Vermüllung der Meere stoppen - Positionspapier und Maßnahmenkatalog
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Vermüllung der Meere stoppen Positionspapier und Maßnahmenkatalog Vermüllung der Meere stoppen | Positionspapier und Maßnahmenkatalog | Stand: 17.05.2019
–2– Maßnahmen zur Verringerung des Plastikeintrags in Umwelt und Meere Position der Deutschen Umwelthilfe e.V. Einführung eines Abfallvermeidungsziels Konsequente Umsetzung der Mehrwegquote für Getränkeverpackungen im Verpackungsgesetz Wiederverwendungsquoten für Lebensmittel-, Verkaufs-, Transport- und Versandverpackungen Verbot besonders schädlicher Einwegplastikartikel Abgaben auf Einwegartikel Steuerliche Begünstigung von Mehrwegverpackungen Lizenzentgelte für Verpackungen mit Lenkungswirkung Ausweitung der Einwegpfandpflicht für Getränkeverpackungen Verbindliche Mindeststandards zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen Mindesteinsatzquote für Recyclingmaterialien (Minimal-Content-Ansatz) Ausweitung der haushaltsnahen Wertstoffsammlung Verbot des gezielten Zusatzes von Mikroplastik in Produkte Verbot der Kompostierung und Vergärung verpackter Lebensmittel Einschränkung des Exports von Kunststoffabfällen Technologietransfer und Förderung des Aufbaus von Mehrweg-, Wertstofferfassungs- und Recyclingsystemen EU-weites Verbot der Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle Internationale Konvention zur Beendigung des Eintrags von Plastik in die Umwelt Ausgangslage Plastik ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. (Plastikteilchen kleiner als 5 mm) kann sich in der Die weltweite Kunststoffproduktion ist seit den Nahrungskette ansammeln und aufgrund der gro- 60er Jahren auf das 20-fache angestiegen und be- ßen Oberfläche erwiesenermaßen hohe Mengen trägt derzeit 322 Millionen Tonnen pro Jahr.1 Nach an Schadstoffen enthalten.3 Weltweit landen jähr- Angaben des Umweltprogramms der Vereinten lich ca. 35 Millionen Tonnen Plastik in der Umwelt, Nationen (UNEP) treiben inzwischen auf jedem 5-13 Millionen Tonnen davon gelangen in die Welt- Quadratkilometer Meeresoberfläche bis zu 18.000 meere.4 Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass Plastikteile unterschiedlichster Größe. Doch was es – sollte es nicht zu fundamentalen Änderungen wir sehen ist nur die Spitze des Eisbergs, mehr als im Umgang mit Kunststoffen kommen – im Jahr 70 Prozent der Abfälle sinken auf den Meeresbo- 2050 mehr Plastik als Fische in den Weltmeeren den und bleiben unserem Auge verborgen.2 Plastik geben könnte. 5 im Meer überdauert lange Zeiträume und zerfällt in immer kleinere Bruchstücke. Bis zur völligen Zer- setzung von Plastik können im schlechtesten Fall mehrere hundert Jahre vergehen. Mikroplastik Vermüllung der Meere stoppen | Positionspapier und Maßnahmenkatalog Deutsche Umwelthilfe e.V.
–3– Kurzprofil Deutsche Umwelthilfe 19 Kilogramm. 9 Trotz vorhandener Entsorgungs- infrastruktur gelangen auch in Deutschland jähr- Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist ein anerkann- lich rund 116.000 Tonnen Makroplastik und ter gemeinnütziger Umwelt- und Verbraucher- 330.000 Tonnen primäres Mikroplastik in die Um- schutzverband, der sich seit 1975 aktiv für den Er- welt.10 Zudem werden große Mengen des Plasti- halt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und für kabfalls in Länder mit mangelhafter oder nicht vor- die Belange von Verbrauchern einsetzt. Sie ist po- handener Entsorgungsinfrastruktur exportiert. litisch unabhängig, gemeinnützig, klageberechtigt und engagiert sich auf nationaler und europäischer Seitdem die Einfuhr von Kunststoffabfällen nach Ebene. Bekannt ist die DUH zum Beispiel für ihre China deutlich strengeren Vorschriften unterliegt, Rolle bei der Aufdeckung des Diesel-Skandals und sind insbesondere die Altkunststoffexporte in die bei der Einführung eines Pfandsystems für Einweg- Volksrepublik sehr stark zurückgegangen. Im Jahr getränkeverpackungen. Im Bereich Kreislaufwirt- 2018 summierten sich Deutschlands Direktexporte schaft setzt sich die DUH für Abfallvermeidung, ei- nach China auf nur noch 13.000 Tonnen. Im Jahr nen verantwortungsvollen Konsum und eine nach- zuvor waren es noch rund 345.000 Tonnen und haltige Wirtschaftsweise ein. Weitere Informatio- 2016 sogar mehr als 560.000 Tonnen. Die Minder- nen unter: www.duh.de exporte wurden teils kompensiert durch Mehraus- fuhren in andere Länder, wie Malaysia, Indien, In- donesien, Vietnam oder die Türkei. Mit einer Im- Plastikmüll im Meer portmenge von 132.000 Tonnen hat sich Malaysia 2018 zum bedeutendsten Abnehmer deutscher Globale und nationale Altkunststoffe entwickelt. 11 Das ist deshalb prob- Herausforderung lematisch, weil in vielen Ländern Asiens, Afrikas so- Vor allem Einwegverpackungen und andere Weg- wie Mittel- und Südamerikas keine institutionali- werfartikel verschwenden bei ihrer Produktion sierten und professionalisierten Abfallerfassungs- wertvolle Ressourcen und verschmutzen durch un- und Entsorgungssysteme existieren. Deshalb ge- sachgemäße Entsorgung Landschaft und Ozeane. langt Plastikmüll dort besonders leicht und häufig An europäischen Stränden werden besonders häu- in die Umwelt. fig Plastiktüten, PET-Flaschen, Feuerzeuge, Plastik- Wenn Deutschland von Entwicklungs- und Schwel- geschirr und -besteck, Wattestäbchen und Zigaret- lenländern eine Lösung des Meeresmüllproblems tenkippen gefunden.6 In der globalen Plastikmüll- einfordert, muss es zuallererst selbst mit gutem krise darf sich Deutschland nicht aus der Verant- Beispiel vorangehen. Ein Know-How-Transfer be- wortung ziehen, denn noch immer werden hierzu- züglich der Wertstofferfassungs-, Sortier- und Re- lande viele Einweg-Kunststoffverpackungen und cyclingsysteme ist selbstverständlich anzustreben. Produkte unnötigerweise hergestellt. Allein in Allerdings sollte ein Vergleich aktueller deutscher Deutschland stieg der Verbrauch von Einwegbe- Standards mit Strukturen in Schwellen- und Ent- chern für Getränke von 1994 bis 2017 um 102 Pro- wicklungsländern kein Maßstab für die Ansprüche zent und der Verbrauch von Einwegtellern, -scha- len und -boxen um 173 Prozent an.7 Inzwischen werden 63 Prozent des Obsts und Gemüses in Plas- tik und Pappe verpackt.8 Das Pro-Kopf-Aufkommen an Verpackungsabfall in Deutschland gehört mit 226 kg zu den höchsten in Europa. Seit 1997 ist das jährliche Gesamtaufkom- men an Verpackungsmüll von 13,7 Millionen Ton- nen auf 18,2 Millionen Tonnen im Jahr 2018 ange- stiegen. Jeder Deutsche produziert statistisch ge- sehen rund 37 Kilogramm Verpackungsmüll aus Kunststoff im Jahr. Zum Vergleich: 1995 waren es Vermüllung der Meere stoppen | Positionspapier und Maßnahmenkatalog Deutsche Umwelthilfe e.V.
–4– sein, die hierzulande an Abfallvermeidung und Re- Umsetzung der Mehrwegquote für cycling zu stellen sind. Getränkeverpackungen Wenn in Deutschland nicht alles dafür getan wird, unnötige Plastikabfälle zu minimieren, zu erfassen Mehrwegverpackungen tragen in besonderem und bestmöglich stofflich zu nutzen, kann dies Maße zur Abfallvermeidung bei und haben sich in auch nicht von anderen Ländern erwartet werden. der Praxis bewährt: wird eine Verpackung wieder- verwendet, muss keine neue hergestellt werden. Das deutsche Mehrwegsystem für Getränkeverpa- Maßnahmen zur Verringerung des ckungen ist noch das größte weltweit und dient als Eintrags von Plastik in die Umwelt Vorzeigebeispiel für ganz Europa. Allerdings sinkt und Meere die Mehrwegquote seit Jahren und inzwischen sind Einwegplastikflaschen das marktdominie- Abfallvermeidungsziel rende Packmittel. Zum Schutz und Ausbau des Mehrwegsystems für Getränkeverpackungen ist Nach der europäischen Abfallgesetzgebung sollen eine konsequente Umsetzung der im neuen Verpa- Abfälle in erster Linie vermieden werden. Deutsch- ckungsgesetz verankerten Mehrwegquote von 70 land muss in diesem Punkt deutlich nachbessern: Prozent erforderlich. Sollte die Mehrwegquote In der Bundesrepublik steigen die Mengen an Ver- nicht ausreichend steigen, sind gemäß einem Ent- packungsmüll von Jahr zu Jahr an. Angesichts der schließungsantrag des Bundestages vom 28. März planetaren Grenzen und der Akkumulation von im- 2017 „weitergehende rechtliche Maßnahmen“ zu mer mehr Plastik in der Umwelt muss die Vermei- entwickeln. Eine solche Maßnahme könnte die Ein- dung von Plastikabfällen oberste Priorität haben. führung einer Lenkungsabgabe auf Einweg-Plastik- Die Einführung eines Abfallvermeidungsziels, wie flaschen und Dosen in Höhe von 20 Cent sein, wie es bereits während der Erarbeitung des Europäi- sie bei Alkopops seit Jahren besteht. Zusätzlich schen Kreislaufwirtschaftspakets diskutiert wurde, sollte zukünftig auch direkt auf dem Produkt ge- ist ein Kernelement, um einen Richtungswechsel kennzeichnet werden, ob es sich um eine Einweg- sowie eine Verbindlichkeit zu weniger Verpa- oder eine Mehrwegverpackung handelt. ckungsmüll zu erreichen. Für Verpackungsabfälle sollte das Ziel von maximal 90 kg ab 2030 pro Kopf Wiederverwendungsquoten und Jahr festgelegt werden. Auch für andere Lebensmittelverpackungen exis- tieren bereits funktionierende Mehrwegsysteme: Milch und Joghurt werden seit Jahrzehnten in Mehrwegglas angeboten, auch für Honig gibt es re- gionale Mehrwegkreisläufe. Eine Wiederverwen- dungsquote für Verkaufs- und Versandverpackun- gen entspricht der ersten Stufe der Abfallhierar- chie und wurde im Rahmen der Erarbeitung des neuen Kreislaufwirtschaftspaktes auch im europä- ischen Parlament diskutiert. Mehrwegsysteme müssen auf Bundesebene konsequent weiterge- dacht und gefördert werden. Vor allem bei To-Go- Verpackungen, Obst und Gemüse oder lange halt- baren Lebensmitteln besteht großes Potential für Mehrwegalternativen. Über Getränkeverpackun- gen hinaus sollte für Lebensmittelverpackungen und andere Verkaufsverpackungen eine Wieder- verwendungsquote von 15 Prozent bis zum Jahr Abbildung: Fünfstufige Europäische Abfallhierarchie 2025 und 30 Prozent bis zum Jahr 2030 festgelegt werden. Für Transportverpackungen sollte eine Vermüllung der Meere stoppen | Positionspapier und Maßnahmenkatalog Deutsche Umwelthilfe e.V.
–5– Wiederverwendungsquote von 70 Prozent ab 2025 kungsinstrumente notwendig. Das zeigen Erfah- gelten. rungen, wie beispielsweise aus Irland, wo eine Ab- gabe auf Plastiktüten zu einer Reduktion des Ver- Verbot besonders schädlicher Ein- brauchs um 96 Prozent führte. Die Bundesregie- rung sollte nicht auf Maßnahmen aus Brüssel war- wegartikel aus Plastik ten, sondern bereits jetzt Abgaben auf besonders Manche Einwegartikel aus Plastik, wie zum Beispiel umweltschädliche Einwegartikel einführen. Die Strohhalme und Wattestäbchen, werden beson- DUH fordert seit Jahren eine Abgabe auf Plastiktü- ders häufig im Meer gefunden. Da sie oft in Küs- ten, Einwegplastikflaschen und Coffee-to-go-Be- tennähe oder über die Abflüsse von Privathaushal- cher in Höhe von mindestens 20 Cent. ten entsorgt werden, gelangen sie in großem Um- fang in Flüsse und Meere. Im Dezember 2018 ei- nigten sich die EU-Institutionen in Brüssel auf eine Richtlinie zur Reduzierung des Umwelteinflusses bestimmter Einwegplastikartikel. Demnach sollen Plastikstrohhalme, -besteck, -teller, Luftballonhal- ter und Wattestäbchen ab 2021 EU-weit verboten werden. Die DUH unterstützt den Vorschlag der EU-Kommission. Ein Verbot besonders umwelt- schädlicher Einwegartikel aus Plastik muss auch auf Bundesebene so schnell wie möglich umge- setzt werden, um der Verschmutzung der Gewäs- sersysteme mit Plastikmüll Einhalt zu gebieten. Lizenzentgelte für Verpackungen mit Lenkungswirkung Durch den seit Jahren stattfindenden Preiskampf der dualen Systeme um Großkunden entstehen bislang keine ausreichend starken Anreize, durch hohe Lizenzierungskosten deutlich weniger Verpa- ckungen in Verkehr zu bringen. Es ist deshalb drin- gend notwendig, ökonomische Anreize zur Abfall- vermeidung zu setzen. Hersteller und Inverkehr- bringer müssen für unökologische Plastikverpa- ckungen stärker in die Pflicht genommen und ne- gative Umweltauswirkungen im Lizenzierungspreis Abgaben auf Einwegprodukte deutlicher abgebildet werden. Entweder müssen die Lizenzentgelte für das Inverkehrbringen von Die Europäische Union hat für einige Einwegpro- Verpackungen durch eine rechtliche Rahmenrege- dukte, wie beispielsweise Plastikgeschirr oder lung dauerhaft nach oben angepasst werden oder Strohhalme, ein Verbot beschlossen. Dies gilt je- es muss eine Ressourcenabgabe eingeführt wer- doch nicht für Plastiktüten, Einwegplastikflaschen den. Am Ende sollten Hersteller, die besonders oder plastikbeschichtete Coffee-to-go-Becher. viele Verpackungen produzieren, auch besonders Noch immer werden in Deutschland pro Minute viel dafür bezahlen müssen. Umgekehrt sollten ab- 4.500 Plastiktüten, 5.300 Coffee-to-go-Becher fallarme Mehrwegverpackungen steuerlich be- und mehr als 31.000 Einwegplastikflaschen ver- günstigt und gefördert werden, beispielsweise braucht. Um die Zahl dieser besonders häufig in durch einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz. der Umwelt entsorgten Einwegartikel kurzfristig und effektiv zu reduzieren, sind finanzielle Len- Vermüllung der Meere stoppen | Positionspapier und Maßnahmenkatalog Deutsche Umwelthilfe e.V.
–6– Ausweitung der Einwegpfandpflicht Einsatz von Rezyklaten Die Einwegpfandpflicht für Getränkeverpackungen Eine Mindesteinsatzquote für Recyclingmateria- muss vereinfacht werden. Kriterium für eine Be- lien in bestimmten Verpackungs- oder Produkt- pfandung muss die Art der Getränkeverpackung gruppen (Minimal-Content-Ansatz) würde die sein, nicht der Inhalt. Säfte und Nektare sind der- Nachfrage nach Rezyklaten dauerhaft ankurbeln zeit von der Einwegpfandpflicht ausgenommen. und auch zur Verbesserung der Recyclingfähigkeit Warum sollte allerdings dieselbe Einwegplastikfla- von Verpackungen beitragen. Zudem sollten im sche mit Cola bepfandet, mit Saft aber unbe- Rahmen der öffentlichen Beschaffung Produkte pfandet sein? Einweg-Plastikflaschen und Geträn- mit Anteilen aus Recyclingmaterial verpflichtend kedosen sollten grundsätzlich und unabhängig bevorzugt werden müssen. vom Füllgut einer Pfandpflicht unterliegen. Ge- tränkeverpackungen ohne Pfand landen beson- Ausweitung der Wertstoffsammlung ders häufig in der Umwelt und den Meeren. Die Beschränkung des Recyclings auf Verpackungs- abfälle reicht nicht mehr aus. Die haushaltsnahe Wertstoffsammlung sollte künftig ausgeweitet werden. Denn noch immer landen viele recycling- fähige Stoffe im Restmüll oder der Umwelt. Eine Möglichkeit wäre die Erweiterung der gelben Tonne zur bundesweiten Wertstofftonne, in der Verbraucher neben Verpackungen auch Produkte aus Kunststoff und Metall entsorgen können. Auf diese Weise ließen sich jährlich mehr als 400.000 Tonnen Wertstoffe dem Recycling zuführen. Verbot von Mikroplastik Plastikmüll zerfällt über Jahre in immer kleinere Verbindliche Mindeststandards zur Teile. Das sogenannte Mikroplastik gefährdet Was- Recyclingfähigkeit serökosysteme, bindet Schadstoffe und gelangt über Fische und Muscheln auch in die menschliche Egal ob Milch- und Saftkarton, beschichtetes But- Nahrungskette. Kleine Plastikpartikel werden Kos- terbrotpapier oder Arzneimittelblister: Verbund- metika, Wasch- und Reinigungsmitteln, Farben, La- stoffe erschweren die Sortierung von Verpackun- cken, Düngemitteln und vielen anderen Produkten gen und das anschließende Recycling. Der Einsatz gezielt zugesetzt. Angesichts des bestehenden solcher Verpackungen nimmt jedoch leider zu. Die Ausmaßes der Verbreitung von Mikroplastik in der verschiedenen Materialien voneinander zu tren- aquatischen und marinen Umwelt muss endlich nen, ist nur mit großem Aufwand möglich. Schwer trennbare Verpackungen werden überwiegend verbrannt, wobei wertvolle Rohstoffe verloren ge- hen. Auch Joghurtbecher mit aufgeklebten Banderolen werden für die Verbrennung aussor- tiert. Recycling fängt also bereits beim Produktde- sign an. Hersteller müssen zukünftig dafür sorgen, dass ihre Verpackungen, die von den Bürgern sorg- sam im gelben Sack gesammelt werden, auch tat- sächlich recyclingfähig sind. Mindeststandards zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen müssen vom Gesetzgeber deshalb verbindlich vorgegeben wer- den. Vermüllung der Meere stoppen | Positionspapier und Maßnahmenkatalog Deutsche Umwelthilfe e.V.
–7– gehandelt werden. Freiwillige Selbstverpflichtun- Eintrag von Plastik in die Umwelt zu verhindern be- gen der Wirtschaft, die zudem nicht kontrolliert darf es außerdem eines Verbots der Kompostie- werden, reichen nicht aus. Wir brauchen ein rung und Vergärung verpackter Lebensmittel. schnelles nationales Verbot von Mikroplastik. Nicht nur in Kosmetikartikeln, sondern überall da, Einschränkung des Exports von wo es Produkten absichtlich zugesetzt wird. Kunststoffabfällen Schweden hat bereits den Zusatz von Mikroplastik zu Kosmetika untersagt. Durch den Export von Altkunststoffen in Länder mit unterentwickelten oder keinen Entsorgungs- Verbot der Schredderung verpackter strukturen wird das weltweite Plastikmüllproblem in den Ozeanen weiter verschärft. Nach der Über- Lebensmittel arbeitung des Baseler Übereinkommens unterlie- Durch die Schredderung verpackter Lebensmittel gen Staaten ab 2021 zwar einer Notifizierungs- können erhebliche Mengen an Kunststoffen über pflicht beim Export unsortierter und gefährlicher die Prozesse der Kompostierung und Vergärung Kunststoffabfälle. Diese Neuregelung schließt Ab- den Weg in die Umwelt finden. Der Plastikskandal fallexporte in Schwellen- und Entwicklungsländer in der Schlei ist hierbei ein erschreckendes Bei- jedoch nicht grundsätzlich aus. Deshalb sollte die spiel. Grundsätzlich sollten nur nachweislich unge- Ausfuhr von Kunststoffabfall nur dann erlaubt sein, nießbare und nicht mehr verzehrtaugliche Lebens- wenn im Zielland deutsche Entsorgungs- und Re- mittel vergoren oder kompostiert werden. Um den cyclingstandards nachweislich eingehalten wer- den. Vermüllung der Meere stoppen | Positionspapier und Maßnahmenkatalog Deutsche Umwelthilfe e.V.
–8– Technologietransfer in Schwellen- oder Zypern noch ganz überwiegend der Fall. Des- halb ist ein konsequentes EU-weites Verbot der und Entwicklungsländer Deponierung unvorbehandelter Siedlungsabfälle Deutschland gehört zu den technologischen Spit- dringend notwendig. zenreitern in den Bereichen der Wertstofferfas- sung, Sortierung, Aufbereitung und Recycling. Des- Internationale Konvention gegen halb sollte noch stärker als bisher ein Technologie- Plastikmüll in der Umwelt transfer stattfinden und der Aufbau von Mehrweg- , Wertstofferfassungs- und Recyclingsystemen in Neben allen nationalen Bemühungen zur Vermei- Ländern mit mangelhaften oder nicht vorhanden dung, Erfassung und stofflichen Nutzung von Strukturen gefördert werden. Kunststoffabfällen ist eine globale Vereinbarung weltweit verantwortlicher Akteure notwendig. Die Deponieverbot unvorbehandelter Verabschiedung einer internationalen Konvention zur Beendigung des Eintrags von Plastikmüll in die Siedlungsabfälle Umwelt und die Festlegung von Sanktionsmecha- Plastik gelangt als sogenannter „Blow-Trash“ vor nismen für den Fall von Zuwiderhandlungen durch allem dann in die Umwelt, wenn er unter freiem Vertragsunterzeichner kann hierzu die Grundlage Himmel deponiert wird. Dies ist in EU-Ländern, wie bilden. beispielsweise Rumänien, Griechenland, Bulgarien 1 Europäische Kommission 2018: „A European Strategy for Plastics in a Circular Economy”. 2 World Ocean Review 2010: „Living with the oceans. A report on the state of the world’s oceans”. 3 Gallo, F. et al. 2018: “Marine litter plastics and microplastics and their toxic chemicals components: the need for urgent pre- ventive measures”. 4 Jambeck, J. R. 2015: “Plastic waste inputs from land into the ocean”. 5 World Economic Forum – Industry Agenda 2016: “The New Plastics Economy: Rethinking the future of plastics”. 6 Europäische Kommission 2016: „Marine Beach Litter in Europe – Top Items” 7 NABU 2018: „Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen“ 8 NABU o. J.: “93.000 Tonnen Verpackungsmüll für frisches Obst und Gemüse”. 9 Umweltbundesamt 2018: „Verpackungsabfälle“. 10 Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht 2018: „Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Mak- roplastik“. 11 EUWID Recycling und Entsorgung 2019: „Altkunststoffexporte auf 10-Jahres-Tief“ Stand: 17.05. 2019 Fotos: S.1: Richard Carey/Fotolia, S.3: Richard Carey/Fotolia, S.4: DUH, S. 5: pixabay, marina larina/Fotolia, S.6: DUH, t4nkyong/Fotolia, S.7: cribe/Fotolia Deutsche Umwelthilfe e.V. Ansprechpartner Bundesgeschäftsstelle Radolfzell Bundesgeschäftsstelle Berlin Fritz-Reichle-Ring 4 Hackescher Markt 4 Thomas Fischer Henriette Schneider 78315 Radolfzell Eingang: Neue Promenade 3 Leiter Kreislaufwirtschaft Projektmanagerin Kreislaufwirtschaft Tel.: 0 77 32 99 95 - 0 10178 Berlin Tel.: 030 2400867-43 Tel.: 030 2400867- 464 Tel.: 030 2400867-0 E-Mail: fischer@duh.de E-Mail: h.schneider@duh.de www.duh.de info@duh.de umwelthilfe umwelthilfe Wir halten Sie auf dem Laufenden: www.duh.de/newsletter-abo Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) ist als gemeinnützige Umwelt- Wir machen uns seit über 40 Jahren stark für den Klimaschutz und kämpfen und Verbraucherschutzorganisation anerkannt. Sie ist mit dem DZI- für den Erhalt von Natur und Artenvielfalt. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit Spendensiegel ausgezeichnet. Testamentarische Zuwendungen sind mit Ihrer Spende – damit Natur und Mensch eine Zukunft haben. von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit. Herzlichen Dank! www.duh.de/spenden Unser Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Köln | IBAN: DE45 3702 0500 0008 1900 02 | BIC: BFSWDE33XXX Vermüllung der Meere stoppen | Positionspapier und Maßnahmenkatalog Deutsche Umwelthilfe e.V.
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