SYMPHONIEKONZERT - Staatskapelle Dresden
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7., 8., 9. Juli 2019 Semperoper 12. SYMPHONIEKONZERT Manfred HONECK Frank Peter ZIMMERMANN Dresden klingt und glänzt! Kunst gehört zu den wichtigsten Kulturgütern unserer Gesellschaft. Wir freuen uns daher ganz besonders, als Partner der Semperoper Dresden Kunst und Kultur zu fördern und so einen Beitrag leisten zu können. vwgroupculture volkswagengroup_culture U2 1 12. SYMPHONIEKONZERT
12. SYMPHONIEKONZERT PROGRAMM SO N N TAG M O N TAG D IEN STAG SE M PERO PER 7.7.19 8 .7.19 9.7.19 D R E SD EN 11 U H R 20 UHR 20 UHR Manfred Honeck (für den erkrankten Franz Welser-Möst) Antonín Dvořák (1841-1904) Dirigent »Karneval«-Ouvertüre op. 92 Frank Peter Zimmermann Bohuslav Martinů (1890-1959) Violine Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 H. 293 1. Andante – Poco Allegro – Moderato 2. Andante moderato 3. Poco allegro PAU S E Franz von Suppé (1819-1895) Ouvertüre zur Operette »Dichter und Bauer« Saisonabschluss: Slawisch-Wienerisch Josef Strauß (1827-1870) Nach dem Konzert zum 470. Gründungstag der Staatskapelle über- »Die Libelle«, Polka mazur op. 204 nimmt Manfred Honeck für den erkrankten Franz Welser-Möst den Saisonabschluss. Mit Höhepunkten der habsburgischen Unterhaltungs- musik verabschiedet sich die Kapelle in den Sommer. Der erste Konzert- Johann Strauß Sohn (1825-1899) teil ist voll slawischer Verve: Capell-Virtuos Frank Peter Zimmermann »Furioso-Polka«, Quasi Galopp op. 260 beschließt seine Residenz nach Bach, Mozart und Mendelssohn mit »Frühlingsstimmen« op. 410 dem 1943 entstandenen zweiten Violinkonzert des Tschechen Bohuslav Martinů, zuvor erklingt Dvořáks Karneval-Ouvertüre. »Auf der Jagd«, Polka schnell op. 373 »Im Krapfenwaldl«, Polka française op. 336 Aufzeichnung durch MDR Kultur »Unter Donner und Blitz«, Polka schnell op. 324 Das Konzert am 9. Juli 2019 wird ab 20.05 Uhr von MDR Kultur und MDR Klassik live übertragen. Kostenlose Konzerteinführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn im Opernkeller der Semperoper 2 3 12. SYMPHONIEKONZERT
Manfred Honeck Dirigent S eit 2008 ist Manfred Honeck Music Director des Pittsburgh Symphony Orchestra. Seine weithin gefeierten Konzerte und richtungsweisenden Interpretationen mit dem Orchester erfahren internationale Anerkennung. Umjubelte Gastspiele führen ihn regelmäßig in zahlreiche Musikmetropolen sowie zu den großen Musikfestivals, darunter den BBC Proms, dem Musik- fest Berlin, dem Lucerne Festival, dem Rheingau Musik Festival, dem Beethovenfest Bonn, dem Grafenegg Festival, der Carnegie Hall und dem Lincoln Center in New York. Eine enge Beziehung pflegen Manfred Honeck und sein Orchester zum Wiener Musikverein. Als Gastdirigent stand Manfred Honeck am Pult aller renom- mierten internationalen Klangkörper, darunter das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das Gewandhausorchester Leipzig, das Concertgebouworkest, das London Symphony Orchestra sowie die Wiener Philharmoniker. Zudem leitete er alle großen amerikanischen Orchester. Darüber hinaus ist Manfred Honeck gern gesehener Gast beim Verbier Festival. 2013 gab er sein erfolgreiches Debüt am Pult der Berliner Philharmoniker. Der gebürtige Österreicher absolvierte seine musikalische Ausbil- dung an der Hochschule für Musik in Wien. Seine Arbeit als Dirigent wurde durch Erfahrungen geprägt, die er über viele Jahre als Mitglied der Wiener Philharmoniker und des Wiener Staatsopernorchesters sowie als Leiter des Jeunesses Musicales Orchesters Wien sammeln konnte. Seine Dirigentenlaufbahn begann er als Assistent von Claudio Abbado in Wien. Anschließend wurde er als Erster Kapellmeister an das Opernhaus Zürich verpflichtet. Zu weiteren frühen Stationen seiner Karriere zählen Leipzig, wo er von 1996 bis 1999 einer der drei Hauptdirigenten des MDR Sinfonieorchesters Leipzig war, und Oslo, wo er die musikalische Leitung der Norwegischen Nationaloper übernahm und als Erster Gastdirigent des Oslo Philharmonic Orchestra verpflichtet wurde. Von 2007 bis 2011 war er Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart, von 2008 bis 2011 und später von 2013 bis 2016 außerdem Erster Gastdirigent der Tschechi- schen Philharmonie in Prag. Die Jury der International Classical Music Awards kürte ihn zum Künstler des Jahres 2018. Am Konzert-Pult der Staatskapelle Dresden stand Manfred Honeck zuletzt im September 2018 im Geburtstagskonzert des Orchesters. 4 5 12. SYMPHONIEKONZERT
Frank Peter Zimmermann C A PELL-V IRT U OS D ER S Ä C H S I S C H E N S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N 2 0 1 8 | 2 0 1 9 F rank Peter Zimmermann zählt zu den bedeutendsten Geigern unserer Zeit. Geboren in Duisburg, begann er als Fünfjäh- riger mit dem Geigenspiel und gab bereits im Alter von zehn Jahren sein erstes Konzert mit Orchester. Nach Studien bei Valery Gradow, Saschko Gawriloff und Herman Krebbers setzte 1983 sein kontinuierlicher beruflicher Aufstieg ein. Frank Peter Zimmermann gastiert bei allen wichtigen Festivals und musiziert mit großen Orchestern und renommierten Dirigenten weltweit. Mehrfach trat er auch mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden auf. Sein Repertoire reicht vom Barock bis in die Gegenwart. Allein vier Violinkonzerte hat er in den vergangenen Jahren zur Urauffüh- rung gebracht: 2015 das zweite Violinkonzert von Magnus Lindberg, 2009 »Juggler in Paradise« von Augusta Read Thomas, 2007 »The Lost Art of Letter Writing« von Brett Dean und 2003 »en sourdine« von Matthias Pintscher. Neben seinen zahlreichen Orchesterengage- ments ist Frank Peter Zimmermann auch als Kammermusiker auf den bedeutenden Podien der Welt zu hören. Gemeinsam mit dem Brat- schisten Antoine Tamestit und dem Cellisten Christian Poltéra grün- dete er das Trio Zimmermann. Konzerte führen das Ensemble u. a. nach Amsterdam, Brüssel, Köln, London, Lyon, Mailand, München, Paris und Wien sowie zu den Salzburger Festspielen, dem Edinburgh Festival, dem Schleswig-Holstein Musik Festival und dem Rheingau Musik Festival. Bisher veröffentlichte das Trio Aufnahmen mit Werken von Beethoven, Mozart und Schubert. Frank Peter Zimmermann erhielt zahlreiche Preise und Ehrungen, darunter den Premio del Accademia Musicale Chigiana in Siena (1990), den Rheinischen Kulturpreis (1994), den Musikpreis der Stadt Duisburg (2002), das Bundesverdienstkreuz (2008) sowie den Paul-Hindemith-Preis der Stadt Hanau (2010). Zudem nahm er nahezu alle großen Violinkonzerte von Bach bis Ligeti sowie zahlreiche Kammermusikwerke auf. Seine Aufnahmen wurden weltweit mit renom- mierten Preisen ausgezeichnet. Frank Peter Zimmermann spielt die Violine 1711 »Lady Inchiquin« von Antonio Stradivari, die ihm von der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, »Kunst im Landes besitz«, überlassen wird. 6 7 12. SYMPHONIEKONZERT
MITTEN IM LEBEN Dvořáks »Karneval«-Ouvertüre I n seiner letzten Schaffensperiode wandte sich Antonín Dvořák zunehmend der Programmmusik zu. Einhergehend mit einer Neigung zu verstärkter gedanklicher und (ton-)dichterischer Refle- xion entstanden in den 1890er Jahren eine Reihe bemerkenswerter symphonischer Dichtungen und ein Zyklus von drei Konzert ouvertüren, die unter dem gemeinsamen Titel »Natur, Leben und Liebe« komponiert und veröffentlicht worden sind. Erst nachträglich gab Dvořák den einzelnen Stücken die Überschriften »In der Natur«, »Karneval« und »Othello«, die für Poesie, Erhabenheit, Licht und Dunkel (op. 91), für Lebensfreude (op. 92) und für Liebe in ihrer Innigkeit und Leiden- schaftlichkeit, aber auch in ihren tragischen Dimensionen (op. 93) stehen. Das Natur-Thema ist in allen drei Kompositionen präsent, wenn auch in unterschiedlichen harmonischen und klanglichen Ausformungen, und es schließt damit die jeweils ganz eigengeprägten Charaktere zu einer inhaltlich-thematischen Einheit zusammen. Im karnevalistischen Treiben sieht Dvořák hier ein Sinnbild für alle Lust und Schönheit des Lebens. Kraftvoll, ungestüm hebt die Ouvertüre an und verleiht dem Anliegen eine mannigfache melodische, rhythmische wie harmonische Gestalt. Plötzlich aber entzieht sich der Komponist dem mitreißenden Taumel: Es ist, als scheine in einem lyrischen Intermezzo die Natur als Spenderin allen Lebens auf (das Hauptthema aus der »Natur«-Ouvertüre bildet denn auch die thema- tische Grundlage). Zarte Kantilenen und silbrige Klänge münden in ein (Liebes-)Duett von Solovioline und Englischhorn. Gleichsam als fände man aus einem Traum allmählich zurück in die Wirklichkeit, kehren auch die früheren Themen, zunächst wie von Nebel verunklart, wieder und gewinnen alsbald erneut ihre pralle Gestalt – abschließender großer Jubel. EBERHARD STEINDORF Besetzung: Piccolo, 2 Flöten, 2 Oboen, Englischhorn, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagzeug, Harfe, Streicher // Uraufführung: 28. April 1892 in Prag (Abschiedskonzert Antonín Dvořák, in den 1890er Jahren Dvořáks vor seiner Abreise nach Amerika) // Dauer: ca. 10 Minuten 8 9 12. SYMPHONIEKONZERT
Bohuslav Martinů HORIZONTERWEITERUNGEN * 8. Dezember 1890 in Polička, Böhmen Martinůs zweites Violinkonzert † 28. August 1959 in Liestal bei Basel, Schweiz Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 H. 293 1. Andante – Poco Allegro – Moderato B 2. Andante moderato 3. Poco allegro ohuslav Martinů gilt als vierter Klassiker der tschechischen Musik neben Bedřich Smetana, Antonín Dvořák und Leoš Janáček. Weit über sein Heimatland hinaus zählt er zu den produktivsten und vielseitigsten Komponisten seiner Zeit mit einer dezidiert eigenständigen Handschrift und einem ausgeprägten schöpferischen Talent. Seine Musik ist durchdrungen von einer ureigenen Persönlichkeit, angereichert mit unterschiedlichen Einflüssen. Der englische Martinů-Forscher Patrick Lambert schreibt über die Aufnahmefähigkeit des Komponisten: »Nebst seiner Liebe für tschechische und mährische Volkslieder prägten ihn der Jazz, der Klas- sizismus, Strawinsky, das englische Madrigal, und auch der französische Impressionismus resp. Claude Debussy, seine ›größte Offenbarung‹.« Geboren in der kleinen ostböhmischen Stadt Polička, wächst Martinů in einer Landschaft auf, die später für ihn Bezugspunkt bleibt. Sein ENTSTEHUNG BESETZUNG Leben durchläuft zahlreiche Stationen: Über Prag geht es nach Paris, 23. Februar bis 26. April 1943 Solovioline | 2 Flöten, Südeuropa, New York, Nizza und Basel. Dabei entspricht Martinůs Hori- 2 Oboen, 2 Klarinetten, zonterweiterung den Umständen seiner Geburt. Als Sohn eines Schuh- WIDMUNG 2 Fagotte, 4 Hörner, machers und Türmers erblickt er in einer Kammer des Kirchturms seiner für den ukrainisch-jüdischen 3 Trompeten, 3 Posaunen, Heimatstadt das Licht der Welt. Die Situation der erhöhten Aussicht trägt Geigenvirtuosen Mischa Elman Tuba, Pauke, Schlagzeug, vermutlich im metaphorischen Sinne dazu bei, dass Martinůs böhmische (1891-1967) Streicher Verwurzelung immer auch einen Impuls liefert, seine Anschauung auf die Dinge der Welt von verschiedenen Standpunkten aus vorzunehmen. Nicht U R AU F F Ü H R U N G DAU ER selten gelingt mit dem Blick aus der Ferne eine profundere Einschätzung am 31. Dezember 1943 in ca. 28 Minuten dessen, was von Bedeutung ist. Die Notwendigkeit, das eigene Werk zu Boston mit dem Boston rechtfertigen, nimmt damit deutlich zu. Angesichts der Positionierung Symphony Orchestra des Komponisten und der Erwartungen, die an ihn herangetragen unter Leitung von Serge werden, äußert sich Martinů in der Spätphase seines Schaffens: »Der Alexandrovich Koussevitzky. Künstler ist immer auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, seines Solist ist Mischa Elman. eigenen und dessen der Menschheit, auf der Suche nach Wahrheit. Ein System der Unsicherheit ist in unseren Alltag eingedrungen. Der Druck zugunsten von Mechanisierung und Uniformität, dem es unterworfen 10 11 12. SYMPHONIEKONZERT
ist, bedarf des Protestes, und der Künstler hat nur ein Mittel, diesen zum Ausdruck zu bringen, und zwar mit Musik.« Das klingt, als lieferte Martinů weniger ein Resümee auf sein schöpferisches Leben als eine Zustandsbeschreibung, die sich speziell auf die Anfänge des einund- zwanzigsten Jahrhunderts bezieht. Ganz offenkundig sind viele Entwick- lungen, die in der ersten Hälfte des vergangenen Säkulums maßgeblich waren, noch immer aktuell. Unsicherheit und Anpassungsdruck dauern fort, und die Aufgabe des Künstlers, so Martinůs Botschaft, besteht weiterhin, darauf aufmerksam zu machen. Spontanität und Entfaltung Als Martinů 1923 nach Paris wechselt, um bei Albert Roussel Kompo- sition zu studieren, beabsichtigt er vor allem, dem tschechischen »Smetana-Kult« zu entkommen und sich anderen Strömungen zu öffnen. Nicht selten sprengt sein innerer Freiheitsdrang Fesseln: 1910 entlässt ihn das Prager Konservatorium wegen »unverbesserlicher Nachlässig- keit«, worauf sich eine längere Phase des Selbststudiums anschließt. Die Werke, die er ab 1923 zunächst an der Seine schreibt, tendieren zu einer Neoklassik Strawinskyscher Prägung, wobei volkstümliche Quellen ergänzend Beachtung finden. In den dreißiger Jahren wandelt sich Martinůs neoklassischer Stil zugunsten eines Zugriffs, der sich verstärkt dem Irrationalen und einer von Fantasien bestimmten Traum- logik zuwendet. Ab 1940, er ist gerade in die USA mit nur einem Koffer und vier Partituren emigriert, kommt dem Element des Fantastischen größere Bedeutung zu. Gleichzeitig sucht Martinů nach einem neuen lyrischen Ausdruck, ein seinerzeit seltenes Anliegen. Zu Martinůs fünf Bohuslav Martinů Symphonien, die er während des Krieges schreibt, bemerkt Patrick Lambert, sie »bestechen durch ihre Spontaneität und organische Entfal- tung, durch die rhythmische Frische ihrer stark synkopierten Melodien, Eine besondere Gemütsverfassung die besondere Schönheit ihrer Harmonik und vor allem durch eine un- definierbare tschechische Aura, die an einen modernen Dvořák denken Die Komposition des zweiten Violinkonzerts beruht zunächst auf einem lässt«. Freilich gibt der Martinů-Forscher Harry Halbreich 1968 auf die Zufall. Der ukrainisch-jüdische Geiger Mischa Elman irrt sich im Datum, Frage nach Martinůs geringem Bekanntheitsgrad zu bedenken: »Die als er im Januar 1943 ein Konzert des Boston Symphony Orchestra in Avantgardisten wenden sich achselzuckend ab, während andererseits der der Carnegie Hall besucht. Elman beabsichtigt, Schostakowitsch zu eigenwillige Formbau seiner Musik, ihre Beweglichkeit, ihr Mangel an hören, stattdessen steht Martinůs erste Symphonie auf dem Programm. festen Themengebilden und wohlvertrauten Anhaltspunkten die Inter- Der Geiger ist nach dem Konzert dennoch so begeistert, dass er Martinů preten vor Schwierigkeiten stellen, die sie bei dieser anscheinend so gleich am nächsten Tag aufsucht und ihn bittet, ein Violinkonzert für ihn milden, tonalen Tonsprache nicht vermuten.« Beide Kommentierungen zu schreiben. Zunächst reagiert Martinů, so Elman, abweisend. Auch vermitteln ein Gefühl für die Spannbreite seines Schaffens: Der Grad des nachdem Elman für ihn Geige gespielt hat, kommt ihm nur Schweigen Interessanten ist der eine Pol, der andere das schwer Fassbare in Hinblick entgegen. In den folgenden Wochen hört der verunsicherte Geiger nichts auf Gestalt und Momente der Kristallisation. von Martinů, der ihn schließlich eines Tages mit der fertigen Partitur des 12 13 12. SYMPHONIEKONZERT
Violinkonzerts überrascht. Für Martinů ist indes klar, dass Elman »mit Leib und Seele Geiger ist, dessen Spiel, das niemals die Grenzen eines schönen Geigenklangs überschreitet, einen besonderen Zauber hat«. Wie der Komponist die Umstände der Entstehung seines Werks empfunden hat, schildert er im Programmheft zur Uraufführung am Silvesterabend 1943: »In der letzten Saison, als das Boston Symphony Orchestra in New international York war, hörte Mischa Elman meine erste Symphonie. Am nächsten Tag fragte er mich, ob ich ein Violinkonzert für ihn schreiben könnte. Wunderharfe Freunde unterstützen patron Zunächst war ich verblüfft und ganz und gar nicht sicher, ob ich es in Angriff nehmen sollte … Aber weil mich die Form des Violinkonzerts schon lange beschäftigte, hatte ich bereits bestimmte musikalische Ideen dazu, die noch konkreter wurden, engagement begeistern »Ich habe in meinem ganzen Leben keinen einfacheren, aufrichtigeren als ich Mischa Elman in seinem Studio hörte. Danach akzeptierte verbinden network und ergreifenderen Menschen gekannt.« Der Schweizer Mäzen Paul Sacher ich das Angebot … Auf seinen Vorschlag hin ergänzte ich die Kadenz des ersten Satzes.« Zudem gewinnen Staatskapelle über Bohuslav Martinů geht Martinů auf die Struktur des Werkes ein: »Das Andante, ein breiter und lyrischer Gesang von bemerkenswerter Intensität, führt tradition Dresden in ein Allegro, das das Beste an technischer und virtuoser Qualität für das Instrument herausholt, alles scheinbar in Gestalt einer einsätzigen junge Menschen fördern friends Komposition. Die finale Form hat eine Konzertstruktur. Ich versuchte, den ersten Satz, den lyrischen, ernst zu halten, ebenso den Mittelteil, das Allegro; das Andante-Thema kehrt am Schluss des Satzes wieder. Gesellschaft Der zweite Satz klingt fast so, als wäre er eine ›relaxing bridge‹, die uns zum finalen Allegro führt. Es ist ein Intermezzo moderato, beinah buko- Netzwerk close hautnah lisch, nur von einem Teil des Orchesters begleitet. Der Finalsatz favori- siert die virtuose Technik der Violine, unterbrochen von einem breiten und ›massiven‹ Tutti. Das Konzert endet in einem bestimmten ›stretto‹ in allegro vivo pace … Für Solovioline zu komponieren, verlangt eine besondere Gemütsverfassung. Alles, was wir in einem Soloviolin-Part auszudrücken wünschen, muss in einer einzigen melodischen Verbin- dung enthalten sein, die in gewisser Weise die Auswirkung auf andere Bestandteile zu vertreten hat.« Martinů denkt sich in die Seele des Instru- ments. Die Möglichkeiten, die die Geige spieltechnisch und im Ausdruck GESELLSCHAFT DER FREUNDE DER eröffnet, nutzt er für eine Äußerung, die über ihre Zeit hinausgeht. Für S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N E . V. den Capell-Virtuosen Frank Peter Zimmermann ist Martinůs zweites Violinkonzert »sehr lyrisch, sehr tänzerisch. Salopp ausgedrückt: Es KÖNIGSTRASSE 1 klingt, wie wenn Dvořák im zwanzigsten Jahrhundert ein Violinkonzert 01097 DRESDEN | GERMANY komponiert hätte.« I N F O @ G F S K D D . D E | W W W. G F S K D D . D E ANDRÉ PODSCHUN Wir freuen uns auf Sie! 14 15 Come and join us! 12. SYMPHONIEKONZERT
die Summe derer, die sich nicht von Neid und Missgunst abhalten lassen, um ihrem Traum einen Schritt näher zu kommen. Was Wien neben einem funktionierenden Musikmarkt für Größen wie Mozart und Beethoven zuvor schon attraktiv machte, ist seine für Kunst empfängliche Mentalität sowie eine ländlich geprägte Umgebung. Bereitwillig nimmt Wien die Begeisterung für die Landschaft, ja die Sehnsucht nach dem Naturer- lebnis auf und reichert sie mit städtischem Glamour an. Als Joseph II. den Augarten öffnen lässt, prangt über dem Eingangsportal die noch heute sichtbare Inschrift »Allen Menschen gewidmeter Erlustigungs-Ort von Ihrem Schaetzer«. Die Parole eines »Erlustigungs-Ortes« scheint sich im nachfolgenden neunzehnten Jahrhundert auf ganz Wien zu übertragen. Unsichtbar hängt sie als Verheißung über den Köpfen derer, die die Tore der Stadt passieren und Wiens Pflaster erwartungsvoll betreten. Was wäre die Wiener Musik ohne ihren Walzer? Namen wie Joseph Lanner, Johann Strauß Vater und Sohn, auch Josef Strauß sind auf lange Zeit untrennbar mit ihm verbunden. Nach dem Tod von Johann Strauß (Vater) im Jahr 1849 vertraut man Johann, dem ältesten Sohn, die Führung des Familienunternehmens an. Die Strauß-Dynastie lebt vom Walzergeschäft. Der Sohn, von Familie und Freunden gern Schani genannt, etabliert sich zusehends als Walzerkönig, auch international. Dem zwei Jahre jüngeren Bruder Josef verschafft das die Möglichkeit, sich beruflich anderweitig zu orientieren und zunächst in die Baubranche einzusteigen. Nach einem Nervenzusammenbruch des älteren Bruders DER TRUNKENE GLANZ EINER EPOCHE sattelt Josef auf Drängen der Mutter wieder um und erfüllt in Abwesen- heit Johanns, beispielsweise während längerer Gastspiele, die Engage- Wienerisches von Franz von Suppé und den Strauß-Brüdern ments in Wien. Bald tritt er abwechselnd mit dem Bruder in Wien auf, um die Fülle der Konzerte überhaupt bewältigen zu können. Der Walzer ist da längst schon salonfähig geworden und gilt nicht zuletzt als fester W Bestandteil im Konzertsaal. Ein anderer, der Wiens Musikleben berei- ien, die Stadt der Musik, der Triumphe und Skandale. chert, ist Franz von Suppé. Als Tonschöpfer überaus produktiv, schreibt Im neunzehnten Jahrhundert gilt die Donaumetro- er Bühnenmusiken zu über 190 Possen und anderen Bühnenwerken, pole neben Leipzig als das maßgebliche Zentrum der darunter zum Lustspiel »Dichter und Bauer« (1846) von Karl Elmar. Tonkunst. Umworben und gemieden, umschlungen Angeregt durch die Erfolge von Jacques Offenbach in Wien, komponiert und entlassen – die Geschichten und Schicksale, die er 1860 seine erste einaktige Operette »Das Pensionat« und begründet in sich mit dieser Stadt verbinden, sind ungezählt, und jedes einzelne Leben den folgenden Jahren durch Anlehnung an das einheimische Volkstheater führt in eine eigene Welt. Generationen von Musikern verknüpfen mit der die Wiener Operette. Stadt die Hoffnung auf Anerkennung, einzig aus dem Trieb heraus, der Welchen Ausdruck die Donaustadt auch immer in ihrer Musik Öffentlichkeit etwas darzureichen, wofür sie sich berufen fühlen. Dem annimmt: in erster Linie ist Wien für seine sehnsuchtsvoll flirrenden, Leben zu seinem Sinn verhelfen, ihm zu geben, was vormals in die Wiege gesanglichen Themen wie prägnanten Rhythmen bekannt. Ob Walzer oder gelegt schien, zählt zu den Mythen, ohne die das Aufziehen eines neuen Polka, sie alle illustrieren die reiche Musikkultur eines untergegangenen Sterns nur halb so reizvoll wäre. Das gilt auch für die Donaustadt. Am Vielvölkerstaats, dessen volltönende Errungenschaften noch fortwirken. Saum der Alpen, hinübergleitend in die ungarische Tiefebene, bildet sie ANDRÉ PODSCHUN 16 17 12. SYMPHONIEKONZERT
12. Symphoniekonzert 2018 | 2019 Orchesterbesetzung 1. Violinen Bratschen Flöten Posaunen Thomas Meining Andreas Schreiber Sabine Kittel / Solo Uwe Voigt / Solo Jörg Faßmann Anya Dambeck Bernhard Kury Jürgen Umbreit Federico Kasik Ulrich Milatz Dóra Varga-Andert Frank van Nooy Christian Uhlig Ralf Dietze Jörg Kettmann Zsuzsanna Schmidt-Antal Oboen Tuba Barbara Meining Marie-Annick Caron Céline Moinet / Solo Jens-Peter Erbe / Solo Birgit Jahn Susanne Neuhaus Volker Hanemann Wieland Heinze Juliane Preiß Michael Goldammer Pauken Henrik Woll Luke Turrell Manuel Westermann / Solo Anja Krauß Fabian Lindner Klarinetten Roland Knauth Sae Ito** Schlagzeug Robert Oberaigner / Solo Sae Shimabara Harald Hufnagel* Billy Schmidt** Simon Etzold Franz Schubert Renate Peuckert Violoncelli Jürgen May Fagotte Stefan Seidl Ludovica Nardone Simon Kalbhenn / Solo Lenka Matejáková* Joachim Hans / Solo Martin Jungnickel Harfe Erik Reike Uwe Kroggel 2. Violinen Bernward Gruner Astrid von Brück / Solo Hörner Holger Grohs / Konzertmeister Jörg Hassenrück Lukas Stepp / Konzertmeister Jakob Andert Robert Langbein / Solo Matthias Meißner Anke Heyn Andreas Langosch Annette Thiem Matthias Wilde Julius Rönnebeck Jens Metzner Boris Nedialkov Marie-Luise Kahle* Ulrike Scobel Georg Boge* Olaf-Torsten Spies Trompeten Beate Prasse Kontrabässe Mathias Schmutzler / Solo Alexander Ernst Viktor Osokin / Solo Volker Stegmann Emanuel Held Petr Popelka Gerd Graner Martin Fraustadt Torsten Hoppe Michael Schmid Helmut Branny Ami Yumoto Christoph Bechstein Tilman Büning Reimond Püschel Thomas Grosche * als Gast Mykola Shakhov** ** als Akademist 18 19 12. SYMPHONIEKONZERT
Vorschau 1. Symphoniekonzert S A M S TAG 31. 8 .19 19 U H R (P R O G R A M M 1) Christian Thielemann S O N N TAG 1.9.19 11 U H R (P R O G R A M M 1) M O N TAG 2 .9.19 2 0 U H R (P R O G R A M M 2) CHEFDIRIGENT S E M P ER O P ER D R E S D E N 19 Myung-Whun Chung Dirigent Yuja Wang Klavier Chung Kristīne Opolais Sopran Blomstedt Programm 1 (31.8 & 1.9.) Sergej Rachmaninow Gatti Klavierkonzert Nr. 3 d-Moll op. 30 Gilbert Johannes Brahms 20 Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 73 Harding Programm 2 (2.9.) Wellber Carl Maria von Weber Ouvertüre zur Oper »Der Freischütz« Robertson Georges Enescu Sokhiev »Sept Chansons de Clément Marot« op. 15 für Singstimme und Kammerensemble Koopman Johannes Brahms Herreweghe Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 73 2. Symphoniekonzert C A PE L L - V I RTU O S I N S O N N TAG 15 .9.19 11 U H R Sol Gabetta M O N TAG 16 .9.19 2 0 U H R D I E N S TAG 17.9.19 2 0 U H R S E M P ER O P ER D R E S D E N C A PE L L - C O M PO S I TE U R Daniele Gatti Dirigent Aribert Reimann Sol Gabetta Violoncello Camille Saint-Saëns Violoncellokonzert Nr. 1 a-Moll op. 33 Gustav Mahler Symphonie Nr. 5 cis-Moll 20 21 12. SYMPHONIEKONZERT
IMPRESSUM Sächsische Staatskapelle Dresden Chefdirigent Christian Thielemann Spielzeit 2018 | 2019 H E R AU S G E B E R Die Sächsische Staatskapelle Dresden ist ein Ensemble im Staatsbetrieb Sächsische Staatskapelle Dresden Künstlerische Leitung / Orchesterdirektion Christian Thielemann Chefdirigent Hanna Marx Persönliche Referentin (Interim) von Christian Thielemann 19 IL VIAGGIO A REIMS / DIE REISE NACH REIMS Gioachino Rossini – ML: Francesco Lanzillotta / I: Laura Scozzi – 28. September 2019 LE GRAND MACABRE Sächsische Staatstheater – Staatsoper Dresden György Ligeti – ML: Omer Meir Wellber / I: Calixto Bieito – 3. November 2019 Jan Nast Theaterplatz 2, 01067 Dresden Orchesterdirektor GESCHÄF TSFÜHRUNG Dennis Gerlach DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG Peter Theiler Konzertdramaturg, Richard Wagner – ML: Christian Thielemann / I: Jens-Daniel Herzog – 26. Januar 2020 Intendant der Staatsoper Künstlerische Planung Wolfgang Rothe Kaufmännischer Geschäftsführer André Podschun DIE GROSSHERZOGIN Programmheftredaktion, © Juli 2019 Konzerteinführungen VON GEROLSTEIN Jacques Offenbach – ML: Jonathan Darlington / I: Josef E. Köpplinger – 29. Februar 2020 Felicitas Böhm Semperoper R E DA K T I O N Presse und Marketing André Podschun Alexandra MacDonald M A D A M A B U T T E R F LY Dresden G E S TA LT U N G U N D L AYO U T Assistentin des Orchesterdirektors Giacomo Puccini – ML: Lorenzo Viotti / I: Amon Miyamoto – 26. April 2020 schech.net Cornelia Ameling Strategie. Kommunikation. Design. Orchesterdisponentin DON CARLO Matthias Gries Giuseppe Verdi / Prolog Manfred Trojahn (Uraufführung) – DRUCK Orchesterinspizient ML: Christian Thielemann / I: Vera Nemirova – 23. Mai 2020 Union Druckerei Dresden GmbH Steffen Tietz ANZEIGENVERTRIEB Golo Leuschke DIE ANDERE FRAU (URAUFFÜHRUNG) Anzeigenvermarktung Semperoper Dresden Wolfgang Preiß Torsten Rasch – ML: Roland Kluttig / I: Immo Karaman – 3. Juni 2020 Sascha Bullert Stefan Other Telefon: 089 / 540 447 424 Orchesterwarte E-Mail: anzeigen@semperoper.de Agnes Thiel IPHIGENIE AUF TAURIS (BALLETT) Vincent Marbach Ch: Pina Bausch / ML: Jonathan Darlington – 5. Dezember 2019 T E X T N AC H W E I S E Notenbibliothek Die Texte von André Podschun sind Originalbeiträge für die Programmhefte der VIER LETZTE LIEDER (BALLETT) Ch: George Balanchine / Hans van Manen / David Dawson – Sächsischen Staatskapelle Dresden. Der Artikel von Eberhard Steindorf ist ein ML: Omer Meir Wellber – 26. Juni 2020 Nachdruck und stammt aus dem Programmheft zum 12. Symphoniekonzert der Staatskapelle DER GOLDENE DRACHE Dresden, Saison 1994 / 1995. Peter Eötvös – ML: Petr Popelka / I: Barbora Horáková Joly – 13. Dezember 2019 B I L D N AC H W E I S E Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht Felix Broede (S.4); Matthias Creutziger (S. 6); werden konnten, werden wegen nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten. WIE WERDE ICH REICH Klaus Döge, Dvořák. Leben – Werke – Dokumente, Mainz 1991 (S. 8); Lebrecht UND GLÜCKLICH? Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus Mischa Spoliansky – ML: Max Renne / I: Manfred Weiß – 5. April 2020 Collection, London (S. 13); Aquarell von urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Wilhelm Gause, um 1900, Historisches Museum der Stadt Wien (S. 16) W W W. S TA AT S K A P E L L E - D R E S D E N . D E Informationen & Karten T +49 351 49 11 705 semperoper.de 22
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