Standardisierungs-prozess für offene Systeme der Straßen-verkehrstelematik
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Standardisierungs- prozess für offene Systeme der Straßen- verkehrstelematik Heft F 91 Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Fahrzeugtechnik Heft F 91 ISSN 0943-9307 ISBN 978-3-95606-055-7 Umschlag F 91.indd 1 17.12.13 09:05
Standardisierungs- prozess für offene Systeme der Straßen- verkehrstelematik von Axel Kroen SSPConsult Beratende Ingenieure GmbH Stuttgart Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Fahrzeugtechnik Heft F 91 Umschlag F 91.indd 2 17.12.13 09:05
Die Bundesanstalt für Straßenwesen veröffentlicht ihre Arbeits- und Forschungs- ergebnisse in der Schriftenreihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Die Reihe besteht aus folgenden Unterreihen: A - Allgemeines B - Brücken- und Ingenieurbau F - Fahrzeugtechnik M - Mensch und Sicherheit S - Straßenbau V - Verkehrstechnik Es wird darauf hingewiesen, dass die unter dem Namen der Verfasser veröffentlichten Berichte nicht in jedem Fall die Ansicht des Herausgebers wiedergeben. Nachdruck und photomechanische Wieder- gabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmi- gung der Bundesanstalt für Straßenwesen, Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit. Die Hefte der Schriftenreihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen können direkt bei der Carl Schünemann Verlag GmbH, Zweite Schlachtpforte 7, D-28195 Bremen, Telefon: (04 21) 3 69 03 - 53, bezogen werden. Über die Forschungsergebnisse und ihre Veröffentlichungen wird in der Regel in Kurzform im Informationsdienst Forschung kompakt berichtet. Dieser Dienst wird kostenlos angeboten; Interessenten wenden sich bitte an die Bundesanstalt für Straßenwesen, Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit. Ab dem Jahrgang 2003 stehen die Berichte der BASt zum Teil als kostenfreier Download im elektronischen BASt-Archiv ELBA zur Verfügung. http://bast.opus.hbz-nrw.de Impressum Bericht zum Forschungsprojekt FE 63.0013/2009/BASt Standardisierungsprozess für offene Systeme der Straßenverkehrstelematik Fachbetreuung Lutz Rittershaus Herausgeber Bundesanstalt für Straßenwesen Brüderstraße 53, D-51427 Bergisch Gladbach Telefon: (0 22 04) 43 - 0 Telefax: (0 22 04) 43 - 674 Redaktion Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit Druck und Verlag Fachverlag NW in der Carl Schünemann Verlag GmbH Zweite Schlachtpforte 7, D-28195 Bremen Telefon: (04 21) 3 69 03 - 53 Telefax: (04 21) 3 69 03 - 48 www.schuenemann-verlag.de ISSN 0943-9307 ISBN 978-3-95606-055-7 Bergisch Gladbach, Dezember 2013 Impressum F 91.indd 1 17.12.13 09:10
3 Kurzfassung – Abstract Standardisierungsprozess für offene Systeme und Risiken. Berücksichtigt werden in Hinblick auf der Straßenverkehrsrtelematik den im November 2011 zur künftigen Harmonisie- rung der Standardisierung offener Schnittstellen ge- Die Bedeutung von Standards allgemein und gründeten Standardisierungsverbund OCTS (Open Schnittstellenstandards in besonderem Maße Communication Standards for Traffic Systems) sowie zugehöriger Standardisierungsprozesse hat dabei die erwachsenden Einflussfaktoren und An- in den letzten Jahren massiv zugenommen. Vor forderungen aus affinen Standardisierungsaktivitä- dem Hintergrund und den Zukunftsaufgaben von ten sowie EU-Richtlinien, insbesondere zu koope- „Intelligenten Verkehrssystemen“ (IVS) führt die rativen IVS. Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Me- dien und Informationstechnologie dazu, dass ehe- mals feste Grenzen zwischen der Kommunikation und Information zusehends verschwimmen. Glei- Standardization process for open systems in chermaßen besteht in der Verkehrstelematik zu- road transport telematics nehmend Bedarf an nachhaltigen Standard-Schnitt- stellenlösungen zur Sicherstellung der Interopera- Relevance of standards in general and especially of bilität der Systeme und deren Komponenten, dies interface standards as well as their respective verstärkt aufgrund der Proliferation von Sensor- standardization processes has massively increased systemen durch zunehmende Ausstattung mit mi- during last years. In view of this fact and regarding niaturisierten Chipelementen. Analog trifft dies auch future tasks of Intelligent Transportation Systems für die Automobiltechnik und deren Vernetzung in (ITS) convergence of formerly fixed boundaries in kooperativen Verkehrs- und Fahrerassistenzsyste- the fields of telecommunication, media and men mittels C2X-Kommunikation zu. Die Standardi- information technology becomes more and more sierungsforschung ist dementsprechend ein ver- indistinct. Equally in transport telematics there is an gleichsweise noch junges Forschungsgebiet. Dies increasing demand in sustainable standard gilt sowohl für die nationale als auch internationale interface solutions to ensure interoperability of Ebene. Zur Bewältigung des ansteigenden Daten- systems and their components. Such demand gets aufkommens bei gleichzeitig technologisch kürzer even intensified due to the proliferation of sensor werdenden Innovationszyklen sind umso mehr effi- systems additionally equipped with miniaturized ziente Standardisierungsprozesse erforderlich, um chip elements. Correspondingly this is also aus übergreifendem Datenaustausch nachhaltig applicable for automotive technology and its Nutzen für das Verkehrsmanagement schöpfen zu interconnection within cooperative transport and können. Besonders an die Akteure der Standardi- advanced driver assistance systems by means of sierung offener Systeme der Straßenverkehrstele- C2X-communication. Standardization research is a matik stellen sich neue Herausforderungen und comparably young research in Germany as well as Fragen hinsichtlich der Organisation eines hierfür worldwide. geeigneten Standardisierungsprozesses. Die For- schungsarbeiten im FE-Projekt 63.0013/2009/BASt In order to manage the increasing data traffic in unterstützen die Vorbereitung der Entscheidung auf combination with faster innovation cycles, efficient staatlicher Ebene über die zukünftige Positionie- standardization processes are required even more rung der öffentlichen Hand bezüglich der Beglei- to reach sustainable benefit for traffic management tung und Unterstützung von Standardisierungsakti- out of comprehensive data exchange. Players in vitäten offener Systeme im Sektor kommunal ein- the standardization of open road transport gesetzter Straßenverkehrstelematik. Untersucht telematics systems are particularly challenged how werden hierzu die seit Beginn in Deutschland im to organize such a standardization process in a Jahre 1999 bisherig im Standardisierungsprozess suitable way. Research in the R&D-project OCIT (Open Communication Interface for Road 63.0013/2009/BASt supports administrative Traffic Control Systems) und OTS (Open Traffic decision-making preparation concerning the future Systems) erzielten und künftig bei weitergehender position of the government with reference to its Standardisierung zu erwartenden Nutzwirkungen backing and support of standardization activities on
4 open systems in urban road transport telematics. Benefits and risks which have either already been scored or can be expected due to extended standardization are to be evaluated based on the standardization process which was started by so called OCIT (Open Communication Interface for Road Traffic Control Systems) and OTS (Open Traffic Systems) already in 1999 in Germany. Taking into account the standardization cluster OCTS (Open Communication Standards for Traffic Systems) established in November 2011 for future harmonization of open interface standardization, the upcoming influence factors and requirements by affine standardization activities as well as EU-guidelines, especially for cooperative ITS, are observed.
5 Inhalt Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 3.3.3 Beispiele für die Relevanz von standardisierten ITS-Schnittstellen Glosar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 im kommunalen Einsatzgebiet . . . . . . . 35 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4 Analyse zum Stand der Erforschung von 2 Aufgabensituation, Aufgaben- Standardisierungsprozessen . . . . . . 37 stellung und Abgrenzung der Forschungsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . 12 5 Entwicklung der Standards OCIT und OTS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3 Bestandsaufnahme zur Organisation 5.1 Berichterstattung zum Standardi- von Standardisierungsprozessen sierungsprozess von OCIT und mit Relevanz für den Bereich der OTS während des Forschungs- kommunalen Straßenverkehrs- zeitraumes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 telematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 5.2 Berichterstattung der Standardi- 3.1 Begriffserläuterungen und sierungsakteure zum Entwicklungs- -definitionen zu untersuchungs- stand von OCIT und OTS sowie affiner relevanten Fachtermini . . . . . . . . . . . . . 15 Standardisierungsaktivitäten Ende 3.2 Organisationsstruktur von Normungs- des Jahres 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 und Standardisierungsprozessen . . . . . 18 5.2.1 Sachstand der Standardisierungs- 3.2.1 Rechtliche Charakterisierung von 20 aktivitäten im Standardisierungs- (Schnittstellen) Normen und prozess von OCIT und OTS Ende Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 des Jahres 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.2.2 Normungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.2.2 Sachstand zu OCIT- und OTS-affinen Standardisierungsaktivitäten Ende 3.2.3 Wichtige Normungs- und Standar- des Jahres 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 disierungsinstitutionen im fachlichen 5.3 Ausgangssituation zur Harmoni- Umfeld von OCIT und OTS . . . . . . . . . 22 sierung der weiteren Standardi- 3.2.4 Koordination der nationalen und inter- sierungsaktivitäten von OCIT, OTS nationalen Zusammenarbeit mit Hin- und DATEX im Standardisierungs- blick auf die kooperativen Systeme prozess OCTS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 der Straßenverkehrstelematik . . . . . . . 24 5.3.1 Bestand an Schnittstellen- 3.2.5 Normen, Normungsprodukte dokumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 und administrative Dokumente . . . . . . . 28 5.3.2 Verbreitung der Schnittstellen. . . . . . . . 46 3.3 Relevanz von Standard- Schnittstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 6 Entwicklung eines Bezugs- 3.3.1 Relevanz von Standard- rahmens zum weiteren Standar- Schnittstellen für die technische disierungsprozess von offenen Interoperabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Schnittstellen im Bereich der kommunalen Straßenverkehrs- 3.3.2 Top down – Betrachtung der Relevanz telematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 von standardisierten ITS-Schnittstellen aus der Ebene verkehrspolitischer 6.1 Generelle Anforderungen an Zielstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Standardisierungsprozesse . . . . . . . . . 50
6 6.2 Aufbau eines morphologischen Kastens BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und als Bezugsrahmen zum Abgleich der Technologie Standardisierungsprozesse von O-Schnitt- BRH Bundesrechnungshof stellen im Bereich der kommunalen BWV Bundesbeauftragter für Wirtschaftlich- Straßenverkehrstelematik. . . . . . . . . . . 51 keit in der Verwaltung C2C-CC Car to Car – Communication 7 Präferenzbildung zur künftigen Consortium Rolle der öffentlichen Hand in Bezug auf den Standardisierungs- C2I Car to Infrastructure prozess OCTS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 CALM Continuous Air Interface for Long and Medium Range Communication 7.1 Potenzieller Nutzen und Risiken . . . . . 53 CEN Europäisches Komitee für Normung 7.2 Rollenanalyse der öffentlichen Hand im Standardisierungsprozess CENELEC Europäisches Komitee für elektroni- OCTS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 sche Normung Coopers Cooperative Systems for Intelligent 7.2.1 Use case und Szenario . . . . . . . . . . . . 56 Road Safety 7.2.2 Aufgabenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 CSL Conceptual Scheme Language 7.2.3 Einflussanalyse zur Trendprojektion CVIS Cooperative Vehicle Infrastructure und Szenarioabbildung. . . . . . . . . . . . . 59 Systems 7.3 Perspektivische Überprüfung der CWA CEN/CENELEC Workshop Agreement Nutzwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 D-A-CH Deutschland, Österreich und Schweiz DATEX II Data Exchange 8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . 69 DFG Deutsche Forschungsgesellschaft DIN Deutsches Institut für Normung e. V. 9 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik Dmotion Düsseldorf in Motion DNA Deutscher Normenausschuss Abkürzungen DVK Durchgängige Versorgungskette EasyWay Europaweites ITS-Projekt AASHTO American Association of State Highway and Transportation Officials EFTA European Free Trade Association ADAC Allgemeiner Deutscher Automobilclub EG Europäische Gemeinschaft Deutschland e. V. EMV Elektromagnetische Verträglichkeit AKTIV-VM Adaptive und kooperative Technolo- EN Europäische Norm gien für den intelligenten Verkehr – ESG European Expert and Study Group Verkehrsmanagement ETSI European Telecommunications ARIB JP Association of Radio Industries and Standards Institute Businesses EU Europäische Union ASV Anwendungssystem der Straßenver- EURAS European Academy for Standardization kehrstelematik FAKRA Fachkreis Automobil AVI Automatic Vehicle Identification FCD Floating Car Data BAB Bundesautobahn(en) BASt Bundesanstalt für Straßenwesen F&E Forschung und Entwicklung BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Stadtentwicklung und Verkehrswesen BMVIT (Österreichisches) Bundesministerium FOPS Forschungsprogramm Stadtverkehr für Verkehr, Innovation und Technologie FStrG Bundesfernstraßengesetz
7 FZS Festzeitsteuerung METRASYS Mega Region Transport Systems for GA Steuerung mit genetischem Algorith- China mus MKS-SV Morphologischer Kasten zur Schnitt- GG Grundgesetz stellenstandardisierung in der SV GK Gemeinschaftskomittee NA Normenausschuss GS Geprüfte Sicherheit NADI Normenausschuss der deutschen Industrie HICSS Hawaii International Conference System Sciences NEMA National Electrical Manufacturers Association HTML Hypertext Markup Language NEN Nederlands Normalisatieinstituut ICT Information Communication Technology NOx Stickoxide, nitrose Gase oder IDV Interaktives Dynamisches Verkehrs- Stickstoffoxide management NTCIP National Transportation IEC International Electrotechnical Communications for ITS-Protocols Commission OCA Open Traffic Systems City Association IEEE Institute of Electrical and Electronics e. V. Engineers OCIT Open Communication Interface for IETF Internet Engineering Task Force Road Traffic Control Systems IKT Informations- und Kommunikations- OCIT-I OCIT-Instations technologie OCIT-LED OCIT-Schnittstelle zwischen Licht- INSPIRE Infrastructure for Spatial Information in signalsteuergerät und LED-Signal - Europe gebern ISA International Federation of the OCIT-O OCIT-Outstations National Standardizing Associations OCTS Open Communication Standards for ISO International Organization for Traffic Systems Standardization ODG OCIT Developer Group IT Informationstechnik ITA Industry Technical Agreement OSI Open Systems Interconnection ITE Institute of Transportation Engineers OTEC Open Communication for Traffic Engineering Components ITS Intelligent Transportation System OTS Open Traffic Systems ITU International Telecommunication Union ÖV Öffentlicher Verkehr IuK Information und Kommunikation PAS Public Available Specification IV Individualverkehr PD Prozessdaten IVS Intelligente Verkehrssysteme PDF Portable Document Format IWA Industrial Workshop Agreement PMx Partikelemissionen Feinstaub JAUT Jahresautomatik PPP Public Private Partnership JPG Joint Presidents Group Pre VENT Prevent Intergrated Project European JTAB Joint Technical Advisory Board Commission eSAFETY road safety JTC Joint Technical Committee accidents KAN Kommission Arbeitsschutz und PRE-DRIVE Preparation for Driving Implemen- Normung tation and Evaluation of C-2-X KMU Kleine und mittlere Unternehmen Communication Technology LED Light-Emitting Diode SC Subcommittee LRS Lokale regelbasierte Steuerung SIIT Sirindhorn International Institute of LSA Lichtsignanlage(n) Technology SEVECOM Secure Vehicular Communication
8 SIM-TD Sichere Intelligente Mobilität – Testfeld Glossar Deutschland StVO Straßenverkehrsordnung Akteur SV Straßenverkehrstelematik Person oder System (Teilsystem), welche(s) eine TC Technical Committee Kommunikation mit einem anderen Akteur (Person TEN-T Trans-European Transport Network oder System (Teilsystem)) im Rahmen eines An- wendungsfalls initiiert. TISA Traveller Information Services Association Anwendungsdomäne TLS Technische Lieferbedingungen für Eine Anwendungsdomäne (oder auch nur Domäne) Streckenstationen dient zur Abgrenzung eines Bereiches, in dem Wis- sen über einen Betrachtungsgegenstand ange- TPEG Transport Protocol Experts Group wandt wird. TR Technical Report TTA Technology Trend Assessment Anwendungsfall TU Technische Universität Ein Anwendungsfall beschreibt anhand eines kon- UKA Unterkomitee kreten zusammenhängenden Ablaufs von Aktivitäten die Interaktionen zwischen Systemen und Akteuren. UML Unified Modeling Language UNO United Nations Organization Architektur realer Systeme UNSCC United Nations Standards Coordinating Mit Architektur realer Systeme werden Systemreali- Committee sierungen bezeichnet, die Merkmale einer Refe- VD Versorgungsdaten renzarchitektur tragen. VDA Verband der Automobilindustrie e. V. Datenmodell VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Ein Datenmodell ist eine Beschreibung von Daten Informationstechnik e. V. einer Anwendungsdomäne, deren Inhalt und deren VDI Verein Deutscher Ingenieure e. V. Abhängigkeiten oder auch Beziehungen zu- oder VDV Verband Deutscher Verkehrsunterneh- untereinander. men e. V. Geschäftsprozess VIV Verband der Ingenieurbüros für Eine auf der Grundlage von Aktivitäten/Aktionen Verkehrstechnik e. V. und Ereignissen definierte Beziehungsstruktur für VM Verkehrsmanagement geschäftliche Abläufe, in der Ereignisse Aktivitä- W3C World Wide Web Consortium ten/Aktionen auslösen und ein definiertes Ergebnis WSDL Web Services Description Language im Sinne des Geschäftsmodells erzeugen. WG Working Group Herstellermischbarkeit WTO World Trade Organization Anforderung oder Eigenschaft von Systemen (Teil- XFCD Extended Floating Car Data systemen), in einem aus mehreren Systemen (Teil- XML Extensible Markup Language systemen) unterschiedlicher Hersteller bestehen- den Systemverbund ohne Anpassungen der übrigen ZIV Zentrum für integrierte Verkehrssysteme Systeme (Teilsysteme) integriert werden zu können. GmbH ZVEI Zentralverband Elektrotechnik- und Intelligente Verkehrssysteme Elektroindustrie e. V. Systeme (Teilsysteme), bei denen zur Unterstüt- zung von Transport und Verkehr (einschließlich In- frastrukturen, Fahrzeugen und Nutzern) Kombina- tionen aus Kommunikations-, Informations- und Na- vigationstechnologien sowie Leit- und Regelungs- technik eingesetzt werden (englisch: Intelligent Transportation Systems (ITS)).
9 Intermodalität Nationaler IVS-Aktionsplan Intermodalität ist die Benutzung von zwei oder Nationale Ausprägung des EU ITS Action Plans zur mehr Verkehrsmitteln innerhalb einer Transportket- Vorgabe einer Grundstruktur für konkrete Planun- te oder eines Weges. gen zur Modellierung und Realsierung von intelli- genten Verkehrssystemen in Deutschland. Interoperabilität Eigenschaft von Systemen (Teilsystemen), mit Nationaler IVS-Rahmen anderen Systemen (Teilsystemen) über Schnitt- Der nationale IVS-Rahmen zeigt Strategien und ge- stellen zu kommunizieren, z. B. Daten auszutau- eignete Maßnahmen für die Umsetzung auf und schen oder Informationen und Wissen weiterzuge- macht Vorgaben in Bezug auf Zuständigkeiten und ben. Realisierungszeiträume. Rahmenarchitektur IVS-Richtlinie Vorgabe einer ganzheitlichen Grundstruktur, die Eine IVS-Richtlinie ist eine Handlungsvorschrift mit ausgewählte Wissensbereiche in Beziehung setzt, bindendem Charakter für die Modellierung, Pla- um darüber die Interpretation dieser Bereiche zu nung, Realisierung und den Betrieb von Intelligen- beeinflussen oder sogar zu steuern. ten Verkehrssystemen. Referenzarchitektur IVS-Strategie Eine Referenzarchitektur repräsentiert einen Kon- Die IVS-Strategie trifft Festlegungen zu Handlungs- sens zur Strukturierung eines Wissensbereiches absichten, besten Vorgehensweisen, widerspruchs- zu einer Anwendungsdomäne, der von einer über- freien Verhaltensmustern, Positionierungen und geordneten Rahmenarchitektur abgeleitet sein Sichtweisen der Akteure Intelligenter Verkehrs- kann. systeme bei der Modellierung, Planung, Realisie- rung und dem Betrieb von Intelligenten Verkehrs- systemen in Deutschland. Rolle Eine Rolle bündelt eine Menge von Aufgaben und Kompatibilität Verantwortlichkeiten innerhalb eines Projektes bzw. Eigenschaft von Systemen (Teilsystemen), ohne einer Organisation und ist nicht an eine Person Änderungen oder Anpassungen mit anderen Syste- oder Organisationseinheit gebunden. men (Teilsystemen) zu kommunizieren. Schnittstelle Konformität Eine Schnittstelle ist eine Spezifikation oder techni- Eigenschaft von Systemen (Teilsystemen), in Hin- sche Realisierung und der Teil eines Systems (Teil- blick auf ihre Realisierung nachweislich mit einer systems), welcher zur Kommunikation mit anderen Spezifikation übereinzustimmen. Systemen (Teilsystemen) dient. Kooperative Systeme Schnittstelle, offen Kooperative Systeme bestehen aus eine Menge Eigenschaft einer Schnittstellenspezifikation, wenn von (Teil-)Systemen, die ein Regelwerk realisieren, sie ohne Einschränkungen für Dritte zugänglich ist. das bestimmt, wie Partner Leistungen anbieten und andere diese nutzen können. Schnittstelle, proprietär Eigenschaft einer Schnittstellenspezifikation, wenn Metamodell sie nur mit Einschränkungen für Dritte zugänglich Ein Metamodell repräsentiert Metainformationen ist. zu einem Modell. Diese Metainformation kann linguistischer und ontologischer Natur sein. Ein Schnittstellenspezifikation linguistisches Metamodell gibt vor, wie ein Modell Eine Schnittstellenspezifikation beschreibt die darzustellen ist. Ein ontologisches Metamodell Eigenschaften und die Ausgestaltung einer gibt vor, mit welchen Konzepten zu modellieren ist. Schnittstelle zwischen Systemen (Teilsystemen) Für Metamodelle können selbst wieder Metamo- und ist Grundlage für die konkrete Implementie- delle benutzt werden, wenn es der Nachvollzieh- rung eines Prozesses (Geschäftsprozesses) bzw. barkeit von Metamodellen und Modellen dienlich einer Kommunikation zwischen diesen Systemen ist. (Teilsystemen).
10 Stakeholder Repräsentant einer Interessenslage im Kontext einer Systementwicklung oder Systemverände- rung. Standard Ein Standard ist eine vergleichsweise einheitliche oder vereinheitlichte, weithin anerkannte und meist auch angewandte (oder zumindest angestrebte) Art und Weise, etwas herzustellen oder durchzuführen, die sich gegenüber anderen Arten und Weisen durchgesetzt hat. System Ein System ist ein logisch zusammengehöriges Ganzes (gedanklich oder real) mit einer in sich ge- schlossenen Funktionalität, welche Ein- und Aus- gangsgrößen miteinander verknüpft. Eine Kommu- nikation mit anderen Systemen erfolgt über Schnitt- stellen. Teilsystem Ein Teilsystem ist ein System, welches mit anderen Systemen zusammen Bestandteil eines übergeord- neten Systems ist. Verkehrsmanagement Verkehrsmanagement ist die Aufgabe, den Ver- kehrsablauf im Rahmen der bestehenden bauli- chen Verkehrsinfrastruktur und der jeweils aktuel- len Verkehrslage gemäß Vorgaben zu optimieren.
11 1 Einleitung terlegt mit einem Metamodell und Referenzmodel- len, sodass künftige Erweiterungen von Kommuni- Unter Beteiligung von Betreibern und Herstellern kationsschnittstellen im Baukastenprinzip ermög- wurde im Jahr 1999 mit der Standardisierung der licht werden sollen [6]. Schnittstellen von Lichtsignalanlagen für die Straßenverkehrstechnik begonnen [1]. Entwick- Überlagert werden die O-Standardisierungsprozes- lungsziel war und ist, die offene und vereinheitlich- se von OCIT und OTS durch eine Vielzahl parallel te Kommunikation OCIT (Open Communication laufender nationaler und internationaler For- Interface for Road Traffic Control Systems) zum schungs- und Standardisierungsinitiativen zu Tele- Datenaustausch zwischen Geräten der Straßen- matiksystemen, die individuelle Verkehrsbeeinflus- verkehrstechnik zu ermöglichen. Die Standardi- sungen ermöglichen. Diese telematischen Anwen- sierungsaktivitäten konzentrierten sich dabei dungen können in zwei große Gruppen eingeteilt zunächst auf die Feldschnittstelle OCIT-Outsta- werden, und zwar in Informationssysteme (z. B. tions. Navigationssysteme) und Assistenzsysteme (z. B. Spurassistent) [7]. Die Art der Beeinflussung und Zur Unterstützung vor allem der Lichtsignalanla- der Telematikgrad sind entsprechend unterschied- genbetreiber, aber auch der Hersteller von OCIT- licher Natur. Systemen bzw. von OCIT-Teilsystemen und Kom- ponenten beim Aufstellen herstellergemischter Von pekuniärer Bedeutung hinsichtlich Einspar- Lichtsignalsteuerungssysteme, wurde im Rahmen möglichkeiten von Infrastrukturkosten sind vor des Forschungsprojektes 77.0466/2002 die Über- allem Standardisierungsansätze zu so genannten führung der Feldschnittstelle OCIT in den Realbe- kooperativen Systemen mit C2X-Kommunikation. trieb untersucht [2, 3] sowie ein Leitfaden zum Durch ein neuartiges Netzwerk zwischen Fahrer, Testen der OCIT-Outstations (OCIT-O, Version Fahrzeug und Fahrumgebung profitiert der Fahrer 1.0/1.1) entworfen und publiziert [4]. Um den frei- hierbei vom Informationsaustausch mit anderen en Wettbewerb von Lichtsignalsteuerungssyste- Fahrzeugen, mit Verkehrsmanagementzentralen men zu fördern, wurde während des Forschungs- und kommunikationsfähiger Infrastruktur wie Licht- zeitraumes auch die Schnittstellenrealisierung signalanlagen oder Schilderbrücken. Über die über den Bereich der Feldschnittstellen von Licht- C2X-Kommunikation können so beispielsweise lo- signalanlagen hinaus gemeinsam mit den sich an kale Optimierungsprozesse zur Verkehrssteuerung den Arbeiten zur Schnittstellenvereinheitlichung an lichtsignalgeregelten Knotenpunkten angesto- beteiligenden Institutionen (OCA e. V., ODG, ßen werden. OTEC, VIV e. V., Verbund von LED-Herstellern) Zur Vorbereitung der Entscheidung über die weiterentwickelt. Diese Schnittstellendefinitionen zukünftige Positionierung der öffentlichen Hand beziehen sich auf zentrale Einheiten (OCIT-Insta- hinsichtlich der Begleitung und Unterstützung von tions) zur Sicherstellung der Offenheit von Ver- Standardisierungsaktivitäten offener Systeme im kehrssteuerungs-, Verkehrstelematik- und Ver- Sektor kommunal eingesetzter Straßenverkehrs- kehrsmanagementsystemen im Einsatzbereich telematik werden die bisherig im Standardisie- von Lichtsignalanlagen. rungsprozess von OCIT und OTS erzielten und Im Rahmen der F&E-Initiative VM 2010 des Bun- künftig bei weitergehender Standardisierung zu er- desministeriums für Wirtschaft und Technologie wartenden Nutzwirkungen unter Berücksichtigung (BMWi) wurden in verschiedenen Teilprojekten wei- der aktuell zu kooperativen Systemen in For- tergehende Lösungen zum Aufbau herstellerge- schungsprojekten laufenden Entwicklungen unter- mischter Verbundsysteme im kommunalen Ver- sucht. kehrsbereich entwickelt [5]. Ausgehend vom ermittelten Nutzen-Wirkungs- Im Projekt Dmotion (Düsseldorf in Motion) wurde potenzial und den Risiken dieser Standardisierun- z. B. das zweistufig aufgebaute OTS- (Open-Traf- gen wird damit eine Priorisierung der künftigen Ak- fic-Systems-)Systemmodell gefördert, das sich tivitäten der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der nicht nur auf die Lichtsignalsteuerung, sondern Standardisierung von offenen Verkehrsmanage- auch auf Erweiterungen für das im Projekt DMotion ment- und Verkehrstelematiksystemen bezüglich realisierte baulastträgerübergreifende Verkehrsma- deren verkehrlicher, technologischer und finanziel- nagement konzentriert. Das Systemmodell ist hin- ler Wirksamkeit erleichtert.
12 Gleichzeitig wird der Standardisierungsprozess von menden Erwartungen konfrontiert, die seitens der OCIT und OTS per Spiegelung an den kooperati- Öffentlichkeit mit dem Einsatz von Telematik ver- ven Systemen stringenter ausrichtbar und auch knüpft werden. Andererseits erfordert der Aufbau hierzu sachlich und zeitlich orientiert. solcher zur Herstellermischung – und damit einher- gehendem preislichen Wettbewerb – standardisier- Die Entwicklung von O-Schnittstellen (Outstations ten Systeme einen Investitionsaufwand, der durch und Instations) im Einsatzbereich von Lichtsignal- einen hohen Wirkungsgrad gerechtfertigt werden steuerungssystemen hat mittlerweile einen stabilen muss. Im Hinblick auf die Zukunftsstabilität kommu- Stand erreicht, ist jedoch nicht abgeschlossen. naler Investitionen in Straßenverkehrstelematik- Das Forschungsprojekt dient deshalb ebenfalls der systeme ist deshalb eine fundierte Entscheidung Zusammenführung und koordinierten Fortsetzung über einen sachgerechten und zweckmäßigen Ein- der laufenden Standardisierungsarbeiten der ein- satz von herstellergemischten Systemen mit inter- zelnen Interessengruppen (OCA, ODG, OTEC, VIV, operablen Komponenten i. d. R. immer auch mit ODG & Partner) durch organisatorische Unterstüt- deren möglichst langlebiger Nutzwirkung verknüpft, zung, Sicherstellung einer neutralen Moderation über die bislang jedoch weitestgehend ebenfalls und transparenter Ergebnisdokumentation der nur spekuliert werden kann. Standardisierungsabstimmungen zu OCIT und Gleichermaßen besteht für die industriell tätigen OTS. Dies – im Sinne offener Systeme – auch mit Entwickler oder Lizenznehmer von Schnittstellen rechtzeitiger und sachgemäßer Information in der für offene Systeme eine Investition, zu deren Amor- Fachöffentlichkeit. tisation eine kritische Masse am Markt erreicht wer- den muss, d. h. die Notwendigkeit hierzu bedarfs- gerecht kommerzialisierbarer Serienprodukte. 2 Aufgabensituation, Aufgaben- Das Marktpotenzial von Standardisierungsproduk- stellung und Abgrenzung der ten im Bereich der Straßenverkehrstelematik allge- Forschungsarbeit mein wie speziell aus den bisherigen Standardisie- rungsprozessen OCIT und OTS, da naturgemäß Obwohl in der Fachliteratur eine Vielzahl von Quel- abhängig von Nachfrage und Angebot, unterliegt len zur Wirkungsanalyse mit Quantifizierung der mit wachsendem Zeithorizont zunehmendem Risi- Nutzwirkungen von Straßenverkehrstelematik- ko von Marktänderungen und damit verbundener systemen belegbar ist, ist eine Ermangelung an Prognoseunsicherheit. Modernes Verkehrs- und adäquaten Forschungsergebnissen zu den Nutzen- Mobilitätsmanagement vor allem im Sektor kommu- effekten von Standardisierungen im Bereich von nal eingesetzter Straßenverkehrstelematik aber Schnittstellen festzustellen. Die fundierte Ermittlung wird sich weiterhin durch die Nutzung moderner der Wirksamkeit solcher Schnittstellenstandardisie- Technologien neue Dimensionen erschließen [8]. rung unter Einbeziehung von verkehrlichen, tech- Technische Lösungsansätze sehen z. B. umfang- nologischen und kommerziellen Aspekten wird reiche Messkommunikationstechnik sowie Daten- daher mitunter durch qualitative oder subjektive verarbeitungen sowohl infrastruktur- wie auch fahr- Einschätzungen ohne zeithorizontliche Orientie- zeugseitig vor. Diese technischen Innovationen be- rung ersetzt. Dies erschwert den Schnittstellen- dingen eine Einbettung in eine vereinbarte Sys- Standardisierungsprozess, denn die Nutzen-Risiko- temarchitektur, um ihre Nutzwirkungen entspre- Relation ist somit für jede Interessenpartei speku- chend ihrer Zweckbestimmung als integrierte Sys- lierbar. Für den OCIT- und OTS-Standardisierungs- teme oder integrierte Systemkomponenten voll- prozess trifft dies in besonderem Maße zu, weil die ständig entfalten zu können [9]. Die Systemeinfüh- Standardisierungsarbeiten hinsichtlich der Entwick- rung erfordert dabei eine Reihe technischer und lungen in laufenden Forschungsarbeiten zu koope- nicht-technischer Voraussetzungen, die zum Teil rativen Systemen auch im Vorausblick auf die künf- nur in einem längeren Prozess geschaffen werden tig zunehmend erwartbaren, individuell fungieren- können. Nachhaltige Standardisierungen gehören den Straßenverkehrstelematiksysteme sachlich hierbei neben infrastrukturellen Vorleistungen zu und zeitlich ausgerichtet sein müssen. den wesentlichen technischen Voraussetzungen. Zu den nicht-technischen gehören gesellschaftliche Die Planungsträger und Beschaffungsstellen in den und individuelle Akzeptanz, Zahlungsbereitschaft Kommunen sind dahingehend mit ebenfalls zuneh- der Nutzer, Organisation, Rechtsrahmen und
13 Finanzierung sowie deren Verankerung in einem einander kooperierende Systeme abgelöst werden gemäß den verkehrspolitischen Zielen ausgerichte- müssen. ten Leitbild [10]. Dies, um dann z. B. auch die Einsatzgrenzen und Der Verkehr ist hierbei sowohl in technischer wie in -möglichkeiten der Straßenverkehrstelematik für nicht-technischer Hinsicht als komplexes dynami- das kommunale Verkehrs- und Mobilitätsmanage- sches System zu sehen, dass aus einer Vielzahl ment sowohl im kollektiven als auch individuellen von Einzelhandlungen besteht. Der Wirkungsgrad Beeinflussungsmodus nutzenbringend ausschöp- der Straßenverkehrstelematik ist ergo auch davon fen zu können. abhängig, in welcher Art und Weise der oder die einzelne Verkehrsteilnehmer(in) sich das jeweilige Bezüglich des Aufbaus einer derzeit noch vakanten System zunutze macht. Als Erfolgsfaktoren zur An- nationalen ITS-Architektur in Deutschland zur tech- wendung von (neuen) Verkehrstelematiksystemen nischen und nicht-technischen Einbettung von kol- können daher z. B. gesehen werden [7]: lektiv und individuell wirkenden Straßenverkehrste- lematiksystemen, ebenfalls bei den auf C2X-Kom- • Nutzenidee steht über der technologischen In- munikation basierenden Standardisierungsaktivitä- novationsidee, ten zu kollektiv – individuell kooperierenden Syste- men, ist derzeit noch mit mittel- bis langfristigen • Zuverlässigkeit (Verfügbarkeit und Genauigkeit), Standardisierungsprozessen zu rechnen. Für den • interdisziplinärer Entwicklungsansatz und inter- kooperativen Systemaufbau mit intensiver Koope- disziplinäre Methodik zur Wirkungsanalyse, ration der Akteure ist ein Zeitraum bis ca. zum Jahre 2020 prognostiziert [6, 11]. • permanente Evaluation und Langzeitbeobach- tung, Vor diesem Hintergrund an technischen Entwick- lungen, insbesondere der aktuell in Forschungspro- • Studien auch nach der Systemeinführung, jekten zu kooperativen Systemen laufenden Ent- wicklungen, werden mit der Forschungsarbeit • Vermeidung von Benachteiligungen von Ver- „Standardisierungsprozess für offene Systeme der kehrsteilnehmergruppen. Straßenverkehrstelematik“ die bisherig im Standar- Die Mitwirkung der öffentlichen Hand hinsichtlich disierungsprozess von OCIT und OTS erzielten und auf kommunaler Ebene heute und künftig einge- künftig bei weitergehender Standardisierung zu er- setzter Straßenverkehrstelematik zur effizienteren wartenden Nutzwirkungen und Risiken analysiert. Gestaltung der Verkehrsabläufe, der Erhöhung der Als Ergebnis der Forschungsarbeit werden Grund- Verkehrssicherheit, der Verringerung der Umwelt- lagen zur Entscheidung über die zukünftige Positio- belastungen sowie der Optimierung des Komforts nierung der öffentlichen Hand hinsichtlich der Be- und der betrieblichen Abläufe ist zu deren sachge- gleitung und Unterstützung von Standardisierungs- rechtem und zweckmäßigem Einsatz daher un- prozessen für offene Systeme der Straßenver- strittig geboten [8]. Dies gilt im Analogschluss des- kehrstelematik im kommunalen Sektor erarbeitet. halb auch hinsichtlich der Begleitung und Unter- Die Forschungsarbeit ist deshalb systematisch so stützung von Standardisierungsaktivitäten offener aufgebaut, dass am Beispiel von OCIT und OTS Systeme als Maßnahme zur Schaffung notwendi- Veränderungen der Anforderungen an solche Stan- ger technischer Voraussetzungen, dies umso dardisierungsprozesse aufgezeigt werden können. mehr zuständigkeitsübergreifend für alle Baulast- Als Bezugshorizont zur Spiegelung an den zeitlich und Planungsträgerschaften (Bund, Länder, Kom- parallel erwartbaren technischen Entwicklungen zu munen und Kreise) infolge der Integrations- und kooperativen Systemen wird das Jahr 2020 ge- Migrationsnotwendigkeit der Systeme und damit wählt. verbundener Schnittstellenlösungserfordernisse. Besonders in verkehrlichen Ballungs- und Ver- Die forschungsleitenden Fragestellungen lauten: flechtungsräumen entsteht aufgrund der zu erwar- • Welche Änderung der Anforderungen an den tenden Vermehrung von individuellen Verkehrsbe- Standardisierungsprozess OCIT respektive OTS einflussungssystemen (navigations)technologie- sind zu erwarten? bedingt der Effekt, dass verkehrsbehördliche Zu- ständigkeitsgrenzen zunehmend sowohl durch • Welche Faktoren beeinfluss(t)en diese Standar- technisch wie auch verkehrsorganisatorisch mit- disierungsprozesse relevant?
14 • Welche Ausprägungen dieser Einflussfaktoren wie OCIT, OTS und hierzu affinen Standardisie- lassen sich zu einem möglichst widerspruchs- rungsprozessen mit Bezug auf das kommunale freien Szenario 2020 exemplarisch mittels Aus- Einsatzgebiet kooperativer Straßenverkehrstele- wahl eines aus der Verkehrsmanagementpra- matiksysteme elaboriert. xis der Kommunen relevanten Anwendungsbe- reiches (use case) bündeln? Erarbeitet wird hierfür ein so genannter „Morpho- logischer Kasten der Schnittstellenstandardisie- • Welche Anforderungen stellen sich an die Ak- rung”. Er enthält die wichtigsten Kontingenzfakto- teure in diesem Szenario? ren zur vergleichbaren Deskription der ausgewähl- ten Standardisierungsprozesse in übersichtlicher • Wie unterscheiden sich die zukünftigen Anfor- Form. Inhaltlich rückt hierbei die Organisation der derungen im Vergleich zu denen von heute? benannten O-Standardisierungsprozesse in den Untersuchungsfokus. Die Variablen zur Beschrei- Zur Realisierung dieser Forschungsaufgabe wird bung des jeweiligen Kontingenzfaktors werden für den Forschungszeitraum vom 01.12.2009 bis dabei primär hinsichtlich ihrer Eignung zur Abbil- 31.12.2011 mit vorliegendem Schlussbericht, dung der Standardisierungssituation ausgewählt. Stand 31.01.2012, basierend auf einer umfang- Die Überprüfung der Validität und Interdependenz reich und systematisch durchgeführten Literatur- der Variablen durch eine empirische Erhebung ist und Datenrecherche zunächst eine zusammenfas- in der vorliegenden Forschungsarbeit nicht vorge- sende Bestandsaufnahme zur Organisation von sehen. Standardisierungsprozessen geliefert. Vielen Be- treuern von verkehrsfachlich intensiven Aufgaben, Hinsichtlich der forschungsgegenständlichen Prä- wenn nicht sogar mehrheitlich, ist die organisatori- ferenzbildung zur künftigen Rolle der öffentlichen sche Spezifik innerhalb der bestehenden nationa- Hand, mit Nutzwirkungsbetrachtung der O-Schnitt- len und internationalen Standardisierungsland- stellenstandardisierungsprozesse für einen exem- schaft noch nicht detaillierter bekannt. plarisch ausgewählten Anwendungsfall (use case) im Szenario, dient der standardisierte Schnittstel- Der zusammenfassende Überblick hierüber bildet lenbereich von Lichtsignalanlagen als Untersu- deshalb untersuchungsgegenständlich eine wichti- chungsrahmen. ge Grundlage einerseits zur Einordnung der Stan- dardisierungsansätze OCIT und OTS, anderer- Der vorliegende Schlussbericht enthält ergänzend seits zur Auswahl von affinen Standardisierungs- die Berichterstattung zu den über das For- initiativen zum Aufbau kooperativer Straßenver- schungsprojekt 63.0013/2009/BASt erfolgten Tä- kehrstelematiksysteme mit kommunalem Einwir- tigkeiten des Forschungsnehmers zur Unter - kungsbereich. stützung der vom BMVBS zur Gesamtmoderation des Standardisierungsprozess OCIT beauftragten Forschungsziel ist, mittels Vergleichen gegebe- BASt. Durch die koordinative Begleitung, neutrale nenfalls erforderliche Anforderungsmodifikationen (Co-)Moderation der sich während des For- zur Erfolgsverbesserung von Standardisierungs- schungszeitraumes am Standardisierungsprozess prozessen wie OCIT und OTS möglichst abgesi- beteiligenden und beteiligten Interessenparteien chert ableiten zu können und letztendlich damit OCA e. V., ODG, OTEC, VIV e. V., ODG & Partner auch deren Nutzwirkung in Szenarien mit/ohne sowie Ergebnisdokumentation werden dabei weitergehende Förderung evaluieren zu können. die laufenden Schnittstellenarbeiten zu OCIT-Out- stations unterstützt, ebenso der Standardisie- Hierzu erfolgte eine gezielte Analyse zum Stand rungsabgleich von OCIT und OTS sowie zu ähnli- der Erforschung von Standardisierungsprozessen. chen Systemen. Den Ausgangspunkt und Rahmen bilden hier die Standardisierungsprozesse zur Vereinheitlichung von Schnittstellen auf dem komplexen Gebiet der Informations- und Kommunikationsvernetzung. Aufbauend auf dieser Analyse werden in der wei- teren Forschungsarbeit maßgebende Faktoren zur Schaffung einer Vergleichsbasis für O-Systeme
15 3 Bestandsaufnahme zur Orga- Daher werden oft – und aufgrund der bereits be- nisation von Standardisie- grifflich originär definierten Mindestanforderung an Telematik (Telekommunikation + Informatik) – rungsprozessen mit Relevanz fälschlicherweise autarke Systeme wie z. B. Fah- für den Bereich der kommuna- rerassistenzsysteme als Telematiksysteme be- len Straßenverkehrstelematik zeichnet, auch wenn diese ohne Telekommunika- tion auskommen. 3.1 Begriffserläuterungen und Ebenso werden Verkehrstelematiksysteme, wie -definitionen zu untersuchungs - z. B. dezentrale Lichtsignalsteuerungssysteme im relevanten Fachtermini Straßenverkehr, als solche nicht erkannt. Beim Begriff „Telematik“ handelt es sich um ein so Ziel der Standardisierungsbemühungen bei Schnitt- genanntes „Kofferwort”, welches sich aus den Wör- stellen für offene Systeme der Straßenverkehrste- tern Telekommunikation und Informatik zusammen- lematik sind „Open Systems Interconnection“ (OSI), setzt. In der Literatur finden sich unterschiedliche d. h. offene Kommunikationssysteme. Sie sollen Definitionen des Begriffs. Die Wortschöpfung (zu- eine Kommunikation zwischen verschiedenen sammengesetzt aus Telekommunikation und Infor- Rechnern, Betriebssystemen und Netzwerkmodel- matik) geht auf dessen Einführung durch Simon len ermöglichen. Hierbei bedeutet der Begriff NORA und Alain MINC zurück, die in ihrem 1978 „offen”, dass die einzelnen Kommunikationspartner publizierten Bericht an den französischen Präsiden- durch die Nutzung gemeinsamer Standards ten „Die Informatisierung der Gesellschaft (dt. (Schnittstellendefinitionen) in der Lage sind, Infor- 1979)“ schreiben [12]: „Die wachsende Verflech- mationen miteinander auszutauschen, d. h., die tung von Rechnern und Telekommunikationsmittel, Systeme sind für diese Art der Kommunikation die wir Telematik nennen, eröffnet einen völlig offen. Dies ist nicht mit offener Kommunikation neuen Horizont. (...). Die Telematik wird nicht nur gleichzusetzen. Offene „verstehbare“ Information ein weiteres Netz darstellen, sondern vielmehr ein bedingt daher in Syntax und Semantik der Informa- Netz neuer Art, das Bild, Ton und Informationsin- tionsdarstellung vereinbarte und definierte Regeln halte in eine vielschichtige Wechselbeziehung tre- (Standards) [1]. ten lässt.” Im Zusammenhang mit der modernen Festlegung Nachrichtentechnik, Informationsgewinnung und In- von Standards und Normen muss zunächst eben- formationsverarbeitung bilden demgemäß die falls der Begriff geklärt werden, denn im englischen Grundlage der Telematik. Die Verkehrstelematik ist Sprachgebrauch gibt es keine Entsprechung für der Teilbereich der Telematik, der sich auf den Ver- den Begriff „Norm”. Es wird für sämtliche Verein- kehr bezieht. Verkehrstelematik verknüpft Informa- heitlichungen – ob de jure oder de facto – der Be- tions- und Kommunikationstechnologien mit Navi- griff Standard verwendet. Im deutschen Sprach- gations-, Leit- und Regelungstechnik. Man versteht gebiet hingegen wird typischerweise zwischen darunter Erfassen, Übermitteln, Verarbeiten und „Standardisierung“ (de facto) und „Normung“ (de Nutzen von verkehrsbezogenen Daten mit dem Ziel jure) unterschieden. der Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs [13]. Mit Standardisierung wird dabei üblicherweise die Straßenverkehrstelematik ist der Teilbereich der Ver- Vereinheitlichung von Konzepten und Technologien kehrstelematik, der sich auf den Straßenverkehr be- bezeichnet, die sich in vielen Anwendungen als De- zieht. Verkehrstelematiksysteme werden internatio- facto-Standard oder Industriestandard durchsetzt nal oft als „Intelligent Transportation Systems“ (ITS) (Beispiele: HTML für Web-Inhalte oder Adobe PDF bezeichnet. In Deutschland wird synonym der Begriff zum Dokumentaustausch). In den meisten Fällen „Intelligente Verkehrssysteme“ (IVS) verwendet. formieren sich Konsortien wie z. B. das World Wide Web Consortium (W3C) oder das Institute of Obwohl ITS (respektive IVS) auch Systeme umfas- Electrical and Electronics Engineers (IEEE) aus sen, welche nicht im Zusammenhang mit der Über- dem jeweiligen fachlichen Umfeld. Mitglieder in sol- mittlung von Daten stehen, werden die Begriffe chen Konsortien sind in erster Linie große Indus- „Intelligent Transportation Systems“ und „Verkehrs- triebetriebe, Regierungsabteilungen und auch For- telematik“ dennoch häufig synonym verwendet. schungsinstitute. Ein weiteres, in der Industrie weit
16 verbreitetes Gefäß für Standardisierungen sind die Die dort beschriebenen Grundsätze gelten in ähn- Berufs- oder Fachverbände. Standards finden licher Form auch für die internationale Normungs- durch ihre Verankerung in der Industrie i. d. R. arbeit. schnell Verbreitung und Anwendung. Um internationale Uneinheitlichkeiten in der Ver- Auf der anderen Seite kümmert sich die Normung wendung von Terminologien zu verhindern, wurden um Vereinheitlichungen durch formale, reglemen- zu diesem Zweck von der ISO (International tierte Prozesse [14]. Organization for Standardization) und der IEC (International Electrotechnical Commission) im Normungen verfolgen dabei gesamtwirtschaftliche ISO/IEC Guide 2 Grundbegriffe eindeutig definiert Ziele und spiegeln den aktuellen Stand der Technik und Benennungen vereinheitlicht. wider. Der Nutzen für alle steht über dem Nutzen für einzelne Personen bzw. Organisationen. Erar- Mit dem Ziel, international einheitliche Bezeichnun- beitet werden Normen von Normungsorganisatio- gen in der Normungsarbeit zu benutzen, wurde die nen, die sie nach Abschluss des Normungsverfah- europäische Norm EN 45020 auf der Grundlage rens beschließen und veröffentlichen. Wichtig dabei des ISO/IEC Guide 2 herausgegeben und vom DIN ist, dass die Norm notwendig ist und alle interes- als DIN EN 45020 übernommen. sierten Kreise diese wollen. An runden Tischen Um Doppelnormungen zu vermeiden, enthält – den so genannten Normungsorganisationen – sit- DIN 820-3 nur noch die Definitionen für Begriffe, die zen die Fachleute aller interessierten Kreise zu- zusätzlich zu denen nach DIN EN 45020 für die sammen, um gemeinsam im Konsens den Stand Normung im DIN benötigt werden. der Technik zu ermitteln und unter Berücksichti- gung neuer Erkenntnisse in Normen niederzu- Im Folgenden werden einige für die Normungs - schreiben. Normung ist eine Aufgabe der Selbst- arbeit wichtige Begriffe mit ihren jeweiligen Defini- verwaltung. Das Anwenden von Normen steht je- tionen nach [DIN 820-3] bzw. [DIN EN 45020] vor- dermann frei, es sei denn, es besteht eine Anwen- gestellt: dungspflicht aufgrund von Verträgen oder Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Diese können jedoch Die Normung oder auch Normungsarbeit ist die nicht durch die Normungsorganisation gesetzt wer- „Tätigkeit zur Erstellung von Festlegungen für die den [14]. allgemeine und wiederkehrende Anwendung, die auf aktuelle oder absehbare Probleme Bezug In Deutschland ist das DIN – Deutsches Institut für haben und die Erzielung eines optimalen Ord- Normung e. V. – für das Erarbeiten von Normen nungsgrades in einem gegebenen Zusammenhang verantwortlich. anstreben“. Im Wesentlichen bestehen die Tätigkei- ten aus der Formulierung, Herausgabe und Anwen- Deutsche Normen sind die Arbeitsergebnisse, die dung von Normen. vom DIN in seinen Normenausschüssen erarbeitet wurden. Der Ausschuss Deutsche Kommission Eine Norm ist dabei ein „Dokument, das mit Kon- Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im sens erstellt und von einer anerkannten Institution DIN und VDE (DKE) deckt dabei den gesamten angenommen wurde und das für die allgemeine elektrotechnischen Bereich ab. Alle DIN-Normen und wiederkehrende Anwendung Regeln, Leitlinien zusammen bilden das Deutsche Normenwerk. oder Merkmale für Tätigkeiten oder deren Ergeb- nisse festlegt, wobei ein optimaler Ordnungsgrad in Das Erarbeiten von Deutschen Normen geschieht einem gegebenen Zusammenhang angestrebt dabei nach den in der Normenreihe DIN 820 fest- wird“. gelegten Regeln. Geschaffen wurde diese Nor- menreihe durch den Ausschuss Normungsgrund- Konsens bedeutet eine „allgemeine Zustimmung, sätze (NA 173-00-01 AA) im DIN und den Aus- die durch das Fehlen aufrechterhaltenen Wider- schuss Gestaltung von Normen (NA 173-00-02 AA) spruchs gegen wesentliche Inhalte seitens irgend- im DIN. Zur Entlastung von Normenanwendern eines wichtigen Anteiles der betroffenen Interessen und Normenherstellern wurden in der DIN 820 die und durch ein Verfahren gekennzeichnet ist, das Grundsätze und Gestaltung von Normen festgelegt versucht, die Gesichtspunkte aller betroffenen Par- sowie in der Normungsarbeit benötigte Begriffe de- teien zu berücksichtigen und alle Gegenargumente finiert. auszuräumen”.
17 Wichtig hierbei ist, dass Konsens nicht notwendi- setzgeber oder andere ermächtigte Stellen als ver- gerweise Einstimmigkeit bedeutet. bindlich erklärt und wirken dann in ihrem Geltungs- bereich quasi wie Normen. Bei harmonisierten Normen handelt es sich um „Normen zum selben Normungs-Gegenstand, die In allen Fällen stellen Standards einen Konsens der von verschiedenen normenschaffenden Institutio- Nutzergruppe dar. Für ihren Anwendungszweck nen angenommen wurden und die Austauschbar- sind sie ausreichend und benötigen prinzipiell kein keit von Produkten, Prozessen und Dienstleistun- öffentliches Abstimmverfahren durch staatliche gen oder die gegenseitige Verständlichkeit von Organisationen. Prüfergebnissen oder Informationen, die entspre- chend diesen Normen gegeben werden, sicherstel- Mit Normen dagegen bezeichnet man Standards, len”. die ein öffentliches Verfahren durchlaufen und damit eine höhere Verbindlichkeit erhalten. In der Es ist zu beachten, dass im Zusammenhang mit eu- Kommunikationstechnik werden zudem häufig die ropäischen Richtlinien der Begriff harmonisierte Begriffe „offen“ und „offengelegt“ verwendet, wobei Norm häufig für Normen verwendet wird, die im Auf- ebenfalls Standards gemeint sind. trag der Europäischen Kommission, in Form eines Mandates, von den europäischen Normungsorgani- Normen sind demgemäß allgemein anerkannte, sationen erstellt wurden bzw. werden. In der Nor- verbindliche Regeln. Sie können durch dieselben Organisationen, die Standards ausarbeiten, vorge- mung wurde diese Einschränkung jedoch nicht schlagen werden, bedürfen aber eines öffentlichen, übernommen [15]. staatlichen Abstimmverfahrens, um allgemein aner- Zur Differenzierung der Begrifflichkeiten „Standard“ kannt zu werden. und „Norm“ bieten sich aus diesem Kontext folgen- Rechtsverbindlich im Sinne von Vorschriften wer- de (zusammenfassende) Begriffsdefinitionen an: den Normen durch den Gesetzgeber. In Deutsch- Mit Standard wird allgemein die Vereinheitlichung land können hier exemplarisch für den verkehrs- von Produkteigenschaften bezeichnet. Standardi- technischen Bereich das Geräteschutzgesetz, das sierung setzt deshalb den Konsens derjenigen vo- Gesetz über technische Arbeitsmittel und die Versi- raus, die entsprechende Dinge herstellen, verwen- cherungsordnung aufgeführt werden [17]. Aus den den oder auf andere Weise Verantwortung dafür Normen geht das Prüfwesen hervor und damit das tragen. Mittel, die Einhaltung der Normen zu überprüfen und durch Konformitätszeichen wie z. B. VDE oder Standards sind deshalb als Vereinheitlichungen zu GS zu dokumentieren. sehen, die auf unterschiedlichem Wege erreicht werden können. So entstehen Hersteller-Stan- Norm-Schnittstellen (Schnittstellennormen) respek- dards, wenn ein marktbeherrschender Hersteller tive Standard-Schnittstellen (Schnittstellenstan- die Nutzung eines von ihm entwickelten Verfahrens dards) sind entsprechend Normen und Standards, erlaubt oder nicht verhindern kann. Standards im die gegenständlich auf Schnittstellen bezogen sind. Konsens sind Vereinheitlichungen, die bestimmte Schnittstellen werden generell und originär nach Nutzer untereinander absprechen. Sie werden in DIN 44300 als „(...) Übergang an der Grenze zwi- Interessenvereinigungen, Industrie-Konsortien oder schen zwei gleichartigen Einheiten mit vereinbarten anderen Organisationen verabschiedet. Offene Regeln für die Übergabe von Daten oder Signalen“ Standards entstehen in Foren durch die öffentliche definiert. „Solche – auch nicht gleichartigen – Diskussion von Standardisierungsvorschlägen. Einheiten, zwischen denen ein Informationsaus- „Technische Lieferbedingungen”, wie beispielswei- tausch stattfindet, können se die TLS (Technische Lieferbedingungen für • Hardware-Komponenten, Streckenstationen) der Bundesanstalt für Straßen- wesen [16] sind demgemäß ebenfalls Standards. • Datenübertragungseinrichtungen, Sie entstehen unter Federführung und in Zusam- menarbeit von Anwendern mit Herstellern. In sol- • Programmbausteine und chen „Technischen Regelwerken“ finden i. d. R. die • im weiteren Sinne die Benutzeroberfläche Ergebnisse von Untersuchungen oder Forschungs- initiativen Eingang. Sie werden oft durch den Ge- sein“ [18].
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