Vom Leben in Kälte und Dreck - Schweizer Helferinnen und Helfer erzählen von den schrecklichen Zuständen in den Flüchtlingslagern in Griechenland ...

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Vom Leben in Kälte und Dreck - Schweizer Helferinnen und Helfer erzählen von den schrecklichen Zuständen in den Flüchtlingslagern in Griechenland ...
Vom Leben in Kälte
         und Dreck
         Schweizer Helferinnen und Helfer erzählen von den schrecklichen
         Zuständen in den Flüchtlingslagern in Griechenland.

                                   Protokolle Christof Gertsch

Die Lage in den Flüchtlingslagern auf den ägäischen     mit erneutem Lockdown in den Lagern: Fast muss
Inseln hat sich dramatisch verschlechtert: Auf Les-     man inzwischen annehmen, dass geschehen könne,
bos, Samos, Chios, Leros und Kos befinden sich laut     was wolle – an der Situation der Geflüchteten auf den
dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR noch immer               ägäischen Inseln wird weder die griechische Regie-
18’500 Geflüchtete. Sie leben unter grauenerregen-      rung noch Europa gross etwas ändern. Im Gegenteil:
den Bedingungen und warten für Monate oder gar          Die Errichtung fixer Camps deutet im sechsten Win-
Jahre auf einen Asylbescheid.                           ter dieser Krise darauf hin, dass Lesbos, Samos, Chi-
    Wegen des Kälteeinbruchs war die Situation in       os, Leros und Kos noch lange als Auffangbecken die-
den vergangenen Wochen besonders prekär. In unbe-       nen werden.
heizten Zelten harrten die Menschen der Kälte,               Der Frust ist gross, auch unter den Schweizer
wärmten sich an Gaskochern und kleinen Feuern.          Helferinnen und Helfern, die dem «Magazin» – wie
    Übergriffe rechtsextremer Schlägertrupps, der       schon während des ersten Corona-Lockdowns im
Grossbrand im Camp Moria, eine zunehmend wüten-         Frühling (N° 16/20) – am Telefon ihre Eindrücke
de Lokalbevölkerung und jetzt die Corona-Pandemie       schildern.

                               FA N N Y OPPLER, 30 Jahre alt, aus Basel

War 2017 Mitgründerin des Gemeinschaftszentrums         ist eine einzige Matschlandschaft. Manchmal findet
One Happy Family auf Lesbos. War seither immer in       man Patronen. Das Camp steht auf einer ehemaligen
den Ferien dort oder wenn neben der Arbeit als Gra-     Schiessanlage, die der Regierung in Athen gehört.
                                                                                                                DA S M AG A Z I N N ° 0 6 — 202 1

fikerin Zeit blieb. Diesmal bleibt sie länger.          Nur darum konnte es gegen den Widerstand der loka-
    «Letzte Nacht hat es geschneit, ich sitze im Büro   len Bevölkerung so schnell errichtet werden, nach-
unseres Community Centers und bin angezogen, als        dem das alte Lager abgebrannt war.
wollte ich schlitteln gehen. Kalt ist es.                    Das war letzten September. 13’000 Geflüchtete
    Das Zeltlager der Geflüchteten befindet sich        verloren alles. Auf der Flucht vor dem Feuer wurden
zehn Fussminuten von hier am Strand. Da unten           sie von der Polizei auf der Küstenstrasse zwischen
stürmt der Wind, es ist extrem feucht, und der Boden    Moria und Mytilini eingekesselt. Dort harrten sie ta-
                                                        gelang aus, Hauptsache, die Locals bekamen sie nicht
16                                                      zu Gesicht. Dann brachte man sie in ein neues Camp
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Flüchtlinge auf Lesbos waschen ihre Kleider im Meer.

                                                    und versicherte ihnen, dass es sich um eine temporä-     rungen eingehalten. Die Zelte stehen so nah, dass es
                                                    re Lösung handle. Doch das hatte es zuvor auch ge-       immer gleich mehrere erwischt, wenn irgendwo Feu-
                                                    heissen. Das Elend, der Schmerz – alles wiederholt       er ausbricht. Strom gibt es nur aus ständig überlaste-
                                                    sich. Es ist ein einziges Warten, über Monate oder       ten Generatoren. Wasser nur aus herumhängenden
                                                    Jahre. Ein Warten im Dreck.                              Säcken, die aus Lastwagen aufgefüllt werden.
                                                        Das alte Camp hiess Moria, das neue heisst Kara          Es braucht eine unglaubliche Kraft, die Bedin-
                                                    Tepe. Ein Mädchen sagte mir, Moria sei nicht schlimm     gungen im Camp zu ertragen. Ich staune, wie viele
                                                    gewesen, Kara Tepe sei schlimm. Ich traute meinen        Geflüchtete noch immer Hoffnung haben und anpa-
                                                    Ohren kaum. Natürlich war Moria schlimm. Aber            cken, sie organisieren sich, damit sie das irgendwie
                                                    Kara Tepe ist offenbar noch schlimmer.                   durchstehen. Das sind Heldinnen und Helden für
                                                        Weil alles so schnell gehen musste, wurden beim      mich.»
                                                    Bau nicht einmal grundsätzliche Sicherheitsanforde-

                                                                                   MOR ITZ LÜCH INGER, 29 Jahre alt, aus Zürich

                                                    Wollte nach der Ausbildung zum Krankenpfleger und        ten. In den ersten Wochen arbeitete ich Tag und
                                                    dem Master in Umwelt und Natürliche Ressourcen           Nacht, so viel gab es wegen Covid zu tun.
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                                                    Solidarität praktizieren, statt immer nur davon zu re-       Dass all das mitten in Europa geschieht, be-
                                                    den. Zog im September 2020 nach Samos. Assistiert        schämt mich. Männer leiden Höllenschmerzen und
                                                    den Ärztinnen und Ärzten vom Med’EqualiTeam.             bekommen trotzdem keinen Platz im Spital. Frauen
                                                        «Bevor ich nach Samos kam, setzte ich mich in-       werden wenige Stunden nach einem Kaiserschnitt
                                                    tensiv mit der Insel und der Flüchtlingskrise ausein-    zurück ins Camp geschickt. Jeden Tag kommt es zu
                                                    ander. Ich las Bücher, schaute TV-Dokumentationen.       Missbrauchsfällen. Die Menschen leben im Dreck,
                                                    Ich glaubte wirklich zu wissen, was mich erwartet.       schlafen neben Ratten so gross wie Katzen.
                                                        Ich hatte keine Ahnung. Nichts auf der Welt
                                                    konnte mich auf das, was ich hier vorfand, vorberei-                                                        17
Ein Zaun trennt die Quarantänezone in einem Flüchtlingslager auf Lesbos von der Nichtquarantänezone.

                                                                                                                        BI L DE R S . 1 7 & 18: EN R I C A N AJ/M AGN U M PHO T O S/K E Y S T ON E
Ich bin stinksauer, verstehe einfach nicht, warum              auf vor, Unterkühlungen und Rauchvergiftungen zu
sich nichts ändert. Ich erkenne null politischen Wil-          behandeln, weil sich die Menschen im Zelt an einem
len in Europa, die linken Parteien enttäuschen mich            Gaskocher oder einem Feuer zu wärmen versuchen,
besonders.                                                     sobald die Temperaturen fallen. Zum Glück geschah
     Das Med’EqualiTeam ist eine Art Hausarztpra-              diesmal nichts Schlimmes.
xis. Wegen Covid dürfen wir unsere Räumlichkeiten                   Ich machte einen Ausflug zu dem Camp, in das
nicht benutzen, darum arbeiten wir in einem Contai-            die Geflüchteten bald verlegt werden sollen. Es liegt
ner vor den Toren des Camps. Die Leute kommen,                 in einer Talsenke, zu Fuss geht man ewig ins nächste
und wir machen, was möglich ist.                               Dorf. Ich sah, dass man einen Spielplatz gebaut hatte,
     Besonders verbreitet sind Zahnschmerzen, nur              da standen ein Baum, eine Rutschbahn, zwei Sitzbän-
haben wir keinen Zahnarzt. Wir verweisen dann ans              ke, eine Schaukel. Umgeben von einem meterhohen
Spital und hoffen, dass etwas geschieht. Hauptthema            Stacheldrahtzaun. Wie ein Kindergefängnis.»
jetzt war der Kälteeinbruch. Wir bereiteten uns dar-

                     FA BI A N BR ACHER, 30 Jahre alt, aus Heimiswil bei Burgdorf

Mitgründer von One Happy Family, zählt zu den er-              als sich die Temperaturen im Januar dem Gefrier-
                                                                                                                        DA S M AG A Z I N N ° 0 6 — 202 1

fahrensten Helfern auf Lesbos. Arbeitet inzwischen             punkt näherten, mussten wir wieder ewig diskutie-
für die Organisation Choose Love. Hat den Eindruck,            ren, bis wir nur schon ein paar Decken verteilen
die griechische Regierung mache den NGOs das Le-               durften.
ben absichtlich schwer.                                            Das macht müde. Doch ich weigere mich aufzu-
     «Man würde denken, dass sich Behörden und                 geben. So wie Griechenland und die EU unwillig sind,
Hilfsorganisationen im sechsten Winter der Krise auf           die Situation der Geflüchteten zu verbessern, bin ich
ein paar grundsätzliche Abläufe geeinigt hätten. Aber          unwillig, die Geflüchteten im Stich zu lassen.
                                                                   Regelmässig zerbrechen Helferinnen und Helfer
18                                                             an den Zuständen hier. Sie kommen voller Elan und
erleben, wie sich über Jahre nichts ändert oder sie so-   Zurzeit haben nur eine Handvoll Organisationen Zu-
                                       gar an ihrer Arbeit gehindert werden.                     tritt zum Camp Kara Tepe, alles ist umzäunt, alles
                                            In Griechenland gibt es ein neues Gesetz, dass       wird kontrolliert. Die Geflüchteten, heisst es immer,
                                       jede Organisation, die sich für Geflüchtete einsetzt,     seien nicht eingesperrt. Aber irgendwie sind sie es
                                       ein ISO-Zertifikat benötigt. Dagegen hätte ich nichts,    eben doch. Auch wegen Covid: Jede Person darf nur
                                       wenn man damit verhindern wollte, dass jemand             einmal pro Woche zum Einkaufen raus.
                                       Schaden anrichtet. Doch das Gesetz ist pure Schika-            Vor wenigen Tagen ergab eine von der EU in Auf-
                                       ne: Man will uns vertreiben, weil man glaubt, das         trag gegebene Untersuchung, dass die Belastung
                                       würde Menschen von der Flucht abhalten. Nun muss          durch Blei an gewissen Stellen im Camp den Grenz-
                                       jede Organisation ihre Finanzen von einer Wirt-           wert für Wohngebiete in Griechenland um ein Vielfa-
                                       schaftsprüferin verwalten lassen, was Zeit und Tau-       ches übersteigt. Eine Evakuierung der Geflüchteten
                                       sende Franken kostet. Dabei arbeiten viele ehren-         halten aber weder die EU noch Griechenland für not-
                                       amtlich, und nicht wenige Organisationen sind so          wendig. Das ist doch nicht zu fassen. Man weiss, dass
                                       klein, dass sie jetzt quasi nur noch mit dem Prozess      den Menschen gesundheitliche Langzeitschäden
                                       der Zertifizierung beschäftigt sind.                      drohen – und tut trotzdem nichts.»

                                                               N ICOL A S PER R ENOU D, 36 Jahre alt, aus Langenthal

                                       Koordiniert für One Happy Family die Zusammen-            Etwas mehr als 7000 Geflüchtete leben noch in dem
                                       arbeit mit anderen Hilfsprojekten auf Lesbos. Ist da-     Camp, täglich reicht es nun für 2000 Duschen. War-
                                       neben für vieles mehr zuständig: Medienarbeit,            mes Wasser muss herangekarrt werden.
                                       Finanzen, IT, Sachspenden. War im Herbst einer der            Wir erhalten viele Spenden, das ist schön. Schlaf-
                                       ersten Helfer beim Grossbrand im Camp Moria.              säcke, Decken, Plüschtiere. Wenn das Camp-Ma-
                                           «Dass es für alles eine Bewilligung vom Camp-         nagement uns lässt, geben wir alles weiter. Aber
                                       Management braucht, muss nicht zwingend schlecht          manchmal fühlt es sich an, als stünden wir am Rand
                                       sein. Früher wurde vieles doppelt gemacht, anderes        eines Lochs, das alles verschluckt. Im Camp ist es so
                                       dafür gar nicht. Solche Probleme lassen sich durch        dreckig, so windig, so feucht, dass andauernd Zelte
                                       Absprachen vermeiden. Aber das System ist so lang-        zusammenbrechen, Schuhe kaputtgehen, Kleider
                                       sam, dass man ewig auf eine Erlaubnis wartet. Zum         unbrauchbar werden. Immer fehlt es irgendwo an
                                       Beispiel vergingen drei Monate, bis in Kara Tepe          grundlegenden Dingen, immer braucht irgendwer
                                       Duschcontainer standen. Menschen wuschen sich             Ersatz.»
                                       zwischen Felsen im Meer.

                                                                        LISK A BER N ET, 31 Jahre alt, aus Zürich

                                       Studierte Politikwissenschaften in Zürich und Ent-        «Meine letzte Hoffnung, dass sich an der Situation et-
                                       wicklungszusammenarbeit in London. Zog im Som-            was verbessern könnte, zerstörte sich im Herbst. Was
                                       mer 2015 als eine der ersten Schweizer Helferinnen        taten die Behörden, nachdem Moria niedergebrannt
                                       nach Griechenland, um in Athen ein Zentrum für Ge-        war? Sie bauten ein noch mangelhafteres Camp.
                                       flüchtete aufzubauen. Dann gründete sie die Organi-           Ich wurde hier so häufig Zeugin schlimmster
                                       sation Glocal Roots, zu der ein Begegnungsort für         Menschenrechtsverletzungen, dass ich es gar nicht
                                       Frauen auf Samos gehört, wo sie heute arbeitet.           mehr anders erwarte. Und trotzdem bleibe ich. Mit
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                                    «Dass Kinder in schlechter Kleidung hier frieren müssen, das haben
                                    wir alle zu verantworten.»

                                                                                                                                                    19
dem Ziel, dass es solche Missstände in Europa irgend­     höheren Zäunen, gelegen im Nirgendwo. Die
wann nicht mehr gibt. Ich fürchte, das wird nicht         Geflüchteten werden noch abgeschnittener und
mehr in meinem Leben sein.                                fremdbestimmter leben, werden kaum mehr selbst
     An manchen Tagen überwiegen auch bei mir             Einkäufe tätigen und kochen können. Mit den neuen
Frust, Trauer, Hoffnungslosigkeit. Dann versuche          Strukturen wird man ihnen das letzte bisschen Frei­
ich, den Blick vom grossen Ganzen weg auf die klei­       heit nehmen.
nen Dinge zu richten. Wenn ich einer Frau beistehen           Umgekehrt befürchtet die Inselbevölkerung zu
kann, die im Camp häusliche Gewalt erlebte, oder          Recht, dass kaum so viel Geld für den Bau solcher
wenn wir einem Kind ein paar unbeschwerte Stunden         Riesenkonstruktionen in die Hand genommen wür­
bei uns im We Are One Center verschaffen können –         de, wenn man vorhätte, die Geflüchteten bald an­
dann gibt das Kraft weiterzumachen.                       derswo unterzubringen. Alles deutet darauf hin, dass
     Die EU und Griechenland investieren in den           Lesbos, Samos, Chios, Leros und Kos noch viele Jah­
nächsten Monaten weit über hundert Millionen Euro         re das Auffangbecken für Geflüchtete sein werden.
in den Bau neuer Flüchtlingslager auf den Inseln. Die     Diese Menschen wollen nach Deutschland, Frank­
Qualität der Unterkünfte und sanitären Anlagen wird       reich, in die Schweiz. Stattdessen schiebt man sie an
besser sein, aber das dürfte die einzige gute Nach­       den Rand. Aus den Augen, aus dem Sinn.
richt bleiben.                                                Ich habe grosses Verständnis für die Einheimi­
     Nach allem, was man bisher weiss, werden die         schen, die einfach ihr altes Leben zurück wollen.
Camps Gefängnissen ähneln. Umgeben von noch               Auch sie lässt Europa allein.»

                                CY R I L ROM A N N, 35 Jahre alt, aus Nidau

War Sozialarbeiter, führte eine Bar. Lebt seit zweiein­   Ich denke viel über unsere Arbeit nach. Wir sind we­
halb Jahren auf Samos. Engagiert sich für den Verein      nige Helferinnen und Helfer, das Problem aber ist rie­
FAIR und die Organisation Choose Love.                    sig und von der Politik gewollt. Es ist eine Krux: Wir
     «Da ist noch etwas, das uns hinsichtlich der neu­    widersetzen uns einem System, das Geflüchtete
en Camps Sorgen bereitet: Einiges deutet darauf hin,      schlecht behandelt. Aber indem wir uns solidarisch
dass Journalistinnen, NGOs und Menschenrechts­            mit den Geflüchteten zeigen, tun wir das, worum sich
organisationen keinen Zutritt bekommen werden.            eigentlich der Staat kümmern müsste. Würden wir
     Die Situation hat sich schon in den temporären       unsere Arbeit niederlegen, müsste das offizielle Euro­
Camps verschärft: Laut einer «Ministerial Decision»       pa sie übernehmen, sonst wäre das Drama hier
der griechischen Regierung von Ende November ist          schnell noch viel grösser.
es allen, die sich in einem Camp aufhalten, untersagt,         In der Schweiz sollte niemand denken, dass wir
Informationen über das Camp an die Öffentlichkeit         im Umgang mit Geflüchteten besser sind. Dass hier
zu tragen. Sicherheitsbeamte verboten den Ge­             fixe Camps im Niemandsland gebaut werden, ist die
flüchteten sogar, Fotos oder Filmaufnahmen zu             gleiche Strategie, die man in der Schweiz verfolgt:
machen.                                                   Man schiebt das Problem an den Rand, will es un­
     Noch wissen wir nicht, wie die Behörden den Re­      sichtbar machen und die Geflüchteten zermürben.
gierungsentscheid umsetzen wollen, aber man muss               Ja, es braucht in Griechenland mehr Solidarität.
nicht besonders kritisch sein, um zu erkennen, dass       Aber die braucht es auch überall sonst in Europa.
die Leute zum Schweigen gebracht werden sollen.           Dass Menschen hier frieren müssen, Mütter, Väter,
Niemand mehr soll Missstände nach aussen tragen.          kleine Kinder, dass sie in schlechter Kleidung unter
Ich weiss von Hilfsorganisationen, die sich fragen, ob    dünnen Zeltblachen dieser Kälte ausgesetzt sind, Tag
sie überhaupt noch mit Medien sprechen dürfen.            und Nacht – das haben wir alle zu verantworten.»
     Es halten sich etwas weniger Geflüchtete auf den
ägäischen Inseln auf als zu Beginn der Corona-Pan­
demie vor einem Jahr. Das liegt auch an zwei bedenk­
lichen Entwicklungen. Erstens hat die Regierung die
Push-Backs intensiviert: Das heisst, Geflüchtete wer­
den übers Meer zurück in die Türkei gebracht, nach­
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dem sie bereits griechischen Boden betreten haben.
Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat diese Praxis
soeben scharf kritisiert. Zweitens wurden die Asyl­
verfahren beschleunigt, aber so, dass es nun einfach
viel mehr negative Entscheide gibt. Rechtshilfeorga­
nisationen berichten von massiven Missständen etwa
während den Interviews.
                                                          CH R I S TOF GERT S CH ist Reporter bei «Das Magazin».
20                                                                    christof.gertsch@dasmagazin.ch
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