Süd-Süd-Investitionen - eine Chance für Subsahara-Afrika?
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Nummer 3 2011 ISSN 1862-3603 Süd-Süd-Investitionen – eine Chance für Subsahara-Afrika? Birte Pohl „Während Partnerschafts- und Unterstützungsmechanismen für die ärmsten Länder durch traditionelle Geberländer häufig bei Weitem nicht ausreichend sind, gewinnt der Austausch von Ressourcen, Technologien und Wissen zwischen Entwicklungslän- dern immer mehr an Bedeutung“, so Josephine Ojiambo, Präsidentin des Ausschusses für Süd-Süd-Kooperation der UN-Generalversammlung, am 4. Mai 2011 in einem IPS- Interview. Analyse Ausländische Direktinvestitionen in Subsahara-Afrika haben im letzten Jahrzehnt stark zugenommen. Moderne Technologien und entsprechendes Know-how wurden dadurch jedoch kaum verbreitet. Die Hoffnung liegt nun auf neuen Investoren aus Entwick- lungsländern: Diese Unternehmen verfügen häufiger als die Wettbewerber aus Indus- trieländern über Technologien, die an die Bedingungen in Afrika angepasst sind und deren Übernahme durch heimische Unternehmen eher wahrscheinlich ist. Ausländische Direktinvestitionen bedeuten nicht nur Kapitalzuflüsse, sondern kön- nen durch Spillover-Effekte heimischen Unternehmen den Zugang zu modernen Tech- nologien eröffnen und damit einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten. Neben Unternehmen aus Industrieländern sind in Subsahara-Afrika neue Investoren aus Entwicklungsländern (Süd-Süd-Unternehmen) getreten. Diese Unternehmen kommen vorwiegend aus asiatischen Ländern wie China, Indien und Malaysia, aber auch aus Südafrika. Vor allem Investoren aus Subsahara-Afrika (regionale Süd-Süd-Unternehmen) kön- nen die Verbreitung von Technologien innerhalb der Region fördern, da ihre Techno- logien besser an den Standort angepasst sind und leichter von heimischen Unterneh- men übernommen werden können. Süd-Süd-Investitionen gibt es auch im Finanzsektor: Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass regionale Süd-Süd-Banken durch Spillover-Effekte einen Bei- trag zur Steigerung der Effizienz heimischer Banken in Subsahara-Afrika leisten. Schlagwörter: Ausländische Direktinvestitionen, Süd-Süd-Unternehmen, Produktivität, Spillover-Effekte www.giga-hamburg.de/giga-focus
Direktinvestitionen: Der Trend Zu den wichtigsten Süd-Süd-Investoren in Sub- sahara-Afrika zählen China, Indien und Malay- Der Anstieg der weltweiten ausländischen Direkt sia; wichtigster regionaler Investor ist Südafrika investitionen (ADI) multinationaler Unternehmen (UNCTAD 2010a). Angola, Mauritius, Nigeria, in Entwicklungsländern von über 35 Mrd. USD im Südafrika und Sambia sind die wichtigsten sub- Jahr 1990 auf über 478 Mrd. USD im Jahr 2009 ist saharischen Länder, in die ADI fließen (UNCTAD Ausdruck der zunehmenden Globalisierung, auch 2010b). Dem Investitionsumfang nach konzentrier- ten sich die Neugründungen Abbildung 1: Zuflüsse ausländischer Direktinvestitionen in Entwicklungsländer von Auslandsgesellschaften und in Subsahara-Afrika (1990-2009), in Mio. USD zwischen 2003 und 2010 in Entwicklungsländer Subsahara-Afrika den weltweit am wenigsten 700000 60000 entwickelten Ländern (von denen die meisten in Sub- 600000 50000 sahara-Afrika liegen) auf 500000 den Primärsektor – vor 40000 400000 allem Kohle-, Öl- und Erd- 30000 gas (50%) – und weniger 300000 20000 auf den Industrie- (28%) 200000 und Dienstleistungssektor 10000 100000 (17%). Die höchste Anzahl 0 0 an Neugründungen ist al- 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 lerdings im Industrie- (40%) und im Dienstleistungssek- Entwicklungsländer Subsahara-Afrika tor (45%) zu verzeichnen. Quelle: Eigene Grafik auf der Basis von Daten aus UNCTAD 2010a. ADI in diesen Sektoren er- fordern zumeist einen ge- wenn aufgrund der Finanzkrise zwischen 2008 und ringeren Kapitaleinsatz als ADI im Primärsektor 2009 ein Rückgang dieser Investitionen zu ver- und werden dadurch häufig unterschätzt. Gera- zeichnen war (siehe Abbildung 1). de ADI im Sekundär- und Tertiärsektor sind aber ADI sind dadurch gekennzeichnet, dass ein von erheblicher Bedeutung, da sie ein wesent- Unternehmen eines Landes (Herkunftsland) Inve- lich größeres Potenzial zur Verbreitung moder- stitionen in einem anderen Land (Gastland) tätigt. ner Technologien in Entwicklungsländern haben Diese Investitionen zielen auf den langfristigen (UNCTAD 2011). Einfluss und die langfristige Kontrolle von erwor- benen Unternehmen im Gastland. Daher fließen durch ADI nicht nur Finanzmittel in das Gastland, Warum Auslandsinvestitionen? sondern auch neue Technologien sowie Manage- ment- und Marketingkompetenzen. Wettbewerbsvorteile multinationaler Unternehmen Zunehmend gewinnen Investitionen multinatio naler Unternehmen aus Entwicklungsländern in Nach der umfassendsten Theorie (Dunning 1993) anderen Entwicklungsländern (Süd-Süd-Direktin tätigen multinationale Unternehmen dann ADI, vestitionen) an Bedeutung. So haben sich diese In- wenn sie über Eigentums-, Internalisierungs- und vestitionen seit 1990 von weniger als 4 Mrd. USD Standortvorteile verfügen. Ein Unternehmen benö- auf 174 Mrd. USD im Jahr 2006 erhöht (UNCTAD tigt nicht nur Kapital, sondern auch Wettbewerbs- 2008). vorteile wie moderne Technologien sowie Manage- In Subsahara-Afrika ist ein Anstieg der generel- ment- und Marketingkompetenzen, damit es ADI len ADI-Zuflüsse von 1,7 Mrd. USD im Jahr 1990 tätigen kann; diese Vorteile sind zumeist spezifisch auf 40 Mrd. USD im Jahr 2009 zu verzeichnen (sie- für das jeweilige Unternehmen und standortunab- he Abbildung 1). Allerdings ist der Anteil des sub- hängig. Internalisierungsvorteile liegen dann vor, saharischen Afrika an den weltweiten ADI-Zu- wenn dieses Unternehmen seine Vorteile selbst flüssen mit 3,6 Prozent noch immer sehr gering im verwerten kann und nicht über Lizenzverträge ver- Vergleich zum Anteil der Entwicklungsländer ins- kauft. Bei der Wahl des ausländischen Marktes gilt gesamt (43%). es, Standortvorteile abzuwägen, wie Steuererleich- GIGA Focus Afrika 3/2011 -2-
terungen, die Nähe zum Absatzmarkt sowie die investieren bevorzugt in den portugiesischspra- Sprache und Geschäftsgepflogenheiten auf dem chigen Ländern des Kontinents (UNCTAD 2010). ausländischen Markt. Auch wenn multinationale Unternehmen aus Unternehmensspezifische Vorteile in Form mo- Entwicklungsländern technologisch noch nicht an dernster Technologien werden traditionell vor allem ihre Wettbewerber aus Industrieländern heranrei- Unternehmen aus Industrieländern zugeschrieben. chen, scheint die Vielfalt der Wettbewerbsvorteile Multinationale Unternehmen aus Entwicklungs- dazu zu führen, dass sie sich auf ausländischen ländern bauen demzufolge im Laufe der wirt- Märkten, vor allem in anderen Entwicklungslän- schaftlichen Entwicklung ihres Herkunftslandes dern, sowohl gegenüber heimischen Unternehmen spezifische Vorteile auf und beginnen erst von als auch gegenüber multinationalen Unternehmen einem bestimmten Zeitpunkt an, im Ausland zu aus Industrieländern behaupten können. Ein ge- investieren (Dunning 1993). ringeres technologisches Niveau mag beispiels- Eine jüngere Analyse zeigt aber, dass Unterneh- weise mit einer höheren Arbeitsintensität einher- men aus Entwicklungsländern Fach-, Produktions- gehen sowie Kompetenz- und Ausbildungsniveaus und Dienstleistungskompetenzen schon früher auf- erfordern, die den Fähigkeiten und Eigenschaf- bauen. Aufgrund ihres Entwicklungsstandes set- ten der Arbeitskräfte in Entwicklungsländern zen diese Unternehmen zudem häufig Technolo- entsprechen (ADB 2011). Aykut und Goldstein gien, Produkte und Dienstleistungen ein, die an (2006) und Goldstein (2003) gehen sogar davon die Märkte anderer Entwicklungsländer angepasst aus, dass multinationale Unternehmen aus Ent- sind (UNCTAD 2006). wicklungsländern häufig vertrauter mit regionalen Zudem profitieren multinationale Unterneh- Konsumansprüchen und Bedingungen bei der Ini- men aus Entwicklungsländern inzwischen häufig tiierung von Projekten sind als ihre Wettbewerber von Vorteilen, die aus den Rahmenbedingungen aus Industrieländern, auch wenn dies empirisch des Herkunftslandes resultieren: Dies betrifft schwer zu untermauern ist. Als Beispiel nennen nicht nur den Zugang zu natürlichen Ressourcen, sie das südafrikanische Telekommunikationsun- sondern auch zu Kapital, wenn etwa Unterneh- ternehmen Mobile Technology Networks (MTN). men aus Entwicklungsländern günstige Kredite – MTN scheint aufgrund eigener Kompetenzen die beispielsweise aus hohen Sparraten innerhalb besser in der Lage zu sein, Dienstleistungspake des Landes resultieren – von staatlichen Banken te (Prepaid-Telefonkarten) speziell auf Kunden oder aus anderen Finanzquellen erhalten. in Subsahara-Afrika zuzuschneiden und zu ver- UNCTAD (2006) zufolge zählen auch Produk- markten, als sein britischer Wettbewerber Celtel. tions- und Prozessfähigkeiten zu wichtigen Vor- Celtel ist zwar schon länger am Markt und hat viel teilen multinationaler Unternehmen aus Entwick- Erfahrung, hat diesen Service allerdings als Lu- lungsländern. Diese werden häufig durch die Spe- xus vermarktet, obwohl kabellose Telekommuni- zialisierung auf bestimmte Produktionsprozesse kation zu einer der wichtigsten Dienstleistungen einer Wertschöpfungskette, wie in der Elektro- in Afrika gehört. Ähnlich argumentiert die asia- oder Automobilindustrie, realisiert – vor allem tische Entwicklungsbank und hebt die größere von Unternehmen in Ost- und Südostasien. Kompetenz von Süd-Süd-Unternehmen hervor, Im Vergleich zu multinationalen Unternehmen die Präferenzen lokaler Kunden mit Niedrigein- aus Industrieländern dürfte die Bedeutung des kommen zu erkennen: Sie nennt das Beispiel des Zugangs zu Ressourcen sowie von Produktions- 2.500-USD-„Volkswagens“ (People’s Car), der von und Prozessfähigkeiten für multinationale Unter- dem indischen Automobilproduzenten Tata Mo- nehmen aus Entwicklungsländern aber von grö- tors produziert wird. ßerer Bedeutung sein als technologische Kompe- tenzen. Zudem ist anzunehmen, dass multinatio- nale Unternehmen aus Entwicklungsländern Vor- Motive für ADI teile noch stärker aus anderen Quellen schöpfen (müssen) als multinationale Unternehmen aus In- Investitionen multinationaler Unternehmen zie- dustrieländern; Beispiele wären sprachliche, kul- len darauf ab, Zugang zu Ressourcen zu erwer- turelle, historische und institutionelle Verbindun ben, neue Märkte zu erschließen, Effizienzvorteile gen zu anderen Ländern. In Afrika sind beispiels- zu generieren oder sich strategische Ressourcen weise ADI aus arabischen Ländern auf Nordafri- zu beschaffen. ka konzentriert, und brasilianische Unternehmen GIGA Focus Afrika 3/2011 -3-
Bei einer ressourcenorientierten Strategie ver- Spillover-Effekte suchen Unternehmen, Zugang zu bestimmten Res- sourcen (z.B. fossilen Brennstoffen oder Agrarpro- Der Zugang zu modernen Technologien und da- dukten) in besserer Qualität und zu geringeren Kos mit technologischer Fortschritt besitzen für das ten zu erhalten. Auch die Suche nach billigen Ar- Wachstum weniger entwickelter Volkswirtschaf- beitskräften kann Ziel dieser Strategie sein. Der Zu- ten große Bedeutung. Dazu gehören nicht nur gang zu natürlichen Ressourcen scheint gerade für „harte“ Technologien wie Maschinen, sondern Länder wie China und Indien enorm wichtig zu auch „weiche“ wie Management- und Marketing- sein, um den steigenden Energiehunger ihrer wach- kompetenzen. Technologien werden vom Mutter- senden Volkswirtschaften zu decken (UNCTAD konzern an die ausländischen Tochtergesellschaf- 2006). ten, die in Subsahara-Afrika investieren, transfe- Zwar ist der größte Teil der Auslandsinvesti- riert und von letzteren dort eingesetzt. Heimische tionen in Subsahara-Afrika ressourcenorientiert, Unternehmen erhalten dadurch Zugang zu aus- die Mehrheit der Einzelinvestitionen, unabhän- ländischen Technologien, die sie imitieren und gig vom Umfang, ist allerdings marktorientiert. deren Einsatz ihre Mitarbeiter erlernen können. Marktorientierte Strategien zielen darauf ab, Güter Durch solche Spillover-Effekte können heimische und Dienstleistungen vor Ort zu produzieren und Unternehmen im besten Fall ihre Produktivität zu verkaufen, die zuvor vielleicht nur in das Gast- steigern. land exportiert wurden. Es geht also um den Aus- Es gibt verschiedene Kanäle, durch die hei- bau eines Marktes oder um die Einsparung von mische Unternehmen von Spillover-Effekten profi- Transaktionskosten. Marktorientierte Strategien tieren können. Erstens können sie die Technologien multinationaler Unternehmen aus Entwicklungs- ihrer ausländischen Wettbewerber zu imitieren ländern werden aufgrund der geographischen Nä- versuchen. Zweitens können sie unter Umständen he und einer größeren Familiarität vorwiegend in gut ausgebildete Beschäftigte des ausländischen Ländern innerhalb derselben Region verfolgt. Unternehmens abwerben, um so Zugang zu mo- Neben ressourcen- und marktorientierten Stra- dernem Know-how zu erhalten. Spillover-Effekte tegien verfolgen ausländische Unternehmen effi- können aber auch durch höheren Wettbewerbs- zienz- und strategieorientierte Ziele in Subsaha- druck erzeugt werden, wenn heimische Unterneh- ra-Afrika: Hat ein Unternehmen effizienzorien- men gezwungen sind, neue Technologien schnel- tierte Motive, verlagert es z.B. seine arbeitsinten- ler zu übernehmen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit sive Produktion in ein Land mit niedrigen Arbeits- zu sichern. Auch wenn heimische Unternehmen kosten und behält seine kapitalintensive Produk- Kontakte zu ausländischen Unternehmen haben, tion im Inland bei. Unter strategischen Investitio die im selben Industriesektor tätig sind, oder wenn nen kann die Übernahme der Vermögenswerte sie Beziehungen zu Zulieferern haben, können sie ausländischer Unternehmen verstanden werden, von Spillover-Effekten profitieren (Blomström et um die globale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern al. 2000). Allerdings können ADI auch einen nega- bzw. zu erweitern. tiven Effekt auf die Produktivität heimischer Un- ternehmen haben, wenn Letztere durch Nachfrage einbußen bei gleichbleibenden fixen Produktions- Effekte ausländischer Direktinvestitionen kosten weniger Produkte verkaufen können. Ob und wie stark ADI Spillover-Effekte mit Ausländische Direktinvestitionen können unter- sich bringen, hängt erheblich von den technolo- schiedliche Vorteile für Subsahara-Afrika mit sich gischen Charakteristika ausländischer und hei- bringen: mischer Unternehmen ab. Ausländische Unter- • direkt durch die Erhöhung der Investitions- und nehmen müssen über einen technologischen Vor- Produktionskapazitäten; sprung verfügen, damit es überhaupt ein Potenzial • indirekt durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze, für Spillover-Effekte gibt. Zwischen multinationa- • die Förderung des internationalen Handels so- len Unternehmen aus Industrieländern und hei- wie mischen Unternehmen in Subsahara-Afrika beste- • den Zugang zu neuen Technologien durch Spill hen im Regelfall große technologische Unterschie- over-Effekte. de, sodass heimische Unternehmen viel von ihren Im Folgenden wird nur der letztgenannte Aspekt ausländischen Wettbewerbern lernen können. Zu behandelt. große Diskrepanzen bergen allerdings das Risiko, GIGA Focus Afrika 3/2011 -4-
dass heimische Unternehmen aufgrund fehlender Süd-Süd-Investionen im Bankensektor finanzieller Mittel und mangelnder Kompetenzen ihrer Mitarbeiter nicht in der Lage sind, Techno- Im Jahr 2008 wurde die südafrikanische Standard logien zu übernehmen. Multinationale Unterneh- Bank Group für über 5,6 Mrd. USD von der Indus- men aus Entwicklungsländern weisen ein gerin- trial & Commercial Bank of China übernommen. geres technologisches Niveau als ihre Wettbewer- Solche Übernahmen im Finanzsektor bieten eben- ber aus Industrieländern auf. Damit besteht zwar falls das Potenzial für Spillover-Effekte. grundsätzlich ein geringeres Potenzial für Spill over-Effekte, allerdings können die geringeren Unterschiede die Übernahme von Technologien Nord-Süd- und Süd-Süd-Banken durch heimische Unternehmen und damit deren Verbreitung erleichtern. Nord-Süd-Banken in Subsahara-Afrika sind zu- Hinzu kommt, dass Technologien, Geschäfts- meist in der ehemaligen Kolonialmacht beheima- modelle und Produkte multinationaler Unterneh- tet, wie beispielsweise die britischen Banken Bar- men durch Sprache, Kultur und institutionelle Rah- clays Bank und Standard Chartered Bank oder die menbedingungen des Herkunftslandes geprägt französischen Banken BNP Paribas und Société sind. Regionale Süd-Süd-Unternehmen – multina- Générale. tionale Unternehmen, die ihren Hauptsitz im sub- Neben Nord-Süd-Banken investieren aber auch saharischen Afrika haben – verfügen am ehesten immer mehr Süd-Süd-Banken in Subsahara-Afri- über Technologien und Geschäftsmodelle, die an ka. Die größte Bedeutung kommt dabei regionalen die vorherrschenden Rahmenbedingungen, bei- Süd-Süd-Banken zu, wie der Stanbic Bank aus Süd- spielsweise die höhere Arbeitsintensität von Pro- afrika und der Ecobank aus Togo. Die Ecobank fir- zessen, in Subsahara-Afrika angepasst sind. Dies miert inzwischen in 30 subsaharischen Ländern. erleichtert deren Übernahme und Implementie- Nichtregionale Süd-Süd-Banken sind bisher in ge- rung durch heimische Unternehmen. ringerer Anzahl vertreten. Nord-Süd-Banken in Subsahara-Afrika können sich ihre Kunden aufgrund ihrer finanziellen und Bedeutung für Subsahara-Afrika technologischen Überlegenheit in der Regel „aus- suchen“: Zumeist machen sie Geschäfte mit den Eine Quantifizierung des Transfers und der Ver- risikoärmsten und rentabelsten Kunden, wie gro breitung von Technologien ist schwierig, weil es ßen exportorientierten oder multinationalen Un- dazu bislang nur wenige empirische Studien gibt. ternehmen. Diese Unternehmen sind internatio- Eine UNCTAD-Studie (2009) zeigt für den Agrar- nal vernetzt und besitzen Vermögenswerte, die als sektor, dass von Unternehmen aus Industrielän- Sicherheiten anerkannt werden. Kleine und mitt- dern angewandte Technologien für Entwicklungs- lere Unternehmen sind hingegen weniger häufig länder häufig ungeeignet sind, da ihre Einsatz- Kunden von Nord-Süd-Banken, da sie ein größe- möglichkeiten durch geographische und klima- res Kreditvergaberisiko aufweisen. Dies liegt un- tische Faktoren beeinträchtigt werden. Dies redu- ter anderem an der geringeren Transparenz in Be- ziert das Potenzial für Spillover-Effekte. zug auf Bilanzierungs- und Offenlegungspflich- Kabelwa (2004) vergleicht die Effekte von ADI ten für Unternehmen in Subsahara-Afrika, auf de- südafrikanischer Unternehmen mit denen aus an- ren Basis die Kreditvergabe von Nord-Süd-Ban- deren Entwicklungsländern und aus Industrielän ken in der Regel erfolgt. dern im Produktions-, Tourismus- und Dienstlei- Aufgrund ihrer Erfahrung mit Geschäfts stungssektor Tansanias zwischen 1996 und 2002. Im praktiken und Technologien innerhalb der Region Ergebnis sieht er bei Investitionen südafrikanischer können regionale Süd-Süd-Banken oft leichter mit Unternehmen das größte Potenzial, dass heimische der mangelnden Transparenz der Geschäftstätigkeit Unternehmen durch Spillover-Effekte profitieren. kleinerer und mittlerer Unternehmen, wie unvoll- Für den Bankensektor zeigt Pohl (2011), dass Spill- ständigen oder fehlenden Bilanzen, und mit Pro- over-Effekte auf heimische Banken vorwiegend blemen bei der Durchsetzung von Verträgen umge- von regionalen Süd-Süd-Banken ausgehen. hen. Daher gehen regionale Süd-Süd-Banken häu- figer Geschäftsbeziehungen mit kleineren und mitt- leren Unternehmen ein als ihre Wettbewerber aus Industrieländern. So haben die Absa Bank und die GIGA Focus Afrika 3/2011 -5-
Stanbic Bank aus Südafrika ihre Kreditvergabe auf verschiedene Kredittechnologien, Management- und Kunden mit niedrigem und mittlerem Einkommen Marketingkompetenzen eine Rolle spielen. ausgedehnt (Honohan und Beck 2007). Togos Eco- Die kleinere technologische Lücke und die bes- bank hat ein Schulden-Rating-Modell entwickelt, sere Anpassung der Technologien regionaler Süd- das insbesondere die eingeschränkten Informatio Süd-Banken an die Märkte des subsaharischen Afri- nen zur finanziellen Situation kleiner und mittle- ka implizieren demgegenüber, dass diese von hei- rer Unternehmen in Afrika berücksichtigt (Essien mischen Banken leichter übernommen werden kön- 2007). Zudem haben regionale Süd-Süd-Banken be- nen. Langfristig könnten heimische Banken da- reits Erfahrung mit den Präferenzen von Kunden, durch ihre Kosten reduzieren. Zudem könnten re- insbesondere von solchen mit niedrigem Einkom- gionale Süd-Süd-Banken stärkeren Wettbewerbs- men, in ihrem Heimatland gemacht. Dies erleich- druck auf heimische Banken ausüben und sie zwin- tert die Anpassung von Produkten und Dienstleis gen, ihre Zinsmargen zu reduzieren, gerade wenn tungen an die spezifischen Bedürfnisse neuer Kun- sie häufiger in Marktsegmenten arbeiten, in denen den auf ausländischen Märkten. Ein Beispiel sind heimische Banken aktiv sind. In der Tat deutet ei- die mzansi-Konten, die von südafrikanischen Ban- ne aktuelle Studie (Pohl 2011) darauf hin, dass hei- ken für das Privatkundengeschäft entwickelt wur- mische Banken in Subsahara-Afrika insbesondere den und für Kunden mit niedrigem Einkommen in in die Technologien regionaler Süd-Süd-Banken in- Südafrika und anderen afrikanischen Ländern ge- vestieren; auch Wettbewerbsdruck scheint eher von eignet sind (Aykut und Goldstein 2006). regionalen Süd-Süd-Banken auf heimische Ban- Nichtregionale Süd-Süd-Banken sind prinzi ken ausgeübt zu werden als von anderen auslän- piell weniger mit den vorherrschenden Bedin- dischen Investoren. Diese Studie lässt allerdings gungen in Subsahara-Afrika vertraut und konzen- auch vermuten, dass die Kosten heimischer Ban- trieren sich häufiger auf Kunden, zu denen sie be- ken aufgrund der Investitionen in neue Technolo- reits Geschäftsbeziehungen im Heimatland aufge- gien kurzfristig zunächst steigen und erst längerfri- baut haben. Innerhalb dieser Nischenmärkte besit- stig eine höhere Effizienz in Form geringerer Kos zen sie spezielle Kundeninformationen, Fachkom- ten zu erwarten ist. petenzen sowie Reputation. Wenn allerdings An- teile an bereits bestehenden Unternehmen über- nommen werden, kann durch enge Zusammenar- Süd-Süd-ADI als Ergänzung zu Nord-Süd-ADI beit mit heimischen Beschäftigten versucht wer- den, Informationsdefizite auszugleichen. Eine sol- Das Potential von Spillover-Effekten ausländischer che Strategie ist bei dem eingangs geschilderten Direktinvestitionen scheint in Subsahara-Afrika Beispiel der Übernahme der Standard Bank Group noch nicht voll entfaltet zu sein. Theoretisch be- durch einen chinesischen Investor zu vermuten; trachtet könnten Süd-Süd-Direktinvestitionen dies zeigt, dass sich zunehmend auch nichtregionale ein größeres Potenzial für technologische Spill- Süd-Süd-Banken in Subsahara-Afrika behaupten. over-Effekte auf heimische Unternehmen bieten als Nord-Süd-Direktinvestitionen. Aufgrund der mangelnden Datenqualität ist es allerdings noch Spillover-Effekte im Bankensektor schwierig, zuverlässige Untersuchungsergebnisse zu den Effekten von ADI in Subsahara-Afrika zu Die technologische und finanzielle Überlegenheit erhalten. Zwar deuten Einzelberichte und erste von Nord-Süd-Banken gegenüber heimischen Ban- umfassendere Studien darauf hin, dass Spillover- ken reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass die- Effekte vorwiegend von regionalen Süd-Süd-Un- se Banken in denselben Marktsegmenten konkur- ternehmen ausgehen, allerdings sollten diese Er- rieren. Dies impliziert nicht nur eine hohe Markt- gebnisse noch mit Vorbehalt betrachtet werden, macht von Nord-Süd-Banken im Großkundenseg vor allem weil sie sich auf nur wenige Länder und ment, sondern auch von heimischen Banken in den einen sehr begrenzten Zeitraum beziehen. verbleibenden Marktsegmenten. Dies kann eine ge- Um in der Zukunft eine bessere Einschätzung ringe Markteffizienz – beispielsweise in Form über- der Effekte von Nord-Süd- und Süd-Süd-Direkt teuerter Kreditzinsen – zur Folge haben. Auch das investitionen vornehmen zu können, sind weitere Potenzial für technologische Spillover-Effekte sinkt, qualitative und quantitative Datenerhebungen not wenn Nord-Süd-Banken und heimische Banken in wendig. Ein guter Ausgangspunkt sind die World unterschiedlichen Marktsegmenten tätig sind und Enterprise Surveys der Weltbank. GIGA Focus Afrika 3/2011 -6-
Die zunehmende Bedeutung von Süd-Süd-Un- Kabelwa, George M. (2004), Technology Transfer ternehmen in Subsahara-Afrika und das mögli- and South African Investment in Tanzania, Glo- cherweise größere Potenzial für Spillover-Effekte balisation and East Africa Working Paper Ser bedeuten aber nicht, dass Nord-Süd-Direktinves ies, 10, Economic and Social Research Founda titionen gebremst werden sollten. Industrieländer tion, Dar es Salaam, Tanzania, online: (31. Mai 2011). Pohl, Birte (2011), Spillover and Competition Effects: Evidence from the Sub-Saharan African Banking Sec- Literatur tor, GIGA Working Papers, 165, online: . ADB (2011), Asian Development Outlook 2011: South- UNCTAD (2006), World Investment Report 2006: South Economic Links, Asian Development Bank. FDI from Developing and Transition Economies: Im- Aykut, Dilek und Andrea Goldstein (2006), Devel plications for Development, New York und Genf: oping Country Multinationals: South–South Invest- United Nations. ment Comes of Age, Working Paper, 257, OECD UNCTAD (2008), South-South Cooperation and Regi- Development Centre. onal Integration: Where We Stand and Future Direc- Blomström, Magnus, Ari Kokko und Mario Zejan tions, Note by the UNCTAD Secretariat, online: (2000), Foreign Direct Investment – Firm and Host Country Strategies, Houndmills, Basingstoke, Hamp (31. Mai 2011). shire: Palgrave. UNCTAD (2009), World Investment Report 2009: Dunning, John H. (1993), Multinational Enterprises Transnational Corporations, Agricultural Produc- and the Global Economy, Wokingham, England: tion and Development, New York und Genf: Uni- Addison-Wesley Publishers Ltd. ted Nations. Essien, Albert (2007), Finance for All – What’s Next UNCTAD (2010a), World Investment Report 2010: In- and How to Get There, Ecobank’s World Bank Pre- vesting in a Low-Carbon Economy, Annex Tables, sentation, präsentiert beim Weltbank Roundtable New York und Genf: United Nations. zu „Making Finance Work for Africa“ vom 7.-9. UNCTAD (2010b), South-South Cooperation: Afri- Mai 2007 in Livingstone, Zambia. ca and the New Forms of Development Partnership, Goldstein, Andrea E. (2003), Regional Integration, Economic Development in Africa – Report 2010, FDI, and Competitiveness: The Case of SADC, Paris: New York und Genf: United Nations. OECD. UNCTAD (2011), Foreign Direct Investment in LDCs: Honohan, Patrick und Thorsten Beck (2007), Ma- Lessons Learned from the Decade 2001-2010 and the king Finance Work for Africa, Washington: The Way Forward, New York und Genf: United Na- World Bank. tions. GIGA Focus Afrika 3/2011 -7-
Die Autorin Dr. Birte Pohl ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am GIGA Institut für Afrika-Studien und arbeitet im Be- reich Internationale Wirtschaftsbeziehungen, insbesondere zu ausländischen Direktinvestitionen und de- ren Effekten. E-Mail: , Webseite: GIGA-Forschung zum Thema Das von Jun.-Prof. Juliane Brach geleitete Forschungsteam „Innovation und Wachstum“ im GIGA For- schungsschwerpunkt 3 „Sozioökonomische Herausforderungen in der Globalisierung“ beschäftigt sich unter anderem mit möglichen Strategien zur Überwindung des Technologierückstands in Entwicklungs- ländern. Hier werden Formen der internationalen Kooperation sowohl auf unternehmerischer (Internatio nalisierung von Unternehmen, Technologietransfer und Upgrading in internationalen Wertschöpfungs- ketten, Joint Ventures und ausländische Direktinvestitionen) als auch auf staatlicher Ebene berücksichtigt (Nord-Süd, Süd-Nord und Süd-Süd). GIGA-Publikationen zum Thema Asche, Helmut und Margot Schüller (2008), Chinas Engagement in Afrika – Chancen und Risiken für Entwick- lung, Hamburg: GIGA German Institute of Global and Area Studies (im Auftrag von BMZ und GTZ), Eschborn. Brach, Juliane (2008), Entwicklung ohne ausländische Direktinvestitionen? Perspektiven der arabischen Mittel- meerländer, GIGA Focus Nahost, 9,online: . Brach, Juliane und Robert Kappel (2009), Global Value Chains, Technology Transfer and Local Firm Upgrading in Non-OECD Countries, GIGA Working Papers, 110, online: . Pohl, Birte (2011), Spillover and Competition Effects: Evidence from the Sub-Saharan African Banking Sector, GIGA Working Papers, 165, online: . Der GIGA Focus ist eine Open-Access-Publikation. Sie kann kostenfrei im Netz gelesen und heruntergeladen werden unter und darf gemäß den Be dingungen der Creative-Commons-Lizenz Attribution-No Derivative Works 3.0 frei vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zu gänglich gemacht werden. Dies umfasst insbesondere: korrekte Angabe der Erstveröffentli chung als GIGA Focus, keine Bearbeitung oder Kürzung. Das GIGA German Institute of Global and Area Studies – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg gibt Focus-Reihen zu Afrika, Asien, Lateinamerika, Nahost und zu globalen Fragen heraus, die jeweils monatlich erscheinen. Ausgewählte Texte werden in der GIGA Focus International Edition auf Englisch veröffentlicht. Der GIGA Focus Afrika wird vom GIGA Institut für Afrika-Studien redaktionell gestaltet. Die vertretenen Auffassun gen stellen die der Autoren und nicht unbedingt die des Instituts dar. Die Autoren sind für den Inhalt ihrer Beiträge verantwortlich. Irrtümer und Auslassungen bleiben vorbehalten. Das GIGA und die Autoren haften nicht für Richtig keit und Vollständigkeit oder für Konsequenzen, die sich aus der Nutzung der bereitgestellten Informationen er geben. Auf die Nennung der weiblichen Form von Personen und Funktionen wird ausschließlich aus Gründen der Lesefreundlichkeit verzichtet. Redaktion: Gero Erdmann; Gesamtverantwortliche der Reihe: André Bank und Hanspeter Mattes; Lektorat: Ellen Baumann; Kontakt: ; GIGA, Neuer Jungfernstieg 21, 20354 Hamburg www.giga-hamburg.de/giga-focus
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