TIBET360 - Parallelen: Tibet und Xinjiang Petition: "China ist kein normaler Partner" - Campaign for Tibet
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TIBET360° INFORMATIONEN | MEINUNGEN | ANALYSEN AUSGABE 2 | 2018 Parallelen: Tibet und Xinjiang 2 4 Petition: „China 3 Reziprozität ist kein normaler Partner“
TIBET360° PARALLELEN Tibet und Xinjiang 2 Kommentar Massive Polizeipräsenz in Ngaba, Osttibet. Berichte zahlreicher Menschenrechtsorganisationen haben in den letzten Monaten erschrecken lassen. Dem- nach hat sich die ohnehin repressive Lage in der Uiguren- region Xinjiang, von den Uiguren selbst als Ost-Turkestan bezeichnet, nochmals dramatisch verschlechtert. Berich- ten zufolge sind bis zu eine Million Uiguren in Internie- rungslager verschleppt worden, wo sie „umerzogen“ wer- Markenzeichen in Tibet unter anderem: die Einführung ren Tibets systematisch in Rastern angeordnet wurden. Quelle: ICT von „bequemen Polizeiwachen“, die in den urbanen Zent- Bis Ende 2016 wurden mehr als 700 dieser Wachen einge- richtet, die basierend auf einer lückenlosen elektroni- schen Überwachung ein schnelles Eingreifen erlauben. In seine Zeit in Tibet fällt ebenfalls das Programm „Nütze den den sollen. Eine Rechtsgrundlage für diese drastischen Massen“, das bis heute die Entsendung von Zehntausen- Maßnahmen gibt es nicht. Während die chinesische Regie- den von Kadern der KP in die Städte und Dörfer Tibets vor- rung allenfalls von „Ausbildungsmaßnahmen zur Rehabili- sieht, um die Politik der Kommunistischen Partei zu ver- Kai Müller, tation“ spricht, so bei der Anhörung des UNO-Anti-Rassis- breiten und um sich mit den Menschen, wie es in der ICT-Geschäftsführer mus-Komitees Mitte August, wird immer deutlicher, dass in Rhetorik der KP heißt, „anzufreunden“. Foto: Yan Revazov Xinjiang in den letzten Jahren systematisch ein Überwa- Die Situation in Xinjiang ist nicht unmittelbar mit der chungs- und Kontrollstaat auf- und ausgebaut wurde, der Lage in Tibet zu vergleichen. Deutlich sind jedoch die Par- sowohl elektronische und internetbasierte, als auch ganz allelen der jeweiligen repressiven Politiken. Diese sind „klassische“ Überwachungsmaßnahmen nutzt, wie etwa offenbar Ergebnis langfristiger strategischer Überlegun- die flächendeckende Präsenz von Sicherheitskräften. gen der Partei. Architekt dieses offenbar zügellosen Polizeistaates ist Parteisekretär Chen Quanguo, der zuvor von 2011 bis 2016 in der Autonomen Region Tibet ebenfalls als Parteisekre- Mehr Informationen: tär fungierte. Chen wurde 2016 mit der Führung der Auto- A. Zenz, J. Leibold: „Chen Quanguo: The Strongman nomen Region Xinjiang betraut, offenbar weil er sich aus Behind Beijing‘s Securitization Strategy in Tibet and Xinji- Sicht der Partei Verdienste in Tibet erworben hatte. Seine ang“, in: „China Brief“, Jamestown Foundation, 21.9.2017. Anti-Rassismusausschuss: Deutliche Kritik Der Antirassismus-Ausschuss der Vereinten Natio- Ausdrucksformen“ kriminalisiert und verfolgt werden Fotos Cover: Quelle ICT (oben); picture alliance / ASSOCIATED PRESS nen (CERD) hat Ende August seine Bilanz zur Lage in der könnten. Starken Verbesserungsbedarf erkennt der Aus- Volksrepublik China vorgelegt. Basierend auf Berichten schuss bei den – auch in Tibet häufig zu beobachtenden (unten links); Friends of Europe, Lizenz CC BY 2.0 (unten rechts) unabhängiger Menschenrechtsorganisationen und den – zwangsweisen Umsiedlungen und Landenteignungen, Stellungnahmen chinesischer Regierungsvertreter, die die in vielen Fällen mit unzureichenden Entschädigun- Mitte August in Genf stattfanden, zeigte sich das Gre- gen einhergingen. Der Antirassismus-Ausschuss erkennt mium besorgt über Berichte von Folter an Tibetern, hierin ein „aggressives Entwicklungsmodell“ und emp- Uiguren, friedlich Protestierenden und Menschenrechts- fiehlt der chinesischen Regierung, eng mit Vertretern verteidigern. Sorge bereitet dem Gremium außerdem der sogenannten Minderheiten zusammenzuarbeiten die Einschränkung der Reise- und Bewegungsfreiheit, und Entschädigungen in ausreichender Höhe denen sich Tibeter sowohl innerhalb ihrer Heimat als bereitzustellen. auch beim Wunsch nach Auslandsreisen ausgesetzt sehen. Die UN-Experten äußern des Weiteren ihre Sorge Mehr Informationen: über die unklaren und extrem weit gefassten Definitio- „Concluding Recommendations“ des CERD-Komitees: nen von „Terrorismus“ und „Separatismus“, was dazu https://bit.ly/2wyQdav führe, dass „friedliche bürgerliche und religiöse
AUSGABE 2 | 2018 IM FOKUS: Reziprozität und EU-China 3 Beziehungen Blick in das Europaparlament in Straßburg. Foto: David Iliff. Lizenz: CC-BY-SA 3.0 Die chinesische Regierung unterbindet systematisch Beziehungen der EU zur Volksrepublik China eine ganze den freien Zugang nach Tibet – für Vertreter der Verein- Reihe von Problemfeldern mit Peking kritisch angespro- ten Nationen, Diplomaten, Parlamentarier, Nichtregie- chen. Der Bericht, der mit 530 Ja-Stimmen, bei 53 rungsorganisationen und Journalisten. Gleichzeitig kön- Nein-Stimmen und 55 Enthaltungen angenommen wurde, nen sich chinesische Delegationen, Diplomaten oder befasst sich unter anderem mit handels- und wirtschafts- Journalisten der chinesischen Staatsmedien ungehindert politischen Fragen, mit Chinas „Belt and Road Initiative“, in westlichen Staaten, auch in Deutschland, bewegen und dem 16+1 Format, mit digitaler Überwachung, Klimawan- verbreiten dabei gerade in Bezug auf Tibet offensiv die del und Nachhaltigkeit sowie mit der Menschenrechts- Propaganda der Kommunistischen Partei Chinas. lage in China. Der Bericht fordert die Europäische Union Seit längerem wird dieses eklatante Missverhältnis in den USA thematisiert. Am 25. September hat das US-Re- präsentantenhaus einstimmig den „Reciprocal Access to VERHÄLTNIS MIT CHINA NEU Tibet Act“ angenommen, eine Gesetzesinitiative mit AUSRICHTEN Unterstützung sowohl von demokratischen wie auch republikanischen Abgeordneten. Das Gesetz verlangt auf, sein Verhältnis zu China neu auszurichten und auf hinsichtlich Tibets die gleichen Zugangsrechte wie sie China mit Nachdruck hinsichtlich einer Verbesserung der chinesische Diplomaten, Journalisten, Nichtregierungsor- Menschenrechtslage insbesondere in Xinjiang und Tibet ganisationen und einfache Bürger in den USA genießen. einzuwirken. Es ermächtigt das US-Außenministerium, denjenigen Visa Demnach müsse China seine Tibetpolitik überdenken und damit die Einreise in die USA zu verweigern, die für und seine in den letzten Jahren verabschiedeten Gesetze, die restriktive Zugangspolitik in Tibet verantwortlich sind. Verordnungen und Maßnahmen überprüfen und ändern, die die Wahrnehmung bürgerlicher und politischer Rechte von Tibetern, einschließlich ihres Rechts auf freie Mei- EUROPAPARLAMENT NIMMT nungsäußerung und ihrer Religionsfreiheit, stark ein- BELDER-REPORT AN schränken. China solle eine Entwicklungs- und Umwelt- politik verfolgen, bei der im Einklang mit den Zielen der Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, benötigt es noch Vereinten Nationen für die nachhaltige Entwicklung die die Zustimmung des US-Senats und die Unterschrift Prä- wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Tibe- sident Trumps. Die International Campaign for Tibet setzt ter gewahrt werden und die lokale Bevölkerung einbezo- sich mit Nachdruck für das Gesetz ein. gen wird. Peking müsse ferner die sich wiederholenden Kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes im Reprä- Fälle untersuchen, in denen Tibeter gewaltsam ver- sentantenhaus teilte unterdessen das kanadische Außen- schwinden, gefoltert und misshandelt werden, und ihre ministerium mit, die chinesischen Behörden hätten in den Rechte der Vereinigungsfreiheit, friedlichen Versamm- vergangenen Jahren mehrere entsprechende Reiseanfra- lung, Religions- und Glaubensfreiheit gemäß den interna- gen der Botschaft in Peking negativ beschieden. Nicht ein tionalen Menschenrechtsnormen wahren. einziges Mal durften die kanadischen Diplomaten, wie gewünscht, die sogenannte Autonome Region Tibet (TAR) besuchen. Im gleichen Zeitraum indes gestatteten die Mehr Informationen: kanadischen Behörden „mindestens dreimal“ offiziellen chinesischen Delegationen aus der TAR Besuche in US-Kongress, H.R. 1827: „Reciprocal Access to Tibet Kanada. Act“, https://bit.ly/2xW4H4U Europäisches Parlament, „Bericht zu dem Stand der Das Europaparlament hat am 12. September mit der Beziehungen zwischen der EU und China“, Annahme des sogenannten Belder-Reports zu den https://bit.ly/2DFnNlV
TIBET360° AUSGABE 2 | 2018 +++newsTICKER+++ «KEIN NORMALER PARTNER» ICT: Menschenrechte Quelle: Kanyak Tsering and Lobsang Yeshe zentral beim Dialog Drei Mönche nach Protestaktionen in 4 Osttibet verhaftet; https://bit. mit Peking ly/2xWeyHW Bärbel Kofler, Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, nimmt die Petiti- on von ICT-Geschäftsführer Kai Müller in Empfang. Foto: ICT Die International Campaign for Tibet hat verfolgt Menschenrechtsverteidiger mittler- eine Petition an die Bundesregierung überge- weile weltweit“. ben, in der diese vor einer falschen Einschät- Beispielhaft für Pekings hartes Vorgehen Quelle: ICT zung der Volksrepublik China gewarnt wird. ist die im August bekannt gewordene Bestä- China lässt ehemalige Residenz der Unter der Überschrift „China ist kein normaler tigung der 5-jährigen Haftstrafe für den tibe- Eltern des Dalai Lama abreißen und Partner!“ fordern zahlreiche Menschen die tischen Menschenrechtsverteidiger Tashi durch Neubau ersetzen; https://bit. deutsche Regierung auf, daraus ihre Konse- Wangchuk. Demnach wies das Oberste ly/2xIW2mW quenzen zu ziehen. Das Grundgesetz fordere Gericht der Provinz Qinghai von Wangchuk ein klares Bekenntnis zu den Menschenrech- eingelegte Rechtsmittel zurück. Wangchuk, ten als „Grundlage jeder menschlichen der sich öffentlich für den Erhalt der tibeti- schen Sprache eingesetzt hatte, hatte den Vorwürfen stets widersprochen. Wie sein Anwalt Liang Xiaojun während des Verfah- XI JINPING CONTRA RECHTS- rens betonte, gehe es seinem Mandanten STAATLICHKEIT „alleine um den Erhalt der tibetischen Kultur“. Gemeinschaft“. Daher solle die Bundesregie- Mehrere Regierungen, darunter auch die Foto: Chen Bei/chinadaily. rung gegenüber Peking mit Nachdruck auf deutsche Bundesregierung, Parlamentarier, China: Rechtsmeinungen erklären All- die eklatanten menschenrechtspolitischen Menschenrechtsexperten sowie Nichtregie- tagshandlungen zu „Extremismus“ Defizite in China und Tibet hinweisen. rungsorganisationen hatten in der Vergan- und „Terrorismus“, https://bit. ICT-Geschäftsführer Kai Müller übergab im genheit seine sofortige und bedingungslose ly/2xMnW1x Berliner Auswärtigen Amt Mitte Juli mehrere Freilassung gefordert. Das Urteil dürfte auch tausend Unterschriften an die Menschen- für die ohnehin stark eingeschränkte Tätig- rechtsbeauftragte der Bundesregierung keit unabhängiger Medien in China und Blog Bärbel Kofler. Dazu sagte er: „Deutschlands Tibet von grundsätzlicher Bedeutung sein, Außenpolitik sollte auf den Grundwerten da sowohl Tibeter als auch Medien aus Meinungen und Hintergründe im unseres Gemeinwesens aufbauen. Für das Angst vor Repressionen nunmehr von Inter- Tibet-China-Blog der International Verhältnis zur Volksrepublik China muss dies views und Berichterstattung in noch stärke- Campaign for Tibet. Konsequenzen haben. Denn unter den Bedin- rem Maße absehen könnten. www.savetibet.de/blog gungen einer autoritären KP-Herrschaft kann China kein normaler Partner sein. So hat sich Staatspräsident Xi Jinping in dem 2013 TIBET360° bekannt gewordenen ‚Dokument Nr. 9‘ schon Impressum früh explizit gegen Rechtsstaatlichkeit, Demo- Herausgeber: V. i. S. d. P.: Kai Müller kratie und Pluralismus gestellt. An Pekings Internation Campaign for Tibet Umgang mit chinesischen Bürger- und Men- Deutschland e. V. Gestaltungskonzept: schenrechtlern wie auch am Vorgehen gegen Schönhauser Allee 163 Creative Comp., Hamburg friedliche Tibeter lässt sich dies anschaulich 10435 Berlin studieren. Zudem untergräbt die chinesische Druck: Tel.: +49 (0) 30 / 27 87 90 86 Gieselmann Medienhaus GmbH Regierung auch auf internationaler Ebene bis- Fax: +49 (0) 30 / 27 87 90 87 Potsdam-Nuthetal lang universell gültige Rechte. Sie bekämpft info@savetibet.de die unabhängige Zivilgesellschaft und www.savetibet.de Stand: 29. September 2018
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