Unvollendete Metropole Städtebau-Manifest für Berlin-Brandenburg - Berlin-Brandenburg, 2020/2021 unvollendete-metropole.de - Bundesstiftung ...
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Unvollendete Metropole Städtebau- Manifest für Berlin- Brandenburg Berlin-Brandenburg, 2020/2021 unvollendete-metropole.de
Vorbemerkung Städtebauliches Programm 100 Jahre Groß-Berlin ist ein Anlass, zurück zu blicken. Die Metropole von 1 Den Siedlungsstern zum Perspektive: Der Reichtum an Zentren ist ein un- heute ist das Ergebnis des Handelns mehrerer Generationen vor allem seit den schätzbarer Vorteil für eine nachhaltige Metropole. 1880er Jahren. Sie verfügt über ein reiches Erbe und ist durch harte Brüche Strahlen bringen! Auf der anderen Seite sind gerade die Zentren einem Strukturwandel ausgesetzt, etwa des Einzelhandels, geprägt, mit den Folgen von Zerstörung und Aufbau, mit einzigartigen und oft Ausgangslage: Die Stadtregion Berlin hat sich seit Ende der Büronutzung, des Wohnens. Die Gestaltung der faszinierenden Orten, mit Chancen und Problemen. 100 Jahre Groß-Berlin ist des 19. Jahrhunderts nicht mehr in Ringen, sondern ra- großen Hauptzentren – die Berliner historische Mitte, ebenso ein Anlass, nach vorne zu blicken. Auch und gerade in Zeiten einer dial entlang der Eisenbahnlinien und Ausfallstraßen die City West und die Potsdamer Mitte – bedarf vor entwickelt – in Form eines Siedlungssterns. Die Spal- diesem Hintergrund weiterer gesellschaftlicher De- Pandemie. Unsere Metropole muss sich mit all ihren Potenzialen heute den tung der Stadt trug entscheidend dazu bei, dass der batten und gestalterischer Anstrengungen. Für die großen Herausforderungen der Zukunft stellen: Klimafrage, Schonung der Siedlungsstern seit den 1960er Jahren trotz der starken Pflege und den Ausbau der einzigartigen Zentrenland- Ressourcen, Kreislaufwirtschaft, sozialer Zusammenhalt, Digitalisierung, Zunahme des Automobilverkehrs seine klaren Kontu- schaft soll ergänzend zum STEP Zentren für Berlin ein Ernährungswende, Zentrenvielfalt, Verkehrswende, Länderkooperation, ren durch Zersiedelung nicht verloren hat. länderübergreifendes Zentrenprogramm entwickelt politische Verfasstheit, verräumlicht in einem resilienten und schönen Städte- Perspektive: Es gibt ein gemeinsames Projekt in Berlin und umgesetzt werden, das Umnutzungen erleich- und Brandenburg für eine nachhaltig wachsende Me- tert, Fehlentwicklungen erschwert und vorhandene bau. Der Paradigmenwechsel in Richtung nachhaltige, bestandorientierte tropole: das Leitbild des Siedlungssterns. Es regt an, Praktiken wie „Aktive Stadtzentren“ ausbaut. Stadtentwicklung und Städtebau muss neuen Schwung erhalten. Wie er – als die künftige bauliche Entwicklung auf die Strahlen Antwort auf Wachstums- wie Schrumpfungsprozesse – gestaltet werden kann, des Siedlungssterns zu konzentrieren und die Frei- 3 Sozial und funktional muss breit diskutiert werden. räume dazwischen vor Zersiedelung zu schützen. Die- Dieses Manifest verarbeitet die Erfahrungen des durch den Architekten- ses Leitbild muss weitaus stärker bekannt gemacht und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg (AIV) und Partnern realisierten werden, breitere Akzeptanz finden und aktiv umge- vielfältige Wohnviertel Projekts „Unvollendete Metropole“: Ausstellung 100 Jahre Städtebau für setzt werden. Die Abgrenzung von Stadt und Land- schaft sowie die städtebauliche Umsetzung des lan- erhalten und schaffen! Groß-Berlin, Blick nach Europa, Ergebnisse des Internationalen Städtebau- desplanerischen Leitbilds muss geklärt werden. Hier lichen Ideenwettbewerbs Berlin-Brandenburg 2070, Metropolengespräche, bedarf es institutioneller wie prozessualer Anstren- Ausgangslage: In den letzten 150 Jahren hat die Metro gungen und wirksamer Instrumente – etwa kommu- pole in unterschiedlichen Teilräumen unterschiedli- BB 2070 – Magazin für Städtebau und urbanes Leben. nale Planungen (auch Flächennutzungspläne) mit che Formen des Wohnungsbaus erfahren, mit un- Der Begriff Städtebau meint hier nicht nur den konkreten Bau der Metro- entsprechenden Festlegungen, die die Urbanisierung terschiedlichsten Ergebnissen, die im Laufe der Zeit pole, sondern auch die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Ver- der Gemeinden im Siedlungsstern und die Land- unterschiedlich geschätzt wurden: dicht bebaute hältnisse, unter denen dieser Bau sich vollzieht, die Akteure, also die Planer, schaftspflege und -wiedergewinnung in den Zwi- Quartiere und aufgelockerte Siedlungen und vieles Bauherren und Kontrahenten, die den Bau beeinflussen, schließlich die Wirkun- schenräumen unterstützen. dazwischen. Die Siedlungen der Moderne in Berlin und Brandenburg verbanden städtebauliche Quali- gen und Botschaften des Gebauten. Bauen betrifft nicht nur Gebäude, sondern tät mit kostengünstigem Wohnraum, aber auch der auch die Anlage von öffentlichen Räumen, kurz die baukulturelle Gestaltung 2 Zentren aller Art stärken privatwirtschaftliche Städtebau hat bis heute vor- unserer räumlichen Umwelt. Städtebau umfasst damit die Produktionsverhält- bildliche Quartiere hervorgebracht, die Beispiel sein nisse, die Produktion und das Produkt Stadt – mit diesem als zentralen Fokus. und ausbauen! können für neue Entwicklungen. Wohnen ist ein be- Das Manifest versteht sich als Beitrag für die notwendige Diskussion sonderes Gut, es bedarf der öffentlichen Daseins Ausgangslage: Berlin bietet – gerade weil die Stadt erst vorsorge. um die städtebauliche Zukunft von Berlin und Brandenburg. Es richtet sich in 1920 zu einer Einheitsgemeinde zusammengefasst Perspektive: Die größten Herausforderungen sind: erster Linie an Vertreter der Politik, die für Weichenstellungen zuständig und wurde – einen einzigartigen Reichtum von Zentren den Wohnungsbestand energetisch zu sanieren und verantwortlich sind, aber auch an Vertreter der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und unterschiedlicher Größe und unterschiedlicher Form, behutsam in die Zukunft zu führen, neuen bezahl- Wissenschaft. Es ist insofern Medium und inhaltliche Stellungnahme zugleich. die sich gleichwohl nach der Schaffung der Einheits- baren Wohnraum in hoher baulicher wie städtebau- gemeinde unterschiedlich entwickelt haben. Auch licher Qualität, Vielfalt und Mischung an sinnvollen Brandenburg umfasst eine Vielfalt großartiger Zent- Standorten durchzusetzen und eine Zersiedelung ren. Auf der anderen Seite zeigt die Corona-Pandemie, zu verhindern. Das heißt auch: Bestehendes stärken, wie gefährdet die Zentren sind. verdichten und neue Entwicklungen kleinräumig auf
Brachflächen und großräumig auf den Siedlungsstern konzentrieren. Eine Besonderheit ist weiterhin – vor allem in Brandenburg – die Umwandlung von Militär- 1920er Jahren wurde Berlin ein Experimentierfeld der autogerechten Stadt. Ihr Erbe ist nicht nur ein frag- mentiertes Autobahnnetz, sondern auch Hauptstra- 7 Reines Wasser einschenken! 1994 schrittweise anderen Zwecken zugeführt werden und noch große Potenziale bieten. Die Einordnung und städtebauliche Vernetzung all dieser Projekte standorten zu Wohnquartieren. ßen und Hauptplätze, die vor allem dem fließenden erfordern eine länderübergreifende Zusammenar- und ruhenden Autoverkehr dienen. Ausgangslage: Spree, Havel, zahlreiche Kanäle und beit. Alle neuen Orte müssen – anknüpfend an ihre Perspektive: Die überkommene, für den Autoverkehr Seen prägen Berlin und Brandenburg. Sie haben Geschichte – eine eigene, besondere Form und Nut- 4 verkehr Den öffentlichen Schienen- ausgebaute Metropole muss mit Blick auf die notwen- vielfältige Funktionen als Transportwege, zur Ent- zungsmischung erhalten, die mithelfen kann, Identi- dige Verkehrswende und den Klimawandel mit aller wässerung, für die Freizeitnutzung und als klimati- tät zu stiften. vermehren! Kraft umgebaut werden. Heute sind es wiederum die scher Ausgleichsraum. Vor allem aber bezieht Berlin Hauptstraßen und Hauptplätze, auf denen sich der sein Trinkwasser aus Brunnen entlang der Gewässer. 9 wirtschaft Den kommunal- Ausgangslage: Berlin gehört zu den Metropolen der Erfolg einer Verkehrswende entscheiden wird. Er- Wasser prägt die grüne Landschaft, doch der urbane Welt, die seit 150 Jahren hervorragend durch den reicht werden muss, dass mehr Straßenbahnen oder Raum öffnet sich nur an wenigen Stellen zu den Ge- schienengebundenen Verkehr in die Vorstädte und Elektrobusse, mehr Fahrradfahrer, mehr Fußgänger- wässern. lichen Städtebau späteren Randbezirke sowie weit über die Grenzen von Groß-Berlin hinaus in die Städte und Gemein- und weniger Autoverkehr verträglich, fair und für alle angenehm in grün geprägten öffentlichen Räumen Perspektive: Die Sicherung der Wasserversorgung ist eine zentrale Zukunftsaufgabe in der gesamten Haupt- neu konzipieren! den des Umlandes erschlossen sind. Zur querenden koexistieren können. stadtregion, da sich mit der Klimakrise der Wasser- Stadtbahn und den radialen Bahnlinien kamen sehr mangel verschärft – bei steigendem Bedarf der wach- Ausgangslage: Berlin und Brandenburg haben einzig- früh die Ringbahn und nach der Spaltung der Stadt senden Bevölkerung. Notwendig sind stärkerer Schutz artige historische Erfahrungen mit den drei großen 6 sichern, Grün- und Freiräume der äußere Eisenbahnring. und Bewirtschaftung der Wasservorräte, mehr öffent- Typen des wirtschaftlichen Städtebaus: mit dem pri- Perspektive: Netz und Frequenz der U-Bahnen, S- licher Zugang zu den Gewässern, eine verantwortungs- vatwirtschaftlichen (etwa in der Kaiserzeit), mit dem Bahnen und Regionalbahnen sind schon heute am pflegen und volle Freizeitnutzung sowie städtebauliche Integration kommunalwirtschaftlichen (etwa in der Weimarer Limit, der Ausbau des Straßenbahnnetzes kommt nur langsam voran. Noch vorhandene Kapazitätsre- vermehren! der Gewässer in den Stadt- und Landschaftsraum. Ins- besondere müssen die Akteure der Wasserwirtschaft Republik) und mit dem staatswirtschaftlichen Städ- tebau (etwa in der NS-Diktatur und der DDR). Hier serven müssen ausgenutzt werden. Die wachsende in Berlin und Brandenburg ihre Zusammenarbeit un- ging es nicht nur darum, wer den Städtebau leitet – Metropole erfordert deutlich mehr Schienenverkehr: Ausgangslage: Die Stadtregion Berlin ist reich an viel- tereinander und mit anderen Akteuren der Baukultur der Zentralstaat, die Kommune oder die Privatwirt- S- und Regionalbahn-, Straßenbahn- und U-Bahnver- gestaltigen Freiräumen der märkischen Landschaft: und der Regionalentwicklung intensivieren. schaft, sondern auch, was geleitet bzw. selbst be- kehr auch über die Stadtgrenzen Berlins hinaus, sach- grüne Plätze und Straßen, Parks, Kleingärten und trieben werden soll: öffentlicher Raum, öffentlicher gerecht differenziert. Dazu gehören leistungsfähige Friedhöfe, aber auch Flussläufe und Seen bis hin zu Verkehr, Energieversorgung, Wasser- und Abwasser- 8 Neue Großprojekte sorg- und gut gestaltete Verkehrshubs, die ein bequemes Wäldern und Kulturlandschaften, wenngleich man- versorgung, Müllabfuhr, Nahrungsmittelproduktion, Umsteigen auf andere Verkehrsträger ermöglichen. ches davon beim autogerechten Ausbau verloren- Hygiene, Wohnungswesen. Weiter sollen die Vernetzungspotenziale des äuße- ging. Berlin und Brandenburg sind zudem stolz auf fältig mit der vorhandenen Perspektive: Heute könnte der kommunalwirtschaft- ren Eisenbahnrings im Einklang mit dem Leitbild des Siedlungssterns genutzt, sowie Nutzen und Machbar- ihr grünes Weltkulturerbe und auf die Tradition einer vorbildlichen Gartendemalpflege. Stadt vernetzen! liche Städtebau der Weimarer Republik ein Vorbild sein – nicht in seiner konkreten Ausprägung, son- keit eines zusätzlichen, weiter entfernten Eisenbahn- Perspektive: Die Pflege und Entwicklung von Stadt- dern als Konzept, das einer zeitgemäßen Interpre- rings geprüft werden. Für eine neue Mobilitätskultur grün und Naturlandschaften ist finanziell und perso- Ausgangslage: Großanlagen der Verkehrsinfrastruk- tation bedarf. Eine nachhaltige Metropole braucht ist eine strategische Partnerschaft zwischen den bei- nell auf eine adäquate Grundlage zu stellen, um die tur, insbesondere Flughäfen und Bahnhöfe, aber auch eine strategische, langfristig orientierte Politik, eine den Ländern, der Bahn, dem VBB, dem Kommunalen gestiegenen Erwartungen und Anforderungen im Zu- Anlagen der Industrie und des Militärs haben Groß- leistungsfähige Verwaltung und einen verantwor- Nachbarschaftsforum, Wissenschaft und Wirtschaft sammenhang mit dem Klimawandel erfüllen zu kön- Berlin gezeichnet. Sie verteilten die Gewichte, die tungsvollen Zugriff – sei es durch Regeln, Koopera- nach Münchner Vorbild erforderlich. Der Schienen- nen. In der Innenstadt müssen Straßen und Plätze Lasten und den Nutzen der Metropole, sie folgten ih- tion oder eigene Unternehmen – auf immer wieder verkehr muss städtebaulicher Entwicklung voraus- wieder grüner und gleichzeitig in ihrer Gestaltung den rer eigenen Standortoptimierung. Durch eine Neuor- neu auszuhandelnde Bereiche der Daseinsvorsorge. gehen, nicht nur auf sie reagieren. steigenden Nutzerwünschen gerecht werden. In der ganisation der Flughäfen und großen Bahnhöfe nach Ziel ist eine neue Form der stabilen Zusammenar- Stadtregion müssen die Regionalparks, ein zentra- der Wiedervereinigung, aber auch durch großräumige beit von starker Kommune und respektierter privater les Element des Leitbildes des Siedlungssterns, auch Standortinitiativen wie auf dem EUREF-Campus, in Wirtschaft! 5 Hauptstraßen und Haupt- institutionell gestärkt werden. Sie können die regio- Johannisthal/Adlershof, in Potsdam, in Ludwigsfelde nale Identität, Erholung, Freizeit und Naturerleben und vielen weiteren Brandenburger Kommunen wer- plätze urban gestalten! 10 Die Hauptstadtrolle fördern. Zudem sollen nachhaltige regionale Lebens- den die Kräfte in der Region neu verteilt. mittelkreisläufe gestützt und erweitert werden. Die Perspektive: Diese dynamische Entwicklung geht Ausgangslage: Die Stadtregion Berlin wurde zunächst Gartendenkmalpflege muss auf ihrem hohen Niveau weiter – mit Großprojekten am Südkreuz, in Sie- ernst nehmen! durch große urbane Ausfallstraßen geprägt, die durch fortgeführt werden. mensstadt, auf dem ehemaligen Flughafen Tegel, in bedeutende Stadtplätze, aber auch durch angren- Grünheide usw. Eine Besonderheit sind weiterhin die Ausgangslage: Der Gesamtstaat hat in der Stadt deut- zende Dörfer und Siedlungen sowie markante Pro- riesigen Militärflächen im Berliner Umland, die seit liche Spuren hinterlassen: vor allem, aber nicht nur in jekte ihr spezifisches Profil erhielten. Seit den späten dem vollzogenen Abzug der russischen Streitkräfte den früheren und aktuellen Regierungsstandorten
11 Den Austausch mit an- 13 Das Verhältnis zwischen 14 Demokratische Schlossareal, Wilhelmstraße und Spreebogen. Von Anfang an war Berlin aber in Deutschland keine all- seits geschätzte Hauptstadt. Nach der Wiederver- deren Hauptstädten und Berlin und Brandenburg Zusammenarbeit einigung galt sie im Ausland als heitere, tolerante, höchst attraktive Hauptstadt eines nicht immer glei- Metropolen intensivieren! robust und dauerhaft besser justieren! cherweise geliebten neuen Deutschlands. Seit den weiterentwickeln! Umzügen der Loveparade und der Verhüllung des Ausgangslage: Städtebau lebt und profitiert vom in- Reichstages in den 1990er Jahren wird Berlin auch in ternationalen Austausch der Erfahrungen. Berlin hat Ausgangslage: 1881 trennten sich die Wege: Die Ausgangslage: Groß-Berlin war immer eine Haupt- Deutschland mehr und mehr geschätzt, nicht nur von darin eine lange Tradition. Das zeigten neben den Haupt- und Residenzstadt Berlin schied aus dem stadt des Protests, des Engagements zivilgesell- jungen Leuten. vielen internationalen Wettbewerben nicht zuletzt Kommunalverband der Provinz Brandenburg aus. schaftlicher Initiativen. Groß-Berlin selbst war auch Perspektive: Berlin braucht eine aktive Hauptstadt- die großen Ausstellungen: die „Allgemeine Städte- Das Groß-Berlin-Gesetz von 1920 legte die Schaf- das Ergebnis solcher Initiativen. Seit den großen Bür- politik, die schon bei der Gründung von Groß-Berlin bau-Ausstellung in Berlin“ 1910, die „Deutsche Bau- fung einer Kooperation zwischen Berlin und der gerprotesten in West-Berlin (beginnend in den 1970er 1920 vernachlässigt worden ist. Der Bund, aber auch ausstellung Berlin“ 1931, die „Interbau“ 1957 und die Provinz Brandenburg etwa in Form eines Zweckver- Jahren), in Ost-Berlin und Brandenburg (beginnend die Länder müssen sich stärker als bisher der posi- „IBA“ 1984/87. bands oder Dachverbands im Wege freiwilliger Ver- in den 1980er Jahren) rückte das Verhältnis zwischen tiven Signalwirkung ihrer Hauptstadt auf der inter- Perspektive: Wir brauchen neuen Schwung im inter- einbarung nahe. Zu dieser institutionalisierten Ko- Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft nationalen und nationalen Bühne bewusstwerden nationalen Austausch und zielgerichtete Kooperati- operation ist es nie gekommen – bis heute. Nach der mit allem Nachdruck auf die demokratische Tages- und aktiver sowie verantwortungsvoller Partner der onsprojekte. Es ist wichtig, genau zu wissen, wie an- faktischen Ausschaltung beider räumlicher Körper- ordnung. Stadtentwicklung sein. Dazu gehören auch geeignete derswo Projekte gesteuert, wie die Hauptstraßen der schaften in der NS-Zeit und der DDR-Zeit scheiterte Perspektive: Ohne demokratische Plattformen bleibt Räume und Plattformen in der Hauptstadt zur Prä- Zukunft, wie vorhandene und neue Wohnquartiere die Fusion von Berlin und Brandenburg im Jahr 1996. jedes städtebauliche Programm ohne festen Boden, sentation von Beispielen einer erfolgreichen Städ- zukunftsfähig gestaltet werden. Wir müssen aus den Mit der Bildung der Gemeinsamen Landesplanungs- ohne solche Plattformen können das Verhältnis zwi- tebaupolitik nicht nur in Berlin, sondern in ganz Erfahrungen anderer Metropolen lernen, wie neue Li- abteilung und dem Kommunalen Nachbarschaftsfo- schen Bezirken und Senat sowie die Kooperation Deutschland. nien des öffentlichen Schienenverkehrs, neue Parks rum e.V. haben sich seit 1996 positive und wirkungs- zwischen Berlin und Brandenburg keine Kraft ent- und neue Zentren dem nachhaltigen Wachstum die- volle Kooperationen entwickelt. Jedoch bleibt die wickeln. Bei allen strategischen Fragen müssen zivil- nen können. Als Medium des internationalen Aus- Landesgrenze eine Hürde gemeinsamer nachhalti- gesellschaftliche und wirtschaftliche Initiativen und tauschs bietet sich eine neue Internationale Bauaus- ger Entwicklung. Institutionen eingebunden werden. Auf der anderen stellung (IBA) an. Perspektive: Die Kooperation der Länder, Landesres- Seite sind Privatwirtschaft wie Zivilgesellschaft ge- sorts, Landesparlamente und Kommunen über die ge- fordert, sich verantwortungsvoll und konstruktiv ein- meinsame Landesgrenze hinweg muss schrittweise zubringen. Ein gutes Beispiel in Berlin ist der "Runde intensiviert werden. Das erfordert weitere Staatsver- Tisch Liegenschaftspolitik", bei dem regelmäßig zwi- träge und einen gemeinsamen Ausschuss der Landes- schen Zivilgesellschaft, Parlament, Senat und Be- Institutionelle parlamente. Nicht zuletzt ist die kommunale Zusam- menarbeit zu Einzelthemen und in Teilräumen wie zirken wichtige Liegenschaftsvorgänge verhandelt werden. Ein weiteres Beispiel erfolgreicher Zusam- Reformen etwa entlang der Siedlungsachsen zu stärken. Ziel ist menarbeit vieler Akteure ist die mittelfristige Vision eine kontinuierliche und nicht nur auf Einzelfälle be- „Vision 2030“ zur Gestaltung des Olympiaparks. Ziel zogene Meinungsbildung und Abstimmung über ge- ist es, sich im Rahmen solcher Kooperationsprozesse meinsame Leitbilder und Strategien. Hierfür müssen auf strategische Ziele zu verständigen und einen ge- bestehende Plattformen der Kooperation gestärkt rechten Ausgleich zwischen lokalen und überlokalen und die Schaffung neuer geprüft werden. In die stra- Interessen zu finden, damit parlamentarische Be- 12 Das Verhältnis zwischen zwischen Senat und Bezirken sowie die Aufgaben- tegische Zusammenarbeit sollten neben den Vertre- schlüsse nachhaltig wirken. verteilung in den Bezirken geklärt und optimiert wer- tern der Kommunen und der Länder auch Vertreter den Bezirken und dem den! Auch auf Senatsebene müssen integrierende der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft eingebun- Senat optimieren! Planungsansätze und Umsetzungsstrategien wieder gestärkt und Planungsprozesse beschleunigt werden. den werden. Langfristig muss die Fusion beider Län- der wieder in den Blick genommen werden. Dafür bedarf es einer Änderung der Landesverfassung Ausgangslage: Schon 1920 war klar: Das im Groß-Ber- und einer Verwaltungsreform. Strategische Aufga- lin-Gesetz gestaltete Verhältnis zwischen den Bezir- ben von großräumiger Bedeutung wie die Gestaltung ken und der Hauptverwaltung ist verbesserungsbe- der Hauptzentren, die Gestaltung der Hauptstraßen, dürftig. Alle Anstrengungen, diesen Zustand durch Hauptplätze und großen Grünanlagen, die Einbindung räumliche Zusammenfassung und strukturelle Ver- von Großprojekten und der Bau größerer Wohnungs- änderungen zu überwinden, waren letztlich nicht er- bauquartiere sind der Hauptverwaltung zuzuordnen. folgreich. Für ein umfassendes Zentrenprogramm in den Bezir- Perspektive: In Berlin muss endlich das Verhältnis ken müssen die Voraussetzungen geschaffen werden.
Unterzeichnet von: Prof. Dr. Harald Bodenschatz Kurator „Unvollendete Metropole“ Tobias Nöfer Vorsitzender des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin-Brandenburg e.V. Dr. Christian Strauß Leiter der Lenkungsgruppe der Landesarbeitsgemeinschaft Berlin / Brandenburg / Mecklenburg-Vorpommern der Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft Julia Dahlhaus und Hans-Joachim Paap Vorsitzende und stellvertretender Vorsitzender des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten BDA, Landesverband Berlin e.V. Reiner Nagel Bundesstiftung Baukultur Aljoscha Hofmann Generalsekretär des Council for European Urbanism Deutschland C.E.U.D. e.V. Dr. Friedemann Kunst Vorsitzender der Landesgruppe Berlin-Brandenburg der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung Tim Heide Vorsitzender des Deutschen Werkbunds Berlin Dr. Thomas Flierl Vorsitzender der Hermann-Henselmann-Stiftung Matthias von Popowski Geschäftsstelle des Kommunalen Nachbarschaftsforums Berlin-Brandenburg e.V. Stefan Richter Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Zukunft Berlin Ingolf Berger, Annemarie Schnerrer, Dr. Christian Strauß und Thomas Thurn Sprecherinnen und Sprecher der Regionalgruppe Berlin / Brandenburg der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung e.V.
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