Umwelt- und Umfeldmängel im Mietrecht

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Umweltmängel und Umfeldmängel im Mietrecht homepage.doc                               1/38

                                              MDR-Arbeitshilfe

                     Umwelt- und Umfeldmängel im Mietrecht
                           Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen
Steigende Umweltbelastungen, Gesundheitsrisiken und
eingetretene pathologische Krankheitszustände führen
genauso wie hervortretende und sich verstärkende
Überempfindlichkeiten gegen Allergene zu einer ver-
stärkten Aufmerksamkeit gegenüber nachteilig gesehe-
nen Umweltbedingungen. Mit steigender Umweltbelas-
tung und Umweltverschmutzung wird der Mensch
sprichwörtlich reizbarer und krankheitsanfälliger. Der
Beitrag thematisiert Umwelt- und Umfeldmängel so-
wohl für die Wohnungs- als auch für die Gewerbemiete
und zeigt hierzu deren mietrechtliche Bewertung an
Einzelbeispielen auf.

I. Mangelbegriff und Definitionen
1. Begriff des Mangels
Für die Frage, wann eine Mietsache mangelhaft ist, gilt
der subjektive Fehlerbegriff. Es kommt also darauf an,
welchen Zustand die Parteien des Mietvertrages verein-
bart haben (§ 536 Abs. 1 S. 1 BGB). Danach ist eine
Sache mangelhaft, wenn die Ist-Beschaffenheit gegen-
über der Soll-Beschaffenheit nachteilig abweicht. 1 Da-
mit ist unter einem Sachmangel die für den Mieter
nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes
(Ist-Tauglichkeit) von dem vertraglich geschuldeten Zu-
stand (Soll-Tauglichkeit) zu verstehen. 2 Diese Abwei-
chungen müssen zu einer Beeinträchtigung der Nutzung
des Mietobjekts führen. Die Beeinträchtigungen kön-
nen dabei rechtlicher oder tatsächlicher Art sein. Sie
können aus der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst,
aus Rechten Dritter, aus öffentlich-rechtlichen Vor-
schriften oder aus Beeinträchtigungen aus dem Umfeld
des Mietobjekts herrühren. 3 Sie müssen zu einer erheb-
lichen Nutzungsbeeinträchtigung führen. Denn eine nur
unerhebliche Minderung der Tauglichkeit der Mietsache
zum vertragsgemäßen Gebrauch bleibt außer Betracht (§
536 Abs. 1 S. 3 BGB) und wird nicht als Mangel gewer-
tet.
Aus der Anmietung einer erkennbar mangelhaften Miet-
sache kann sich aber auch die (konkludente) Vereinba-
rung dieses Zustands als vertragsgemäß ergeben. Denn
wie dargelegt kommt es für die Einordnung eines Sach-
zustandes als mangelhaft nur auf die vertraglichen Ver-
einbarungen zwischen den Mietparteien an. Deshalb
können auch schlechte Zustände der Mietsache (Sub-

1
  BGH, Urteil v. 26.9.1990 – VIII ZR 205/99, WM 1990,
    S. 546
2
  (BGH, NZM 2005, S. 500; WuM 2004, S. 715; NJW
    2000, S. 1714; ZMR 1991, S. 19/20).
3
  Hinweisend Fritz, NZM 2008, 825 ff, 825
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standards) konkret als vertragsgemäß vereinbart wer-
den. 4 Das muss allerdings der Vermieter beweisen.
Nur wenn keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen
wurde, ist die übliche Beschaffenheit der Mietsache ent-
scheidend. Sind für die Soll-Beschaffenheit der Mietsa-
che technische Normen, bzw. Grenzwerte zur Schad-
stoffbelastung heranzuziehen, so kommt es auf den
Rechtszustand bei Vertragsabschluß an. 5 Der Mangel-
begriff erhält dann eine objektivierte Komponente.
Denn der Vermieter schuldet nicht die Einhaltung be-
stimmter Standards, sondern den störungsfreien Miet-
gebrauch. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Einhal-
tung des jeweils technisch optimalen Zustands.
Sachmängel können einmal an der Mietsache selbst be-
stehen oder von außen als Umweltmängel auf die Miet-
sache einwirken.

2. Definition und Abgrenzung des Um-
    welt-/ Umfeldmangels
    a) Definition des Umwelt- oder Umfeldmangels
Im Gegensatz zum Mangel, der dem Mietobjekt unmit-
telbar anhaftet, wie einem Baumangel im Hause, spricht
man von einem Umwelt- oder Umfeldmangel, wenn das
Mietobjekt an sich zwar mangelfrei und als solches
gebrauchstauglich ist, die Situation im Umfeld des
Mietobjektes jedoch den Mietgebrauch beeinträchtigt 6 .
Der Mangel muss sich also auf die Mietsache selbst
auswirken, die Nutzbarkeit der Wohnung selbst oder der
dazugehörigen Gemeinschafts- und Außenflächen ein-
schränken. 7 Es kann sich um einzelne Umweltmängel
handeln. Typisch ist aber auch, dass mehrere einzelne
Mängel mit unterschiedlicher Ursache zusammen auf-
treten, wie etwa Zugangsmängel, Baulärm aus der
Nachbarschaft etc. oder Kanalrückstau und Defekt eines
Rückstauventils oder Hochwasser und fehlende Hoch-
wasserschutztüren, die erst in der Kombination von
Umweltmangel und Baumangel zu einer Beeinträchti-
gung der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts füh-
ren. 8 Da bei den Umweltmängeln die Beeinträchtigung
des Mietobjekts von außen mit Einfluss auf die
Gebrauchstauglichkeit im Vordergrund steht, ist hier

4
  BGH, Urteil vom 18.4.2007 – XII ZR 139/05, NZM
    2007, 484 (485 re. Sp.); BGH, NJW-RR 1993, 522);
    Lehmann-Richter, NJW 2008, 1196(1196); Blank /
    Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 536 b BGB Rn.
    10; Emmerich / Sonnenschein, Miete, 9. Aufl.2007, §
    536 b BGB Rn. 2
5
  KG, Urteil vom 28.4.2008 – 12 U 6/07, ZMR 2008, 892;
    BayObLG, RE vom 04.08.1999 – RE-Miet 6/98,
    DWW 1999, S. 350 (352); einschränkend: BVerfG,
    Beschl. vom 04.08.1998 – 1 BvR 171/94, GE 1998,
    S. 1208 f
6
   BGH,Urteil vom 1.7.1981 – VIII ZR 192/91, NJW
    19981, 2405; kritisch: Koller, Umweltmängel von
    Mietobjekten, NJW 1982, 201 ff; dazu im einzelnen:
    Fritz, NZM 2008, S. 825 ff.; ders., in Festschrift für
    Hubert Blank (2006), Seite 153 ff
7
  AG Hamburg, Urteil vom 23 März 2006 - 49 C 474/05;
8
  Hinweisend Fritz, NZM 2008, S. 825 ff, 825.
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vor allem der subjektive Fehlerbegriff zu untersuchen.
Der Unterschied zwischen Umwelt- und Umfeldmangel
liegt bei ersterem in der Beeinflussung des Mietobjekts
durch Naturereignisse, wie Hochwasser, während der
Umfeldmangel aus Ereignissen in der Nachbarschaft des
Mietobjekts resultiert, wie Bauarbeiten oder Zugangs-
hindernissen. Häufig werden jedoch beide Bereiche ein-
heitlich als „Umweltmängel“ bezeichnet. 9

    b) Prüfungsverfahren
Die Prüfung, ob ein Mangel vorliegt, der Rechte des
Mieters auf Mietminderung, fristlose Kündigung, Män-
gelbeseitigungs- oder Zurückbehaltungsrechte ohne
Verschulden des Vermieters auslöst, sowie die weitere
Frage, ob ein Verschulden des Vermieters vorliegt, das
darüber hinaus Schadensersatzansprüche des Mieters
eröffnet, oder ob der Vermieter für Anfangsmängel oh-
ne Verschulden haftet, hat mehrstufig zu erfolgen. 10
Zunächst ist zu untersuchen, ob ein Mangel vorliegt.
Danach ist zu klären, ob ein Verschulden des Vermie-
ters angenommen werden muss, weil der Mangeleintritt
vorhersehbar und mit zumutbarem Aufwand vermeidbar
war, oder ob ein Anfangsmangel i.S. des § 536a Abs.1
BGB vorliegt, für den der Vermieter ohne Verschulden
aus Garantiehaftung haftet. Schließlich ist zu prüfen, ob
der Mieter den Mangel kannte oder der mögliche Man-
geleintritt für den Mieter erkennbar war, so dass Rechte
des Mieters nach § 536b BGB entfallen. 11
Dieser Prüfungsablauf zeigt bei Umweltmängeln die
Besonderheit, dass der unmittelbare Einfluss dieser
Sachlage auf die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts
erst einmal festgestellt werden muss, während er z. B.
im Falle eines Heizungsausfalls bei tiefen Außentempe-
raturen oder einer Flächenabweichung über 10% indi-
ziert ist, ohne dass den Mieter eine besondere Darle-
gungslast hinsichtlich der Gebrauchsbeeinträchtigung
träfe. 12 Wie eingangs dargelegt setzt die Rechtspre-
chung bei der Feststellung eines Mangels voraus, dass
die Einflüsse von außen unmittelbare Einwirkungen auf
die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache haben und
nicht lediglich mittelbare oder entfernte Einflüsse dar-
stellen 13 . Die Abgrenzung zwischen einem vom Ver-
mieter zu tragenden Risiko aus dem Bereich der Um-
weltmängel einer Mietsache und den vom Mieter zu tra-
genden allgemeinen Lebens- und Verwendungsrisiko,
zu dem auch das wirtschaftliche Risiko des Geschäfts
gehört, bereitet große Schwierigkeiten. 14
Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: auch wenn es bei der
Sachmängelgewährleistungshaftung auf Verschuldens-
gesichtspunkte beim Vermieter von einzelnen Ausnah-

9
   Hinweisend, Fritz, Umwelt- und Umfeldmängel im Ge-
     werberaummietrecht, NZM 2008, S. 825 ff, 825.
10
   Hinweisend Fritz, NZM 2008, S. 825 ff, 826.
11
   So Fritz, a.a.O.
12
   Hinweisend Fritz, NZM 2008, S. 825 ff, 826.
13
    BGH NJW 1981, 2405 und NJW 2000, 1714, 1715;
     Emmerich in Staudinger § 536 BGB Rn 7 m.w.N.
14
   Hinweisend Fritz, NZM 2008, S. 825 ff, 826.
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men abgesehen 15 nicht ankommt, neigt die Rechtspre-
chung dazu, eine Einschränkung der Gewährleistungs-
pflicht vorzunehmen, wenn der Vermieter die Umstän-
de, die zur Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit
führen, nicht beherrschen kann. Beispiele sind: Verstel-
len des Blicks auf Schaufenster durch parkende Fahr-
zeuge 16 , Verstopfung einer Abwasserleitung Infolge
vertragswidriger Einleitung ungeeigneter Stoffe durch
andere Mieter. 17 Inwieweit jedoch Beeinträchtigungen
durch nicht beherrschbare Umstände die Annahme eines
Mangels ausschließen, ist umstritten. Die Grenzziehung
ist im Einzelfall schwierig. 18

II. Einzelbeispiele zu Umweltmängeln
1. Altlasten
Im mietrechtlichen Sinne 19 werden unter Altlasten zu-
meist Kontaminierungen verstanden, die nach gesetzli-
chen Vorschriften zu beseitigen sind (z.B.: BBodSchG
oder landeseigene Abfallbeseitigungsgesetze), Es han-

15
   Z. B. § 536 a Abs. 1, 2. und 3. Alt, Abs. 2 Nr. 1BGB
16
   OLG Düsseldorf Urteil vom 13.12.1990 –10 U 84/90 –
    MDR 1991, 446
17
   s. die Hinweise bei Blank/Börstinghaus, § 536 BGB
    Rn. 7
18
   Vgl. etwa AG Kiel, Urteil vom 28.3.1980 – 14 C
    577/78, WuM 1980, S. 235, das einen Mangel an-
    nahm, als Wasser infolge einer Naturkatastrophe
    (Schneesturm) durch die Decke tropfte - 30 %
19
    Das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG)
definiert „Altlasten“ als belastete Grundstücke
(hinweisend: Fritz, NZM 2008, 825, 826) - § 2 Abs.
5 BBodSchG: Altlasten im Sinne dieses Gesetzes
sind

1. stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie
sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behan-
delt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altab-
lagerungen), und

2. Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige
Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden
Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen
Anlagen, deren Stilllegung einer Genehmigung
nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte), durch
die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige
Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit
hervorgerufen werden.

§ 2 Abs. 6: Altlastverdächtige Flächen im Sinne
dieses Gesetzes sind Altablagerungen und Alt-
standorte, bei denen der Verdacht schädlicher Bo-
denveränderungen oder sonstiger Gefahren für
den einzelnen oder die Allgemeinheit besteht.
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delt sich also zumeist um giftige Chemikalien 20 (z.B.
Quecksilber) oder Abfallstoffe, wie Klärschlamm im
Untergrund der Umgebung des Mietobjekts, die Ursa-
che für eine Gesundheitsgefährdung von Mensch oder
Tier sein können. Die Ursachen dieser Gefahren liegen
typischerweise in der Historie des Grundstücks und sei-
ner früheren Nutzung begründet. Verursacher sind be-
grifflich demnach weder der aktuelle Vermieter noch
der aktuelle Mieter oder Nutzer des Objekts. 21
Gehen von den kontaminierten Grundstücken konkret
festgestellte Gesundheitsgefahren für die Mieter oder
Nutzer des Grundstücks aus, erfolgt die Behandlung des
Problems nach der vorgestellten Prüfungsroutine.
Das besondere (psychologische) Problem bei Altlasten
liegt jedoch in der Tatsache, dass die Gefahren, die von
diesen Altlasten ausgehen, erst einmal im Boden, also
im Verborgenen lauern, und nicht so leicht quantifizier-
bar und messbar sind, wie beispielsweise Lärm aus der
Nachbarschaft. Rechtsprechung und Literatur befassen
sich daher mit der Frage, ob bereits die drohende Gefahr
für Menschen einen Mangel darstellt, wenn die frühere
Nutzung des Geländes die Vermutung einer Bodenbe-
einträchtigung nahe legt und sich eine Gesundheitsge-
fährdung kurzfristig und ohne aufwändige Bodenunter-
suchengen weder nachweisen noch ausschließen lässt. 22
Mangellagen werden schon dann angenommen, wenn
der Mieter die Mieträume nur in der Befürchtung der
Gefahrverwirklichung benutzen kann 23 . Schon ein Alt-
lastenverdacht und eine latente Gefahr beeinträchtigen
den Mietgebrauch. Es muss sich aber um eine begründe-
te Gefahrbesorgnis handeln, die sich beispielsweise aus
der früheren Nutzung des Grundstücks oder anderer
konkreter Verdachtsmomente ergeben muss, und nicht
nur um eine haltlose, hysterische Befürchtung 24 . Eine
Gesundheitsgefährdung muss nicht mit Sicherheit fest-
stehen, es genügt, dass sie nicht ausgeschlossen werden
kann 25 . Ein Schadenseintritt oder ein tatsächlich erwie-
sener Mangel sind bei dieser Fallgruppe also nicht vor-
ausgesetzt.
Fritz 26 plädiert dafür, die Aufklärungspflicht, die der
Verkäufer eines kontaminierten Grundstückes oder ei-

20
   OLG Hamm, Beschluss vom 25.03.1987 - 30 REMiet
    1/86 DWW 1987, S. 226 – Bloßer Verdacht auf Ver-
    seuchung des Bodens mit giftigen Chemikalien
21
   hinweisend: Fritz, NZM 2008, 825, 826
22
   hinweisend: Fritz, NZM 2008, 825, 826
23
    BGH NJW 1972, 944,                  945;    Staudin-
ger/Emmerich § 536 BGB Rn. 8
24
  OLG Hamm, Rechtsentscheid vom 25. 3. 1987
WuM 1987, 248; OLG München, Urteil vom,
21.04.1994 NJW 1995, 2566 – für Grundstücks-
kauf
25
   LG Mannheim, Urteil vom 20.03.1996 NJW-RR
1996, 776 = WuM 1996, 338; s. dazu auch Fritz,
Gewerberaummietrecht, 4.Aufl. 2005, Rn. 269
Stichworte: Asbestverdacht und Gefahrstoffe.
26
     hinweisend: Fritz, NZM 2008, 825, 826
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nes Grundstücks mit einem konkreten Altlastenverdacht
gegenüber dem Käufer hat 27 . auch auf den Vermieter
bei der Vermietung eines solchen Grundstückes zu
übertragen, wenn entweder eine Gesundheitsgefahr für
den Mieter oder die konkrete Gefahr besteht, dass der
Mieter von der zuständigen Behörde als Zustandsstörer
auf Beseitigung von Bodenkontaminationen in An-
spruch genommen wird 28 .

2. Umweltgifte
Die Rechtsprechung zu Umweltgiften wie Asbest in
Nachtspeicherheizungen oder giftige Holzschutzmittel
zeigt sich bis in die 1990er Jahre massiv. Entsprechend
häufiger wurde aus diesem Grund um Gewährleistungs-
rechte der Mieter gerungen 29 . Regelmäßig stellt sich

27
   BGH, Urteil vom 20.10.2000 ZMR 2001, 1999 =
MDR 2001, 149, Urteil vom 11.05.2001 NZM 2001,
1002 = MDR 2001, 982 – Arglistvorwurf bei Erinne-
rungslücke des Verkäufers – und Urteil vom
03.03.1995 NJW 1995, 1549; OLG Düsseldorf, Ur-
teil vom 21.08.1996 NJW 1996, 3284; OLG Hamm
, Urteil vom 16.06.1997 DWW 1997, 383
28
    BVerwG, Beschluss vom 14. 11. 1996 NJW 1997,
   2192
29
   Vgl. z.B. die umfangreichen Nachweise bei Ei-
   senschmid,in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl.
   2011, § 536 BGB Rn. 153 – 181; Krämer in:
   Bub/Treier, Handbuch der Wohn- und Geschäfts-
   raummiete, 3. Aufl. München 1999, Rn. III.1333a und
   im einzelnen:
Asbest
LG Dortmund, WM 1996, S. 141 und LG Berlin, WM
   1996, S. 71 (Asbest aus Nachtspeicheröfen;
Formaldehyd
AG Köln, WM 1987, S. 120 und AG Bad Säckingen, WM
   1996, S. 140 (Formaldehyd), ); AG Köln, Urteil vom
   30.9.1986 – 217 C 346/86, WuM 1987, S. 120, VuR
   1987, S. 40, NJW-RR 1987, S. 972 - Überhöhte
   Formaldehyd-Belastung im Schlaf- und Kinderzim-
   mer - 56 %; AG Mettmann, Urteil vom 13.2.1990 – 21
   C 202/88, VuR 1990, S. 208 - Die Mieterwohnung ist
   mit Formaldehyd so stark belastet, dass die Belas-
   tung über dem zulässigen Grenzwert liegt - 50 %;
Heizölgeruch
AG Augsburg, Urteil vom 12.10.2001 – 73 C 2442/01,
   WuM 2002, 605 - Störender Heizölgeruch in den
   Wohn- und Arbeitsräumen des gemieteten Einfamili-
   enhauses - 15 %
Pentachlorphenol - PCP
AG Rheinbach, Urteil vom 11.1.1989 – 3 C 454/88, VuR
   1990, S. 212) - Die Holzdecke in der Mieterwohnung
   wurde mit dem Holzschutzmittel PCP und Lindan
   behandelt. In der Luft entwickeln sich giftige Dämpfe.
   Die Konzentration in der Raumluft wirkt gesundheits-
   schädlich - 30 %; BayObLG, WM 1999, S. 568 =
   Grundeigentum Berlin, S. 1124; LG Traunstein NJW-
   RR 1994, S. 1423; BverfG, WM 1998, S. 657; Bay-
   ObLG, NZM 1999, S. 899 = ZMR 1999, S. 751 -
   Luftbelastung durch PCP - 35 bis 60 %;
Perchlorethylen (PER)
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dabei die Frage, welche Tatsachen der Mieter darlegen
und ggf. beweisen muss, damit unter dem Gesichtspunkt
der Gesundheitsgefährdung ein Mangel anzunehmen ist.
Dieselbe Frage stellt sich auch bei einer Raumluftbelas-
tung durch Pilzsporen, wenn sich in der Wohnung
Schimmel gebildet hat. 30
Umstritten ist dabei die Frage, ob der Mieter eine kon-
krete Gesundheitsgefährdung durch den Aufenthalt in
der Wohnung darlegen und beweisen muss oder ob ge-
nau wie beim Altlastenverdacht schon eine „Gefahrbe-
sorgnis“ ausreicht, also Umstände, aus denen sich die
ernsthafte Möglichkeit einer Gesundheitsgefahr ergibt 31 .
Verlangt man den Nachweis einer konkreten Gefahr 32 ,
sind im Prozess Gutachten über die zu erwartenden
Auswirkungen eines bestimmten Stoffs in der festzustel-
lenden Konzentration einzuholen. Bei den vielfach um-

LG Hannover, ZMR 1990, S. 302, WuM 1990, S. 337,
    NJW-RR 1990, S. 972 - Chemische Reinigung im
    Haus unter der Wohnung, Perchlorethylen wird ver-
    wendet und dringt ins Mauerwerk ein: 50 %; LG
    Hannover, WM 1990, S. 337 (Perchloräthylen wegen
    einer im Haus gelegenen Reinigung - Überschreitung
    von Grenzwerten) - ab 25 bis über 90 %; LG Ham-
    burg, Urteil vom 2.6.1989 – 11 S 479/88, WuM 1989,
    S. 368 - Eine Perchlorethylenkonzentration aus einer
    chemischen Reinigung, deren Langzeitwert unter 0,1
    mg pro Kubikmeter Raumluft liegt und deren Kurz-
    zeitwert nach 24 Stunden ohne Lüften 0,2 mg nicht
    überschreitet, begründet keine ernstzunehmende
    Besorgnis über die Schadensträchtigkeit der Raum-
    luft in der Wohnung und berechtigt nicht zur Miet-
    minderung;
Polychlorierte Biphenyle (PCB)
LG Traunstein, Urteil vom 4.8.1994 – 1 S 2198/94, NJW-
    RR 1994, S. 1423 - Die Belastung vermieteter Wohn-
    räume mit PCB aus dem Anstrich von Holzschutzmit-
    teln stellt keinen Fehler dar, der zur Minderung be-
    rechtigt, wenn die Schadstoffkonzentration unter den
    Werten liegt, die im Zeitpunkt des Abschlusses des
    Mietvertrages vom Bundesgesundheitsamt empfoh-
    len waren.
30
    Dazu LG Kaiserslautern, Urteil vom, Urteil vom
    02.11.2005 - 1 S 67/05 , - das LG Kaiserslautern hat-
    te in der Berufungsinstanz einen Fall zu entscheiden,
    in dem die Mieterin Raumluftbelastungen sowohl
    durch Pilzsporen als auch durch giftige Holzschutz-
    mittel behauptete und daraus Schadensersatzan-
    sprüche ableitete.
31
    Eine konkrete Gefahr verlangen z.B. AG Münsingen,
    Urteil vom 07.02.1996 - 2 C 429/94 - WM 1996, 336;
    AG Rheinberg, Urteil vom 25.05.1994 - 12 C 618/93
    - WM 1996, 142; die h.M. lässt eine Gefahrbesorgnis
    ausreichen: OLG Hamm, Beschl. v. 25.03.1987 - 30
    REMiet 1/86 - NJW-RR 1987, 968; LG Hamburg, Ur-
    teil vom 05.02.1991 - 16 S 33/88 - NJW 1991, 1898;
    LG Hannover, Urteil vom 25.04.1990 - 11 S 358/89 -
    NJW-RR 1990, 972, 973; LG Dortmund, Urteil vom
    16.02.1994 - 11 S 197/93 - WM 1996, 141; LG Köln,
    Urteil vom 10.01.1991 - 6 S 143/90 - ZMR 1991,
    223,        224;     Emmerich        in:     Staudin-
    ger/Emmerich/Rolf/Weitemeyer, Mietrecht I, Bearbei-
    tung 2003, § 536 Rn. 8
32
   So auch LG Kaiserslautern, Urteil vom 02.11.2005 - 1
    S 67/
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strittenen Wirkungen bestimmter Chemikalien hängt der
Ausgang des Prozesses dann von der Person des Gut-
achters ab. Bei nicht abschließend geklärten Wirkungen
unterliegt der Mieter. Lässt man eine „berechtigte Ge-
fahrbesorgnis“ genügen, reicht in der Regel die Über-
schreitung von Grenzwerten aus, die sich etwa in Richt-
linien des BGVV (Bundesamt für Gesundheit, Verbrau-
cherschutz und Veterinärmedizin, früher Bundesge-
sundheitsamt) finden lassen. Einen darüber hinaus ge-
henden Nachweis braucht der Mieter dann nicht zu füh-
ren 33 .
Ähnlich ist die Problematik bei einer Belastung durch
Schimmelpilzsporen. Auch hier soll es zur Bejahung
einer Gesundheitsgefahr schon ausreichen, dass jeden-
falls ein erheblicher Schimmelpilzbefall generell geeig-
net sei, Allergien und Asthma hervorzurufen 34 . Der
Mieter muss dann nicht beweisen, dass die in seiner
Wohnung vorhandenen Pilzsporen gerade zu den ge-
fährlichen gehören.

3. Allergene Stoffe
Einigkeit besteht darin, dass eine individuelle Dispositi-
on, wie eine Allergie gegen sonst unbedenkliche Mate-
rialien, nicht zur Mangelhaftigkeit einer Wohnung
führt 35 . Die Rechtsprechung stellt gewachsene Über-
empfindlichkeiten als Auslöser für Mietminderungen
noch in Abrede. Sie begründen keinen Sachmangel der
Mieträume 36 . Das gilt neben Überempfindlichkeiten ge-
gen Lärm 37 auch für Tierallergiker. Deswegen begrün-
det die Katzenhaltung durch Mitmieter anders als Un-
sauberkeiten im Haus oder auf dem Grundstück infolge
der Katzenhaltung keinen Mangel der von einem Kat-
zenallergiker angemieteten Wohnung. 38 Das Problem
liegt hier eben nicht in Umwelteinflüssen, die auf die
Mietsache einwirken, sondern in subjektiven Befind-
lichkeiten der Bewohner.

33
    So: LG München I, Urteil vom 26.09.1990 - 31 S
     20071/89 - NJW-RR 1991, 975; OLG Köln, Urteil
     vom 30.04.1991 - 22 U 277/90 - NJW 1992, 51; LG
     Hamburg, Urteil vom 05.02.1991 - 16 S 33/88 - NJW
     1991, 1998), LG Hannover, WM 1990, S. 337
     (Perchloräthylen wegen einer im Haus gelegenen
     Reinigung); AG Mettmann, Urteil vom 13.2.1990 – 21
     C 202/88, VuR 1990, S. 208
34
   (Zu § 569 Abs. 1 Satz 1 BGB: LG Duisburg, Urteil vom
     23.01.2001 - 13/23 S 359/00 - NZM 2002, 214; LG
     München I, Urteil vom 26.09.1990 - 31 S 20071/89 -
     NJW-RR 1991, 975, 976
35
    Vgl. Krämer in: Bub/Treier, Mietrecht, 3. Aufl. 1999,
     Rn. III 1333a a.E.; AG München, Urteil vom
     17.12.1984 - 20 C 5090/83
36
    Vgl. Krämer in: Bub/Treier, Mietrecht, 3. Aufl. 1999,
     Rn. III 1333a a.E.; AG München, Urteil vom
     17.12.1984 - 20 C 5090/83
37
    AG Charlottenburg, Urteil vom 25.11.2004 – 211 C
     476/02, GE 2005, S. 1199
38
   AG Bad Arolsen, Urteil vom 08.03.2007 – 2 C 18/07,
     NZM 2008, S. 83
Umweltmängel und Umfeldmängel im Mietrecht homepage.doc     9/38

4. Baulärm und Straßenlärm
a) Baulärm aus der Nachbarschaft
Bauarbeiten in der Nachbarschaft beeinträchtigen die
Lebensqualität der Anwohner sowie das Umfeld für die
Ausübung eines Gewerbes. Hier drohen Umsatzeinbu-
ßen infolge verminderter Kundenströme. Diese Nachtei-
le betreffen Eigentümer und Mieter von Gebäuden glei-
chermaßen. Dem Eigentümer eines von ihm selbst ge-
nutzten Grundstücks können Schadensersatz- und Aus-
gleichsansprüche gegen den Bauherrn zustehen. Ist das
Grundstück vermietet, so gibt § 536 BGB bei der Beein-
trächtigung der Nutzung des Mietobjekts durch Bau-
lärm, Staub und Schmutzentwicklungen ein Mietminde-
rungsrecht. Denn Baulärm und sonstige durch den Be-
trieb einer Baustelle anfallende Immissionen wie Staub,
Dreck sowie die (teilweise) Sperrung von Straßen und
Zugängen zu den Mietobjekten stellen als Umweltfehler
einen Mangel der Mietsache dar. 39 Denn das Minde-
rungsrecht des Mieters als Teil der mietrechtlichen
Sachmängelgewährleistung trägt für den Vermieter den
Charakter einer Garantiehaftung. Deshalb kommt es
nicht darauf an, ob der Vermieter als Voraussetzung ei-
nes Minderungsrechts die Beeinträchtigungen verhin-
dern kann oder selbst dulden muss. Ebenso ist es ohne
Belang, ob der Vermieter als Grundstücksnachbar die
Beeinträchtigungen selbst zu dulden hat oder gegen den
störenden Bauherrn Schadensersatz- und Ausgleichsan-
sprüche erfolgreich geltend machen kann. 40 Ursächlich

39
     BayObLG, Rechtsentscheid vom 04.02.1987 – RE-
     Miet 2/86, NJW 1987, S. 1950; OLG München, Urteil
     vom 26.03.1993 – 21 U 6002/02, NJW-RR 1994, S.
     654 f; AG Frankfurt/Main, Urteil vom 23.09.2004 –
     33 C 1747/04-26, NZM 2005, S. 217; AG Freiburg,
     Urteil vom 11.06.1999 – 51 C 4925/98, GuT 2002,
     S. 18 (mit vollständigem Entscheidungsabdruck in:
     www.GuT.prewest.de/GuT226); LG Göttingen, Urteil
     vom 15.01.1986 – 5 S 60/85, NJW 1986, S. 1112;
     LG Hamburg, Urteil vom 16.06.2004 – 311 O
     291/03, NZM 2004, S. 948; OLG Hamburg, Urteil
     vom 02.04.2003 – 4 U 57/01, GuT 2004, S. 168; LG
     Hamburg, Urteil vom 03.12.1998 – 327 S 97/98,
     NZM 1999, S. 169; AG Hamburg, Urteil vom
     11.11.2004 – 49 C 172/04, NZM 2005, S. 222; AG
     Ahrensburg, Urteil vom 04.08.2004 – 48 C 908/03,
     ZMR 2005, S. 197; AG Kerpen, Urteil vom
     10.01.1997 – 21 C 414/96, in: Lützenkirchen, Kölner
     Mietrecht, Nr. 35, Entscheidung Nr. 29, S. 37 f;
     Kraemer, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts-
     und Wohnraummiete, 3. Auflage 1999, Teil III B Rn.
     1341; siehe weitere Nachweise der Instanzrecht-
     sprechung für Baulärm, Baumaßnahmen, gelagertes
     Baumaterial, sowie für Bauarbeiten innerhalb des
     Hauses bei: Horst, Mietminderung, 2. Auflage 2004,
     S. 33 ff
40
     BayObLG, Rechtsentscheid vom 04.02.1987 – RE-
     Miet 2/86, NJW 1987, S. 1950 (1951 f); LG Ham-
     burg, Urteil vom 03.12.1998 – 327 S 97/98, NZM
     1999, S. 169 (169); LG Göttingen, Urteil vom
     15.01.1986 – 5 S 60/85, NJW 1986, S. 1112 (1113
     f); AG Kerpen, Urteil vom 10.01.1997 – 21 C 414/96,
     in: Lützenkirchen, Kölner Mietrecht, Nr. 35, Ent-
     scheidung Nr. 29, S. 37 (37-38); Blank/Börstinghaus,
     Miete, 2. Auflage 2004, § 536 BGB Rn. 142; Sche-
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hierfür ist die Unabhängigkeit und Selbständigkeit des
Mietminderungsrechts in § 536 BGB einerseits und ein
zu prüfender nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in
§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB andererseits. Beide Rechte sind
im Entstehungstatbestand sowie in der Bewertung von-
einander unabhängig. Durch § 906 BGB wird lediglich
die Duldungspflicht unter benachbarten Grundstücksei-
gentümern, nicht aber die Frage geregelt, ob und in
wieweit ein Mieter berechtigt ist, die Miete wegen et-
waiger, vom Vermieter etwa nach § 906 BGB zu dul-
dender, den Gebrauch der Mietsache aber beeinträchti-
gender Immissionen zu mindern. Versuche in der älte-
ren Rechtsprechung und Literatur, über den Grundsatz
von Treu und Glauben (§ 242 BGB) wegen der ansons-
ten entstehenden Konfliktsituation beim Vermieter Ab-
hängigkeiten des nachbarrechtlichen Ausgleichsan-
spruchs zum Minderungsrecht des Mieters zu konstruie-
ren, sind mittlerweile aufgegeben. 41
Der Vermieter erleidet in diesem Fall infolge der ge-
minderten Miete einen Vermögensschaden. Daraus er-
wächst die Frage, ob und unter welchen Voraussetzun-
gen er seinen Mietausfall bei dem störenden Bauherrn
liquidieren kann. 42 Dem Vermieter steht nur dann ein
Schadensersatzanspruch gegen den bauenden Nachbarn
aus §§ 903, 862 BGB, §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 BGB,
§§ 823 Abs. 2, 906 Abs. 1 BGB, § 14 S. 2 BImSchG,
eventuell auch aus der positiven Forderungsverletzung
des gesetzlichen Nachbarschaftsverhältnisses (§§ 903
bis 924 BGB) gemäß §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 S. 1,
282, 241 Abs. 2 BGB zu, wenn dieser bei den Bauarbei-
ten die Grenzwerte der öffentlich-rechtlichen Vorschrif-
ten, wie die Regeln des Bundesimmissionsschutzgeset-
zes mit seinen zahlreichen Verordnungen, der Lande-
sImSchG oder der Lärmschutzverordnungen überschrit-

     linski, NZM 2005, S. 211 (212); Elshorst, NJW 2001,
     S. 3222 (3224-3225); Schmidt, NJW 1991, S. 153
     (154)
41
     Vgl. dazu LG Wiesbaden, ZMR 1958, S. 15; AG
     Frankfurt/Main, ZMR 1961, S. 82; AG Essen, ZMR
     1961, S. 260; LG Hannover, ZMR 1969, S. 281; AG
     Hamburg, ZMR 1982, S. 279; Soergel-Siebert, BGB-
     Kommentar, 11. Auflage 1980, §§ 535, 536 BGB,
     Rn. 215; Palandt-Putzo, Kurzkommentar zum BGB,
     46. Auflage 1987, § 537 BGB Anm. 2 d, ab der 47.
     Auflage (a.a.O.) unter Bezug auf den Rechtsent-
     scheid des BayObLG, NJW 1987, S. 1950 aufgege-
     ben; Staudinger-Emmerich, BGB-Kommentar, 12.
     Auflage 1978, § 537 BGB, Rn. 27 f
42
     Dazu eingehend: Schelinski, Ausgleichsansprüche
     des Vermieters gegen den störenden Bauherrn nach
     § 906 BGB, NZM 2005, S. 211 ff; Elshorst, Ersatzan-
     sprüche benachbarter Grundstücksbesitzer gegen
     Bauherrn bei Beeinträchtigungen durch Baumaß-
     nahmen, NJW 2001, S. 3222 ff; Schmidt, Der Rück-
     griff des Vermieters gegen den bauenden Nachbarn
     wegen berechtigter Mietzinsminderung des Mieters,
     NJW 1991, S. 153 ff; auch Börstinghaus, Verwahrlo-
     sung, Lärm und Nachbarstreit im Wohnraummiet-
     recht, NZM 2004, S. 48 ff; Woitkewitsch, Der Haf-
     tungsausschluss für durch Dritte bewirkte Mietmän-
     gel – ein Fall der Drittschadensliquidation?, ZMR
     2004, S. 401 ff
Umweltmängel und Umfeldmängel im Mietrecht homepage.doc       11/38

ten 43 oder rechtswidrig, also ohne Baugenehmigung
oder eine erteilte Baugenehmigung überschreitend, ge-
baut hat.
Der nachbarrechtliche Entschädigungsanspruch aus §
906 Abs. 2 S. 2 BGB besteht zwar auch verschuldensu-
nabhängig, setzt aber voraus, dass der Nachbar durch
ortsübliche Benutzung seines Grundstücks das eigene
Grundstück des Anspruchstellers oder dessen Ertrag
über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt. Auf ein
Verschulden an der Beeinträchtigung kommt es dabei
alsonicht an. 44 Die Miete ist als Ertrag aus dem Grund-
stück anzusehen. 45 Die erlittene Mietminderung wirft
im Rahmen von § 906 Abs. 2 S. 2 BGB die Frage nach
ihrer Zumutbarkeit auf. Denn wenn die Beeinträchti-
gung nicht das zumutbare Maß übersteigt, besteht nach
der genannten Vorschrift kein Ausgleichsanspruch.
Um die Frage nach dem Rechtsgrund eines nachbarli-
chen Ausgleichsanspruchs und auch um dessen Höhe
beantworten zu können, sind deshalb Zumutbarkeitskri-
terien zu entwickeln, jenseits derer ein Anspruch des
Vermieters ausgelöst wird. Dabei soll die Höhe der er-
littenen Mietminderung als Ansatz ausscheiden, da zwi-
schen der Höhe des Mietminderungsbetrags und der
Höhe des Ausgleichsanspruchs des Vermieters gegen
den Bauherrn kein Zusammenhang besteht. 46 Aufgrund
der rechtsdogmatischen Unabhängigkeit von Minde-
rungsrecht und nachbarrechtlichem Ausgleichsanspruch
ist dieser Ansicht beizupflichten.
Das LG Hamburg 47 stellt – anstatt auf die Höhe der er-
littenen Mietminderung – auf die Frage ab, ob unter ein-
schließender Betrachtung der Mietminderung das
Grundstück noch wirtschaftlich betrieben werden kann.
Dabei geht das erkennende Gericht auf der Grundlage
von § 287 ZPO von einer – gerichtsbekannten – Rendi-
tesituation innerhalb der Immobilienbewirtschaftung
von 6 Prozent aus. Daraus zieht das LG Hamburg den
Schluss, dass Mietminderungsbeträge höher als 6 Pro-
zent im Rahmen der Betrachtung eines nachbarrechtli-
chen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB

43
  Siehe dazu die Auflistung bei Palandt/ Bassenge
§ 906 BGB Rn. 2; LG Hamburg, Urteil vom 3. 12.
1998 NZM 1999, 169 = NJW-RR 1999, 378.
44
     Zum nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch ausführ-
      lich: Horst, Rechthandbuch Nachbarrecht, Rnrn. 379
      ff, S. 116 ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur
      Rechtsprechung
45
     BayObLG, Rechtsentscheid v. 04.02.1987 – RE-Miet
      2/86, NJW 1987, S. 1950 (1952)
46
      So die herrschende Meinung: Blank/Börstinghaus,
      Miete, 2. Auflage 2004, § 536 BGB Rn. 142; Ei-
      senschmid, in: Schmidt-Futterer, Kommentar zum
      Mietrecht, 8. Auflage 2003, § 536 BGB Rn. 10; Els-
      horst, NJW 2001, S. 3222 (3224); Schelinski, NZM
      2005, S. 211 (212); Schmidt, NJW 1991, S. 153
      (154); BayObLG, NJW 1987, S. 1950 (1951); NJW-
      RR 1994, S. 634; LG Kassel, NJW-RR 1989, S.
      1292; LG Köln, WuM 1990, S. 385; LG Siegen, WuM
      1990, S. 17
47
     LG Hamburg, Urteil vom 03.12.1998 – 327 S 97/98,
      NZM 1999, S. 169 (169)
Umweltmängel und Umfeldmängel im Mietrecht homepage.doc    12/38

den Vermieter unzumutbar und damit beim störenden
Bauherrn liquidierbar sind. Im Umkehrschluss bedeutet
dies die Auffassung des LG Hamburg, dass die ange-
nommene Rendite aus der Vermietung in Höhe von 6
Prozent bis zum Stand 0 durch vom Vermieter nicht
vertretbare störende Einflüsse von außen entschädi-
gungslos aufgesogen werden dürfen. Kurz: Das Gericht
betrachtet eine nur kostendeckende Immobilienbewirt-
schaftung mit dem kompletten Verlust eines Ertrags
noch als zumutbar und sieht jenseits dieser Grenze nur
Verluste, die als Gesamtergebnis der Immobilienbewirt-
schaftung unabhängig von der Höhe einzelner Mietmin-
derungen verbleiben.
Wiederum einen anderen Ansatz vertritt der Bundesge-
richtshof zu Inhalt und Umfang des Ausgleichsan-
spruchs. Der stellt auf eine angemessene Geldentschä-
digung ab, die nach den Grundsätzen der Enteignungs-
entschädigung zu bemessen ist. 48 Obgleich der BGH
den Unterschied zur Naturalrestitution im Rahmen des
Schadensersatzes aus § 249 Abs. 1 BGB betont, bekräf-
tigt er, dass sich der Ausgleichsanspruch auf die Besei-
tigung der durch die Störung eingetretenen Vermögens-
einbußen beschränkt. Insoweit sieht er auch – im Ge-
gensatz zum LG Hamburg – einen Ertragsverlust als
entschädigungspflichtig an. Dann aber kann ein in unge-
schmälerten Mieteinkünften wurzelnder Ertrag aus einer
Immobilienbewirtschaftung nicht pauschal im Rahmen
des nachbarlichen Ausgleichsanspruchs verweigert wer-
den. Vielmehr ist es dann Aufgabe des vermietenden
Eigentümers, in einer konkreten Wirtschaftlichkeitsbe-
rechnung die Ertragssituation seines Mietgrundstücks
und damit auch seine Rendite vor den störenden nach-
barlichen Baumaßnahmen unter Berücksichtigung einer
ungekürzt erhaltenen Miete vorzutragen und unter Be-
weis zu stellen. Gelingt ihm dieser Beweis, dann ist ihm
auch im Rahmen des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB der durch
Mietminderung eingetretene Wegfall seiner Grund-
stücksrendite zu entschädigen. 49

b) Bekanntheit oder Vorhersehbarkeit des zukünfti-
     gen Baulärms
Gegen den Vorwurf eines Sachmangels kann sich der
Vermieter damit verteidigen, dass der Mieter die Miet-
sache schon in Kenntnis des gerügten Mangels ange-
mietet habe. Dem wird der Fall gleichgestellt, in dem
der Mangel vorhersehbar war. Davon ist auszugehen,
wenn der Mieter die Tatsachen kennt, die zur Beein-

48
     BGH, Urteil vom 23.02.2001 – V ZR 389/99, NJW
        2001, S. 1865 ff
49
     Daneben betont der BGH im Falle einer gewerbsmä-
      ßigen Nutzung des gestörten Grundstücks die Ent-
      schädigungspflicht von Aufwendungen im Rahmen
      von § 906 Abs. 2 S. 2 BGB, die sonst erforderlich
      waren, um eine ungestörte Fortsetzung des Gewer-
      bebetriebes wieder zu gewährleisten (BGH, Urteil
      vom 23.02.2001 – V ZR 389/99, NJW 2001, S. 1865
      ff unter III. 5. c) der Entscheidungsgründe); Auch
      dieser Anspruchsinhalt des Gewerbemieters kann im
      Rahmen der Analyse des Vermieterregresses aus
      den Betrachtungen ausscheiden.
Umweltmängel und Umfeldmängel im Mietrecht homepage.doc       13/38

trächtigung des Mietgebrauchs führen können. 50 Diese
Strategie wird praktisch, wenn die Mieträume neben ei-
ner Großbaustelle 51 oder neben einer Bauruine 52 oder
schließlich in einem Gebiet mit älterem Baubestand 53
liegen. In all diesen Fällen wird eine Vorhersehbarkeit
des Mangels unterstellt (§ 536b BGB).Liegt das Mietob-
jekt zum Beispiel in einem Gebiet mit älteren Anwesen,
muss der Mieter im Hinblick auf die ältere Bausubstanz
jederzeit mit Lärmstörungen aufgrund von baulichen
Veränderungen und Reparaturen rechnen. Der Mieter
kann also keine Rechte geltend machen, wenn er auf-
grund von Umständen, die bei Vertragsschluss erkenn-
bar waren, mit dem Eintritt einer konkreten Störung
rechnen musste. Eine Fehleinschätzung der vor Anmie-
tung in ihrem Ausmaß erkennbaren Baumaßnahmen
wird für unerheblich gehalten 54 . Es ist also nicht erfor-
derlich, dass das Mietobjekt bei Anmietung in einem
Sanierungsgebiet liegt oder dass sich eine Baulücke
oder einer Bauruine in der Nachbarschaft befunden
hat. 55
In diesen Fällen verliert der Mieter sein Minderungs-
recht (§ 536b BGB). Ist dem Mieter der Mangel in Fol-
ge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen
ihm die mietrechtlichen Gewährleistungsrechte nur zu,
wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen
hat (§ 536b S. 2 BGB).
Die Kenntnis des Mieters muss sich auf konkrete Män-
gel sowie auf deren Auswirkungen auf die Gebrauchs-
tauglichkeit der Sache beziehen. Die Rechtsprechung
stellt an die Erkennbarkeit eines Mangels sehr hohe An-
forderungen. Für den Mieter müsse zumindest in etwa
Art und Umfang der Beeinträchtigung abschätzbar sein.
Dazu gehöre auch eine Zeitvorstellung, wann der Lärm
beginne und wie lange und mit welcher Intensität er
voraussichtlich dauern werde. Fritz 56 weist daraufhin,
im Altbaugebiet könne die Sanierung des Hauses in
der Nachbarschaft unmittelbar nach Beginn des Miet-
verhältnisses liegen, sie könne aber auch fünf Jahre auf
sich warten lassen oder während der Mietzeit überhaupt
nicht in Angriff genommen werden. Das LG Mannheim
stellt daher nicht nur auf die generellen Erkenntnisse zur
Vorhersehbarkeit einer kommenden Großbaustelle ab,

50
     LG Berlin, Urteil vom 26.8.2006 – 62 S 73/06, GE
      2006, S. 12.95; OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.3.2006
      – I-24 U 112/05, ZMR 2006, S. 518; AG Münster, Ur-
      teil vom 17.5.2007 – 453 C 37357/06, NZM 2008, S.
      320
51
     LG Mannheim WuM 2000, 185
52
  OLG München, Urteil vom 26. 3. 1993 WuM
1993, 607 = NJW-RR 1994, 654
53
  KG, Beschluss vom 03.06.2002 NZM 2003, 718
= GE 03. 115; a.A. LG Frankfurt/Main 06.03.07
ZMR 2007, 698; LG Berlin 28.08.06 WuM 2007,
386
54
  Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht §
536b BGB Rn 8
55
     Fritz, NZM 2008, 825 (827)
56
     Fritz, NZM 2008, 825 (827)
Umweltmängel und Umfeldmängel im Mietrecht homepage.doc      14/38

sondern verlangt eine Kenntnis des Mieters über Ein-
zelheiten zum Ausmaß von Dauer und Beeinträchti-
gung. 57 Die oben zitierte neuere Rechtsprechung 58 lässt
aber bereits die latente Gefahr von Bautätigkeit in der
Nachbarschaft ausreichen, um die Erkennbarkeit des
Mangels bei Vertragsabschluss zu bejahen. Streitverhü-
tend sollte daher in veranlassten Fällen bereits eine Re-
gelung im Mietvertrag aufgenommen werden.

c) Straßenlärm durch hohes Verkehrsaufkommen
Liegt das Grundstück an einer stark befahrenen Straße,
so sind die Umstände bei Vertragsabschluss ersichtlich,
vom Mieter bei dem geplanten Verwendungszweck be-
rücksichtigt und haben Einfluss in die Mietpreisbildung
gefunden. Eine vorhersehbare Zunahme des Straßen-
lärmes durch steigendes Verkehrsaufkommen wird dann
nicht als Fehler gewertet 59 . Entscheidend ist auch hier,
ob mit dem steigenden Verkehrsaufkommen gerechnet
werden musste 60 .

d) Straßenbauarbeiten
Mit Straßenbau muss der Mieter bei einer innerstädti-
schen Lage der gemieteten Räume rechnen. Es liegt
dann zwar ein Mangel vor, der aber wegen der Erkenn-
barkeit oder wegen seiner Vorhersehbarkeit nach § 536b
BGB nicht zu einer Mietminderung berechtigt 61 .

e) U-Bahnbaustelle
Wird im Zuge einer U-Bahnbaustelle die Straße aufge-
rissen, in der das gemietete Geschäftslokal liegt, und
wird dadurch der Zugang erheblich erschwert, so liegt
ein Mangel vor, der den Mieter (eines Kiosks) zur frist-
losen Kündigung berechtigt. 62 Daran ändert nichts, dass
der Vermieter die Bauarbeiten dulden muss. In einem
solchen Fall erkennt das OLG Düsseldorf nur Ansprü-
che gegen die Stadt auf Entschädigung für enteignungs-
gleichen Eingriff 63 zu, nicht aber Gewährleistungsrechte
und -Ansprüche gegen den Vermieter, wenn der Mieter
die genannte Möglichkeit, sich schadlos zu halten, nicht

57
   LG Mannheim, Urteil vom 08.10.1999 WuM
2000, 185
58
     siehe Fn 49 bis 53
59
   LG Kleve NJW 1970, 1975; Kraemer in
Bub/Treier III B 1344
60
     LG Lüneburg WuM 1991, 683
61
  OLG Hamburg, Urteil vom 6. 12. 2000 WuM
2003, 146; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.11.1997
NZM 1998, 481
62
     OLG Köln, Urteil vom 09.05.1972 - 15 U 180/71; NJW
      1972, 1814
63
  OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. 11. 1997 NZM
1998, 481 = NJW-RR 1998, 1236 = MDR 1998,
768 ZMR 1999, 471 und 24. 2. 1994 NJW 1994,
3173
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wahrnimmt. Dies kann nicht überzeugen 64 . Mit Fritz 65
kommt es bei der Frage, ob ein Mangel vorliegt oder
nicht, nicht entscheidend darauf an, ob der Mieter eine
Entschädigung für die Beeinträchtigung von der öffent-
lichen Hand erhalten kann oder nicht, da das Rechtsver-
hältnis zwischen den Mietparteien ausschließlich privat-
rechtlicher Natur ist, und eine Mietminderung daher
nicht erst subsidiär zur Verfügung steht, wenn andere
Möglichkeiten des Mieters, eine Entschädigung zu er-
langen, versagen. Außerdem setze eine Entschädigung
nach § 20 Abs. 6 StrWG NRW voraus, dass die wirt-
schaftliche Existenz des Straßenanliegers durch die
Straßenbauarbeiten gefährdet sei. Vor allem müsse er
einige Monate die Bauarbeiten entschädigungslos hin-
nehmen.

5. Lärm aus dem Wohnumfeld
    /Spiellärm
Beim Freizeitlärm aus dem Wohnumfeld, insbesondere
beim Spiellärm, kommt es auf seine Ortsüblichkeit an.
Dies umfasst die Art, die Dauer und auch den Zeitraum
des Lärms. Ein Recht auf absolute Ruhe wird heute
auch für empfindsamere, ältere und kranke Menschen
in Abrede gestellt. Andererseits muss nicht jede Art der
„akustischen Umweltverschmutzung“ geduldet werden.
Zwei Beispiele aus der Rechtsprechung mögen dies
verdeutlichen:

Lärmbeeinträchtigungen, die von einer Skaterbahn in
einem Mischgebiet ausgehen, das insbesondere für
schulische und sportliche Zwecke ausgewiesen ist, be-
rechtigen die Mieter zur Minderung der Miete um 5%,
wenn der aufgrund der spezifischen Rollgeräusche nicht
mehr ortsübliche Lärm auch in erheblichem Umfang
außerhalb der Schulzeiten und abends verursacht wird.
66

Dass aber Kinder auf dem Garagenhof statt auf dem an-
grenzenden Spielplatz spielen, stellt nach Auffassung
des LG Wuppertal 67 keine erhebliche Verletzung miet-
vertraglicher Pflichten dar. Die Beschwerde führenden

64
   Fritz, in Festschrift für Blank (2006), S. 153
(158); Haase, ZMR 1999, 448
65
   A.a.O., 158
66
   Skaterbahn in der Nachbarschaft: AG Emmerich, Ur-
    teil vom 05.05.2000 – 9 C 72/00, NZM 2000, S. 544
    Ausführlich dazu: Horst, Rechtshandbuch Nachbar-
    recht, 2. Auflage 2006, Rdn. 756 ff
67
   LG Wuppertal, Urteil vom 29.7.2008 – 16 S 25/08,
    WuM 2008, 563 = MietRB 2009, 34; ebenso kinder-
    freundlich: OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.10.1995 –
    9 U 51/95, MDR 1996, 477; OLG Schleswig, Urteil
    vom 10.10.2001 – 2 W 53/01, MDR 2002, 449; LG
    München, Urteil vom 24.2.2005 – 31 S 20796/04,
    NZM 2005, S. 339 zum Geschrei eines Kleinkindes
    als Mietmangel – verneint; AG Frankfurt / Main, Urteil
    vom 9.9.2005 – 33 C 3943/04, WuM 2005, 764 zur
    enttäuschten Erwartung auf „kinderfreies“ Wohnen;
    BGH, Urteil vom 5.2.1993 – V ZR 62/91; MDR 1993,
    41; BGH, Urteil vom 22.1.2003 – VIII ZR 244/02,
    MDR 2003, 562
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Nachbarn seien durch den Spiellärm nicht unzumutbar
beeinträchtigt. Eine Kündigung komme erst dann in Be-
tracht, wenn die Nachbarn so stark beeinträchtigt seien,
dass eine Mietminderung greife. Davon sei aber nicht
auszugehen, Vielmehr sei im Hinblick auf die vielen in
der Wohnanlage lebenden Kinder sowie des angrenzen-
den Spielplatzes der „nicht über das übliche Maß“ hin-
aus gehende Kinderlärm hinzunehmen.

6. Strahlung / Funkwellen
a) Mikro- und Radiowellen
Enthält der Mietvertrag keine ausdrückliche Vereinba-
rung, eine Wohnung ohne Quellen von Funkwellen ge-
mietet zu haben, so kann angesichts der Alltäglichkeit
von Mikro- und Radiowellen, die sowohl natürlich (aus
dem Weltraum oder durch Gewitterblitze verursacht)
wie auch für gebräuchliche technische Hilfsmittel des
täglichen Lebens (Funk, Radio, Fernsehen, Funkuhren,
Mikrowellenherd usw.) überall entstehen, eine solche
Abrede auch nicht als stillschweigend getroffen unter-
stellt werden. 68 Die Annahme eines Sachmangels schei-
det dann ebenso aus.

b) Elektrosmog/Mobilfunkstation 69
Auch bei der Beeinträchtigung des Mietobjekts durch
Mobilfunkstationen spielt das psychologische Moment
eine große Rolle. So erkennt das AG München 70 eine
Mietminderung bereits dann zu, wenn der Mieter, der
im Obergeschoss unter dem mit sechs Mobilfunkanten-
nen bestückten Flachdach wohnt, Gesundheitsbeein-
trächtigungen durch Elektrosmog nur befürchtet. Bei
der Anhörung vor dem Umweltausschuss des Deutschen
Bundestages am 18.06.2001 kamen die Sachverständi-
gen zu dem Ergebnis, dass sich eine Gefahr durch Elekt-

68
     LG Heidelberg, Urteil vom 19.11.2010 - 5 S 34/10,
      WuM 2011, 14
69
   Zum Forschungsstand über elektromagnetische
Felder Gablenz NZM 1998, 364; Anhörung vor
dem Umweltausschuss des Dt. Bundestages WuM
2001, 431; zur Vertragsgestaltung bei der Vermie-
tung von Mobilfunkbasisstationen: Lindner-Figura
NZM 2001, 401; Kniep, Mobilfunkantennen und
Eigentum, DWW 2001, S. 324 ff; Kniep, Mobilfunk
und Mietumfeld WuM 02,598; Roth, Elektrosmog
und Mietminderung im Wohnraummietrecht – eine
Spielwiese für das Ausleben subjektiver Empfind-
lichkeiten?, NZM 2000, S. 522; Eisenschmid,
Elektrosmog und Gewährleistung im Mietrecht,
WM 1997, S. 21 ff;; Frenzel, Mobilfunkantennen in
Wohngebieten, WM 2002, S. 10 ff
70
     AG München, Urteil vom 1.4.1998 – 432 C 7381/95,
      WuM 1999, S. 111 - Mietminderung bejaht bei 6 An-
      tennen auf einem Flachdach, unter dem der Mieter
      direkt wohnt; Furcht vor gesundheitsbeeinträchtigen-
      der Strahlung reichte dem Gericht aus. (ohne Anga-
      be der Miethöhe)
Umweltmängel und Umfeldmängel im Mietrecht homepage.doc       17/38

rosmog weder bestätigen noch ausschließen lässt 71 . Die
Bundesanstalt für Arbeitsschutz u. Arbeitsmedizin hält
Umweltrisiken bei eingehaltenen Grenzwerten für nicht
erkennbar, sie hat keinen Anlass gesehen, die Grenz-
werte zu senken 72 . Dies ist auch der einheitliche Tenor
in der Rechtsprechung:
Werden die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen fest-
gelegten Grenzwerte eingehalten, dann sind Strahlenbe-
lastungen als unwesentliche Beeinträchtigungen zu dul-
den 73 (z.B. 26. BImSchV 74 zum Schutze der Allge-
meinheit und der Gesundheit des Einzelnen vor Schäden
durch elektromagnetische Felder). Die VO ist u.a. auf
Antennen für den Mobilfunk anwendbar. Werden die
vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten, so muss der
Betrieb der Anlage hingenommen werden. Es besteht
keine Minderungsbefugnis. Die subjektive Furcht eines
Mieters vor Gesundheitsgefahren oder Beeinträchtigung
seines Wohlbefindens reicht nach h.M. nicht aus. 75
Werden die Grenzwerte für elektromagnetische Felder
(26. BImmSchV) nicht überschritten, so spielt es nach
Ansicht des BGH 76 auch keine Rolle, dass die wissen-
schaftliche Diskussion über die Gefahren von Musik-
funksendeanlagen noch nicht abgeschlossen ist. Ein
„Restrisiko“ einer Gesundheitsgefährdung ist unver-
meidbar.
100 Mikrotesla für die magnetische Flussdichte nie-
derfrequenter Felder sind danach unbedenklich. Dann
wird indiziert, dass es sich nur um unwesentliche Beein-
trächtigungen von Rechtsgütern handelt 77 . Folglich be-

71
     Wüstefeld, Anhörung zu Gefahren durch Mobilfunk-
     strahlung, WuM 2001, 431, auch so Fritz, NZM 2008,
     Seite 825 (827);
72
  WuM 2001,431; dazu auch Hitpaß , ZMR 2007,
340
73
     LG Frankfurt, Urteil v. 21.8.1997 - 3/10 O 54/97, NZM
      1998, S. 371 - Beim Mieter verschwimmen die Com-
      puter-Bildschirme, weil eine Oberleitung der Bahn für
      die Straßenbahn geändert wurde. Sofern die Grenz-
      werte der Bundes-Immissions-Schutzverordnung ein-
      gehalten wurden, stellt dies keinen Mangel der Miet-
      sache dar – keine Minderung;
74
  Sechsundzwanzigste Verordnung zur Durchfüh-
rung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes     -
Verordnung über elektromagnetische Felder vom
16.12.1996, BGBl I 1996, 1966
75
     Blank/Börstinghaus, § 536 BGB Rn. 9
76
     BGH, Urteil vom 15.3.2006 -VIII ZR 74/05, DWW
      2006,195 = WuM 2006, 304 = GE 2006, 777 = NZM
      2006, 504 = NJW 2006, 2625 = ZMR 2006, 670 =
      MDR 2006, 1218; LG Hamburg, Urteil vom
      21.06.2007 – 307 S 15/07, WuM 2007, S. 692, AG
      Gießen, Urteil v. 9.7.2001 - 48-M C 903/00, ZMR
      2001, S. 806
77
  BGH 15.03.06 NZM 2006, 504 = WuM 2006,
304 = ZMR 2006, 670OLG Frankfurt/M. 23.6. 05
NZM 838 + BGH 13.02.2004 WuM 2004, 217;
OVG Koblenz 20.08.2001 WuM 2001, 561; BVerfG
17.02.1997 NJW 1997, 25092 und 08.02.2002
NJW 2002, 1638 = NZM 2002, 496 = ZMR 2002,
578; OVG Lüneburg 19.01.2001 DWW 2002, 128;
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steht auch kein vorbeugender Abwehranspruch gegen
die Errichtung einer Mobilfunkbasisstation. Der Mieter
hat keinen Anspruch auf Auflösung des Vertrages we-
gen Umweltgefährdung und keine Mietminderungsrech-
te, wenn die Grenzwerte eingehalten sind 78 . Gesund-
heitsängste des Mieters reichen nach herrschender Mei-
nung nicht aus, wenn nach dem Stand der Wissenschaft
eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen ist 79 Die
vorstehenden Darlegungen bilden allerdings nur den ak-
tuellen Stand in Rechtsprechung und Literatur ab. Mit
gesteigertem Umweltbewusstsein und erhöhter diesbe-
züglicher Sensibilität werden für die Zukunft abgesenk-
te Grenzwerte denkbar. Ein Blick in die Schweiz, in der
weitaus geringere Grenzwerte zur Unbedenklichkeit
elektromagnetischer Strahlungen gelten, zeigt, dass die-
ser Prozess in Deutschland auch in Fluss geraten und zu
einer Absenkung von Grenzwerten als Folge aktuellerer
wissenschaftlicher Erkenntnisse führen kann.

c) Ionisierende Strahlung
Harrisburg/USA 1979, Tschernobyl/Ukraine 1986, und
aktuell Fukushima/Japan sind Meilensteine nuklearer
Katastrophen 80 aus der friedlichen Nutzung von Kern-
energie, die jeden Lebensraum weltweit zerstören kön-
nen, weite Bereiche auf unabsehbare Zeit unbewohnbar
gemacht, und menschliche Existenz infolge der Auf-
nahme nuklearer Verseuchung über die Nahrungskette,
den Boden und über die Luft extrem gefährdet haben. 81
Gerade die erdbebenbedingte nukleare Katastrophe in
Japan hat der Diskussion erheblich an Wucht verliehen,
unter welchen Voraussetzungen die drohende Vernich-
tung von Lebensraum und eigener Existenz durch nuk-
leare Verstrahlung abgewendet werden kann. Mietrecht-
lich drängt sich die Frage auf, ob erhöhte Strahlenbelas-
tungen aus ausländischen Nuklearunfällen oder neue
Erkenntnisse über die Betriebs(un)sicherheit nationaler
Atomkraftwerke als Umweltmängel eingestuft werden
können.
Eine parallele Betrachtung im Nachbarrecht zeigt die
Einordnung ionisierender Strahlung als - anspruchsaus-

; OLG Karlsruhe 16.03.1994 NJW 1994, 2100
m.w.N. in der Anmerkung; VGH Mannheim
02.01.1997 NJW 1997, 3461 Ls.); LG Frankfurt/M.
21.08.1997 NZM 1998, 371; VG Schleswig 22. 8.
1997 NZM 1998, 1883 Ls.
78
   LG München I 27.03.2002 NZM 2002, 671; AG
Tiergarten 04.12 2001 NZM 2002, 949
79
   AG Traunstein 03.03.1999 ZMR 2000, 389 m.
Anm. Schläger; AG Gießen 09.07. 2000 ZMR
2001, 806; AG Frankfurt/M. 25. 6. 2001 NZM 2001,
1031; ; Berufung durch LG Frankfurt/Main zurück-
gewiesen und Revision nicht zugelassen
04.03.2003 NZM 2004,80; a. A.: AG München 01.0
4.1998 WuM 1999, 111
80
   Vgl. die „Liste der Unfälle in kerntechnischen Anlagen“
    in www.wikipedia.org
81
   Näher zu den gesundheitlichen Auswirkungen: Hill /
    Hille, Radiologische Folgen des Reaktorunfalls in
    Tschernobyl, atw 2002, S. 31 ff
Umweltmängel und Umfeldmängel im Mietrecht homepage.doc       19/38

lösende - ähnliche Einwirkung im Sinne von § 906
BGB. 82 Auch im Rahmen des zivilen Nachbarrechts-
schutzes gelten aufgrund der Ausschlusswirkung von
Betriebsgenehmigungen für Atomkraftwerke die öffent-
lich-rechtlichen Einschränkungen und Messwerte. Auf
diese Messwerte, verstanden als Grenzwerte für die Un-
bedenklichkeit ionisierender Strahlenbelastung, könnte
mit der Rechtsprechung zur Begründung von Sachmän-
geln im Falle elektromagnetischer Wellen auch im
Rahmen der mietrechtlichen Betrachtung abgestellt
werden. Atomrechtlich gilt:
Bei der Ermittlung der zulässigen Strahlendosis durch
den Betrieb kerntechnischer Anlagen ist gemäß § 45
StrSchV 83 die aus Störfällen oder Unfällen resultierende
Strahlenbelastung nicht zu berücksichtigen. 84 Nur auf
Immissionen im Rahmen des Normalbetriebs ist abzu-
stellen, nicht aber auf die Belastung am Ort durch (aus-
ländische) Störfälle und Unfälle. Diese Erkenntnis aus
der damaligen Rechtsprechung zu den Folgen des Reak-
torunfalls von Tschernobyl am 24 April 1986 gipfeln in
der wörtlichen Diktion des OVG Lüneburg in seinem
Leitsatz 2: „Kernschmelzunfälle sind dem Restrisikobe-
reich zuzurechnen.“ 85
Bezogen auf das Mietrecht bedeutet das, dass die jüngs-
te Reaktorkatastrophe in Japan keine Auswirkungen auf
die mietrechtlichen Bewertung hat: ein Umweltmängel
ergibt sich dadurch nicht; selbst dann nicht, wenn sich
tatsächlich eine erhöhte Strahlenbelastung als Folge die-
ses Unfalls zeigen sollte. Im Übrigen kommt es nur dar-
auf an, ob die beim störungsfreien Betrieb eines natio-
nalen Atomkraftwerks einkalkulierte Strahlenbelastung
der Umwelt eingehalten werden kann. Selbst wenn dies
zweifelhaft würde, müsste nach der atomrechtlichen
Wertung immer noch ein direkter Kausalitätszusam-

82
     Palandt-Bassenge, 67. Aufl. 2008, § 906 BGB, Rdnr.
      10; Säcker, in Münch-Komm zum BGB, Band 6, 5.
      Aufl. 2009, § 906 BGB Rn. 78, für ionisierende Strah-
      lung, entstanden durch den Zerfall radioaktiver Stof-
      fe, selbst wenn diese nur mit Messgeräten wahr-
      nehmbar sind; ebenso BVerfG, NJW 1997, 2509;
      OLG Naumburg, MDR.1999, 1193
83
     VO über den Schutz von Schäden durch ionisierende
      Strahlen – Strahlenschutzverordnung – vom
      20.7.2001, BGBl I 2001, 1714 (2002 I 1459)
84
   BVerwG, Beschluss vom 23.5.1991 – 7 C 34/90,
NVwZ 1991, 1185; ebenso bereits OVG Lüneburg,
Beschluss vom 16.09.1988 - 7 D 10/86, 7 D 4/87,
RdE 1990, 61; OVG Lüneburg, Beschluss vom
28.10.1986 - 7 D 8/86, 7 D 10/86, NVwZ 1987, 75;
dazu deutlich kritisch: Sterzel; Tschernobyl und
keine Rechtsfolgen, KJ 1987, 394-410, der ein
Umdenken der Justiz in eine neue atomrechtliche
Sicherheitsphilosophie vermisst und für einen
kompromisslosen Ausstieg aus der Kernenergie
plädiert; a. A. und für eine Berücksichtigung erhöh-
ter Strahlenwerte nach ausländischen Reaktorun-
fällen: VG Regensburg, Urteil vom 13.03.1989 - 5
K 88/274, NVwZ 1989, 1195
85
     OVG Lüneburg , Beschluss vom 16.09.1988 - 7 D
     10/86, 7 D 4/87, RdE 1990, 61
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