UNTERSTÜTZUNGS-BEDARFE DES BERUFS-BILDUNGSPERSONALS - WIE GELINGT DER DIGITALE WANDEL DER AUSBILDUNG? - Institut der deutschen ...
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STUDIE 4/2021 SUSANNE SEYDA, PAULA RISIUS UNTERSTÜTZUNGS- BEDARFE DES BERUFS- BILDUNGSPERSONALS WIE GELINGT DER DIGITALE WANDEL DER AUSBILDUNG?
STUDIE 4/2021 INHALTSVERZEICHNIS 1. EINLEITUNG 3 2. DATENGRUNDLAGE UND METHODIK 4 3. WEITERBILDUNGSBEDARF DES BERUFSBILDUNGSPERSONALS 5 4. DURCH DAS BERUFSBILDUNGSPERSONAL GENUTZTE WEITERBILDUNGSFORMATE 8 5. HINWEISE ZUR MÖGLICHEN UNTERSTÜTZUNG DES BERUFSBILDUNGSPERSONALS BEI DER DIGITALISIERUNG DER BERUFLICHEN AUSBILDUNG 11 6. FAZIT UND AUSBLICK 14 LITERATUR 16 2
1. EINLEITUNG Der digitale Wandel der Arbeitswelt, der durch den Damit gehen auch Belastungen für die Ausbilderinnen Einsatz neuer Technologien, veränderte Arbeits- und und Ausbilder sowie für die Lehrkräfte einher. Die größte Produktionsprozesse sowie neue Formen der Koopera- Belastung stellt die wachsende zeitliche Belastung tion und Kommunikation gekennzeichnet ist, verändert dar. Hinzu kommen weitere Anforderungen, die in den auch die berufliche Ausbildung. Damit wandeln sich letzten Jahren zugenommen haben, wie die Vermittlung durch die digitale Transformation die Anforderungen von neuem, eventuell noch unbekanntem Wissen oder an die Beschäftigten. Mit der Einführung oder Aktua- die Umsetzung geänderter Lehrpläne (Risius et al., lisierung digitaler Technologien in Unternehmen und 2021). Aber auch im didaktischen Bereich ergeben sich der Modernisierung der Ausbildungsordnungen für durch digitale Lernmedien und den Wandel im Mindset die Unternehmen und der Rahmenlehrpläne in den Herausforderungen für das Berufsbildungspersonal Berufsschulen verändern sich auch die Anforderungen (Härtel et al., 2017). an das Bildungspersonal. Das Berufsbildungspersonal in Unternehmen und Berufsschulen muss daher neue Im Zuge der vorliegenden Studie wird analysiert, oder veränderte fachliche und digitale Kompetenzen welche Weiterbildungs- und Unterstützungsbedarfe vermitteln, um die jungen Menschen für die digitale durch die beschriebenen Veränderungen entstehen. Arbeitswelt auszubilden. Im Vergleich zur Vergangen- Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die berufli- heit schreiten die Veränderungsprozesse durch die che Weiterbildung des Berufsbildungspersonals, sprich Digitalisierung in höherem Tempo voran und umfassen Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Lehrkräfte der eine große Zahl an Veränderungen in unterschiedlichen Berufsschulen, gelegt. Darüber hinaus wird sowohl die Bereichen. Durch veränderte Arbeitsprozesse, die auch bisherige Nutzung unterschiedlicher Weiterbildungs- die Zusammenarbeit und Kommunikation innerhalb von formate analysiert als auch eine Betrachtung der Wei- Unternehmen, aber auch zwischen Unternehmen und terbildungsbedarfe vorgenommen, welche die Befragten Geschäftspartnern sowie Kunden verändert, kommt bei sich selbst erkennen. In diesem Kontext ist auch auch den Soft Skills eine wachsende Bedeutung zu. Gegenstand der Analyse, inwiefern sie bereits digitale Gleichzeitig bietet die Digitalisierung neue Möglich- Lernmedien für die eigene Weiterbildung einsetzen. keiten der Wissensvermittlung in Form digitaler Lern- Zudem werden über die Weiterbildung hinausgehende medien. Dadurch stehen neue didaktische Möglich- Beratungs- und Unterstützungsbedarfe analysiert. keiten zur Verfügung, die auch das Rollenverständnis des Bildungspersonals verändern können. Diese Studie ist der vierte Teil einer Studienreihe, in welcher die Perspektiven des Berufsbildungspersonals Das Berufsbildungspersonal berichtet, dass es inner- auf die Digitalisierung der beruflichen Ausbildung be- halb der letzten drei Jahre zahlreiche Veränderungen trachtet werden. In den ersten drei Teilen wurden (1) in der dualen Ausbildung gab. Die Veränderungs- der Stand der Digitalisierung der Ausbildung aus Sicht geschwindigkeit hat zugenommen, mehr, neue und der Befragten (Risius, 2021), (2) die Rolle der Lernort- komplexere Inhalte müssen vermittelt werden und kooperation im Zuge des digitalen Wandels (Risius / die Vermittlung von Sozial- und Selbstkompetenzen Meinhard, 2021) und (3) die Chancen und Heraus- gewinnt immer mehr an Bedeutung. Parallel dazu ge- forderungen, welche die Berufsschullehrkräfte, Ausbil- ben die Befragten an, dass sich auch ihrer Tätigkeiten derinnen und Ausbilder im Zuge dessen wahrnehmen gewandelt haben. So findet ein intensiverer Austausch (Risius et al., 2021), analysiert. Die vorliegende vierte mit Kolleginnen und Kollegen statt, die Lehrpläne Studie beendet die Reihe, indem sie ausgewählte werden individueller, es wird verstärkt projektorientiert Ergebnisse der anderen drei Teile nochmals aufgreift gelernt und das Denken in Prozesszusammenhängen und mit den Analysen zu Weiterbildungen und Unter- wird häufiger vermittelt (Risius et al., 2021). stützungswünschen in Bezug setzt. 3
STUDIE 4/2021 2. DATENGRUNDLAGE UND METHODIK Die vorliegenden Ergebnisse basieren auf Daten einer Befragung von 261 Ausbilderinnen und Ausbildern sowie 157 Berufsschullehrkräften, die im Rahmen des Projekts NETZWERK Q 4.0 erhoben wurden. Das NETZWERK Q 4.0 wird vom Institut der deutschen Wirtschaft und den Bildungswerken der Wirtschaft durchgeführt und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Befragung begann im November 2020 und dauerte bis in den Januar 2021 an. Somit fällt die Befragung in einen Zeitraum, der durch Maßnahmen zur Kontaktbegrenzung im Rahmen der Corona-Pandemie geprägt war, was bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen ist. Da über die Grundgesamtheit der Befragungspersonen keine statistischen Informationen existieren und darüber hinaus die Möglichkeiten, die Zielgruppe gezielt zu kontaktieren fehlten, war eine systematische Stichprobenzie- hung nicht möglich. Stattdessen wurden die Fragebögen durch die Projektpartner vor Ort über persönliche Kontakte, Newsletter von Verbänden sowie über Websites und soziale Medien verteilt. Aufgrund der unsystematischen Stichprobenziehung sind die Ergebnisse der Befragung nicht repräsentativ. Eine Stichprobenbeschreibung ist in der Q 4.0-Studie 1/2021 einsehbar (Risius, 2021). Die unterschiedlichen Gegebenheiten und Nomenklaturen an den Berufsschulen bzw. in den Betrieben erforderten es, dass sich die Fragebögen für die beiden Zielgruppen geringfügig im Wortlaut voneinander unterschieden. So war beispielsweise im Fragebogen für Berufsschullehrkräfte die Gestaltung des Berufsschulunterrichts im Fokus, während sich die Frage im Erhebungsinstrument für die Ausbilderinnen und Ausbilder auf Ausbildungseinheiten bezog. Der inhaltliche Aufbau sowie die Reihenfolge der Fragen waren jedoch identisch, um eine möglichst hohe Vergleichbarkeit der Befragungsergebnisse zu erzielen. Im Zuge der Auswertungen innerhalb der vorliegenden Studie werden die deskriptiven Ergebnisse der beiden Befragtengruppen jeweils gegenübergestellt und mithilfe von Regressionen fallweise auf signifikante Zusammenhänge überprüft. 4
3. WEITERBILDUNGSBEDARF DES BERUFSBILDUNGS- PERSONALS Mit der Einführung neuer Technologien und einer Ver- als auch bei Ausbilderinnen und Ausbildern durch die änderung von Anforderungen und Tätigkeiten entsteht Digitalisierung flächendeckend erhöht. 60,3 Prozent Weiterbildungsbedarf bei den Mitarbeitenden, sodass der Lehrkräfte und 42,9 Prozent der Ausbilderinnen die Digitalisierung sich als starker Treiber für die Wei- und Ausbilder berichten, dass ihr Weiterbildungsbedarf terbildung erweist. Unternehmensbefragungen zeigen, deutlich gestiegen sei, weitere 32,1 Prozent der Berufs- dass digitalisierte Unternehmen häufiger weiterbil- schullehrkräfte und 41 Prozent der Ausbilderinnen und dungsaktiv sind als nicht-digitalisierte Unternehmen Ausbilder konstatieren einen leicht gestiegenen Weiter- und häufiger von einem gestiegenen Weiterbildungs- bildungsbedarf. Nur eine Minderheit der Befragten gibt bedarf berichten (Seyda, 2021). Dabei nutzten digitali- an, dass der Bedarf, beruflich hinzuzulernen in den sierte Unternehmen auch häufiger digitale Lernmedien vergangenen Jahren unverändert geblieben sei. für die Weiterbildung. Die Digitalisierung verändert auch die Ausbildung in doppelter Hinsicht: Zum einen Die befragten Lehrkräfte an Berufsschulen geben verändern sich die Inhalte, die in der Ausbildung insgesamt betrachtet einen stärkeren Anstieg ihres vermittelt werden, zum anderen entwickeln sich die Weiterbildungsbedarfs an als die Ausbilderinnen und Methoden, die in der Ausbildung eingesetzt werden, Ausbilder. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich in weiter. Das stellt auch das Berufsbildungspersonal vor der Berufsschule im Kontext der Digitalisierung mehr Herausforderungen, die sich im Weiterbildungsbedarf verändert hat als in den Unternehmen. Eine isolierte widerspiegeln. Wie Abbildung 3.1 zeigt, hat sich der Interpretation der Angaben ist jedoch nicht ohne Weiterbildungsbedarf sowohl bei Berufsschullehrkräften Weiteres möglich, da der Referenzpunkt, auf welchen ABBILDUNG 3.1: VERÄNDERUNG DES WEITERBILDUNGSBEDARFS DES BERUFSBILDUNGSPERSONALS IN DEN VERGANGENEN DREI JAHREN 70 60 50 40 60,3 30 42,9 41,0 20 32,1 10 15,7 0,4 7,7 0,0 0,0 0,0 0 DEUTLICH ETWAS GLEICH- ETWAS DEUTLICH GESTIEGEN GESTIEGEN GEBLIEBEN GESUNKEN GESUNKEN QUELLE: Q 4.0-Befragung des Berufsbildungspersonals 2021, Berufsschullehrkräfte Ausbilderinnen und Ausbilder N(Berufsschullehrkräfte) = 156, N(Ausbilder)=261 5
STUDIE 4/2021 sich die Befragten beziehen, nicht bekannt ist. Mög- man diesen Bedarf gemeinsam mit den Herausfor- licherweise erfolgte die Digitalisierung in Unternehmen derungen, die sich durch die Digitalisierung ergeben und Berufsschulen nicht zeitgleich, sodass auch der (Risius et al., 2021), so zeigt sich, dass Befragte einen Weiterbildungsbedarf zu unterschiedlichen Zeitpunkten höheren Weiterbildungsbedarf in diesem Bereich an- entsteht bzw. entstanden ist. Daher müssen die Aus- geben, wenn die bereichsübergreifende Zusammen- sagen der Befragten im Kontext der weiteren Fragen arbeit im Unternehmen an Relevanz gewonnen hat betrachtet werden. oder wenn bei ihnen in den vergangenen drei Jahren der Umfang der zu vermittelnden Inhalte gestiegen ist. Einen ersten Hinweis darauf, dass der Weiterbildungs- Dass die Komplexität angestiegen ist oder neue Inhalte bedarf der Ausbilderinnen und Ausbilder trotz des hinzugekommen sind, ist hingegen nicht entscheidend im Vergleich zu den Lehrkräften etwas geringeren für diesen wahrgenommenen beruflichen Weiterbil- Anstiegs höher ist als bei diesen, gibt Abbildung 3.2 dungsbedarf. Abgebildet ist der Anteil derjenigen, die bei sich selbst im jeweiligen Bereich mittleren bis großen Weiter- Im Bereich der Didaktik wird ebenfalls Weiterbildungs- bildungsbedarf sehen. Insgesamt sehen Berufsschul- bedarf gesehen. Etwa 90 Prozent der Ausbilderinnen lehrkräfte in durchschnittlich 4,9 der sieben Bereiche und Ausbilder sowie gut 80 Prozent der Lehrkräfte zumindest mittleren Weiterbildungsbedarf bei sich, geben an, dass sie sich Weiterbildungen zum Einsatz Ausbilderinnen und Ausbilder hingegen in 5,2 Berei- digitaler Lernmedien sowie zur zeitgemäßen didakti- chen und somit in signifikant mehr Bereichen. In den schen Gestaltung ihrer Tätigkeit wünschen. Der Bedarf meisten Fällen ähneln sich die Bedarfe der Befragten nach Weiterbildungen zum Einsatz digitaler Lernmedien stark, und so bestehen auch in der Rangfolge der ist bei Befragten höher, wenn die Komplexität der Nennungen keine größeren Unterschiede. Fast alle Ausbildungsinhalte in den vergangenen Jahren zu- Befragten geben in mindestens zwei Bereichen an, genommen hat. Darin spiegelt sich wider, dass digitale mittleren oder großen Weiterbildungsbedarf zu haben. Lernmedien gut geeignet sein können, um komplexe Zu erkennen ist dennoch, dass Lehrkräfte ihren Weiter- Sachverhalte zu erläutern, beispielsweise durch Videos bildungsbedarf zwar insgesamt betrachtet etwas häufi- oder durch Animationen. Zudem bieten sie auch eine ger als groß einstufen, Ausbilderinnen und Ausbilder einfache Möglichkeit, die Lerninhalte wiederholt anzu- jedoch zumeist mehr Weiterbildungsbedarf signalisie- schauen. Auch Befragte, die sich unsicher im Einsatz ren, wenn man großen und mittleren Weiterbildungs- digitaler Lernmedien fühlen, äußern einen höheren bedarf zusammenrechnet. Diese Unterschiede sind Weiterbildungsbedarf in diesem Bereich. jedoch in den meisten Fällen nicht signifikant. Lediglich beim Weiterbildungsbedarf hinsichtlich der Selbst- und Branchenübergreifendes Wissen zur Digitalisierung Sozialkompetenzen zeigen sich große Unterschiede und zum Datenschutz spielt ebenfalls eine wichtige zwischen den beiden Gruppen: Knapp zwei Drittel der Rolle und wird von mehr als 70 Prozent der Befragten Ausbilder haben hier Weiterbildungsbedarf, aber nur als Weiterbildungsziel genannt. Mit einigem Abstand gut die Hälfte der Lehrer. Beide Gruppen sehen hier folgt der Weiterbildungsbedarf an Sozial- und Selbst- jedoch mit einigem Abstand den geringsten Weiter- kompetenzen. Auch wenn dieses Thema im Vergleich bildungsbedarf. Das Berufsbildungspersonal insgesamt zu den inhaltlichen und didaktischen Themen etwas sieht sowohl im fachlichen Bereich Weiterbildungs- seltener genannt wird, zeigt der Anteil 74,0 Prozent bedarf als auch im didaktischen Bereich, wobei diese bei den Ausbilderinnen und Ausbilder dennoch, dass beiden Bereiche ähnlich wichtig sind. auch hier Bedarf besteht. Denn die Veränderungen in der Ausbildung der letzten Jahre zeigen, dass sich das Eine Voraussetzung, um fachspezifische Inhalte ver- Rollenverständnis im Wandel befindet und die Sozial- mitteln zu können, sind gute Kenntnisse über neue und Selbstkompetenzen zunehmend wichtiger werden digitale Technologien oder Software. Über 90 Prozent (Risius et al., 2021). Möglicherweise wird bei diesem der Ausbilderinnen und Ausbilder und über 80 Prozent Thema nicht so häufig angegeben, dass Weiterbildungs- der Lehrkräfte sehen hier mittleren oder großen persön- bedarf besteht, weil es ein vergleichsweise neues lichen Weiterbildungsbedarf. Knapp die Hälfte aller Thema ist und weil möglicherweise die Hemmschwelle, Befragten hat hohen Bedarf an Weiterbildungen zur sich hier weiterzubilden, höher ist. Vermittlung digitaler fachspezifischer Inhalte. Betrachtet 6
ABBILDUNG 3.2: WEITERBILDUNGSBEDARF BEI BERUFSSCHULLEHRKRÄFTEN, AUSBILDERINNEN UND AUSBILDERN 1,9 Kenntnisse zur Vermittlung Ausbilderinnen und Ausbilder 48,7 43,2 6,2 digitaler fachspezifischer Inhalte an Azubis Berufsschullehrkräfte 44,9 39,0 12,2 3,9 1,9 Kenntnisse zum Einsatz digitaler Ausbilderinnen und Ausbilder 51,4 39,8 7,0 Lernmedien im Berufsschulunter- richt / Ausbildung Berufsschullehrkräfte 42,0 43,3 11,5 3,2 1,2 Ausbilderinnen und Ausbilder 47,1 43,2 8,5 Kenntnisse über neue digitale Technologien / Software 44,6 39,5 12,7 Berufsschullehrkräfte 3,2 1,9 Kenntnisse für eine zeitgemäße 44,2 44,6 9,3 Ausbilderinnen und Ausbilder didaktische Gestaltung des Berufsschulunterrichs / Berufsschullehrkräfte 44,6 36,3 15,3 Ausbildung 3,8 3,5 Branchenübergreifendes Wissen Ausbilderinnen und Ausbilder 27,5 46,5 22,5 zu Digitalisierung der Arbeit, Datenschutz und Infrastruktur Berufsschullehrkräfte 32,7 41,0 18,6 7,7 5,5 Ausbilderinnen und Ausbilder 23,7 42,4 28,4 Selbst- und Sozialkompetenzen Berufsschullehrkräfte 21,0 31,2 31,9 15,9 Ausbilderinnen und Ausbilder 8,8 29,1 17,0 45,1 Sonstiges Berufsschullehrkräfte 12,0 23,1 15,4 49,6 0 20 40 60 80 100 QUELLE: Q 4.0-Befragung des Berufsbildungspersonals 2021, Großer Bedarf Mittlerer Bedarf Geringer Bedarf Kein Bedarf N(Berufsschullehrkräfte)=117-157, N(Ausbilder)=182-159 7
STUDIE 4/2021 4. DURCH DAS BERUFSBILDUNGSPERSONAL GENUTZTE WEITERBILDUNGSFORMATE Zur Weiterbildung nutzen Berufsschullehrkräfte, Aus- einen wider, dass es sich bei ihnen um sehr bildungs- bilderinnen und Ausbilder ein breites Spektrum unter- affine Menschen handelt, für die Lernen und Lehren zu schiedlicher Formate. Fast alle Befragten gaben an, den Alltagstätigkeiten zählt. Zum anderen sind es in der im Ausbildungsjahr 2019/2020 an mindestens einem Regel Personen, die über einen Fortbildungsabschluss Weiterbildungsformat teilgenommen zu haben. Durch- oder ein Studium verfügen. Diese Personen weisen schnittlich wurden etwa 2,8 Formate zur Weiterbildung eine überdurchschnittliche Weiterbildungsbeteiligung genutzt. Dabei kann über die Nutzungshäufigkeit oder auf. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich -intensität auf Grundlage der vorliegenden Daten an der Befragung - im Vergleich zur Grundgesamtheit keine Aussage getroffen werden. Der Anteil der Be- des Berufsbildungspersonals - vor allem sehr weiter- fragten, die an Weiterbildungen teilnehmen, erscheint bildungsaktive Personen beteiligt haben. Es ist eben- im Vergleich zu anderen Befragungen sehr hoch. Eine falls möglich, dass die Veränderungen im Zuge der Auswertung des Adult Education Survey zeigt, dass Corona-Pandemie im Bildungsbereich zu einem akuten 2018 etwa 54 Prozent der Deutschen sich im betref- Weiterbildungsbedarf geführt haben, der sich direkt in fenden Jahr weitergebildet hatten (BMBF, 2019). Eine der hohen Weiterbildungsaktivität der Befragten zeigt. repräsentative Studie der BITKOM kommt hingegen zu dem Schluss, dass 76 Prozent der Deutschen sich im Jahr 2017 privat weiterbildeten (Berg, 2017). Das hohe Weiterbildungsengagement der Befragten spiegelt zum ABBILDUNG 4.1: ZUR WEITERBILDUNG GENUTZTE FORMATE, IN PROZENT Selbstgesteuertes Lernen mit 68,0 (digitalen) Medien 54,6 73,0 Lernen im Prozess der Arbeit 59,4 69,2 Informationsveranstaltungen 79,6 78,9 Schulungen, Kurse, Seminare 91,1 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Nicht dargestellt: Anteil „nicht genutzt“ Ausbilderinnen und Ausbilder Berufsschullehrkräfte QUELLE: Q 4.0-Befragung des Berufsbildungspersonals 2021, N(Berufsschullehrkräfte) = 154-157, N(Ausbilder) = 259-260 8
ABBILDUNG 4.2: NUTZUNG DIGITALER LERNMEDIEN FÜR DIE EIGENE WEITERBILDUNG Ausbilderinnen und Ausbilder 14,5 44,2 34,1 7,2 2,0 Berufsschullehrkräfte 34,0 45,1 19,0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 QUELLE: Q 4.0-Befragung des Berufsbildungspersonals 2021, Sehr intensiv Eher intensiv Weniger intensiv Gar nicht N(Berufsschullehrkräfte)=153, N(Ausbilder)=24 Im Ausbildungsjahr 2019/2020 besuchten die meisten Schulungen, Kurse und Seminare hingegen nutzen die Befragten Schulungen, Kurse und Seminare, entweder befragten Berufsschullehrkräfte häufiger als die befrag- als Präsenz- oder als Online-Veranstaltung. Trotz Coro- ten Ausbilderinnen und Ausbilder. na-Krise im zweiten Halbjahr war dies das am häufigs- ten genutzte Format bei Berufsschullehrkräften (91,1 Trotz der unterschiedlichen Schwerpunkte bei der Prozent) und Ausbilderinnen und Ausbildern (78,9 Nutzung der Weiterbildungsformate hemmen die Prozent). Am seltensten hingegen wurde das selbstge- Corona-Einschränkungen die Weiterbildungsaktivität steuerte Lernen mit Medien – digital oder analog – von beider Gruppen. Gut 70 Prozent der Berufsschullehr- beiden Befragtengruppen genutzt (Lehrkräfte: 54,6 kräfte, Ausbilderinnen und Ausbilder gaben an, dass Prozent, Ausbilderinnen und Ausbilder 68,0 Prozent). sie Weiterbildungen geplant hatten, die aufgrund der Bei Berufsschullehrkräften bestehen große Differenzen Corona-Pandemie nicht stattfinden konnten. Da den- zwischen den genutzten Formaten: Der Abstand zwi- noch ein großer Teil der Befragten von Weiterbildungen schen dem am häufigsten Format (Schulungen, Kurse, in Form von Informationsveranstaltungen, Seminaren Seminare) und dem am wenigsten genutzten Format oder Kursen berichten, scheinen nur einzelne Veranstal- (selbstgesteuertes Lernen mit Medien) liegt bei 36,5 tungen ausgefallen zu sein. Prozentpunkten. Ausbilderinnen und Ausbilder hin- gegen nutzen alle Formate in ähnlichem Maße, sodass Fallen analoge Lernformate aus, richtet sich ein der Abstand hier nur 10,9 Prozentpunkte beträgt. besonderes Augenmerk auf die Potenziale, die sich durch digitale Lernmedien ergeben. Denn die Digitali- Die befragten Ausbilderinnen und Ausbilder greifen sierung erfordert nicht nur zusätzliche Kompetenzen häufiger als Berufsschullehrkräfte auf selbstgesteu- im Umgang mit neuen Technologien, sondern bietet ertes mediengestütztes Lernen und das Lernen im auch neue Möglichkeiten der Wissensvermittlung. Die Prozess der Arbeit zurück als die Lehrkräfte. Dies kann Nutzung digitaler Lernmedien durch Berufsschullehr- im Zusammenhang mit den Eigenheiten ihrer unter- kräfte, Ausbilderinnen und Ausbilder für ihre eigene schiedlichen Arbeitsorte stehen. Wenn die Berufs- Weiterbildung kann zudem ein Hinweis dafür sein, schullehrkräfte unter dem „Prozess des Arbeitens“ das wie aufgeschlossen die Personen gegenüber digitalen Unterrichten selbst verstehen, ergeben sich hinsichtlich Lernmedien sind. des Lernens dort vermutlich weniger Möglichkeiten als bei Ausbilderinnen und Ausbildern. Diese hingegen Bei der Frage, wie intensiv das Berufsbildungspersonal lernen im Arbeitsalltag neuartige digitale Technologien digitale Lernmedien für die eigene Weiterbildung ein- und Endgeräte kennen und können den Umgang damit setzt, zeigen sich große Unterschiede zwischen Aus- erproben. Stärker formalisierte, klassische Weiterbil- bilderinnen und Ausbildern einerseits und Lehrkräften dungsformate wie etwa Informationsveranstaltungen, andererseits. Während etwa acht von zehn Lehrkräften 9
STUDIE 4/2021 digitale Lernmedien sehr oder eher intensiv für ihre eigene Weiterbildung nutzen, sind es lediglich sechs von zehn Ausbilderinnen und Ausbildern. Ausbilderin- nen und Ausbilder geben mit 14,5 Prozent seltener an, dass sie digitale Lernmedien sehr intensiv für die eige- ne Weiterbildung nutzen (Lehrkräfte: 34,0 Prozent), zudem geben über 40 Prozent unter ihnen an, dass sie digitale Lernmedien wenig oder gar nicht nutzen. In Verbindung mit Abbildung 4.1, welche die zur Weiterbildung genutzten Formate darstellt, verwun- dert dieses Ergebnis auf den ersten Blick. Hier gaben die befragten Ausbilderinnen und Ausbilder häufiger als die befragten Lehrkräfte an, sich selbstgesteuert weiterzubilden. Betrachtet man beide Fragen gemein- sam, zeigt sich, dass nur 22,1 Prozent der Ausbilde- rinnen und Ausbilder, die selbstgesteuertes Lernen mit Medien zur eigenen Weiterbildung nutzten, digitale Medien intensiv verwendeten. Berufsschullehrkräfte, die selbstgesteuert lernten, nutzten digitale Medien hingegen zu 88,0 Prozent intensiv. Dies ist ein Indiz dafür, dass die befragten Ausbilderinnen und Ausbil- der auch beim selbstgesteuerten Lernen häufiger auf klassische Medien wie Bücher oder Fachzeitschriften zurückgreifen und nur sporadisch digitale Lernmedien wie Selbstlernprogramme oder E-Books verwenden. Die geringere Nutzung von digitalen Lernmedien durch das betriebliche Ausbildungspersonal kann auch damit zusammenhängen, dass sie häufiger während des Prozesses der Arbeit direkt an digitalen Arbeitsmitteln und weniger an Lernmitteln lernen. Da das Lernformat einerseits und die analoge oder digitale Gestaltung andererseits getrennt voneinander abgefragt wurden, besteht hier weiterer Forschungsbedarf. 10
5. HINWEISE ZUR MÖGLICHEN UNTERSTÜTZUNG DES BERUFSBILDUNGSPERSONALS BEI DER DIGITALISIE- RUNG DER BERUFLICHEN AUSBILDUNG In der dritten Studie dieser Reihe wurden bereits die Ausbilder beurteilen eine Weiterbildungsberatung Veränderungen und Herausforderungen besprochen, etwas häufiger als hilfreich als Berufsschullehrkräfte. welche die Befragten hinsichtlich der Digitalisierung der Vier von fünf Befragten erachten eine Beratung zur beruflichen Ausbildung äußerten (Risius et al., 2021). zeitgemäßen digitalen Unterrichts- bzw. Ausbildungs- So berichteten über 80 Prozent der Befragten etwa, gestaltung für relevant. Damit entspricht dieser Wert dass ihre zeitliche Belastung gestiegen und mehr als etwa dem Anteil der Befragten, der im Bereich der 70 Prozent, dass der Austausch mit Kolleginnen und didaktischen Gestaltung Weiterbildungsbedarf bei sich Kollegen wichtiger geworden sei. Auf didaktischer sieht. Dies überrascht angesichts der Weiterbildungs- Seite war insbesondere der verstärkte Einsatz digitalen affinität und -aktivität der Befragten. Lernens relevant, während im inhaltlichen Bereich vor allem die verstärkte Eingliederung von Arbeitsschritten Ein auffälliger Unterschied besteht bei der Einschät- in größere Prozesse genannt wurde. Es gibt unter- zung zusätzlicher Personalressourcen: Nur 43 Prozent schiedliche Angebote und Maßnahmen, um Lehrkräfte, der Ausbilderinnen und Ausbilder, aber 69 Prozent der Ausbilderinnen und Ausbilder bei der Gestaltung und Lehrer bewerten zusätzliches Personal als sehr oder dem Umgang mit diesen Veränderungen und Heraus- eher hilfreich. Das kann auch daran liegen, dass Lehr- forderungen zu unterstützen. Abbildung 5.1 zeigt, dass kräfte häufiger angeben, dass ihre zeitliche Belastung in Berufsschullehrkräfte, Ausbilderinnen und Ausbilder den letzten Jahren gestiegen ist (trifft voll und ganz zu; zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen als sehr oder Lehrer: 45,5 Prozent; Ausbilder: 37,1 Prozent). Da der eher hilfreich bewerten. Anstieg der zeitlichen Belastung von zahlreichen Be- fragten als stark empfunden wurde (Risius et al., 2021), Besonders hilfreich finden die Befragten den Er- wird der Zusammenhang zwischen der zeitlichen Be- fahrungsaustausch mit anderen Ausbilderinnen und lastung, der Intensität der Lernortkooperation und dem Ausbildern bzw. Berufsschullehrkräften. Auch inhalt- Wunsch nach zusätzlichem Personal in Abbildung 5.2 lich passende Weiterbildungsangebote beurteilen über dargestellt. 90 Prozent der Befragten als hilfreich bei der Digita- lisierung der Ausbildung. Damit spielen sowohl das Es ist zunächst ein deutliches Gefälle zwischen dem informelle Lernen durch den Austausch mit anderen als wahrgenommenen Anstieg der zeitlichen Belastung auch das non-formale Lernen im Rahmen von Ange- und dem empfundenen Nutzen zusätzlichen Personals boten auf dem Weiterbildungsmarkt eine gleich wich- erkennbar. Hat sich die empfundene Belastung der tige Rolle. Auch Best-Practice-Beispiele aus anderen Befragten in den vergangenen Jahren erhöht (obere Berufsschulen bzw. Unternehmen begrüßen mehr als Hälfte), beurteilen 60,9 Prozent der Befragten zusätz- acht von zehn Befragten. Ausbilderinnen und Aus- liches Bildungspersonal als sehr hilfreich oder eher hilf- bilder erachten zudem praktische Umsetzungshilfen reich. Ist die zeitliche Belastung dagegen weniger stark wie Checklisten oder Schritt-für-Schritt-Anleitungen gestiegen (untere Hälfte), sind nur 25,0 Prozent der als hilfreich. Berufsschullehrkräften wurde diese Frage Meinung, zusätzliches Personal wäre hilfreich. Je stärker nicht gestellt. die zeitliche Belastung in den vergangenen Jahren zugenommen hat, umso stärker ist auch der Wunsch Ebenso bewerten beide Befragtengruppen eine indi- nach mehr Personal. viduelle Beratung als hilfreich – sowohl mit Blick auf inhaltlich passende Weiterbildungsangebote als auch Gleichzeitig bestehen auch zwischen den drei Typen hinsichtlich einer zeitgemäßen digitalen Gestaltung der Lernortkooperation Unterschiede. Wie in Studie 2 von Unterricht und Ausbildung. Ausbilderinnen und dargestellt, ist das Zusammenwirken der Lernorte die 11
STUDIE 4/2021 ABBILDUNG 5.1: FÜR DIE MITGESTALTUNG DER DIGITALISIERUNG DER AUSBILDUNG ALS HILFREICH BEWERTETE MASSNAHMEN ANTEIL DER BEFRAGTEN, DIE DIE MASSNAHMEN ALS „SEHR HILFREICH“ ODER „EHER HILFREICH“ BEWERTEN, IN PROZENT Erfahrungsaustausch mit anderen 94,2 Lehrkräften / anderen Ausbildern 93,0 Inhaltlich passende Weiterbil- 93,4 dungsangebote 91,7 Praktische Umsetzungshilfen, z. B. Checklisten oder Schritt- 86,8 für-Schritt-Anleitung Beratung zu Weiterbildungs- 86,8 angeboten für Lehrkräfte / für Ausbilder 76,9 Best-Practice-Beispiele aus 85,2 anderen Berufsschulen / Ausbildungsbetrieben 82,6 Beratung für eine zeitgemäße digitale Gestaltung des Berufs- 82,1 schulunterrichts / der betrieb- 83,9 lichen Ausbildung Zusätzliche Ausbilder in unserem 42,9 Unternehmen / Zusätzliche Lehr- kräfte an unserer Berufsschule 68,8 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Nicht dargestellte Antworten: „eher nicht hilfreich“, „nicht hilfreich“, Ausbilderinnen und Ausbilder Berufsschullehrkräfte „kann ich nicht beurteilen“ QUELLE: Q 4.0-Befragung des Berufsbildungspersonals 2021, N(Berufsschullehrkräfte)=154-156, N(Ausbilder)=254-258 intensivste Form der Lernortkooperation, das Abstim- hilfreich beurteilen. Personen, die kaum unter zeitlichen men von Lerninhalten und Tools hingegen weniger Engpässen leiden, sehen seltener die Notwendigkeit für intensiv, und das Informieren der Kolleginnen und Kolle- zusätzliches Personal, auch dann, wenn sie die Lernort- gen am jeweils anderen Lernort über aktuell behandelte kooperation intensiv betreiben. Dies kann zudem als Themen sowie über Probleme und den Lernstand von Hinweis darauf interpretiert werden, dass insbesondere Auszubildenden die am wenigsten intensive Form der Lehrerinnen und Lehrern ein zusätzliches Zeitkontin- Lernortkooperation (Risius / Meinhard, 2021). Somit gent zur Anpassung der Lehr-Lernprozesse an die zeigt Abbildung 5-2, dass die Befragten, die stärker in Anforderungen der Digitalisierung eingeräumt werden der Lernortkooperation engagiert sind und unter starker sollte und sie zudem von administrativen Aufgaben Zunahme des Zeitdruckes leiden, den Einsatz zusätz- (etwa Wartung und Betrieb von IT-Infrastruktur) ent- lichen Personals in der beruflichen Bildung häufiger als lastet werden sollten. In Teilen bietet der bestehende 12
ABBILDUNG 5.2: EMPFUNDENER NUTZEN ZUSÄTZLICHEN PERSONALS AM JEWEILIGEN LERNORT, UNTERTEILT NACH ZUNAHME DER ZEITLICHEN BELASTUNG UND INTENSITÄT DER LERNORT- KOOPERATION Typ „Zusammenwirken“ 46,8 25,5 25,5 2,3 Zeitliche Belastung weniger stark 27,1 32,9 32,9 7,1 gestiegen Typ „abstimmen“ Typ „informieren“ 27,9 30,2 29,1 12,8 gesamt 30,8 30,1 29,4 9,7 Typ „Zusammenwirken“ 38,5 38,5 23,1 Zeitliche Belastung stark gestiegen Typ „abstimmen“ 33,3 50,0 16,7 Typ „informieren“ 17,2 62,1 20,7 gesamt 4,2 20,8 54,2 20,9 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 QUELLE: Q 4.0-Befragung des Berufsbildungspersonals 2021, N =337 sehr hilfreich eher hilfreich weniger hilfreich gar nicht hilfreich Digitalpakt Schule hier Entlastung. Vor dem Hinter- Ausbilder entsprechen. Aufhorchen lässt hingegen, grund des langsamen Mittelabflusses und der Be- dass viele Befragte nicht nur passende Weiterbildungs- grenztheit der Mittel sowie hinsichtlich eines potenziell angebote, sondern darüber hinaus auch eine Beratung höheren Investitionsbedarfes beruflicher Schulen im zu Weiterbildungsangeboten als hilfreich erachten, ob- Vergleich zu allgemeinbildenden Schulen (etwa auf- wohl sie bereits sehr aktiv im Bereich der Weiterbildung grund nötiger Investitionen in praxisnahe Ausstattung sind. Da aus anderen Befragungen bekannt ist, dass oder berufsspezifischer Software) sollten Überlegungen fehlende Beratung ein Weiterbildungshemmnis sein zu einem „Digitalpakt Berufliche Bildung“ angestrebt kann (Bilger/Käpplinger, 2017), sollte geprüft werden, werden (Klös et al., 2021). ob dies auch auf das Bildungspersonal zutrifft und inwieweit bestehende Beratungsinfrastrukturen aus- Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die meisten gebaut werden sollten. Darüber hinaus wäre aus Sicht der vorgeschlagenen Unterstützungsangebote von einiger Befragter eine höhere Personaldecke im Ausbil- acht bis neun von zehn Befragten als hilfreich ein- dungsgeschehen hilfreich. Dieser Wunsch ist bei Lehr- geschätzt wurden. Das zeigt zum einen den hohen kräften stärker ausgeprägt als bei Ausbilderinnen und Unterstützungsbedarf des Berufsbildungspersonals im Ausbildern und steht in einem Zusammenhang mit der Zuge der Digitalisierung der Ausbildung. Zum anderen zeitlichen Mehrbelastung, von der zahlreiche Befragte bedeutet eine Bewertung der Maßnahme als hilfreich berichten. Da die zeitliche Belastung zudem in einem nicht zwingend, dass diese Maßnahme derzeit nicht in Zusammenhang mit der Lernortkooperation steht, sollte ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Um auch diesem Zusammenhang im Sinne der Ausbildungsqua- weiterhin eine hohe Weiterbildungsbeteiligung zu lität weiter nachgegangen werden. sichern ist es wichtig, dass die Angebote auch zukünf- tig passgenau ausgestaltet werden, damit sie dem sich wandelnden Bedarf der Lehrkräfte, Ausbilderinnen und 13
STUDIE 4/2021 6. FAZIT UND AUSBLICK Viele Berufsschullehrkräfte, Ausbilderinnen und Aus- Insgesamt sind Berufsschullehrkräfte, Ausbilderinnen bilder engagieren sich bereits stark, um die Ausbildung und Ausbilder der Meinung, dass fast alle der ab- zu digitalisieren, wie bereits die Studien 1,2 und 3 gefragten Angebote hilfreich wären. Das Spektrum gezeigt haben. Wie die vorliegende Studie zeigt, bilden der abgefragten Maßnahmen reicht vom kollegialen sich fast alle Befragten aktiv weiter, um die eigenen Austausch mit anderen, über Weiterbildungsangebote Kompetenzen für den digitalen Wandel weiterzuentwi- bis hin zu individueller Beratung bei didaktischen Fra- ckeln. 60,4 Prozent der befragten Lehrkräfte und 42,9 gen. Lediglich bei der Frage, ob zusätzliches Personal Prozent der Ausbilderinnen und Ausbilder berichten hilfreich wäre, findet sich bei den Ausbilderinnen und von einem starken Anstieg ihres Weiterbildungsbe- Ausbildern keine Mehrheit, die dies befürwortet (42,9 darfs. Die Befragungsgruppen unterscheiden sich kaum Prozent). Lehrkräfte an Berufsschulen hingegen be- voneinander, mit Blick auf die Gebiete, in welchen sie werten zusätzliche Personalressourcen mehrheitlich als für sich selbst Weiterbildungsbedarf sehen. Von etwa hilfreich (68,8 Prozent). Dies kann insbesondere mit der gleichermaßen hoher Bedeutung sind Weiterbildungs- zeitlichen Belastung zusammenhängen, die bei Lehr- bedarf zur Vermittlung digitaler fachspezifischer Inhalte kräften stärker gestiegen ist als bei Ausbilderinnen und und zu Kenntnissen über neue digitale Technologien Ausbildern. Auch vor dem Hintergrund einer intensiven und Software, sowie zum Einsatz digitaler Lernmedien Lernortkooperation sollte der Frage stärker nachge- und zu Kenntnissen für eine zeitgemäße didaktische gangen werden, inwieweit das Fehlen von Zeit einer Gestaltung von Unterricht/Ausbildung. Lediglich im intensiveren Lernortkooperation im Wege steht. Bereich der Selbst- und Sozialkompetenzen haben Um den Erfahrungsaustausch zu fördern können sich Ausbilderinnen und Ausbilder einen größeren Weiter- Unternehmen und Berufsschulen gleichermaßen enga- bildungsbedarf als Berufsschullehrkräfte. Hierin spie- gieren, Möglichkeiten für den Austausch zu bieten und gelt sich möglicherweise wider, dass sich die Rolle der sich nach Möglichkeit mit Beispielen guter Praxis zu Ausbilderinnen und Ausbilder durch die Digitalisierung beteiligen. stärker verändert hat als die Rolle der Lehrkräfte. Das hängt auch damit zusammen, dass sich die Prozesse Die Befragung hat nicht erhoben, ob die abgefragten in den Schulen, in denen weiterhin im Klassenverband Unterstützungsangebote in ausreichendem Maße zur unterrichtet wird, weniger stark verändern als in den Verfügung stehen oder ob die Befragten sich ein zu- Unternehmen, in denen die Digitalisierung zu veränder- sätzliches Angebot wünschen. Weitere Untersuchun- ten Strukturen und Arbeitsprozessen führt. gen könnten daher analysieren, in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht. So ist aus anderen Studien Mit Blick auf die genutzten Formate konnte festgestellt zur Weiterbildung beispielsweise bekannt, dass es werden, dass Berufsschullehrkräfte in der Weiterbil- zahlreiche Informationsmöglichkeiten über Weiter- dung stärker auf interaktive Formate wie Schulungen, bildungsmaßnahmen gibt, dass aber fehlende Bera- Seminare und Kurse setzen. Ausbilderinnen und Aus- tung, welche Maßnahme die individuell passende ist, bilder hingegen sind in der Weiterbildung breiter auf- ein Weiterbildungshemmnis darstellt. Hinsichtlich der gestellt und lernen häufiger als Berufsschullehrkräfte im Beratung zu didaktischen Fragen ist zu prüfen, ob es Prozess der Arbeit sowie mithilfe klassischer und digi- hier einen zusätzlichen Bedarf gibt oder ob die be- taler Medien. Der Befund, wonach Ausbilderinnen und stehenden Angebote ausreichend sind. Denkbar wäre Ausbilder digitale Lernmedien erheblich seltener für die die Schaffung eines Online-Informationsportals für das eigene Weiterbildung nutzen als Berufsschullehrkräfte, berufliche Bildungspersonal, das fachspezifisch und kann auch damit zusammenhängen, dass sie häufiger auf individuelle Bedarfe ausgerichtet ist und mittels während des Prozesses der Arbeit direkt an digitalen interaktiver Elemente wie etwa einer Chat-Beratung Arbeitsmitteln und weniger an Lernmitteln lernen. Fragen beantworten kann. Passende Weiterbildungs- Darüber hinaus zeigt sich, dass die (weitere) Digi- maßnahmen, die über 90 Prozent der Befragten als talisierung der Ausbildung durch eine Vielzahl von hilfreich für die Mitgestaltung der Digitalisierung der Unterstützungsmaßnahmen erleichtert werden kann. Ausbildung empfinden, sollten daher weiterhin an- 14
geboten werden. Im Rahmen des Projekts NETZWERK Q 4.0, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, werden auf der Grundlage von Design-Thinking-Interviews durch das Institut der deutschen Wirtschaft und die Bildungswerke der Wirt- schaft passgenaue Weiterbildungsangebote für den digitalen Wandel der Ausbildung, die den Bedürfnissen des Berufsbildungspersonals entsprechen, entwickelt und erprobt. 15
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STUDIE 4/2021 NETZWERK Q 4.0 Das Berufsbildungspersonal fit für die Herausforderungen der Digitalisierung zu machen, ist das erklärte Ziel des „NETZWERK Q 4.0 – Netzwerk zur Qualifizierung des Berufs- bildungspersonals im digitalen Wandel“. Dafür erarbeitet und erprobt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gemeinsam IMPRESSUM mit den Bildungswerken der Wirtschaft und weiteren Bildungs- HERAUSGEBER institutionen regional- und branchenspezifische Weiterbildungs- Institut der deutschen Wirtschaft e.V. Postfach: 10 19 42 / 50459 Köln formate für Ausbilderinnen und Ausbilder. So werden diese Besucheranschrift: Konrad-Adenauer-Ufer 21 / 50668 Köln darin gestärkt, die duale Berufsausbildung gezielt an die REDAKTION Anforderungen des digitalen Wandels anzupassen. NETZWERK Q 4.0 Postfach 10 19 42 / 50459 Köln Konrad-Adenauer-Ufer 21 / 50668 Köln q40@iwkoeln.de netzwerkq40.de AUTOREN Susanne Seyda, Paula Risius BILDNACHWEIS Titelbild: © NDABCREATIVITY / stock.adobe.com GESTALTUNG 3PUNKTDESIGN. Studio für visuelle Kommunikation Stand: Juni 2021 netzwerkq40.de
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