Botanischer Garten Bielefeld - Fenster in die Zeit - Streifzug durch die Evolution der Landpflanzen
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Botanischer Garten Bielefeld Fenster in die Zeit – Streifzug durch die Evolution der Landpflanzen www.botanischer-garten-bielefeld.de
Die Entwicklung der Pflanzen ist eng mit der erdgeschichtli- chen Entwicklung unseres Planeten verknüpft. Pflanzen haben sich an geologische und klimatische Veränderungen angepasst, aber auch selbst das Gesicht der Erde nachhaltig geprägt. Die Info-Tafeln an der Erdzeituhr bieten viele vertiefende In- formationen zur Evolution der Pflanzen und ihrem Einfluß auf die Geschichte der Erde und des Lebens. Zusätzlich können Sie mit dieser Broschüre selbst auf Entdeckungsreise gehen: Der Bota- nische Garten Bielefeld beherbergt viele stammesgeschichtlich sehr alte Pflanzen. Schon bei einem kleinen Rundgang durchläuft man fast alle wichtigen Entwicklungsschritte in der Evolution der Landpflanzen. Erdzeituhr mit Info-Tafeln Fenster in die Zeit Streifzug durch die Evolution der Landflanzen Blütenpflanzen Tertiär 66 – 2,5 Mio. Erdneuzeit Neophytikum Jahre Känozoikum (Nadelbäume) Kreide Koniferen 145 – 66 Mio. Jahre (Palmfarne) Cycadeen Bennettitales Jura 200 – 145 Mio. Erdmittelalter Moose Mesophytikum Jahre Mesozoikum Trias (z. B. Schuppenbäume) 252 – 200 Mio. Schachtelhalme Jahre Lycophyten Perm Samenfarne Cordaitales 300 – 252 Mio. Jahre Farne Karbon Paläophytikum 360 – 300 Mio. Jahre Devon 420 – 360 Mio. Jahre Erdaltertum Paläozoikum Silur 445 – 420 Mio. Jahre Ordovizium 485– 445 Mio. Jahre
1 Gedrehtfrüchtiges Glockenhutmoos 2 Baumfarn Encalypta streptocarpa Dicksonia antarctica Die Besiedlung des Landes die Hornmoose und die Laub- Beidseitig der Farntreppe Die überlebenden Gruppen bil- durch Pflanzen begann vor über moose. Moose sind ihren Vorläu- werden verschiedene Farnarten deten in der darauf folgenden 450 Millionen Jahren. Moose fern, den wasserlebenden Algen, mit unterschiedlichen Wuchs- Trias- und Jurazeit viele der heute waren die ersten Pflanzen über- noch recht ähnlich. Sie haben formen gezeigt. besonders ein- noch bekannten Formen aus. haupt, die das Land eroberten; keine Gefäße und sind daher drucksvoll ist der – während der Etwa 10.000 Arten leben heute sie stellen also eine erdgeschicht- stark an feuchte Standorte ge- Vegetationszeit ausgepflanzte – auf der Erde. lich besonders alte Pflanzenform bunden. Baumfarn aus Australien. Farne Baumfarne haben schon seit dar. Heute sind etwa 16.000 Ar- Das Glockenhutmoos ist vermehren sich wie die Moose der Jurazeit vor 180 Mio. Jahren ten von Moosen bekannt, die in ein typischer Vertreter der hier durch Sporen, eine sehr urtüm- die Erde besiedelt und sich seit drei Gruppen eingeteilt werden – anstehenden feuchten Standorte liche Art der Fortpflanzung. Sie dem kaum verändert. die Lebermoose, mit kalkhaltigem Untergrund. Die entwickelten sich im Devon vor kleinen zungenförmigen Blätter etwa 410 Millionen Jahren – als es erkennt man nur mit der Lupe. an Land noch keine Wirbeltiere gab – und hatten später im Kar- bon ihre weiteste Verbreitung. Einige Arten bildeten damals bis zu 50 m hohe Bäume. Viele Grup- Wegbereiter pen starben im Perm (vor 250 Die Eroberung des Landes durch Pflanzen hatte erheblichen Millionen Jahren) wieder aus. Einfluß auf unseren Planeten. Vor der Zeit des Ordoviziums gab es so etwas wie „Boden“ noch nicht. Es gab also noch keinen organischen Kreislauf an Land, der die Grundlage heutiger Öko- systeme bildet. Insekten, Spinnentiere und später auch Wirbel- tiere konnten erst den Schritt an Land machen, nachdem Pflan- zen diesen Weg geebnet hatten.
3 Moosfarn 4 Riesen-Schachtelhalm 5 Ginkgo 6 Atlas-Zeder Selaginella kraussiana Equisetum telmateia Ginkgo biloba Cedrus atlantica Bärlappgewächse entwickelten Schachtelhalme, ebenfalls Der Ginkgo ist ein Baum aus Die Atlas-Zeder gehört zur Fami- sich nach den Urfarnen im frühen Sporenpflanzen, hatten ihren der Gruppe der Nacktsamer lie der Kieferngewächse. Kiefern Devon. Sie waren die ersten Schwerpunkt im Karbon vor über und ein echtes lebendes Fossil. sind Nacktsamer, die ihren Höhe- Pflanzen mit einfachen Blättern 300 Millionen Jahren. Zu dieser Die Ginkgogewächse gehören punkt im späten Erdaltertum / und brachten vor 370 Millionen Zeit bildeten sie teilweise bis weder zu den Nadel- noch zu frühen Erdmittelalter hatten. Jahren auch die ersten baum- 30 m hohe baumförmige Arten den Laubbäumen, sondern bil- Damals existierten zehntau- förmigen Arten hervor. Einige (Calamiten). den eine eigene Gruppe. sende Arten dieser Nadelgehöl- krautige Bärlappgewächse (Ly- Die kleinwüchsige Gattung Erste Spuren von Ginkgos ze, heute gibt es weltweit nur copodium) und den Moosfarn Equisetum, die heute noch mit sind schon aus dem Unterperm noch etwa 800 Arten, davon 10 (Selaginella) gibt es heute noch. 15 Arten vorkommt, hat sich be- (280 Millionen Jahre) bekannt, in Mitteleuropa. Sie haben sich seit 300 Millionen reits im Perm vor über 250 Millio- im Tertiär (25 Millionen Jahre) Die Krone kann im hohen Al- Jahren kaum verändert. nen Jahren entwickelt. Der Rie- finden sich häufig fossile Ginkgo- ter eine Schirmform ausbilden. sen-Schachtelhalm ist die größte Blätter, die von den heutigen Schachtelhalm-Art in Deutsch- kaum zu unterscheiden sind. land. Als Lebensraum bevorzugt Der Ginkgo kommt heute noch er sehr nasse Standorte an quel- in China und Japan vor und ist lennahen Bachtälern und Sumpf- dort als Heilpflanze bekannt. wiesen.
eg) mp-W ttenka (P.-Ko arten c hen G otanis Am B n arte enG h c Am Botanis Am Kahlenberg Fenster in die Zeit 1 Glockenhutmoos Encalypta streptocarpa Streifzug durch die Evolution 2 Baumfarn Dicksonia antarctica der Landpflanzen 3 Moosfarn Selaginella kraussiana 4 Riesen-Schachtelhalm Equisetum telmateia 5 Ginkgo Ginkgo biloba 6 Atlas-Zeder Cedrus atlantica 7 Riesenmammutbaum Sequoiadendron giganteum 8 Sumpfzypresse Taxodium distichum 9 Urweltmammutbaum Metasequoia glyptostroboides 10 Wollemie Wollemia nobilis 11 Meerträubel Ephedra distachya 12 Schirm-Magnolie Magnolia tripetala 13 Weiße Silberwurz Dryas octopetala 14 Radbaum Trochodendron aralioides
7 Riesenmammutbaum 8 Sumpfzypresse 9 Urweltmammutbaum 10 Wollemie Sequoiadendron giganteum Taxodium distichum Metasequoia glyptostroboides Wollemia nobilis Ein urtümlicher Nadelbaum, Die Sumpfzypresse ist ein Na- Der Urweltmammutbaum, Die Wollemie ist ein Araukarien- dessen Vorfahren sich bis in die delgehölz, das mindestens seit auch Chinesisches Rotholz, Me- gewächs und war zur Kreide- frühe Kreidezeit vor 125 Millionen 20 Millionen Jahren weitgehend tasequoie oder Wassertanne und Jurazeit vor 200 bis 90 Millio- Jahren zurückverfolgen lassen. unverändert existiert. Die Braun- genannt, gilt als lebendes Fossil. nen Jahren auf dem Urkontinent Mammutbäume waren auf der kohlen im Rheinland entstanden Er wurde erst im Jahre 1941 Gondwana weit verbreitet. ganzen Nordhalbkugel verbreitet. aus dem Holz von Sumpfzypres- in einer unzugänglichen Bergre- Dieser Zeitgenosse der Dino- sen und anderen Nadelbäumen. gion in den Regionen Sichuan und saurier galt lange Zeit als aus- Die Sumfzypresse gedeiht so- Hubei (China) entdeckt und war gestorben, bis 1994 ein kleiner wohl auf normalen Böden als zuvor nur durch Fossilienfunde Bestand in einer tiefen Schlucht auch im Wasser. bekannt. Er ist die einzige heute in Australien entdeckt wurde. lebende Art der Gattung Metase- quoia. In seiner Heimat wächst der Baum vergesellschaftet mit Laub- und Nadelgehölzen in Hö- henlagen von 700 – 1350 m und wirft im Winter seine Nadeln ab. Neue Techniken: Vermehrung durch Samen Nachdem sich urtümliche Pflanzen durch Sporen vermehrten, entstanden vor etwa 350 Millionen Jahren die ersten Samenpflan- zen. Diese neue Art der Vermehrung hatte Vorteile: der Embryo der Pflanze war besser geschützt und weniger in Gefahr, auszu- trocknen. Zunächst entwickelten sich Nacktsamer, deren Samen nicht in einem Fruchtknoten geschützt waren:
11 Meerträubel 12 Schirm-Magnolie 13 Weiße Silberwurz 14 Radbaum Ephedra distachya Magnolia tripetala Dryas octopetala Trochodendron aralioides Die Meerträubelgewächse ge- Magnoliengewäche gehören Die Weiße Silberwurz ist ein Der Radbaum ist entwicklungs- hören wie die Nadelbäume zu zu den ursprünglichsten be- Eiszeitrelikt. Am Ende des Pleis- geschichtlich eine der ältesten den nacktsamigen Pflanzen, einer decktsamigen Pflanzenfamilien. tozän vor etwa 12.000 Jahren war Blütenpflanzen. Im Tertiär besie- entwicklungsgeschichtlich sehr Älteste Fossilien von Magnolien sie überall in Europa verbreitet. delte diese Pflanzenfamilie große alten Pflanzengruppe. Die klei- finden sich in der Unterkreide Das immergrüne, verholzte Areale, heute gibt es nur noch ei- nen Rutensträucher fallen beson- (140 bis 100 Millionen Jahre vor Rosengewächs kommt auf der ne Art, die in Japan, auf der Insel ders durch ihre blattlosen dün- heute). Heutige Magnolien zei- Nordhalbkugel heute noch in Taiwan und in Korea vorkommt. nen Zweige auf. Ephedra-Arten gen noch eine Reihe stammes- Höhen von 1200 bis 2500 m vor. Die Blüten des Radbaums gehören zu den ältesten als Me- geschichtlich sehr alter Merkma- Sie kann bis 100 Jahre alt werden. haben weder Kelch noch Kronen- dizin und Genussmittel verwen- le, wie zum Beispiel eine Vielzahl blätter und werden vom Wind deten Pflanzen. an Blüten- und Staubblättern und bestäubt. Interessant ist die rad- spiralig angeordnete Früchte. förmige Anordnung der Staubge- fäße um die kreisrunden Narben. Bedecktsamer Seit Beginn der Kreidezeit vor etwa 150 Millionen Jahren sind bedecktsamige Pflanzen bekannt, und gegen Ende der Kreide- zeit (etwa 80 Millionen Jahre) gewannen sie stark an Bedeutung. Sie sind mit ca. 250.000 Arten die heute dominierende Pflan- zengruppe auf dem Festland, davon etwa 3.000 Arten in Mittel- europa. Alle heutigen Blütenpflanzen sind Bedecktsamer.
Baumfarne Cyatheales Gingko Ginkgo biloba Wollemie Wollemia nobilis Schachtelhalm Equisetum Lebende Fossilien Das Wort Fossil kommt aus dem Zudem müssen alle hervorge- Was ist ein lebendes Fossil? Im Botanischen Garten wach- Lateinischen und bedeutet „Aus- brachten Gesteine älter als Unter dieser Bezeichnung wer- sen viele Pflanzen, die als leben- gegrabenes“. Bezeichnete man 10.000 Jahre sein, sonst dürfen den Lebewesen zusammenge- de Fossilien bezeichnet werden, früher noch alle ausgegrabenen sie nicht als Fossil bezeichnet fasst, die sich über viele Millionen so zum Beispiel: interessanten Gegenstände als werden. Fossilien können über- Jahre nicht oder nur unwesent- • der Baumfarn Fossilien, nennt man heute ledig- liefert sein als Blätter, Fußabdru- lich verändert haben. Die Evolu- Dicksonia antarctica lich Überreste von Lebewesen, cke, Knochen, Zähne und sogar tion scheint an diesen besonde- • der Gingko Ginkgo biloba die vor langer Zeit gestorben Reste von Gängen, die ein Tier ren Tieren und Pflanzen schein- • die Wollemie Wollemia nobilis sind, so. gegraben hat. bar spurlos vorüber gegangen • der Riesenschachtelhalm zu sein. Dies kann unterschied- Equisetum telmateia liche Gründe haben: entweder • der Urweltmammutbaum sind diese Arten besonders flexi- Metasequoia glyptostroboides bel, so dass Veränderungen ihres Lebensraumes keinen evolutio- nären Druck auf sie ausüben – oder sie kommen in Lebens- räumen vor, die über sehr lange Zeiträume stabil blieben, wie zum Beispiel in abgelegenen Bergtälern oder in der Tiefsee. Farn-Fossil auf Tonstein Ginkgo-Blatt-Fossil Schachtelhalm-Fossil Alter ca. 300 Millionen Jahre Alter ca. 25 Millionen Jahre Alter ca. 250 Millionen Jahre
Informationen Botanischer Garten Der Botanische Garten ist zentrumsnah gelegen und während des ganzen Jahres rund um die Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei! Anreise Die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist zu empfehlen, da Parkplätze am Botanischen Garten und Johannisfriedhof nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. www.mobiel.de Bus: Linie 29 Haltestelle Langenhagen, Linie 24 Haltestelle Johannisfriedhof StadtBahn: Linie 1 bis Haltestelle Betheleck, dann weiter zu Fuß über den Haller Weg / Langenhagen Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns an, wir unterstützen Sie gern. Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld Botanischer Garten und Verein Freunde des Botanischen Gartens Bielefeld e. V. Am Kahlenberg 16 | 33617 Bielefeld 0521 51–3178 | Fax 0521 51–5018 botanischer.garten@bielefeld.de www.botanischer-garten-bielefeld.de Spendenkonto Sparkasse Bielefeld IBAN: DE77 4805 0161 0006 4409 60 BIC: SPBIDE3BXXX Umweltbetrieb Herausgeber: Verein Freunde des Botanischen Gartens Bielefeld e.V. Verantwortlich: Klaus Frank & Rüdiger Ahrend (Umweltbetrieb) Bildnachweis Fossilien: Slg. Naturkunde-Museum Bielefeld Bildnachweis Fotografien: Rüdiger Ahrend, Klaus Frank, Gerald Paetzer Gedruckt auf Recyclingpapier I Gestaltung: Claudia Grotefendt I Stand: 2017
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