-ohne-st-strecken-hebung-nste-acs-version-2020/ • D) Checkliste Innere Medizin. Hahn J, Hrsg. 8., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme; 2018. doi:10.1055/b-006-160286 SOP akuter Schlaganfall • S2e Leitlinie zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls AWMF-Registernummer 030-046 Version 2021, Stand 10. Mai 2021, gültig bis: Mai 2024 • S3-Leitlinie Schlaganfall AWMF 053/011, Stand 29.02.2020, gültig bis 28.02.2025 SOP schweres Schädel-Hirn-Trauma • S2-Leitlinie SHT AWMF 008/001 und dort erwähnte weiterführende Literatur, Stand: 02.12.2015, gültig bis 01.12.2020 SOP Polytrauma • National: Literatur: S3 – Leitlinie Polytrauma/ Schwerverletztenbehandlung, Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (federführend), AWMF Register-Nr. 012/019, Stand: 01.07.2016, gültig bis 30.06.2021 • International: ATLS®-Konzept AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 4 von 16
SOP Akutes Koronarsyndrom (ACS) erste von vier Seiten 1. Definition Unter dem Begriff akutes Koronarsyndrom (ACS) werden unklare Thoraxbeschwerden kardialen Ursprungs zusammengefasst, deren Leitsymptom der akute Thoraxschmerz ist. Darunter zählen: ST-Hebungs-Infarkt (STEMI - ST-segment-elevation myocardial infarction) = transmuraler Infarkt mit ST-Strecken-Hebungen im frischen Stadium in mindestens zwei zusammenhängenden EKG-Ableitungen (mit Troponinanstieg) In gleicher Weise sind einzuschätzen: o neu aufgetretener Linksschenkelblock (mit Troponinanstieg) o neu aufgetretener Rechtsschenkelblock (mit Troponinanstieg) Nicht-ST-Hebungs-Infarkt (NSTEMI - non ST-segment-elevation myocardial infarction), (mit Troponinanstieg) Instabile Angina pectoris (kein Troponinanstieg) Im Rettungseinsatz lassen sich die einzelnen zum ACS zählenden Diagnosen oft nicht abschließend differenzieren. 2. Symptome Leitsymptom ist ein anhaltende, retrosternale, atem- und druckunabhängige Schmerz-, Druck- oder Schweregefühl häufig mit Ausstrahlung in (li>re) Arm(e), Hals, Kiefer, Oberbauch oder Nacken und intermittierend oder anhaltend auftreten kann Luftnot, Schweißausbruch, Übelkeit/Erbrechen oder andere vegetative Zeichen Gefühl der Lebensbedrohung, Agitiertheit o Vorliegen einer bekannten koronaren Herzerkrankung erhöht die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines ACS erheblich. o Atypische Symptome häufig bei älteren Patienten, Frauen und Diabetikern Wichtige Differentialdiagnosen: Lungenembolie, akutes Aortensyndrom (1) 3. Präklinische Diagnostik Anamnese (bekannte KHK?, Risikofaktoren?) klinische Untersuchung Basisdiagnostik: RR, HF, SpO2, BZ (2) Frühzeitig 12-Kanal-EKG (3) ggf. Aufzeichnung weiterer Ableitungen (V7, V8, V9 bzw. V3R, V4R) erwägen (4) 4.1. Präklinische Basistherapie O2-Gabe über Maske mit Reservoir 6-8 l/min o. Nasensonde 2-4 l/min (5) Oberkörperhochlagerung (30°) Immobilisation EKG-Monitorüberwachung (CPR-Bereitschaft) venöser Zugang 4.1.1 Medikamentöse Therapie Analgesie (6) Opiat (Morphin ggf. wiederholte Gabe 2 - 5 mg i.v.) Thrombozyten-Aggregationshemmung (7) Aspirin oral 150 - 300 mg oder Aspirin i.v. 75 - 250 mg Unter Umständen ggf. zusätzliche Gabe von GP-IIb/IIIa-Inhibitoren oder P2Y12- Rezeptorantagonisten nach lokalem Protokoll AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 5 von 16
SOP Akutes Koronarsyndrom (ACS) zweite von vier Seiten Antikoagulation (8) unfraktioniertes Heparin o 70–100 IE/kgKG i.v. Bolus, wenn kein GP-IIb/IIIa-Inhibitor geplant ist o 50–70 IE/kgKG i.v. Bolus, wenn GP-IIb/IIIa-Inhibitoren geplant sind Antiischämische Therapie und Antiarrhythmika Betablocker (9) o Bsp. Metoprolol 1-5 mg i.v. Ca-Antagonisten (10) o Bsp. Verapamil 1-5 mg i.v. Nitrate sublingual oder i.v. (11) o Glyceroltrinitrat sublingual 1-2 Hub o Glyceroltrinitrat i.v. 1 mg/h Ggf. Amiodaron 150 mg i.v. als Kurzinfusion in Glucose 5% unter Beachtung der Kontraindikationen Sedierung (12) Benzodiazepin o Lorazepam 0,5-2 mg i.v. o Midazolam 0,5-5 mg i.v. o Diazepam 1-5 mg i.v. Antiemetika Antihistaminika o Dimenhydrinat 31-62 mg i.v. Dopamin-Antagonist o MCP 10 mg i.v. Diuretika (13) Schleifendiretika o Furosemid 20-40 mg i.v. 4.2. Präklinische spezielle Therapie bei STEMI Reperfusionstherapie zeitgerechte Zuführung zu primärer PCI (perkutane coronare Intervention) (14) prähospitale fibrinolytische Therapie (15) ggf. bei rechtsventrikulärem Infarkt Volumengabe 5. Zielklinik und Zeitmanagement (16) Transport zu Zielkliniken mit der Möglichkeit einer Akutintervention in 24h-Bereitschaft (PCI) unter Vorankündigung mindestens in folgenden Fällen: ST-Hebungs-Infarkt, neu aufgetretener Links- oder Rechtsschenkelblock ST-Segment-Senkung > 1 mm in ≥ 6 Ableitungen zusätzlich zu einer ST-Segment-Hebung in aVr und/oder V1 Hämodynamische Instabilität oder kardiogener Schock wiederkehrende/refraktäre Angina trotz medikamentöser Behandlung lebensbedrohliche Arrhythmie mechanische Infarktkomplikation akute Herzinsuffizienz dynamische oder vermutlich neue ST/T-Segment-Veränderungen in zusammenhängenden EKG-Ableitungen (symptomatisch oder stumm) wiederbelebter Herzstillstand AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 6 von 16
SOP Akutes Koronarsyndrom (ACS) dritte von vier Seiten Erläuterungen zu SOP Akutes Koronarsyndrom (ACS) (1) Beachte: beidseitige RR-Messung, zusätzliche Hinweise – Neurologie (Synkope/Hemiparese/Parästhesie/DBS der Extremitäten), pos. Familienanamnese (2) Vermeidung von Hyper- und Hypoglykämien in der Akutphase (STEMI) (3) Beachte: frühzeitige EKG-Diagnostik innerhalb von 10 min nach EMK (Erster Medizinischer Kontakt) EKG- STEMI: ST-Hebung in mind. 2 nebeneinander liegenden Ableitungen, abhängig von Alter und Geschlecht Männer < 40J.: ST-Hebung > 0,25 mV pathologisch Männer > 40J.: ST-Hebung > 0,2 mV pathologisch Frauen: 0,15 mV in V2 - V3, 0,1 mV in allen anderen Ableitungen Vorliegen eines Linksschenkelblockes und Rechtsschenkelblock (4) Bei Patienten mit einem inferioren (zur Herzspitze gelegenen) Herzinfarkt empfiehlt es sich, zum Aufspüren einer ST-Streckenhebung die rechten präkordialen Ableitungen (V 3 R und V 4 R) aufzuzeichnen, um einen gleichzeitigen rechtsventrikulären (RV) Infarkt zu identifizieren. Ebenso deutet die ST-Streckensenkung in den Ableitungen V 1 -V 3 auf eine myokardiale Ischämie hin, besonders wenn die endständige T-Welle positiv ist (ST-Streckenhebungs-Äquivalent) und außerdem sollte das Auffinden der damit verbundenen ST-Streckenhebung ≥ 0,5 mm, die in den Ableitungen V 7 -V 9 aufgezeichnet wurde, als ein Mittel zur Identifizierung des Hinterwandinfarkts angesehen werden. (B) (5) routinemäßige dauerhafte Gabe von Sauerstoff sollte erst bei einem SpO2 120 mmHg aufweisen (A) Sublinguale oder i.v. Nitrate und ein frühzeitiger Beginn der Betablocker-Therapie werden bei Patienten mit anhaltenden ischämischen Symptomen und ohne Kontraindikation empfohlen. (C) AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 7 von 16
SOP Akutes Koronarsyndrom (ACS) vierte von vier Seiten (10) Ca-Antagonisten: Bei Patienten mit vermuteter/bestätigter vasospastischer Angina sollten Kalziumkanalblocker und Nitrate erwogen und Betablocker vermieden werden. (C) (11) Nitrate Nitrate werden bei Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz mit SBP > 90 mmHg empfohlen, um die Symptome zu verbessern und die Stauung zu reduzieren. (B) Intravenöse Nitrate oder Natriumnitroprussid sollten bei Patienten mit Herzinsuffizienz und erhöhtem SBP zur Kontrolle des Blutdrucks und zur Besserung der Symptome in Betracht gezogen werden. (B) Eine frühzeitige Angiographie (innerhalb von 24 Stunden) wird empfohlen, wenn die Symptome vollständig nachgelassen haben und die ST-Streckenhebung sich spontan oder nach der Nitroglycerin-Verabreichung normalisiert hat (vorausgesetzt, es gibt kein Wiederauftreten von Symptomen oder der ST-Streckenhebung). (B) Sublinguale oder i.v. Nitrate und ein frühzeitiger Beginn der Betablocker-Therapie werden bei Patienten mit anhaltenden ischämischen Symptomen und ohne Kontraindikation empfohlen. (C) i.v. Nitrate werden bei Patienten mit unkontrollierter Hypertonie oder Anzeichen von Herzinsuffizienz empfohlen. (C) Bei Patienten mit vermuteter/bestätigter vasospastischer Angina sollten Kalziumkanalblocker und Nitrate erwogen und Betablocker vermieden werden. (C) Cave: Hinterwandinfarkt mit rechtsventrikulärer Beteiligung und Einnahme lang wirksamer Vasodilatatoren (12) Angst kann ähnlich wie Schmerz zu einer Aktivierung des sympathischen Systems und damit zur Verschlechterung des Befundes Herzbelastung führen. (13) Schleifendiuretika werden bei Patienten mit akuter Herzinsuffizienz und Symptomen/Anzeichen einer Flüssigkeitsüberlastung empfohlen, um die Symptome zu bessern (B) (14) wenn möglich primäre PCI
SOP Akuter Schlaganfall erste von zwei Seiten 1. Definition Akutes fokales neurologisches Defizit aufgrund einer umschriebenen Durchblutungsstörung des Gehirns 2. Symptome Bewusstseinsstörungen Schwindel Fokal neurologisches Defizit Sprach- und Sprechstörungen Gleichgewichtsstörungen Sehstörungen, Gesichtsfeldausfall Paresen oder Sensibilitätsstörungen Kopfschmerzen Auffälligkeiten der Pupillengröße und - Persönlichkeitsstörungen reaktion 3. Präklinische Diagnostik Anamnese, insbesondere o genauer Zeitpunkt Symptombeginn oder „time patient last seen normal“, o telefonische Erreichbarkeit Angehörige o Vormedikation dokumentieren! (gerinnungsaktive Substanzen!!!) Erhebung der Vitalparameter: RR (bei Halbseitensymptomatik am gesunden Arm), HF, SpO2, BZ, EKG, Temperaturmessung Bestimmung des GCS klinische Untersuchung (BEFAST) (1) Differentialdiagnostische Abklärung (2) 4. Präklinische Therapie Venöser Zugang Sauerstoffgabe bei SpO2 < 95% Oberkörperhochlagerung 30° (3) Stabilisierung des Blutdrucks Ziel - RR 140 -180 mmHg syst. RR syst. < 120 mmHg RR syst. > 220 mmHg (4) Anhebung des RR durch Volumengabe nach Ausschluss kardiopulmonaler Stauung (500 – 1000 ml) RR- Senkung mit Urapidil RR syst.
SOP Akuter Schlaganfall zweite von zwei Seiten Erläuterungen zu SOP Akuter Schlaganfall (1) inklusive neurologische Untersuchung mit Prüfung auf Halbseitensymptomatik, Aphasie, Neglect, Blickparese BEFAST (Balance, Pupillenstatus, Fazialisparese/ Gesicht, Armhalteversuch, Sprache, Zeit) (2) Intrazerebrale Blutungen, Trauma, Intoxikation, Epilepsie, Sepsis, Vorerkrankungen, Dauertherapie mit Antikoagulantien, Hypoglykämie, Hypovolämie bei Dehydratation, vorbestehende Neurologie (3) bei ausreichendem RR > 120mmHg syst. (4) RR- Senkung bei hypertensiven Organkomplikationen auch bei RR syst < 220 mmHg. Langsame RR- Senkung! Nicht < 180 mmHg! (5) Schlaganfallzentrum bedeutet, dass qualifizierte Nachbarabteilungen vorhanden sind (Neuroradiologie, Neurochirurgie, Gefäßchirurgie, Kardiologie) (6) Bei Patienten im Zeitfenster jenseits von 6h (Bsp.: Wake UP Stroke), sollte eine erweiterte multimodale Bildgebung erfolgen (z.B. MRT oder CT mit Perfusion), wenn nach klinischen Kriterien eine Rekanalisationsindikation (IVT oder EST) besteht. AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 10 von 16
SOP Polytrauma mit Besonderheiten beim konventionellen Terroranschlag erste von drei Seiten 1. Definition Verletzung mehrerer Körperregionen oder Organe, wobei mindestens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer Verletzungen lebensbedrohlich ist. 2. Symptome quantitative Bewusstseinsstörungen (sofort oder verzögert einsetzend) Kreislaufinsuffizienz durch inneren oder äußeren Blutverlust, hochgradige Verbrennungen, Cardiotrauma oder Spannungspneumothorax Respiratorische Insuffizienz durch Lungenkontusion, instabilen Thorax oder Atemwegsverlegung periphere Neuroplegie durch Querschnittslähmung oder Plexusausriß muskulo-skeletale Verletzungen 3. Präklinische Diagnostik Unfallhergang mit Ersteinschätzung der Einsatzstelle und des Patienten, Möglichkeit eines Terroranschlages/ Amoklage erwägen Kriterien für hohen Gefährdungsgrad beachten (1) Monitoring von RR, EKG, SpO2, BZ, Atemfrequenz, und soweit beatmet Kapnografie Erhebung des Glasgow Coma Scores und Befundung der Pupillen (incl. Lichtreaktion) (2) initialer schneller Traumacheck mit Beurteilung der Atemfunktion Besonderheiten beim konventionellen Terroranschlag: Suche nach kritischen Blutungen hat Priorität 4. Präklinische Therapie Der Ablauf an sich kann nicht für jeden Schritt evidenzbasiert und allgemeingültig belegt werden. Bei konventionellen Terroranschlag Erweiterung des Ablaufes von ABCDE auf ABCDE, wobei für critical bleeding (kritische Blutung) steht: Stoppen kritischer Blutungen durch Tourniquet A – Atemwege und Immobilisation der HWS Manuelle In – line – Immobilisation Freimachen und Freihalten der Atemwege Bei freiem Atemweg HWS-Immobilisation O2-Gabe (Flow 4-15 l/min nach Atemfrequenz und O2-Sättigung) B – Beatmung Narkoseeinleitung: Präoxigenierung (bis zu 4min, mit 100% O2), möglichst Rapid Sequence Induction, alternativer Atemwegszugang nach spätestens 3 Intubationsversuchen, Normoventilation empfohlen: Videolaryngoskopie als Primärverfahren Intubation und kontrollierte Beatmung: Bei insuffizienter Atmung oder Hypoxie (SpO2
SOP Polytrauma mit Besonderheiten beim konventionellen Terroranschlag zweite von drei Seiten D – Defizit – Reaktionsfähigkeit und neurologischer Status speziell bei WS- und Rückenmarksverletzungen In-line-Immobilisation der WS (7) E – Entkleiden und Umfeld Ziel Normothermie 5. Zielklinik und Zeitmanagement Frühzeitige Entscheidung über Crash-Rettung Zielklinik: zertifiziertes Traumazentrum entsprechend Verletzungsmuster schnellstmöglicher Transport in das nächste Traumazentrum insbesondere bei penetrierenden Verletzungen des Brustkorbes und des Abdomens. Primärer Einsatz der Luftrettung zur Versorgung Schwerverletzter (8) Vorab-Information der Zielklinik über Vitalfunktionen und Verletzungsmuster, Bestätigung über RLST Einsatz geeigneter standardisierter Kommunikationsmethoden bei Anmeldung und Übergabe / Übernahme schwerverletzter Patienten 6. Besonderheiten der Einsatztaktik beim konventionellen Terroranschlag a. Minimierung der prähospitalen Versorgungsphase und schnelles Verlassen des Gefährdungsbereiches, kein Aufbau eines Behandlungsplatzes. Besser: geschützte Patientenablage b. Kommunikative Erreichbarkeit aller Einsatzkräfte c. Verzicht auf den Transport persönlicher Gegenstände wie Rucksack, Tasche wegen potentieller Gefährdung. Gezieltes Suchen nach Waffen und Sprengmittel am Patienten. Ziel: Die Notaufnahmen sollen „sicherer Bereich“ sein d. Alarmierung von Katastrophenschutzeinheiten an die Notaufnahmen Fazit: Die Blutung stoppen und den unsicheren Bereich verlassen AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 12 von 16
SOP Polytrauma mit Besonderheiten beim konventionellen Terroranschlag dritte von drei Seiten Erläuterungen zu SOP Polytrauma (1) Kriterien für hohen Gefährdungsgrad Polytrauma: Sturz aus über 3 Metern Höhe Verkehrsunfall (VU) mit o Frontalaufprall mit Intrusion von mehr als 50–75 cm o einer Geschwindigkeitsveränderung von delta > 30 km/h o Fußgänger- /Zweiradkollision o Tod eines Insassen o Ejektion eines Insassen Einklemmung (>30 min.) Verschüttung Explosionsverletzung (2) Pupillenweite vor Gabe von Katecholaminen oder Opiaten erfassen (3) Bei Oxygenierungsabfall unter Beatmung an Spannungspneumothorax denken (4) Aktive Blutungen sollten gemäß einem Stufenschema behandelt werden: Manuelle Kompression/Druckverband (Hochlagerung) Tourniquet Bei Erfolglosigkeit lokale Hämostyptika einsetzen (5) Tranexamsäure initial 2 g (15–30 mg/kg KG) oder 1 g als Aufsättigung über 10 Minuten + 1 g über 8h (6) Kein Einsatz von Anti-Schock-Hosen empfohlen. (7) Einsatz von Umlagerungs- und Immobilisationshilfen wie Schaufeltrage, Spineboard, HWS- Immobilisation, Vakuummatratze ggf. bereits vor der technischen Rettung. Bei Gefahr auch manuelle In-line-Stabilisierung der Wirbelsäule. Intubation in Neutralposition. (8) Eintreffen Zielklinik spätestens nach 60 Minuten ab Alarmierung oder Übergabe des versorgten Patienten an RTH spätestens nach 45 Minuten ab Alarmierung AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 13 von 16
SOP schweres Schädel-Hirn-Trauma erste von drei Seiten 1. Definition Ein Schädelhirntrauma ist Folge einer Gewalteinwirkung, die zu einer Funktionsstörung und/oder Verletzung des Gehirns geführt hat und mit einer Prellung oder Verletzung der Kopfschwarte, des knöchernen Schädels, der Gefäße und/oder der Dura verbunden sein kann Liegt in Folge eines SHT’s eine Bewusstseinsstörung mit einem GCS < 9 vor wird von einem schweren SHT gesprochen 2. Symptome Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit Störungen der Pupillomotorik (Anisokorie, fehlende Lichtreaktion) äußerlich erkennbare Verletzungen des Schädels mit oder ohne Liquor- / Hirnaustritt Strecksynergismen 3. Präklinische Diagnostik Unfallhergang Monitoring von RR, EKG, SpO2, BZ, Atemfrequenz, und soweit beatmet der endtidalen CO2- Werte Erhebung des Glasgow Coma Scores, der seitendifferenten Motorik der Extremitäten und Befundung der Pupillen (incl. Lichtreaktion) initialer schneller Traumacheck differenzialdiagnostische Abklärung (1) 4. Präklinische Therapie A – Atemwege und Immobilisation der HWS Manuelle In – line – Immobilisation Freimachen und Freihalten der Atemwege Bei freiem Atemweg HWS-Immobilisation (2) O2-Gabe (Flow 4-15 l/min nach Atemfrequenz und O2-Sättigung) (3) B – Beatmung Narkoseeinleitung: Präoxigenierung (bis zu 4min, mit 100% O2), möglichst Rapid Sequence Induction, alternativer Atemwegszugang nach spätestens 3 Intubationsversuchen, Normoventilation sowie Normoxie und Normokapnie empfohlen: Videolaryngoskopie als Primärverfahren Intubation und kontrollierte Beatmung: Bei insuffizienter Atmung oder Hypoxie (SpO2 120 mmHg) 30° Oberkörperhochlagerung (5) E – Entkleiden und Umfeld Ziel Normothermie AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 14 von 16
SOP schweres Schädel-Hirn-Trauma zweite von drei Seiten 5. Zielklinik und Zeitmanagement Auswahl einer geeigneten Zielklinik, möglichst mit intracranieller Neurochirurgie, mindestens jedoch mit permanenten CT-Betrieb incl. Befundung und ITS Prähospitalzeit < 60 Minuten (6) AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 15 von 16
SOP schweres Schädel-Hirn-Trauma dritte von drei Seiten Erläuterungen zu SOP schweres Schädel-Hirn-Trauma (1) Ausschluss relevanter Begleitverletzungen Polytrauma Differentialdiagnose anderer Hirnfunktionsstörungen (2) Der Einsatz starrer Zervikalstützen beim schweren SHT ist kritisch zu prüfen, anderen Immobilisationsverfahren ist - soweit möglich - der Vorzug zu geben. (3) Eine arterielle Sauerstoffsättigung unter 90 % sollte vermieden werden (4) Hypotension, definiert als systolischer Blutdruck < 90 mmHG, muss vermieden bzw. so rasch wie möglich korrigiert werden. Primär ist die Stabilisierung des Blutdrucks mit adäquater Volumentherapie anzustreben. (5) bei plötzlich auftretender Verschlechterung (Strecksynergismen) kann eine kurzzeitige Hyperventilation und ggf. die Gabe hyperonkotischer Lösungen (z.B. Mannitol) hilfreich sein (6) Eintreffen Zielklinik spätestens nach 60 Minuten ab Alarmierung oder Übergabe des versorgten Patienten an RTH spätestens nach 45 Minuten ab Alarmierung AG Qualitätssicherung Rettungsmedizin LÄKB - Stand Januar 2022 Seite 16 von 16
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