Vielfältige Ernährung sichern - Erfolge und Erfahrungen aus sieben Jahren Umsetzung - GIZ
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GIZ Globalvorhaben Ernährungssicherung und Resilienzstärkung Vielfältige Ernährung sichern Erfolge und Erfahrungen aus sieben Jahren Umsetzung Seit 2015 steigt die Zahl der Menschen wieder, die sich nicht In den Regionen, in denen das Globalvorhaben Ernäh- ausreichend und gesund ernähren können. 60 % der Hun- rungssicherung und Resilienzstärkung aktiv ist, erreichten gernden sind Frauen und Mädchen. Weltweit sind mehr als zur Zeit der Grunddatenerhebung meist nicht einmal ein 190 Millionen Kinder unter fünf Jahren aufgrund langan- Viertel der Kleinkinder die minimale Nahrungsmittelvielfalt dauernder Mangelernährung schlecht entwickelt: Sie sind und Mahlzeitenfrequenz für eine altersgerechte Ernährung. zu klein für ihr Alter oder zu leicht für ihre Größe. Täglich In nahezu allen Ländern ist die Nahrungsvielfalt und damit sterben fast 24.000 Menschen an den Folgen von Mangel- die Versorgung mit Vitaminen und Mineralien der Frauen und Unterernährung. unzureichend. Frauen im reproduktiven Alter, Schwange- re, Stillende und Kleinkinder leiden besonders häufig an Viele mangel- und unterernährte Menschen – besonders Mangelernährung. Daher steht die gesunde Ernährung von Frauen und Angehörige von Minderheiten, wie etwa Pasto- Frauen und Kleinkindern im Zentrum unserer Arbeit. ralisten – werden gesellschaftlich benachteiligt und haben nur eingeschränkten Zugang zu Bildung, Gesundheitsver- Für jeden einzelnen Menschen sind die ersten 1.000 Tage sorgung und Systemen der sozialen Sicherung. Durch die im Leben ausschlaggebend für seine weitere Entwicklung. COVID-19-Pandemie sind weitere marginalisierte und Gute Ernährung im Säuglingsalter – und noch vor der arme Menschen in Not geraten und können sich nicht aus- Geburt über die Mutter – verhindert schwere Entwick- reichend und adäquat ernähren. lungsstörungen, die in einen Teufelskreis von Armut und Mangelernährung führen können – mit Folgen für die gesamte Gesellschaft und Volkswirtschaft eines Landes bis in die nächsten Generationen.
Wegen der vielfältigen Ursachen von Hunger und Man- gelernährung, liegt der Schlüssel zu ihrer erfolgreichen Globalvorhaben Bekämpfung in der engen Zusammenarbeit aller relevanten Ernährungssicherung und Sektoren. Dazu gehören Landwirtschaft, Gesundheit, Bil- Resilienzstärkung dung, soziale Sicherung, Wasser, Klima- und Umweltschutz. Multisektoral zu arbeiten, schafft die notwendigen Syner- gien zur Umsetzung des Menschenrechts auf Nahrung. Die › Budget: 237 Mio. Euro, finanziert durch Menschen, die unter Hunger und Mangelernährung leiden, das BMZ müssen dabei aktiv an der Lösung der ursächlichen Proble- › Laufzeit: 08/2014 - 09/2025 me und Herausforderungen beteiligt sein. › Ziel: Die Ernährungssituation und die Resilienz gegenüber Hungerkrisen von Wir zeigen im Folgenden, welchen Beitrag das Globalvorha- ernährungsgefährdeten Menschen haben ben leistet, um (1) die lebenswichtige Vielfalt in der Ernäh- sich auf Haushaltsebene verbessert. rung zu steigern, (2) die dafür notwendigen und wichtigen › Zielgruppen: Frauen im gebärfähigen Verhaltensänderungen zu erreichen, (3) Politikgestaltung Alter, Schwangere, stillende Mütter und zum entscheidenden Hebel für mehr Ernährungssicherheit Kleinkinder (1.000 Tage) und Resilienz zu machen, und um (4) neue Evidenzen zu › Länder: Äthiopien, Benin, Burkina Faso, schaffen und nachvollziehbar zu machen, wie Erfolg in der Indien, Jemen*, Kambodscha, Kenia*, Verbesserung der Ernährung gemessen werden kann. Madagaskar, Malawi, Mali, Sambia, Togo * abgeschlossen < https://www.giz.de/de/weltweit/32194.html à Kontakt: nutritionsecurity@giz.de 2
1. Lebenswichtige Vielfalt in der Ernährung steigern Das Menschenrecht auf Nahrung bedeutet nicht nur, dass Sanitärversorgung unterstützt. Mit Blick auf die Stärkung genug auf dem Teller ist, um satt zu werden, sondern dass der Resilienz ländlicher Gemeinden legen wir einen Fokus alle Menschen sich ausgewogen, nährstoff- und vitaminreich auf eine verlässliche Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln ernähren können. Vielfalt ist elementar in gesunder und über das ganze Jahr und in (wiederkehrenden) Krisenzei- menschenwürdiger Ernährung. Wenn die Nahrung einseitig ten wie Dürren. Je nach Kontext und Bedarf werden dafür ist und wichtige Nährstoffe wie Eisen, Jod oder Vitamin Maßnahmen aus mindestens zwei Sektoren – vor allem A fehlen, hat das Auswirkungen auf die körperliche und Landwirtschaft, Gesundheit und soziale Sicherung – ver- geistige Entwicklung eines Menschen. Mangelernährung knüpft, damit die Menschen von Synergien profitieren. verursacht Krankheiten, macht anfällig für Infektionen und Dabei agieren wir sowohl auf der Ebene von Haushalten und mindert die Leistungsfähigkeit – und sie verursacht hohe Individuen als auch auf kommunaler und nationaler Ebene, volkswirtschaftliche Kosten. Die geschätzten Kosten von um die Verbreitung und Verstetigung der Maßnahmen zu Mangel- und Fehlernährung für die Weltwirtschaft betragen ermöglichen. bis zu 3,5 Billionen US-Dollar pro Jahr aufgrund von ent- gangenem Wirtschaftswachstum in Verbindung mit erhöh- In sieben von acht Ländern haben wir bereits eine signi- ter Sterblichkeit bei Kindern und Erwachsenen, die durch fikante Steigerung der Nahrungsmittelvielfalt erreicht. ernährungsbedingte und nicht-übertragbare Krankheiten Unsere Maßnahmen zur Einführung und Förderung neuer verursacht werden. In afrikanischen Ländern wie Äthiopien Praktiken beim Anbau von vitamin- und nährstoffreichen und Malawi entsprechen diese Kosten 10% bis 16 % des Nahrungsmitteln und zur Stärkung der Kompetenzen Bruttoinlandsprodukts. von Zielgruppen, Mittlern und Entscheidungsträgern zu gesunder und ausgewogener Ernährung, Gesundheit und Was tun wir zur Steigerung der Ernährungsvielfalt? Hygiene haben dazu geführt, dass viele Haushalte das neue Was haben wir bereits erreicht? Wissen anwenden und sich ihre Ernährungssituation deut- lich verbessert hat. Auf diese Weise legen wir Grundlagen für Wir setzen uns gerade auch in schwierigen Kontexten – etwa ein gesundes Leben und für ein gesundes Aufwachsen der in Regionen mit wiederkehrenden (Hunger)Krisen – für die nächsten Generation. Sicherung einer gesunden und vielfältigen Ernährung und die Stärkung der Resilienz ein. Wir unterstützen die höhere Um festzustellen, wie effektiv unsere Maßnahmen zur Verfügbarkeit von und den besseren Zugang zu vielfältiger Steigerung der Ernährungsvielfalt bei Frauen sind, nutzen Nahrung von kleinbäuerlichen Haushalten, die nährstoffrei- wir den Indikator Minimum Dietary Diversity for Women che Nahrungsmittel nicht in ausreichendem Maße selbst (MDD-W). Dieser Indikator misst den Anteil der Frauen, produzieren oder nicht über die finanziellen Mittel verfügen, die die minimal empfohlene Ernährungsvielfalt erreichen. diese auf Märkten zu erwerben. Dafür initiieren und fördern Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass eine ausreichende wir Maßnahmen, die die Versorgung von Frauen und ihren Versorgung mit wichtigen Mikronährstoffen gegeben ist, (künftigen) Kindern mit einer großen Vielfalt an mikro- wenn mindestens fünf von zehn definierten Lebensmittel- nährstoffreichen und ernährungsphysiologisch wertvollen gruppen – Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse, Fisch/Fleisch, Nahrungsmitteln sicherstellen. Parallel dazu unterstützen Milch, Eier, Vitamin-A-reiches Obst, anderes Obst, grünes wir die Verbreitung von Wissen und Kompetenzen zur Blattgemüse und anderes Gemüse – verzehrt werden. Der optimalen Verwendung, zur Hygiene bei Anbau, Lagerung, MDD-W ist somit ein Proxy-Indikator für Ernährungsqua- Verarbeitung und Zubereitung von Nahrungsmitteln. lität. Das Globalvorhaben war eines der ersten Programme weltweit, das den MDD-W als Wirkungsindikator einge- Wir folgen dabei dem sogenannten Food-based Approach: führt hat, und das inzwischen auf eine durchgehende Reihe Der Ansatz zielt auf eine höhere Qualität und Quantität von Messdaten seit 2016 zurückgreifen kann. der Ernährung, indem er die Diversifizierung des Anbaus, des Zukaufs und Verzehrs von Nahrungsmitteln fördert. Flankierend werden eine bessere Hygiene, Gesundheits- und 3
2. Verhaltensänderungen sind zentral Für eine gesunde und vielfältige Ernährung sind förderliche und Ziele verinnerlichen und in Praktiken umsetzen. Dabei Gewohnheiten und Verhaltensweisen wichtig. Die Verfüg- haben selbstbestimmte Verhaltensweisen eine deutlich grö- barkeit von und der Zugang zu Nahrungsmitteln reichen ßere Wahrscheinlichkeit auf Dauer beibehalten zu werden. allein nicht aus, wenn auf Haushaltsebene das Wissen über Die Nachhaltigkeit von Maßnahmen zur vielfältigen und eine ausgewogene Ernährung, Hygiene sowie die speziellen gesunden Ernährung hängt von langfristigen Einstellungs- Bedarfe von Frauen im reproduktiven Alter, von Säuglingen und Verhaltensänderungen (Social and Behaviour Change) und von Kleinkindern fehlt. Mangelndes Bewusstsein über der Menschen ab. Ernährungsvielfalt und -qualität, adäquate Zubereitungs- und Fürsorgepraktiken begünstigen Unter- und Mangeler- Was tun wir? Was haben wir bereits erreicht? nährung. So können Mangelerscheinungen fortbestehen, Strategien zur Verhaltensänderung im Ernährungsbereich wenn beispielsweise die Nahrungsqualität und Mikronähr- sind ein Grundbaustein für erfolgreiche Ernährungssiche- stoffverfügbarkeit durch falsche Zubereitung gemindert rung und sollten von Beginn an in jede Projektplanung wird. Änderungen der Ernährungs- und Hygienepraktiken aufgenommen werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass sind in vielen Fällen entscheidend, um die individuelle die meisten Entscheidungen unbewusst und den Gewohn- Ernährung und die Resilienz auf Gemeindeebene zu verbes- heiten gemäß erfolgen. Sie werden davon beeinflusst, was sern. andere tun oder wie Wahlmöglichkeiten präsentiert werden. Für unsere Strategien analysieren wir das Verhalten, identifi- Was sind die Herausforderungen? zieren förderliche und hemmende Faktoren, unterstützen die Wie das menschliche Verhalten insgesamt, ist auch das förderlichen und bauen hemmende Faktoren ab. Umfassen- Ernährungsverhalten stark von sozialen Normen geprägt. de Social and Behaviour Change Communication Aktivitäten Erwünschte nachhaltige Änderungen bei der Ernährung gehen also weit über die reine Informationsvermittlung hin- sind langwierige Prozesse. Sie brauchen Engagement und aus: Sie adressieren die Einstellungen und sozialen Normen Beharrlichkeit – und damit Zeit. Um sie zu erreichen, von Einzelnen und Gruppen und wirken so auf tatsächliche müssen Menschen ihre Einstellungen ändern, neue Werte und nachhaltige Verhaltensänderungen der Menschen hin. 4
Als effektiv haben sich kaskadenartig weiterverbreitende Trainings bis auf Haushaltsebene, Maßnahmen zum sozialen Lernen etwa in Form von Theateraufführungen, Kochwett- bewerben und -demonstrationen, Food and Nutrition Days und das Versenden von Textnachrichten über Mobiltelefone erwiesen. Zentrale Faktoren für den Erfolg sind die Kompe- tenzen und das Engagement der lokalen Botschafterinnen und Botschafter, wie etwa Freiwillige aus den Gemeinden oder Mittlerinnen und Mittler staatlicher und nicht-staatli- cher Basisdienste. Sie geben ihr Wissen und entsprechende Praktiken überzeugend und – durch Kenntnis der lokalen Gegebenheiten – leicht umsetzbar weiter. Durch kontinu- ierliche Motivation und Schulungen zu Inhalten, bessere Beratungs-, Verbreitungs- und Kommunikationsstrategien sind sie in der Lage, über die Projektlaufzeit hinaus in ihren Gemeinden wirkungsvoll für gesunde Ernährung zu werben. In Sambia setzen wir auf gezielte begleitende Kom- munikationsmaßnahmen, um Zielgruppen nicht nur relevantes Wissen zu vermitteln, sondern dieses auch mit positiven Emotionen zu verbinden. Dazu wurden eine animierte Fernsehserie produziert und ausge- strahlt, eine Ernährungskirmes in den Dörfer veranstal- tet und ein Kartenspiel entwickelt. Das inzwischen sehr populäre Spiel basiert auf dem Prinzip des Autoquar- tetts oder ‘Supertrump‘ und knüpft an eine verbreitete Kultur des Kartenspielens in Sambia an. So eignen sich Spielerinnen und Spieler in gelöster Atmosphäre wich- tiges Wissen über Ernährung an – besonders über lokal verfügbare Lebensmittel und die Ernährung mit wich- tigen Nährstoffen wie Vitamin A, Eisen und Proteinen. Eine erste Studie zum Nutzen des Spiels zeigt nicht nur einen signifikanten Wissenszuwachs bei der Zielgrup- pe, sondern auch positive Verhaltensänderungen. Um die intendierten Einstellungs- und Verhaltensände- rungen hin zu einer ausgewogenen und nährstoffreichen Ernährung nachhaltig und genderübergreifend zu veran- kern, beziehen wir die wichtigen Entscheidungstragen- den in den Haushalten und Gemeinden konsequent und systematisch in die Aktivitäten ein. Dazu gehören etwa Ehemänner, ältere Frauen und lokale Autoritäten. Durch ihre gezielte Aufklärung und Beratung zur Bedeutung von Ernährungsdiversität werden sie für die Ernährungsbedarfe der schwangeren und stillenden Frauen und der Kleinkin- der in ihrer Mitte sensibilisiert – und über die Folgen von 5
Mangel- und Unterernährung aufgeklärt. Männer werden analysiert und dokumentiert.* Eine wichtige Schlussfolge- – ohne einen möglicherweise befürchteten gesellschaftlichen rung ist, dass größeres Wissen allein für eine Verhaltensän- Gesichtsverlust – motiviert, sich stärker in die Familiener- derung nicht ausreicht. Die Hintergründe für bestimmte nährung einzubringen und ihre Frauen aktiv zu unterstüt- Verhaltensweisen, also hinderliche und förderliche Faktoren, zen. In eher traditionellen Gesellschaften ist dies häufig ein müssen in jedem Kontext neu verstanden werden. Für die sensibles Thema. Die Einbeziehung von Männern gelingt in Entwicklung von Strategien zur Verhaltensänderung ist es der Regel über kontextsensible, längerfristige Diskussionen besonders wichtig, respektierte Personen und lokal funkti- zu ihrem Rollenverständnis und den damit verbundenen onierende Verhaltensweisen, die das intendierte, veränderte Verhaltensweisen. Verhalten vorleben, zu identifizieren und zu fördern. Alle Vorhaben haben spezifische gendersensible For- Gemeinsam mit der Universität Antananarivo führt mate entwickelt. So werden in Burkina Faso Männer die Humboldt-Universität zu Berlin eine begleitende in sogenannten Écoles de maris geschult, um aktiv gute Anwendungsforschung zum Ernährungsverhalten Konsum-, Hygiene- und Ernährungspraktiken anzu- der Menschen in Madagaskar durch. Hierbei werden wenden. In Indien werden erfolgreich Kampagnen, Einstellungen und Wahrnehmungen, die Wirkung Wettbewerbe, Straßentheater und – teilweise virtuel- einzelner Maßnahmen sowie der Einfluss nationaler le – Workshops zu Themen wie Ernährungsvielfalt, Strategien und lokaler politischer Akteure auf die Stillpraktiken, Beikost und Hygiene durchgeführt, die Ernährungssicherheit untersucht. Dabei werden sich besonders an Männer richteten. In Kambodscha Empfehlungen für Maßnahmen unter den speziellen werden Männer über speziell zugeschnittene Angebote lokalen Herausforderungen und Bedürfnissen ent in Chat-Gruppen, Sport- und Theaterveranstaltungen wickelt. In einer ersten Analyse zu den Faktoren, die und durch die Einbindung in sogenannte Care Groups den Ernährungsstatus beeinflussen, wurde festgestellt, erreicht. In Malawi werden Sensibilisierungskampa- dass manche Haushalte unter gleichen Bedingungen gnen speziell für Männer durchgeführt – so werden durch abweichendes Verhalten einen deutlich besseren Male Champions identifiziert und geschult, um andere Ernährungsstatus erreichen als andere (Positive Devi- Männer zu motivieren, sich an ernährungsrelevanten ance). Entscheidend scheint zu sein, dass diese Haus- Haushaltsaktivitäten stärker zu beteiligen. halte ihre Nahrungsmittelproduktion diversifizieren und mehr Einkommen aus nicht-landwirtschaftlichen Wir haben unsere in fünf Ländern (Äthiopien, Burkina Faso, Tätigkeiten erzielen, das sie für eine vielfältigere Er- Indien, Malawi und Sambia) gesammelten Erfahrungen nährung einsetzen. zur Wirksamkeit der Maßnahmen zur Verhaltensänderung 7
3 Erfolgsfaktor Nutrition Governance Nutrition Governance umfasst alle Prozesse des Regierens, ihre Zusammenarbeit stärken und dabei Synergien bei der die darauf ausgerichtet sind, für alle Menschen eines Landes gemeinschaftlichen Ressourcennutzung, Planung und Um- eine sichere, vielfältige und gesunde Ernährung zu ermögli- setzung von ernährungsrelevanten Maßnahmen schaffen. chen. Nur durch erfolgreiche Nutrition Governance kann das Menschenrecht auf Nahrung umgesetzt und nachhaltig in Dazu beraten wir unsere Partner bei der Analyse von konkre- den nationalen, dezentralen und kommunalen Strukturen ten Umsetzungserfahrungen, bei der Aufbereitung und bei eines Landes verankert werden. Gute Nutrition Governance der Verankerung von erfolgreichen Ansätzen (Best Practices). ist ein wichtiger Hebel und der entscheidende Faktor für die Wir bauen Fachkompetenzen in den Bereichen Ernährung, Breitenwirksamkeit und Nachhaltigkeit aller entsprechen- Planung und Wirkungsmessung in relevanten Ministerien den Maßnahmen. auf und speisen Erfahrungen aus der Umsetzung in den nationalen und internationalen Fach- und Politikdiskurs ein. Ein wichtiger Faktor bei der nachhaltigen Verankerung Welche Ansätze verfolgen wir? von gesunder Ernährung in der nationalen Politik ist die Was haben wir bereits erreicht? erfolgreiche Entwicklung, Verabschiedung und Umset- zung von Ernährungsstrategien sowie deren Abstimmung Wir verbessern die Steuerung (Governance) der Ernäh und Harmonisierung mit anderen Sektorstrategien. Wir rungspolitik durch unsere staatlichen Partner indem wir unterstützen und begleiten dies, indem wir multisektorale (1) förderliche Rahmenbedingungen und die Verankerung Koordinationsgremien stärken, Aktionspläne zu Nutri erfolgreicher Ansätze und Erfahrungen in nationalen Strate- tion initiieren und diese in Schulungen und Fortbildungen gien verschiedener Sektoren unterstützen, (2) das Capacity integrieren. Development staatlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern, (3) multisektorale Koordinationsgremien initiieren Wir fördern aktiv die Verzahnung von nationalen sowie de- und stärken sowie (4) nationale und dezentrale staatliche zentralen staatlichen Einrichtungen und ermöglichen so eine Einrichtungen zum Thema Nutrition zusammenbringen, verbesserte Operationalisierung und Umsetzung beschlosse- 8
ner Strategien – und gleichzeitig die effektive Rückfütterung Verbesserung der Ernährung in die Entwicklungspläne der der Umsetzungserfahrungen, um sie in der Politik für eine Gemeinden. Ein weiteres Ergebnis ist die Umstellung auf gesunde und vielfältige Ernährung in Wert zu setzen. eine ernährungssensitive Landwirtschaft, also eine landwirt- schaftliche Produktion, die ihre Ziele auf eine gesunde und Unser Engagement zahlt sich bereits aus: Vielfältige und vielfältige Ernährung der Menschen vor Ort ausrichtet. gesunde Ernährung ist inzwischen ein wichtiges Thema in zahlreichen Koordinationsgremien und -prozessen staat- licher Einrichtungen. Wir sehen nachhaltige Wirkungen Gute Nutrition Governance zeigt Wirkung: In fast auf die Ernährung und Gesundheit der Bevölkerung durch allen Ländern haben wir unsere Partner erfolgreich die verbesserte Koordination und Abstimmung zwischen dabei unterstützt, auf Bezirks- und Distriktebene den Sektoren sowie gemeinsame Schulungen der Mitarbei- multisektorale Plattformen zu initiieren und zu tenden staatlicher und zivilgesellschaftlicher Organisatio- etablieren, die eine gesunde und vielfältige Ernährung nen. Menschen vor Ort werden zu den Themen Hygiene, als oberstes Ziel verfolgen. Entwicklungs- und Akti- Ernährungspraktiken, Landbau und (Krisen)Vorsorge onspläne auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene sensibilisiert. Zunehmend wichtig ist es dabei, die Abhän- sind ernährungssensitiv ausgerichtet. Die Verzahnung gigkeit von externen Gebern bei der Umsetzung solcher der kommunalen Ebene mit der Distriktebene und der Maßnahmen zu reduzieren und die Partner bei der Auswei- nationalen Ebene wird beispielsweise in Malawi durch sung und Absicherung staatlicher Budgets für Ernährung Dorfentwicklungspläne effektiv gefördert. Hier wurde zu unterstützen. das zuständige Ministerium und eine Distriktverwal- tung bei der Pilotierung eines Ansatzes zur partizipa- Zu den Ergebnissen der erfolgreichen multisektoralen tiven Erarbeitung ernährungssensitiver Dorfentwick- Zusammenarbeit – etwa der Sektoren Landwirtschaft, lungspläne erfolgreich unterstützt, dessen Erkenntnisse Gesundheit, Bildung und/oder soziale Sicherung – gehört nun für eine Ausweitung des Ansatzes auf nationaler die Aufnahme konkreter, abgestimmter Aktivitäten zur Ebene genutzt werden. Unsere Erfahrungen werden bei der Ausgestaltung förderlicher Rahmenbedingungen genutzt: So flossen unsere Projekterfahrungen in Kenia maßgeblich in die Entwicklung der ersten nationalen Agri-Nutrition Strategy, in Kambodscha in die natio- nale Ernährungssicherungsstrategie und in Indien in die Entwicklung eines Standardverfahrens (Standard Operating Procedure) zum Anlegen und Bewirtschaften von Gemeindegärten ein. Die Herausforderungen und Fortschritte in der Nutrition Go- vernance in den vergangenen zwei Jahren haben wir in einer Studie untersucht. Darin wird empfohlen, das Thema Nutri- tion Budgeting künftig in den Fokus zu nehmen und weiterhin multisektorale Koordinationsstrukturen mit einer Vielzahl relevanter Partner zu fördern und zu stärken. Ein weiterer Schwerpunkt sollte idealerweise auf die Stärkung der natio- nalen Monitoringsysteme und die systematische Verbreitung erfolgreicher Maßnahmen gelegt werden. Hervorgehoben wird der große Nutzen des von uns entwickelten analytischen Rahmens für eine strategische Stärkung der Nutrition Gover- nance. Die Studienergebnisse liegen als Bericht vor.* 9
4 Wie messen wir, dass wir erfolgreich sind? Zahlen, Daten und Fakten aus der Projektarbeit müssen gruppen einbeziehen und weitere Informationen – etwa zu belastbar, aussagekräftig und möglichst aktuell sein. Nur so Produktionsbedingungen und der Teilnahme an Projektakti- können sie wirksam zur Steuerung und für die politische vitäten – erheben. Diese umfangreichen Erhebungen erlauben Entscheidungsfindung genutzt werden. es, frühzeitig Entwicklungen, Zusammenhänge, Hemmnisse und Katalysatoren für eine erfolgreiche Projektumsetzung zu Wir können diese Zahlen, Daten und Fakten zur Entwick- erkennen. Sie erlauben Aussagen über die direkte Wirkung lung der Ernährungssituation in einer Zielregion durch ein der umgesetzten Maßnahmen auf die Menschen und damit umfassendes Monitoring und regelmäßige standardisierte über den Grad der Zielerreichung des Vorhabens. Haushaltsbefragungen kohärent und zuverlässig generieren. In allen Projektländern werden repräsentative und länder- Der Aufwand hat sich bewährt und als nützlich erwiesen. übergreifend vergleichbare Daten zur Ernährungssituation Die aus dem konsequenten Monitoring gewonnenen und zum Ernährungsverhalten der Menschen über mehrere Erkenntnisse sind essenziell für eine sensible Steuerung und Jahre erhoben und so Evidenzen zur Wirksamkeit der ver- kontinuierliche Anpassung der Maßnahmen. Sie ermögli- folgten Ansätze geschaffen. chen gleichzeitig eine umfassende Rechenschaftslegung des Gesamtvorhabens. Das Design der Erhebungen liefert wis- Zu Beginn jedes Projekts werden dafür im Rahmen eines senschaftlich anerkannte Belege für die Effektivität und Effi- sogenannten Baseline Survey grundlegende Daten anhand zienz einzelner Maßnahmen und ganzer Maßnahmenpakete. international vereinbarter Standardindikatoren in den Ziel- Die Erkenntnisse aus den Wirkungsmessungen sind häufig regionen erhoben. Im Abstand von zwei Jahren werden dann überzeugende Argumente bei den Bemühungen, bewährte wiederkehrend Folgeerhebungen mit den gleichen Indikato- Ansätze in nationale Strategien und Regierungshandeln zu ren durchgeführt, wodurch Veränderungen bei der Ernäh- übernehmen. Wirkungsevaluierungen durch Erhebungen rungssituation aufgezeigt und messbar gemacht werden. Im und Studien sollten für alle innovativen Vorhaben einge- Zentrum stehen Haushaltsbefragungen, die das veränderte plant und budgetiert werden. Indem wir die wissenschaftli- Ernährungsverhalten der Menschen erfassen, Vergleichs- che Weiterentwicklung zum Thema Ernährungssicherung 10
Referenzen Die erwähnten Studien zu Nutrition Governance und Social Behaviour Change sowie weitere Studien finden Sie ab Anfang 2022 auf der Website des Globalvorhabens Ernährungssicherung und Resilienzstärkung unter: < https://www.giz.de/de/welt- weit/32194.html European Commission, FAO, GIZ, 2020: MDD-W (Minimum Dietary Diversity for Women).
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Sitz der Gesellschaft Bonn und Eschborn Friedrich-Ebert-Allee 32 + 36 Dag-Hammarskjöld-Weg 1 – 5 53113 Bonn, Germany 65760 Eschborn, Germany T +49 228 44 60-0 T +49 61 96 79-0 F +49 228 44 60-17 66 F +49 61 96 79-11 15 E info@giz.de I www.giz.de Name des Programms: Globalvorhaben Ernährungssicherung und Resilienzstärkung Autorin: Barbara Abbentheren Verantwortlich: Claudia Lormann-Nsengiyumva, GIZ Markolf Maczek, GIZ Design: kippconcept gmbh, Bonn Fotonachweis: GIZ: (S. 1, 4, 8); Conor Wall (S. 2, 6); Michael Jooß (S. 7, 11); Klaus Wohlmann (S. 5, 10) URL links Auf Seiten externer Seiten, auf die hier verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter verantwortlich. Die GIZ distanziert sich ausdrücklich von diesen Inhalten. Dezember 2021
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