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Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Insekten in Niedersachsen 4 Verwandlung vom Ei bis zum Insekt – Fortpflanzung und Entwicklung 6 Insekten und ihre Lebensräume 7 Ursachen und Auswirkungen des Insektenrückgangs 22 Insekten in Städten und Dörfern 24 Das eigene Lebensumfeld insektenfreundlich gestalten 26 Arten- und strukturreiche Blühwiesen – Entwicklung mit geringem Pflegeaufwand 26 Natürliche Entwicklung zulassen und „wilde Ecken“ im Garten einrichten 30 Streuobstwiesen anlegen und erhalten 31 Naturnahe Teiche und Tümpel anlegen 32 Heimische Gehölze und Stauden verwenden 33 Vielfalt durch Kleinstlebensräume schaffen 34 Artenreiche Straßen- und Wegränder an Grundstücksgrenzen zulassen 35 Beleuchtung insektenfreundlich gestalten 35 Insektenfreundliche Dach- und Fassadenbegrünung 36 Pflanzen für mehr Artenvielfalt auf dem Balkon 36 Praxistaugliche Insektennisthilfen 37 Bewusstsein schafft Vielfalt 38 Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten, weiterführende Informationen 39 2
Einleitung Insekten sind die heimlichen Herrscher Das Zirpen der Grillen, das Summen der Der Insektenrückgang ist Ausdruck der Tierwelt. Sie gehören zu den ältesten Bienen und Fliegen sind in den letzten einer verarmenden Landschaft, auch in und erfolgreichsten Bewohnern unseres Jahrzehnten allerdings leiser geworden. unseren Städten und Dörfern. Private Planeten. Fachleute beobachten schon seit Länge- Gärten sind noch zu oft als monotone Insekten bilden die artenreichste rem eine Abnahme der Gesamtmenge und Zieranlagen aus Rasen, fremdländi- Gruppe an Organismen und machen etwa der Vielfalt der Insektenarten in Deutsch- schen Sträuchern oder pflanzenarmen 70 Prozent aller Tierarten in Deutschland land. Das gesamte Ausmaß dieses schlei- Schotterflächen gestaltet. Diese Gärten aus. Die Sechsbeiner kommen in nahezu chenden und stetigen, sich dabei aber bieten kaum Lebensraum für Insekten. allen Ökosystemen vor. Zu den Insekten beschleunigenden Rückgangs bei vielen Doch jede und jeder kann aktiv dazu bei- gehören z. B. Schmetterlinge, Libellen, Artengruppen wurde jedoch erst kürzlich tragen, diese Entwicklungen in Nieder- Heuschrecken, Bienen, Wespen, Ameisen, durch Langzeitstudien besonders deutlich sachsen umzukehren. Käfer, Zikaden, Wanzen, Blattläuse und belegt. Auch die Roten Listen machen Diese Broschüre gibt einen Überblick Fliegen. Die Lebensweisen und ihre diese Entwicklung deutlich: 46 Prozent der über die Lebensräume von Insekten Ansprüche an Lebensräume, Nahrung Insektenarten in Niedersachsen, für die in Niedersachsen und fasst praktische oder Kleinklima sind ebenso vielfältig eine Rote Liste Niedersachsens existiert, Basistipps für eine insektenfreundliche wie die Insekten selbst. sind in eine Gefährdungskategorie ein- Garten- und Freiraumgestaltung sowie gestuft. Etwa 60 Prozent der Wildbienen Möglichkeiten der Finanzierung von sind bedroht. öffentlichen Projekten zum Insekten- Insekten haben eine Schlüsselfunktion schutz zusammen. Die Broschüre ist in natürlichen Nahrungsketten. Sie sind Bestandteil der Strategie des Landes Nahrungsquellen für viele andere Arten- Niedersachsen zur Förderung der Insek- gruppen wie Vögel, Fische, Spinnen, tenvielfalt. Amphibien oder Fledermäuse. Eine Vielzahl der heimischen Nutz- und Wild- pflanzen sind auf Wildbienen, Schmet- terlinge, Käfer oder Fliegen als Bestäuber angewiesen. Aber auch für das Natur- erleben, die Gesundheit und die Lebens- qualität des Menschen haben Insekten eine große Bedeutung. 3
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Insekten in Niedersachsen Die Welt der Insekten ist von einer enormen Vielfalt geprägt. Die Fülle an Formen und Farben, ihre individu- elle Größe und Anpassung an unter- schiedlichste Lebensräume sind ebenso erstaunlich wie ihre Artenvielfalt. In Deutschland leben rund 33.000 Insektenarten. Ein gutes Drittel davon kommt auch in Niedersachsen vor. Um diese Vielfalt eindeutig benennen zu können, hat jede Insektenart ihren „wissenschaftlichen“ Namen. Dieser Name wird international verwendet. Die sogenannten „deutschen“ Namen sind oft eingängiger, aber nicht über Ländergrenzen hinweg anwendbar und daher nur national bzw. regional von Bedeutung. Manche Arten haben auch meh- rere deutsche Namen, sehr viele andere Arten, gerade von den kleinen und unscheinbaren Insekten, haben dagegen überhaupt keinen deut- schen Namen. Der Schmetterling mit dem wissenschaftlichen Namen „Melanargia galathea“ hat z. B. die deutschen Namen „Schachbrett“ und „Damenbrett“. Nah verwandte Insektenarten werden in der Zoologie in Gattungen, diese wieder in Familien und letzte- re in Ordnungen zusammengefasst. In Niedersachsen gibt es 20 Insekten- Käfer ordnungen. Die Artenzahlen pro d Die Käfer sind die mit Abstan Insektenordnung sind sehr unter- g. In Nie der sac hse n größte Ord nun schiedlich. hge wie - sind über 5.000 Arten nac we rde n in der sen. Einige Gruppen erien Praxis nach ökologischen Krit nge fass t, auc h we nn zusamme ver wa ndt sch aftl ich nich t sie sich ppe n sehr nahestehen. Solche Gru fer ode r sind z. B. die Totholzkä die Wasserkäfer. Hau tflügler Zu den Hautflüglern gehören die Bienen, Wespen und Ameisen. Vergleichsweise gut bekannt ist davon die rund 350 Arten umfassende Gruppe der Wildbienen. 4
Insekten in Niedersachsen Eintagsfliegen S teinfliegen Köche rfliegen ppen Relativ artenarm sind die Gru Art en) , der Eintagsfliegen (71 Steinfliegen (57 Art en) und , deren Köcherfliegen (205 Arten) Larven in Gew äss ern leb en. Schmetterlinge Auch die Schmetterlinge werden in leichter handhabbare Gruppen aufgeteilt. Die in Niedersachsen rund 1.000 Arten der Großschmetterlinge (Macrolepidoptera) werden weiter unterteilt in die Tag- und Nachtfalter. Daneben gibt es noch die ähnlich artenreichen Kleinschmetterlinge (Microlepidoptera), deren Biologie und Verbreitung allerdings wesent- lich weniger gut bekannt sind. Libellen Heusch recken Die Libellen mit 68 Arten und die Heuschrecken mit 53 Arten in Niedersachsen sind vergleichsweise kleine, aber sehr auffällige Insektenordnungen. Zweiflügler Die Zweiflügler (Fliegen und Mücken) sind mit mindestens 4.000 Arten eine große Gruppe. Über sie ist insgesamt sehr wenig bekannt. Weitere Insektenordnungen sind z. B. die Wanzen, die Ohrwürmer und die Zikaden. 5
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Verwandlung vom Ei bis zum Insekt – Fortpflanzung und Entwicklung Die meisten Insekten legen nach der Die Dauer der einzelnen Entwicklungs- So lebt beispielsweise Begattung Eier ab. Die Eier entwickeln stadien kann sehr unterschiedlich sein. In sich über eine unterschiedliche Anzahl der Regel leben die Larven wesentlich län- • der Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) von Larvenstadien ger als die erwachsenen Tiere. So leben z. B. fast 1 Jahr, seine Raupen nur etwa 1 Monat, • ohne Puppenstadium zum ausgewach- • die Larven der Maikäfer (Melolontha senen Tier, z. B. Heuschrecken, Wanzen melolontha) ca. 4 Jahre, die Käfer nur • der Marienkäfer (Coccinella septem- oder Libellen. Die Larve ähnelt in den etwa 1/4 Jahr, punctata) etwa 1 Jahr, die Entwicklung Grundzügen bei vielen Arten bereits seiner Larven dauert 1–2 Monate, dem erwachsenen Tier. Bei Libellen • die Larven der Blaugrünen Mosaikjung- sehen Larve und ausgewachsenes Tier fer (Aeshna cyanea) knapp 2 Jahre, die • eine Hummelkönigin etwa 1 Jahr, ihre allerdings ganz unterschiedlich aus und ausgewachsene Libelle nur 1–2 Monate, Entwicklung dauert nur etwa 1 Monat. die Larve lebt im Wasser, • die Larven des Eremits (Osmoderma Einige Arten sind in der Lage, mehrere • mit Puppenstadium zum ausgewachse- eremita) bis zu 4 Jahre, die ausgewach- Generationen pro Jahr hervorzubringen nen Tier, z. B. Fluginsekten wie Bienen, senen Käfer nur etwa 2–3 Wochen (z. B. Blattläuse), bei anderen entwickelt Hummeln, Käfer oder Schmetterlinge. (Männchen) bzw. 3 Monate (Weib- sich genau eine Generation pro Jahr (z. B. Die einzelnen Entwicklungsstadien (z. B. chen). Hummeln oder Tagfalter). Bei sehr vielen Raupe, Puppe, Schmetterling) sehen Insektenarten dauert der Lebenszyklus völlig verschieden aus und haben häufig In einigen Fällen kann aber auch das mehrere Jahre (z. B. bei vielen Libellen- eine unterschiedliche Lebensweise. erwachsene Tier länger als die Larve leben. arten). Eier Larve Grünes Heupferd Grünes Heupferd (Tettigonia viridissima) Larve pf Schlu Mosaikjungfer Blaugrüne Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) Eier e e Raup Pupp Zitronenfalter Zitronenfalte (Gonepteryx r rhamni) 6
Insekten in Niedersachsen Insekten und ihre Lebensräume Bei der Vielzahl der Insektenarten sind Ein Teil der Arten, die sogenannten natürlich auch die Lebensweisen und die „Generalisten“, sind hinsichtlich ihrer besiedelten Lebensräume sehr vielfältig. Nahrungsquellen oder Fortpflanzungs- Insekten bewohnen natürliche und vom bereiche flexibel, während andere sehr Menschen veränderte Landschaften. stark spezialisiert, also „Spezialisten“ Mit Ausnahme der Meere sind sie in sind. Die Glänzende Natternkopf-Mauer- allen Lebensräumen vertreten, wie z. B. in biene (Osmia adunca), eine Wildbienen- Mooren, Wäldern, Gewässern, Wiesen, art, sammelt beispielsweise ausschließ- Weiden, Äckern, Wegrainen, Brachflächen lich Pollen an Pflanzen der Gattung Ein Lebensraum oder in Parks und Gärten der Städte und Natternkopf (Echium). Andere Insekten- spezialist: Der Eremit Dörfer. Die meisten Insekten leben im arten sind eng an bestimmte Baumarten lebt ausschließlich in Boden oder auf bodennahen Strukturen angepasst oder auf das Vorkommen vermoderndem Holz sowie auf und in Pflanzen. Einige Arten von Totholz angewiesen. Manche Insekten alter Bäume. it Erem remita) besiedeln das Wasser, wobei oft nur die können größere Distanzen überwinden, e r mae od (Osm Larven, selten auch die erwachsenen Tiere andere haben einen sehr kleinen Aktions- im Wasser leben. radius. Gemeine Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus) Generalisten: Feuerwanze und Gartenhummel sind häufige Arten, die bei der Wahl ihrer Nahrungsquellen und Fortpflanzungsorte flexibel sind. Eine Fortpflanzungs spezialistin: Die l humme Garten rtorum) Buchengallmücke u s ho (Bomb (Mikiola fagi) legt ihre Eier nur auf Blättern der Rotbuche ab. Nach dem Schlüpfen der Larven bilden sich kugelförmige Gallen. Eine Nahrungs spezialistin: Die Natternkopf- Um ein Gefühl für diese Vielfalt an Mauerbiene Arten und Lebensräumen zu bekommen, sammelt Pollen nur illustrieren die folgenden Doppelseiten von Pflanzen der eine kleine Auswahl von Insektenarten Gattung Nattern- kopf (Echium). in sieben verschiedenen Lebensräumen Niedersachsens. Die ausgewählten Arten sind typische Beispiele ihrer Artengruppe und sind an die jeweiligen Lebensräume erbiene angepasst. In Städten und Dörfern finden Natternkopf-Mau (Osmia adunca) viele Insektenarten, die ursprünglich z. B. in artenreichen Wiesen oder im Wald leben, Ersatzlebensräume. 7
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Lebensraum Grünland und Wegränder Schachbrettfalter Wie sieht er aus? Melanargia galathea Der mittelgroße Tagfalter hat eine auffallend schwarz- weiße Flügelzeichnung und eine Spannweite von ca. 40 – 50 mm. Die Eier sind glatt und weißlich, rund und auf der Wie lebt er? Unterseite leicht abgeflacht. Die Raupen sind unterschiedlich gefärbt: grün, gelb Der Falter nutzt Blüten von z. B. Flocken- Was hilft ihm? oder graubraun und immer mit hellbrau- blumen (Centaurea), Skabiosen (Scabiosa) nem Kopf. Das letzte Beinpaar ist zu zwei oder Disteln (Cirsium, Carduus) 1 Der Schachbrettfalter ist beeinträchtigt Zipfeln umgestaltet. Die Puppe ist weißlich zur Nahrungsaufnahme. Die Weibchen vor allem durch eine zu intensive Nutzung oder gelblich bis hell ockerbraun. 2 lassen ihre Eier im Flug über älteren von Wiesen und Weiden und den Verlust Gräsern fallen 3 . Die Raupen 4 über- von Randstrukturen. Er braucht Wiesen Wo lebt er? wintern direkt nach dem Schlupf aus dem und Weiden, die nur wenig gedüngt und Ei im Boden, ohne vorher Nahrung auf- nur selten gemäht werden. Auch wenig Er besiedelt bevorzugt trockene und nähr- zunehmen. Danach fressen sie nachts an genutzte Wegraine bieten ihm einen stoffarme Lebensräume auf kalkreichem verschiedenen Süßgräsern wie Zwenke Lebensraum. Boden und lebt auch in nicht zu feuchtem, (Brachypodium), Trespe (Bromus), artenreichem Grünland, auf Kalkmager- Rispengras (Poa pratensis), Straußgras rasen, Streuobstwiesen, Lichtungen und (Agrostis) oder Knäuelgras (Dactylis). an Straßenrändern. Die Verpuppung 5 erfolgt in einem lockeren Gespinst am Boden. Den Falter kann 1 man von Mai bis September beobachten. Taube Tres 2 p (Bromus st e erilis) Das Weibchen lässt seine Eier fliegend über alten Gräsern fallen. Krause Dis tel kenblume (Carduus cr Wiesen-Floc ispus) jacea) (Centaurea Weißklee (Trifolium repen s) 3 5 Entwicklungszeit 4 Die Raupen überwintern nach der Eiablage: direkt nach dem Schlupf Die Verpuppung erfolgt 2–3 Wochen aus dem Ei im Boden. am Boden. 8
Insekten in Niedersachsen Grünes Heupferd Tettigonia viridissima Wie sieht es aus? Das Grüne Heupferd ist eine der größten in Mitteleuropa vorkommenden Lang- fühlerschrecken mit einer Körperlänge zwischen 30 und 40 mm. Die Tiere sind meist einfarbig grün. Die Weibchen sind an der 2 – 3 cm langen Legeröhre zu Wie lebt es? erkennen. Heupferde fressen meistens andere Wo lebt es? Insekten, wie Raupen, Käfer und andere Heuschrecken. Die Männchen können Es bevorzugt wärmere, trockenere und ziemlich laut und schwirrend „singen“, windgeschützte Lebensräume mit einer indem sie die beiden Vorderflügel gegen- mindestens 30 cm hohen Vegetation. einander bewegen. Dabei sitzen sie Heupferde bewohnen sonnige Weg- und gerne auf Singwarten, z. B. Hochstauden, Waldränder, Trockenrasen, Brachen, Bäumen oder Sträuchern. Die Weibchen aber auch Gärten und landwirtschaftlich 1 legen 200 bis 600 Eier einzeln oder in genutzte Flächen. Sie meiden intensiv kleinen Gruppen in den Boden, meistens genutzte Felder und Wiesen. im Grünland. Die Larven 2 schlüpfen ungefähr ab Ende April, etwa ab Juli sind die Tiere ausgewachsen 3 . 3 Etwa ab Juli ist das Was hilft ihm? Grüne Heupferd ausgewachsen. Das Grüne Heupferd ist beeinträchtigt vor allem durch eine intensive Grünland- nutzung und den Einsatz von Bioziden und Dünger. Ihm helfen Brachen, Randstruk- turen und Wegraine, Wiesen und Weiden, die nur extensiv genutzt werden, sowie der Verzicht auf Biozide und Dünger. Wiesen-R ispeng (Poa praten ras sis) Die Larven (Da 2 Kn lis gl cty durchleben sieben äu om Stadien bis zur elg era Fie (Brach der-Zwen ras ta) ypodiu ke Häutung zum m pin ausgewachsenen natum ) Heupferd. biose Tauben-Ska lumbaria) (Scabiosa co 1 Das Weibchen legt 200 bis 600 Eier einzeln oder in kleinen Gruppen in den Boden. 9
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Lebensraum Acker und Wegraine Kleiner Wie sieht er aus? Perlmutte rfalter Issoria lathonia Die kleine Perlmutterfalter- Art hat eine Spannweite von ca. 40 – 50 mm. Die Flügel- unterseiten sind gelbbraun und zeigen sehr große, silbrig-weiße Perlmuttflecken. Was hilft ihm? Daran kann man die Art von anderen ähnlichen Arten unterscheiden. Der Kleine Perlmutterfalter ist als Wanderfalter weit verbreitet und erreicht Wo lebt er? schnell geeignete Standorte. Bei einer intensiven Ackernutzung haben die Der Falter fliegt gern in locker bewach- Raupen und Puppen aber kaum Chancen, senen Biotopen, etwa Trockenrasen sich zu Schmetterlingen zu entwickeln. und Brachen. Er besiedelt auch extensiv Sie benötigen z. B. extensiv genutzte genutzte Bereiche, z. B. ökologisch Ackerflächen mit Ackerstiefmütterchen, bewirtschaftete Ackerränder. die nach der Ernte nicht sofort umge- brochen werden. Ungespritzte Feld- und Wie lebt er? Wegränder sowie Böschungen sollten ebenso als Lebensraum erhalten und Die Weibchen legen ihre Eier einzeln entwickelt werden. auf die Blattunterseite 1 der Futter- pflanzen. Die Raupen ernähren sich von Die Falter können Veilchenblättern, besonders gern von weite Strecken Arten trockener Standorte, wie dem zurücklegen. Acker-Stiefmütterchen (Viola arvensis). Die Raupen 2 entwickeln sich schnell und verpuppen sich in Bodennähe 3 zwischen locker versponnenen Pflanzen- teilen. Die Falter 4 fliegen von April bis Oktober. In dieser Zeit entwickeln sich 4 bis zu drei, manchmal sogar vier Genera- tionen hintereinander. Als „Wanderfalter“ kann der Schmetterling große Strecken ch d rau zurücklegen. r E ali ) s er l i ch fficin hn ia o wö ar Die Raupen Ge (Fum elk e h tn ora) ernähren sich von i c fl r-L cti ke no Veilchenblättern. Ac lene (Si 2 Acker -Stiefm ütter arvens chen (Viola is) 1 Glä nze n (Ve der E Das Weibchen legt ron h ica renp 3 poli r seine Eier einzeln auf ta) eis die Blattunterseite. 10
Insekten in Niedersachsen Rotklee-Sandbiene Andrena labialis Wie lebt sie? Wie sieht sie aus? Die Bienen haben sich spezialisiert und Die Rotklee-Sandbiene ist eine der größten besuchen ausschließlich Blüten von Sandbienen-Arten (11– 14 mm). Das Hülsenfrüchtlern. Ihre bevorzugte Futter- Männchen ist markant gefärbt mit seinem pflanze 1 ist der Rotklee. Die Männchen gelben „Gesicht“, das beim Weibchen patrouillieren an Hecken entlang und Was hilft ihr? eher sandfarben ist. Die Beine sind eben- über höherwüchsigen Wiesen, wo früh falls sandfarben, Brust und Rücken dicht blühende Hülsenfrüchtler wachsen, wie Die Rotklee-Sandbiene ist gefährdet gepunktet. z. B. Platterbsen (Lathyrus). Die Rotklee- vor allem durch eine intensivere Sandbiene nistet im Boden. Dazu nutzt Nutzung der Landschaft. Sie braucht Wo lebt sie? sie horizontale oder schräge Flächen, wenig genutzte Standorte und blühende die meist vegetationsarm oder -frei sind. Pflanzen ihrer bevorzugten Nahrungs- Die Sandbiene besiedelt warme, sonnige Die Brutkammern 2 werden mit einem quellen. Ein Verzicht von Dünge- und und extensiv bewirtschaftete Lebensräu- Drüsensekret ausgekleidet, damit sie Pflanzenschutzmitteln hilft ihr daher me. Hier lebt sie z. B. auf Wiesen, Weiden stabiler sind. Die Bienen fliegen ebenfalls. und Äckern sowie Feld- und Wegerainen von Mai bis Juli in nur einer mit vielen blühenden Hülsenfrüchtlern Generation pro Jahr. (Leguminosen, Fabaceen). Kn o (La llen thy -Pl rus att tub erb ero se sus ) Acker- Hell (Thlasp erkraut 1 i arvense ) Die Nistkammern werden im offenen Boden angelegt. 2 Rotk (Trifo l lium ee prate nse) Die Bienen „fliegen“ auf Rotklee, ihre liebsten Futterpflanzen. 11
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Lebensraum Heide und Magerrasen Wie sieht er aus? Heide-Laufkäfe r Der große, flugunfähige Carabus nitens Laufkäfer hat eine Körper- länge von 13 – 18 mm. Auffällig sind die Flügeldecken mit den markanten Rippen und das Halsschild mit der metallisch goldgrünen Färbung und Was hilft ihm? den roten Seiten. Der Heide-Laufkäfer ist gefährdet z. B. Wo lebt er? Wie lebt er? durch die Eutrophierung seiner mage- ren, nährstoffarmen Lebensräume. Eine Er lebt vor allem in Sandgebieten und Der Käfer 2 ernährt sich räuberisch von Nutzungsaufgabe mit nachfolgender besiedelt dort Heideflächen und verschie- Insekten und deren Larven. Er ist tagsüber Verbuschung, aber auch eine Intensi- dene Moore. Er ist eine Charakterart der aktiv, vor allem in den Monaten April bis vierung der Nutzung (Düngung, höherer typischen Heideflächen mit Besenheide Oktober. Die Eier werden etwa ab Ende Viehbesatz, häufigere Mahd) müssen 1 (Calluna vulgaris). Der Heide-Laufkäfer April bis Ende Juni abgelegt. Die Ent- ebenso vermieden werden. Diese Lebens- kommt aber auch in feuchten Moor- und wicklungszeit der Larven ist nur kurz und räume sollten extensiv genutzt oder Moorrandbereichen mit Glocken-Heide schon im Hochsommer abgeschlossen. gepflegt werden. Maßnahmen gegen eine (Erica tetralix) und auf sandigen Feldern Die ausgewachsenen Jungkäfer sind dann Eutrophierung durch diffuse Nährstoff- vor. Er bevorzugt durch Mahd gepflegte noch aktiv, bevor sie überwintern. einträge aus der Luft sind ebenfalls Heideflächen. hilfreich. Die Besenheide ist eine typische Pflanze im Lebensraum des Käfers. e eid is) enh r Bärentrau be Bes a vulga (Arctostap hylos uva- a l l un ursi) (C 1 2 ter ins c h er G glica) lis an Eng enista (G Der Heide-Laufkäfer ist tagsüber unterwegs 12 und frisst andere Insekten.
Insekten in Niedersachsen Kleine r fe r ei d e g r a s hüp s H igmaticu thrus st Stenobo Wie lebt er? Der Kleine Heidegrashüpfer ist ein reiner Pflanzenfresser und lebt am Boden Wie sieht er aus? oder in der Krautschicht. Sein Gesang („chichichichi“) wird durch das synchrone Die kleine Feldheuschrecken-Art hat eine Auf- und Abbewegen der beiden Hinter- Körperlänge von 11– 15 mm (Männchen) beine erzeugt. Nach der Paarung 1 bzw. 15 – 20 mm (Weibchen). Ihre Grund- werden die Eier in den Boden und die farbe ist grün, seltener olivbraun mit gelb- unterste Pflanzenschicht abgelegt. Die lichen Strichen auf dem „Vorderrücken“, Larven schlüpfen im nächsten Frühjahr. oft ist auch ein Teil der Deckflügel gelblich. Ausgewachsene Tiere sind ab Anfang Die Flügel sind bei den Männchen voll Juli bis zu den ersten Nachtfrösten etwa entwickelt, bei den Weibchen verkürzt. Mitte Oktober zu finden. Wo lebt er? Was hilft ihm? Er bevorzugt trockene und halbtrockene Der Kleine Heidegrashüpfer ist vor allem Magerrasen, die kurzrasig und lückig durch die Beeinträchtigung seiner nähr- bewachsen sind und offene Bodenstellen stoffarmen Lebensräume gefährdet. Diese aufweisen. Dies sind z. B. Borstgrasrasen müssen vor einer Eutrophierung, auch und Sandtrockenrasen, aber auch ver- durch diffuse Nährstoffeinträge aus der graste Heiden und Magerrasen, die auf Luft, geschützt werden. Eine Nutzungs- Flussschotter und Sandstein wachsen. aufgabe, aber auch eine Nutzungs- intensivierung mit Düngung, höherem Viehbesatz oder häufigerer Mahd müssen ebenfalls vermieden werden. Silbergras ) (Corynephorus canescens Frühe Haferschmiele Ab Juli locken die (Aira praecox) Grashüpfer mit ihrem Heide Gesang die Weibchen (Dianth -Nelke us delt zur Paarung. oides) lfuß Kleiner Voge perpusillus) (Ornithopus 1 13
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Lebensraum Eichen und Laubmischwälder H irschkäfe r Lucanus cervus Wie sieht er aus? Der Hirschkäfer ist mit ca. 30 – 80 mm Länge der größte heimische Käfer. Die Wie lebt er? Was hilft ihm? Männchen besitzen auffällige geweih- ähnliche „Oberkiefer“ von rund 3 cm Der Käfer fliegt im Juni/Juli in der Däm- Hirschkäfer sind gefährdet z. B. durch den Länge. Sie werden z. B. bei Rivalen- merung und ist sehr ortstreu. Als „Treff- Verlust alter und morscher Laubbäume. kämpfen benutzt. punkt“ dienen v. a. verletzte, „blutende“ Totholz, Baumstümpfe und lichte Wald- Alteichen oder -buchen, an denen oft strukturen müssen daher erhalten oder Wo lebt er? Rivalenkämpfe 1 zwischen den Männ- wieder geschaffen werden (angepasste chen stattfinden. Die Weibchen 2 legen Waldbewirtschaftung, Hute- und Mittel- Er besiedelt alte, totholzreiche Wälder ihre 50 – 100 Eier an absterbende Bäume, waldwirtschaft). Überhöhte Wildschwein- aus Eichen, Hainbuchen und Buchen in Baumstümpfe und am bzw. im Boden bestände sollten reduziert werden, da sie südexponierten und wärmebegünstigten liegendes dickes Holz, das sich bereits gerne die großen Larven und Puppen der Lagen. Auch Laubwaldreste, alte Park- zersetzt. Nach etwa 14 Tagen schlüpfen Hirschkäfer fressen. anlagen und waldnahe Streuobstwiesen die bis zu 11 cm groß werdenden Larven mit viel absterbenden Althölzern und 3 , die sich je nach Nahrungsangebot Baumstümpfen werden besiedelt, wobei erst nach 3 – 8 Jahren verpuppen. Dazu er (Wald-)Randlagen bevorzugt. Ganz bauen sie sich in der Erde etwa faustgroße wichtig sind große vermorschte Wurzel- Hohlräume („Puppenwiegen“). stöcke und vermoderte Baumstümpfe. Die Larven werden bis zu 11 cm groß und leben mehrere Jahre, bis sie sich verpuppen. 3 Die Weibchen legen die Eier an und in 1 vermoderndes Holz. Wie die echten Hirsche 2 kämpfen auch die Hirschkäfer-Männchen mit ihren „Geweihen“. 14
Insekten in Niedersachsen Großes Eichenkarmin Catocala sponsa Die schwarzen oder braunen Raupen sehen aus wie kleine Wie sieht es aus? Ästchen. Dieser Nachtfalter ist relativ groß und gehört zur Familie der Eulenfalter. 3 Die Vorderflügel sind braungrau oder braun, kontrastreich, aber gut zur Tarnung geeignet. Die Flügelspannweite liegt bei 60 – 70 mm. Die meist versteckten Am Stamm der Hinterflügel sind leuchtend rot mit zwei Bäume sind schwarzen Bändern (Kontrastfärbung). die Falter gut getarnt. Wo lebt es? Es kommt in Eichenwäldern, Laubmisch- wäldern, zuweilen in alten Gärten und Was hilft ihm? 1 Parks vor und benötigt alte Eichen als Futterpflanze für die Raupen. Das Große Eichenkarmin ist gefährdet vor allem durch Wie lebt es? den Verlust alter Eichen- bestände. Diese sollten z. B. Die nachtaktiven Falter fliegen von Mitte bei waldbaulichen Maß- Juli bis Mitte September. Die Tiere ruhen nahmen erhalten bleiben. tagsüber meist an Zweigen oder auch am Auch bei der Bekämpfung Stamm von Bäumen 1 . Sie saugen mit von Eichenschädlingen, wie ihrem Rüssel gern Baumsäfte. Die Eier Eichenprozessionsspinnern, überwintern, die Raupen schlüpfen 2 sollten unbeabsichtigte Die Raupen 2 im Frühjahr. Sie sind schwarz oder braun, Verluste vom Großen schlüpfen im gut getarnt 3 und von Mai bis Juni zu Eichenkamin vermieden Frühjahr. finden. Die Verpuppung erfolgt in einem werden. grauen Gespinst 4 am Boden, das meist zwischen Laub oder unter loser Rinde angelegt wird. 4 Aus den Puppen schlüpfen ab Mitte Juli die Schmetterlinge. 15
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Lebensraum Hochmoor Hochmoo r - Mosaikjungfe r Aeshna subarctica Wie lebt sie? Die Libelle fliegt von Juli bis September. Die Männchen patrouillieren auf der Suche nach Weibchen über den Torfmoos- flächen. Die Paarung 1 beginnt im Flug über den freien Moorflächen und endet meistens in der Vegetation. Das Weibchen 2 legt die Eier ausschließlich in Torf- moose, wo diese überwintern. Die Larven 3 leben räuberisch zwischen den Torf- Wie sieht sie aus? moosen im Wasser. Ihre Entwicklungs- dauer beträgt wahrscheinlich drei bis vier Die typische Großlibelle hat eine Flügel- Jahre. Zum Schlüpfen 4 klettert die spannweite von 9 – 10,5 cm. Der Brust- Larve an einem Halm hoch. abschnitt ist graubraun mit bläulichen Seiten- und Rückenstreifen. Der Hinter- Was hilft ihr? leib der Männchen ist schwarz mit einer deutlichen, meist gelblichen Zeichnung Die Hochmoor-Mosaikjungfer ist gefähr- auf der Oberseite. det vor allem durch den Verlust ihrer Lebensräume (Zerstörung der Moor- Wo lebt sie? gewässer, insbesondere durch Trocken- legung). Sie benötigt zwingend Moor- Sie kommt ausschließlich an Hochmoor- gewässer mit Torfmoos-Schwingrasen. Gegen Ende der gewässern mit Schwingrasen vor. Dort Durch die Renaturierung von Mooren Paarung landen benötigt sie Wasserstellen mit viel Torf- und die Stabilisierung der Wasserstände die Tiere an moos. Besonders am Vormittag sonniger kann ihr Lebensraum erhalten und einem Pflanzen- Tage sind die sich sonnenden Männchen wieder ausgeweitet werden. stängel. zu finden. Zum Schlüpfen klettern die Larven an Halmen an die Luft. 4 1 Die Eier werden 3 ausschließlich im Torfmoos abgelegt. 2 Moorlilie gum) (N ar th ec ium ossifra Die Larven leben mehrere Jahre im Wasser zwischen dem Torfmoos. 16
Insekten in Niedersachsen Hochmoo r - Glanzflachläufe r Agonum ericeti Wie sieht er aus? Wie lebt er? Die mit etwa 5 – 7 mm Körperlänge nur kleine Laufkäfer-Art hat einen metallisch Die Art ernährt sich räuberisch von kleine- bronzenen, kupferfarbenen oder schwar- ren Insekten und Spinnen. Die Weibchen zen Körper. Sie ist, wie viele Laufkäfer- legen ihre Eier in Gruppen versteckt im Arten, kurzflügelig und nur in extremen Boden oder in den Torfmoos-Bulten ab. Ausnahmefällen flugfähig. Die Larven 2 schlüpfen nach wenigen Tagen und häuten sich dreimal, bis sie Wo lebt er? sich verpuppen. Auch sie ernähren sich räuberisch. Er ist sehr eng an den Lebensraum Hoch- moor gebunden, kommt überwiegend Was hilft ihm? in natürlichen, weitgehend ungestörten Hochmooren vor und ist nachtaktiv. Der Hochmoor-Glanzflachläufer ist gefähr- Der Laufkäfer 1 besiedelt innerhalb der det vor allem durch Entwässerung und Moore sowohl trockenere als auch feuchte Torfabbau der Hochmoore. Durch Schutz bis nasse Standorte. Bevorzugt werden und Renaturierung der Moore kann ihm Moorbereiche aus Bulten und Schlenken, geholfen werden. daneben aber auch eher trockene Moor- heiden. Sonnige Standorte werden gerne besiedelt, zu schattige Standorte dagegen gemieden. Die Larven ernähren sich räuberisch zwischen den Torfmoosbulten. hnabelried Weißes Sc (R hy nchospora alba) 2 ras ) ollg i d e n-W ginatum e a Sch orum v ph (Erio Der Laufkäfer lebt in unterschiedlichen 1 Lebensräumen im Moor. entau r Sonn Mittlere intermedia) (Drosera 17
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Lebensraum Fließgewässer Blauflügel- Prachtlibelle Calopteryx virgo Wie lebt sie? Wie sieht sie aus? Auffällig ist der flatternde, gaukelnde und damit an Schmetterlinge erinnernde Die metallisch glänzende Kleinlibellen-Art Flug. Die erwachsenen Libellen schlüp- hat schillernd blaue Flügel und eine fen vor allem zwischen Ende Mai und Spannweite von 6,5 – 7 cm. Sie ist etwa Mitte Juni. Die Männchen verteidigen ihre 5 cm lang. Reviere entlang der Bachstrecke und ihr Balzverhalten ist sehr auffällig. Nach der Wo lebt sie? Paarung 1 stechen die Weibchen die Eier nahe der Wasseroberfläche in Wasser- Sie bevorzugt vor allem kühlere und pflanzen 2 . Dabei können sie auch schattigere Bäche und kleine Flüsse mit komplett untertauchen. Die Entwicklung ausreichender Strömung. Die Larven leben der Larven 3 dauert in Tieflandbächen im Wasser auf Pflanzen und an Steinen, meist ein Jahr, in kalten (Berg-)Bächen die ihnen in der Strömung einen guten eher zwei Jahre. Halt bieten. Sie sitzen gern am Fuß von Bachröhrichten (Rohrglanzgras, Igel- Was hilft ihr? kolben), in Wasserpflanzen wie Hornblatt, Wasserhahnenfuß, Wasserstern oder an Die Blauflügel-Prachtlibelle ist gefährdet Erlenwurzeln. Die Larven bevorzugen durch Beeinträchtigungen ihres Lebens- möglichst gleichmäßige Strömungs- raums. Sie benötigt möglichst naturnahe, verhältnisse. sauerstoffreiche Fließgewässer, die nicht durch Wasserverschmutzung, intensive Unterhaltung, Begradigung, Uferverbau- ung oder Aufstau beeinträchtigt sind. 1 2 Haken -Wass er che ha stern (Callitri mulata Die Weibchen stechen ) Bei der Paarung bilden die Eier unter Wasser Männchen und Weibchen in Wasserpflanzen. ein Paarungsrad. 3 Die Larven halten sich im strömenden Wasser an Wasser- pflanzen fest. 18
Insekten in Niedersachsen Eintagsfliege Baetis rhodani Wie sieht sie aus? Die etwa 6 – 10 mm große Eintagsfliege hat einen schwarzbraun gefärbten Körper Wie lebt sie? mit rötlichbraunem Hinterleib. Sie hat olivbraune bis gräuliche Vorderflügel und Die Larven leben auf dem Grund 1 nur kleine Hinterflügel. Die Männchen der Fließgewässer und ernähren sich sind an ihren großen, turbanförmigen von Algen und abgestorbenen Pflanzen- Augen zu erkennen. Erwachsene Eintags- resten. Die erwachsenen Eintagsfliegen fliegen haben zwei Schwanzfäden, die 2 nehmen in ihrem kurzen Leben keine Larven dagegen drei. Nahrung mehr auf. Die Tiere in einem Gewässer(-abschnitt) schlüpfen häufig Wo lebt sie? synchron. Bei der anschließenden Paa- rung bilden die Männchen Schwärme, Sie besiedelt vor allem saubere, schnell in die die Weibchen hineinfliegen. Die fließende Bäche und Flüsse, hat im Ver- Männchen sterben bereits kurz nach der gleich zu anderen Eintagsfliegen geringere Paarung, die Weibchen bald nach der ökologische Ansprüche und ist häufig. Eiablage. Erwachsene Eintagsfliegen sind Die Larve benötigt einen möglichst struk- etwa von April bis Oktober zu sehen. turreichen Untergrund, um sich vor der Strömung zu schützen. Denn sie gräbt Was hilft ihr? sich nicht in den Boden ein und hat auch keinen abgeplatteten, stromlinienförmigen Eintagsfliegen sind vor allem beeinträch- Körper, wie einige andere Eintags- tigt durch Gewässereutrophierung und fliegenarten. Beeinträchtigungen ihres Lebensraums. Sie benötigen saubere Fließgewässer mit einer möglichst natürlichen Gewässer- struktur und -dynamik. Die erwachsenen Eintagsfliegen tanzen zur Paarungszeit in Schwärmen. 2 as zgr ea) - G lan dinac hr un Ro ris ar h a la (P Fl Wass utender e Die Larven leben (Ranu rhahne nculu nf am Gewässergrund s fluit uß ans) 1 an Stellen mit geringer Strömung. 19
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Lebensraum Siedlung Melden- ne r an Blütensp saria uo cia sin Eupithe Wie lebt er? Die dämmerungs- und nachtaktiven Wie sieht er aus? Falter 1 fliegen im Juli und August. Zur Nahrungsaufnahme besuchen sie Blüten Die Flügelspannweite der Falter beträgt von Wasserdost (Eupatorium cannabinum) 15 – 20 mm. Durch die charakteristischen oder Bärenklau-Arten (Heracleum). Flügelzeichnungen der Vorderflügel ist die Art gut von anderen Blütenspannern Die Eier 2 werden an die Unterseite von zu unterscheiden. Sie ist trotz ihrer zarten Blättern der Raupen-Nahrungspflanze Gestalt ein sehr robuster Flieger. abgelegt. Die Raupen 3 leben im August und September und ernähren sich über- Wo lebt er? wiegend von Blüten und Früchten von Melden- (Atriplex) oder Gänsefuß-Arten Was hilft ihm? Der Melden-Blütenspanner bevorzugt (Chenopodium). extensiv oder nicht genutzte Flächen mit Der Melden-Blütenspanner ist gefährdet warm und windgeschützt stehenden Die Jungraupen sind lebhaft und fressen durch den Verlust von Brachflächen und Gänsefuß- und Meldenbeständen, also ununterbrochen. Ältere Raupen fressen von ländlichen Dorfstrukturen. Der Erhalt vor allem Brachen, aber auch Ödland nachts und ruhen am Tage gut getarnt an und die Schaffung z. B. von Ruderal- und Schuttplätze. ihren Nahrungspflanzen. Die Verpuppung vegetation mit Melden- und Gänsefuß- 4 erfolgt in der Erde in einem Kokon. arten (z. B Guter Heinrich, Chenopodium bonus-henricus) fördern die Art. Künst- liche Lichtquellen sollten im Außenbereich Die Falter möglichst wenig und nur insektenfreund- besuchen lich eingesetzt werden. Bärenklau-Blüten zur Nahrungs- aufnahme. 1 Die Raupen fressen im Spätsommer gut getarnt an den Blättern. Wiese 3 (Heracle n-Bärenklau um sph ondyliu m) Die Eier werden an efuß der Blatt- Gäns dium) e n o po unterseite (Ch abgelegt. Gute r (Che Heinrich n bonu opodium s-hen ricus ) 2 4 20
Insekten in Niedersachsen Gehörnte Mauer biene Osmia cornuta Wie sieht sie aus? Die 12 – 16 mm großen Weibchen sind Wie lebt sie? tiefschwarz, haben einen rostrot bepelz- ten Hinterleib und erinnern an Hummeln. Die Bienen 1 sind bereits Anfang Die etwas kleineren Männchen sind leicht bis Mitte März an den ersten warmen an ihrer weißen Gesichtsbehaarung zu Frühlingstagen aktiv. Als Nahrungs- erkennen. pflanzen nutzt sie ein breites Spektrum, Was hilft ihr? von frühblühenden Bäumen wie Weiden Wo lebt sie? (Salix), Ahorn (Acer) und Kirschen (Prunus) Die Gehörnte Mauerbiene ist sehr an- bis zu Klee 2 , Taubnesseln (Lamium) passungsfähig und derzeit nicht gefährdet. Sie nistet ursprünglich meist in süd- und Blaustern (Scilla). Im Siedlungsbereich Durch Nisthilfen und ein reiches Angebot exponierten, vegetationsfreien Löss- und nistet sie als solitäre Art in Hohlräumen an frühblühenden Kräutern und Gehölzen Lehmwänden von Hohlwegen, in Steil- unterschiedlicher Art, wie z. B. Mauerritzen kann sie gefördert werden. wänden an Flussufern und in Bohrlöchern 3 , Löchern im Verputz, Totholz oder in in faulem Holz. Inzwischen bewohnt sie verlassenen Nestern anderer Solitärbienen. aber auch Siedlungen mit entsprechend Die Nester sind meist „Linienbauten“ mit warmem Kleinklima. Ihre Nester baut zahleichen hintereinander liegenden Brut- die Biene dort bevorzugt in Gärten und zellen. Als Baumaterial dient feuchter Sand Parkanlagen in vorhandene Nistmöglich- oder Lehm, der mit Drüsensekreten ver- keiten. mischt wird. Die Larve verpuppt sich und überwintert. Im nächsten Frühjahr schlüpft die erwachsene Biene. Die Bienen sind schon im Vorfrühling unterwegs. 1 Jede Biene legt eigene Nester in unterschiedlichen Hohlräumen an. Der Rotklee 3 ist eine von vielen verschiedenen 2 Nahrungspflanzen. Purpu rrote Tau (Lamiu bnessel m pur pureu m) e Rotkle tense) fo li u m pra (Tri 21
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Ursachen und Auswirkungen des Insektenrückgangs Die Ursachen für den Rückgang der Insekten benötigen in ihren Lebens- Insekten sind vielfältig und komplex. räumen z. B. geeignete Strukturen, Wichtige Gründe sind der Verlust und Pflanzen und Böden für die Eiablage die qualitative Verschlechterung ihrer sowie eine ausreichende Nahrungs- Lebensräume, ob an Land oder im grundlage sowohl für die ausgewach- Wasser. senen Tiere als auch für ihre Larven. Große, intensiv genutzte Ackerflächen entstehen auf Kosten von Wegrainen, Hecken und Feldgehölzen. Strukturwandel der Landschaft Die zunehmende und intensivere Nutzung Die Schlaggröße der landwirtschaftlichen von Flächen, egal ob es sich um Acker-, Flächen nimmt zu, wichtige Struktur- Grün- und Gartenland, Wälder, Siedlungs-, elemente wie Hecken, Gehölze, Wegraine, Industrie- und Verkehrsflächen handelt, Gewässerrandstreifen und Kleingewässer führt häufig zu einer Monotonisierung werden immer weniger. Von der Umwand- und Zerschneidung der Landschaft. lung oder Beeinträchtigung von Gewäs- sern (Bäche, Seen, Tümpel) und anderen Feuchtgebieten sind eine Reihe von Insek- tenarten betroffen, allen voran diejenigen, deren Larven im Wasser leben. Private Grün- und Freiflächen sind häufig durch große versiegelte Bereiche in Form von Pflasterungen, Schotter- und Kiesflächen geprägt. Dort wachsen fast keine heimischen Pflanzenarten und es fehlen daher vielfältige Lebensräume für Insekten. Pestizide sind mit verantwortlich für den Nachtaktive Insektenarten sind auf starken Rückgang der Insekten. Dunkelheit und natürliches Licht von Mond und Sternen angewiesen, um sich Eine intensive, oft in industriellem Stil bei Nahrungssuche und Fortpflanzung zu praktizierte Landwirtschaft und langfristige orientieren. Werden sie von künstlichen Künstliche Lichtquellen locken Insekten Verluste von Flächen durch Versiegelung Lichtquellen, z. B. Scheinwerfern, Straßen- aus ihrem Lebensraum fort und stören sind die auffälligsten Gefährdungsfak- lampen, Haus- und Gartenbeleuchtungen, ihren natürlichen Rhythmus. toren. Die Anwendung von Pestiziden, angelockt, führt dies zu einer Störung der Eintrag von Nähr- und Schadstoffen ihres natürlichen Verhaltens. Das stunden- in Böden und Gewässer beeinträchtigen lange Umschwirren der Lichtquellen kostet Insektenarten und verändern ihre Lebens- unnötig Energie und vermindert ihre räume nachhaltig. Überlebenschancen. 22
Ursachen und Auswirkungen des Insektenrückgangs Auswirkungen des Insektensterbens: Verlust vielfältiger Funktionen im Ökosystem Insekten sind ein wichtiger Teil der bio- logischen Vielfalt und spielen in unseren Ökosystemen eine große Rolle. Insekten sind die Artengruppe mit den vielseitig- sten ökologischen Ansprüchen und Leistungen. Der Rückgang der Insekten hat damit nicht nur unmittelbare Aus- wirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf uns Menschen. Er verursacht große ökonomische Risiken, die sich durch eine deutliche Minderung der von den Insek- tenarten erbrachten „Ökosystemleistun- gen“ ergeben können. Die Leistung der Insekten umfasst u. a. die Bestäubung von Gehölzen und wei- Marienkäfer fressen Blattlauslarven. Sie sorgen damit für ein natürliches, ökologisches teren Blütenpflanzen und ist damit essen- Gleichgewicht. ziell für die Erhaltung und Vermehrung von Wildpflanzen und die Sicherung der Parasitische und räuberische Insekten Ernteerträge und -qualität vieler Nutz- sorgen für ein natürliches ökologisches pflanzen. Die in Niedersachsen lebenden Gleichgewicht. Marienkäfer ernähren rund 300 Wildbienenarten haben z. B. sich beispielsweise von Blattläusen, die als Bestäuber eine hohe Bedeutung. Sie Larven der Glühwürmchen vertilgen sind aufgrund ihrer jeweils typischen gerne Schnecken (sogar Nacktschnecken) Spezialisierungen und Anpassungen und die Larven der Feuerkäfer, die unter oftmals effektivere Bestäuber als Honig- der Rinde von Bäumen leben, fressen die bienen. Larven des Borkenkäfers. Insekten sind eine wesentliche Nah- Eine gesunde Bodenfauna ist ein rungsgrundlage für Vögel, Amphibien, wichtiger Faktor, um intakte Böden zu Reptilien, Säugetiere (Fledermäuse, Spitz- erhalten und zu fördern. Einige Arten mäuse, Igel, Dachse) oder Fische, aber sind als Zersetzer durch den Abbau auch für andere Insekten. organischer Masse für die Humusbildung verantwortlich. Besonders im Wald haben Insekten beim Abbau von Totholz und Laub eine tragende Rolle im Stoffkreislauf. Insekten Verschiedene im Wasser lebende sind wichtige Bausteine Insektenarten ernähren sich als Filtrierer von feinsten organischen Schwebteil- • für die Kontrolle des chen und leisten dadurch einen Beitrag ökologischen Gleichgewichts zur Gewässerreinigung und damit zur Verbesserung der Gewässerqualität von Natur zum Erleben: Heupferde sind • als Nahrungsgrundlage für Seen, Flüssen und Bächen. faszinierende Tiere. andere Arten Insekten lassen sich in der Natur auf • für die Gewässerreinigung vielfältige Weise wahrnehmen und erle- • als Bodenverbesserer ben. Das Sirren von Fliegen und erst recht • im Nährstoffkreislauf (Umsatz ein Mückenstich sind manchmal lästig von pflanzlicher und tierischer oder gar schmerzhaft, aber das Zwitschern Biomasse) der Heupferde oder der gaukelnde Flug • für den Erhalt der Waldvitalität bunter Schmetterlinge gleichen das bei Weitem aus. Das Erleben von Insekten in und beim Abbau von Holz und der Natur ist ein Teil ihrer positiven Wir- Laub kungen auf den Menschen. Das direkte • als Bestäuber von Nutzpflanzen Naturerleben fördert unsere Gesundheit • für die Erholungsfunktion und Lebensqualität. (Erleben und Wahrnehmen von Insekten) 23
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Insekten in Städten und Dörfern Wie könnte ein insektenfreundliches Umfeld Insekten sind fast überall direkt in Städten und Dörfern erlebbar, ihre Lebensräume beschrän- idealerweise aussehen? ken sich nicht auf vom Menschen ungestörte Gebiete. Das bedeutet, dass jeder Mensch in seiner unmittel- Die Siedlungsbereiche der Dörfer baren Umgebung etwas für die und Städte zeichnen sich durch Insektenvielfalt tun kann. abwechslungsreiche „grüne Frei- räume“ aus, die in einem ausge- wogenen Verhältnis zum Anteil der bebauten und versiegelten Flächen (Gebäude, Straßen und Wege) stehen. Die privaten Freiflächen, wie Hausgärten, Kleingartenparzellen, Brach- und Gewerbeflächen, sind geprägt durch vielfältige Lebens- räume wie artenreiche Wiesen, Hecken, alte Bäume und Gewässer. Sie zeichnen sich durch heimische Pflanzenarten, Blütenreichtum und weitere Kleinstrukturen wie z. B. Ein Blütenmeer an der Hauswand lockt Baumstubben, offene Boden- viele Insekten an. bereiche, alte Mauern oder offene Pflasterfugen aus. Ungenutzte Flächen sind durch einen teils lückigen, vielfältigen Pflanzen- bewuchs aus spontan wachsenden, heimischen Arten gekennzeichnet. Kletter- und Rankpflanzen an Dächern und Fassaden prägen die Gebäude. Artenreiche Säume, Hecken und Gehölze grenzen an Wege und Straßen. Die Grünflächen sind unter- einander vernetzt und mit der freien Landschaft verbunden. Sie ermög- Auch Verkehrsinseln können aufblühen. Ruderalflächen entwickeln sich ohne Zutun lichen einen Austausch zwischen des Menschen zu Insektenparadiesen. den Populationen der einzelnen Insektenarten. Durch eine insekten- Städte und Dörfer sind durch bebaute freundliche Beleuchtung werden Bereiche sowie durch Grün- und Frei- keine nachtaktiven Insekten ange- flächen strukturiert. Hier finden verschie- lockt und sie können so ihrem na- dene Insektenarten auch als Kulturfolger türlichen Tag-Nacht-Lebensrhythmus Ersatzlebensräume und Rückzugsorte. folgen. Gebäudefassaden dienen z. B. als Ersatz für Felsformationen, Einzelgehölze und Baumgruppen als Ersatz für Wälder, arten- und strukturreiche Grünflächen als Ersatz für Wiesen, Ruderalflächen als Ersatz für Viele Mauerbienen nutzen Mauerfugen trockene Uferbereiche von Flüssen und und Gesteinsspalten zur Anlage ihrer Nist- Naturnahe Gärten sind Oasen – für Mensch natürlichen Sanddünen. Hier leben nicht röhren. Standortheimische Gehölze sind und Tier. nur „Allerweltsarten“, sondern z. T. auch Lebensraum für viele baumbewohnende seltene und bedrohte Arten. Arten. Naturnah gestaltete oder der Natur Das kleinräumige Nebeneinander von überlassene Bereiche privater Hausgärten, Nahrungs- und Fortpflanzungsplätzen Kleingartenanlagen, Gewässer, Grün- und sowie die Vernetzung der einzelnen Brachflächen von Gewerbegebieten sind Lebensräume sind im besiedelten Bereich Lebensraum vieler unterschiedlicher Insek- von besonderer Bedeutung für Insekten. tenarten. 24
Insekten in Städten und Dörfern Gefährdung von Insektenlebensräumen Die hohe Artenvielfalt der Städte und Dörfer ist durch eine zunehmende Monotonisierung und einen steigenden Nutzungsdruck gefährdet. Nutzungs- änderungen, wie der Bau neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen oder „effizientere“ Pflegemaßnahmen von Freiflächen, haben einen direkten Lebensraumverlust für Insekten zur Folge. Die Modernisierung von Gebäuden, insbesondere energe- tische Sanierungen, können zum Verlust spezifischer Gebäudelebensräume führen. Künstliche Lichtquellen können je nach Lichteigenschaft nachtaktive Insekten in der Dunkelheit anziehen und so in ihrer natürlichen Aktivität beeinträchtigen (vgl. S. 22). Vorgärten werden vermehrt als vege- tationslose oder -arme Schottergärten angelegt, oft mit Vlies oder Folie unter der Steinschicht. Schmetterlinge oder Hummeln finden hier weder Nahrung noch Rückzugs- Intensiv gepflegte Gärten mit nicht heimischen Pflanzenarten bieten nur wenigen Arten räume. Die Niedersächsische Bauordnung einen Lebensraum. verbietet grundsätzlich geschotterte Garten- flächen, da sie keine Grünflächen im Sinne der Bauordnung sind. Eintönigkeit statt Vielfalt: Der Mähroboter Kiesstreifen statt blühende Beete wartet schon um die Ecke. Grünflächen in privaten Gärten werden teilweise mehrfach im Jahr „gepflegt“ bzw. wöchentlich gemäht (Zierrasen) und sind dementsprechend artenarm und strukturlos. Nicht heimische Stauden und exoti- sche Gehölzarten, wie Thuja-Hecken oder Ziersträucher (z. B. Gefüllter Schneeball), bieten heimischen Insektenarten in der Regel deutlich weniger Lebensraum und Schmetterling, Hummel oder Libelle haben Der Trend zum sterilen Schottergarten Nahrungsquellen als heimische Pflanzen. hier keine Chance zu leben. verschärft das Insektensterben noch. Die Arten sind oft gänzlich unfrucht- bar gezüchtet oder für die heimischen Insektenarten wertlos (Rhododendron, Scheinhasel). 25
Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können Das eigene Lebensumfeld insektenfreundlich gestalten Der eigene Hausgarten, Kleingarten Zur Förderung von Insekten wird oder andere unbebaute Flächen derzeit häufig die Anlage von Blüh- (Sport- und Spielplätze, landwirtschaft- wiesen vorgeschlagen und umgesetzt. liche Flächen, Betreuungsflächen ört- Vor diesem Hintergrund werden im licher Vereine, gewerbliche Brach- und Folgenden, neben allgemeinen prak- Ruderalflächen, Straßen- und Weg- tischen Tipps und Informationen zu ränder) können insektenfreundlich einer insektenfreundlichen Pflege und um- oder neugestaltet werden. Eine Gestaltung von Grün- und Freiflächen, Vielzahl von Maßnahmen sind mög- ausführliche Hinweise und Möglich- lich. Wesentlich sind dabei der Verzicht keiten zum Thema „Blühflächen- Grundsätze auf chemische und organische Dünge- einsaat“ beschrieben. einer naturnahen und Pflanzenschutzmittel, die Verwen- und insektenfreundlichen dung von möglichst einheimischen Pflanzen und insbesondere das Dulden Gartengestaltung von spontan wachsenden Wildpflan- • Verzicht auf Dünger und Pest zen in Blumen- und Gemüsebeeten izide oder in ungenutzten Gartenecken. • Heimische und standortgerech te Pflanzen • Versiegelung minimieren • Nährstoffarme Standorte erha lten • Verwilderung zulassen • Auf Vielfalt achten • Sachkundige extensive Pflege Arten- und strukturreiche Blüh wiesen Entwicklung mit geringem Pflegeaufwand Durch eine naturnahe Grünflächenpflege können sich artenarme, oft gemähte Glattschieniger Pinselkäfer Rasenflächen mit der Zeit zu artenreichen (Trichius gallicus Rasen oder Wiesen entwickeln. Ein ) vielfältiges Angebot an möglichst heimi- schen Wildpflanzenarten verbessert das Nahrungsangebot für Insekten und bietet ihnen ganzjährig Nist- und Überwinte- rungsplätze im Siedlungsbereich. Blühwiesen sind nicht nur für Insekten eine Für eine Entwicklung zu arteinreichen Augenweide. Wiesen eignen sich besonders Rasen- flächen, die weniger als Aufenthalts- und Spielfläche genutzt, sondern lediglich mit dem Rasenmäher intensiv gepflegt werden. Dieser Pflegeaufwand lässt sich langfristig deutlich reduzieren. Hierzu sind folgende Arbeitsschritte und Pflege- methoden empfehlenswert. Der Glattschienige Pinselkäfer findet in strukturreichen, natur- nahen Gärten geeig- nete Lebensräume. Ein Summen und Zirpen … hier lässt sich’s gut entspannen. 26
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