WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018 - news.wko.at/kmu - Newsportal der Wirtschaftskammer ...

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WIRTSCHAFTSKRAFT
            KMU 2018

news.wko.at/kmu
Österreichs KMU
im Überblick

                             249.000 kmu
                            beschäftigen 1,7 Mio. Menschen

                                               Im Jahr 2015 haben

     62.000.000.000 €                          die österreichischen
                                               KMU Waren im Wert
                                               von mehr als
                                               62. Mrd. € exportiert

     Unternehmen       Beschäftigungsanteil

                                                                       22,1 %
                                           Kleinstunternehmen
                                                    0–9 Beschäftigte
                        Die KMU sind

        99,6            Arbeitgeber für
                        über 65 % der        Kleinunternehmen
                                                  10–49 Beschäftigte   23,7 %
         KMU            unselbständig
                        Beschäftigten
                                          Mittlere Unternehmen
                                                50–249 Beschäftigte    19,9 %

        0,4 %
     Großunternehmen
                                              Großunternehmen
                                           250 und mehr Beschäftigte   34,4 %

2                                                        WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
96,4 %                                               aller
                                             Ausbildungsbetriebe
                                                  sind KMU.

KMU bilden 64 von 100 Lehrlingen aus. Das sind 55.000 Lehrlinge.

62,8 %
   der Umsätze
erwirtschaften KMU

                             KMU tätigen
                             60,7 %
                                  der
                             Investitionen
                                             401 Mrd. €
                                                Umsatzerlöse

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                         3

Vorwort

     Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) prägen die österreichische Wirtschaft. Im Jahr 2015
     zählten rund 248.800 Unternehmen bzw. 99,6 % der Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft
     zu den KMU. Seit 2008 haben diese per Saldo mehr als 61.000 zusätzliche Arbeitsplätze für
     selbstständig und unselbstständig Beschäftigte geschaffen. Die Umsätze sind um mehr als 10 %
     gestiegen, die Bruttowertschöpfung um fast 16 %. Damit beschäftigten KMU fast zwei Drittel der
     heimischen Erwerbstätigen und tragen in etwa 60 % zu den Umsätzen, der Wertschöpfung und
     den Bruttoinvestitionen der gewerblichen Wirtschaft bei.

     Die vorliegende Broschüre „Wirtschaftskraft KMU“ liefert eine umfassende Datenbasis zu Be-
     deutung und Entwicklung der österreichischen kleinen und mittleren Unternehmen. Zudem wird
     das Thema Bürokratie analysiert. Der große Einfluss der Bürokratie auf KMU impliziert, dass
     Bürokratieabbau weiter forciert werden muss, um die unternehmerische Freiheit zu erhöhen und
     dadurch den Wirtschaftsstandort Österreich attraktiver zu machen.

     Weitere zentrale Bereiche zur Förderung von KMU und Unternehmertum in Österreich umfassen
     Investitionen und eine moderne Unternehmensfinanzierung, Innovationen und Digitalisierung,
     Internationalisierung sowie die finanzielle Entlastung von Unternehmen. Zudem gilt es, der Wirt-
     schaft die notwendigen Fachkräfte zu sichern. Wichtige Forderungen in diesen Bereichen ebenso
     wie bereits erzielte Erfolge finden sich in dieser Broschüre.

4                                                                         WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
Rahmenbedingungen unternehmerfreundlich gestalten                                                1   2   3   4   5

Inhalt

1. 	Executive Summary                                                                      5

2. KMU prägen unsere Wirtschaft                                                            11

    2.1   Welche Bedeutung haben KMU für die österreichische Wirtschaft?                   11
    2.2   Wie haben sich die österreichischen KMU bis heute entwickelt?                    12
    2.3   Wie positionieren sich österreichische KMU im internationalen Vergleich?         14
    2.4   Wie gestaltet sich die betriebswirtschaftliche Situation österreichischer KMU?   15
    2.5   Welche Rolle spielen KMU als Arbeitgeber und Lehrlingsausbildner?                16
    2.6   KMU und Digitalisierung                                                          18
    2.7   KMU und Innovation                                                               19
    2.8   KMU und Internationalisierung                                                    20

3. 	Bürokratie                                                                             21

  3.1 Bürokratie-Begriff                                                                   21
		3.1.1 Bürokratie und Unternehmer                                                         21
		    3.1.2 Unterscheidung in Bürokratiebereiche                                           22
  3.2 Small Business Act (SBA)                                                             23
  3.3 Bürokratie in Zahlen                                                                 25

4. 	Rahmenbedingungen
	unternehmerfreundlich gestalten                                                           29
    4.1 Forderungen                                                                        29
    4.2 Erfolge                                                                            32

5. Anhang                                                                                  35

    Definition KMU                                                                         35
    Entwicklung der österreichischen KMU                                                   35
    Branchenvergleiche                                                                     36
    KMU im internationalen Vergleich                                                       38
    Betriebswirtschaftliche Situation und Entwicklung der KMU                              39
    KMU als Arbeitgeber und Lehrlingsausbildner                                            42

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                       5

6   WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
Executive Summary                                                                                    1   2   3   4   5

1. Executive Summary

Die österreichische Wirtschaft wird von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) geprägt. 99,6 %
aller Betriebe der gewerblichen Wirtschaft haben weniger als 250 Beschäftigte und zählen damit
zu den KMU. Diese rund 248.800 Unternehmen beschäftigten 2015 mehr als 1,7 Mio. selbstständig
und unselbstständig Erwerbstätige und erzielten Umsätze in der Höhe von rund 401 Mrd. Euro
sowie eine Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten von mehr als 99 Mrd. Damit gaben die KMU 2015
fast zwei Drittel aller Beschäftigten innerhalb der gewerblichen Wirtschaft einen Arbeitsplatz und
haben 63 % zu den Erlösen sowie 59 % zur gesamten Wertschöpfung beigetragen. Zudem entfielen
61 % aller im Jahr 2015 getätigten Bruttoinvestitionen (rund 16 Mrd. Euro) auf KMU.

Darüber hinaus spielen die heimischen KMU für die Lehrlingsausbildung eine wichtige Rol-
le, denn sie bilden fast zwei Drittel der Lehrlinge der gewerblichen Wirtschaft aus (2015: rund
54.600). Das duale Ausbildungssystem in Österreich gilt international als Vorzeigemodell.

Innerhalb der KMU handelt es sich beim Großteil (2015: rund 85 %) um Kleinstunternehmen mit
weniger als 10 Mitarbeitern. Die Beschäftigten von KMU verteilen sich relativ gleichmäßig auf
die einzelnen Größenklassen. Im Jahr 2015 arbeiteten rund 24 % in Kleinbetrieben mit 10 bis 49
Beschäftigten, rund 22 % in Kleinstunternehmen und rund 20 % in mittleren Unternehmen mit
50 bis 249 Arbeitnehmern. Die meisten Lehrlinge werden von Kleinunternehmen mit 10 bis 49
Beschäftigten ausgebildet (2015: 32 %). Der höchste Anteil des Outputs entfällt auf die mittleren
Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten (2015: 27 % der Umsätze, 23 % der Bruttowertschöp-
fung und 30 % der Bruttoinvestitionen).

Für den Zeitraum 2008 bis 2015 zeigt sich eine dynamische Entwicklung der Beschäftigten
(+3,7 %) sowie der Umsätze (+10,2 %) und der Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten (+15,5 %)
von österreichischen KMU. Das Wachstum bei den Beschäftigten und der Wertschöpfung ist zu-
dem höher ausgefallen als im EU-Durchschnitt.1

Die Ergebnisse aus dem WKO Wirtschaftsbarometer von 2017 zeigen eine deutlich verbesserte
Stimmung bei den KMU. Im Frühjahr 2017 haben die Unternehmer das Wirtschaftsklima erst-
mals seit dem Frühjahr 2011 wieder mehrheitlich positiv eingeschätzt. Auch im Herbst 2017 zeigt
sich im Vergleich 2016 eine deutliche Verbesserung.

Die heimischen KMU erzielten im Bilanzjahr 2015/16 im Durchschnitt eine Umsatzrentabilität in
Höhe von 3,6 % der Betriebsleistung. Das bedeutet, dass die Unternehmen je 100,00 Euro Umsatz
einen durchschnittlichen Gewinn (vor Ertragssteuern) in Höhe von 3,60 Euro erwirtschafteten. Im
Zeitverlauf sind die Renditen tendenziell gestiegen. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote lag
bei 30,4 % und somit über dem aus betriebswirtschaftlicher Sicht anzustrebendem Mindestricht-
wert von 30 % und hat sich im 5-Jahesvergleich kontinuierlich verbessert.

1 Für die Umsätze liegen keine vergleichbaren Daten vor.

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                           7

Verteilung der Unternehmen nach Größenklassen

                            0-9                  10-49               50-249                   250 und mehr Beschäftigte

                Unternehmen                                              85                                               13   2 0,4

                  Beschäftigte
                    insgesamt               22                   24                      20                        34

                    Lehrlinge         12                   32                            21                     35

                Umsatzerlöse          15                  21                       27                          37

         Bruttowertschöpfung           15                 21                   23                             41
              zu Faktorkosten

           Bruttoinvestitionen        12             19                       30                              39

                                 0%        10%     20%         30%     40%         50%        60%    70%     80%        90%    100%

        Basisjahr 2015
        Auf Grund des Erfassungsumfangs der Leistungs- und Strukturstatistik (ÖNACE B-N, S95) kann es zu
        Untererfassungen einzelner Sparten/Fachverbände in der Auswertung nach der Kammersystematik
        kommen. Dies betrifft in der Auswertung nach Sparten insbesondere die Bereiche Tourismus und Frei-
        zeitwirtschaft sowie Gewerbe und Handwerk.
                                                                                  Quelle: Statistik Austria

     Der Anteil, der KMU, der Informations- und Kommunikationstechnologien nutzt, ist in Österreich
     fast durchwegs höher als im EU-28-Durchschnitt, jedoch deutlich niedriger als bei österreichi-
     schen Großunternehmen. Beinahe jedes Unternehmen (ab 10 Beschäftigten)2 verfügt über einen
     Internetzugang. 88 % aller österreichischen KMU hatten 2016 bereits eine eigene Homepage
     (gegenüber 77 % bei KMU im EU-Durchschnitt und 99 % aller Großunternehmen in Österreich).

     Fast die Hälfte der österreichischen KMU mit mindestens 10 Beschäftigten hat 2016 soziale Me-
     dien genutzt. Jeweils mindestens 40 % haben zudem ERP-Softwarepakete bzw. Software-Lösun-
     gen wie Customer Relationship Management verwendet.

     58 % aller heimischen KMU ab 10 Beschäftigten haben im Zeitraum 2012 bis 2014 Innovationen
     durchgeführt. Der Anteil ist desto höher je größer die Unternehmensklasse ist und in Österreich
     höher als im EU-Durchschnitt (KMU: 48 %). Differenziert nach Innovationsarten meldeten die
     meisten KMU organisatorische Innovationen (36 %) bzw. Prozessinnovationen (31 %). Jeweils
     rund 29 % haben Produktinnovationen und Marketinginnovationen durchgeführt.

     Die Innovationsausgaben der österreichischen KMU beliefen sich im Jahr 2014 auf mehr als
     3 Mrd. Euro. 59 % davon wurden für unternehmensinterne Forschung und experimentelle Ent-
     wicklung verwendet, rund 26 % für den Erwerb von Maschinen, Ausrüstung, Software und Ge-
     bäuden für Innovationen.

     2 Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten werden nicht erhoben.

8                                                                                                       WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
Executive Summary                                                                                        1   2   3   4   5

Die österreichischen KMU haben 2015 Waren im Wert von rund 80 Mrd. Euro importiert und Güter
im Wert von mehr als 62 Mrd. Euro exportiert. Dies sind rund 61 % aller Einfuhren bzw. rund 48 %
aller Ausfuhren. Der größte Anteil entfiel auf mittlere Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten.
Der Außenhandel von KMU erfolgt großteils mit EU-Ländern. Auf diese entfielen 2015 jeweils
rund drei Viertel des Import- bzw. Exportwertes. Gegenüber 2012 sind die Einfuhren von KMU um
0,9 % zurückgegangen und die Ausfuhren um 5,5 % gestiegen.

Staatliche und gemeinschaftliche Regelungen bieten KMU eine Struktur und einen Ordnungs-
rahmen, in dem sich Unternehmertum erfolgreich entfalten kann. Der Themenbereich „Bürokra-
tie und Unternehmertum“ hat in der öffentlichen und politischen Diskussion und in den Medien
einen zentralen Platz eingenommen – vielfach im Kontext der Vereinfachung bzw. Entlastung von
bürokratischen Aufgaben.

Durch die Erfüllung von Verwaltungsleistungen entsteht für die Unternehmer üblicherweise ein
zeitlicher und monetärer Aufwand. Laut WKO Wirtschaftsbarometer vom Herbst 2017 nennen
besonders viele Unternehmen (82 %) Rechtsvorschriften, die das Arbeitsrecht und die Arbeitszeit
betreffen, als Verursacher von Bürokratie. Arbeitsschutz und Gesundheit, Steuergesetzgebung
und Genehmigungsverfahren bzw. Betriebsanlagen folgen auf den nächsten Plätzen.

Als Beispiel sei der Bekleidungshandel in Österreich genannt. Bei Unternehmen unter 10 Mit-
arbeitern sind durchschnittlich 0,9 Mitarbeiter teilweise und 0,3 Mitarbeiter ausschließlich mit
bürokratischen Aufgaben betraut. In Unternehmen mit 10 und mehr Mitarbeitern beläuft sich die
Zahl auf 3,4 Mitarbeiter die teilweise, und auf 2,4 Mitarbeiter, die ausschließlich mit bürokrati-
schen Aufgaben betraut sind; und der Bekleidungshandel ist eine Branche, die keinen speziellen
Regelungen (z.B. Verarbeitung gefährlicher Stoffe; Hygienevorschriften etc.) unterworfen ist.

  Entwicklung der KMU, Veränderung 2015 gegenüber 2008 in %

   Beschäftigte insgesamt            3,7

            Umsatzerlöse                                     10,2

     Bruttowertschöpfung
                                                                                  15,5
          zu Faktorkosten

                            0    2         4     6       8          10   12      14      16      18

  Auf Grund des Erfassungsumfangs der Leistungs- und Strukturstatistik (ÖNACE B-N, S95) kann es zu
  Untererfassungen einzelner Sparten/Fachverbände in der Auswertung nach der Kammersystematik
  kommen. Dies betrifft in der Auswertung nach Sparten insbesondere die Bereiche Tourismus und Frei-
  zeitwirtschaft sowie Gewerbe und Handwerk.
                                                                            Quelle: Statistik Austria

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                               9

Der „Small Business Act“ für Europa erfasst die zentrale Rolle der kleinen und mittleren Unter-
      nehmen (KMU) für die Wirtschaft der Europäischen Union. Zwei der zehn Grundsätze betreffen
      explizit KMU und Bürokratie. Der Zielerreichungsgrad auf Länderebene lässt sich jährlich den
      erscheinenden „SBA Factsheets“ entnehmen: Unternehmertum, Handelsfreiheit, persönliche
      Freiheit, Rechtssystem und Rechtsstaatlichkeit, politische Stabilität und der Schutz der Eigen-
      tumsrechte im Land werden als Stärken des Wirtschaftsstandorts Österreich identifiziert. Als
      Schwachpunkte gelten eine hohe Steuerbelastung, hohe Sozialversicherungsbeiträge, die Ko-
      sten für Bürokratie („Red Tape“), Gesetze, Verordnungen und Gesetzgebung, und die Nachhal-
      tigkeit der öffentlichen Finanzen. Dazu kommen die Größe der Regierung und die Art und Weise,
      wie europäisches Rechts umgesetzt wird („Golden Plating“).

10                                                                        WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
KMU prägen unsere Wirtschaft                                                                               1   2   3   4   5

2. KMU prägen unsere
    Wirtschaft

2.1 Welche Bedeutung haben KMU
     für die österreichische Wirtschaft?

Kleine und mittlere Unternehmen, d. s. Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten, domi-
nieren die österreichische Wirtschaft. Im Jahr 2015 zählten mehr als 248.800 bzw. 99,6 % aller
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in Österreich zu den KMU. Diese beschäftigten mehr
als 1,7 Mio. Personen bzw. fast zwei Drittel aller selbstständig und unselbstständig Erwerbstätigen.

Bei den meisten KMU (rund 85 %) handelt es sich um Kleinstunternehmen mit weniger als 10
Mitarbeitern. Die Beschäftigten von KMU verteilen sich relativ gleichmäßig auf die einzelnen
Größenklassen. Rund 24 % arbeiten in Kleinbetrieben mit 10 bis 49 Beschäftigten, rund 22 % in
Kleinstunternehmen und rund 20 % in mittleren Unternehmen mit 50 bis 249 Arbeitnehmern.

  Unternehmen und Beschäftigte 2015

                                                          Unternehmen            Beschäftigte insgesamt
                                                Absolut      Anteil in %       Absolut       Anteil in %
  0-9 Beschäftigte                             211.892             84,8       572.353              22,1
  10-49 Beschäftigte                            31.790             12,7       613.649              23,7
  50-249 Beschäftigte                            5.131              2,1       514.193              19,9

  0-249 Beschäftigte (KMU)                    248.813             99,6      1.700.195             65,6

  250 und mehr Beschäftigte (GU)                1.090              0,4        889.817             34,4
  Gesamte gewerbliche Wirtschaft              249.903            100,0      2.590.012            100,0

  Auf Grund des Erfassungsumfangs der Leistungs- und Strukturstatistik (ÖNACE B-N, S95) kann es zu
  Untererfassungen einzelner Sparten/Fachverbände in der Auswertung nach der Kammersystematik
  kommen. Dies betrifft in der Auswertung nach Sparten insbesondere die Bereiche Tourismus und Frei-
  zeitwirtschaft sowie Gewerbe und Handwerk.
  KMU = Kleine und mittlere Unternehmen
  GU = Großunternehmen                                                      Quelle: Statistik Austria

Die KMU erzielten im Jahr 2015 Umsätze in der Höhe von 401 Mrd. Euro und eine Bruttowert-
schöpfung zu Faktorkosten von mehr als 99 Mrd. Euro. Dies sind rund 63 % der Erlöse und rund
59 % der Wertschöpfung der gewerblichen Wirtschaft in Österreich. Zudem tätigten die KMU
2015 mit mehr als 16 Mrd. Euro fast 61 % der gesamten Bruttoinvestitionen.

Innerhalb der KMU entfiel der höchste Anteil des Outputs auf die mittleren Unternehmen mit
50 bis 249 Beschäftigten (2015: 27 % der Umsätze, 23 % der Bruttowertschöpfung und 30 % der
Bruttoinvestitionen).

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                                 11

Output in Mio. Euro 2015
                                                            Umsatzerlöse      Bruttowertschöpfung        Bruttoinvestitionen
                                                                                   zu Faktorkosten
                                                      Absolut Anteil in %       Absolut Anteil in %      Absolut Anteil in %
         0-9 Beschäftigte                             95.044          14,9      25.974         15,5       3.316         12,3
         10-49 Beschäftigte                          131.722          20,6      34.914         20,8       5.074         18,8
         50-249 Beschäftigte                         174.716          27,3      38.459         22,9       8.008         29,7

         0-249 Beschäftigte (KMU)                    401.483          62,8     99.347          59,2      16.399         60,7

         250 und mehr Beschäftigte (GU)              237.708         37,2      68.471          40,8      10.600         39,3
         Gesamte gewerbliche Wirtschaft              639.190        100,0     167.818         100,0      26.999        100,0

         Auf Grund des Erfassungsumfangs der Leistungs- und Strukturstatistik (ÖNACE B-N, S95) kann es zu
         Untererfassungen einzelner Sparten/Fachverbände in der Auswertung nach der Kammersystematik
         kommen. Dies betrifft in der Auswertung nach Sparten insbesondere die Bereiche Tourismus und Frei-
         zeitwirtschaft sowie Gewerbe und Handwerk.
         KMU = Kleine und mittlere Unternehmen; GU = Großunternehmen               Quelle: Statistik Austria

      2.2 Wie haben sich die österreichischen KMU
           bis heute entwickelt?

      Im Zeitraum 2008 bis 2015 sind die Anzahl der Beschäftigten um 3,7 %, die Umsätze um 10,2
      % und die Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten um 15,5 % gestiegen. Hier sind in allen KMU-
      Größenklassen Zuwächse zu beobachten. Die Anzahl der KMU ist um 1,3 % zurückgegangen. Der
      Rückgang ist ausschließlich auf Unternehmen mit weniger als 5 Beschäftigten zurückzuführen.3
      Die Bruttoinvestitionen liegen 2015 um 11 % unter dem Niveau von 2008. Eine Ausnahme stellen
      hier die mittleren Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten dar, die 2015 um fast 14 % mehr
      Investitionen tätigten als 2008.

      Eine detaillierte jährliche Betrachtung zeigt für die Anzahl der Unternehmen, die Beschäftigten,
      die Umsätze sowie die Bruttowertschöpfung der österreichischen KMU – nach Rückgängen im
      Krisenjahr 2009 – zwischen 2010 und 2014 fast durchwegs eine positive Entwicklung. Während
      die Wertschöpfung der KMU im Jahresvergleich 2014/15 weiter gestiegen ist, ist es bei den üb-
      rigen Indikatoren zu Rückgängen gekommen. Bei den Bruttoinvestitionen zeigt sich eine gegen-
      sätzliche Entwicklung. Diese konnten sich nach einem Einbruch während der Wirtschaftskrise
      in den Folgejahren kaum erholen, wobei das Wachstum zwischen 2014 und 2015 am höchsten
      ausfiel.

      3 Unternehmen ohne unselbstständig Beschäftigten werden erst ab einem Jahresumsatz von mehr als 10.000,– Euro in die
         Statistik einbezogen. Deshalb ist die Entwicklung der Anzahl der Unternehmen in diesem Bereich mit Vorsicht zu interpre-
         tieren, da es hier auch zu „Registereffekten“ kommen kann.

12                                                                                             WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
KMU prägen unsere Wirtschaft                                                                                                                      1   2   3   4   5

  Entwicklung der KMU, 2008–2015 (Index: 2008=100)

      120

      110

      100

      90

      80

                                                                                                                                Index: 2008=100
      70
                   2008           2009              2010            2011             2012            2013             2014             2015

                          Unternehmen            Beschäftigte            Umsatz             Bruttowertschöpfung             Bruttoinvestitionen

  Auf Grund des Erfassungsumfangs der Leistungs- und Strukturstatistik (ÖNACE B-N, S95) kann es zu
  Untererfassungen einzelner Sparten/Fachverbände in der Auswertung nach der Kammersystematik
  kommen. Dies betrifft in der Auswertung nach Sparten insbesondere die Bereiche Tourismus und Frei-
  zeitwirtschaft sowie Gewerbe und Handwerk. 
                                                                                                                  Quelle: Statistik Austria

Der Wirtschaftsbarometer von 2017 zeigt eine deutlich verbesserte Stimmung bei den KMU. Im
Frühjahr 2017 haben die Unternehmer das Wirtschaftsklima erstmals seit dem Frühjahr 2011
wieder mehrheitlich positiv eingeschätzt. Im Herbst 2017 hat sich der Saldo aus positiven und
negativen Antworten in Hinblick auf das bisherige Wirtschafsklima noch weiter erhöht.

Sowohl für die vergangenen als auch für die kommenden 12 Monate melden die KMU im Herbst
2017 für die Beschäftigung, die Gesamtumsätze, die Auftragslage, die Kapazitätsauslastung so-
wie das Investitionsvolumen mehrheitlich eine positive Entwicklung. Im Vergleich zu den Antwor-
ten vom Herbst 2016 ist überall eine deutliche Verbesserung festzustellen.

  Wirtschaftsklima KMU, Herbst 2017 (Saldo aus positiven und negativen Antworten)

  60%

  40%

  20%

      0%

  -20%

  -40%

  -60%
            2008           2009         2010         2011         2012            2013        2014          2015        2016          2017
                                               Wirtschaftsklima bisher                          Wirtschaftsklima erwartet

                                                                             Quelle: WKO Wirtschaftsbarometer, Herbst 2017

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                                                                        13

2.3 Wie positionieren sich österreichische KMU
           im internationalen Vergleich?

      Österreichische KMU haben sich im EU-Vergleich in den vergangenen Jahren dynamischer ent-
      wickelt. Besonders deutlich zeigt sich der Unterschied bei den Indikatoren Beschäftigung und
      Bruttowertschöpfung. Die EU-weite Beschäftigung in KMU lag 2015 1 % unter dem Vorkrisen-
      niveau des Jahres 2008, während in österreichischen KMU um 8 % mehr Personen beschäftigt
      waren als 2008. Die Steigerung der Bruttowertschöpfung fiel in Österreich mit +17 % gegenüber
      dem Jahr 2008 ebenfalls deutlicher aus, als im EU-Durchschnitt (+9 %).

        Gesamtwirtschaft: Entwicklung der Anzahl der Unternehmen, Beschäftigung, Bruttowertschöpfung
        von KMU in Österreich und den EU-28, 2008–2015 (Index 2008=100)

                  KMU Österreich         KMU EU-28             KMU Österreich         KMU EU-28             KMU Österreich          KMU EU-28

                   Anzahl der Unternehmen                            Beschäftigung                          Bruttowertschöpfung
        115
                                                                                                                                            117
        110                                         110
                                                    109                                         108                                         109
        105

        100
                                                                                                99

        95

         90
              2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015     2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015     2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

        Der angeführte Index beruht auf der Datenbasis des „Annual Report on European SMEs 2016/2017“
        der Europäischen Kommission und bezieht sich auf Daten der marktorientierten Wirtschaft (ÖNACE
        Abschnitte B-N) ohne Abschnitt K, welche nicht direkt mit den Auswertungen nach Kammersystematik
        im vorliegenden Bericht vergleichbar sind. Im Gegensatz zu den Daten nach Kammersystematik sind
        etwa auch die freien Berufe inkludiert. 2015: Schätzwert
                                                Quelle: Eurostat, DIWecon, Annual Report on European SMEs

      Unterteilt nach Wirtschaftssektoren zeigt sich folgendes Bild: Im Produktionsbereich war die
      Entwicklung in Österreich deutlich besser als im EU-Durchschnitt. Hier lagen alle betrachteten
      Indikatoren (Unternehmen, Beschäftigte, Wertschöpfung) 2015 über dem Niveau 2008. Im EU-
      Durchschnitt hat ausschließlich die Anzahl der Unternehmen wieder den Stand von 2008 er-
      reicht. Insbesondere die Beschäftigung, aber auch die Bruttowertschöpfung liegt bislang noch
      (deutlich) unter dem Vorkrisenniveau.

      Der Dienstleistungsbereich hat sich zwischen 2008 und 2015 sowohl in Österreich als auch in den
      EU-28 positiv und besser als die Produktion entwickelt. In Hinblick auf die Beschäftigung und
      Wertschöpfung ist das Wachstum in Österreich höher ausgefallen. Die Anzahl der Unternehmen
      ist im Jahresvergleich 2008/15 per Saldo im EU-Durchschnitt etwas stärker gestiegen.

14                                                                                                         WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
KMU prägen unsere Wirtschaft                                                                                                1   2   3   4   5

2.4 Wie gestaltet sich die betriebswirtschaftliche
     Situation österreichischer KMU?

Ertragssituation

Der größte Kostenblock in KMU4 sind Materialaufwendungen bzw. der Handelswareneinsatz.
Dieser Posten belief sich im Jahr 2015/16 im Durchschnitt auf rd. 47 % der Betriebsleistung. Auf
Rang 2 folgen die Personalkosten, die rund 23 % betrugen. Nach Abzug von Fremdleistungen,
Abschreibungen und sonstigen Aufwendungen und Berücksichtigung sonstiger Erträge und des
Finanzergebnis, verblieb ein durchschnittliches Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in
Höhe von 3,6 %.5

67 % der KMU erreichten im Bilanzjahr 2015/16 die Gewinnzone, 33 % schrieben Verluste.

   Kosten- und Ertragsstruktur der KMU 2015/16 in %

    Betriebsleistung                                                    100,0

    Materialaufwand                                                                             -46,7

    Fremdleistungen                                                   -10,9

      Sonst. Erträge                                                   +2,7

     Personalkosten                                     -22,6

    Abschreibungen                              -3,3

     Sonst. Aufwand                -15,1

      Finanzerträge         +0,4

     Finanzaufwand          -1,0
               EGT         +3,6
                                                                                                                    %

                       0          10       20          30       40        50          60   70           80   90   100
                                                   Erträge      Aufwendungen/Kosten

   Anmerkung: Gewerbliche Wirtschaft exkl. Banken und Versicherungen
                                                  Quelle: KMU Forschung Austria, Bilanzdatenbank

Finanzierungssituation

Für das langfristige Bestehen eines Unternehmens ist neben einem positiven Betriebsergebnis
vor allem eine solide Eigenkapitalausstattung erforderlich. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht
sollte die Eigenkapitalquote zumindest 30 % betragen. Die KMU der gewerblichen Wirtschaft
erreichten im Bilanzjahr 2015/16 im Durchschnitt eine Eigenkapitalquote von 30,4 %.

Banken sind in Österreich wesentliche Kapitalgeber der kleinen und mittleren Unternehmen. Im
Bilanzjahr 2015/16 beliefen sich die Bankverbindlichkeiten im Durchschnitt auf knapp 29 % des
Gesamtkapitals.

Im Bilanzjahr 2015/16 verfügten mehr als drei Viertel der österreichischen KMU über ein positi-
ves Eigenkapital. Auf der anderen Seite ist knapp ein Viertel der KMU überschuldet, hat also kein
positives Eigenkapital.

4 Die vorliegende Analyse beruht auf etwa 65.700 Jahresabschlüssen von bilanzierenden kleinen und mittleren Unterneh-
   men (KMU) der gewerblichen Wirtschaft (ohne Sparte Bank und Versicherung).
5 Um die Vergleichbarkeit mit Kapitalgesellschaften, bei denen die Personalaufwendungen ein Geschäftsführerentgelt bein-
   halten, herzustellen, wird bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften für das Basisjahr 2015/16 ein kalkulatori-
   scher Unternehmerlohn in der Höhe von 35.674 Euro angesetzt. Dieser orientiert sich an den Kollektivverträgen mehrerer
   Sektoren.

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                                                  15

Kapitalstruktur der KMU 2015/16 in % des Gesamtkapitals

        Eigenkapital	                                                                                                              30,4
        Sozialkapital	                                                                                                              3,3
        Bankverbindlichkeiten	                                                                                                     28,6
        Erhaltene Anzahlungen	                                                                                                      9,5
        Lieferverbindlichkeiten	                                                                                                    4,1
        Sonstiges Fremdkapital	                                                                                                    23,9
        Passive Rechnungsabgrenzung	                                                                                                0,3

        Anmerkung: Gewerbliche Wirtschaft exkl. Banken und Versicherungen
                                                       Quelle: KMU Forschung Austria, Bilanzdatenbank

      Wie hat sich die betriebswirtschaftliche Situation der österreichischen KMU
      in den letzten Jahren verändert?
      Die österreichischen KMU erwirtschafteten im Zeitverlauf tendenziell steigende Renditen. Das
      Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) in Prozent der Betriebsleistung betrug in
      den Jahren 2011/12 bis 2015/16 durchschnittlich zwischen 2,9 % und 3,8 %. Der Betriebserfolg
      (vor Finanzergebnis) lag zwischen 3,9 % und 4,4 %. Auf Grund des sehr niedrigen internationalen
      Zinsniveaus sind die Finanzaufwendungen im Betrachtungszeitraum kontinuierlich gesunken.

      Die Eigenkapitalausstattung der KMU konnte im Zeitablauf kontinuierlich verbessert werden. Die
      Eigenkapitalquote der analysierten KMU ist von 29 % im Jahr 2011/12 auf 32 % im Jahr 2015/16
      angestiegen.

        Entwicklung der Rentabilität und Eigenkapitalquote der KMU 2011/12 bis 2015/16 in %

         5               Betriebserfolg       Umsatzrentabilität                                        Eigenkapitalquote
                                                                               35

                                                                               30                                           31      32
         4   4,3                                                   4,4                                        31
                                                     4,1                              29        30
                                      4,1
                         3,9                                             3,8   25

         3                                                 3,4
                                            3,2                                20
                   3,0
                               2,9
                                                                               15
         2

                                                                               10
         1
                                                                               5

         0                                                                      0
             2011/12     2012/13     2013/14        2014/15        2015/16          2011/12   2012/13       2013/14     2014/15   2015/16

        Kohortenauswertung: Nur jene Unternehmen werden berücksichtigt, für die Bilanzen für alle Jahre
        vorliegen. Anmerkung: Gewerbliche Wirtschaft exkl. Banken und Versicherungen
                                                         Quelle: KMU Forschung Austria, Bilanzdatenbank

      2.5 Welche Rolle spielen KMU als Arbeitgeber und
           Lehrlingsausbildner?

      Das duale Ausbildungssystem in Österreich gilt international als Vorzeigemodell. KMU sind die
      wesentlichen Träger dieses Modells, denn sie bilden fast zwei Drittel der heimischen Lehrlinge
      aus (2015: rund 54.600). Die KMU stellen zudem den Großteil der Arbeitsplätze zur Verfügung.
      2015 waren knapp 1,5 Mio unselbstständig Beschäftigte in kleinen und mittleren Betrieben tätig.
      Das sind 62 % aller Mitarbeiter der gewerblichen Wirtschaft in Österreich.

16                                                                                                     WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
KMU prägen unsere Wirtschaft                                                                                            1   2   3   4   5

Innerhalb der KMU sind die meisten unselbstständig Beschäftigten und Lehrlinge den Kleinun-
ternehmen mit 10 bis 49 Beschäftigten zuzurechnen.

Zwischen 2008 und 2015 hat sich die Anzahl der unselbstständig Beschäftigten in KMU um 3,7 %
erhöht. Dies ist auf Unternehmen mit 10 bis 249 Arbeitnehmern zurückzuführen, in Kleinst-
unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern ist der Beschäftigtenstand nahezu unverändert
geblieben. Die Lehrlingszahlen sind demgegenüber um mehr als 27 % zurückgegangen. Diese
rückläufige Entwicklung zeigt sich in allen KMU Größenklassen.

  Unselbstständig Beschäftigte und Lehrlinge 2015

                                            Unselbstständig Beschäftigte                          davon: Lehrlinge
                                                Absolut        Anteil in %              Absolut           Anteil in %
  0-9 Beschäftigte                              371.423              15,7                10.171                 12,1
  10-49 Beschäftigte                            589.381              25,0                26.841                 32,0
  50-249 Beschäftigte                           511.870              21,7                17.569                 20,9

  0-249 Beschäftigte (KMU)                  1.472.674               62,3                54.581                 65,0

  250 und mehr Beschäftigte (GU)              889.512               37,7                29.420                 35,0
  Gesamte gewerbliche Wirtschaft            2.362.186              100,0                84.001                100,0

  Auf Grund des Erfassungsumfangs der Leistungs- und Strukturstatistik (ÖNACE B-N, S95) kann es zu
  Untererfassungen einzelner Sparten/Fachverbände in der Auswertung nach der Kammersystematik
  kommen. Dies betrifft in der Auswertung nach Sparten insbesondere die Bereiche Tourismus und Frei-
  zeitwirtschaft sowie Gewerbe und Handwerk.
                                                                            Quelle: Statistik Austria

Eine Berechnung des Indikators „Lehrlinge je 1.000 unselbstständig Beschäftigten“ unter-
streicht die große Bedeutung der KMU für die Lehrlingsausbildung. In KMU entfielen im Jahr
2015 rund 37 Lehrlinge auf 1.000 unselbstständig Beschäftigt gegenüber 33 in Großunterneh-
men. Am höchsten war der Wert mit 46 Lehrlingen je 1.000 Erwerbstätigen in Unternehmen mit
10 bis 49 Beschäftigten.

  Lehrlinge je 1.000 unselbstständig Beschäftigten 2015

                 0-9 Beschäftigte                                  27

               10-49 Beschäftigte                                                                    46

              50-249 Beschäftigte                                                 34

                  KMU insgesamt                                                         37

        250 und mehr Beschäftigte                                             33

   Gesamte gewerbliche Wirtschaft                                                  36

                                    0      10             20                 30               40                 50

  Auf Grund des Erfassungsumfangs der Leistungs- und Strukturstatistik (ÖNACE B-N, S95) kann es zu
  Untererfassungen einzelner Sparten/Fachverbände in der Auswertung nach der Kammersystematik
  kommen. Dies betrifft in der Auswertung nach Sparten insbesondere die Bereiche Tourismus und Frei-
  zeitwirtschaft sowie Gewerbe und Handwerk.
                                                                            Quelle: Statistik Austria

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                                              17

2.6 KMU und Digitalisierung

      Als Digitalisierung wird die zunehmende Durchdringung aller Lebensbereiche – insbesondere
      jedoch von Betriebsabläufen – mit Informations- und Kommunikationstechnologien bezeichnet.
      Für Unternehmen aller Größenklassen ist Digitalisierung von großer Bedeutung, um potenzielle
      Wettbewerbsvorteile nutzen zu können und konkurrenzfähig zu bleiben.

      Beinahe jedes Unternehmen (ab 10 Beschäftigten)6 in Österreich und EU-weit verfügt über einen
      Internetzugang. Der Anteil von Unternehmen mit einer Website ist ebenfalls sehr hoch. 2016
      hatten 88 % aller österreichischen KMU ab 10 Beschäftigten eine eigene Homepage. Im EU-
      Durchschnitt lag der Anteil bei 77 %. Demgegenüber verfügten 99 % aller Großunternehmen in
      Österreich über eine Website.

      Der Anteil der heimischen KMU, bei denen online Käufe mindestens 1 % der Käufe ausmachen,
      ist deutlich höher (2016: 33 %) als jener, bei denen online Verkäufe mindestens 1 % zu den Um-
      sätze beitragen (2016: 15 %).

      Zudem zeigt sich, dass fast die Hälfte der österreichischen KMU mit mindestens 10 Beschäftig-
      ten soziale Medien genutzt hat und jeweils mindestens 40 % ERP-Softwarepakete (um Informa-
      tionen innerhalb der Sachabteilungen auszutauschen) bzw. Software-Lösungen wie Customer
      Relationship Management verwendet haben. Demgegenüber haben 17 % kostenpflichtige Cloud
      Computing Dienste über das Internet bezogen.

      Insgesamt ist der Anteil der KMU, der Informations- und Kommunikationstechnologien nutzt, in
      Österreich fast durchwegs höher als im EU-28-Durchschnitt, jedoch deutlich niedriger als bei
      österreichischen Großunternehmen.

         Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien 2016, Anteil der Unternehmen in %

                                                                                                                             97
                  Unternehmen mit Internetzugang                                                                              99
                                                                                                                              100
                                                                                                         77
                         Unternehmen mit Website                                                                   88
                                                                                                                              99
                   Unternehmen mit online Käufen                  24
                                                                       33
                       (mindestens 1% der Käufe)                                43
                Unternehmen mit online Verkäufen            17
                                                          15
                   (mindestens 1% des Umsatzes)                                42
                                                                                   44
           Unternehmen, die soziale Medien nutzen                                       49
                                                                                                        75
            Unternehmen, die ERP-Softwarepakete                         34
                                                                              40
                                    verwenden*                                                                          93
          Unternehmen, die Software-Lösungen wie                       32
                                                                                43
               Customer Relationship Management                                                    70
           Unternehmen, die kostenpflichtige Cloud           20
                                                           17
          Computing Dienste über Internet beziehen                      35

                                                     0            20               40        60               80                    100
                                                         KMU EU-28          KMU Österreich    Großunternehmen Österreich

         * Daten von 2015.        Quelle: Eurostat, Europäische Erhebung über den IKT-Einsatz in Unternehmen

      6 Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten werden nicht erhoben.

18                                                                                               WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
KMU prägen unsere Wirtschaft                                                                                                                                       1   2   3   4   5

2.7 KMU und Innovation

58 % aller österreichischen KMU ab 10 Beschäftigten haben im Zeitraum 2012 bis 2014 Innova-
tionen durchgeführt. Der Anteil steigt mit zunehmender Unternehmensgröße. So liegt der An-
teil der innovationsaktiven Großunternehmen mit 250 und mehr Mitarbeitern bei mehr als 89 %.
EU-weit ist der Anteil der Unternehmen, der zwischen 2012 und 2014 Innovationen getätigt hat,
niedriger als in Österreich (z. B. KMU 48 % in den EU-28 versus 58 % in Österreich).

Differenziert nach Innovationsarten haben die meisten heimischen KMU organisatorische In-
novationen (36 %) bzw. Prozessinnovationen (31 %) durchgeführt. Jeweils rund 29 % meldeten
Produktinnovationen und Marketinginnovationen. Fast die Hälfte der KMU mit Produkt- und/oder
Prozesssinnovationen arbeitete mit Kooperationspartnern zusammen, am häufigsten mit Zulie-
ferunternehmen von Ausrüstungen, Rohstoffen, Vorprodukten oder Software.

  Innovationsaktive Unternehmen in % 2012–2014

                                                   54,1                                        Alle Innovatoren                                        58,0
              10-49 Beschäftigte
                                                45,0

                                                                74,5                        Produktinnovatoren                    28,9
             50-249 Beschäftigte
                                                         61,5
                                                                                            Produktinnovatoren
                                                                                                                           20,2
                                                     58,0                                   mit Marktneuheiten
        KMU ab 10 Beschäftigten
                                                 48,0
                                                                                            Prozessinnovatoren                     30,9
                                                                        89,3
       250 und mehr Beschäftigte
                                                                    78,1                       organisatorische
                                                                                                                                         35,5
                                                                                                 Innovatoren
                                                    59,5
                        Gesamt                                                                      Marketing-
                                                 49,1                                                                             28,7
                                                                                                   innovatoren

                                   0       20       40          60       80      100                              0            20            40               60
                                       Österreich    EU-28                                                            KMU ab 10 Beschäftigten

                                                Quellen: Statistik Austria, Eurostat, Community Innovation Survey (CIS)

2014 haben die österreichischen KMU ab 10 Beschäftigten mehr als 3 Mrd. Euro für Innovationen aus-
gegeben. 59 % davon wurden für unternehmensinterne Forschung und experimentelle Entwicklung
verwendet, rund 26 % für den Erwerb von Maschinen, Ausrüstung, Software und Gebäuden für Inno-
vationen. Im Vergleich dazu entfielen bei Großunternehmen ein höherer Anteil der Innovationsausga-
ben auf interne F&E (rund 74 %) und ein geringerer auf den Erwerb von Maschinen etc. (rund 13 %).

  Aufteilung der Innovationsausgaben in % 2012–2014

                                                                                                                              59,1
                     unternehmensinterne F&E
                                                                                                                                                74,4

            Erwerb von Maschinen, Ausrüstung,                                           25,8
       Software und Gebäuden für Innovationen                             13,4

                                                                       9,1
          Vergabe von F&E-Aufträgen an Dritte
                                                                     7,4

                 Weiterbildungsmaßnahmen für
                                                                        3,2
             Innovationen, Markteinführung von
                                                                       2,4
               Innovationen, Design und andere

      Erwerb von anderem externen Wissen von                           2,8
                                      Dritten                          2,5

                                                                0                      20                    40                          60                   80
                                                                               KMU ab 10 Beschäftigten            Großunternehmen

                                                                       Quelle: Statistik Austria, Community Innovation Survey (CIS)

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                                                                                         19

2.8 KMU und Internationalisierung

      Im Jahr 2015 haben die österreichischen KMU Waren im Wert von rund 80 Mrd. Euro importiert
      und Güter im Wert von mehr als 62 Mrd. Euro exportiert. Dies sind rund 61 % aller Einfuhren bzw.
      rund 48 % aller Ausfuhren. Der größte Anteil entfiel auf mittlere Unternehmen mit 50 bis 249
      Beschäftigten.

      Der Außenhandel von KMU erfolgt großteils mit EU-Ländern. Auf diese entfielen 2015 jeweils
      rund drei Viertel des Import- bzw. Exportwertes.

      Gegenüber 2012 sind die Einfuhren von KMU um 0,9 % zurückgegangen und die Ausfuhren um
      5,5 % gestiegen. Bei Großunternehmen ist es zu einem Wachstum der Importe von 1,9 % und zu
      einem Wachstum der Exporte von 6,7 % gekommen.

        Außenhandel in Mio. Euro 2015
                                                                Importe                        Exporte
                                                  Absolut     Anteil in %      Absolut       Anteil in %
        0-9 Beschäftigte                          27.362            20,9       20.792              16,2
        10-49 Beschäftigte                        20.252            15,5       11.902               9,2
        50-249 Beschäftigte                       32.511            24,8       29.456              22,9

        0-249 Beschäftigte (KMU)                  80.125           61,2       62.149              48,3

        250 und mehr Beschäftigte (GU)            50.723           38,8       66.564              51,7
        Gesamte gewerbliche Wirtschaft           130.848          100,0      128.713             100,0

                                                                             Quelle: Statistik Austria

20                                                                         WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
Bürokratie                                                                                          1   2   3   4   5

3. Bürokratie

In der öffentlichen und politischen Diskussion und in den Medien hat die „Bürokratie“ längst
einen zentralen Platz eingenommen. Die Attribute reichen dabei von „überbordend“ über „aus-
ufernd“ oder „Angst machend“ bis „Luft abschneidend“. Hinweise darauf, dass Verwaltung nicht
per se negativ sein muss, kommen üblicherweise nicht zur Sprache. Auch der Notwendigkeit
einer (möglichst effizienten) bürokratischen Verwaltung wird relativ selten Platz eingeräumt. Auf
eine grundsätzliche Begriffsklärung wird üblicherweise verzichtet.

Der folgende Abschnitt widmet sich der Bürokratie im Kontext von Unternehmer in österreichi-
schen KMU. Nach einer grundsätzlichen Begriffsabgrenzung wird Bürokratie im Kontext von
Unternehmer diskutiert. Im nächsten Schritt erfolgt eine Unterscheidung in unterschiedliche
Bürokratiebereiche.

Der darauffolgende Abschnitt behandelt den Small Business Act (SBA) und im Besonderen die
beiden Grundsätze (III und IV), die sich explizit auf KMU im Kontext bürokratischer Regelungen
beziehen. Darauf folgen Erläuterungen zum aktuellen Umsetzungsstand.

Im letzten Teil des Kapitels werden unterschiedliche internationale Vergleichsstudien herange-
zogen, die das unternehmerische Umfeld Österreichs vor dem Hintergrund von bürokratischen
Regelungen und Verordnungen darstellen.

3.1 Bürokratie-Begriff

Im wörtlichen Sinne steht der Begriff Bürokratie für die „Herrschaft der Verwaltung“. Bürokratie
bezeichnet dabei eine legal-rationale Organisationsform. Diese ist kennzeichnend für jede mo-
derne Verwaltung im öffentlich-staatlichen Bereich, sowie auch bei Unternehmen, Betrieben,
Verbänden, Parteien oder Kirchen.

In einer engeren Definition lässt sich Bürokratie auf die (öffentliche) Verwaltung und alle dazu-
gehörigen Institutionen und Organe eingrenzen. Deren Aufgabe ist die Wahrnehmung staatlicher
und gemeinschaftlicher Interessen.

3.1.1 Bürokratie und Unternehmer

Die allgemeine Definition von Bürokratie ist nur bedingt geeignet, diese aus Sicht von Unterneh-
mern greifbar zu machen. Es können keine Aussagen dazu gemacht werden, wie und in welchem
Ausmaß Unternehmer im Rahmen der Ausübung ihrer unternehmerischen Tätigkeit mit büro-
kratischen Aufgaben konfrontiert sind und wie sie diese wahrnehmen. Bürokratie kann einer-
seits als Korsett verstanden werde, das unternehmerische Freiheit einschnürt; gleichzeitig aber
auch als ein Handlungsrahmen im Rahmen dessen sich unternehmerische Freiheit entfalten
kann.

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                          21

Notwendig ist ein Bürokratie-Begriff, der von subjektiver Natur ist und die Perspektive der Un-
      ternehmer explizit einnimmt: Bürokratie als ein Konstrukt, das alle Vorgänge umfasst, bei denen
      Verwaltungsleistungen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben von staatlichen oder halb-staatlichen
      Institutionen auf die Unternehmen übertragen werden. Dabei sind Unternehmer von Gesetz
      wegen zur Umsetzung verpflichtet (übergewälzte Bürokratie im Sinne von Kitterer7 und Hen-
      rich/Kirch8). Verschiedene Autoren sehen in diesem Zusammenhang auch eine „realen Zusatz­
      steuer“.9

      Die Erfüllung dieser Verwaltungsleistungen bedingt üblicherweise zeitlichen und monetären
      Aufwand für die Unternehmen. Sie nimmt einerseits Arbeitszeit und gleichzeitig personelle und
      monetäre Ressourcen im Unternehmen in Anspruch. Besonders kritisch wird die Situation dann,
      wenn kosteneffektive Veränderungen (z. B. Lohn- oder Lohnnebenkosten, Bürokratiekosten) auf
      kompetitive Marktsituationen treffen.

      3.1.2 Unterscheidung in Bürokratiebereiche

      Die bürokratischen Aufgaben, mit denen sich die Unternehmer konfrontiert sehen, lassen sich
      hinsichtlich unterschiedlicher Kriterien unterscheiden. Sie können anhand von Gesetzen bzw.
      Verordnungen kategorisiert werden, oder auch nach der Art und Weise, wie die Unternehmer
      tätig werden müssen.

      Bürokratische Aufgaben können Steuern (z.B. Abgabe der Erklärungen für Kommunalsteuer
      bzw. Umsatzsteuer) betreffen, Sozialversicherung (z.B. Beiträge berechnen und abführen, Ent-
      geltfortzahlung, Jahresmeldung) oder auch allgemeine Dokumentationspflichten (z.B. Grund-
      lage für Statistiken wie Leistungs- und Strukturerhebung, Intrastat-Meldungen aller Importe).
      Darüber hinaus haben viele Regelungen im Arbeits- und Sozialrecht (z.B. Kontrollen durch das
      Arbeitsinspektorat, Evaluierung psychischer Belastung am Arbeitsplatz) ihren Ursprung, wieder
      andere betreffen das Beauftragtenwesen (z.B. Brandschutzbeauftragte, Sicherheitsvertrauens-
      person).

      Bürokratische Aufgaben können in Informationspflichten und in Erfüllungsaufwand unterteilt
      werden. Informationspflichten betreffen die Handlungsanweisungen einer Behörde, bestimmte
      Informationen in regelmäßigem oder unregelmäßigem Abstand zu übermitteln. Um Informati-
      onspflichten gegenüber Behörden handelt es sich beispielsweise bei Steuererklärungen, der
      Erstellung und Übermittlung von Geschäftsberichten und bei den allgemeinen Verpflichtungen
      zur Archivierung von Geschäftsunterlagen. Ferner gehören auch Anträge auf Genehmigungen,
      die Bereitstellung von Informationen wie z.B. Übersichten für die Sozialversicherungsbehörden
      dazu.

      Erfüllungsaufwand geht über die reine Informationsübermittlung hinaus. Die Unternehmer sind
      im Zuge der Erledigung dieser bürokratischen Aufgaben angehalten, tätig zu werden und z.B.
      psychische Belastungen am Arbeitsplatz zu evaluieren, Untersuchungen und Registrierungen/
      Messungen durchzuführen oder Lohn- und Umsatzsteuer abzuführen. Dabei ist zu beachten,
      dass etwa die Bezahlung der Lohn- und Umsatzsteuer selbst keinem Bürokratieaufwand zuzu-
      rechnen ist.

      7 Kitterer W. (1989): Kosten der Bürokratieüberwälzung, Neumünster, 1989, S. 32.
      8 Henrich/Kirch (1994, S. 73 ff.) in: Schmidt, A. G. (2013). Der Einfluß der Unternehmensgröße auf die Rentabilität von Indu-
         strieunternehmen (Vol. 76). Springer-Verlag.
      9 Dickertmann, D., König, H., und Wittkämper, G. W. (1982). Bürokratieüberwälzung. Stand, Ursachen, Folgen und Abbau.
         Regensburg, Verlag Recht und Verwaltung, Wirtschaft, S. 156 f.

22                                                                                               WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
Bürokratie                                                                                                             1   2   3   4   5

3.2 Small Business Act (SBA)

Der „Small Business Act“ für Europa10 erfasst die zentrale Rolle der kleinen und mittleren Un-
ternehmen (KMU) für die Wirtschaft der Europäischen Union. Im SBA werden 10 Grundsätze zur
Unterstützung und Förderung von KMU festgelegt. Die Grundsätze III und IV beziehen sich explizit
auf KMU im Kontext bürokratischer Regelungen („Red Tape“) und Verwaltung:

(III) Regelungen sollten nach dem Prinzip „Vorfahrt für KMU“ gestaltet werden.
(VI) Öffentliche Verwaltungen sollen verstärkt auf die Bedürfnisse der KMU eingehen.

Vielfach werden Unterschiede zwischen bürokratischen Belastungen von KMU und von Groß-
unternehmen deutlich. Administrative Vorschriften führen in KMU im Vergleich zu Großunter-
nehmen zu einem verhältnismäßig größeren Aufwand. Studien zufolge kostet eine Regulie-
rungsmaßnahme 1,– Euro pro Mitarbeiter für ein Großunternehmen, während im Kleinunternehmen
durchschnittlich 10,– Euro pro Mitarbeiter anfallen11. 36 % der KMU innerhalb der EU erklären, dass
ihre Geschäftstätigkeit innerhalb der letzten beiden Jahre durch Bürokratie erschwert wurde.12

In Bezug auf Grundsatz III regt die Kommission an, die Auswirkungen aller geplanten Rechtsvor-
schriften und Verwaltungsmaßnahmen im Hinblick auf KMU genauestens zu bewerten („KMU-
Test“). Die Ergebnisse sind im nächsten Schritt im Rahmen der Erarbeitung von Vorschlägen
zu berücksichtigen. Sollten Rechtsvorschriften oder Verwaltungsmaßnahmen vorgelegt werden,
werden KMU-Verbände mindestens 8 Wochen im Voraus hinzugezogen, sofern Auswirkungen auf
KMU zu erwarten sind.

Im Rahmen von Informations- und Meldepflichten sollen spezifische Sonderregelungen, Über-
gangsfristen und Ausnahmebestimmungen für KMU eingeführt werden. Auf Bedürfnisse von
KMU soll gesondert eingegangen werden und zugleich eine Übererfüllung von europäischen Re-
gelungen auf Landesebene („Gold Plating“) vermieden werden. Ziel des SBA ist es, Verwaltungs-
lasten für KMU deutlich zu verringern.

Der Grundsatz IV verfolgt das Ziel, die Behörden in den Ländern der EU für die Bedürfnisse der
KMU zu sensibilisieren. Der unternehmerische Alltag soll für sie so einfach wie möglich gestaltet
werden. Dazu sollen im Besonderen elektronische Behördendienste und zentrale Anlaufstellen
(„One-Stop-Shops“) gefördert werden.

Auf diese Weise kann auf Seiten der KMU Zeit gespart werden. Ressourcen für Innovationen und
für die Schaffung von Arbeitsplätzen sollen freigesetzt werden. Zielsetzung ist eine gesteigerte
Servicequalität bei einer gleichzeitigen Kostensenkung. Der erforderliche Zeitaufwand für die
Gründung eines Unternehmens soll auf unter eine Woche sinken. Die Behörden sollen bei KMU
nur mehr dann Informationen anfordern dürfen, wenn diese entweder nicht vorliegen oder im
Falle einer notwendigen Aktualisierung. Kleinstunternehmen dürfen zur Teilnahme an statisti-
schen Erhebungen im Zuständigkeitsbereich der staatlichen, regionalen oder lokalen statisti-
schen Ämter maximal einmal in drei Jahren aufgefordert werden – vorausgesetzt der Bedarf an
statistischen Daten oder anderen Informationen ist nicht häufiger notwendig.

10 SBA „Small Business Act“ (2008) für Europa, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den
    Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Vorfahrt für KMU in Europa, KOM
    (2008) 394, endgültig vom 25. Juni 2008, S. 4.
11 Bericht der Sachverständigengruppe zum Thema „Modelle zur Reduzierung der überproportionalen Belastung kleiner
    Unternehmen durch öffentliche Regulierung“, Mai 2007.
12 SBA „Small Business Act“ für Europa (2008), Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den
    Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Vorfahrt für KMU in Europa, KOM
    (2008) 394, endgültig vom 25. Juni 2008, S. 4.

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                                             23

Es soll in jedem Mitgliedsland Ansprechpartner geben, denen Vorschriften oder Verfahren ge-
      meldet werden, sofern diese unverhältnismäßig sind oder die Tätigkeit von KMU behindern.
      Schließlich soll gewährleistet sein, dass KMU alle relevanten Informationen erhalten und alle
      erforderlichen Verfahren und Formalitäten auch elektronisch abwickeln können.

      Für Österreich13 können zu Punkt III (Prinzip „Vorfahrt für KMU“) folgende Punkte auf Seiten der
      Verwaltung erfasst werden:
      → V ereinfachung der Arbeitszeitaufzeichnung
      → G enehmigungsfreistellung für ungefährliche Kleinstanlagen und weitere Erleichterungen bei
         der Betriebsanlagengenehmigung
      → E rleichterungen bei Verlustverrechnung für Einnahmen-Ausgabenrechner
      
      Im Rahmen von Punkt VI (Öffentliche Verwaltung) lassen sich folgende Punkte anführen:
      → S chaffung elektronischer Behördendienste und „One-Stop-Shops“
      → G ewerbeInformationsSystem Austria (GISA)
      → E lektronische Behördendienste im Bereich der Justiz
      → E ntbürokratisierungsoffensive

      Der Zielerreichungsgrad auf Länderebene lässt sich jährlich erscheinenden „SBA Factsheets“14
      entnehmen. In der Kategorie „Responsive Administration“ werden Themen der Verwaltung und
      der Bürokratie zusammengefasst. Bei 5 Indikatoren liegt Österreich besser als der EU-Schnitt,
      bei 4 Indikatoren ist Österreich schlechter platziert.

      Dementsprechend hat Österreich den größten Aufholbedarf bei der notwendigen Zeit und den
      notwendigen Schritten, um ein Unternehmen zu gründen. Diese Vergleiche beziehen sich jedoch
      auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und im Jahre 2016 auf nur 8,7 % der in
      Österreich gegründeten Unternehmen, die in diese Kategorie fallen.

      Auch bei der Anzahl der Zeitpunkte für Steuerzahlungen und bei der Mindesteinlage liegt Öster-
      reich etwas unter dem Durchschnitt. Deutlich über dem Durchschnitt ist die Effektivität und Kom-
      petenz von Behörden wenn es darum geht neue und wachsende Unternehmen zu unterstützen.
      Eine überdurchschnittliche Performance zeigt sich bei der notwendigen Zeit um Steuern zu bezah-
      len, bei der Belastung durch Verordnungen und Regelungen und bei der Komplexität von admini-
      strativen Angelegenheiten. In Bezug auf die Vorperioden sind deutliche Verbesserungen erkennbar.

      13 Mittelstandsbericht 2016, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/III-BR/III-BR_00601/imfname_575446.pdf
      14 Die Daten sind der zum Zeitpunkt der Berichtsverfassung aktuellsten Fassung vom November 2017 entnommen:
          Europäische Kommission, SBA Fact Sheet 2017 Austria

24                                                                                       WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
Bürokratie                                                                                                   1   2   3   4   5

3.3 Bürokratie in Zahlen

Österreichische Unternehmer beklagen finanzielle und zeitliche Belastungen, die nicht in di-
rektem Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit stehen. Laut WKO Wirtschafts­
barometer vom Herbst 2017 lassen sich diese in den meisten Fällen auf Rechtsvorschriften zu-
rückführen, die das Arbeitsrecht und die Arbeitszeit betreffen (82 % der Nennungen). Regelun-
gen betreffend Arbeitsschutz und Gesundheit, Steuergesetzgebung und Genehmigungsverfahren
bzw. Betriebsanlagen folgen auf den nächsten Plätzen. Für einen vergleichsweise geringen Anteil
an Unternehmen verursachen demzufolge der Konsumentenschutz, die Lebensmittelsicherheit
und das Umweltrecht den höchsten Aufwand.

  Rechtsvorschriften, die die meiste Bürokratie bzw. Probleme verursachen,
  Anteil der Unternehmen in %

    Arbeitsrecht und Arbeitszeit                                                             82%

   Arbeitsschutz und Gesundheit
             (inkl. Gebäude- und                                        54%
       Brandschutzvorschriften)

            Steuergesetzgebung                                         53%

       Genehmigungsverfahren/
                                                               42%
             Betriebsanlagen
                   Informations-,
          Veröffentlichungs- und                         38%
                  Meldepflichten

                   Umweltrecht                   25%

          Lebesmittelsicherheit          11%

            Konsumentenschutz            11%

                                    0%     10%   20%   30%      40%     50%    60%     70%    80%     90%

  Mehrfachnennungen möglich                                 Quelle: WKO Wirtschaftsbarometer, Herbst 2017

WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018                                                                                                   25

In den Augen vieler Unternehmer stellt Österreich einen „bürokratisierten Staat mit unzumutba-
      ren administrativen Belastungen“ dar. Viele Experten sehen darin eine nicht zu unterschätzende
      Wachstums- und Innovationsbremse des Wirtschaftsstandortes. Aktuell liegen nur wenige Stu-
      dien vor, die systematisch den Bürokratieaufwand der Unternehmen einer Branche untersucht
      haben15:

      Im Bekleidungshandel sind bei Unternehmen unter 10 Mitarbeitern durchschnittlich 0,9 Mitar-
      beiter teilweise und 0,3 Mitarbeiter ausschließlich mit bürokratischen Aufgaben betraut. In Un-
      ternehmen mit 10 und mehr Mitarbeitern beläuft sich die Zahl auf 3,4 Mitarbeiter, die teilweise,
      und auf 2,4 Mitarbeiter, die ausschließlich mit bürokratischen Aufgaben betraut sind. Dies zeigt
      bereits die Regelungsdichte auf, zumal der Bekleidungshandel keinen speziellen Regelungen
      unterworfen ist (z.B. Verarbeitung gefährlicher Stoffe etc.).

      Im Reinigungsgewerbe fallen rd. 45 Arbeitsstunden pro Monat für die Erfüllung von Informati-
      onspflichten an. Erfüllungspflichten nehmen durchschnittlich rd. 31 Stunden in Anspruch. Dar-
      über hinaus sind im Jahresdurchschnitt 4,8 Mitarbeiter ausschließlich mit der Erledigung büro-
      kratischer Aufgaben beschäftigt. Dazu kommen 5,7 Mitarbeiter, die teilweise mit bürokratischen
      Aufgaben beschäftigt sind.

      Verordnungen und Regularien prägen einen Wirtschaftsstandort in zentralem Maße. Aus inter-
      nationalen Vergleichsstudien lässt sich der Status des unternehmerischen Umfelds Österreich
      ableiten16. Als Stärken des Wirtschaftsstandorts Österreich werden u.a. Unternehmertum, Han-
      delsfreiheit, persönliche Freiheit, Rechtssystem und Rechtsstaatlichkeit, politische Stabilität und
      der Schutz der Eigentumsrechte im Land gesehen.

      Als Schwachpunkte werden u.a. eine hohe Steuerbelastung, hohe Sozialversicherungsbeiträge,
      die Kosten für Bürokratie („Red Tape“), Gesetze, Verordnungen und Gesetzgebung, die Nach-
      haltigkeit der öffentlichen Finanzen, sowie die Größe der Regierung und die Art und Weise, wie
      europäisches Rechts umgesetzt wird (Stichwort Golden Plating), deutlich.

      Im folgenden Abschnitt werden Rankings präsentiert und die Entwicklung Österreichs darge-
      stellt. Diese Rankings stammen aus dem Zeitraum 2014 bis 2017. In insgesamt 3 Rankings gab
      es eine Verbesserung, in 8 Rankings hat sich Österreich im Vergleich zur jeweiligen Vorstudie
      verschlechtert. In 2 blieb das Ranking unverändert. Die Mindestanzahl an ausgewerteten Län-
      dern pro Studie beträgt 28, die maximale Länderanzahl beträgt 209 pro Studie. Im Durchschnitt
      wurden 96 Länder gegenübergestellt. Die Balken in der Grafik zeigen die Position Österreichs in
      Bezug auf alle anderen untersuchten Länder. Der rote Balken steht für den Anteil der Länder die
      hinter Österreich liegen, der graue Balken zeigt den Anteil der Länder die besser als Österreich
      abgeschnitten haben. Exemplarisch wird jeweils ein Index diskutiert in dem Österreich gut ab-
      geschnitten hat. Zusätzlich wird ein Index beschrieben in dem Österreich durchschnittlich abge-
      schnitten hat, und ein Index in dem Österreich schlecht abgeschnitten hat.

      Der INDEX OF ECONOMIC FREEDOM17 reiht insgesamt 180 Länder anhand von 10 Dimensionen
      der wirtschaftlichen Freiheit (i.e. unternehmerische, Außenhandels- und monetäre Freiheit, Sta-
      atsausgaben, fiskalische Freiheit, Eigentumsrechte, finanzielle Freiheit, Einfluss von Korruption
      und Freiheit am Arbeitsmarkt). Dabei liegt Österreichs Stärke bei Investitionsmöglichkeiten, bei
      den Eigentumsrechten und bei der Außenhandelsfreiheit. Als Schwächen werden Einkommens-
      und Unternehmenssteuern und hohe Staatsausgaben identifiziert. Im Vergleich zur Vorstudie
      2016 hat Österreich 2 Plätze eingebüßt und liegt nun an 30. Stelle.

      15 siehe dazu KMU Forschung Austria (2017): Bürokratie im österreichischen Bekleidungshandel und KMU Forschung
          (2016): Gebäudereinigung in Österreich.
      16 WKÖ, Stabsabteilung Wirtschaftspolitik (2017): MONITORING REPORT 2017 – Österreich in internationalen Rankings,
          Themenbroschüre „Bürokratie und Regulierung“, Wien.
      17 Heritage Foundation & Wall Street Journal (2017): Index of Economic Freedom, http://www.heritage.org/index.

26                                                                                         WIRTSCHAFTSKRAFT KMU 2018
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