Virale Encephalitis World Encephalitis Day 2022 - infektiologie.co.at
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Conflict of Interest Nein Ich halte regelmäßig Vorträge, Seminare, Webinare und erhalte dafür (manchmal) Honorare Ärztekammer für Wien, Ärztekammer für Niederösterreich, Fortbildungsakademie für Allgemeinmedizin, Medical Dialogue sowie bei Veranstaltungen gesponsert von GSK, Lilly, Pfizer, Valneva Ja Es leiten sich daraus für das heutige Thema keine Interessenskonflikte ab
Epidemiologie •Häufig keine Erregerdiagnose bei Encephalitis trotz extensiver Aufarbeitung Von jenen mit Diagnose 70% viral! •Inzidenz in gemäßigten Zonen 1.5 – 7.5 / 100 000 •Veränderungen über die Zeit, v.a. durch Verfügbarkeit von Impfstoffen (zB. Abnahme von Masern und Mumps Encephalitis) oder Veränderungen von Risikofaktoren (Zunahme von EBV und CMV Encephalitis durch mehr immunsupprimierte Menschen) •Weitere wichtige Faktoren für die Inzidenz: • Jahreszeit: Arbovirusinfektionen in gemäßigten Zonen nur im Sommer, wenn Mücken aktiv sind • Geographie (FSME – Beispiel für sehr limitierte Verbreitung) • Kontakt mit Tieren oder Insektenvektoren
Pathophysiologie •Arboviren: lokale Replikation in der Haut Transiente Virämie streut ins RES und in die Muskulatur Sekundäre Virämie mit Streuung in andere Lokalisationen und ins ZNS Bei tödlichen Verläufen finden sich oft wenig histopathologische Veränderungen außerhalb des ZNS •Seltener: retrograde neurale Dissemination Rabies: retrograd entlang peripherer Nerven mit einem Tropismus für die Temporallappen, Amonshörner Herpes simplex: retrograd entlang des Tractus olfactorius
Encephalitis Symptome Fieber, Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Bewusstseinsveränderungen Neuropsychiatrische Symptome: Verhaltensauffälligkeiten, Halluzinationen, kognitive Einschränkung Manche (Begleit)Symptome können auf die Ätiologie hinweisen: Bläschen bei Varizella Lymphadenopathie und Splenomegalie bei EBV Bei HSV oft psychiatrische Symptome, Gedächtnisstörungen, Aphasie (wegen Temporal/Frontallappenbefall) bei manchen Arboviren (Befall der Stammganglien) zB. JE: Motorische Symptome, Choreoathetose, Parkinson-artige Störungen
Outcome, Langzeitfolgen 10-20% Letalität, SEHR stark variabel je nach Ätiologie Langzeitfolgen: vor allem bei Kindern Müdigkeit, chronische Kopfschmerzen, Probleme mit Gedächtnis, Konzentration und Gleichgewicht, Stimmungsschwankungen, Aggression, epileptische Anfälle. Sprach- und Sprechprobleme, Persönlichkeitsveränderungen, Verlangsamung von Denkprozessen und Reaktionen. Oft minimale Veränderungen, Patient wird eigentlich gesund geschrieben, ist aber nicht auf Vorerkrankungsniveau à Reha sehr wichtig
Häufigste Ursachen Herpes simplex* St. Louis Encephalitis, Western Equine Encephalitis, Eastern Equine Herpes zoster Virus*, HHV-6 und Encephalitis, La Crosse Encephalitis HHV-7 West Nil Virus Enteroviren (Polio, Enterovirus 71 HFM-disease) Dengue Masern, Mumps, Röteln Tollwut* FSME Japan Encephalitis CMV, EBV Zika
Häufigste Ursachen Herpes simplex St. Louis Encephalitis, Western Equine Encephalitis, Eastern Equine Herpes zoster Virus, HHV-6 und Encephalitis, La Crosse Encephalitis HHV-7 West Nil Virus Enteroviren (Polio, Enterovirus 71 HFM-disease) Dengue Masern, Mumps, Röteln Tollwut FSME Japan Encephalitis CMV, EBV Zika
Zikaepidemie 2015/2016 Kongenitales Zikasyndrom Mikrozephalus Häufigkeit bei Zika 50/10 000 Geburten (0,1-12) Auch andere kongenitale Missbildungen: Augen (Retina, N. opticus) Hydrops fetalis Hörverlust verzögertes Wachstum Fruchttod
Herpes simplex 1 und 2 Herpes zoster Virus (HHV 3) Herpesfamilie Epstein-Barr Virus (HHV 4) Zytomegalievirus (HHV 5) HHV 6, 7, 8
Herpes simplex Encephalitis Bei Erwachsenen praktisch ausschließlich HSV-1 Bei Neugeborenen HSV-1 oder HSV-2 (disseminierte Infektion) Weltweite Inzidenz von 1-4/1 000 000 Einwohner pro Jahr Häufigste sporadische letale Encephalitis 10-20% aller viralen Encephalitiden 30% der Fälle bei Kindern und Jugendlichen, 50% bei >50-Jährigen
HSV Encephalitis - Symptome Akuter oder subakuter Beginn Prodromalphase: Fieber, Krankheitsgefühl, Kopfschmerzen, Übelkeit Bewusstseinsveränderungen, Krampfanfälle, fokale Defizite Verhaltensauffälligkeiten: Hypomanie, Klüver-Bucy-Syndrom, Amnesie Bei Kindern: Fieber, Lethargie, verändertes Verhalten, Schläfrigkeit, fokale Anfälle Beim Neugeborenen: meist 1-3 Wochen nach Geburt. Irritabilität, Lethargie, Trinkschwäche, Tremor, Anfälle. Herpetische Hautläsionen häufig Bei Immunsuppression oder HIV: fehlende Prodromalphase und nur subtile atypische Symptome
HSV Encephalitis - Befunde Akute nekrotisierende Encephalitis – oft asymmetrisch – orbitofrontal und in den Temporallappen, Inselrinde und Gyrus cinguli Biopsie: pathognomonisch - hämorrhagische Encephalitis MRT: diagnostisch in 80-90% (braucht aber Zeit) Liquor: lymphozytäre Pleozytose (10-500/µl), auch Erys (1-500/µl) möglich wegen der hämorrhagischen Komponente der Infektion. Glucose normal oder leicht erniedrigt Liquorbefund kann anfänglich normal sein, v.a. bei Kindern oder bei Patient*innen unter Therapie mit TNF-alpha-Blockern Liquor PCR hat eine Sensitivität von 94-98% und fast 100% Spezifität. Wird meist 24 Stunden nach Symptombeginn positiv und bleibt es für eine Woche. EEG: 80% haben fokale Abnormalitäten. PLED (periodische lateralisierte epileptiforme Entladungen) sind sehr typisch, ihr Fehlen schließt die Diagnose aber nicht aus.
Herpes simplex Therapie 10 mg/kg Aciclovir alle 8 Stunden für 14-21 Tage (Neugeborene 20 mg/kg) Resistenz unerheblich (1%) außer bei immunsupprimierten Pat. (6%) Klare Überlegenheit bezüglich Mortalität, Morbidität, Schwere der Langzeitfolgen oraler Anschlusstherapie über 3 Monate: keine zusätzliche Verbesserungen Bei anderen Herpesviren nicht so effektiv, aber trotzdem indiziert, für VZV 10-15 mg/kg, eventuell mit Corticosteroiden Für CMV: Ganciclovir 5 mg/kg alle 12 Stunden + Foscarnet 60 mg/kg alle 8 Stunden Wichtig: kontinuierliches Monitoring des intracraniellen Drucks, da schlechte Prognose bei erhöhten Drucken
Enteroviren Sphärische unbehüllte RNA Viren, relativ umweltresistent Enteroviren A, B, C (inkl. Polio), D Infektion überwiegend fäko-oral, dann Replikation im GI-Trakt Erstbeschreibung EV-Encephalitis in den 50er Jahren In den letzten Jahren vermehrt Epidemien von EV71, vor allem in Asien, mit Symptomen von HFM und Encephalitis und EV-D68 Infektionen im gemäßigten Klima im Sommer und Herbst Verschiedene Studien finden EV bei 21-22% aller Encephalitis Fälle! Keine Meldepflicht, keine aktive Surveillance
Enteroviren Inkubationszeit 7-14 Tage Übertragung fäko-oral, selten Tröpfchen Virusausscheidung von akut UND asymptomatisch Erkrankten über Wochen Typische Krankheitsbilder: Herpangina, HFM, Pleurodynie (Bornholmsche Erkrankung), aseptische Meningitis, Poliomyelitis Zumeist fieberhafte Erkrankung der oberen Atemwege (Sommergrippe“)
Enteroviren Nur 3% der Enterovirusinfektionen zeigen ZNS-Beteiligung Vor allem bei Neugeborenen und Kleinkindern, mit einer Mortalität bis 10% Breites Spektrum von Symptomen : Fieber, Kopfschmerzen, Lethargie, Schläfrigkeit Schlaffe Lähmung, abgeschwächte Reflexe, Meningismus Anzeichen von Hirnstammbeteiligung: Ataxie, Tremor, Myoklonien, Nystagmus, Strabismus, Bulbärparalyse Im Vergleich mit anderen viralen Encephalitiden häufiger Persönlichkeitsveränderungen, Exantheme, Diarrhoe
DIAGNOSE THERAPIE Rachenabstrich, Rektalabstrich Supportiv Serum und Liquor für PCR und Bei Immunsupprimierten Kultur Patient*innen ev. IVIG Enteroviren der Gruppe A lassen Steroide sehr gemischte Daten sich meist gut aus Liquor isolieren - Pleconaril – ein Capsid-blocker zur Enteroviren der Gruppe D, insbes. Verhinderung der Replikation – Enterovirus 71 KAUM unzureichende Wirksamkeitsdaten MRT: Läsionen in und V.a. karzinogene Wirkung, posteriore Medulla oblongata, nicht (mehr) erhältlich posteriore Pons, Mittelhirn, Nucleus dentatus des Kleinhirns, Vorderhörner RM
Poliomyelitis Stand 2022 19
Aktuelle Impfempfehlungen für Österreich: Grundimmunisierung im Kindesalter im Neurotropismus Rahmen des 6-fach Impfstoffs 3x Eine Auffrischung im Volksschulalter 2 Auffrischungen im Erwachsenenalter Reisemedizin: Teile Afrikas und Südasiens – aktuelle Impfung Je nach epidemiologischer Situation auch Impfvorschrift http://www.who.int/ihr/ihr_ec_2014/en
FSME-Fälle pro 100 000 Einwohner nach Land (EU/EEA, 2019)
Impfdurchbrüche Hansson et al CID 2020 Anzahl Patient*innen 2004 – 2015: 1004 FSME-Fälle 5% davon als Impfdurchbruch bezeichnet 81% > 50a r 26% mit te Anzah Al Grunderkrankungen l Impfd o se n v o r E rk rankun g
Weltweit wichtigste ARBO-Virus Encephalitis Japan Encephalitis Transmission SEHR dynamisch, Auftreten meist epidemisch, daher starke Fluktuation in den Schätzungen der Bedeutung der Erkrankung
JEV Einzelstrang RNA Virus aus der Familie der Flaviviren 5 Genotypen, mit etwas unterschiedlicher geografischer Verbreitung, aber nicht so getrennt wie bei FSME Übertragen durch Culex spezies, meist Culex tritaeniorhynchus Turtle, L. & Solomon, T. (2018) Japanese encephalitis — the prospects for new treatments Nat. Rev. Neurol. doi:10.1038/nrneurol.2018.30
PATHOPHYSIOLOGIE VERLAUF Anfänglich Viruspropagation am Ort des Mortalität in Gebieten MIT Stichs und in regionalen Lymphknoten Intensivkapazitäten: 5-10%, OHNE >35% Dann Virämie mit entzündlichen Todesursachen: Aspiration, Krampfanfälle, Veränderungen in Herz, Lungen, Leber erhöhter Hirndruck, Hypoglykämie und retikuloendothelialem System. 30-50% der Überlebenden haben Die meisten Infektionen werden vom ausgeprägte neurologische Sequelae: Immunsystem geklärt bevor das Virus das Krampfanfälle, motorische Lähmungen ZNS befällt à subklinischer Verlauf oder Hirnnervenlähmungen, Bewegungsstörungen. Überwindung der Blut-Hirnschranke, starke Vermehrung des Virus 5 Jahre nach der akuten Symptomatik Untergang von Neuronen durch direkte haben 75% der Patienten reduzierte Viruswirkung, Immun-mediierte Schäden Scores in Standardtests und Apoptose
Impfstoffe international Description Type Virus strain Common name Country of origin, manufacturer and/or developer Early vaccines, no longer in use Mouse brain Inactivated Nakayama BIKEN Japan, BIKEN Mouse brain Inactivated Nakayama Green Cross Korea, Green Cross Mouse brain Inactivated Beijing-1 NA Japan Primary hamster kidney Inactivated P3 NA China Currently available vaccines Vero cell Inactivated P3 NA China Primary hamster kidney Live attenuated SA14-14-2 CDJevax China, Chengdu Biological Products Vero cell Inactivated Beijing-1 JEBIKV Japan, BIKEN Vero cell Inactivated Beijing-1 ENCEVAC Japan, Kaketsuken Vero cell Inactivated SA14-14-2 IXIARO, JESPECT Valneva Vero cell Inactivated Kolar-821564XY JENVAC India, Bharat Biotech Yellow fever 17D SA14-14-2 Live attenuated Imojev, Chimerivax JE Acambis, Sanofi Pasteur recombinant vectored (envelope)
Ausbreitung in Asien Land Erstbericht Inzidenz Trend Impfprogramm Japan 1924
JE außerhalb Asiens Autochthonous Japanese Encephalitis with Yellow Fever Coinfection in Africa NEJM 376;15, 2017 The Japanese encephalitis virus (JEV) in synanthropic wild birds (Passer italiae, Turdus merula, Sturnus vulgaris) and redwing (Turdus ilacus) in Tuscany Ecologia Urbana 2009 Japanese encephalitis virus RNA detected in Culex pipiens mosquitoes in Italy Eurosurveillance 2012
West Nil Virus Erstbeschreibung 1937 (Uganda) Sporadische Ausbrüche einer meist milden fieberhaften Erkrankung Ab 1990er häufiger, schwerer, weiter verbreitet: Rumänien, Russland, Israel 1999 erste Fälle in USA (Osten, NYC), innerhalb von 5 Jahren gesamtes Land Axonale Neuropathie, demyelinisierende Polyneuropathie, Encephalitis Neurologischer Verlauf bei weniger als 1% der Infektionen, jedoch häufiger zu Beginn der Virusintroduktion in ein neues Gebiet case fatality 12%, überwiegend ältere und/oder immungeschwächte Personen.
West Nil Virus Flavivirus Arboviruserkrankung: Natürlicher Lebenszyklus Vögel – Mücken (Culex) Rabenvögel werden selbst krank und sterben an der Infektion Spatzen, Rotkehlchen, Stärlinge entwickeln eine hohe Virämie bei geringer Mortalität Mensch und Pferd sind „dead end hosts“
EU und Nachbarländer, 2018 Österreich (Daten der AGES) 2009 - 2020: 49 im Inland erworbene Fälle Bisher keine tödlichen Verläufe
RNA Virus Genus Lyssavirus umfasst >60 Viren Rabies Rabies Serogruppe 10 Viren, von denen die meisten fast nie humane Infektionen verursachen
Pathophysiologie Wenig Virusreplikation und Virusproduktion am Ort des Bisses à Virus wird von Antigen- präsentierenden Zellen nicht „gesehen“ Dringt über neuromuskuläre Endplatte (nikotinische Acetylcholinrezeptoren) in Motorneuronen ein und wandert entlang des Axons zentripetal zum Rückenmark, 12-24 mm pro Tag Wenn Spinalganglien und Nervenwurzeln erreicht werden, steigt die Geschwindigkeit der Ausbreitung auf 200-400 mm pro Tag. Ab jetzt sind unspezifischen Krankheitssymptome möglich (flu- like illness) und die pathognomonischen Schmerzen an der Bissstelle treten auf (Parästhesien, Schmerzen, starker Juckreiz) Rasche Ausbreitung im gesamten ZNS (nikotinische Acetylcholinrezeptoren sind allgegenwärtig) Ab jetzt auch antegrade Ausbreitung über sensorische und autonome Pathways Krankheitsverlauf ab Symptombeginn maximal 10 Tage
60% der Fälle verlaufen als „wilde Wut“: Agitiertheit, Unruhe, Muskelfaszikulationen, Krampfanfälle, Halluzinationen, Delir Dann werden diese Symptome episodisch, unterbrochen von ruhigen, kooperativen Phasen Hydrophobie und Aerophobie sind Klinik PATHOGNOMISCH 30% stille oder stumme Wut – paralytische Rabies Fieber, Kopfschmerzen, Meningismus, symmetrische Lähmungen, tw. Aufsteigend, ähnlich wie GBS Übergang in Stupor, Koma, Tod
Danke für ihre Aufmerksamkeit
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