Vielfalt Mission Inklusion - Corona - Leben mit Behinderung Hamburg
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Corona Vielfalt Mission Inklusion Mein Verein – Mein Magazin Leben mit Behinderung Hamburg Juli / August 2020
Editorial 3 AUS DEM ELTERNVEREIN Liebe Mitglieder, Freund*innen 4-5 TITELTHEMA und Mitarbeiter*innen, 5-6 LEICHTE SPRACHE die Teilhabe von Menschen mit Behinderung und ihren Familien benötigt eine Stimme, 7 TIPPS FÜR RECHTLICHE BETREUENDE wenn geltende Maßstäbe überprüft und neue Regeln aufgestellt werden. Südring Aktuell 8 AUS DEN SOZIALEINRICHTUNGEN informiert Sie über die Beteiligung und Viel falt, die Hamburg jetzt so nötig braucht. 9 CORONA Bis zum Sommer gab es wegen Corona eine 10 AUS DEM ELTERNVEREIN Menge zu regeln für Kitas, Schulen, Arbeit, Wohnsituationen und die Öffentlichkeit. Un 10-11 AUS DEN SOZIALEINRICHTUNGEN sere Forderung: Regeln zur Eindämmung von Corona müssen inklusiv sein. Abstandsregeln 12 AUS DEM ELTERNVEREIN und Schutzbestimmungen müssen so gelten, dass Menschen mit Mehrfachbehinderungen und anderen Einschränkungen damit klar kommen. Wie das gelingt? Schalten Sie sich ein und werden Sie, wenn Sie es nicht schon sind, Teil der Interessenvertretung im Verein. Bei Leben mit Behinderung Hamburg haben Sie die Möglichkeit, aktiv zu werden. So ent stehen Perspektiven anstelle des Ohnmachts gefühls aufgrund einer Behinderung. Eine Impressum Mutter berichtete mir empört von einem Brief Herausgeber ihrer Schule zur Corona-Regelung: Die Hal- Leben mit Behinderung Hamburg tung der Schule verletze sie, denn sie zeige, Südring 36, 22303 Hamburg dass es mit der Inklusion nicht weit her sei. TEL 040. 270 790 - 0 Ein paar Tage später berichtete sie, zusam- MAIL info@lmbhh.de men mit anderen Eltern hätte sie der Schul- WEB www.lmbhh.de leitung ihren Ärger mitgeteilt. Daraufhin seien Redaktion die Corona-Regelungen vor Ort sinnvoll ange- Kerrin Stumpf (V. i. S. d. P.) passt worden. Klasse. Das trägt im Verein wei kerrin.stumpf@lmbhh.de ter Früchte, auch woanders, mit noch lauterer Stefanie Könnecke, Linda Hartmann Stimme und mehr Widerhall. suedringaktuell@lmbhh.de Druck Je bunter Hamburg wird, umso vielfältiger Eurodruck, Hamburg wird das Leben mit Behinderung. Nicht alle KERRIN STUMPF Eltern können auf Probleme selbst hinweisen. Elternverein Südring Aktuell erscheint sechsmal jährlich Auf den Seiten 4/5 lesen Sie von dem Projekt mit einer Auflage von 3.500 Stück. Redakti „We are Family“. Dort wird deutlich, dass viele onsschluss ist jeweils der 5. des Vormonats. Familien mit einem behinderten Kind in Ham- Konto Bank für Sozialwirtschaft burg Chancen zur Begegnung benötigen. BIC BFSWDE33HAN IBAN DE16 2512 0510 0007 4643 00 Ich wünsche Ihnen, dass Sie in diesem Som mer auftanken können. Freuen Sie sich auf die Hamburger Gemeinschaftsstiftung Mitgliederversammlung am 24. September! für behinderte Menschen Kerrin Stumpf Ihre Südring 36, 22303 Hamburg TEL 040. 270 790 - 0 MAIL kerrin.stumpf@lmbhh.de WEB www.hgstiftung.de Kerrin Stumpf 2
AUS DEM ELTERNVEREIN Digital vereint für Chancen in Corona-Zeiten Der Elternverein kämpft weiter für unsere Themen Foto: Pixabay Der Elternverein bietet seit Ostern Mitglie zialpädagogischen Angeboten gut leben zu dern und anderen viel Gelegenheit zum Aus können. In den ersten Wochen des Lockdowns tausch über Zoom. Diese Vereinsveranstal bewährten sich hier besonders die Wohn tungen zeigen: Corona ist auch eine Chance angebote. Immer wieder hörten wir von der für Inklusion, weil alle neu lernen müssen. großen Entlastung für die Angehörigen, die nur mit neuen Medien Kontakt halten konn Dazu ist aber auch unsere gemeinsame Stim ten. Einige hatten auch Sorge, weil es ohne me der Interessenvertretung nötig, sagte In die Angehörigen doch nicht geht. Spätestens grid Jäger zuletzt im Elterngesprächskreis mit den Lockerungen kamen die Fragen: Was Inklusion/Integration per Zoom-Konferenz. bedeutet das für mich? Wie engen Kontakt Sie machte damit den jüngeren Eltern von benötige ich und wie viel Schutz und Freiheit? Schüler*innen Mut, die von ihren Grenzerfah rungen mit Corona und seinen Auswirkungen Dazu gab es am 10. Juni 2020 eine Podi berichteten. Dabei zehrt nicht nur die tägliche umsdiskussion, bei der wir gemeinsam un Betreuung zu Hause, die geringe Beschulung sere Fragen und Erwartungen, aber auch und Therapie. Besonders bedrückend ist die Lösungen ausgelotet haben. Die Impulse Erkenntnis, gerade jetzt wieder, dass das Le unserer Referentin Nina Gust, Leiterin des ben mit Behinderung alles andere als selbst Inklusionsbüros bei der Senatskoordinato verständlich ist. Ungelenk oder abschreckend rin für die Gleichstellung von Menschen mit wurden Eltern darauf aufmerksam gemacht, Behinderungen, und vieler Vereinsbeteiligter dass ihr Kind als „gefährdet“ die Einwilligung wiesen einen Weg. Denn die Zeit mit Corona der Eltern benötige, um am Unterricht teilzu wird andauern. Darum werden jetzt Maßstäbe nehmen. Oder, dass es nur mit gewaschenen neu gebildet. Dabei müssen Menschen mit Haaren in die Schule kommen solle. Oder in Behinderung mitgedacht werden und dafür, der Notbetreuung eben nicht die Unterstüt so betont es Ingrid Jäger, macht sich der Ver zung erhielt, die es benötigt. ein stark. Dann hat Inklusion auch in Zeiten KERRIN STUMPF einer Pandemie eine Chance. Elternverein Corona zeigt uns aber nicht nur wieder den bekannten „Schwarzen Peter“: Wer Inklusion Wir hoffen, dass Sie sich auch beteili möchte, muss sich selbst darum kümmern gen möchten, und bleiben am Thema und soll sich am Ende doch irgendwie an dran. Wenn Sie Interesse an unseren passen können. Das ist keine Inklusion! Wir nächsten Veranstaltungen per Zoom entwickeln, auch mit Abstands- und Hygie haben, kontaktieren Sie uns bitte. neregeln, noch mehr Energie, um dagegen Nach den Sommerferien starten wir aufzustampfen. In den digitalen Selbsthil mit einer kleinen Reihe für Erfah fegruppen und Austauschrunden im Verein rungsaustausch und Info-Veranstal erzählten die Angehörigen – und auch einige tungen. Mehr dazu erfahren Sie auf Selbstvertretende –, wie groß die Herausfor www.lmbhh.de. derungen bleiben, um mit Assistenz und so 3
TITELTHEMA Als Tandem die Hürden des Alltags überwinden Wie "We Are Family" Familien mit Migrationshintergrund unterstützt Mentor*innen unterstützen Foto: Pixabay Familien Ein fremdes Land, eine unbekannte Sprache begleiten zum Schwimmen. Was und wie viel und ein Wirrwarr aus Behörden und Formu eine Mentor*in tut, wird vorab in Absprache laren – für Familien mit Migrationshinter mit der Familie festgelegt.“ grund ist die erste Zeit in Deutschland oft gar nicht so einfach. Hat eines der Famili Doch bereits an dieser Stelle beginnt die He enmitglieder eine Behinderung, ist es meist rausforderung, kulturelle Unterschiede zu noch komplizierter. Doch es gibt Hilfe, die überbrücken. „Wir mussten selbst erstmal sich speziell an Familien in dieser Situation begreifen, dass einige Familien die angebote richtet. ne Hilfe nicht als Ehrenamt verstehen“, sagt Miriam Mahmood. „Viele kennen das Konzept „We Are Family“ heißt das Projekt von Leben des Ehrenamts gar nicht. Da wird dann die mit Behinderung Hamburg, bei dem Vielfalt Mentor*in, die eigentlich nur für die Hausauf ganz oben auf der Tagesordnung steht. Unter gabenhilfe kommt, einfach auch noch für alle stützt wird das Projekt von der Aktion Mensch möglichen anderen Tätigkeiten eingesetzt.“ und dem Hamburger Integrationsfonds. Pro jektleiterin Miriam Mahmood stemmt es ge Unklarheiten wie diese können meist in einem meinsam mit ihren Kolleginnen Gesa Backer Gespräch geklärt werden – zumindest für den und Abi Abdulnour sowie 38 Ehrenamtlichen. Moment. „Die Ehrenamtlichen übernehmen hier zwar Verantwortung, stehen aber nicht Über 40 Familien werden derzeit von ihnen in einem Arbeitsverhältnis“, betont Miriam beraten und unterstützt. Ein Großteil spricht Mahmood. Generell gibt es aber immer wie Arabisch, manche sprechen Farsi. Ähnlich der sowohl kulturelle als auch sprachliche sieht es bei den Ehrenamtlichen aus, denn als Hürden, die Familien mit der Räuberleiter Mentor*innen müssen sie den Familien als der Mentor*innen zu überwinden versuchen. Tandempartner*innen vor allem bei sprach Auch die Mentor*innen sind zum Teil selbst liche Hürden helfen. „Die Mentor*innen aus Familien, denen einst geholfen wurde und können unterschiedliche Aufgaben über die nun ihre Erfahrungen weiter- und für die nehmen“, erzählt Miriam Mahmood. „Sie er ihnen angebotene Hilfe etwas zurückgeben ledigen den Einkauf, helfen im Haushalt oder wollen. 4
Neben den konkreten Aufgaben und Hilfestel- „Wir hatten gehofft, dass zum Beispiel das lungen geht es auch um Aufklärungsarbeit in Brunnenfest eine gute Gelegenheit ist, dass Bezug auf das Verständnis der eigenen Situa- Familien von ‚We Are Family‘ andere Familien tion. „Damit hatte ich vorher nicht gerechnet“, mit einem behinderten Kind treffen und deren gesteht Miriam Mahmood. „Manche Familien ‚normalen‘ Umgang damit kennenlernen“, er bringen ihr behindertes Kind zu Terminen zählt Miriam Mahmood. Doch sämtliche Ver oder gemeinsamen Veranstaltungen gar nicht anstaltungen mussten ebenso wie geplante mit, weil sie nicht möchten, dass andere sie Workshops wegen Corona abgesagt werden. zusammen sehen.“ Dabei sind gemeinsame Immerhin: Die Tandems zwischen Familien Aktivitäten wie Kochabende oder Kinderba- und Mentor*innen laufen weiter – wenn auch cken eigentlich bewusst inklusiv angelegt. mit dem nötigen Sicherheitsabstand. Drei AGs für mehr Vielfalt LINDA HARTMANN Um die interkulturelle Öffnung bei Leben mit Behinderung Hamburg zu stärken, sind 2019 Unternehmens drei Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Aspekten des Themas Vielfalt entstanden: eine kommunikation zum Thema Inklusion, eine zum Bereich geschlechtlicher Identität und sexueller Orientie rung sowie eine dritte zu interkultureller Vielfalt, Herkunft und Religion. Sie sollen (kurz fristig) erreichbare Ziele erarbeiten – auch wenn es dabei um ganz kleine Veränderungen geht. So haben zum Beispiel 86 % der FSJler bei Leben mit Behinderung Hamburg einen Migrationshintergrund, allerdings gibt es bislang keine gemeinsame Ankommensstruktur. So könnte zum Beispiel eine Orientierungsphase eingeführt werden, bei der sich die FSJler gleich zu Beginn ihres Freiwilligen Sozialen Jahres untereinander austauschen und vernet zen können. Das könnte ihnen den Start im Unternehmen erheblich erleichtern. LEICHTE SPRACHE Vielfalt – We Are Family We Are Family ist ein Projekt von Leben mit Behinderung Hamburg. We Are Familiy ist englisch und bedeutet: Wir sind eine Familie. Man spricht es so: Wi ar fämeli. Die Mitarbeiterinnen von We Are Family unterstützen Familien mit einem behinderten Angehörigen. Das Besondere ist, dass die Familien auch einen Migrations-Hintergrund haben. Das bedeutet, sie sind aus einem anderen Land nach Deutschland gekommen. Für die Familien ist es oft nicht leicht, sich in Deutschland zurecht zu finden. Zum Beispiel, weil sie eine andere Sprache sprechen und nicht gut deutsch können. Die Mitarbeiterinnen von We Are Family helfen den Familien, damit sie besser zurecht kommen. Dabei haben sie Unterstützung von 38 ehrenamtlichen Helfern. Ehrenamt bedeutet, dass die Helfer kein Gehalt für ihre Arbeit bekommen. Die ehrenamtlichen Helfer sprechen deutsch. Aber sie sprechen auch die Sprache der Familie. Zum Beispiel Arabisch oder Französisch. Sie können für die Familie übersetzen und ihnen im Alltag helfen. Die ehrenamtlichen Helfer übernehmen viele verschiedene Aufgaben. Zum Beispiel gehen sie einkaufen oder helfen im Haushalt. Die Familie bestimmt zusammen mit dem Helfer und We Are Family, welche Aufgabe der Helfer übernehmen soll. 5
LEICHTE SPRACHE Inklusion in Zeiten von Corona Das Corona-Virus kann die Menschen krank machen und ist sehr leicht übertragbar. Deshalb müssen jetzt alle Menschen mehr Abstand zueinander halten. Und sie sollen möglichst wenig andere Menschen treffen. Treffen in großen Gruppen sind sogar ganz verboten. Der Verein Leben mit Behinderung Hamburg musste deshalb viele Veranstaltungen absagen. Der Verein konnte aber auch ein paar Veranstaltungen durchführen, Foto: Pixabay ohne dass die Menschen sich persönlich treffen mussten. Dafür hat der Verein mit einem Computer-Programm Video-Konferenzen gemacht. So konnte jeder Teilnehmende in seinem eigenen Zuhause sein. Über den Computer oder das Smart-Phone konnten die Teilnehmenden sich sehen und miteinander sprechen. So können die Mitglieder des Vereins ihre Erfahrungen mit Corona austauschen. Viele Mitglieder berichten, dass Menschen mit Behinderung zurzeit stark ausgegrenzt werden. Das liegt daran, dass viele Menschen mit Behinderung die Regeln zum Schutz vor dem Virus nicht gut einhalten können. Sie werden dann oft anders behandelt als die anderen Menschen. Das zeigt: Corona ist eine Gefahr für die Inklusion! Menschen mit Behinderung sollen die gleichen Dinge machen können, wie alle anderen. Vielleicht kann Corona aber auch eine Chance für die Inklusion sein. Denn alle Menschen müssen jetzt viel dazu lernen und einen Umgang mit dem Virus finden. Leben mit Behinderung Hamburg setzt sich dafür ein, dass Menschen mit Behinderung dabei nicht vergessen werden. Was bedeutet Geschäfts-Fähigkeit? Wenn ein Mensch 18 Jahre alt ist, ist er volljährig. Volljährige Menschen sind geschäfts-fähig. Das bedeutet sie dürfen Rechts-Geschäfte abschließen. Ein Rechts-Geschäft abschließen bedeutet zum Beispiel, einen Vertrag zu machen. Zum Beispiel einen Kauf-Vertrag für ein Handy oder einen Miet-Vertrag. Alle Menschen sind mit 18 Jahren volljährig und geschäfts-fähig. Foto: Pixabay Auch Menschen mit Behinderung. Und das gilt auch, wenn sie einen rechtlichen Betreuer oder eine rechtliche Betreuerin haben. Auch Menschen, die einen rechtlichen Betreuer oder eine rechtliche Betreuerin haben, können selbst Geschäfte abschließen. Geschäfte abschließen ist nicht immer einfach. Es können viele Fehler passieren und es können Schulden entstehen. Damit Menschen mit Behinderung keinen Schaden erleiden, gibt es einen Schutz durch das Gesetz. Ein Gericht kann prüfen, ob die Person wegen ihrer Behinderung Fehler gemacht hat. Weil die Person zum Beispiel nicht verstanden hat, welche Auswirkungen ein Geschäft hat. Wenn das so ist, sagt das Gericht, die Person war geschäfts-unfähig. Dann war das Geschäft ungültig. Wenn ein Fehler passiert, kann man aber auch daraus lernen. Beim nächsten Mal kann man es dann besser machen. Der rechtliche Betreuer oder die rechtliche Betreuerin soll dabei helfen, dass eine Person lernt, sich gut selbst zu vertreten. 6
TIPPS FÜR RECHTLICHE BETREUENDE Foto: Pixabay Geschäftsfähigkeit: Vermögenssorge in der Praxis Über die rechtliche Wirkung der Geschäfte einer Person lohnt es sich Gedanken zu machen. Auch wenn für sie eine rechtliche Betreuung eingerichtet ist, haben ihre Geschäfte Bestand, wenn sie geschäftsfähig ist. Volljährigkeit bedeutet Geschäftsfähigkeit. Eine recht Wurde ein Mensch mit Behinderung „übers Ohr gehau liche Betreuung mit dem Aufgabenkreis Vermögenssor en“, besteht die Möglichkeit, sich gegen eine negative ge, die ein Betreuungsgericht aufgrund einer Behinde Rechtsfolge zu wehren. Dafür gibt es im Zivilprozess die rung oder Erkrankung eingerichtet hat, ändert daran Einrede der Geschäftsunfähigkeit. Ist sie begründet, war an sich nichts. Wer 18 Jahre alt ist, übt sich fortan im das Geschäft von Anfang an unwirksam. Dafür muss sich Rechts- und Geschäftsverkehr. Nicht nur für Menschen die Person beim Geschäftsabschluss in einem nicht nur mit Einschränkungen ist das nicht ungefährlich. Die vorübergehenden Zustand der krankhaften Störung der Rechtsordnung erlaubt und anerkennt dieses Lernen Geistestätigkeit befunden haben, welche die freie Wil als Möglichkeit, zu reifen. Für Menschen mit Behinde lensbildung ausschließt. rung gilt das mit der UN-Behindertenrechtskonvention auch. Sicherungen aufgrund von Behinderungen müssen Die Härte der altertümlichen Gesetzessprache er geeignet und wirksam sein, sodass Menschen mit Behin schreckt; sie zeigt die Ausnahmeregel. Junge Leute – mit derung nicht daran gehindert werden, ihre Rechts- und und ohne Behinderung – sollen dazu befähigt werden, ihre Handlungsfreiheit auszuüben. Handlungs- bzw. Geschäftsfähigkeit zu nutzen. Das neue Handy, die Bestellung im Internet – es ist zu üben, das Für Einfach mal einschalten und Wider eines Vertrags abzuwägen. Lesen und rech Digitale Veranstaltungen für behinderte Menschen nen sind wichtig. Die Kompetenz, „Nein“ zu sagen, sich vom Einfluss dritter Personen abzugrenzen, ist aber im Im Betreuungsverein beraten wir in der Corona- Rechtsverkehr eine genauso wichtige Kompetenz. Recht Krise auch über das Internet. Die Fortbildungen liche Betreuer*innen sind hier wichtige Assistent*innen und Basisschulungen für ehrenamtliche rechtliche für eine gute (Selbst-)Vertretung. In unserer BTHG Bro Betreuer*innen finden aktuell als Zoom-Konfe schüre für rechtliche Betreuer*innen finden Sie eine An renzen statt. So, wie zum Thema Geschäftsfähigkeit regung für eine Betreuungsvereinbarung zwischen der im Mai, informieren wir im ersten Teil der Veran rechtlichen Betreuung und den Betreuten. Wir beraten staltung über die rechtlichen Grundlagen und bieten Sie dazu gern. den Teilnehmenden dann Gelegenheit, Antworten auf ihre Fragen zu erhalten und uns auszutauschen. Das soll unsere direkten Veranstaltungen im Ver ein in Zukunft nicht ersetzen. Aber so können wir rechtliche Betreuer*innen mit einem neuen Medium unterstützen.Wenn Sie an den digitalen Veranstal KERRIN STUMPF tungen des Betreuungsvereins für behinderte Men Betreuungsverein schen teilnehmen möchten, schicken Sie eine Mail an betreuungsverein@lmbhh.de. 7
AUS DEN SOZIALEINRICHTUNGEN Wenn der Einkauf nach Hause kommt In der Wohngemeinschaft Margaretenstraße gibt es den "Margarewe" Mitarbeitenden vor Ort haben darum den „Margarewe“ eröffnet. Was auf den ersten Blick nur ein Kühlschrank und ein paar gut gefüllte Billy-Regale im Büro sind, ermöglicht den Bewohner*innen einen Einkauf, ohne ein Geschäft betreten zu müssen. „Wir bestellen die Ware jede Woche über einen Lieferdienst“, erklärt Anne Parteike, die in der Wohngemeinschaft arbeitet. Montags, mittwochs und frei tags wird nachmittags das Büro zum Supermarkt und die Ware zum Selbstkostenpreis an die Bewohner*innen wei tergegeben. Verkauft wird alles, was zum täglichen Bedarf gehört – Kartoffeln, Klopapier, Nudeln und mehr. Wurst und Käse können abgewogen und auch in kleinen Mengen abgege ben werden. Auch individuelle Wünsche werden berück Franzi war einkaufen – und musste dafür nicht mal ihre sichtigt: Wer etwas Spezielles braucht, kann dies bestel Wohngemeinschaft in der Margaretenstraße verlassen. len, sagt Anne Parteike. „Wir besorgen das Produkt und Das ist in Zeiten des Corona-Virus nämlich ein echtes Ge reservieren es dann auch für diejenigen, die es sich ge sundheitsrisiko für sie und ihre Mitbewohner*innen. Die wünscht haben.“ AUS DEN SOZIALEINRICHTUNGEN 25 Jahre Pflegedienst Den Startschuss machten die Verhandlungen: Der Sozi einen Pflegedienst vor Ort, der sich um Mitglieder und albehörde und den Krankenkassen musste der Bedarf Bewohner*innen innerhalb der Einrichtungen von Leben erläutert und das Budget mit ihnen ausgehandelt werden mit Behinderung Hamburg kümmerte. – am Ende erfolgreich: 1993 kam der Versorgungsver trag mit den Pflegekassen zustande. „Wir haben der So Für sie übernahmen die Mitarbeitenden auf den jewei zialbehörde von unseren Vorstellungen erzählt und den ligen Bedarf abgestimmte Aufgaben der Grund- oder Be Krankenkassen die Idee erklärt, damit der Pflegedienst handlungspflege und unterstützten bei der Ernährung, anerkannt werden konnte", erinnert sich Christa Holm, Hauswirtschaft oder Beschäftigung der Klient*innen. Auch die damals Geschäftsführerin von Leben mit Behinde ergänzende Leistungen wie Spaziergänge oder die Es rung Hamburg war. senszubereitung wurden je nach Bedarf übernommen. Anfangs war es ein ausschließlich mobiler Pflegedienst Wegen der Ambulantisierung und des steigenden Pflege mit nur etwa fünf Mitarbeitenden, der sich zunächst auch bedarfs wurde das Konzept wenige Jahre später erneut an nur an ehemalige Bewohner*innen der Einrichtungen von gepasst. Seit 2015 gibt es bei Leben mit Behinderung Ham Leben mit Behinderung Hamburg richtete, die in ihre ei burg darum die integrierte Assistenz. „Das Konzept setzt gene Wohnung gezogen waren und dort Unterstützung voraus, dass es in jeder Einrichtung eine Pflegefachkraft brauchten. „Das wurde allerdings schnell zu teuer, weil gibt und alle weiteren Mitarbeitenden im pflegerischen die Nachfrage nach unserem Dienst zu gering war, sodass Bereich geschult worden sind“, betont Elke Petereit, die wir den Pflegedienst dann grundsätzlich für Menschen mit Leitung des Pflegedienstes. „Nur so können Pflege und Behinderung geöffnet haben", erzählt Christa Holm heute. Eingliederung in Kombination ausgeführt werden.“ Derzeit werden etwa 105 Klient*innen auf diese Weise versorgt. Diese Öffnung führte dazu, dass immer mehr Menschen den Pflegedienst in Anspruch nahmen bzw. nehmen wollten. Nach ein paar Jahren war der Bedarf so groß, dass der mobile Pflegedienst zu personalintensiv und im LINDA HARTMANN Jahr 2012 eingestellt wurde. Stattdessen gab es fortan Unternehmenskommunikation 8
CORONA Vielen Dank! Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie bekamen (und bekommen) wir viel Unterstützung von unterschied lichen Seiten. Dafür möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken. Zahlreiche Organisationen und Einzelpersonen unter stützen unsere Arbeit mit Engagement und Spenden. Ins gesamt bekamen wir viel ehrenamtliche Unterstützung. Da waren zum Beispiel die vielen eifrigen Näher*innen von Mund-Nasen-Bedeckungen für Klient*innen und Mitarbeiter*innen, Der Hafen hilft, Kochen für Helden, HSV Hanseatic Help, der FC St. Pauli und der HSV. Außerdem Für jede Menge strahlende Kinderaugen sorgte die Aktion sind fast 20.000 Euro Geldspenden zusammengekommen, des Hamburger Wegs: 74 prall gefüllte Tüten finanzierte mit denen unter anderem die Ostereier-Aktion finanziert und verteilte der Förderverein des HSV, gemeinsam mit wurde. Dieses verdanken wir der Heinrich Leszczynski Mitarbeitenden der Ferienbetreuung, an Familien, die nor Stiftung, der Andrea Brudermüller Stiftung , Wolfgang und malerweise Angebote von Leben mit Behinderung Ham Angelika Allers, EBV Finanzbuchhaltung, Dr. Georg Fah burg nutzen. rendorf, Hildegard und Peter Köchling, Mario Mardoukh, Christoph und Christiane Regensburger, Dierk Reumann und Katrin Steinbach. Danke für Ihre und eure Unterstüt zung. Es tut gut, zu wissen, dass der Verein Freund*innen hat, auf die er sich verlassen kann. Vorstand Elternverein + FC St. Pauli Die Zeit des Besuchsverbots umfasste auch die Osterfeier tage. Um Menschen mit Behinderung, die zu Ostern keinen Besuch von ihren Familien oder Freund*innen bekom men durften, eine Freude zu machen, hatten sich der FC Der Hafen hilft St. Pauli und der Vorstand des Elternvereins eine tolle Die Initiative "Der Hafen hilft" vermittelte ein Balkonkon Aktion überlegt: Es wurden etwa 2.500 kleine Osterpa zert an die Hausgemeinschaft Am Eisenwerk in Barm kete für Menschen mit Behinderung gepackt und an die bek.. Bei strahlendem Sonnenschein begeisterte die Bewohner*innen und Mitarbeitende der Einrichtungen Band "Rock die Straße" Klient*innen, Mitarbeitende und von Leben mit Behinderung Hamburg verteilt. Auch die Nachbar*innen, die auf Balkonen und im Garten des In Vorstandsvorsitzende Ingrid Jäger überbrachte einige der nenhofs zur Musik tanzten und klatschten. Ostertüten. 9
AUS DEM ELTERNVEREIN Beratung auf Augenhöhe Wie sich die EUTB auf Menschen mit Migrationshintergrund einstellt zusetzen. Bei Menschen mit Migrationshintergrund sind zudem oft auch sprachliche Kompetenzen gefordert. Mario Mardoukh spricht neben Deutsch und Englisch auch Französisch und Arabisch. Dadurch kann er mit Menschen unterschiedlichster Herkunftsländer in deren Mutterspra Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung – oder einfach che kommunizieren. Das ermöglicht eine Beratung auf EUTB – steht für eine fachlich kompetente Beratung zu Augenhöhe, die einen ganz anderen Eindruck von der Situ allen Fragen rund um die Themen Behinderung und Teil ation und den Bedürfnissen der Ratsuchenden vermittelt. habe. Die Fragen kommen von Menschen, die eine Behin Denn bei der Beratung geht es nicht nur darum, konkrete derung haben oder davon bedroht sind, sowie deren Ange Hilfe beim Ausfüllen deutscher Formulare zu geben, son hörigen. Zunehmend haben die Ratsuchenden außerdem dern auch die Bandbreite der Hilfsmöglichkeiten aufzu einen Migrationshintergrund. Sie kommen aus anderen zeigen, die es für bestimmte Lebenslagen überhaupt gibt. Ländern, sprechen andere Sprachen und haben oft ein an Themen wie Aufenthaltsrecht, Familienzusammenfüh deres Selbstverständnis bezogen auf den Umgang mit der rung oder Sprachkurse kommen hinzu. Behinderung eines Familienmitglieds. Außerdem wird darauf geachtet, kulturelle Feinheiten so Darauf müssen sich Jasmin Scheele, Karoline Kaltwasser gut es geht zu berücksichtigen. „In Deutschland sind wir und Mario Mardoukh als Berater*innen im Gespräch mit zum Beispiel oft sehr direkt", erzählt Mario Mardoukh. den Ratsuchenden einstellen. Darum arbeiten sie in man „Das muss man bei der Beratung im Hinterkopf behalten chen Fällen zu zweit, um ihr Fachwissen gebündelt ein- und vieles vorsichtiger formulieren." AUS DEN SOZIALEINRICHTUNGEN Erwachsenenbildung: Ein Schwein startet durch Doch anstatt den Kopf in den Sand zu stecken und auf bessere Zeiten zu warten, entwickelte sie neue Ideen – und zwar digital. So entstand zum Beispiel die Website www.gutgegenlangeweile.de, auf der Links zu Beschäfti gungsmöglichkeiten in der Corona-Zeit (und darüber hi naus) gesammelt werden. Von Internetseiten in einfacher Sprache über Erklär- und Sportvideos bis hin zu kreativen Mitmachangeboten ist für jeden etwas dabei. Darüber hinaus wurden auch eigene Videos gedreht, die die Zuschauer*innen unterhalten oder ihnen Sachverhalte erklären – und zwar mit einem Schwein. „Wir brauchten für die Videos einen Protagonisten und Schwein wollte ein Star werden, das hat einfach gut gepasst“, sagt Svenja Eggers mann und lacht. „Die Puppe gehört einer Kollegin aus den sozialen Diensten, die sie in den Videos auch spielt. Nun ist Schwein die Figur mit Wiedererkennungswert für unsere Videos.“ Weitere Filme sind bereits in Planung. Ab Sommer soll es dann auch wieder klassische Kurse der Erwachsenenbildung geben. Dafür wurde ein Hygienekon Keine Kontakte, keine Kurse. Die Corona-Krise bedeutete zept entwickelt und bei der Auswahl der Themen darauf für Svenja Eggersmann von der Erwachsenenbildung bei geachtet, dass sie mit Abstand und in kleinen Gruppen Leben mit Behinderung Hamburg zunächst erst einmal: umsetzbar sind. Das Programm wird unter anderem auf alles auf Null. Alle geplanten Veranstaltungen wurden ab www.bildungsnetz-hamburg.de und unserer Internetseite gesagt, nichts konnte so stattfinden wie geplant. www.lmbhh.de bekanntgegeben. 10
AUS DEN SOZIALEINRICHTUNGEN 100 Banner für die"Mission Inklusion" Wie aus einer Protestaktion für die Straße eine Balkon-Demo wurde Laut, auffällig und vor allem: mitten auf Protestiert werden sollte trotzdem. Getreu dem der Straße. So sollte die Demonstration am Corona-Motto „Wir bleiben zu Hause" vom Bal 5. Mai, dem Aktionstag zur Gleichstellung kon aus. 100 Banner wurden an unseren Ein von Menschen mit Behinderung, aussehen. richtungen in ganz Hamburg aufgehängt. Auch Doch dann kam Corona – und alles wurde 15 Partner wie der St. Pauli Fanladen oder das ganz anders. Stadtteilzentrum HausDrei halfen, die "Mission Inklusion" überall sichtbar zu machen. 14 Teilnehmer*innen des Politikkurses „Politik machen – Wir planen eine musikalische Pro Dass das auch bzw. gerade in Corona-Zeiten testaktion" der Erwachsenenbildung hatten wichtig ist, betonte Geschäftsführer Stephan unter anderem schon die Marschroute fest Peiffer: „Auch wenn Teilhabe im Augenblick gelegt und angemeldet, Lied-Ideen entwickelt sinnbildlich hinter den Wohnungstüren ver und einen Erklärfilm produziert. Die Vorfreu schwindet, müssen wir bereits während des de auf den 5. Mai wuchs. Mitte März kam die Lockdowns Schritte aus der Isolation vorberei ernüchternde Nachricht: Kontaktverbot. Alle ten. Menschen mit Behinderung müssen hier Veranstaltungen sind vorerst abgesagt. eine Stimme haben, es geht um ihr Leben.“ 11
Leben mit Behinderung Hamburg, Postfach 60 53 10, 22248 Hamburg Haben Sie Anmerkungen oder Fragen zum Heft? Dann melden Sie sich gern bei Stefanie Könnecke Redaktionsleitung sra@lmbhh.de Besuchen Sie uns auch bei facebook.com/LebenmitBehinderungHH oder im Internet unter www.lmbhh.de www.suedring-aktuell.de AUS DEM ELTERNVEREIN Immer wieder freitags Volker Houdelet ist regelmäßig Gast in der WG Cremon Freitag gibt’s Schokoküsse. Zumindest für die Laune bei Hans-Peter mal nicht so gut Hans-Peter Houdelet in der Wohngemein ist. „Dann bestellt er gern bei mir etwas schaft Cremon. Denn freitags bekommt er Be vom FC St. Pauli“, erzählt Volker Houdelet. such von seinem großen Bruder Volker Houde „Er ist absoluter Fan – und hat schon fast let. „Wenn ich Schokoküsse mitbringe, freuen jeden Fanartikel.“ sich alle“, erzählt er. Und dann wird gegessen, rumgealbert und geknuddelt. Die Corona-Pandemie hat Volker Houdelet gezeigt, wie gut sein Bruder bei Leben mit Der Freitag habe sich über die Jahre einge- Behinderung Hamburg von den Mitarbei spielt, weil Hans-Peter dann früher aus der tenden versorgt wird. „Da wollte ich etwas Tagesstätte zurück ist. Inzwischen kann Volker, zurückgeben und den Verein unterstüt den in der Wohngemeinschaft alle "Kalli" nen zen“, sagt er. „Ich war ganz überrascht, als nen, nur noch jede zweite Woche kommen, weil ich feststellte, dass ich nach all den Jah auch seine Frau zu Hause seine Unterstützung ren noch gar kein Mitglied bin.“ Das hat braucht, aber die Freude bei seinem kleinen er umgehend geändert. Und will nun ver- Bruder und auch dessen Mitbewohner*innen suchen, neben den Besuchen bei seinem ist ungebrochen. Und zwischendurch wird Bruder auch mal an einer Veranstaltung schließlich auch telefoniert. Vor allem, wenn teilzunehmen. Der Online-Familienratgeber der Aktion Mensch bietet Informationen und Service für Menschen mit Behinderung und ihre Familien. 12
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