Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS

 
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Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
in der französischen Résistance 1940–1945

Ausstellung                   D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021

                                                          Bildung
                                                          und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
in der französischen Résistance 1940–1945

Einleitung · Te i l 1                                                                                           D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 1

Nationale Mythen vs. historische Tatsachen            Anteil und Tätigkeiten der ÖsterreicherInnen              Main d´Oeuvre Immigré und Travail Alle­mand

Politische Mythen er­
                    weisen sich mitunter als          Auch Hunderte Österreicher und Österreiche­­rin­          Als wichtigstes Sammelbecken des Widerstandes
außer­ordentlich zäh, langlebig und wirkmächtig.      nen fanden sich in den Reihen der Résistance,             von Immigranten und Flüchtlingen aus ganz Eu-
In Öster­reich erschütterte die Waldheim-Debatte      wobei als Ergebnis jüngster Forschungen be­son­           ro­pa fungierte die in 17 Sprachgruppen geglie-
(1986/87) die bis da­hin staatstragende These von     ders zwei Aspekte bemerkenswert erscheinen:               der­te MOI (Main d´Oeuvre Immigré).
Österreich als »erstem Opfer des Nationalso­zia­      Der weib­
                                                              liche Anteil lag mit schätzungsweise
                                                                                                                Der deutschsprachige Teil der MOI trat unter der
lis­­mus« bis in die Grundfesten. Um dieselbe Zeit    25 Pro­zent signifikant höher als in Österreich (10
                                                                                                                Be­zeichnung Travail Alle­mand (TA) auf. An der
ge­riet, hierzulande weitestgehend unbemerkt, in      bis 15 Prozent). In noch weitaus höherem Maße
                                                                                                                Spitze des TA stand ein Dreierkopf, bestehend aus
Frankreich ein anderes mythenumranktes Nar­           waren ÖsterreicherInnen mit jüdischen Wurzeln
                                                                                                                Franz Marek (Kommunistische Partei Österreichs),
ra­­­­tiv ins Wanken, nämlich die bis dahin kaum      an der Résistance beteiligt. Wahrscheinlich betrug
                                                                                                                Otto Nieber­gall (Kommunistische Partei Deutsch-
hinterfragte Vorstellung eines nationalen, patrio­    ihr An­teil mindestens 70 Prozent.
                                                                                                                lands) und Artur London (Kommunistische Partei
tischen, autochthonen Charakters des franzö­si­­
                                                      Vereinzelt oder grup­penweise agierten Öster­­­reiche­­   der Tschechoslowakei).
schen Wider­standes gegen die deutsche Be­sat­
                                                      rInnen in den verschiedensten Tätigkeitsfeldern des
zungsmacht im Zweiten Weltkrieg.                                                                                Unterhalb des Leitungsgremiums des Travail Alle­
                                                      Widerstandes. Etwa bei den zumeist kommunis-
                                                                                                                mand agierten die »Inter«, eine Abkürzung für
Tatsächlich war die französische Résistance in vie-   tisch dominierten Partisanenverbänden (FTP, FTP/
                                                                                                                Interregionale oder Interdepartementale Instruk­
len Bereichen transnational. In besonders hohem       MOI) oder im sogenannten »Rettungs­widerstand«
                                                                                                                teure. Die »Inter« stell­ten das wichtigste Binde­
Maße wurde sie von spanischen Republikanern           für bedrohte Juden und Jüdinnen, der vor allem
                                                                                                                glied zwischen der TA-Leitung und jenen Wider­
getragen, die im Februar/März 1939, bei Ende des      von zionistischen Untergrund­or­­ga­ni­­sationen getra-
                                                                                                                stand­
                                                                                                                     skämpfern dar, die sich in zivilen oder
Spanischen Bürgerkrieges, zu Hunderttausenden         gen wurde; bei der Fluchthilfe aus Internierungs­
                                                                                                                militärischen Dienststellen der deutschen Besat-
nach Südfrankreich flüchteten und in Lagern in-       lagern oder spektakulären Be­­freiungsaktionen aus
                                                                                                                zungsmacht »einbauen« ließen und Französisch
terniert wurden. Eine erhebliche Rolle spielten in    Gefäng­nissen; bei der Fälschung und Weitergabe
                                                                                                                sprachen. Zumeist als Dolmetscher beschäftigt,
der Folge auch italienische Exilanten und osteuro-    von Personalpapieren jeglicher Art – eine unver-
                                                                                                                konnten sie oft wertvolle Informationen sammeln
päische Immigranten großteils jüdischer Herkunft.     zichtbare Grundlage jeg­licher Untergrundtätigkeit.
                                                                                                                oder – vereinzelt – Wehrmachtssoldaten für den
                                                      Auch einige Wehrmachtsdeserteure fanden den
                                                                                                                Widerstand gewinnen.
                                                      Weg in die Résistance.

                                                                                                                                         Bildung
                                                                                                                                         und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
in der französischen Résistance 1940–1945

Einleitung · Te i l 2                                                                                                                 D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 2

Deutschsprachige Untergrund­zeitung des TA                     TA-Aktivitäten bis nach Südfrankreich                                  oder Vereinnahmung der österreichischen Wider-
                                                                                                                                      standsaktivitäten, die im nachhinein häufig der
Auch die wichtigste deutschsprachige Untergrund­               Nach der Besetzung der bis dahin »freien Zone«
                                                                                                                                      KPD zugeschlagen wurden.
zeitung in Frankreich (»Soldat im Westen«) wurde               durch die Wehrmacht (November 1942) wurden
unter der Ägide des TA hergestellt und verbreitet.             die genannten Strukturen und Tätigkeitsfelder                          Widerstand nicht nur im Rahmen des TA
An der »Basis« operierten die aus drei bis fünf                des TA auf Südfrankreich ausgedehnt, das orga-
                                                                                                                                      Einige der genannten Widerstandsformen (unter
Personen bestehenden »Streugruppen«, die z. B.                 nisatorische Zentrum befand sich in Lyon, und als
                                                                                                                                      österreichischer Beteiligung) waren kein aus-
untertags in großer Zahl Flugblätter aus fahren-               Pendant zum »Soldat im Westen« erschien der
                                                                                                                                      schließliches Spezifikum des TA, sondern wur-
den Straßenbahnen warfen. Den österreichischen                 »Soldat am Mittelmeer«.
                                                                                                                                      den auch von Gruppierungen anderer politischer
Aktivisten kamen bei illegalen Propaganda-Tech-
                                                               Österreichische Beteiligung relativ stark                              Provenienz (Zionistischer Widerstand, Trotzki­sten)
niken gelegentlich auch Erfahrungen aus dem
                                                                                                                                      praktiziert: etwa die in­­dividuelle antimilitaristi­sche
Kampf gegen den »Austrofaschismus« zugute.                     Bei allen erwähnten TA-Strukturen und -Aktivi­tä­
                                                                                                                                      Agitation unter Wehr­machtsangehörigen oder der
                                                               ten war der österreichische Anteil gewichtiger als
Höchst riskante »Mädel­arbeit«                                                                                                        »Einbau« in In­stitutionen der Besatzungsmacht.
                                                               der deutsche. Dieses durch sorgfältiges Quellen­
                                                                                                                                      Hier sei etwa – als spektakulärstes Beispiel – auf
Die wohl gefährlichste und exponierteste Form                  studium verifizierte Fazit wurde in der DDR-­His­
                                                                                                                                      die Biographie von Paula Kaufmann verwiesen.
des Widerstandes bestand in der so genannten                   to­­rio­graphie systematisch unterschlagen und ins
»Mädel­arbeit«, bei der junge Mädchen und Frauen               Gegenteil verkehrt. In allen einschlägigen DDR-­
(fast ausnahmslos Jüdinnen) an einzelne Wehr-                  Dar­stellungen findet sich eine Marginalisierung
machtssoldaten herantraten, um deren politische
Einstellung zu sondieren und sie gegebenenfalls
mit illegalem Material zu versorgen. Die Gefahr
der Denunziation war hier allgegenwärtig.

Auch an der wichtigsten deutschsprachigen Untergrundzeitung    Orte, in denen die 18 Österreicherinnen und Österreicher im            Das geteilte Frankreich nach dem Waffenstillstand
(»Soldat im Westen«) waren Österreicher maßgeblich beteiligt   Widerstand aktiv waren (blau) und Orte mit Internierungslagern (rot)   mit Hitlerdeutschland am 22. Juni 1940

                                                                                                                                                                        Bildung
                                                                                                                                                                        und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: DÖW

                                              Ludwig (»Luigi«) Beer                                                                         D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 3

            Geboren am 27. März 1919 in Wien. Ab 1933 Tisch­                  brigadisten ins Internierungslager Gurs überstellt.           versah. Beer entschloss sich daraufhin zur Flucht
            ler­lehre. Mitglied im Arbeiter­turnverein, befreun-              Im April 1941 nach Mont-Louis in den Pyrenäen                 und fand einen Unterschlupf bei seiner Tante
            det mit dem nachmaligen Spanienkämpfer Robert                     verlegt.                                                      Anna Ecker in Wien-Margareten.
            Löffler. Mit Löffler 1935 Beitritt zu einer von Theo­­
                                                                              Flucht und halblegaler Aufenthalt in der unbesetz-            Trotz der damit verknüpften Bedrohung nahm er
            dor Prager initiierten Gruppe des KJV (Kommu­
                                                                              ten Zone. Um die Jahreswende 1941/1942 über-                  in den folgenden Monaten regen Anteil an den
            ni­stischer Jugendverband) in Wien-Döbling. 1935
                                                                              schritt Beer mit gefälschten Personalpapieren, die            Untergrundaktivitäten der Widerstandsgruppe,
            und 1937 zwei kurze Haftstrafen.
                                                                              ihn als El­­sässer auswiesen, die Demarkationslinie           die eine Reihe von Flugschriften herstellte und
            Am 13. März 1938 flüchteten Beer und Löffler aus                  und fuhr nach Paris. Als einer der ersten TA-­Akti­           Kontakte zu zahlreichen Betrieben unterhielt.
            Wien, überquerten – als Touristen getarnt – das                   vi­sten in Nancy (Lothringen) in eine Dienststelle
                                                                                                                                            Am 24. August 1943 wurde er bei einem Treffen
            Silvretta-Gebirge und kamen so in die Schweiz.                    der Wehrmacht »eingebaut«. Nach Kontakten
                                                                                                                                            mit vier KP-Anhängern am Bennoplatz verhaftet.
            Bei Basel gelangten sie, gemeinsam mit Egon                       mit französischen Widerstandskämpfern, die kurz
                                                                                                                                            Von den Mitarbeitern des Kommunismus-Referats
            Steiner, illegal über die französische Grenze.                    zuvor aufgeflogen waren, von der französischen
                                                                                                                                            (IV A) der Gestapo schwer gefoltert, besonders
            Über Paris und Perpignan kam Beer am 17. April                    Polizei verhaftet, gelang Beer die Flucht.
                                                                                                                                            von Kurt Schmidl und Eduard Tucek. Tags darauf
            1938 nach Figueras (Katalonien), einem ersten
                                                                              Mitte Februar 1943 kehrte Beer, gemeinsam mit                 wurde auch Anna Ecker verhaftet, in den folgen-
            Sammel­punkt der Spanien-Freiwilligen. In der XI.
                                                                              Josef Meisel, Mara Gincburg und Anna Pecznik, als             den Tagen weitere Gruppenmitglieder.
            In­
              ter­
                 nationalen Brigade der Transmissionskom-
                                                                              französischer Zivilarbeiter getarnt, nach Wien zu-
            panie zugeteilt. Im September 1938 verwundet.                                                                                   Am 8. April 1944 Deportation in das KZ Dachau mit
                                                                              rück. Seine Personalpapiere lauteten auf »Francis
                                                                                                                                            dem Vermerk »Rückkehr unerwünscht«. Außen­­
            Seit Februar 1939 im südfranzösischen Inter­­nie­                 Bertrand Renaud«. Auf dem Arbeitsamt erkannte
                                                                                                                                            kommando in der Porzellanmanufaktur Allach.
            rungs­
                 lager Argelès-sur-Mer. April 1939 zusam-                     er einen früheren Gefängniswärter aus dem Lan-
                                                                                                                                            Am 20. September 1944 in Dachau erhängt.
            men mit dem Gros der österreichischen Inter­                      desgericht, der nunmehr bei der Gestapo Dienst

            Wie viele Spanienkämpfer kam Beer in   Ludwig Beer wurde 1943 auf dem            Im April 1944 wurde Beer in   Ludwig Beer musste Zwangsarbeit in der Porzellanmanufaktur Allach verrichten
            das Internierungslager in Gurs         Bennoplatz in Wien verhaftet              das KZ Dachau deportiert

                                                                                                                                                                              Bildung
                                                                                                                                                                              und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
                                        in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: Collection Mélanie Berger-Volle

                                                                           Melanie Berger                                                                                      D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 4

                                        Geboren am 8. Ok­to­­­ber 1921 in Wien als Tochter                  treuen« Kommunisten als »Gestapo-Agenten«                          21-jährige wegen »kommunistischer und anar-
                                        von Abraham und Eugenie Salomon. Erlernter                          dif­fa­miert und denunziert, et­wa durch Namens-                   chistischer« Aktivität zu 15 Jahren Zwangsarbeit
                                        Be­ruf: Mieder­macherin.                                            nennung einzelner Personen in der illegalen Un-                    und 20 Jahren Aufenthaltsverbot. Sie war im
                                                                                                            tergrundpresse.                                                    Frauen­gefängnis »Les Beaumettes« in Marseille
                                        In der Folge des VII. Weltkongresses der Kom­mu­
                                                                                                                                                                               inhaftiert. 1943 Krankenhausaufenthalt wegen
                                        nistischen Internationale (1935) und dem Über-                      Im März 1938 emigrierte Melanie Berger illegal
                                                                                                                                                                               Gelb­sucht. Von dort befreite sie am 15. Oktober
                                        gang zur Volksfront-Strategie konstituierten sich                   über das »Altreich« nach Belgien. In Antwerpen
                                                                                                                                                                               1943 in einer spektakulären Aktion ein RK-Kom-
                                        in vielen kommunistischen Parteien oppositio­                       engagierte sie sich in der Auslandsorganisation
                                                                                                                                                                               mando, dem auch Georg Scheuer angehörte.
                                        nelle Fraktionen und Gruppen, die gegen diesen                      der Revolutionären Kommunisten, der u. a. auch
                                                                                                                                                                               Melanie Berger lebte danach in Lyon.
                                        politischen Schwenk auftraten. Aus dem Kom­mu­                      Georg Scheuer angehörte. Im Frühjahr 1939 gin-
                                        nistischen Jugendverband (KJV) bildete sich eine                    gen Berger und Scheuer nach Paris. Nach der                        Sie betätigte sich bis Kriegsende bei den RK und
                                        oppositionelle Gruppe um Georg Scheuer und                          In­ternierung Scheuers in Les Milles hielt sich Me-                nahm ihre frühere Agitationstätigkeit wieder auf.
                                        Karl Fischer, die um die Jahreswende 1935/36                        lanie Berger in Clermont-Ferrand auf. Dort hatte                   Mehrere Reisen von Lyon nach Paris, um anti­
                                        aus­geschlossen wurde. Sie trug den Namen Re­                       sie die Aufgabe, Verbindungslinien zwischen                        faschistisches Material zu transportieren, insbe-
                                        volutionäre Kommunisten Österreichs (RKÖ) und                       einzelnen Stützpunkten (Antwerpen, Les Milles,                     sondere Aufrufe, um Wehrmachtssoldaten zur
                                        bekannte sich zu internationalisti­schen und trotz-                 London, Zürich) zu koordinieren. In Montauban                      De­sertion zu motivieren. Melanie Berger blieb
                                        kistischen Positionen. Heftige Kritik an den Mos-                   traf Melanie Berger wieder auf ihren damaligen                     nach Kriegsende in Frankreich.
                                        kauer Schauprozessen.                                               Lebensgefährten Georg Scheuer.

                                        Trotz scharfer Verfolgung durch die Behörden                        Im Jänner 1942 Verhaftung wegen antinazisti-
                                        des »Ständestaats« wurden diese oppositionell-­                     scher Propaganda. Am 18. Dezember 1942 ver-
                                        kommunistischen Organisationen von den »linien­                     urteilte das Sondergericht in Toulouse die damals

                                        Melanie Berger wurde zu 15 Jahren Haft im Frauen-    Georg Scheuer, der Lebens-       In »Les Milles« wurde Georg Scheuer interniert   Nach ihrer Befreiung aus dem Gefängnis in Marseille verfasste Melanie
                                        gefängnis »Les Beaumettes« in Marseille verurteilt   gefährte von Melanie Berger,                                                      Berger einen Bericht, der – unter voller Namensnennung(!) – in der
                                                                                             war an ihrer Befreiungsaktion                                                     Untergrundzeitung Spartakus veröffentlicht wurde
                                                                                             beteiligt

                                                                                                                                                                                                                 Bildung
                                                                                                                                                                                                                 und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: GFH

                                                      Lolly Eckhard                                                                                 D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 5

                                                      Lolly Eckhard (ur-           Im Jänner 1944 brachte Max Windmüller (»Wester­                  ihrem konspirativen Treffpunkt überrascht und
                                                      sprünglicher Name:           weel-Gruppe«) sie nach eigenen Angaben über                      verhaftet. Ein Mitglied der Gruppe war an der
            Zusammentreffen mit der Wienerin
            Meta Lande in Paris                       Yael Burstein), wur­         die grüne Grenze nach Belgien und von dort                       Schweizer Grenze gefasst worden, bei ihm hatten
            de am 22. Ok­to­­ber 1923 in Wien geboren. Sie                         weiter nach Frankreich. Lolly Eckhard gelangte                   die Behörden die Adresse gefunden.
            emigrierte im Dezember 1938 in die Niederlande,                        schließlich nach Paris, wo sie frühere Mitstrei­te­
                                                                                                                                                    Lolly Eckhard war drei Monate im Polizeigefängnis
            engagierte sich in der zionistischen Hachschara,                       rInnen (darunter die ebenfalls aus Wien stam-
                                                                                                                                                    Fresnes (Paris) inhaftiert. Dort erfuhr sie von der
            einer breiten Bewegung, die u. a. mit der beruf-                       mende Meta Lande) aus Holland traf. Sie gehörte
                                                                                                                                                    Inhaftierung Paula Kaufmanns und Max Wind-
            lichen Qualifizierung (Landwirtschaft und Hand-                        einer Widerstandsgruppe an, die für jüdische
                                                                                                                                                    müllers. Ab 8. August 1944 Einzelhaft, kurze Zeit
            werk) wichtige Voraussetzungen für die geplante                        Flücht­linge aus Holland Lebensmittelkarten, Pa-
                                                                                                                                                    später erlebte sie die Befreiung.
            Auswanderung nach Palästina schaffen sollte.                           piere, Kleidung und Unterkünfte besorgte. Diese
                                                                                   Flüchtlinge wurden über Paris nach Toulouse und                  Nach 1945 lebte Lolly Eckhard in Israel.
            Lolly Eckhard arbeitete von Juni bis Dezember
                                                                                   von dort über die Pyrenäen nach Spanien ge-
            1941 bei einer jüdischen Familie in Amsterdam
                                                                                   schleust.
            als Haushaltshilfe, danach als Pflegerin in einer
            Nervenheilanstalt für jüdische Patienten in Apel-                      Die Gruppe stand in Verbindung zum Maquis
            doorn. Im Juli 1942, als die Deportationen in den                      (»Armée juive«), der die Fluchthilfeaktionen ma-
            Niederlanden begannen, tauchte sie unter. Mit                          teriell unterstützte. Im April 1944 wurden Lolly
            ge­fälschten Papieren kam sie nach Friesland, wo                       Eckhard, Kurt Reitlinger, Ernst Hirsch (Ver­
                                                                                                                              bin­
            sie ca. sieben Monate blieb und in einem katho-                        dungs­­mann zum Maquis) und andere Mitglieder
            lischen Pfarrhaushalt arbeitete.                                       der Gruppe von zwei Gestapobeamten in Zivil in

            Lolly Eckhard arbeitete in der Nervenheilanstalt         Eine Gruppe der »Armée juive« der Resistance    Lolly Eckhard war im Polizeigefängnis Fresnes (Paris)
            Apeldoorn                                                                                                inhaftiert

                                                                                                                                                                             Bildung
                                                                                                                                                                             und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                                                  Elisabeth Eidinger                                                  D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 6

            Geboren am 19. Dezember 1913 in Wien. Elisa-               tober 1938 Österreich und fuhr über die Schweiz                wurde am 24. März 1943 verhaftet und zwei
            beth Eidinger (geb. Altmann) entstammte einer              nach Paris. Ihren Familienangehörigen war be-                  Monate später hingerichtet.
            wohlhabenden jüdischen Familie, ihr Vater war              reits einige Monate zuvor die Ausreise gelungen.
                                                                                                                                      Elisabeth Eidinger wurde im April 1943 von der
            Prokurist der Österreichischen Chemische Werke
                                                                       Bis Mai 1939 gehörte sie dem von Tilly Spiegel                 MOI übernommen und arbeitete drei Monate als
            AG und später Direktor der Allgemeinen Glüh­
                                                                       geleiteten überparteilichen »Cercle culturel autri-            Sekretärin im illegalen Hauptquartier des ZK der
            lampenfabrik AG.
                                                                       chien« an. Dann musste sie Paris verlassen und                 Kommunistischen Partei Frankreichs. Anschlie-
            Bis zum 17. Lebensjahr »vollkommen unpolitisch«,           hielt sich bis April 1942 in Nizza auf, wo sie im              ßend bis zu ihrer Abreise aus Paris (4. Dezember
            erwuchs ihr späteres Engagement in der Arbeiter­           Jänner 1940 Alfred Eidinger heiratete. Sie hielt               1945) bei der Österreichischen Freiheitsfront. Nach
            bewegung vor allem aus der Rebellion gegen                 Schulungen ab, betrieb Solidaritätsarbeit für die              der Befreiung war eine ihrer Aufgaben die Arbeit
            das Elternhaus. Jänner 1934 Beitritt zur illegalen         in Lagern Internierten und beteiligte sich an der              mit österreichischen Kriegsgefangenen. Jänner
            KPÖ. Matrizenzeichnerin in einer Druckerei. Im             Herstellung von Flugzetteln und Zeitungen.                     1946 bis Februar 1950 in der Kaderabteilung des
            September 1935 wurde sie nach der Genesung                                                                                ZK der KPÖ beschäftigt.
                                                                       Im Sommer 1942 überschritt sie illegal die De-
            von einem schweren Unfall Stefan Kaufmann und
                                                                       markationslinie zwischen der unbesetzten und                   Von August 1954 bis zu ihrer Pensionierung im
            Dr. Alfred Eidinger (Arzt), ihrem späteren Mann,
                                                                       besetzten Zone und hielt sich sechs Monate in                  April 1974 leitete sie die Redaktion der vom
            zugeteilt. Streng konspirative Arbeit in Eidingers
                                                                       Bordeaux auf, wo sie und ihr Mann unter der                    Bund demokratischer Frauen herausgegebenen
            Gruppe als Sekretärin im so genannten »Militär­
                                                                       Ägide des interregionalen Instrukteurs (»Inter«)               Zeitschrift »Stimme der Frau«. Elisabeth Eidinger
            apparat« der KPÖ und u. a. an der Herstellung der
                                                                       Josef Meisel in deutschen militärischen Dienst­                starb am 18. Oktober 1979.
            Zeitung »Der Rote Soldat« beteiligt.
                                                                       stellen als Dolmetscher und in anderen Funk­
            Nach dem »Anschluss« Österreichs an das Deut­              tionen »eingebaut« waren. Alfred Eidinger ver-
            sche Reich verließ Elisabeth Altmann am 26. Ok-            sorgte in der Folge verletzte Partisanen in Paris,

            Dr. Alfred Eidinger,     Alfred Eidinger studierte         Nizza im Jahr 1942                  Platzkonzert der deutschen Wehrmacht in Bordeaux   Bestätigung von Jacques Duclos
            Ehemann von Elisabeth    Medizin an der Universität                                                                                               (Vorsitzender der französischen KP)
            Eidinger                 Wien                                                                                                                     für Elisabeth Eidinger, ausgestellt am
                                                                                                                                                              13. Oktober 1945 (DÖW)

                                                                                                                                                                 Bildung
                                                                                                                                                                 und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                                Max Goldberger                                                                              D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 7

            Geboren am 12. August 1904 in Wallern (Bezirk                  Als einer der letzten Schutzbündler emigrierte                   Ab Jänner 1943 bei den kommunistischen Parti-
            Grieskirchen). Max Goldberger wuchs unter sehr                 Goldberger am 9. November 1935 in die UdSSR                      sanen (FTP/MOI). Teilnahme an zahlreichen Aktio­
            ärmlichen Verhältnissen auf, die Mutter musste                 und fand eine Beschäftigung als Sportlehrer im                   nen gegen die deutsche Besatzungsmacht in St.
            zehn Kinder durchbringen. 1928 bis 1931 ange-                  Moskauer Schutzbund-Kinderheim.                                  Etienne, Lyon und Villeurbanne bis zur Befreiung
            lernter Verkäufer bei der österreichischen Kon-                                                                                 Ende August 1944.
                                                                           Nach Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges
            sumgenossenschaft in Wien und in der Steier-
                                                                           und Absolvierung eines Offizierslehrganges zu-                   Über Auftrag der KPÖ ließ er sich im November
            mark, später als Volontär (Gemeindesekretär)
                                                                           sammen mit anderen Spanienfreiwilligen im Mai                    1944 in den Reservestand versetzen und fuhr
            in Leoben-Donawitz, Aushilfsarbeiten bei ver­
                                                                           1937 nach Spanien. Nach Reorganisierung der                      über Italien nach Jugoslawien. Kommandant des
            schiedenen Baufirmen, in einer Papierfabrik und
                                                                           Internationalen Brigaden (Sommer 1937) nahm                      in Belgrad aufgestellten 4. Österreichischen Frei-
            bei der ÖBB.
                                                                           er an allen militärischen Operationen der XI. Bri-               heitsbataillons. Rückkehr nach Wien, bis April
            Von 1921 bis 1923 bei der Sozialistischen Arbeiter-            gade teil, zuletzt als Kompaniechef im 2. Bataillon              1946 beim Grenzschutz. Anschließend bis Juli
            jugend (SAJ), von 1923 bis 1934 Mitglied der SDAP.             »Edgar André«. Am 9. Februar 1939 überschritt er                 1953 Leiter des Polizeikommissariats Wieden.
            Seit 1927 auch Angehöriger des Repu­blikanischen               die spanisch-­französische Grenze, anschließend in               Februar 1956 Emigration in die DDR. Gestorben
            Schutzbundes, bei der Alarmab­teilung. Teilnahme               den Internierungslagern St. Cyprien, Gurs und Le                 am 16. Dezember 1981 in Berlin.
            am Februaraufstand 1934 in St. Michael (Ober-                  Vernet. Im Oktober 1942 »auf Anraten der Partei«
                                                                                                                                            Sein älterer Bruder Josef (geb. 1900) nahm gleich-
            steiermark). Einige Monate inhaftiert. Nach der                aus Vernet geflüchtet, da man seine Auslieferung
                                                                                                                                            falls am Spanischen Bürgerkrieg teil, kehrte 1939
            Haftentlassung Beitritt zur illegalen KPÖ. Juli 1934           an die Deutschen befürchtete. In der Folge ille-
                                                                                                                                            in die UdSSR zurück und wurde im Oktober 1941
            Flucht in die Tschechoslowakei. Längerer Aufent-               gale Arbeit bei der österreichischen Parteigruppe
                                                                                                                                            von Angehörigen des SD in Charkow erschossen.
            halt in Brünn.                                                 in Lyon (Deckname »Walter Sommer«).

            Parade des Freiheitsbataillons vor dem    FFI-Ausweis mit Foto       Bestätigung für Louis Dugret   Villeurbanne während der deutschen Besatzung   Zehn Wochen vor der Befreiung, am 14. Juni
            Parlament in Wien (DÖW)                   lautend auf den Nom de     über seine Tätigkeit in der                                                   1944, wurde Max Goldberger zum Hauptmann
                                                      guerre Goldbergers         Résistance (DÖW)                                                              befördert (DÖW)
                                                      Dugret (Bundesarchiv
                                                      Berlin)

                                                                                                                                                                       Bildung
                                                                                                                                                                       und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                      Josef Gradl                                                                                              D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 8

            Geboren am 19. Juni 1914 in Wien. Schlosser­              Lyon, beteiligte sich Gradl an verschiedenen Ak-                         mal für 16 Stunden. Damit waren jedoch seine
            gehilfe in der Werkstatt des Vaters.                      tionen im Rahmen des TA (Travail Allemand). Im                           Torturen noch keineswegs beendet. Er konnte
                                                                      Juli 1943 organisierte er zur Mittagszeit in einem                       sich aus dem als Notgefängnis dienenden Keller
            Seit Dezember 1932 KPÖ. Teilnahme an den
                                                                      Park eine große »Streuaktion« (Flugblätter), ohne                        befreien, doch erkannte ihn auf der Straße der
            Februarkämpfen 1934. Zwischen 1933 und 1936
                                                                      zu ahnen, dass sich unmittelbar gegen­über die                           Gestapobeamte Hans Held. Er schoss Gradl nach,
            war Gradl aus politischen Gründen fünfmal in­
                                                                      Zentrale der Lyoner Gestapo befand.                                      wobei dessen Oberschenkelknochen zer­
                                                                                                                                                                                   trüm­
            haftiert. Nach 1934 im illegalen, stark kommu-
                                                                                                                                               mert wurde. Dass er nicht transportfähig war,
            nistisch beeinflussten Autonomen Schutzbund.              Im Dezember 1943 kam Gradl, getarnt als fran-
                                                                                                                                               dürfte ihm das Leben gerettet haben. Mit Hilfe
            Seit 24. Dezember 1936 in Spanien, wurde er               zösischer Zivilarbeiter (»Joseph Gramont«), mit
                                                                                                                                               eines Arztes konnte Gradl am 12. August 1944
            der MG-­
                   Kompanie im 3. Bataillon der XI. Bri-              einem Transport nach Graz und von hier aus in
                                                                                                                                               von slowenischen Partisanen befreit werden. Er
            gade zugeteilt. Teilnahme an den Kämpfen am               die Vereinigten Aluminiumwerke Sterntal bei
                                                                                                                                               musste jedoch aus dem ersten Stock des Laza-
            Jarama und in Guadalajara (März 1937). Ab Mai             Pettau (heute: Ptuj), in den annektierten Teil Slo-
                                                                                                                                               retts springen, wobei der Knochen erneut brach.
            1938 MG-­­­In­struk­tor in einem katalanischen Aus-       weniens.
            bildungslager.                                                                                                                     Bis Kriegsende versteckten ihn die Partisanen.
                                                                      Auch er wurde ein Opfer jener flächen­deckenden
                                                                                                                                               Aufgrund der schweren Verletzungen musste ihm
            Seit Februar 1939 in französischen Internierungs-         »Operation«, die Gestapo-Mitarbeiter zur Zerschla­
                                                                                                                                               das Bein amputiert werden.
            lagern: St. Cyprien, Argelès-sur-Mer, Gurs, Le Ver-       gung des TA und der »Fremdarbeiterlinie« in
            net und Mont-Louis. 1941 zeitweilig »Parteibeauf-         Paris, Lyon und der »Ostmark« durchführten. Die                          Nach 1945 war Gradl Beamter der Polizeidirektion
            tragter« für eine vor allem aus Spanienkämpfern           Wiener Gestapo entsandte drei Mitarbeiter nach                           Wien. Verstorben am 26. August 1989.
            bestehende Gruppe von Holzfällern und Köhlern             Pettau, die Gradl am 8. Juli 1944 verhafteten.
            in den Pyrenäen. Auch Jan Gredler und Josef               Von Karl Wolf tagelang gefoltert, verlor Gradl bei
            Meisel gehörten zu dieser Gruppe. Ab 1942 in              den Verhören mehrmals das Bewusstsein, ein-

            Kampf am Jarama                 Schlacht um Guadalajara   Skizze von Josef Gradl zu einer       Pettau/Ptuj in den 1940er-Jahren               Ärztliches Zeugnis des        Publikation über den
                                                                      »Streuaktion« in Lyon vom Juli 1943                                                  Krankenhauses Pettau          Anteil der Deutschen
                                                                      (DÖW)                                                                                vom 24. Mai 1945              und Österreicher in
                                                                                                                                                           (DÖW)                         der Résistance

                                                                                                                                                                            Bildung
                                                                                                                                                                            und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen in der französischen Résistance 1940-1945 Ausstellung - Dr. Hans Schafranek 2021 - VHS
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                     Johann (auch: Jan) Gredler                                                                                     D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 9

            Geboren am 15. Jänner 1909 in Wattens (Tirol).                         Interbrigadisten Februar 1939 Grenzübertritt und                 Zusammenarbeit mit französischen Widerstands-
            Bäckergehilfe in Wien 16.                                              Internierung in St. Cyprien, April 1939 in Gurs.                 kämpfern zu organisieren und ständige Verbin-
                                                                                                                                                    dung zu halten. Gredler war Zeuge, als Grossmann
            Seit der Weltwirtschaftskrise 1929 arbeitslos,                         Von Gurs am 5. Juni 1940 nach Le Vernet über-
                                                                                                                                                    bei einem Sprengstoffanschlag französischer Par-
            schlug sich Gredler in mehreren Bundesländern                          stellt, dem Internierungslager mit dem härtesten
                                                                                                                                                    tisanen lebensgefährliche Verletzungen erlitt.
            mit Gelegenheitsarbeiten durch, zunächst in Hall­                      Regime. Da Gredler eine Auslieferung an die Nazis
            ein, wo er bei der Elektrifizierung der Eisenbahn                      befürchtete und in diesem Fall aufgrund seiner                   Ende 1944 gelangte Gredler zusammen mit einer
            als Anstreicher beschäftigt war. 1930 Beitritt                         politischen Vergangenheit schärfste Repressalien                 Reihe von österreichischen Widerstandskämpfern
            zur KPÖ. Am 1. Mai 1933 versuchten in Altheim                          zu gewärtigen hatte, flüchtete er 1941 aus Ver-                  nach Jugoslawien und gehörte dem 2. Österreichi-
            (Oberösterreich) Nationalsozialisten ein von Kom-                      net und schloss sich einer Gruppe von österrei-                  schen Freiheitsbataillon an, das im April 1945 auf
            munisten bewohntes Haus zu erstürmen. Bei                              chischen Kommunisten an, die in Cazaux-Debat,                    Initiative von Othmar Strobl in Belgrad entstand,
            einem Schusswechsel wurde einer der Angreifer,                         einem winzigen Dorf (heute 31 Einwohner) in                      jedoch militärisch nicht mehr zum Einsatz kam.
            Franz Ertl, getötet und zwei Arbeiter sowie ein                        den Pyrenäen, halblegal als Holzfäller und Köhler                Nach dem Krieg kurzfristig im Polizeidienst, Mit-
            unbeteiligtes Kind schwer verletzt. Der in diese                       arbeiteten und lose Kontakte mit der österreichi-                arbeiter der »Volksstimme«; später im Werkschutz
            gewalttätige Auseinandersetzung involvierte Jan                        schen Parteileitung in Toulouse unterhielten.                    der SMV bei den Ölfeldern um Zistersdorf. Nach
            Gredler wurde wegen Totschlags zu 18 Monaten                                                                                            dem Staatsvertrag 1955 aus politischen Gründen
                                                                                   Mit der Besetzung Südfrankreichs durch die
            Gefängnis verurteilt. Nach Verbüßung der Haft                                                                                           entlassen.
                                                                                   Wehr­macht (November 1942) verlagerte sich der
            Emigration in die Tschechoslowakei.
                                                                                   Schwerpunkt der illegalen Tätigkeit nach Lyon.                   Gredler starb am 24. Juni 1995 in Strasshof an
            Seit Juni 1938 im spanischen Bürgerkrieg, XI.                          Gredler »illegalisierte« sich und stand u. a. in                 der Nordbahn.
            Internationale Brigade. Mit dem Gros der bis zu-                       Verbindung mit Oskar Grossmann und Paul Kess-
            letzt in Spanien verbliebenen österreichischen                         ler. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, die

            Artikel in der        Liste von Angehörigen des II. Österreichischen         Zufluchtsort für eine Gruppe von   Liste der Österreicher in Cazaux-Debat (DÖW)   Toulouse: Standort der illegalen
            »Salzburger Wacht«    Freiheitsbataillons in Jugoslawien 1945 (DÖW)          Kommunisten: Cazaux-Debat in den                                                  Parteileitung der KPÖ (1940/1941)
            vom 2. Mai 1933                                                              Pyrenäen

                                                                                                                                                                              Bildung
                                                                                                                                                                              und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                      Oskar Grossmann                                                                                      D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 10

            Geboren am 6. Februar 1903 in Teplitz-Schönau.               im EKKI löste ihn im Herbst 1935 Ernst Fischer ab.                Am 27. Mai 1944 verübten französische Wider-
            Ab 1919 Mitglied des Kommunistischen Jugend-                 Grossmann emigrierte anschließend nach Prag                       standskämpfer des Maquis »Carmagnole-Liberté«
            verbandes (KJV), dessen Zentralkomitee er seit               und gehörte dort dem leitenden Parteizirkel der                   in einem Vorort von Lyon einen Sprengstoff­
            1921 angehörte. 1920 bis 1922 Delegierter des                KPÖ an.                                                           anschlag, der einer Gruppe von deutschen Wehr-
            KJV im Arbeiterrat Wien-Brigittenau. Seit 1922                                                                                 machtssoldaten galt. Oskar Grossmann, der sich
                                                                         Als sich die politische Situation in der Tschecho­
            Mitglied der KPÖ. Leiter der Kommunalabteilung                                                                                 zufällig in der Nähe befand, wurde bei der De­
                                                                         slo­
                                                                            wakei kritisch zuspitzte, emigrierte der in
            und später Redakteur der »Roten Fahne« in Wien.                                                                                tonation schwer verletzt und erblindete. Wodurch
                                                                         Prag ansässige Teil der Parteileitung und auch
                                                                                                                                           die Gestapo auf ihn aufmerksam wurde, ist un-
            1932 entsandte ihn die KPÖ nach Moskau, wo er                Grossmann nach Paris. Während im Septem-
                                                                                                                                           bekannt, jedenfalls brachte sie Grossmann in ein
            als KPÖ-Vertreter beim EKKI (Exekutiv-Komitee der            ber 1939 ein Großteil dieser Spitzenfunktionäre
                                                                                                                                           Krankenhaus und begann ihn zu befragen, wobei
            Kommunistischen Internationale) fungierte. Unter             die Seine-Metropole verließ und sich via Italien
                                                                                                                                           sie ihn – so die allerdings nicht überprüfbare Dar-
            dem Pseudonym »Alexander Schönau« verfasste                  und Jugoslawien in die UdSSR durchschlug, blieb
                                                                                                                                           stellung einiger Mitkämpfer – angeblich in dem
            Grossmann eine Darstellung der Februarkämpfe                 Grossmann in der französischen Hauptstadt.
                                                                                                                                           Glauben beließ, er hätte »Genossen« vor sich.
            1934 mit dem Titel »Der Aufstand des österreichi-
                                                                         Ab 1942 führende Tätigkeit im Widerstand, im
            schen Proletariats«, die weite Verbreitung fand.                                                                               Nach etwa einem Monat in die Gestapozentrale
                                                                         Rahmen des TA (Travail Allemand), vor allem im
            Grossmann schrieb zahlreiche Artikel in der Basler                                                                             von Lyon überstellt, wo der als »Schlächter von
                                                                         Raum Lyon. Grossmann war nach der Beset­zung
            »Rundschau« und in anderen kommunistischen                                                                                     Lyon« bekannt gewordene Klaus Barbie residierte.
                                                                         Südfrankreichs durch die Wehrmacht leitender Re-
            Zeitungen.                                                                                                                     In diesen Folterkellern verliert sich Oskar Gross-
                                                                         dakteur der Untergrundzeitung »Soldat am Mittel-
                                                                                                                                           manns Spur.
            1935 nahm er als Delegierter am VII. Weltkon-                meer«, deren Herausgabe von der DDR-Historio-
            gress der Kommunistischen Internationale in                  graphie fälschlicherweise der KPD zu­geschrieben
            Moskau teil. Als österreichischen Parteivertreter            wurde.

                                   Oskar Grossmann      Fragebogen für Mitarbeiter des E.K.K.I (Exekutivkomitee
                                   war auch Redakteur   der Kommunistischen Internationale) 4. Juni 1932,                                                               Klaus Barbie, Chef der Gestapo,
                                   der »Roten Fahne«    Kaderakt Oskar Grossmann, RGASPI (Moskau)                 Hôtel Terminus, Sitz der Gestapo in Lyon              der »Schlächter von Lyon«

                                                                                                                                                                     Bildung
                                                                                                                                                                     und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                      Anna Grün                                                                                         D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 11

            Geboren am 21. September 1889. Im November               Alban eine Anstellung als Fürsorgerin. Mit der                     Montluc, wo sie u. a. auf Paul Kessler stieß, der
            1918 Gründungsmitglied der Kommunistischen               Hilfe eines katholischen Geistlichen (Père Ré­                     so misshandelt worden war, dass sie ihn zunächst
            Partei Deutsch-Österreichs (KPDÖ). 1922 Wahl in          millieux) baute Anna Grün in den Bergen der                        nicht erkannte. Die nächste Station war eine Ein-
            die Reichsvertretung (erweitertes ZK) der KPÖ.           Umgebung Lyons ein Erholungsheim in einem                          zelzelle der Frauenabteilung des Gefängnisses
                                                                     Nebengebäude des Pfarrhauses auf, das zahlrei-                     von Fresnes. Anschließend kam Anna Grün nach
            Anna Grün redigierte die Frauenseite der »Roten
                                                                     chen Kindern von jüdischen und anderen politi-                     Drancy, unmittelbar vor der Deportation nach
            Fahne« und gehörte ab 1923 der Frauenzentrale
                                                                     schen Emigranten einen Unterschlupf bot.                           Auschwitz von den Alliierten befreit.
            der KPÖ an. 1924 Mitglied des neu gegründeten
            Politbüros. 1926 übersiedelte sie mit ihrem Ehe-         Als im Winter 1942/43 die Kinder von einer ande-                   1945 Rückkehr nach Wien. Mitbegründerin und
            mann (Josef Grün) nach Berlin und arbeitete als          ren Leiterin betreut wurden, widmete sich Anna                     Vorstandsmitglied des Bundes demokratischer
            Fürsorgeassistentin bei der Polizei. Mitglied der        Grün neben ihren beruflichen Aufgaben auch                         Frauen; Eintritt in den Polizeidienst, zeitweilige
            KPD. 1933 Emigration nach Frankreich. Österrei-          anderen illegalen Tätigkeiten: Sie brachte Kinder                  Leiterin der Polizeifürsorge, Aufbau eines Polizei-­
            chische Vertreterin in der internationalen Frauen-       von verhafteten oder gefährdeten Widerstands­                      Kinderheims.
            organisation »Comité Mondial des Femmes« und             kämpfern bei Privatpersonen oder in Klöstern
                                                                                                                                        Anna Grün starb am 9. Juni 1962 in Wien.
            Gründungsmitglied der »Fédération mondiale des           unter, transportierte Flugblätter und anderes
            femmes démocrates«.                                      mehr.

            Nach Kriegsausbruch fand Anna Grün in einem              Im Juni oder Juli 1944 geriet auch Anna Grün in
            Außenbezirk Lyons Unterschlupf in einem katho­           die Verhaftungswelle, die das Ende des TA be­
            lischen Frauenheim für alleinstehende Lehrerin-          deutete. Schwere Misshandlungen durch den
            nen und Fürsorgerinnen. Kurze Zeit später erhielt        Wiener Gestapo-Beamten Eduard Tucek in Lyon.
            sie in der nächstgelegenen Pfarrgemeinde St.             Überstellung in das Lyoner Militärgefängnis Fort

            Anna Grün war ein    Bericht Anna Grün: Aus der Lyoner   Anna Grün war Fürsorgerin in Église Notre-Dame   Das Militärgefängnis Fort Montluc   Sammellager Drancy, die letzte Station vor
            Gründungsmitglied    Résistance-Bewegung (DÖW)           de Saint-Alban und wurde vom Geistlichen Père    in Lyon                             der Deportation nach Auschwitz
            des Comité Mondial                                       Rémillieux unterstützt
            des Femmes

                                                                                                                                                                   Bildung
                                                                                                                                                                   und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen
                     in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: CC BY-SA 3.0

                                                    Karl Hartl                                                                                      D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 12

                     Geboren am 30. Juni 1909 in Wien. 1928 bis                         Nach dem »Anschluss« 1938 Emigration nach                   sammenarbeit mit der französischen Résistance,
                     1932 Studium an der Hochschule für Welthandel                      Paris, wo er für kurze Zeit bei der spanischen              1943 Sergeant und Waffenmeister im 3. Regiment
                     (Diplom-­Kaufmann), 1930 bis 1934 Philo­sophie-                    Botschaft als Rechtskonsulent eine Beschäfti­               der Francs-tireurs et partisans (FTP). Im Herbst
                     Studium an der Universität Wien.                                   gung fand, bevor die spanische Republik im                  1944 nach Auseinandersetzungen mit der lo­ka­-
                                                                                        Bürgerkrieg unterlag und Franco die Macht er-               len Résistance-Leitung für zwei Monate in Puy-
                     1934 aus politischen Gründen von der Univer-
                                                                                        griff. Im August 1939 trat er aus Protest gegen             l´Eve­que interniert.
                     sität relegiert. Hartl schrieb zwischen 1935 und
                                                                                        die gesamtdeutsche Perspektive des AVÖS (Aus­
                     1937, teilweise in Zusammenarbeit mit Sergei                                                                                   Nach 1945 Mitglied der SPÖ und Eintritt in den
                                                                                        landsvertretung der österreichischen Sozialisten)
                     Feitelberg, drei Sachbücher für Kinder. Seit 1936                                                                              diplomatischen Dienst. 1950 bis 1955 als General­
                                                                                        aus der Partei aus.
                     verheiratet mit der Ärztin Franziska Grünhut.                                                                                  konsul erster österreichischer Vertreter in Israel.
                                                                                        Im September 1939 wurde Hartl Leiter des »Or-               1955 bis 1958 in Wien Kabinettschef des Staats-
                     Hartl trat 1926 der Sozialdemokratischen Arbeiter­
                                                                                        ganisationskomitees der österreichischen Sozial­            sekretärs Bruno Kreisky im Außenministerium.
                     partei (SDAP) bei, 1927 dem Republikanischen
                                                                                        demokraten« und war in die Verhandlungen über               1958 bis 1963 Botschafter in der Türkei, 1963 bis
                     Schutzbund, dessen technischer Leitung innerhalb
                                                                                        die Bildung einer österreichischen Exilvertretung           1968 in Jugoslawien. Von 1968 bis 1974 leitete
                     Wiens er ab 1932 angehörte. Seit 1933 führendes
                                                                                        involviert. September 1939 bis Juni 1940 Mit-               er die Kulturabteilung im Außenministerium.
                     Mitglied der »Funke«-Gruppe, in der auch Marie
                                                                                        arbeit beim französischen Rundfunk und beim
                     Jahoda tätig war. Nach dem Februar 1934 ging                                                                                   Am 19. Mai 1979 in Wiener Neustadt gestorben.
                                                                                        »Österreichischen Freiheitssender« in Fécamp
                     diese linke Strömung in den Revolutionären So-
                                                                                        (Seine-Maritime).
                     zialisten Österreichs (RSÖ) auf, bei denen Hartl
                     (Deckname »Hermann«) für den Vertrieb der in                       Im Juni 1940 flüchtete Hartl in den unbesetzten
                     Brünn gedruckten illegalen »Arbeiterzeitung« zu­                   Teil Frankreichs, in das Département Lot, wo er
                     ständig war.                                                       sich als Landarbeiter durchschlug. Seit 1942 Zu-

                     Die »Arbeiter-Zeitung«   Karl Hartl arbeitete in   In Fécamp befand sich der »Österreichische   Radio als Medium       In Puy-l´Eveque wurde Karl Hartl von der
                     wurde illegal von        den 30er-Jahren mit       Freiheitssender«                             für den Widerstand     lokalen Résistance-Leitung interniert
                     Brünn nach Österreich    Marie Jahoda-Lazars-
                     geschmuggelt             feld zusammen

                                                                                                                                                                                       Bildung
                                                                                                                                                                                       und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                           Otto Heller                                                                                     D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 13

            Geboren am 14. Dezember 1897 in Brünn als                nach. Mitarbeit im »Spanien-Apparat«. 1938/1939                       Wehr­­­­machtsdienststelle »einbauen«, unter dem
            Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie.               schrieb er ein Buch mit dem prophetischen Titel                       Namen »Raymond Brunet«. Von hier aus konnte
                                                                     »Der Jude wird verbrannt«. Das Manuskript war                         er Meldungen über Truppenbewegungen und
            Im Ersten Weltkrieg Gasvergiftung. 1919 bis 1920
                                                                     bereits fertig gestellt und mit einigen Korrekturen                   an­dere Informationen an die Résistance weiter-
            Sekretär des österreichischen Reichsbildungs­amtes
                                                                     von Wieland Herzfelde versehen, konnte jedoch                         leiten. Heller war auch an der Verbreitung von
            in der Volkswehr. Studium in Wien und Prag.
                                                                     infolge des Kriegsausbruchs nicht mehr erschei-                       illegalen Flugschriften (»Soldat im Westen«) be-
            Ende 1920 Gründungsmitglied der KSČ (deutsche
                                                                     nen.                                                                  teiligt. Verhaftung am 23. Dezember 1943 in Lille.
            Gruppe). Redakteur des Reichenberger »Vorwärts«
            (Zentralorgan der deutschen Gruppe der KSČ), in          Ab 17. September 1939 Internierung in Meslay-                         Mit dem Convoi 77 wurde Heller von Drancy nach
            Berlin Redakteur der »Welt am Abend«. Kontakte           du-Maine (Département Mayenne). Aufgrund der                          Auschwitz deportiert. Zusammen mit dem unga-
            mit Egon Erwin Kisch, Franz Carl Weiskopf, Anna          Intervention von französischen Intellektuellen ent­                   rischen Kommunisten Arpad Haasz verfasste er
            Seghers und anderen Schriftstellern. Zwischen            lassen, im Mai 1940 neuerlich interniert. Im April                    innerhalb einer kommunistischen Widerstands-
            1929 und 1932 mehrere Reisereportagen über               1941 von der Vichy-Polizei verhaftet und vor ein                      gruppe um Bruno Baum kurze Lageberichte, die
            längere Aufenthalte in der UdSSR.                        französisches Militärgericht in Montauban gestellt,                   ab Juni 1944 über Kurzwelle aus dem Lager und
                                                                     zusammen mit anderen österreichischen Exilan-                         aus Krakau zweimal wöchentlich nach London ge-
            Nach dem Reichstagsbrand Flucht in die Tschecho­
                                                                     ten. Trotz Freispruch als »unerwünschter Aus­                         sendet wurden. Am 18. Jänner 1945 im Rahmen
            slowakei, anschließend Emigration in die Schweiz.
                                                                     län­der« in das berüchtigte Internierungslager Le                     der Evakuierung von Auschwitz nach Mauthausen
            Mitarbeit an der »Inprekorr« (Internationale Pres-
                                                                     Vernet überstellt. Anschließend im Internierungs­                     überstellt (Häftlings-Nummer 119.829), anschlie-
            sekorrespondenz). Seit Sommer 1934 lebte Heller
                                                                     lager Les Milles.                                                     ßend KZ-Außenlager Ebensee.
            mit seiner Familie in Moskau, arbeitete als Re-
            dakteur für die DZZ (Deutsche Zentral-Zeitung).          Im Rahmen des Travail Allemand (TA) ließ sich                         In Ebensee starb Heller am 28. März 1945 an
            Ab Sommer 1936 Paris, 1937 folgte die Familie            Heller als Dolmetscher bei einer deutschen                            Unterernährung und Phlegmone.

            Buchcover zu Otto Heller       Cover von Otto Hellers    1942 erstellte Liste von Internierten in Le Vernet (DÖW)   Der ungarische Kommu-    Das KZ-Ebensee im Jahr 1945
            »Die rote Fahne am Pazifik«,   Buch über Sibirien 1930                                                              nist Arpad Haasz
            Moskau 1933

                                                                                                                                                                       Bildung
                                                                                                                                                                       und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen
                                                   in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: Ghetto Fighter's House (GFH), West-Galiläa

                                                                                        Paula Kaufmann                                                                          D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 14

                                                   Geb. 5. 9. 1920 in Dabrowa Tarnowska (Polen).                   befasst war. Im Jänner 1944 trat Paula Kaufmann              erlangen und Dokumente fotografieren, etwa über
                                                   Paula Kaufmann kam bereits als Kleinkind mit                    der OJC (Organisation Juive de combat) bei und               den Bau von unterirdischen Bunkeranlagen und
                                                   ihren Eltern nach Wien und war als Strickerin be-               verlegte ihre Tätigkeit nach Paris. Im April 1944            Verteidigungspläne von Paris, ferner Unter­lagen
                                                   schäftigt.                                                      wurden einige Mitglieder in Paris verhaftet, so-             über Abschussrampen der V1 und V2. Diese In-
                                                                                                                   dass der Rest, unter ihnen Paula Kaufmann, unter             formationen gelangten über einen Mittelsmann
                                                   Nach dem »Anschluss« flüchtete sie in die Nieder­
                                                                                                                   großen Mühen nach Limoges auswich.                           an die Résistance und nach London.
                                                   lande und plante eine Auswanderung nach Pa-
                                                   lästina. Zur beruflichen Vorbereitung arbeitete sie             Mit Hilfe eines gefälschten Empfehlungsschrei-               Durch den Verrat von zwei Spitzeln kam die SIPO
                                                   ab Dezember 1938 im Werkdorp hachschara (zio-                   bens, das ihr eine erfolgreiche Tätigkeit in einer           Paula Kaufmann auf die Spur. Ihre Verhaftung
                                                   nistisches Trainingsprogramm) in Wieringer­meer                 Wehrmachtsdienststelle in Rouen bescheinigte,                erfolgte am 18. Juli 1944. Paula Kaufmann war
                                                   (Niederlande). Nach der Liquidierung dieser Ein-                wollte sie eine ähnliche Beschäftigungsmöglich-              zuerst im Gefängnis Fresnes inhaftiert, ab 11. Au-
                                                   richtung fand sie Ende 1941 eine Beschäftigung                  keit bei der Wehrmachtskommandantur in Limo-                 gust 1944 in Drancy interniert, von wo aus seit
                                                   in einem jüdischen Krankenhaus (Amsterdam).                     ges sondieren. Als diese Bewerbung erfolgreich               Sommer 1942 fast wöchentlich die Todestransporte
                                                                                                                   verlief, entwickelte Paula Kaufmann noch küh-                nach Auschwitz rollten. Kaufmanns Depor­tation
                                                   Aufgrund der massenhaften Razzien und Deporta­
                                                                                                                   nere Ambitionen. Sie gelangte mittels ihrer gut              erfolgte am 17. August 1944 (Convoi 79). Im Jänner
                                                   tionen von Juden und Jüdinnen lebte sie ab Jänner
                                                                                                                   gefälschten Papiere problemlos nach Paris und                1945 KZ Bergen-Belsen, vier Wochen später nach
                                                   1943 als »U-Boot« in Haarlem. Ihre Helfer und
                                                                                                                   meldete sich in der Avenue Foch, 72, dem Sitz                Buchenwald/Kommando Raguhn (Häftlings-Nr.
                                                   Quartiergeber waren Frans und Harry Gerrit­sen, die
                                                                                                                   der Pariser Gesta­po! Paula Kaufmann gelang es,              57.245), zuletzt nach Theresienstadt, wo Paula
                                                   der so genannten Westerweel-Gruppe angehörten.
                                                                                                                   eine Anstellung in der Bau- und Verwaltungs-                 Kaufmann im Mai 1945 das Kriegsende erlebte.
                                                   Dabei handelte es sich um eine niederländische,
                                                                                                                   stelle der SIPO (Sicherheitspolizei) zu erhalten.
                                                   transnational operierende Widerstandsgruppe,                                                                                 Rückkehr in die Niederlande, 1948 Auswanderung
                                                                                                                   Dort konnte sie äußerst wichtige Informationen
                                                   die vor allem mit Fluchthilfe für bedrohte Juden                                                                             nach Herzliah (Israel). 2013 in Tel Aviv gestorben.

                                                   Der Geburtsort von Paula Kaufmann:        Das zionistische            Limoges im Jahr 1944                1940–1944 Sitz der Pariser Gestapo             Die Befreiung von Theresienstadt,
                                                   Dabrowa Tarnowska in Polen                Trainings­programm                                                                                             1945
                                                                                             Werkdorp Hachschara

                                                                                                                                                                                                          Bildung
                                                                                                                                                                                                          und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                               Franz Marek                                                                                  D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 15

            Geboren am 18. April 1913 als Efraim Feuerlicht           und verschiedene Tätigkeitsbereiche des Wider-                        Spiegel und Anna Peczenik, aufgrund eines Ver-
            im galizischen Przemysl. 1914 übersiedelte seine          standes ausländischer Kommunisten in Frankreich                       rats von Uitz etwas außerhalb von Paris durch
            Familie nach Wien. 1931 bis 1934 Studium an der           koordinierte. In Zusammenarbeit mit Antonie Lehr                      die Gestapo verhaftet. Überführung ins Militär-
            philosophischen Fakultät der Universität Wien,            verfasste Marek fast zur Gänze den »Soldat im                         gefängnis Fresnes, am 18. August 1944 durch
            eng befreundet mit Jura Soyfer. Nach dem Fe-              Westen«, von dem 30 Nummern nachgewiesen                              aufständische Franzosen befreit.
            bru­ar 1934 trat er der KPÖ bei. Ab Herbst 1935           sind. Die Auflage dieser teils hekto­graphierten,
                                                                                                                                            Im August 1945 Rückkehr nach Wien. Seit 1946
            Leiter des zentralen Agitprop-Apparats.                   teils auch gedruckten Untergrundzeitung betrug
                                                                                                                                            Mitglied des ZK der KPÖ. Marek war nach eige-
                                                                      zeitweilig 60.000 Exemplare pro Nummer.
            Im April 1938 Emigration nach Paris. Ab 8. Sep-                                                                                 nem Bekunden ein »glühender Stalinist«, wandte
            tember 1939 im Lager Meslay-du-Maine (Dépar-              Marek war im Rahmen des TA für vor allem für                          sich jedoch seit Mitte der 1960er-Jahre vom dog-
            tement Mayenne) interniert. Im April 1940 wurde           die illegale Propaganda verantwortlich, ferner in-                    matischen Parteikommunismus Moskauer Prä-
            Marek in eine so genannte Prestataires-Kompanie           struierte er die »Interregionalen Instrukteure«, die                  gung ab und verfocht, ähnlich wie Ernst Fischer,
            (militärischer Arbeitsdienst für Ausländer) auf­          den »Einbau« von österreichischen Anti­faschisten                     einen Reformkurs. 1970 Ausschluss aus der KPÖ.
            genommen. Ende Juli 1940 Demobilisierung.                 in zivile und militärische Dienststellen der deut-                    Von 1970 bis 1979 fungierte er als Chefredakteur
                                                                      schen Besatzungsmacht kontrollierten und die                          des »Wiener Tagebuch«.
            Um die Jahreswende 1941/42 überquerte Marek
                                                                      »Eingebauten« mit illegalem Material versorgten.
            die Demarkationslinie, kehrte ins besetzte Paris                                                                                Franz Marek verstarb am 28. Juni 1979 in Neu­
            zurück und fungierte als Redakteur des »Soldat            Im November 1943 wurde die Tätigkeit des TA                           kirchen (Oberösterreich).
            im Westen«. Ab diesem Zeitpunkt gehörte er auch           durch eine Verhaftungswelle immens geschwächt,
            dem Dreierkopf des Travail Allemand (TA) an, der          Marek delegierte im April 1944 einen Teil seiner
            im Sommer 1941 unter der Ägide des PCF bzw.               Aufgaben an Eduard Uitz. Am 11. August 1944
            der MOI (Main d´oeuvre immigré) entstanden war            wurde er, ebenso wie seine Lebensgefährtin Tilly

            Przemysl, der Geburtsort von Franz Marek   An der Universität war Marek   Bestätigung des nationalen Militärkomitees der        Befreiung von Paris im August 1944
                                                       mit Jura Soyfer befreundet     Francs Tireurs et Partisans Francais (FTPF), Paris,
                                                                                      vom 25. August 1944 (DÖW)

                                                                                                                                                                             Bildung
                                                                                                                                                                             und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                           Josef Meisel                                                                                     D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 16

            Geboren am 18. April 1911 in Waag-Neustadtl                  zu errichten und österreichi­sche Antifaschisten, die              aus Auschwitz, Kontakte mit polnischen Partisa-
            (Slo­wakei). Tischlerlehre. Ende 1925 trat er dem            in Wehrmachtsdienststellen »ein­gebaut« werden                     nen. Ende Jänner 1945 kam Meisel nach Krakau,
            Kommunistischen Jugendverband (KJV) bei, 1929                sollten, mit Untergrund­zeitungen zu versorgen und                 anschließend nach Moskau. Hier konnte er als ers-
            der KPÖ. Im Februar 1934 an der Verteidigung                 ihre Berichte entgegen zu nehmen, die er sodann                    ter Österreicher den führenden KPÖ-Funktionären
            des Goethe­hofs beteiligt. Nach der Niederschla-             – in Intervallen von jeweils mehreren Wochen –                     (Johann Koplenig, Ernst Fischer) detailliert über
            gung des Schutzbund-Aufstands Flucht in die                  an Marek weiter­leitete. Meisels Tätigkeitsbereich                 den Widerstand in Frankreich und der »Ostmark«
            Tschecho­slowakei. Von Juli 1934 bis Juli 1936 Be-           erstreckte sich bis nach La Rochelle. Er betreute                  Bericht erstatten – seit 1941(!) waren fast alle Ver-
            such der Internationalen Lenin-Schule (Moskau),              in dieser Funktion folgende Widerstandskämpfer:                    bindungen und zuverlässigen Informations­quellen
            einer kommunistischen Kaderschmiede. Nach der                Alfred Eidinger, Elisabeth Eidinger, Hans Bily, Alfred             abgerissen. August 1945 Rückkehr nach Wien.
            Rückkehr im Oktober 1936 verhaftet und vom                   Loner, Alfred Ochshorn, Fritz Weiss.
                                                                                                                                            1946 bis 1964 KPÖ-Landessekretär in Nieder­öster­
            Leiter des Po­li­zei­kommissariats Ottakring schwer
                                                                         Im Februar 1943 kehrte Meisel, mit falschen Pa-                    reich, zwischen 1946 und 1969 gehörte er dem
            misshandelt. Ein Jahr Haft, anschließend im An-
                                                                         pieren als französischer Zivilarbeiter getarnt, nach               Zentralkomitee der KPÖ an. 1970 Ausschluss aus
            haltelager Wöllersdorf.
                                                                         Österreich zurück, gemeinsam mit Ludwig Beer                       der KPÖ. Gestorben am 11. Februar 1993 in Wien.
            Mai 1938 bis Februar 1939 im Spanischen Bürger­              und anderen. Am 17. Mai 1943 in Wien von der
                                                                                                                                            Tragisch verlief das Schicksal seiner Familie:
            krieg, ab Mai 1939 Belgien. Nach dem deutschen               Gestapo verhaftet, gab Meisel trotz einer Reihe
                                                                                                                                            Der Vater (Jakob Meisel) lebte seit 1934 in der
            Angriff Internierung im französischen Internierungs­         von Folterverhören nichts über die »Fremdarbei-
                                                                                                                                            UdSSR und fiel dem stalinistischen Massenterror
            lager St. Cyprien, aus dem er im Juli 1940 flüchtete.        terlinie« preis, sodass die übrigen zur Reorgani-
                                                                                                                                            zum Opfer. Ein Bruder, Paul Meisel (1909–1943)
            1942 überschritt Meisel mit einem gefälschten Pass           sation des kommunistischen Widerstands in die
                                                                                                                                            wurde in Auschwitz ermordet. Der zweite Bruder,
            die Demarkationslinie und kehrte in die besetzte             »Ostmark« transferierten Kader zunächst weiter
                                                                                                                                            Alexan­der Meisel (1904–1942) fiel im KZ Sachsen-
            Zone zurück. Von Franz Marek in Paris beauftragt, als        im Untergrund wirken konnten. Am 23. Februar
                                                                                                                                            hausen der Shoah zum Opfer.
            »Inter« von Bordeaux aus verschiedene Stützpunkte            1944 Deportation nach Auschwitz. Juli 1944 Flucht

            Josef Meisel in Moskau   Internierungslager in Wöllersdorf   Gestapo-Fotos von Josef Meisel        Flucht aus Auschwitz im Jahr 1944            Publikationen von Josef Meisel

                                                                                                                                                                        Bildung
                                                                                                                                                                        und Jugend
Österreicher und Österreicherinnen
            in der französischen Résistance 1940–1945
Foto: ZPA

                                                Alfred (auch: Gottfried) Ochshorn                                                                 D r. H a n s S c h a f r a n e k · 2021 · TA F E L 17

            Geboren am 6. April 1915 in Wien. Alfred Ochs­                      Am 30. Jänner 1943 wurden Ochshorn und zwei                       Organisationen einen Teil seiner Vergangenheit
            horns Eltern waren polnische Juden, sie stammten                    weitere österreichische TA-Aktivisten an ihren Ar-                aufdeckten. Nach Aberkennung der US-Staats­bür­
            aus Jagielnich (Galizien).                                          beitsstellen verhaftet, aufgrund der Denunziation                 gerschaft war Bartesch genötigt, in seine Heimat
                                                                                eines Wehrmachtssoldaten, den Ochs­horn zuvor                     zurückzukehren.
            1934 unternahm er eine Maturareise nach Frank-
                                                                                politisch »betreut« hatte. Das Trio kam zuerst für
            reich, kehrte jedoch anschließend aus politischen                                                                                     In Österreich hatte der Mörder von Alfred Ochs­
                                                                                drei Monate ins Fort du Ha (Bordeaux), anschlie-
            Gründen nicht nach Österreich zurück. Seit Herbst                                                                                     horn indes nichts zu befürchten. Drei Tage nach
                                                                                ßend in die Festung Romainville (bei Paris), und
            1936 im Spanischen Bürgerkrieg, zunächst im                                                                                           seiner Einreise meldete sich Bartesch zusammen
                                                                                im Sommer 1943 über das Durchzugslager Saar-
            Bataillon »Edgar André«. Ab Jänner 1937 wurde                                                                                         mit seiner Frau ordnungsgemäß bei der Polizei in
                                                                                brücken ins KZ Mauthausen.
            Ochshorn als Sprecher deutscher Sendungen                                                                                             Weyregg, wurde einige Stunden einvernommen
            (täglich von 22 bis 23 Uhr) bei Radio Madrid ver-                   Hier ermordete der SS-Schütze Martin Bartesch                     und anschließend im Polizeigefangenenhaus Wels
            wendet, auf der Kurzwelle 29,8 des »deutschen                       am 20. Oktober 1943 bei der so genannten »Kies-                   in Schubhaft genommen. Aufgrund der skizzier-
            Freiheitssenders«, der seinen Standort in Pozuela                   grube« den Widerstandskämpfer (»auf der Flucht                    ten Vorgeschichte konnte er jedoch nicht abge-
            del Rey, nordöstlich von Madrid, hatte.                             erschossen«), der als »französischer Jude« unter                  schoben werden. Nach wenigen Tagen verließ
                                                                                dem Namen und Geburtsdatum seines Bruders                         er die Haftanstalt als freier Mann, es folgte auch
            Nach dem Grenzübertritt (Februar 1939) in fran-
                                                                                Max eingeliefert worden war.                                      keine Anklageerhebung.
            zösischen Internierungslagern (Gurs, Argelès-
            sur-­­Mer). Ab Juli 1942 war er im Rahmen des                       Der Mörder blieb jahrzehntelang unbehelligt, bis
            TA (Travail Allemand) aktiv und ließ sich unter                     1955 lebte er in Seewalchen, anschließend ließ
            falscher Identität, d. h. als Franzose getarnt, als                 er sich in den USA nieder und erlangte 1966
            Dolmetscher bei einer deutschen Dienststelle in                     die amerikanische Staatsbürgerschaft. Erst 1987
            Bordeaux »einbauen«.                                                holte ihn seine Vergangenheit ein, als jüdische

            Blick vom Fort du Ha Richtung Altstadt   Die Festung Romainville bei Paris                   Artikel zum Mörder von Alfred Ochshorn         Bericht der Zeitschrift des KZ-Ver­bandes
            Bordeaux                                                                                     in der AZ vom 3. Juni 1987                     »Mahnruf«, 1987

                                                                                                                                                                                   Bildung
                                                                                                                                                                                   und Jugend
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