Unvollendete Metropole Städtebau-Manifest für Berlin-Brandenburg - Berlin-Brandenburg, 2020/2021 unvollendete-metropole.de - Bundesstiftung ...

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Unvollendete
 Metropole
 Städtebau-
  Manifest
 für Berlin-
Brandenburg

   Berlin-Brandenburg, 2020/2021
     unvollendete-metropole.de
Vorbemerkung                                                                                   Städtebauliches
                                                                                                              Programm
100 Jahre Groß-Berlin ist ein Anlass, zurück zu blicken. Die Metropole von
                                                                                    1      Den Siedlungsstern zum                              Perspektive: Der Reichtum an Zentren ist ein un-
heute ist das Ergebnis des Handelns mehrerer Generationen vor allem seit den                                                                   schätzbarer Vorteil für eine nachhaltige Metropole.

1880er Jahren. Sie verfügt über ein reiches Erbe und ist durch harte Brüche
                                                                                           Strahlen bringen!                                   Auf der anderen Seite sind gerade die Zentren einem
                                                                                                                                               Strukturwandel ausgesetzt, etwa des Einzelhandels,
geprägt, mit den Folgen von Zerstörung und Aufbau, mit einzigartigen und oft        Ausgangslage: Die Stadtregion Berlin hat sich seit Ende    der Büronutzung, des Wohnens. Die Gestaltung der
faszinierenden Orten, mit Chancen und Problemen. 100 Jahre Groß-Berlin ist          des 19. Jahrhunderts nicht mehr in Ringen, sondern ra-     großen Hauptzentren – die Berliner historische Mitte,
ebenso ein Anlass, nach vorne zu blicken. Auch und gerade in Zeiten einer           dial entlang der Eisenbahnlinien und Ausfallstraßen        die City West und die Potsdamer Mitte – bedarf vor
                                                                                    entwickelt – in Form eines Siedlungssterns. Die Spal-      diesem Hintergrund weiterer gesellschaftlicher De-
Pandemie. Unsere Metropole muss sich mit all ihren Potenzialen heute den
                                                                                    tung der Stadt trug entscheidend dazu bei, dass der        batten und gestalterischer Anstrengungen. Für die
großen Herausforderungen der Zukunft stellen: Klimafrage, Schonung der              Siedlungsstern seit den 1960er Jahren trotz der starken    Pflege und den Ausbau der einzigartigen Zentrenland-
Ressourcen, Kreislaufwirtschaft, sozialer Zusammenhalt, Digitalisierung,            Zunahme des Automobilverkehrs seine klaren Kontu-          schaft soll ergänzend zum STEP Zentren für Berlin ein
Ernährungswende, Zentrenvielfalt, Verkehrswende, Länderkooperation,                 ren durch Zersiedelung nicht verloren hat.                 länderübergreifendes Zentrenprogramm entwickelt
politische Verfasstheit, verräumlicht in einem resilienten und schönen Städte-      Perspektive: Es gibt ein gemeinsames Projekt in Berlin     und umgesetzt werden, das Umnutzungen erleich-
                                                                                    und Brandenburg für eine nachhaltig wachsende Me-          tert, Fehlentwicklungen erschwert und vorhandene
bau. Der Paradigmenwechsel in Richtung nachhaltige, bestandorientierte
                                                                                    tropole: das Leitbild des Siedlungssterns. Es regt an,     Praktiken wie „Aktive Stadtzentren“ ausbaut.
Stadtentwicklung und Städtebau muss neuen Schwung erhalten. Wie er – als            die künftige bauliche Entwicklung auf die Strahlen
Antwort auf Wachstums- wie Schrumpfungs­prozesse – gestaltet werden kann,           des Siedlungssterns zu konzentrieren und die Frei-

                                                                                                                                               3      Sozial und funktional
muss breit diskutiert werden.                                                       räume dazwischen vor Zersiedelung zu schützen. Die-
      Dieses Manifest verarbeitet die Erfahrungen des durch den Architekten-        ses Leitbild muss weitaus stärker bekannt gemacht

und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg (AIV) und Partnern realisierten
                                                                                    werden, breitere Akzeptanz finden und aktiv umge-                 vielfältige Wohnviertel
Projekts „Unvollendete Metropole“: Ausstellung 100 Jahre Städtebau für
                                                                                    setzt werden. Die Abgrenzung von Stadt und Land-
                                                                                    schaft sowie die städtebauliche Umsetzung des lan-
                                                                                                                                                      erhalten und schaffen!
Groß-Berlin, Blick nach Europa, Ergebnisse des Interna­tionalen Städtebau-          desplanerischen Leitbilds muss geklärt werden. Hier
lichen Ideenwettbewerbs Berlin-Brandenburg 2070, Metropolengespräche,               bedarf es institutioneller wie prozessualer Anstren-       Ausgangslage: In den letzten 150 Jahren hat die Metro­
                                                                                    gungen und wirksamer Instrumente – etwa kommu-             pole in unterschiedlichen Teilräumen unterschiedli-
BB 2070 – Magazin für Städtebau und urbanes Leben.
                                                                                    nale Planungen (auch Flächennutzungspläne) mit             che Formen des Wohnungsbaus erfahren, mit un-
      Der Begriff Städtebau meint hier nicht nur den konkreten Bau der Metro-       entsprechenden Festlegungen, die die Urbanisierung         terschiedlichsten Ergebnissen, die im Laufe der Zeit
pole, sondern auch die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Ver-         der Gemeinden im Siedlungsstern und die Land-              unterschiedlich geschätzt wurden: dicht bebaute
hältnisse, unter denen dieser Bau sich vollzieht, die Akteure, also die Planer,     schaftspflege und -wiedergewinnung in den Zwi-             Quartiere und aufgelockerte Siedlungen und vieles
Bauherren und Kontrahenten, die den Bau beeinflussen, schließlich die Wirkun-       schenräumen unterstützen.                                  dazwischen. Die Siedlungen der Moderne in Berlin
                                                                                                                                               und Brandenburg verbanden städtebauliche Quali-
gen und Botschaften des Gebauten. Bauen betrifft nicht nur Gebäude, sondern
                                                                                                                                               tät mit kostengünstigem Wohnraum, aber auch der
auch die Anlage von öffentlichen Räumen, kurz die baukulturelle Gestaltung
                                                                                    2 Zentren aller Art stärken                                privatwirtschaftliche Städtebau hat bis heute vor-
unserer räumlichen Umwelt. Städtebau umfasst damit die Produktionsverhält-                                                                     bildliche Quartiere hervorgebracht, die Beispiel sein
nisse, die Produktion und das Produkt Stadt – mit diesem als zentralen Fokus.         und ausbauen!                                            können für neue Entwicklungen. Wohnen ist ein be-
      Das Manifest versteht sich als Beitrag für die notwendige Diskussion                                                                     sonderes Gut, es bedarf der öffentlichen Daseins­
                                                                                    Ausgangslage: Berlin bietet – gerade weil die Stadt erst   vorsorge.
um die städtebauliche Zukunft von Berlin und Brandenburg. Es richtet sich in        1920 zu einer Einheitsgemeinde zusammengefasst             Perspektive: Die größten Herausforderungen sind:
erster Linie an Vertreter der Politik, die für Weichenstellungen zuständig und      wurde – einen einzigartigen Reichtum von Zentren           den Wohnungsbestand energetisch zu sanieren und
verantwortlich sind, aber auch an Vertreter der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und   unterschiedlicher Größe und unterschiedlicher Form,        behutsam in die Zukunft zu führen, neuen bezahl-
Wissenschaft. Es ist insofern Medium und inhaltliche Stellungnahme zugleich.        die sich gleichwohl nach der Schaffung der Einheits-       baren Wohnraum in hoher baulicher wie städtebau-
                                                                                    gemeinde unterschiedlich entwickelt haben. Auch            licher Qualität, Vielfalt und Mischung an sinnvollen
                                                                                    Brandenburg umfasst eine Vielfalt großartiger Zent-        Standorten durchzusetzen und eine Zersiedelung
                                                                                    ren. Auf der anderen Seite zeigt die Corona-Pandemie,      zu verhindern. Das heißt auch: Bestehendes stärken,
                                                                                    wie gefährdet die Zentren sind.                            verdichten und neue Entwicklungen kleinräumig auf
Brachflächen und großräumig auf den Siedlungsstern
konzentrieren. Eine Besonderheit ist weiterhin – vor
allem in Brandenburg – die Umwandlung von Militär-
                                                           1920er Jahren wurde Berlin ein Experimentierfeld der
                                                           autogerechten Stadt. Ihr Erbe ist nicht nur ein frag-
                                                           mentiertes Autobahnnetz, sondern auch Hauptstra-
                                                                                                                     7      Reines Wasser
                                                                                                                            ein­schenken!
                                                                                                                                                                              1994 schrittweise anderen Zwecken zugeführt werden
                                                                                                                                                                              und noch große Potenziale bieten. Die Einordnung
                                                                                                                                                                              und städtebauliche Vernetzung all dieser Projekte
standorten zu Wohnquartieren.                              ßen und Hauptplätze, die vor allem dem fließenden                                                                  erfordern eine länderübergreifende Zusammenar-
                                                           und ruhenden Autoverkehr dienen.                          Ausgangslage: Spree, Havel, zahlreiche Kanäle und        beit. Alle neuen Orte müssen – anknüpfend an ihre
                                                           Perspektive: Die überkommene, für den Autoverkehr         Seen prägen Berlin und Brandenburg. Sie haben            Geschichte – eine eigene, besondere Form und Nut-

4 verkehr
  Den öffentlichen Schienen-                               ausgebaute Metropole muss mit Blick auf die notwen-       vielfältige Funktionen als Transportwege, zur Ent-       zungsmischung erhalten, die mithelfen kann, Identi-
                                                           dige Verkehrswende und den Klimawandel mit aller          wässerung, für die Freizeitnutzung und als klimati-      tät zu stiften.
          vermehren!                                       Kraft umgebaut werden. Heute sind es wiederum die         scher Ausgleichsraum. Vor allem aber bezieht Berlin
                                                           Hauptstraßen und Hauptplätze, auf denen sich der          sein Trinkwasser aus Brunnen entlang der Gewässer.

                                                                                                                                                                              9 wirtschaft­
                                                                                                                                                                                Den kommunal-
Ausgangslage: Berlin gehört zu den Metropolen der          Erfolg einer Verkehrswende entscheiden wird. Er-          Wasser prägt die grüne Landschaft, doch der urbane
Welt, die seit 150 Jahren hervorragend durch den           reicht werden muss, dass mehr Straßenbahnen oder          Raum öffnet sich nur an wenigen Stellen zu den Ge-
schienengebundenen Verkehr in die Vorstädte und            Elektrobusse, mehr Fahrradfahrer, mehr Fußgänger-         wässern.                                                             lichen Städtebau
späteren Randbezirke sowie weit über die Grenzen
von Groß-Berlin hinaus in die Städte und Gemein-
                                                           und weniger Autoverkehr verträglich, fair und für alle
                                                           angenehm in grün geprägten öffentlichen Räumen
                                                                                                                     Perspektive: Die Sicherung der Wasserversorgung ist
                                                                                                                     eine zentrale Zukunftsaufgabe in der gesamten Haupt-
                                                                                                                                                                                     neu konzipieren!
den des Umlandes erschlossen sind. Zur querenden           koexistieren können.                                      stadtregion, da sich mit der Klimakrise der Wasser-
Stadtbahn und den radialen Bahnlinien kamen sehr                                                                     mangel verschärft – bei steigendem Bedarf der wach-      Ausgangslage: Berlin und Brandenburg haben einzig-
früh die Ringbahn und nach der Spaltung der Stadt                                                                    senden Bevölkerung. Notwendig sind stärkerer Schutz      artige historische Erfahrungen mit den drei großen

                                                           6 sichern,
                                                             Grün- und Freiräume
der äußere Eisenbahnring.                                                                                            und Bewirtschaftung der Wasservorräte, mehr öffent-      Typen des wirtschaftlichen Städtebaus: mit dem pri-
Perspektive: Netz und Frequenz der U-Bahnen, S-                                                                      licher Zugang zu den Gewässern, eine verantwortungs-     vatwirtschaftlichen (etwa in der Kaiserzeit), mit dem
Bahnen und Regionalbahnen sind schon heute am                         pflegen und                                    volle Freizeitnutzung sowie städtebauliche Integration   kommunalwirtschaftlichen (etwa in der Weimarer
Limit, der Ausbau des Straßenbahnnetzes kommt
nur langsam voran. Noch vorhandene Kapazitätsre-
                                                                  vermehren!                                         der Gewässer in den Stadt- und Landschaftsraum. Ins-
                                                                                                                     besondere müssen die Akteure der Wasserwirtschaft
                                                                                                                                                                              Republik) und mit dem staatswirtschaftlichen Städ-
                                                                                                                                                                              tebau (etwa in der NS-Diktatur und der DDR). Hier
serven müssen ausgenutzt werden. Die wachsende                                                                       in Berlin und Brandenburg ihre Zusammenarbeit un-        ging es nicht nur darum, wer den Städtebau leitet –
Metropole erfordert deutlich mehr Schienenverkehr:         Ausgangslage: Die Stadtregion Berlin ist reich an viel-   tereinander und mit anderen Akteuren der Baukultur       der Zentralstaat, die Kommune oder die Privatwirt-
S- und Regionalbahn-, Straßenbahn- und U-Bahnver-          gestaltigen Freiräumen der märkischen Landschaft:         und der Regionalentwicklung intensivieren.               schaft, sondern auch, was geleitet bzw. selbst be-
kehr auch über die Stadtgrenzen Berlins hinaus, sach-      grüne Plätze und Straßen, Parks, Kleingärten und                                                                   trieben werden soll: öffentlicher Raum, öffentlicher
gerecht differenziert. Dazu gehören leistungsfähige        Friedhöfe, aber auch Flussläufe und Seen bis hin zu                                                                Verkehr, Energieversorgung, Wasser- und Abwasser-

                                                                                                                     8 Neue   Großprojekte sorg-
und gut gestaltete Verkehrshubs, die ein bequemes          Wäldern und Kulturlandschaften, wenngleich man-                                                                    versorgung, Müllabfuhr, Nahrungsmittelproduktion,
Umsteigen auf andere Verkehrsträger ermöglichen.           ches davon beim autogerechten Ausbau verloren-                                                                     Hygiene, Wohnungswesen.
Weiter sollen die Vernetzungspotenziale des äuße-          ging. Berlin und Brandenburg sind zudem stolz auf           fältig mit der vorhandenen                             Perspektive: Heute könnte der kommunalwirtschaft-
ren Eisenbahnrings im Einklang mit dem Leitbild des
Siedlungssterns genutzt, sowie Nutzen und Machbar-
                                                           ihr grünes Weltkulturerbe und auf die Tradition einer
                                                           vorbildlichen Gartendemalpflege.
                                                                                                                            Stadt vernetzen!                                  liche Städtebau der Weimarer Republik ein Vorbild
                                                                                                                                                                              sein – nicht in seiner konkreten Ausprägung, son-
keit eines zusätzlichen, weiter entfernten Eisenbahn-      Perspektive: Die Pflege und Entwicklung von Stadt-                                                                 dern als Konzept, das einer zeitgemäßen Interpre-
rings geprüft werden. Für eine neue Mobilitätskultur       grün und Naturlandschaften ist finanziell und perso-      Ausgangslage: Großanlagen der Verkehrsinfrastruk-        tation bedarf. Eine nachhaltige Metropole braucht
ist eine strategische Partnerschaft zwischen den bei-      nell auf eine adäquate Grundlage zu stellen, um die       tur, insbesondere Flughäfen und Bahnhöfe, aber auch      eine strategische, langfristig orientierte Politik, eine
den Ländern, der Bahn, dem VBB, dem Kommunalen             gestiegenen Erwartungen und Anforderungen im Zu-          Anlagen der Industrie und des Militärs haben Groß-       leistungsfähige Verwaltung und einen verantwor-
Nachbarschaftsforum, Wissenschaft und Wirtschaft           sammenhang mit dem Klimawandel erfüllen zu kön-           Berlin gezeichnet. Sie verteilten die Gewichte, die      tungsvollen Zugriff – sei es durch Regeln, Koopera-
nach Münchner Vorbild erforderlich. Der Schienen-          nen. In der Innenstadt müssen Straßen und Plätze          Lasten und den Nutzen der Metropole, sie folgten ih-     tion oder eigene Unternehmen – auf immer wieder
verkehr muss städtebaulicher Entwicklung voraus-           wieder grüner und gleichzeitig in ihrer Gestaltung den    rer eigenen Standortoptimierung. Durch eine Neuor-       neu auszuhandelnde Bereiche der Daseinsvorsorge.
gehen, nicht nur auf sie reagieren.                        steigenden Nutzerwünschen gerecht werden. In der          ganisation der Flughäfen und großen Bahnhöfe nach        Ziel ist eine neue Form der stabilen Zusammenar-
                                                           Stadtregion müssen die Regionalparks, ein zentra-         der Wiedervereinigung, aber auch durch großräumige       beit von starker Kommune und respektierter privater
                                                           les Element des Leitbildes des Siedlungssterns, auch      Standortinitiativen wie auf dem EUREF-Campus, in         Wirtschaft!

5 Hauptstraßen  und Haupt-                                 institutionell gestärkt werden. Sie können die regio-     Johannisthal/Adlershof, in Potsdam, in Ludwigsfelde
                                                           nale Identität, Erholung, Freizeit und Naturerleben       und vielen weiteren Brandenburger Kommunen wer-
  plätze urban gestalten!
                                                                                                                                                                              10 Die Hauptstadtrolle
                                                           fördern. Zudem sollen nachhaltige regionale Lebens-       den die Kräfte in der Region neu verteilt.
                                                           mittelkreisläufe gestützt und erweitert werden. Die       Perspektive: Diese dynamische Entwicklung geht
Ausgangslage: Die Stadtregion Berlin wurde zunächst        Gartendenkmalpflege muss auf ihrem hohen Niveau           weiter – mit Großprojekten am Südkreuz, in Sie-             ernst nehmen!
durch große urbane Ausfallstraßen geprägt, die durch       fortgeführt werden.                                       mensstadt, auf dem ehemaligen Flughafen Tegel, in
bedeutende Stadtplätze, aber auch durch angren-                                                                      Grünheide usw. Eine Besonderheit sind weiterhin die      Ausgangslage: Der Gesamtstaat hat in der Stadt deut-
zende Dörfer und Siedlungen sowie markante Pro-                                                                      riesigen Militärflächen im Berliner Umland, die seit     liche Spuren hinterlassen: vor allem, aber nicht nur in
jekte ihr spezifisches Profil erhielten. Seit den späten                                                             dem vollzogenen Abzug der russischen Streitkräfte        den früheren und aktuellen Regierungsstandorten
11 Den Austausch mit an-
                                                                                                                13 Das  Verhältnis zwischen
                                                                                                                                            14 Demokratische
Schlossareal, Wilhelmstraße und Spreebogen. Von
Anfang an war Berlin aber in Deutschland keine all-
seits geschätzte Hauptstadt. Nach der Wiederver-          deren Hauptstädten und                                   Berlin und Brandenburg      Zu­sammenarbeit
einigung galt sie im Ausland als heitere, tolerante,
höchst attraktive Hauptstadt eines nicht immer glei-
                                                                 Metropolen intensivieren!                                 robust und dauerhaft                                      besser justieren!
cherweise geliebten neuen Deutschlands. Seit den                                                                           weiterentwickeln!
Umzügen der Loveparade und der Verhüllung des          Ausgangslage: Städtebau lebt und profitiert vom in-
Reichstages in den 1990er Jahren wird Berlin auch in   ternationalen Austausch der Erfahrungen. Berlin hat      Ausgangslage: 1881 trennten sich die Wege: Die            Ausgangslage: Groß-Berlin war immer eine Haupt-
Deutschland mehr und mehr geschätzt, nicht nur von      darin eine lange Tradition. Das zeigten neben den       Haupt- und Residenzstadt Berlin schied aus dem            stadt des Protests, des Engagements zivilgesell-
jungen Leuten.                                         vielen internationalen Wettbewerben nicht zuletzt        Kommunalverband der Provinz Brandenburg aus.              schaftlicher Initiativen. Groß-Berlin selbst war auch
Perspektive: Berlin braucht eine aktive Hauptstadt-     die großen Ausstellungen: die „Allgemeine Städte-       Das Groß-Berlin-Gesetz von 1920 legte die Schaf-          das Ergebnis solcher Initiativen. Seit den großen Bür-
politik, die schon bei der Gründung von Groß-Berlin     bau-Ausstellung in Berlin“ 1910, die „Deutsche Bau-     fung einer Kooperation zwischen Berlin und der            gerprotesten in West-Berlin (beginnend in den 1970er
1920 vernachlässigt worden ist. Der Bund, aber auch     ausstellung Berlin“ 1931, die „Interbau“ 1957 und die   Provinz Brandenburg etwa in Form eines Zweckver-          Jahren), in Ost-Berlin und Brandenburg (beginnend
die Länder müssen sich stärker als bisher der posi-    „IBA“ 1984/87.                                           bands oder Dachverbands im Wege freiwilliger Ver-         in den 1980er Jahren) rückte das Verhältnis zwischen
tiven Signalwirkung ihrer Hauptstadt auf der inter-     Perspektive: Wir brauchen neuen Schwung im inter-       einbarung nahe. Zu dieser institutionalisierten Ko-       Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft
nationalen und nationalen Bühne bewusstwerden           nationalen Austausch und zielgerichtete Kooperati-      operation ist es nie gekommen – bis heute. Nach der       mit allem Nachdruck auf die demokratische Tages-
und aktiver sowie verantwortungsvoller Partner der      onsprojekte. Es ist wichtig, genau zu wissen, wie an-   faktischen Ausschaltung beider räumlicher Körper-         ordnung.
Stadtentwicklung sein. Dazu gehören auch geeignete      derswo Projekte gesteuert, wie die Hauptstraßen der     schaften in der NS-Zeit und der DDR-Zeit scheiterte       Perspektive: Ohne demokratische Plattformen bleibt
Räume und Plattformen in der Hauptstadt zur Prä-       Zukunft, wie vorhandene und neue Wohnquartiere           die Fusion von Berlin und Brandenburg im Jahr 1996.       jedes städtebauliche Programm ohne festen Boden,
sentation von Beispielen einer erfolgreichen Städ-      zukunftsfähig gestaltet werden. Wir müssen aus den      Mit der Bildung der Gemeinsamen Landesplanungs-           ohne solche Plattformen können das Verhältnis zwi-
tebaupolitik nicht nur in Berlin, sondern in ganz       Erfahrungen anderer Metropolen lernen, wie neue Li-     abteilung und dem Kommunalen Nachbarschaftsfo-            schen Bezirken und Senat sowie die Kooperation
Deutschland.                                            nien des öffentlichen Schienenverkehrs, neue Parks      rum e.V. haben sich seit 1996 positive und wirkungs-      zwischen Berlin und Brandenburg keine Kraft ent-
                                                        und neue Zentren dem nachhaltigen Wachstum die-         volle Kooperationen entwickelt. Jedoch bleibt die         wickeln. Bei allen strategischen Fragen müssen zivil-
                                                        nen können. Als Medium des internationalen Aus-         Landesgrenze eine Hürde gemeinsamer nachhalti-            gesellschaftliche und wirtschaftliche Initiativen und
                                                       tauschs bietet sich eine neue Internationale Bauaus-     ger Entwicklung.                                          Institutionen eingebunden werden. Auf der anderen
                                                        stellung (IBA) an.                                      Perspektive: Die Kooperation der Länder, Landesres-       Seite sind Privatwirtschaft wie Zivilgesellschaft ge-
                                                                                                                sorts, Landesparlamente und Kommunen über die ge-         fordert, sich verantwortungsvoll und konstruktiv ein-
                                                                                                                meinsame Landesgrenze hinweg muss schrittweise            zubringen. Ein gutes Beispiel in Berlin ist der "Runde
                                                                                                                intensiviert werden. Das erfordert weitere Staatsver-    Tisch Liegenschaftspolitik", bei dem regelmäßig zwi-
                                                                                                                träge und einen gemeinsamen Ausschuss der Landes-         schen Zivilgesellschaft, Parlament, Senat und Be-

                         Institutionelle                                                                        parlamente. Nicht zuletzt ist die kommunale Zusam-
                                                                                                                menarbeit zu Einzelthemen und in Teilräumen wie
                                                                                                                                                                          zirken wichtige Liegenschaftsvorgänge verhandelt
                                                                                                                                                                          werden. Ein weiteres Beispiel erfolgreicher Zusam-

                           Reformen
                                                                                                                etwa entlang der Siedlungsachsen zu stärken. Ziel ist     menarbeit vieler Akteure ist die mittelfristige Vision
                                                                                                                eine kontinuierliche und nicht nur auf Einzelfälle be-   „Vision 2030“ zur Gestaltung des Olympiaparks. Ziel
                                                                                                                zogene Meinungsbildung und Abstimmung über ge-            ist es, sich im Rahmen solcher Kooperationsprozesse
                                                                                                                meinsame Leitbilder und Strategien. Hierfür müssen        auf strategische Ziele zu verständigen und einen ge-
                                                                                                                bestehende Plattformen der Kooperation gestärkt           rechten Ausgleich zwischen lokalen und überlokalen
                                                                                                                und die Schaffung neuer geprüft werden. In die stra-      Interessen zu finden, damit parlamentarische Be-

12        Das Verhältnis zwischen                      zwischen Senat und Bezirken sowie die Aufgaben-          tegische Zusammenarbeit sollten neben den Vertre-         schlüsse nachhaltig wirken.
                                                       verteilung in den Bezirken geklärt und optimiert wer-    tern der Kommunen und der Länder auch Vertreter
          den Bezirken und dem                         den! Auch auf Senatsebene müssen integrierende           der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft eingebun-
          Senat optimieren!                            Planungsansätze und Umsetzungsstrategien wieder
                                                       gestärkt und Planungsprozesse beschleunigt werden.
                                                                                                                den werden. Langfristig muss die Fusion beider Län-
                                                                                                                der wieder in den Blick genommen werden.
                                                       Dafür bedarf es einer Änderung der Landesverfassung
Ausgangslage: Schon 1920 war klar: Das im Groß-Ber-    und einer Verwaltungsreform. Strategische Aufga-
lin-Gesetz gestaltete Verhältnis zwischen den Bezir-   ben von großräumiger Bedeutung wie die Gestaltung
ken und der Hauptverwaltung ist verbesserungsbe-       der Hauptzentren, die Gestaltung der Hauptstraßen,
dürftig. Alle Anstrengungen, diesen Zustand durch      Hauptplätze und großen Grünanlagen, die Einbindung
räumliche Zusammenfassung und strukturelle Ver-        von Großprojekten und der Bau größerer Wohnungs-
änderungen zu überwinden, waren letztlich nicht er-    bauquartiere sind der Hauptverwaltung zuzuordnen.
folgreich.                                             Für ein umfassendes Zentrenprogramm in den Bezir-
Perspektive: In Berlin muss endlich das Verhältnis     ken müssen die Voraussetzungen geschaffen werden.
Unterzeichnet von:

Prof. Dr. Harald Bodenschatz
Kurator „Unvollendete Metropole“

Tobias Nöfer
Vorsitzender des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin-Brandenburg e.V.

Dr. Christian Strauß
Leiter der Lenkungsgruppe der Landesarbeitsgemeinschaft Berlin /
Brandenburg / Mecklenburg-Vorpommern der Akademie für Raumentwicklung
in der Leibniz-Gemeinschaft

Julia Dahlhaus und Hans-Joachim Paap
Vorsitzende und stellvertretender Vorsitzender des Bundes Deutscher
Architektinnen und Architekten BDA, Landesverband Berlin e.V.

Reiner Nagel
Bundesstiftung Baukultur

Aljoscha Hofmann
Generalsekretär des Council for European Urbanism Deutschland C.E.U.D. e.V.

Dr. Friedemann Kunst
Vorsitzender der Landesgruppe Berlin-Brandenburg der Deutschen Akademie
für Städtebau und Landesplanung

Tim Heide
Vorsitzender des Deutschen Werkbunds Berlin

Dr. Thomas Flierl
Vorsitzender der Hermann-Henselmann-Stiftung

Matthias von Popowski
Geschäftsstelle des Kommunalen Nachbarschaftsforums Berlin-Brandenburg e.V.

Stefan Richter
Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Zukunft Berlin

Ingolf Berger, Annemarie Schnerrer, Dr. Christian Strauß und Thomas Thurn
Sprecherinnen und Sprecher der Regionalgruppe Berlin / Brandenburg
der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung e.V.
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