SWISS GAAP FER 11 STEUERN - Empfehlung zum Ausweis und der Offenlegung von laufenden und latenten Ertragssteuern

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SWISS GA AP FER

                                Swiss GAAP FER 11 enthält Empfehlungen und Erläuterungen zum Ausweis und der
                                Offenlegung von laufenden und latenten Ertragssteuern. Im Vergleich zu den entspre-
                                chenden Vorschriften gemäss den internationalen Rechnungslegungen (IAS 12 und
                                SFAS 109) sind diese Empfehlungen einfach gehalten und fallen knapp und verständ-
                                lich aus.
HANSPETER SANER
MONIKA BIERI

SWISS GAAP FER 11 STEUERN
Empfehlung zum Ausweis und der Offenlegung
von laufenden und latenten Ertragssteuern

Die ersten Rechnungslegungsstandards der Fachempfehlung        ren gehören jedoch nicht dazu. Der zum effektiven Steuer-
für Rechnungslegung (FER 0 und 1), publiziert in den beiden    satz berechnete laufende Ertragssteueraufwand ist in der
ersten Tätigkeitsjahren der Stiftung für Fachempfehlungen      Jahresrechnung auszuweisen. Die Verpflichtungen aus den
zur Rechnungslegung 1986 und 1987, enthielten noch keine       laufenden Ertragssteuern sind unter den passiven Rech-
griffigen Vorschriften betreffend Bilanzierung von Steuer-     nungsabgrenzungen oder den sonstigen kurzfristigen Ver-
positionen, geschweige denn von latenten Steuern. Sie wid-     bindlichkeiten zu bilanzieren.
meten sich der «Zielsetzung, Themen und Verfahren» sowie          Latente Steuern entstehen, weil für die Erstellung der Jah-
den «Bestandteilen der Jahresrechnung». Ebenso wenig be-       resrechnung nach Swiss GAAP FER eine wirtschaftliche und
handelten die nachfolgenden FER-Standards (FER 2 – 5) das      nicht eine steuerliche Betrachtungsweise zugrunde zu legen
Thema der latenten Steuern, da diese nur wenig konkrete        ist. Dies führt zu Differenzen zwischen den nach Swiss GAAP
Regelungen mit lediglich einigen Lehrbuchaussagen und          FER und den nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermit-
Erklärungen enthielten [1].                                    telten Werten von Bilanzpositionen. Man spricht in diesem
                                                               Zusammenhang auch von temporären Differenzen. Steuer-
1. DER NEUE SWISS GA AP FER 11                                 liche Auswirkungen einer Transaktion sollen in der Swiss-
1.1 Einleitung. Der überarbeitete Swiss GAAP FER 11, wel-      GAAP-FER-Rechnung in derselben Periode berücksichtigt
cher nicht zu den sogenannten Kern-FER gehört, unterschei-     werden wie die Transaktion selbst, auch wenn die Ertrags-
det sich von seinen früheren Versionen, indem in formaler      steuern erst in einer späteren Geschäftsperiode tatsächlich
Hinsicht die Empfehlungen in laufende Steuern, latente         geschuldet sind.
Steuern und Offenlegung gegliedert sind. Einleitend wird
festgehalten, dass steuerliche Auswirkungen im Jahresab-       1.3 Latente Steuern nach Swiss GAAP FER. Bei latenten
schluss angemessen zu berücksichtigen sind. Was «angemes-      Steuern handelt es sich um vorübergehende, nicht zahlungs-
sen» ist, steht jedoch weder in der Empfehlung (Details vgl.   wirksame Steuern, die sich im Zeitablauf wieder aufheben.
Abbildung 1) noch in den entsprechenden Erläuterungen.         Auf Differenzen, die sich im Zeitablauf nicht ausgleichen
                                                               (sogenannte permanente Differenzen), werden keine latenten
1.2 Abgrenzung laufender Steuern von latenten Steuern.         Steuern gebildet (vgl. Abbildung 2).
Unter laufenden Steuern versteht man die Ertragssteuern auf       Temporäre Differenzen resultieren beispielsweise bei un-
dem ordentlichen steuerbaren Gewinn gemäss nationalem          terschiedlichen Abschreibungsregelungen. Wenn ein Akti-
Steuerrecht. Daher fallen auch Steuern infolge Abweichungen    vum steuerlich schneller abgeschrieben wird als nach Swiss
zwischen lokaler Handelsbilanz und Steuerbilanz unter die      GAAP FER, liegt der Swiss-GAAP-FER-Wert über dem steuer-
laufenden Steuern. Sonstige öffentliche Abgaben und Gebüh-     lichen Wert. Der Gewinn nach Swiss GAAP FER ist infolge

                     HANSPETER SANER,                                                MONIKA BIERI,
                     BETRIEBSÖKONOM HWV,                                             MASTER OF SCIENCE IN
                     DIPL. WIRTSCHAFTS-                                              BUSINESS ADMINISTRATION,
                     PRÜFER, PARTNER,                                                ASSISTENTIN,
                     TAX SERVICES, ERNST &                                           TAX SERVICES, ERNST &
                     YOUNG AG, BERN                                                  YOUNG AG, BERN

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S W I S S G A A P F E R 11 S T E U E R N                                                                   SWISS GA AP FER

                                                                      Auf permanenten Differenzen, d. h. steuerlichen Einmal-
   Abbildung 1: SWISS GA AP FER 11                                    effekten, die sich im Zeitablauf nicht wieder ausgleichen,
                                                                      sind keine latenten Steuern zu bilden. Unter permanente Dif-
     1 Aktuelle und zukünftige steuerliche Auswirkungen sind im
                                                                      ferenzen fallen beispielsweise nicht abzugsfähige Betriebs-
       Jahresabschluss angemessen zu berücksichtigen. Dabei ist
       zwischen der Ermittlung der laufenden sowie der Abgren-        ausgaben bzw. steuerfreie Erträge.
       zung von latenten Ertragssteuern zu unterscheiden.               Die jährliche Abgrenzung der latenten Ertragssteuern
                                                                      nach Swiss GAAP FER 11 basiert auf einer bilanzorientierten
   Laufende Steuern
    2 Die laufenden Ertragssteuern auf dem entsprechenden Pe-         Sicht (Balance sheet method) und ist mittels der Comprehen-
      riodenergebnis sind in Übereinstimmung mit den jewei-           sive-Liability-Methode zu berechnen (vgl. Abbildung 3).
      ligen steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften zu er-           Passive latente Ertragssteuern sind unter den Rückstel-
      mitteln.                                                        lungen, aktive latente Ertragssteuern unter den Finanzanla-
    3 Der laufende Ertragssteueraufwand ist in der Jahresrech-        gen je gesondert auszuweisen. Der latente Steueraufwand
      nung auszuweisen.
    4 Verpflichtungen aus laufenden Ertragssteuern sind unter
      den passiven Rechnungsabgrenzungen oder den sonstigen
      kurzfristigen Verbindlichkeiten auszuweisen.                         «Passive latente Ertragssteuern
   Latente Steuern                                                         sind unter den Rückstellungen, aktive
    5 Durch die Anwendung von nach True & Fair View ermit-
      telten Werten entstehen im Vergleich zu den steuerlich               latente Ertragssteuern unter
      massgebenden Werten Bewertungsdifferenzen. Darauf sind
      latente Ertragssteuern zu berücksichtigen.
                                                                           den Finanzanlagen je gesondert
    6 Die jährliche Abgrenzung der latenten Ertragssteuern ba-             auszuweisen.»
      siert auf einer bilanzorientierten Sichtweise («Balance sheet
      method») und berücksichtigt grundsätzlich alle zukünf-
                                                                      resultiert aus der periodischen Veränderung und ist in der
      tigen ertragssteuerlichen Auswirkungen («Comprehensive
      method»).                                                       Erfolgsrechnung ebenfalls separat auszuweisen.
    7 Die jährlich abzugrenzenden latenten Ertragssteuern sind in       Aktive latente Steuern auf zeitlich befristeten Differenzen
      jeder Geschäftsperiode und für jedes Steuersubjekt getrennt     sowie auf steuerlichen Verlustvorträgen dürfen nur dann bi-
      zu ermitteln. Aktive und passive latente Ertragssteuern dür-    lanziert werden, wenn wahrscheinlich ist, dass sie in Zukunft
      fen nur saldiert werden, soweit sie das gleiche Steuersubjekt   mit genügend steuerlichen Gewinnen verrechnet werden
      betreffen.
                                                                      können. Für Verluste bedeutet dies beispielsweise, dass eine
    8 Die Berechnung der jährlich abzugrenzenden latenten Er-
      tragssteuern erfolgt aufgrund der massgebenden Steuer-          Verrechnung innerhalb von 7 Jahren wahrscheinlich sein
      sätze («Liability method»). Massgebend sind die tatsächlich     muss. Überdies ist eine Verrechnung von aktiven und pas-
      zu erwartenden oder – sofern diese nicht bekannt sind – die     siven latenten Steuern nur möglich, sofern sie das gleiche
      im Zeitpunkt der Bilanzierung gültigen Steuersätze.             Steuersubjekt betreffen.
    9 Der Ausweis passiver latenter Ertragssteuern hat unter den        Das Konzept von Swiss GAAP FER 11 erfordert, dass zeitlich
      Steuerrückstellungen, der Ausweis allfälliger aktiver la-
                                                                      befristete Differenzen prinzipiell zur erfolgswirksamen Er-
      tenter Ertragssteuern unter den Finanzanlagen je gesondert
      zu erfolgen.
                                                                      fassung von latenten Steuern führen. Als Ausnahme sind im
   10 Der latente Ertragssteueraufwand (-ertrag) resultiert aus der   Rahmen der Neubewertung (z. B. des Anlagevermögens) la-
      periodischen Veränderung der abgegrenzten latenten Er-          tente Steuern erfolgsneutral als Rückstellung zu behandeln
      tragssteuern und ist in der Jahresrechnung auszuweisen.         und im Anhang gesondert offenzulegen.
   Offenlegung
   11 Im Anhang zur Jahresrechnung ist ein latenter Steueran-         1.4 Anwendungsbeispiel. Wie erwähnt, besteht zwischen
      spruch für noch nicht genutzte steuerliche Verlustvorträge      den laufenden und latenten Steuern ein kompensatorischer
      offenzulegen.                                                   Effekt, der anhand des folgenden Beispiels aufgezeigt werden
   Quelle: FER 2007                                                   kann:
                                                                        Die Gesellschaft X AG, kauft per 1. Januar des Jahres y eine
                                                                      Maschine im Wert von CHF 1 Mio. Steuerlich wird unter An-
des kleineren Abschreibungsbetrages grösser als der steuer-           wendung der degressiven Abschreibungsmethode (40%) ab-
liche Gewinn. Diese Differenz muss jedoch um die steuer-              geschrieben, wobei im 6. Jahr der Restwert ausgebucht wird.
lichen Auswirkungen bereinigt werden. Es wird ein Steuer-             Nach Swiss GAAP FER wird linear über 5 Jahre abgeschrie-
aufwand verbucht und somit eine latente Steuerverpflich-              ben. Die X AG erzielt einen jährlichen Gewinn, vor Abschrei-
tung gebildet (Ausweis passiver latenter Steuern). Wenn               bung der erworbenen Maschine und Steuern gemäss Swiss
gegen Ende der Nutzungsdauer das Aktivum steuerlich be-               GAAP FER, von CHF 2 Mio. Der Gewinnsteuersatz auf dem
reits auf Null abgeschrieben ist, gemäss Swiss GAAP FER               Gewinn vor Steuern beträgt 25%. Die laufenden und latenten
jedoch immer noch Abschreibungen vorgenommen werden,                  Steueraufwendungen sowie die latenten Steueraktiven und
wird die latente Steuerverpflichtung erfolgswirksam auf-              Steuerpassiven für die Jahre y bis y+5 sind in Abbildung 4
gelöst. Wenn das Aktivum auf beiden Stufen auf Null abge-             dargestellt.
schrieben ist, verschwindet auch die Differenz (daher der               Die Abbildung 4 zeigt den kompensatorischen Effekt der
Begriff «temporäre Differenz»).                                       laufenden und latenten Steuern auf, indem die Summe des

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SWISS GA AP FER                                                                                               S W I S S G A A P F E R 11 S T E U E R N

Steueraufwandes nach Swiss GAAP FER immer gleich hoch               variante aus dem Jahre 1996 nicht mehr. Der damalige Swiss
bleibt. Zur Verdeutlichung sind die Berechnungen der Jahre y,       GAAP FER 11 verlangte zusätzlich, dass ein allfällig ange-
y+1 und y+2 kurz wie folgt zu kommentieren:                         wandter einheitlicher Konzerndurchschnittssteuersatz im
é Im Jahr y wird ein steuerlich massgebender Erfolg (vor            Anhang offenzulegen ist und hypothetische latente Ertrag-
Steuern) von TCHF 1600 (Gewinn nach Swiss GAAP FER von              steuern auf steuerlich nicht wirksamen Aufwertungen von
TCHF 2000 abzüglich Abschreibungen nach Steuerrecht                 Anlagen auszuweisen sind.
von TCHF 400) ausgewiesen. Damit betragen die laufenden
Steuern TCHF 400 (25% von TCHF 1600). Zusätzlich ist aber           2. VERGLEICH MIT IAS 12 UND SFAS 109
auf der zeitlichen Differenz von TCHF 200 ein latenter              2.1 Einleitende Bemerkungen. Swiss GAAP FER 11 verfolgt
Steueraufwand von TCHF 50 (25 % von TCHF 200) zu berück-            grundsätzlich dieselben Ziele wie IAS 12 und Statement of Fi-
sichtigen. é Im Folgejahr (y+1) beträgt der steuerlich mass-        nancial Accounting Standards (SFAS) 109. Viele Themen werden
gebende Gewinn TCHF 1760 (Gewinn nach Swiss GAAP FER                jedoch nicht oder im Vergleich zu den Vorschriften gemäss den
von TCHF 2000 abzüglich Abschreibungen nach Steuerrecht             internationalen Rechnungslegungen nur knapp behandelt.
von TCHF 240). Damit fallen laufende Steuern von TCHF 440           So äussert sich Swiss GAAP FER 11 beispielsweise nicht zur
(25% von CHF 1760) an. Gleichzeitig erhöht sich die temporäre       Berücksichtigung von latenten Steuern bei Unternehmens-
Differenz entsprechend um TCHF 40 auf TCHF 240. Die dar-            übernahmen und verzichtet auf nähere Begriffsbestim-
auf lastenden latenten Steuern betragen folglich TCHF 60.           mungen, Begründungen, Konkretisierungen und Illustra-
In der Erfolgrechnung ist demzufolge die Zunahme der la-            tionen von einzelnen Bestimmungen. Die unterschiedliche
tenten Steuerverbindlichkeit um TCHF 10 als Aufwand zu              Abhandlung geht auch aus den Seitenzahlen der entspre-
verbuchen. é Im Jahr y+2 beträgt der steuerlich massgebende         chenden Rechnungslegungsstandards hervor. Während
Gewinn TCHF 1856 (Gewinn nach Swiss GAAP FER von                    SFAS 109 den Steuerstandard auf über 260 Seiten abhandelt
TCHF 2000 abzüglich Abschreibungen nach Steuerrecht von             und IAS 12 rund 70 Seiten umfasst, beschränkt sich Swiss
TCHF 144). Die laufenden Steuern sind deshalb mit TCHF 464          GAAP FER 11 gerade mal auf gut 3 Seiten.
(25% von TCHF 1856) zu berücksichtigen. Die zeitliche Dif-
ferenz hat sich in diesem Jahr auf TCHF 184 reduziert. Die          2.2 Behandlung der Steuern nach IFRS. Die International
darauf lastenden latenten Steuern nehmen folglich auf               Financial Reporting Standards (IFRS) regeln die Steuern in
TCHF 46 ab. In der Erfolgrechnung ist demzufolge die Ab-            IAS 12 [2]. Wie Swiss GAAP FER 11 liegt auch IAS 12 das bilanz-
nahme der latenten Steuerverbindlichkeit um TCHF 14 er-             orientierte Temporary-Differences-Konzept zugrunde. Ent-
folgswirksam zu erfassen.                                           scheidend ist, dass der externe Bilanzleser nach dem IFRS-
                                                                    Konzept über die in der Zukunft zu erwartenden Steuermin-
1.5 Bestimmungen zur Offenlegung. Swiss GAAP FER 11                 derungen und Steuerbelastungen aus Gegebenheiten des
enthält nur gerade eine Empfehlung zur Offenlegung. Da-             laufenden Geschäftsjahres und der Vorjahre informiert wird.
nach ist im Anhang zur Jahresrechnung einzig ein latenter           Die Bewertung der latenten Steuern erfolgt mit dem Steuer-
Steueranspruch für noch nicht genutzte steuerliche Verlust-         satz, der im Jahr der Umkehrung (Auflösung des latenten
vorträge offenzulegen. Weitere Offenlegungsvorschriften             Steuerguthabens oder der latenten Steuerverpflichtung) gilt.
nennt dieser Standard im Vergleich zu seiner Vorgänger-             In der Regel ist dies der aktuelle Steuersatz. Die Bewertung

  Abbildung 2: BERÜCKSICHTIGUNG VON BEWERTUNGSDIFFERENZEN ZWISCHEN SWISS GA AP FER
  UND STEUERBILANZ

                         Bewertungsdifferenzen zwischen Swiss GAAP FER und Steuerbilanz

      Permanente Differenzen                                Temporäre Differenzen

      Keine latenten Steuern                                    Latente Steuern

                                            Aktivposten (Assets),
                                                                              Passivposten (Liabilities)
                                              Verlustvortrag

                   Swiss-GAAP-FER-Wert        Swiss-GAAP-FER-Wert           Swiss-GAAP-FER-Wert                  Swiss-GAAP-FER-Wert
                     < steuerlicher Wert        > steuerlicher Wert           > steuerlicher Wert                  < steuerlicher Wert

                      Ausweis aktiver            Ausweis passiver               Ausweis aktiver                      Ausweis passiver
                      latenter Steuern           latenter Steuern               latenter Steuern                     latenter Steuern

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                                                                     beschlossen ist. Latente Steuern sind nicht abzuzinsen. An
   Abbildung 3: BILANZORIENTIERTE ALLES                              jedem Bilanzstichtag ist die Werthaltigkeit latenter Steuer-
   UMFASSENDE VERBINDLICHKEITSMETHODE                                guthaben zu überprüfen. Die Angabepflichten für latente
                                                                     Steuern im Anhang eines IFRS-Abschlusses sind in IAS 12
   Bilanzorientiert (Balance sheet method)
                                                                     ausführlich geregelt.
   Basis für die Ermittlung der latenten Steuern sind die zeitlich
   befristeten Differenzen (temporary differences) zwischen den        Im Unterschied dazu sind die Vorschriften zur Behand-
   einzelnen Positionen der Steuerbilanz und der Bilanz nach         lung der Steuern in Swiss GAAP FER 11 generell weniger
   Swiss GAAP FER. Sie entstehen somit aus einer bilanzorien-        strikt. So schreibt Swiss GAAP FER 11 lediglich vor, dass
   tierten Betrachtungsweise. Die Erfolgsrechnung wird nicht als     grundsätzlich der tatsächlich zu erwartende Steuersatz je
   Grundlage für die Ermittlung latenter Steuern verwendet.          Steuersubjekt anzuwenden ist. Sofern dieser unbekannt ist,
                                                                     sind die im Zeitpunkt gültigen Steuersätze zu verwenden.
   Alles umfassend (Comprehensive method)
   Die jährliche Abgrenzung der latenten Ertragssteuern berück-      Ebenso wenig enthält Swiss GAAP FER 11 ein explizites Ver-
   sichtigt grundsätzlich alle zukünftigen ertragssteuerlichen       bot betreffend die Diskontierung latenter Steuern. Ferner
   Auswirkungen.                                                     muss nach Swiss GAAP FER 11 per Jahresabschluss auch nicht
                                                                     explizit ein Werthaltigkeitstest latenter Steuerguthaben er-
   Verbindlichkeitsmethode (Liability method)                        folgen.
   Die Berechnung der jährlich abzugrenzenden latenten Ertrags-
   steuern erfolgt aufgrund der massgebenden Steuersätze. Mass-
   gebend sind die tatsächlich zu erwartenden oder – sofern diese    2.3 Behandlung der Steuern nach US GAAP [3]. SFAS 109
   nicht bekannt sind – die im Zeitpunkt der Bilanzierung gül-       «Accounting for Income Taxes» regelt die Bilanzierung la-
   tigen Steuersätze.                                                tenter Steuern nach US GAAP. Die Grundzüge und die Bewer-
                                                                     tung von latenten Steuern sind vergleichbar mit IAS 12, jedoch
                                                                     etwas ausführlicher und strikter ausgestaltet. Im folgenden
muss aber mit dem zukünftigen, angekündigten Steuersatz              soll kurz auf einige wichtige Unterschiede zwischen IFRS und
erfolgen, sofern eine Steuersatzänderung faktisch bereits            US GAAP, respektive Swiss GAAP FER hingewiesen werden.

5 | 2008 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R                                                                          369
SWISS GA AP FER                                                                                                                S W I S S G A A P F E R 11 S T E U E R N

é Latente Steuern aus Verlustvorträgen: Unterschiede ergeben                      stimmungen mehr notwendig sind, d. h. wenn die Steuer-
sich beispielsweise bei der Aktivierung von steuerlichen Ver-                     satzänderungen formell in Kraft gesetzt wurden. Im Gegen-
lustvorträgen. Während bei IFRS eine noch nicht genutzte                          satz zu US GAAP berücksichtigt IFRS Steuersatzänderungen,
Steuergutschrift in dem Umfang zu bilanzieren ist, in dem                         sobald diese beschlossen sind auch wenn die formelle Inkraft-
es wahrscheinlich ist, dass zukünftiger zu versteuernder                          setzung noch ausstehend ist. Dabei werden die Steuersätze
Ertrag zur Verfügung stehen wird (other convincing evi-                           verwendet, die zum Bilanzstichtag gültig oder angekündigt
dence), kennt US GAAP das «Cumulative Loss Position»-                             sind. Eine Diskontierung der latenten Steuern ist auch bei
Prinzip. Eine Aktivierung von Verlustvorträgen ist demzu-                         langfristigen Abgrenzungen nicht vorgesehen. Die Werthal-
                                                                                  tigkeit der latenten Steuern muss nach US GAAP jedoch nur
                                                                                  periodisch überprüft werden. é Ausweis latenter Steuern: Nach
      «Bei Swiss GAAP FER 11 handelt                                              IFRS besteht grundsätzlich ein Saldierungsverbot für aktive
                                                                                  und passive latente Steuern von verschiedenen Steuersub-
      es sich um einen gelungenen, einfachen                                      jekten. Eine Saldierungspflicht ist aber beispielsweise gege-
      und leicht verständlichen Standard.»                                        ben, wenn sich die latenten Steueransprüche und die latenten
                                                                                  Steuerschulden auf Ertragssteuern beziehen, die von dersel-
folge faktisch ausgeschlossen, wenn während einer Zeit-                           ben Steuerbehörde erhoben werden. Nach US GAAP wird
spanne von drei Jahren Verluste erzielt wurden. Für die                           beim Ausweis latenter Steuern im Gegensatz zu IFRS und
Beurteilung der Wahrscheinlichkeit zukünftiger Gewinner-                          Swiss GAAP FER zwischen kurz- und langfristigen Positi-
zielung können unter IFRS die Erläuterungen im Geschäfts-                         onen unterschieden. Entsprechend ist eine Saldierung nur
bericht u. a. ein Nachweis dafür geben, wie der Ermessens-                        entweder von kurzfristigen aktiven mit kurzfristigen pas-
spielraum genutzt wird. Im Vergleich zu den relativ strengen                      siven latenten Steuern oder von langfristigen aktiven mit
Aktivierungsvorschriften für latente Steuern aus Verlustvor-                      langfristigen passiven latenten Steuern desselben Steuersub-
trägen unter US GAAP, und der etwas grosszügigeren IFRS-                          jektes vorgesehen. Swiss GAAP FER äussert sich zum Thema
Regelung gibt Swiss GAAP FER 11 in dieser Hinsicht grössere                       des Ausweises von latenten Steuern da hingehend, dass ak-
Spielräume. Swiss GAAP FER 11 schreibt lediglich vor, dass                        tive und passive Ertragssteuern nur saldiert werden können,
steuerliche Verlustvorträge nur dann bilanziert werden,                           soweit sie das gleiche Steuersubjekt betreffen.
wenn wahrscheinlich ist, dass sie in Zukunft durch genügend
steuerliche Gewinne realisiert werden können. Wie in Ziff. 1.5                    3. FAZIT
erwähnt, verlangt Swiss GAAP FER 11 in diesem Zusammen-                           Zusammenfassend bestehen zwischen den Empfehlungen
hang ausserdem, für noch nicht genutzte steuerliche Verlust-                      von Swiss GAAP FER 11 und den Vorschriften gemäss IAS 12
vorträge im Anhang zur Jahresrechnung einen latenten                              sowie SFAS 109 zwar Unterschiede, materiell wurden jedoch
Steueranspruch offenzulegen. é Bewertung nach US GAAP: Die                        grundsätzlich die gleichen Weichen gestellt. Die grösste Dif-
Bewertung latenter Steuern erfolgt nach dem aktuellen bzw.                        ferenz liegt wohl in den beschränkten Offenlegungsvor-
dem bereits gesetzlich verankerten zukünftigen Steuersatz.                        schriften von Swiss GAAP FER. Im weiteren handelt es sich
Gemäss US GAAP sind Steuersatzänderungen zu berücksich-                           bei Swiss GAAP FER und somit auch bei Swiss GAAP FER 11
tigen, sofern im Gesetzgebungsprozess keine weiteren Zu-                          neben IFRS um einen «principle based standard» im Gegen-

  Abbildung 4: KOMPENSATORISCHER EFFEK T ZWISCHEN LAUFENDEN UND LATENTEN STEUERN

  Abschluss per 31. 12. (in TCHF)                                Jahr y         Jahr y+1        Jahr y+2         Jahr y+3        Jahr y+4          Jahr y+5
  Anschaffungskosten                                               1000
  Steuerliche Abschreibung                                           400            240             144              86                52                  78
  Abschreibung nach Swiss GAAP FER                                   200            200             200            200               200                     0
  Steuerbilanzwert                                                   600            360             216            130                 78                    0
  Bilanzwert nach Swiss GAAP FER                                     800            600             400            200                   0                   0
  Zeitliche Differenz                                                200            240             184              70              –78                     0
  latente Steueraktiven                                                 0              0               0              0                19                    0
  latente Steuerpassiven                                              50              60              46             18                  0                   0
  latenter Steueraufwand                                              50              10               0              0                  0                 19
  latenter Steuerertrag                                                 0              0              14             28                37                    0
  laufender Steueraufwand                                            400            440             464            478               487                 481
  Total Steueraufwand                                                450            450             450            450               450                 500*

  *Der Steueraufwand ist im Vergleich zu den Vorjahren um 50 höher, weil die Abschreibungen von 200 entfallen.

370                                                                                                                 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2008 | 5
S W I S S G A A P F E R 11 S T E U E R N                                                                                          SWISS GA AP FER

satz zum «rules based standard» womit die sehr detaillierten                        und US GAAP aus komplizierten, ziemlich umfangreichen
Standards von US GAAP gemeint sind. In bestimmten Be-                               Regelungen, die teilweise schwierig zu verstehen sind. Dies
reichen wurden bewusst Wahlmöglichkeiten gewährt, wäh-                              ist mitunter sicher auch ein Grund, warum ein KMU eher
rend IAS 12 respektive SFAS 109 striktere Regeln vorschrei-                         Swiss GAAP FER und nicht IFRS oder US GAAP anwendet.
ben. Trotzdem handelt es sich unseres Erachtens bei Swiss                           Ob an dieser Tatsache der neue IFRS für KMU etwas ändern
GAAP FER 11 um einen gelungenen, einfachen und leicht ver-                          wird, bleibt abzuwarten.                                 n
ständlichen Standard. Vergleichsweise dazu bestehen IFRS

Anmerkungen: 1) Weber Rolf H., 1987. Bedeu-              schluss nach einem True-and-fair-View, Schriften-     S., Waldersee G.-G., 2003, IFRS/US GAAP/HGB
tung, Möglichkeiten und Grenzen der Selbstregu-          reihe der Treuhand-Kammer, Band 168. Ñ Hinze          im Vergleich – Synoptische Darstellung für den
lierung. Empfehlungen zur Rechnungslegung                Christian, Von FER zu IAS/IFRS – Nach dem Aus         Einzel- und Konzernabschluss. Schäffer-Poeschel
und zur Revision, 75, S. 21 ff. 2) Vgl. dazu auch        von Swiss GAAP FER für kotierte Unternehmen,          Verlag, Stuttgart. Ñ SFAS 109. Ñ Swiss GAAP
Hayn S., Waldersee G.-G., 2003. IFRS/US GAAP/            ST 2003/4, S. 253 ff. Ñ IAS 12. Ñ Kuhn S., Röthlis-   FER 11. Ñ Weber Rolf. H., 1987, Bedeutung, Mög-
HGB im Vergleich – Synoptische Darstellung für           berger R., Niggli S., Management der effektiven       lichkeiten und Grenzen der Selbstregulierung,
den Einzel- und Konzernabschluss. Schäffer-Poe-          Konzernsteuerbelastung, ST 2003/8, S. 636 ff.         Empfehlungen zur Rechnungslegung und zur
schel Verlag, Stuttgart. S. 194 ff. 3) Vgl. dazu ebd.    Ñ Meyer Conrad, Rechnungslegung für kleine            Revision.
Literatur: Ñ Cotting René, 2000. Rechnungsle-            und mittelgrosse Organisationen – Neues Konzept
gung von latenten Ertragsteuern im Konzernab-            für Swiss GAAP FER, ST 2007/1–2, S. 56 ff. Ñ Hayn

                                                                           R É SU M É

                                                       Swiss GAAP RPC 11 – Impôts
La Swiss GAAP RPC 11 contient des recom-                 approche économique et non une ap-                    compte de résultat. Les impôts différés
mandations et des explications relatives                 proche fiscale. Des différences peuvent               actifs liés à des différences temporaires,
à la présentation et à la publication des                donc découler du respect des principes                ainsi qu’à des pertes fiscales reportées
impôts courants et des impôts différés                   comptables selon les Swiss GAAP RPC                   ne peuvent être portés au bilan que lors-
sur les bénéfices. Comparées aux dispo-                  plutôt que des principes fiscaux pour                 qu’il est probable qu’ils pourront être
sitions des normes comptables inter-                     l’évaluation des postes du bilan. On parle            réalisés dans le futur par l’existence de
nationales consacrées au même thème                      dans ce cas également de différences tem-             bénéfices imposables suffisants. La com-
(IAS 12 et SFAS 109), celles de cette norme              poraires. Les répercussions fiscales d’une            pensation d’impôts différés actifs et pas-
sont concises et compréhensibles.                        transaction doivent être prises en compte             sifs n’est possible que dans la mesure où
   La Swiss GAAP RPC 11 remaniée ne fait                 dans les comptes établis selon les Swiss              ils concernent la même entité fiscale.
pas partie des RPC fondamentales; elle                   GAAP RPC dans la même période que                        La Swiss GAAP RPC ne contient qu’une
se distingue des versions précédentes                    celle de la transaction, même si les impôts           disposition relative à la publication; une
par sa subdivision en impôts courants,                   sur le bénéfice ne sont effectivement dus             prétention fiscale différée pour perte fis-
impôts différés et publication. Les im-                  qu’au cours d’un exercice futur.                      cale reportée et non encore utilisée doit
pôts courants concernent les impôts sur                     Les impôts différés représentent des               être publiée dans l’annexe aux comptes
le bénéfice imposable ordinaire selon le                 impôts transitoires, sans effet sur la tré-           annuels.
droit fiscal national. C’est pourquoi des                sorerie, qui se compensent avec le temps.                La Swiss GAAP RPC 11 poursuit en
impôts résultant d’écarts entre le bilan                 Pour des différences qui ne se compen-                principe les mêmes buts que les normes
commercial et le bilan fiscal figurent                   sent pas avec le temps (différences per-              IAS 12 et SFAS 109. De nombreux thè-
sous la rubrique des impôts courants.                    manentes), les impôts différés ne sont                mes n’y sont toutefois pas traités ou ne
Les autres taxes et redevances publi-                    pas pris en compte. La délimitation an-               le sont que sommairement, comparé aux
ques n’en font pas partie. La charge cou-                nuelle des impôts différés se base sur une            normes comptables internationales. La
rante relative aux impôts sur les bénéfi-                approche orientée bilan (Balance sheet                différence de traitement se traduit éga-
ces, calculée selon le taux effectif d’im-               method) et englobe tout impact fiscal                 lement dans le nombre de pages des nor-
pôt, doit être indiquée dans les comptes                 futur (Comprehensive method). Les im-                 mes comptables concernées. Alors que
annuels. Les engagements liés aux impôts                 pôts différés passifs sur les bénéfices doi-          la SFAS 109 traite le thème des impôts en
courants sur les bénéfices seront portés                 vent être indiqués séparément dans les                260 pages et l’IAS en 70 pages, la Swiss
au bilan soit dans les comptes de régula-                provisions pour impôts et les impôts dif-             GAAP RPC 11 se contente de trois pages.
risation passif, soit dans les autres det-               férés actifs doivent figurer séparément               Malgré cela, les auteurs sont de l’avis que
tes à court terme.                                       sous les immobilisations financières. La              la Swiss GAAP RPC 11 est une norme
   Les impôts différés proviennent du fait               charge d’impôts différés sur les béné-                réussie, simple et compréhensible.
que l’établissement des états financiers                 fices découle de la variation périodique              HS/MB/AFB
selon les Swiss GAAP RPC se base sur une                 et doit apparaître séparément dans le

5 | 2008 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R                                                                                                     371
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