Steuerpflicht bei der Versicherung internationaler Risiken - Versicherungssteuer
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Versicherungssteuer Steuerpflicht bei der Versicherung internationaler Risiken www.wilhelm-rae.de Juli 2021
Von Nabil Al-Azki Update zur Reform des VersStG Wie weit reicht die Steuerpflicht bei der Versicherung inter- nationaler Risiken? – GDV-Papier wirft Fragen auf Ein Positionspapier des Gesamtverbands der der Betriebsstätte und der sonstigen Einrichtung. Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) will in Es war insbesondere unersichtlich, ob Tochterun- umstrittenen Fragen zur Reform des Versiche- ternehmen deutscher Konzerne im Nicht-EWR- rungssteuergesetzes (VersStG) Klarheit schaffen, Ausland als Betriebsstätte oder sonstige Einrich- wirft seinerseits aber Fragen auf. tung gelten – und damit eventuell doppelt versi- cherungssteuerpflichtig sind. Nach Inkrafttreten des reformierten VersStG zum 10. Dezember 2020 kam es zu Unsicherheiten sei- Am 4. März 2021 veröffentlichte das Bundesminis- tens der versicherungsnehmenden Wirtschaft – terium der Finanzen (BMF) ein Schreiben über die vor allem die Gefahr von Doppelbesteuerungen Versicherungssteuerbarkeit gemäß § 1 VersStG. umsorgte deutsche Unternehmen mit Tochterun- Mit diesem Schreiben definiert das BMF eine Be- ternehmen und Betriebsstätten im außer-europä- triebsstätte als jede feste Geschäftseinrichtung o- ischen Ausland. Die zentrale Frage dabei: Unterlie- der Anlage, die der gen die Prämienanteile bei der Versicherung die- Tätigkeit eines Unter- BMF: Versicherung ser Einrichtungen über ein internationales Versi- nehmens dient (vgl. § von Betriebsstätten cherungsprogramm der deutschen Versicherungs- 12 Abgabenordnung im Drittland ist steuer? [AO]). Die Versiche- steuerpflichtig rung der Risiken einer 1. BMF: Betriebsstättenrisiken unterliegen Betriebsstätte im außer-europäischen Ausland un- Besteuerung terliege der hiesigen Steuerpflicht, so das BMF. Zur Diskussion standen unter anderem die in § 1 Das Schreiben bestätigt außerdem, dass eine Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 VersStG enthaltenen Begriffe Drittstaat-Gesellschaft, die mit einem deutschen www.wilhelm-rae.de 2
Unternehmen in Konzernverbundenheit steht Befindet sich der Sitz des Tochterunternehmens (also etwa ein Tochterunternehmen), eine Nieder- im Nicht-EWR-Ausland, so komme es also auch lassung ist. Eine Einordnung, ob solche Niederlas- nicht zur Steuerpflichtigkeit in Deutschland, so der sungen Betriebsstätten darstellen, nahm das BMF GDV. mit dem Schreiben noch nicht eindeutig vor. Ist also eine Tochtergesellschaft außerhalb der EU 2. GDV nimmt eigene Interpretation vor über das internationale Versicherungsprogramm der Konzernmutter versichert, so unterläge nach Jetzt veröffentlichte der GDV einen Fragen-Ant- Interpretation des GDV der Teil der Prämie, der worten-Katalog (mit Stand der Bearbeitung vom auf die Tochter entfällt, nicht der Versicherungs- 30. Juni 2021) zur Reform des VersStG. Nach eige- steuer hierzulande. ner Aussage hatte der GDV zu einzelnen Fragen das BMF um Einschätzung gebeten. Quellen, die 2.2 Versicherung Dritter nicht steuerpflichtig? über das Schreiben des BMF vom 4. März 2021 hinausgehen, fehlen jedoch. Zudem ist der Katalog Ebenfalls unterliegen nach Ansicht des GDV selbst unverbindlich: Der GDV weist darauf hin, fremde, nicht konzernangehörige Drittland-Unter- dass jeder Versicherer die Gesetzesgrundlage nehmen, die etwa im Rahmen einer Projektversi- nach eigenem Ermessen auslegen solle. cherung über einen deutschen Versicherungsneh- mer durch einen EWR-Versicherer mitversichert 2.1 Tochterunternehmen steuerlich keine Be- sind, nicht der deutschen Versicherungssteuer. triebsstätten? Versichert also beispielsweise ein deutsches Un- Tochtergesellschaften in Drittländern fallen als ternehmen bei einem Anlagenbauprojekt im Aus- Niederlassungen, so das BMF laut dem Papier des land einen lokalen Subunternehmer auf fremde GDV, nicht unter den Betriebsstättenbegriff des § Rechnung über eine DIC-/DIL-Deckung mit, so un- 12 AO. Sollte eine Tochtergesellschaft ihren Sitz in terliegt diese Mitversicherung nach Ansicht des einem anderen EWR-Staat haben, so hat dieser GDV nicht der deutschen Versicherungssteuer. EWR-Staat das Besteuerungsrecht. Das ergibt sich aus der europäischen Rechtsprechung (EuGH vom 2.3 D&O kein Betriebsstättenrisiko? 14.06.2001, C-191/99 – Kvaerner) und aus der An- Auch hinsichtlich der Unterscheidung von Risiken wendung von § 1 Abs. 5 der Verordnung zur der Betriebsstätte selbst und Risiken lediglich mit Durchführung des Versicherungssteuergesetzes Bezug zu der Betriebsstätte sei die gesetzliche For- (VersStDV) in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 3 mulierung „Versicherung einer Betriebsstätte“ VersStG. laut GDV eng auszulegen. Die Formulierung sprä- che, so der GDV in seiner eigenen Interpretation, www.wilhelm-rae.de 3
„für eine enge Definition der von dieser Regelung 3. Fazit: Unsicherheit bleibt bestehen erfassten Versicherungsarten auf Versicherungen, die physische Risiken der Betriebsstätte absichern, Inwieweit die Versicherung von Betriebsstättenri- wie z.B. Betriebsstätten-Haftpflicht, Gebäude- o- siken und die Mitversicherung von Tochterunter- der Inventarversicherungen“. Der Prämienanteil nehmen tatsächlich der deutschen Versicherungs- etwa der konzernweiten D&O-Versicherung, der steuer unterliegen, ist trotz des GDV-Papiers wei- auf die Versicherung des Betriebsstättenleiters im ter nicht eindeutig. Die Position des GDV stellt le- Drittland entfalle, sei diglich eine Interpretation der aktuellen Gesetzes- deshalb – folgt man lage dar, die nicht zwingend durch die Finanzver- Sind Versicherungen waltung geteilt werden muss. Zudem ist zu beach- der Argumentation mit nur mittelbarem des GDV – hierzu- ten: Vor einer abweichenden Auslegung der Bezug zur Betriebs- lande nicht versiche- Rechtslage durch den eigenen Versicherer ist kein stätte nicht steuer- rungssteuerpflichtig. Versicherungsnehmer gefeit. Unabhängig davon, Es handele sich bei wie der Versicherer die Abführung der Steuer pflichtig? der D&O des Leiters handhabt, bleibt der Versicherungsnehmer der schließlich nicht um die „Versicherung einer Be- Steuerschuldner. Für falsch oder unzureichend triebsstätte“, sondern um eine Versicherung nur entrichtete Versicherungssteuer ist der Versiche- „mit Bezug auf eine Betriebsstätte“, weil vielmehr rungsnehmer verantwortlich. das persönliche Risiko des versicherten Managers Eine Klarstellung durch die Finanzverwaltung oder vor Ort Gegenstand der Deckung sei. Gleiches möglicherweise erforderliche Entscheidungen des gelte etwa auch für die Gruppen-Unfallversiche- Bundesfinanzhofs ersetzt das GDV-Papier also rung der im Drittland an der Betriebsstätte be- nicht. Versicherungsnehmer sollten genau prüfen, schäftigten Arbeitnehmer, so der GDV. Eine ob die von ihren Versicherern abgeführten Versi- schriftliche Klarstellung des BMF oder der Finanz- cherungssteuern auf Drittland-Risiken wirklich zu verwaltung fehlt aber bislang (Stand Mitte Juli zahlen sind. Mitunter wurde in den letzten Mona- 2021). ten von Versicherern sicherheitshalber die Versi- Bei der Berechnung der Versicherungssteuer wä- cherungssteuer auch für Prämienanteile von Dritt- ren somit Prämien, die der Absicherung der per- land-Tochterunternehmen abgeführt. In jedem sönlichen Risiken der im Ausland tätigen Mitarbei- Fall ist es für das versicherungsnehmende Unter- ter dienen, nicht zu berücksichtigen - sollte die Fi- nehmen ratsam, das Gespräch zum Versicherer zu nanzverwaltung die gleiche Auslegung der gesetz- suchen, im Zweifel mit einem Einspruch gegen die lichen Regelungen vornehmen wie der GDV. Steuerfestsetzung des Versicherers vorzugehen sowie zu viel gezahlte Steuerbeiträge vom Versi- cherer zurückzuverlangen. www.wilhelm-rae.de 4
Autor: Nabil Al-Azki Diesen Beitrag veröffentlichte die Zeitschrift Die Versicherungspraxis in ihrer Ausgabe 07/08-2021. Für Rückfragen steht Ihnen der Leiter unserer Pra- xisgruppe Versicherungsrecht gern zur Verfügung: Dr. Fabian Herdter, LL.M. Eur. Rechtsanwalt WILHELM Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB Tel: +49 211 687746 50 fabian.herdter@wilhelm-rae.de www.wilhelm-rae.de 5
„Kluge Köpfe, die sehr engagiert und strategisch vorgehen“ JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2016/17 Das Team spezialisiert sich auf die Vertretung von Versicherungsnehmern in Groß- schadensfällen und gilt in diesem Bereich als „absolute Spitzenklasse“. The Legal 500 Deutschland 2019 „The firm is always excellent, precise and very flexible,” enthuses a client. Another client highlights the team's „extraordinary skills in solving complex cases”. Chambers Europe Guide 2019 Über uns: Die Sozietät Wilhelm ist spezialisiert auf die Beratung von Unternehmen und deren Entschei- dungsträgern in kritischen Situationen – vom Großschaden über die persönliche Inanspruchnah- me bis hin zum Compliance-Verstoß im Unternehmen. Rund zwanzig Rechtsanwälte und Berater an zwei Standorten (Düsseldorf und Berlin) vereinen hierfür Expertise aus den Bereichen Versi- cherung, Haftung, Compliance und Gesellschaftsrecht. Weltweit kooperiert die Sozietät mit Kanz- leien unter anderem in den USA, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Belgien, Schweden und Polen. WILHELM Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB Düsseldorf: Berlin: Reichsstraße 43 Fasanenstraße 65 40217 Düsseldorf 10719 Berlin Telefon: + 49 (0)211.68 77 46-0 + 49 (0)30.81 72 732-0 Telefax: + 49 (0)211.68 77 46-20 + 49 (0)30.81 72 732-0 info@wilhelm-rae.de berlin@wilhelm-rae.de www.wilhelm-rae.de Sitz: Düsseldorf │ AG Essen: PR 1597
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