TRANSITION Jugendliche mit chronischer Erkrankung - neue Herausforderungen und Chancen im Übergang von der pädiatrischen Versorgung in die ...

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TRANSITION Jugendliche mit chronischer Erkrankung - neue Herausforderungen und Chancen im Übergang von der pädiatrischen Versorgung in die ...
TRANSITION
Jugendliche mit chronischer Erkrankung — neue Herausforderungen und Chancen
im Übergang von der pädiatrischen Versorgung in die Erwachsenenmedizin

Mag.a Dr.in Caroline Culen, Klinische und Gesundheitspsychologin
Februar 2021
1. Transition in der Gesundheitsversorgung                                                                                                                                                                              14-20 jährige Jugendliche in Österreich

                                                                                                                                                                                                                                   18%                                     mit chronischer
Transitionen bzw. Übergänge sind Teil einer normalen,                                     kungen von einem kinderzentrierten (pädiatrischen)               ergeben sich von der Gesamtschülerzahlt in Österreich ab-                                                       Erkrankung
                                                                                                                                                                                                                                                                           ca. 170.000
gesunden Entwicklung und ereignen sich mehrmals über                                      zu einem erwachsenenorientierten (internistischen)               geleitet Schätzungen von ca. 190.000 betroffenen Schul-
die Lebenspanne hinweg. In der Gesundheitsversorgung                                      Versorgungssystem.                                               kindern.7 Pro Jahr ergeben sich daraus immerhin einige                                                          ohne chronischer

bedeutet Transition den Wechsel von der Kinderklinik in                                                                                                    tausend Adoleszente, die rund um den 18. Geburtstag                            82%                              Erkrankung

die Erwachsenenmedizin. Dabei handelt sich nicht um den                                   Gerade zu diesem Versorgungszeitpunkt kommen für                 einen Bedarf an Transition haben.
einfachen Transfer1*, sondern um einen länger andauern-                                   jugendliche PatientInnen mehrere Herausforderungen
den Prozess. Transition bedeutet idealerweise einen                                       zusammen: Einerseits die Verantwortungsübernahme für
                                                                                                                                                                                                                        Abb.2: Anzahl chronisch kranker Jugendlicher in Österreich
zielgerichteten, geplanten Übergang von Jugendlichen                                      ein Leben mit einer chronischen Erkrankung und anderer-
und jungen Erwachsenen mit chronischen Erkran-                                            seits die normale pubertäre Entwicklung, die Adoleszenz.
                                                                                                                                                           3. Risiken bei misslungener Transition
                                                Vorbereitung auf die lebenslange Therapie
                                                                                                                                                           Beim Übergang von der pädiatrischen in die Erwachsenen-      mal wahrscheinlicher hospitalisieren als solche, die bei
                                                                                                                                                           versorgung erhöht sich das Risiko der Unterversorgung        ihren bekannten ÄrztInnen blieben.11
                                                               intra- und interpers. Risiken                                                               und dies kann schwere gesundheitliche Folgen für Pa-
                                                                                                                                                           tientInnen haben. Wenn Transition nicht gelingt, birgt das   Jugendliche PatientInnen werden nach wie vor unzu-
                                                                                                                                                           gesundheitliche Risiken für die jugendlichen PatientInnen.   reichend auf den Betreuungswechsel vorbereitet.9,12-15,29
                                                                                                                                                           Bei vielen chronischen Erkrankungen verschlechtern sich      Manchmal fallen jugendliche PatientInnen ganz aus der
                                Remission                      Pubertät                                         erste Folgeerkrankungen �
                                                                                                                                                           in dieser Phase die medizinischen Messwerte, Kontroll-       Betreuung — „lost in transition“ wird dieses Phänomen
                                                                                TRANSITION                                                                 termine werden ausgelassen, die Therapietreue sinkt und      genannt, und ist die große Sorge vieler Betreuender.8,9
                      Mani-                                                                                                                                sie verlieren den Kontakt zur notwendigen medizinischen
                                                  Pädiatrische
                      festa-                                                                          Internistische Langzeitbehandlung                    Versorgung.8,9
                                               Langzeitbehandlung
                       tion
                                                                                                                                                           Eine Studie ergab, dass 40% der Nierentransplantier-                        Lost for follow-up bedeutet:
                                                                                                                                                           ten (N = 20) in den 36 Monaten nach dem Transfer ihr
                  os g

                                          e

                                                         t u e-

                                                                                        r

                                                                                                          a t a le

                                                                                                                           pe ia l f
                                                                                                                        A s oz a u
                                                                                      fe
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                                                                                                                                                                                                                                          • verminderte Lebensqualität
                                                       or pi
              ia t ig u

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                                                                                                                             kt e
                                                            ng

                                                                                                                n
                                                                                   ns

                                                                                                        gr zi
                                         ut

                                                                                                                                                           Transplantat verloren.10 Dies wurde auf unzureichende

                                                                                                                            s k
                                                      w ra

                                                                                                             io
                                                                                                      te S o

                                                                                                                         ho e r
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                                                                                  a

                                                                                                                               e
                                                                                                                                                                                                                                          • erhöhte Gesundheitskosten
                                                    nt he

                                                                               Tr
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                                                                                                                       yc m                                Medikationsadhärenz zurückgeführt. In Bezug auf die
         de e w

                                                       T

                                                                                                                     ps ge n
                                                                                                                                                           Hospitalisierung gibt es in einer andern Studie im Bereich                     • erhöhte Mortalität
            B

                                                                                                      In

                                                                                                                      Au
                                                    ra

                                                                                                                                                           Typ-1-Diabetes Hinweise, dass PatientInnen, die zu einem                       • erhöhte Morbidität
                                                 ve

                                                                                                                                                           neuen Arzt/Ärztin transferieren, nach dem Transfer vier-

                                                 Entwicklungsaufgaben (über das 18. Lebensjahr hinaus)

K. Lange 2016, adaptiert C. Culen 2017                                                                                                                     4. Chancen bei gelungener Transition
Abb.1: Schematische Darstellung des Transitionsprozesses

                                                                                                                                                           Zur Beurteilung von gelungener Transition zieht man zu-
                                                                                                                                                                                                                           Verbesserte Transition bewirkt also:
2. Hintergrund                                                                                                                                             meist medizinisch messbare Parameter, wie Laborergeb-
                                                                                                                                                           nisse oder die Organfunktion heran.9 Fragt man Patient-           • gute Anbindung an medizinische Erwachsenen-
                                                                                                                                                           Innen, ist das ausschlaggebende Kriterium für gelungene             versorgung
Vor einigen Jahrzehnten erreichten nur wenige Kinder                                      Den Schätzungen zu Prävalenzzahlen in Österreich lie-            Transition eine möglichst hohe Lebensqualität.                    • verstärkte Compliance, erhöhte Adhärenz
und Jugendliche mit angeborenen oder erworbenen chro-                                     gen unterschiedliche Daten zugrunde: In der Befragung
nischen Krankheiten das Erwachsenenalter.2 Durch einen                                    von Kindern und Jugendlichen im Schulalter (HBSC-Stu-                                                                              • regelmäßiges Einhalten von Kontrollterminen
                                                                                                                                                           Insgesamt wird gelungene Transition mit guter Anbindung
signifikanten Fortschritt in medizinischen Anwendungen                                    die) geben 15-20 Prozent in der Altersgruppe aller 14 bis        an die medizinische Erwachsenenversorgung, mit ver-               • weniger Langzeitschäden
und Technologien stieg die Lebenserwartung dieser Pati-                                   20-Jährigen einen mit dem Alter steigenden erhöhten              stärkter Compliance und erhöhter Therapietreue sowie mit          • verringerte Akutkomplikationen
entInnen an.3 Seit den 2000er Jahren erreichen rund 90%                                   Bedarf an Gesundheitsversorgung an, durchschnittlich             regelmäßigem Einhalten von Kontrollterminen assoziiert.           • erhöhte Lebenserwartung
der Kinder und Jugendlichen mit chronischer Erkrankung                                    ca. 18% der Jugendlichen.4 Diese Zahlen decken sich auch         Gleichzeitig treten weniger Langzeitschäden auf, auch die
das Erwachsenenalter.2 Dazu gehören junge Menschen                                        mit internationalen Daten.5 Werden Eltern nach einem             Anzahl der Akutkomplikationen ist verringert. Mit einem
mit Diabetes Typ 1, rheumatischen Erkrankungen, mit                                       speziellen Bedarf an Gesundheitsversorgung laut CSHCN-           guten Übergang in die internistische Versorgung wird zu-     Das Bewusstsein um die Bedeutsamkeit einer gelungenen
cystischer Fibrose, asthmatischen Allergien, Krebserkran-                                 Screener (Children with Special Health Care Needs) ge-           sätzlich eine erhöhte Lebenserwartung und verbesserte        Transition ist stark gestiegen. Was macht den Brücken-
kungen, Epilepsie, seltenen Stoffwechselerkrankungen                                      fragt, ergeben sich elf Prozent Kinder und Jugendliche mit       Lebensqualität in Verbindung gebracht.13                     schlag dennoch nach wie vor so schwierig?
oder psychiatrischen Erkrankungen.                                                        erhöhtem Bedarf an medizinischer Betreuung.6 Hieraus

* Der Transfer meint in der Medizin nur ein Teilgeschehen im länger andauernden Transitionsprozess.

                                                                                                                                                       2                                                                                                                                      3
5. Herausforderungen, Barrieren und Probleme in der Transition                                                                                                                                         Erwachsenenmedizin
                                                                                                                                                        Pädiatrie
                                                                                                                                                                                          (Interne Medizin, niedergelassene Allgemeinmedizin)
                                                                                                                                            bis zum 18. Lebensjahr zuständig
Patientinnen und Patienten nennen dafür                     5.1 Abbruch von Beziehungen:                                                                                                            ab dem 18.Lebensjahr zuständig
3 Hauptpunkte:
1. den Abbruch langjähriger Beziehung mit betreuenden      Häufig besteht eine starke Bindung der Eltern und Ju-               Kinder und Jugendliche sind mit Eltern mitversichert.     PatientInnen sind selbst versichert.
    PädiaterInnen.                                          gendlichen an das Behandlungsteam.9,15 Viele der Familien
                                                            sind seit der Geburt ihres Kindes mit dem Team verbunden            Verhandlungen mit Sozialversicherung, Bestellung          Verantwortung für Krankheitsmanagement wird bei
2. Unterschiede zwischen Pädiatrie und den Strukturen      oder es entstehen starke Beziehungen während krisenhaf-             von medizinisch-technischen Geräten oder Medika-          den PatientInnen gesehen.
    der medizinischen Versorgung von Erwachsenen            ter Krankheitsverläufe. Auch PädiaterInnen können den               menten sowie Organisation von Schulungen werden
    (s. Abb 3).                                             Abschied ihrer PatientInnen verzögern. Es fällt Pädiate-            von Eltern und/oder betreuenden Teams übernommen.
3. Die Autonomie, Selbstmanagementfähigkeiten und die      rInnen und Eltern schwer, ihre Expertenrolle aufzugeben
    Planungskompetenzen von jungen PatientInnen sind        und die Verantwortung, die sie viele Jahre getragen haben,          Entscheidungen in Bezug auf Behandlung werden in          PatientInnen treffen Entscheidungen über Behand-
    mit 18 Jahren selten ausgereift.                        an die Jugendlichen zu übergeben.13,15 Studien zeigen, dass         den meisten Fällen von Eltern gemeinsam mit ÄrztIn-       lung selbst.
                                                            diejenigen Jugendlichen, deren Eltern noch bis über die             nen getroffen. Kinder und Jugendliche geben teilweise
Weitere relevante Barrieren im gesamten Gesundheitssys-     Pubertät hinaus Unterstützung beim Therapiemanage-                  ihre Einwilligung.
tem sind fehlende Ressourcen, unzureichende Schulung        ment geben, bessere medizinische und psychologische
des Personals, fehlende einheitliche Standards innerhalb    Werte vorweisen.                                                    Eltern sind per Gesetz verantwortlich für das Wohl-       PatientInnen sind per Gesetz selbst verantwortlich für
der Kliniken13 und unklare Zuständigkeiten.                                                                                     ergehen ihrer Kinder. Jugendhilfe kann eingeschaltet      ihr Wohlergehen.
                                                                                                                                werden, wenn Therapie vernachlässigt wird.
                          5.2 Unterschiede Pädiatrie - Erwachsenenmedizin9,15
                                                                                                                                ExpertInnen aus vielen Fachrichtungen unter einem         ExpertInnen sind in den seltensten Fällen unter einem
                                Unterschiede im Zugang und der Versorgung          1,11,13,14                                   Dach, Multidisziplinarität.                               Dach.

                                                                                                                                Langjährige Beziehungen zwischen PatientInnen, Fa-        Zahlenmäßig versorgt ein/e Ärzt/in mehr PatientIn-
                                                                          Erwachsenenmedizin                                    milien und betreuenden Teams.                             nen, üblicherweise weniger Zeit für Beziehungsaufbau,
                          Pädiatrie
                                                            (Interne Medizin, niedergelassene Allgemeinmedizin)                                                                           häufig wechselnde Betreuungspersonen.
              bis zum 18. Lebensjahr zuständig
                                                                      ab dem 18.Lebensjahr zuständig
                                                                                                                                Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz und Pubertät          Entwicklung wird als abgeschlossen betrachtet,
  Familienzentriert.                                        Patientenorientiert.                                                werden beachtet                                           PatientIn als erwachsen und autonom angesehen.

  Geprägt von Fürsorglichkeit der betreuenden Teams.        Von PatientInnen wird Selbstfürsorge erwartet.                      Sexualität, Fertilität, Verhütung, Schwangerschaft sind   Fertilität, Familienplanung, Reproduktionsmedizin,
                                                                                                                                wichtige Themen.                                          Genetik sind wichtige Themen.
  Eltern sind die gesetzlichen Vertreter und sind berech-   Vertraulichkeit und Verschwiegenheitspflicht: Eltern
  tigt, medizinische Auskünfte zu erhalten.                 dürfen prinzipiell keine Auskünfte mehr in Bezug auf                Familie mit spezifischer Lebenssituation (z.B. Ge-        Familiensituation den betreuenden Teams oft nicht be-
                                                            die Gesundheit ihrer nunmehr erwachsenen Kinder er-                 schwisterkinder, Elternbeziehung, uä.) wird in der Be-    kannt.
                                                            halten.                                                             treuung mitgedacht.

  Terminvereinbarung läuft häufig über Eltern/Erzie-        Terminvereinbarung liegt in der Verantwortung der                   Ausbildung, Schulsituation, Freundeskreis werden in       Soziales Umfeld der PatientInnen wird in der Betreu-
  hungsberechtigte.                                         PatientInnen.                                                       der Betreuung mitgedacht.                                 ung nicht routinemäßig mitgedacht.

  Bei ärztlichen Terminen, aber auch diätologischen,        Es ist üblich, dass PatientInnen alleine zu vereinbarten            Wissensvermittlung an das Umfeld des Kindes, Ju-          Krankheitswissen wird von PatientInnen erwartet.
  physiotherapeutischen, psychologischen, psychothera-      Terminen erscheinen.                                                gendliche werden oft nicht altersadäquat zu ihrer Er-     ACHTUNG: bei jungen Erwachsenen nach Transition
  peutischen Terminen sind Eltern meist anwesend. Die                                                                           krankung geschult.                                        ist diese Voraussetzung allerdings nicht immer gege-
  Anwesenheit wird in den meisten Fällen erwartet.                                                                              Kinder und Jugendliche durchleben viele Entwick-          ben.
                                                                                                                                lungsphasen, in denen Informationen sehr unter-
  Eltern fühlen sich verantwortlich für das Krankheits-     PatientInnen werden als eigenverantwortlich in Bezug                schiedlich verarbeitet werden.18 Darauf sollte im Um-
  management und die Therapieadhärenz.                      auf Krankheitsmanagement und Therapieadhärenz                       gang mit jungen PatientInnen Rücksicht genommen
                                                            gesehen.                                                            werden. Informationen zu Diagnose und Therapiema-
                                                                                                                                nagement sollten in regelmäßigen Abständen, zumin-
                                                                                                                                dest alle zwei Jahre, wiederholt werden, angepasst an
                                                                                                                                das kognitiven Entwicklungsstand der jungen Patient-
                                                                                                                                Innen.

Tab.1: Unterschiede Pädiatrie und Erwachsenenmedizin                                                                          Tab.1: Unterschiede Pädiatrie und Erwachsenenmedizin

                                                                                                                          4                                                                                                                        5
5.3 Autonomie – Herausforderung Adoleszenz                                                                                                           6. Umgang adoleszenter PatientInnen mit ihrer chronischen Er-
Das Autonomiebedürfnis ist bei chronisch kranken                                     Mit der Pubertät verändert sich die körperliche Erschei-             krankung12,17
Jugendlichen genauso gegeben wie bei allen jungen                                    nung. Der Körper entspricht selten den Idealvorstellungen.
Menschen.17 Jedoch ist bei einer chronischen Erkran-                                 Bei vielen jungen Menschen mit chronischer Erkrankung                  • h
                                                                                                                                                               äufig unzureichendes Krankheits- und Medi-           • b
                                                                                                                                                                                                                        ei manchen chronischen Erkrankungen ist die
kung eine enorme Unterstützung durch die Eltern nötig.                               wird die Akzeptanz des Körpers durch Funktionsein-                       kamentenwissen                                           psychologische, soziale und/oder kognitive Entwick-
Infolgedessen zeigen Eltern oftmals ein überbehütendes                               schränkung, besonderes Erscheinungsbild oder Schmer-                                                                              lung30 der Betroffenen beeinträchtigt und somit kann
                                                                                                                                                            • geringe Eigenverantwortung
Verhalten ihren Kindern gegenüber und erschweren                                     zen zunehmend erschwert. Der Aufbau reifer Beziehungen                                                                            eine ausreichende Eigenverantwortung eventuell nie
dadurch die Ablösung.                                                                zu Gleichaltrigen beiderlei Geschlechts sowie die Ent-                 • empfinden ihre Erkrankung als ein lästiges Übel         erreicht werden.
                                                                                     wicklung der Sexualität sind weitere herausfordernde
                                                                                                                                                            • W
                                                                                                                                                               iderstand: nehmen Medikamente nicht ent-
Die Spannungsfelder der Adoleszenz spiegeln sich auch                                Entwicklungsaufgaben in dieser Zeit.                                                                                            Krankheitsakzeptanz und ein adäquater Umgang mit der
                                                                                                                                                              sprechend der vorgegebenen Dosierung ein
im meist ambivalenten Umgang mit der chronischen                                                                                                                                                                     Erkrankung müssen parallel zur kognitiven und sozialen
                                                                                                                                                              oder brechen ihre Therapie ab
Erkrankung wider.                                                                                                                                                                                                    Entwicklung immer wieder neu erarbeitet werden.
                                                                                                                                                            • V
                                                                                                                                                               olljährigkeit erreicht, ohne eigene Krankheit und/   Üblicherweise treten dabei ähnlich wie bei Trauerprozes-
                                                                                                                                                              oder Medikamente genau benennen zu können              sen Gefühle wie Angst, Verleugnung, Wut, Schuld- und
                                                                                                                                                            • K
                                                                                                                                                               rankheitserfahrung kann auch Reifeprozesse           Schamgefühle auf. Erst danach können im besten Fall
                                                                                                                                                              vorantreiben                                           Krankheitsakzeptanz und Anpassung eintreten.
                                                                   Entwicklungsaufgaben
                                                                  Akzeptanz des Körpers,
                                                             Sexualität, Autonomieentwicklung,
                                                           Gruppenzugehörigkeit, Identitätsfindung                                                    7. Bemühungen für verbesserte Transitionsprozesse in der
                                                            � können zur Vernachlässigung
                                                           des Krankheitsmanagement führen                                                                Pädiatrie
                                                                                                                                                      International und auch im deutschsprachigen Raum zeigt         7.1 Transitionsbereitschaft
                                                                                                                                                      sich ein starker Trend Richtung verbesserte Transition.
                                                                                                                                                      Auch wenn hier keine eindeutige Aussage darüber getrof-        Vorhandenes Wissen und Fertigkeiten sollten regel-
                                                                                                                                                      fen werden kann, welches Modell zu präferieren bzw. am         mäßig identifiziert sowie die Transitionsbereitschaft der
             Kognitive Entwicklung                                                                        Körperliche Veränderungen                   wirksamsten ist1,17,19, etablieren sich beispielhafte Tran-    PatientIn geklärt werden.
               logisches Denken,
                                                                                                                                                      sitionsambulanzen und –kliniken zunehmend rund um
                                                                 Aufgaben der Adoleszenz                    Hormonelle Veränderungen,
         Wissen, emotionale Verarbeitung                                                                 sekundäre Geschlechtsmerkmale,               den Globus und zeigen den Trend Richtung verbesserte           Fertigkeiten wie:
                                                                     und Einfluss auf                                                                 Transition. Mittlerweile haben sich international einige
                                                                                                                  Muskelaufbau                                                                                       • Kommunikation,
           � verändern laufend das                                chronische Erkrankung
           Verständnis der Diagnose                                                                       � beeinflussen Krankheits-                  Transitionsmodelle etabliert. Dazu zählen beispielsweise
                                                                                                                                                                                                                     • Entscheidungsfindung16,17 und
              und von Chronizität                                                                                geschehen                            begleitende Schulungen (z.B. Transitionsworkshops)20,
                                                                                                                                                      spezialisierte Kliniken für junge Erwachsene oder Ge-          • Selbstmanagement25
                                                                                                                                                      meinschaftskliniken mit KinderärztInnen und Erwachs-           • S
                                                                                                                                                                                                                        owie zur ExpertIn für die eigene Erkrankung
                                                                                                                                                      enenmedizinerInnen19, gemeinsame, multidisziplinäre              werden13,14
                                                                                                                                                      Übergangssprechstunden6 sowie Hilfsmittel zur Bestim-
                                                                                                                                                      mung der Transitionsbereitschaft.21                            Eltern oder entsprechende Obsorgeberechtigte müssen in
                                                                               Lebensstil                                                                                                                            den Prozess mit einbezogen werden.25
                                                                 Risikoverhalten, Impulsivität,                                                         Empfehlungen für den Transitionsprozess22,23
                                                             Grenzen testen, soziale Beziehungen                                                                                                                     International werden heute vermehrt Fragebögen einge-
                                                                                                                                                          1. p
                                                                                                                                                              olicy - die Entscheidung zu geplanter                 setzt, die sich mit der Frage nach der Transitionsbereit-
                                                         � beeinflussen Therapiemanagement                                                                   Transition mit einem schriftlich festgelegten           schaft von Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen
                                                                                                                                                             Ablauf, Dokumenten und identifizierten                  befassen. In Österreich wurde eine deutschsprachige Ver-
                                                                                                                                                             KooperationspartnerInnen                                sion24 des englischen Fragebogens (TRAQ — Transition
                                                                                                                                                          2. D
                                                                                                                                                              okumentation der PatientInnen (Register), Do-         Readiness Assessment Questionnaire)21 entwickelt. Fragen
                                                                                                                                                             kumentation der Interventionen für Transitions-         nach Arztterminkoordination, Erledigungen bei den Kran-
                                                                                                                                                             prozess                                                 kenkassen oder auch nach Selbständigkeit im Alltagsleben
                                                                                                                                                          3. Transitionsbereitschaft feststellen                    zeigen Wissenslücken bzw. das Fehlen von notwendigen
                                                                                                                                                              (z.B. TRAQ-Fragebogen)24 und                           Fertigkeiten für den Transitionsprozess. Dadurch ergeben
Vereinfachte schematische Darstellung: Adoleszenz mit chronischer Erkrankung
                                                                                                                                                          4. P
                                                                                                                                                              lanung und Vorbereitung von Unterlagen                sich Hinweise auf unterschiedliche unterstützende Inter-
Abb. 3: Adoleszenz mit chronischer Erkrankung
                                                                                                                                                             (Epikrise), Terminen, Schulungen                        ventionen.
                                                                                                                                                          5. Transition und Transfer
                                                                                                                                                          6. Transitionsevaluation
                                                                                                                                                  6                                                                                                                              7
8. „Und was hat das mit mir zu tun?“                                                                                                 9. Take-Home-Messages
Wie können ErwachsenenmedizinerInnen zum Gelingen von Transition beitragen?
                                                                                                                                       1. Transition muss als essenzielle Komponente einer guten medizinischen Versorgung betrachtet werden.
Es stellt sich die Frage, wie eine kontinuierliche Versor-            medizinische Versorgung von chronisch kranken jungen             2. Die Transitionsphase beginnt vor dem 18. Lebensjahr und endet im jungen Erwachsenenalter.
gung nach dem Abschied von der pädiatrischen Versor-                  Erwachsenen etabliert ist. Zusätzlich können Parameter
                                                                                                                                       3. W
                                                                                                                                           enn junge Erwachsene in der Erwachsenenmedizin ankommen, sind sie oft in ihrer emotionalen und kognitiven
gung und dem Wechsel in die Erwachsenenmedizin ga-                    wie Selbständigkeit, Autonomie, Lebensqualität oder me-
                                                                                                                                          Entwicklung noch nicht abgeschlossen.
rantiert werden kann.14                                               dizinische Werte herangezogen werden.
                                                                                                                                       4. S
                                                                                                                                           tandardisierte Prozesse und Dokumentation des Transitionsprozesses vor und nach Zeitpunkt der Transition ver-
Im Grunde sind ErwachsenenmedizinerInnen in einer ide-                ErwachsenenmedizinerInnen fühlen sich allerdings häufig             bessern Transfer.
alen Position, um Transition zu verbessern.26,27 Transition           nicht adäquat vorbereitet, um Jugendliche, junge Erwach-         5. F eststellung der Transitionsbereitschaft mit Hilfe von Fragebögen (z.B. krankheitsneutraler TRAQ-GV-15) unterstützt
ist ein Prozess, der vor dem 18. Lebensjahr in der Pädiatrie          sene mit chronischer Erkrankung zu betreuen. Zusätzlich              Vorbereitung und Entscheidung über den Zeitpunkt der Transition.
beginnt und nach dem 18. Lebensjahr andauert bis ins jun-             sind sie der Meinung, dass Adoleszente mit chronischer
ge Erwachsenenalter. Transition gilt als gelungen, wenn               Erkrankung von ihren pädiatrischen Teams unzureichend            6. Kommunikation und Kooperation zwischen Pädiatrie und Erwachsenenmedizin sind unerlässlich für Transition.
eine stabile, regelmäßige und der Diagnose angemessene                vorbereitet wurden.27                                            7. E
                                                                                                                                           rwachsenenmedizinerInnen sind wichtige Player im Transitionsprozess. Ihre Haltungen gegenüber den jungen
                                                                                                                                          PatientInnen tragen wesentlich zu Therapieerfolg bei.
                                         Transitionsfördernde Maßnahmen                                                                8. Transitionsleistungen sollten abrechenbar sein.

                 Auf Seite der ÄrztInnen                                            Gegenüber PatientInnen
                                                                                                                                     Links:
  Kooperation mit PädiaterInnen, um Kontinuität in                    Adoleszente mit chronischer Erkrankung als Neuan-              • Gesellschaft für Transitionsmedizin: www.transitionsmedizin.com
  der Versorgung sicher zu stellen und Austausch zu                   kömmlinge im medizinischen System ansehen.                     • Berliner Transitionsmodell: www.btp-ev.de
  ermöglichen.                                                                                                                       • www.transition1525.ch
                                                                                                                                     • www.gottransition.org
  Gesprächsführung angepasst an adoleszente Patient-                  Überprüfung von Krankheitswissen, eventuell schrift-
  Innen.                                                              liche Informationen bereithalten.

  Sprechstunden speziell für junge Erwachsene bis 25                  Assessment von Autonomie, Selbstfürsprache, Thera-
  anbieten – Vorteile, junge Erwachsene fühlen sich                   pieadhärenz.
  willkommen, sitzen mit Gleichaltrigen im Wartezim-
  mer.

  Interdisziplinären Austausch suchen, im multidiszi-                 Wissen um Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz:
  plinären Team arbeiten.                                             Verständnis für die vulnerable Lebensphase, Be-
                                                                      dürfnisse und Lebenssituation der Jugendlichen und
                                                                      jungen Erwachsenen im Blick haben.

  Informationen schriftlich zur Verfügung stellen (z.B.               Wissen um typische Krankheitsverläufe der Adoles-
  Downloads über Webseite, Links bereitstellen).                      zenz (z.B. erhöhte HbA1c-Werte).

  einschlägige Fortbildungen, Weiterbildungen.                        unterstützende Haltung gegenüber adoleszenten
                                                                      PatientInnen.

Das erste und unangefochtene Ziel der Transition ist eine             chen Langzeitversorgung chronisch kranker Kinder- und
koordinierte, ununterbrochene Gesundheitsversorgung,                  Jugendliche (Fachbereich Innere Medizin), in der Kinder-
die einen hohen Versorgungsstandard sichert.                          und Jugendheilkunde in Bezug auf ambulante Versorgung          Das Projekt „Transition in der Pädiatrischen Endokrinologie am Beispiel von Mädchen und jungen Frauen mit Turner
                                                                      und Nachsorge, in der Neurologie, in der Kinder- und           Syndrom“ war Teil der PhD Thesis von Frau Mag. Dr. Caroline Culen an der Medizinischen Universität Wien, Public
Im Österreichischen Strukturplan Gesundheit 2017                      Jugendpsychiatrie und in der Kinder- und Jugendonko-           Health, Supervisor Univ. Prof. Dr Gabriele Haeusler. Einzelprojekte wurden gefördert durch Investigator Initiated
(ÖSG)28 wird das Thema Transition konkret in den Berei-               logie angesprochen und verankert.                              Grants von Pfizer.

Tab.2: Transitionsfördernde Maßnahmen von ErwachsenenmedizinerInnen

                                                                                                                                 8                                                                                                                                9
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                     Medieninhaber: Pfizer Corporation Austria GmbH, Wien
                     PP-PFE-AUT-0924/02.2021
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