VERNICHTUNGSKRIEG - Geschichte

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VERNICHTUNGSKRIEG
  Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941

                                                                       Eine gemeinsame   digitale Vortragsreihe
                                                                               der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal
                                                                                  und der Gedenkstätte Steinwache Dortmund
                                                                                                        2. Juni bis 7. Juli 2021
© bpk / Voller Ernst - Fotoagentur / Jewgeni Chaldej / Bild 50109148
Am 22. Juni 1941 überfiel die deutsche Wehrmacht die Sow-          Die Vortragsreihe nimmt den 80. Jahrestag des deutschen Über-
jetunion. Der als Weltanschauungs- und Vernichtungskrieg           falls zum Anlass, verschiedene Aspekte dieses „Krieges im Krieg“
geplante Feldzug führte zu einer beispiellosen Brutalität in der   zu beleuchten. Er bestimmt heute das Bild vom Zweiten Weltkrieg.
Kriegsführung und der Besatzungspolitik. Der Überfall mar-         Trotzdem ist das Wissen über ihn, vor allem seine Bedeutung für
kierte zugleich den Beginn des Holocaust – die Ermordung           das Zentralverbrechen des Nationalsozialismus, den Judenmord,
der Jüdinnen und Juden in allen von Deutschland eroberten          nur unzureichend präsent im öffentlichen Bewusstsein.
und besetzten Ländern.

Auch an der so genannten Heimatfront wurde der Krieg ge-
führt: Mehrere Millionen sowjetischer Kriegsgefangener und
zivile Zwangsarbeiter*innen mussten unter menschenunwür-
digen und todbringenden Bedingungen leben und arbeiten.

Es dauerte länger als drei Jahre, bis Deutschland diesen An-
griffskrieg verloren hatte. Er kostete nach unterschiedlichen
Schätzungen allein fast 30 Millionen Menschen oder mehr aus
der Sowjetunion das Leben.

                                                                              © bpk | Bayerische Staatsbibliothek | Archiv Heinrich Hoffmann / Bild 50074849
Mittwoch, 2. Juni 2021, 19.00 Uhr                          Mittwoch, 9. Juni 2021, 19.00 Uhr                              Mittwoch, 16. Juni 2021, 19.00 Uhr

Der deutsch-sowjetische Krieg                              Der Holocaust in der besetzten                                 Sowjetische Kriegsgefangene zwischen
1941-1945 im Kontext                                       Sowjetunion und die Spurensuche heute                          Vernichtung und Zwangsarbeit

Vortrag von Prof. Dr. Dieter Pohl, Universität             Vortrag von Dr. Andrej Umansky, Köln                           Vortrag von Dr. Christian Streit, Heidelberg
Klagenfurt

Der Verlauf des deutsch-sowjetischen Krieges und die       Gemeinsam mit dem französischen Verein Yahad - In Unum         Die sowjetischen Kriegsgefangenen waren nach den
Verbrechen der deutschen Besatzungsherrschaft sind         widmet sich Andrej Umansky seit 2004 der systematischen        Juden die größte Opfergruppe nationalsozialistischer
inzwischen weithin bekannt. Freilich ist es notwendig,     Ermittlung und Dokumentation der Stätten von Massen-           Politik. Über drei Millionen, mehr als die Hälfte der etwa
diesen epochalen Konflikt auch in größerer Perspekti-      exekutionen an Juden und Roma während des Zweiten              5,7 Millionen starben als Opfer einer verbrecherischen
ve zu sehen, als Versuch des Deutschen Reiches, eine       Weltkriegs auf dem Gebiet der Sowjetunion. Dabei werden        Politik. Der Völkerrechtsgrundsatz, dass Kriegsgefangene
globale Hegemonie zu erreichen, als Teil des globalen      Augenzeugen - häufig Nachbarn - der während des Zwei-          menschlich zu behandeln sind, wurde verworfen. Ein
Zweiten Weltkriegs, aber auch als zentrales Kapitel der    ten Weltkriegs begangenen Massenerschießungen inter-           entscheidender Faktor für das Massensterben war das
Vernichtungspolitik NS-Deutschlands und der Gewalt         viewt. Die Zeugen sprechen dabei zum ersten Mal über           Ziel, die Nahrungsressourcen des Ostens gnadenlos zu-
der „Achsenstaaten“.                                       die Ermordung ihrer jüdischen Nachbarn. Yahad - In Unum        gunsten der deutschen Bevölkerung auszubeuten. Die
                                                           dokumentiert auch Erschießungsorte, die sich auf dem Ter-      geringfügigen Verbesserungen ihrer Behandlung waren
Dieter Pohl ist Professor für Zeitgeschichte an der Uni-   ritorium dieser Länder befinden. Bis heute wurden mehr als     ausschließlich von der Erkenntnis bestimmt, dass man ihre
versität Klagenfurt und Autor zahlreicher Publikationen    7.000 Augenzeugen befragt und über 2.000 Erschießungs-         Arbeitskraft dringendst für die deutsche Rüstungsindus-
zu den Themenfeldern Holocaust und Vernichtungskrieg.      orte von Juden und Roma ausfindig gemacht.                     trie brauchte. Das Schicksal dieser Gefangenen war bis in
Seine Forschungsschwerpunkte sind nationalsozialisti-                                                                     die 1970er Jahre ein Tabuthema. Erst in den 1980er Jahren
sche Besatzungsherrschaft und Gewaltverbrechen, der        Dr. Andrej Umansky ist Strafverteidiger, Historiker und Vor-   und vor allem in den 1990er Jahre durch die „Wehrmacht-
Zweite Weltkrieg in Europa und Asien, die Geschichte der   standsmitglied von Yahad - In Unum.                            ausstellung“ wurde es bekannter. Bei der Entschädigung
Sowjetunion, die Kriegsfolgenforschung, die Geschichte                                                                    ehemaliger Zwangsarbeiter wurden die sowjetischen
kommunistischer Systeme nach 1945, Massengewalt im                                                                        Kriegsgefangenen ausgeschlossen. Erst 2015, als nur
20. Jahrhundert sowie die Zeitgeschichte Polens und der                                                                   noch weniger als 2000 Überlebende lebten, entschied der
Ukraine.                                                                                                                  Bundestag, sie mit jeweils 2500 Euro symbolisch zu ent-
                                                                                                                          schädigen.

                                                                                                                          Die Doktorarbeit von Christian Streit, Oberstudienrat
                                                                                                                          a.D., „Keine Kameraden. Die Wehrmacht und die sowje-
                                                                                                                          tischen Kriegsgefangenen 1941-1945“ gilt als Standard-
                                                                                                                          werk zur Geschichte der sowjetischen Kriegsgefangenen.
                                                                                                                          1999/2000 war er Mitglied der Kommission zur Überprü-
                                                                                                                          fung der sogenannten Wehrmachtausstellung und 2015
                                                                                                                          Sachverständiger in der Bundestagsdiskussion über die
                                                                                                                          Anerkennung und Entschädigung sowjetischer Kriegsge-
                                                                                                                          fangener als NS-Opfer.
Dienstag, 22. Juni 2021, 19.00 Uhr                         Mittwoch, 30. Juni 2021, 18.00 Uhr                            Mittwoch, 7. Juli 2021, 19.00 Uhr

„… unsere Sendung, die europäische                         Deutsche Herrschaft in der besetzten                          „Aktion 1005“ – Spurenbeseitigung von
Kultur zu retten vor dem Vordringen der                    Sowjetunion. Von Hunger, Zwangsarbeit                         NS-Massenverbrechen in der
asiatischen Barbaren.“                                     und Alltagsgewalt in den Jahren des                           Sowjetunion
                                                           Zweiten Weltkriegs

Ausgewählte Texte, gelesen von Julia Wolff und             Vortrag von Prof. Dr. Tatjana Tönsmeyer,                      Vortrag von Dr. Andrej Angrick, Berlin
Gregor Henze                                               Bergische Universität Wuppertal

Aus den überlieferten Quellen zum Überfall auf die         Der Vortrag widmet sich der Frage, welche Konsequenzen        Hinter der Tarnbezeichnung „Aktion 1005“ verbirgt sich ei-
Sowjetunion kommt der verbrecherische Charakter des        die deutsche Herrschaft für die einheimische, jüdische        ner der ungeheuerlichsten und geheimsten Vorgänge des
als „Unternehmen Barbarossa“ getarnten Krieges erschre-    wie nichtjüdische Bevölkerung der Sowjetunion hatte. In       „Dritten Reichs“: Im Jahr 1942 gab die oberste Führung an
ckend deutlich zum Vorschein. Die Lesung ausgewähl-        besonderer Weise werden dabei Aspekte beleuchtet, die         das „Reichssicherheitshauptamt“ die Order aus, sämtliche
ter Quellentexte beleuchtet ihn aus unterschiedlichen      bisher weniger im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden        Massengräber im deutsch besetzten Europa unkenntlich zu
Perspektiven: aus der Sicht der Angreifer und aus dem      haben, vor allem: Was bedeutete Besatzung für das Alltags-    machen. Ebenso wurde versucht, alle verfänglichen Schrift-
Blick der Überfallenen. Den ideologischen Eifer und die    leben? An ausgewählten Beispielen aus dem Kontext der         unterlagen und sonstigen Informationen zu vernichten, die
mörderische Praxis des „Ostfeldzugs“ dokumentieren         Versorgung, der Arbeit, aber auch der alltäglichen Gewalt     den Völkermord an den europäischen Juden, die Ermor-
nicht nur die berüchtigten „Ereignismeldungen“ der         wird der Vortrag zeigen, dass „Vorkriegsnormalitäten“ sich    dung der sowjetischen Kriegsgefangenen, die Vernichtung
Sicherheitspolizei, sondern auch einschlägige Befehle      tiefgreifend veränderten. – In ihren Ausführungen wird        der Roma und die Hinrichtungen polnischer Nationalisten
der Wehrmachtsführung sowie zahllose Feldpostbriefe        Tatjana Tönsmeyer auch auf die Befunde des von ihr ge-        dokumentiert hätten.
deutscher Soldaten. Aus der Sicht der Opfer bezeugen       leiteten Forschungs- und Editionsprojekts „Societies under
unter anderem Tagebücher aus den Ghettos und aus           German Occupation. Experiences and Everyday Life in           Andrej Angrick ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Ham-
dem besetzten Leningrad oder Aussagen jüdischer            World War II“ eingehen.                                       burger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur.
Zeugen in NS-Prozessen nach 1945 und Berichte von                                                                        Er wirkte maßgeblich an der Ausstellung „Verbrechen der
Überlebenden der Massenerschießungen das Verbre-           Tatjana Tönsmeyer ist Professorin für Neuere und Neu-         Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941–
chen dieses Krieges. Diese Berichte sind auch heute noch   este Geschichte an der Bergischen Universität Wuppertal,      1944“ mit und fungierte als Gutachter in den bundesdeut-
schwer auszuhalten.                                        Leiterin des internationalen Netzwerks „Besatzungsgesell-     schen Ghettorentenverfahren.
                                                           schaften“, Mitglied in verschiedenen Beiräten und Autorin
Gregor Henze war lange Ensemblemitglied der Wupper-        zahlreicher Publikationen zur europäischen Geschichte des
taler Bühnen und arbeitet heute als freier Schauspieler    19. und 20. Jahrhunderts. Zu den jüngsten Publikationen
an verschiedenen Theatern in NRW, u.a. am Schauspiel       gehören u.a. Coping with Hunger and Shortage under
Essen.                                                     German Occupation in World War II, hrsg. v. Tatjana Töns-
Julia Wolff gehörte von 2004 bis 2014 zum festen           meyer, Peter Haslinger und Agnes Laba (London 2018) oder
Ensemble der Wuppertaler Bühnen. Heute tritt sie dort      Besatzungsgesellschaften. Begriffliche und konzeptionelle
und am Schauspiel Bochum als Gast auf und ist Schau-       Überlegungen zur Erfahrungsgeschichte des Alltags unter
spieldozentin an der Essener Folkwang Hochschule und       deutscher Besatzung im Zweiten Weltkrieg, Version: 1.0, in:
Sprecherin für den WDR.                                    Docupedia‐Zeitgeschichte (veröffentlicht 18.12.2015).
Idee und Konzept:

Dr. Ulrike Schrader
Markus Günnewig
Michael Okroy, M.A.

Einwahldaten zum Zoom-Vortrag
bitte anfordern unter:
info@alte-synagoge-wuppertal.de.

Die Einwahldaten werden Ihnen am
Nachmittag des Vortragstermins
zugesandt.

Informationen:
Markus Günnewig
Mahn- und Gedenkstätte
Steinwache, Dortmund
T 0231 - 5027685
E mguennewig@stadtdo.de

Dr. Ulrike Schrader
Begegnungsstätte Alte Synagoge
Wuppertal
T 0202-5632843
E info@alte-synagoge-wuppertal.de
                                              © bpk / Museum Berlin-Karlshorst / Timofej Melnik / Bild 70123084

Impressum:
Begegnungsstätte Alte Synagoge, Wuppertal
Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Dortmund

Wuppertal-Dortmund 2021
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