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THEMA

Wachstumsmarkt Gesundheits-
wesen – Ein Automatismus?
Von nicht wenigen Fachleuten werden große Hoffnungen in die Gesundheitswirtschaft hinsichtlich Wachs-
tum und Beschäftigung gesetzt. Zugleich ist es aber durch zahlreiche Kostendämpfungsmaßnahmen ge-
rade in den letzten Jahren zu einer zunehmenden Privatisierung von Gesundheitsleistungen gekommen.
Vorliegende Arbeit möchte vor dem Hintergrund der Erkenntnisse der Sozialepidemiologie und der Ver-
teilung von Einkommen, Geldvermögen und Morbidität klären, inwieweit bei einer Privatisierung von
Gesundheitsleistungen tatsächlich Wachstumseffekte für die Gesundheitswirtschaft zu erwarten sind.
Es zeigt sich, dass die Nachfrage von Gesundheitsleistungen gerade für Geringverdiener, die auch gerin-
ge Geldvermögen und überproportional hohe Krankheitskosten aufweisen, aufgrund zu geringer Eigen-
mittel deutlich zurückgehen dürfte. Zu prüfen bleibt, inwieweit gute Risiken mit höherem Einkommen
und höherem Geldvermögen die zu erwartende Mindernachfrage überkompensieren bzw. ob Geringver-
diener bei einer Privatisierung von Gesundheitsleistungen vermehrt Einkommensbestandteile in Gesund-
heitsleistungen umschichten und somit trotz Privatisierung von Gesundheitsleistungen ein Wachstums-
markt begründet sein kann.

■ Axel Olaf Kern und Bernhard Langer

1. Ausgangslage                                                                 Die Gesundheitswirtschaft hat bei rund 4,2 Mio. Beschäf-
                                                                              tigten bzw. 3,1 Mio. Vollkräften erhebliche arbeitsmarkt-
  Vor dem Hintergrund der anhaltend schwierigen finan-                        politische Relevanz. Jeder neunte Erwerbstätige ist im Ge-
ziellen Situation der Gesetzlichen Krankenversicherung                        sundheitswesen beschäftigt. 41 % der Vollkräfte arbeiten
(GKV) und der zukünftigen demographischen Verände-                            in der ambulanten sowie 41 % in der stationären und
rungen wird eine Aufteilung des Leistungskatalogs der                         teilstationären Versorgung, 8 % oder 250 000 Beschäftig-
GKV in Grund- und Zusatzleistungen und damit die „Pri-                        te in Vorleistungsindustrien, 6 % in der Verwaltung und
vatisierung“ von GKV-Leistungen vorgeschlagen1. Dieser                        1,5 % im Bereich Krankentransport und Rettungswesen.4
Ansatz wurde bereits zu Beginn der 1980er Jahre in Zu-                        Alleine deshalb kann das Gesundheitswesen nicht aus-
sammenhang mit der Forderung nach (Ab-)Lösung der                             schließlich unter Kostenaspekten betrachtet werden,
Kostendämpfungspolitik durch stärker wettbewerbliche                          „denn als moderner Dienstleistungsbereich stellt das Ge-
Elemente im Gesundheitswesen erwogen.2 Mit den Über-                          sundheitswesen … eine Wachstumsbranche par excellen-
legungen des Sachverständigenrats der Konzertierten                           ce dar.“5 Dabei wird auf die zunehmende Zahl älterer
Aktion im Gesundheitswesen (SVRKAiG) zur „Bestimmung                          Menschen in Deutschland und auf deren steigenden Be-
                                                                              darf infolge vermehrt auftretender chronischer Erkran-
eines Leistungskatalogs einer zukünftigen Krankenversiche-
                                                                              kungen hingewiesen (quantitative Dimension).6
rung“ und infolge der Diskussion um die Beschränkung
der Lohnnebenkosten sowie der Gesundheitsprämie und                             In Abbildung 1 soll zur Illustration demografischer Ver-
Bürgerversicherung gewann das Thema in jüngster Zeit                          änderungen die Bevölkerungsentwicklung entsprechend
wieder an Aktualität. Somit ist grundsätzlich die Frage zu                    der Vorausberechnung des statistischen Bundesamtes dar-
klären, welche Leistungen der GKV in die Eigenverant-                         gestellt werden. Dabei wird deutlich, dass die Kohorten
wortung der Versicherten und Patienten gehören. Aus so-                       der „geburtenstarken“ Jahrgänge der heute 35 – 45jähri-
zialpolitischer Perspektive wird darauf hingewiesen, dass                     gen in 30 Jahren einen erheblichen Versorgungsbedarf
                                                                              im Gesundheitswesen begründen werden. Zugleich wird
GKV-Leistungen bzw. Gesundheitsleistungen nur dann
                                                                              für die nahe Zukunft aber auch deutlich, dass sich die ge-
privatisiert werden sollten, wenn sich dadurch weder Le-
                                                                              burtenschwachen Jahrgänge der heute 50 – 60jährigen ce-
bensqualität noch Lebenserwartung auf Grund von Ein-
                                                                              teris paribus in einer geringeren Nachfrage nach Gesund-
kommensunterschieden differenzieren.3                                         heitsleistungen ausdrücken wird.
Axel Olaf Kern, Hochschule Ravensburg-Weingarten, Fakultät                      Ob auch die zunehmende Lebenserwartung Wachstum
Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, Weingarten;                            induzieren kann, hängt von der Beantwortung der Frage
Bernhard Langer, Universität Augsburg, Wirtschaftswissen-                     ab, ob wesentliche Anteile an den Lebensgesundheitskos-
schaftliche Fakultät, Augsburg                                                ten auf den kurzen Zeitraum vor dem Tod entfallen oder

30                                             https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
                                                                                                             5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik
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Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung 2002 – x2050, Angaben in Tausend

  Quelle: Statistisches Bundesamt (2002), eigene Darstellung

ob unabhängig von der Leistungsinanspruchnahme im                                  heran geführt werden.11 Die Transferzahlungen der Kran-
Zeitraum kurz vor dem Tod eine Steigerung der Gesund-                              kenkassen stützen die Nachfrage am Markt für Gesund-
heitsausgaben mit zunehmendem Alter erfolgt. Ersteres                              heitsleistungen. Für die Volkswirtschaft hat dies den Nut-
würde der so genannten Kompressionsthese entsprechen,                              zen, dass Humankapital von hoher Qualität gebildet und
letzteres der so genannten Medikalisierungsthese. Gemäß                            erhalten wird, wodurch auch die Wirtschafts- und Sozial-
der Kompressionsthese würde eine höhere Lebenserwartung                            ordnung stabilisiert wird.12 Außerdem stellt diese Schaf-
nicht mit höheren durchschnittlichen Leistungsausgaben                             fung von Konsummöglichkeiten zugleich einen wesent-
einhergehen, da sich bei einer längeren Lebenserwartung                            lichen Faktor für das Wirtschaftswachstum dar.13
die Kosten auf höhere Altersgruppen verschieben und                                  Hinsichtlich der qualitativen Dimension wird der Wer-
dementsprechend in den anderen Altersgruppen sinken.7                              tewandel angeführt, wonach ältere Menschen, die verstärkt
Der Medikalisierungsthese zufolge ergibt sich hingegen                             nach Aktivität und Vitalität im Alter streben, Produkte
eine „Versteilerung“8 der Ausgabenprofile.9 Empirische Be-                         und Leistungen kaufen, die über die klassische Erhaltung
funde zu den einzelnen Thesen zeigen allerdings, dass sich                         und Wiederherstellung von Gesundheit hinausgehen. In-
die Wissenschaft über die Relevanz einzelner Einflussfak-                          folge dessen werden Chancen für Pflegeleistungen, Bäder,
toren auf die zukünftige Entwicklung der Gesundheits-                              Kurorte, Tourismus, Medizintechnik, funktionelle Lebens-
kosten nicht einig ist.10                                                          mittel und Wellness-Leistungen gesehen.14
  Unabhängig von der Relevanz dieser Thesen ist festzu-                              Dabei werden die Wachstumserwartungen im Gesund-
stellen, dass die Entwicklungen der Gesundheitswirtschaft                          heitswesen nicht primär mit der Privatisierung von GKV-
bislang von der GKV und den übrigen Sozialversicherungs-                           Leistungen verbunden.15 Dennoch wird oftmals, wie im
zweigen wesentlich geprägt wurden, da rund 90 Prozent                              Fall der IGEL-Leistungen, eine solche positive Dynamik
der Bevölkerung auf diesem Weg gegen Krankheitsfolgen                              auch für die Ärzteschaft unterstellt.16 Inwieweit diese er-
versichert sind. So begründet das umlagefinanzierte System                         wartet werden kann, wird im Folgenden vor dem Hinter-
der GKV mit Versicherungszwang, dass untere Schichten                              grund der Erkenntnisse der Sozialepidemiologie und der
mit überproportional schlechter Risikostruktur an den                              Verteilung von Einkommen, Geldvermögen und Morbi-
Konsum medizinisch-technischer Güter und Leistungen                                dität betrachtet.

5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik                                                                                                     31
                                                            https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
                                                      Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20.
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THEMA
2. Privatisierung von Gesundheitsleistungen                                      Die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen wird durch
                                                                               die „objektive“, epidemiologisch bedingte Inanspruch-
   In den letzten Jahrzehnten sind die Ausgaben der gesetz-                    nahme (Alterung, Stand des medizinischen Wissens) so-
lichen Krankenversicherung bei einer zugleich erodieren-                       wie die subjektive Entscheidung einer Person, ärztlichen
den Einnahmebasis rapide angestiegen. Die Politik hat                          Rat einzuholen und ärztliche Leistungen in Anspruch zu
dieses Problem unter dem Druck der Lohnzusatzkostendis-                        nehmen, bestimmt. Letzteres wird wiederum beeinflusst
kussion weitestgehend durch die Anhebung bzw. Einfüh-                          vom Grad der Risikoaversion, dem Leidensdruck des In-
rung von Selbstbeteiligungen und Leistungsausschlüssen                         dividuums, den Wege- und Wartezeiten, dem (Geld)Preis
zu lösen versucht, wodurch es zu einer zunehmenden                             der dann privatärztlichen Leistung und der Zahlungsfä-
Privatisierung von Gesundheitsleistungen gekommen ist.                         higkeit des Patienten, welche vom Einkommen, den Er-
Ziel der Privatisierung von Gesundheitsleistungen ist es,                      sparnissen und eventuell bestehendem Versicherungs-
mit Hilfe des Prinzips der Marktsteuerung und wirtschaft-                      schutz abhängt.
licher Anreize im Gesundheitswesen das Wachstum der
                                                                                 Bei einer Privatisierung von Leistungen werden die Ge-
Gesundheitsausgaben zu reduzieren, Unternehmen von
                                                                               sundheitsleistungen privat erbracht. Die Finanzierung der
Lohnzusatzkosten zu entlasten, größere Therapiefreiheit                        Gesundheitsleistungen erfolgt dann teilweise oder voll-
für Ärzte zu schaffen sowie die Eigenverantwortung17 und                       ständig aus Eigenmitteln des Patienten und /oder durch
Souveränität der Versicherten und Patienten herzustellen.18                    einen Krankenversicherungsschutz. Damit sind die Bür-
Dabei wird der Patient stärker in der Rolle des rationalen                     ger selbst verantwortlich für Art und Umfang ihres Kran-
Konsumenten gesehen, der mittels Nachfrage seine indi-                         kenversicherungsschutzes. Der Risikopolitik der Kranken-
viduellen Präferenzen verwirklichen kann.19                                    versicherungsunternehmen kommt somit wesentliche
  Privatisierung und marktliche Steuerung im Gesund-                           Bedeutung zu, inwieweit Personen mit geringeren Ein-
heitswesen bedeuten nicht, dass die Ausgaben für Ge-                           kommen und einem tendenziell höheren Krankheitsrisi-
sundheit in Höhe von Euro 240 Mrd.20 in Deutschland                            ko Versicherungsschutz erhalten werden.
zwingend sinken werden. So fehlt der empirische Nach-                            Für die Ärzte bedeutet ein privater Behandlungsvertrag,
weis, dass marktorientierte Gesundheitssysteme kosten-                         finanzielle Forderungen auf privatrechtlichem Wege ge-
günstiger und effizienter in Bezug auf das gesetzte Ver-                       genüber dem Patienten geltend zu machen. Abrechnungs-
sorgungsziel sind.21 Gleichwohl ist anzumerken, dass                           stellen als „Finanzintermediäre“ einzuschalten, welche
steigende Ausgaben im Gesundheitswesen per se nicht                            die ärztlichen Forderungen übernehmen, ist nur so lange
verwerflich sind, solange sich darin eine Priorisierung                        attraktiv, wie die Abschläge auf die Honorarforderung ge-
von Gesundheitsleistungen durch die Bürger ausdrückt                           ringer sind als die praxiseigenen Managementkosten in
und nicht Ergebnis von Marktunvollkommenheiten ist.                            Bezug auf die Honorarabrechnung.

  In Hinblick auf die Entscheidungssouveränität des „Kon-
sumenten-Patienten“ zeigen jedoch Erfahrungen in den                           3. Sozioökonomischer Status und Krankheit
Vereinigten Staaten von Amerika, dass der Patient auf
neue Informationen über die Qualität von Leistungen im                           Damit die Wirkungen einer Privatisierung auf die Nach-
Gesundheitswesen kaum reagiert und somit weniger als                           frage nach Gesundheitsleistungen eingeschätzt werden
rational handelndes Individuum betrachtet werden kann.22                       können, ist der Zusammenhang zu den Erkenntnissen der
In dieser veränderten Betrachtungsweise wird zugleich die                      Sozialepidemiologie hilfreich. Ganz grundsätzlich ist das
Rolle des Arztes umgedeutet, von der Funktion als Heiler                       Gesundheitsverhalten ebenso wie die Krankheitswahr-
mit fachlicher Autorität zu einem Marktteilnehmer, der                         scheinlichkeit von schichtspezifischen Einflüssen geprägt.
                                                                               So gilt der sozioökonomische Status einer Person als „one
medizinische Informationen und Leistungen anbietet.
                                                                               of the strongest and most consistent predictors of a per-
  GKV-Patienten haben im Zeitpunkt der Inanspruchnah-                          son’s morbidity and mortality experience“.24 Den Merk-
me bis auf Selbstbeteiligungen keine Kosten für Gesund-                        malen Bildung, Stellung im Beruf und Einkommen der
heitsleistungen zu tragen. Diese „Null-Preis-Politik“ der                      Versicherten und Patienten kommt dabei große Bedeu-
GKV ermöglicht es allen Versicherten, erforderliche Leis-                      tung zu. Bildung ist für die Mobilität in der Gesellschaft
tungen unabhängig von der wirtschaftlichen Situation in                        erforderlich und hat maßgeblich Einfluss auf das realisier-
Anspruch zu nehmen. Neben größerer Therapiefreiheit                            bare Einkommen. Zudem stellt Bildung eine wesentliche
für den Arzt bedeutet eine Privatisierung von GKV-Leis-                        Voraussetzung für das Selbstkonzept und damit den Le-
tungen, dass die Krankenkassen von einer Zahlungsver-                          bensstil dar. Beides beeinflusst gesundheitsorientiertes
pflichtung für ärztliche Leistungen frei sind. Die Preise für                  Verhalten maßgeblich.25 Vor allem im Alter von 24 bis
Gesundheitsleistungen werden bei privatärztlicher Abrech-                      64 Jahren variieren bei Männern und Frauen die Lebens-
nung gerade nicht Null sein. Der Patient wird dann für                         erwartungen und die Erkrankungsrisiken „dramatisch“ in
alle Leistungen einen Preis bezahlen und seine Nachfrage                       Hinblick auf das Bildungsniveau, das Einkommen und
daran ausrichten. Informationen, wie sich die Nachfrage                        den Beruf.26
nach Gesundheitsleistungen bei weitgehend freier Preis-                          Diese Zusammenhänge lassen sich dadurch begründen,
bildung im Gesundheitswesen in Deutschland verändern                           dass Angehörige niedrigerer sozialer Schichten auf Grund
wird, liegen bislang nicht vor.23                                              eines stärker instrumentellen Körper- und Gesundheits-

32                                              https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
                                                                                                              5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik
                                          Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20.
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verständnisses und einer daraus resultierenden „Ausbeu-                       Status als auch zwischen Einkommen und Mortalität be-
tung des Körpers“ keine Langzeitperspektive im Denken                         stehen. Mortalität und Morbidität sind in der unteren so-
und Handeln besitzen27, die wiederum für Eigenverantwor-                      zialen Schicht für die meisten Krankheiten höher als in
tung und Eigenvorsorge erforderlich ist. Aus Untersuchun-                     den oberen.30
gen in den Vereinigten Staaten von Amerika geht hervor,
                                                                                Für koronare Herzkrankheit, zerebrovaskuläre Krank-
dass Angehörige sozialer Unterschichten trotz marktlicher
                                                                              heiten, Atemwegserkrankungen, Bronchialkarzinome,
Organisation des Gesundheitswesens keine stärker ausge-                       Diabetes mellitus und AIDS wurde der soziale Schichtgra-
prägte gesundheitliche Eigenverantwortung entwickeln.                         dient nachgewiesen. Insbesondere für koronare Herz-
Für den Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und                            krankheit wird festgestellt, dass diese mit besonderer
Krankheit wird allerdings schichtspezifisch unterschied-                      Häufigkeit in statusniedrigeren Gruppen auftritt.31
lichen, gesundheitsrelevanten Lebensbedingungen und
Lebensstilen größere Bedeutung zugemessen als der Ver-                          HELMERT UND SHEA (1994) haben für Deutschland den
fügbarkeit, Inanspruchnahme oder Qualität medizinischer                       sozialen Schichtgradient32 für chronische Krankheiten
Leistungen.28                                                                 untersucht, die eine Prävalenz von mindestens 2 % auf-
                                                                              weisen (vgl. Abbildung 2 und 3).
  Für die schichtspezifische Ausprägung von Gesundheit
und Krankheit liefern die verschiedenen Auswertungen der                        Unterschiede im Gesundheitszustand bilden einen so-
Deutschen Herz-Kreislauf Präventionsstudie (DHP) eindeu-                      zialen Gradienten mit zunehmender physischer und psy-
tige Ergebnisse, die auf einen systematischen Zusammen-                       chischer Morbidität bei abnehmendem sozioökonomi-
hang hinweisen. Sowohl Männer als auch Frauen der un-                         schem Status.33 Dabei sind kaum Unterschiede zwischen
teren sozialen Schicht fühlen sich erheblich kränker als                      den Ergebnissen zur Lebenszeitprävalenz und zur Punkt-
                                                                              prävalenz zu beobachten.
diejenigen, welche der oberen sozialen Schicht angehören.
So kann von einer 2 – 3fach höheren allgemeinen Morbi-                          Da das Krankheitsrisiko sowohl bei Männern als auch
dität zwischen Unter- und Oberschicht ausgegangen wer-                        bei Frauen für alle Krankheitsbilder mit Ausnahme der
den.29 Selbst bei einer Orientierung an objektiven Merk-                      Allergien und Heuschnupfen von der Ober- über die
malen zum Gesundheitszustand wird erkennbar, dass                             Mittelschicht bis zur Unterschicht zunimmt, ist von ei-
deutliche Zusammenhänge sowohl zwischen beruflichem                           nem großen Behandlungsbedarf und Inanspruchnahme-

Abbildung 2: Odds-Ratio für Krankheitswahrscheinlichkeiten bei Männern nach sozialer Schicht (Lebenszeitprävalenz)

OS … Oberschicht, OMS … Obere Mittelschicht, MS … Mittelschicht, UMS … Untere Mittelschicht, US … Unterschicht
Quelle: Helmert und Shea (1994), eigene Darstellung

5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik                                                                                              33
                                                       https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
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THEMA
Abbildung 3: Odds-Ratio für Krankheitswahrscheinlichkeiten bei Frauen nach sozialer Schicht (Lebenszeitprävalenz)

Quelle: HELMERT UND SHEA (1994), eigene Darstellung

potenzial auszugehen. Dies ergibt sich tendenziell auch                          den. Die Umverteilung ergibt sich aus der einkommens-
aus der höheren Zahl der Personen, welcher der Unter-                            proportionalen und zugleich risikounabhängigen Beitrags-
schicht und der unteren Mittel- und Mittelschicht zuzu-                          bemessung. Zudem begünstigt das Sachleistungsprinzip
rechnen sind.                                                                    der GKV und die kulturneutrale Definition des Begriffs
                                                                                 Krankheit eine umfassende medizinische Versorgung. Die-
  Die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen lässt sich
                                                                                 se erlaubt eine vom sozioökonomischen Status des Patien-
somit aus dem normativen Behandlungsbedarf, der Prä-
                                                                                 ten unabhängige Feststellung des Bedarfs an medizini-
valenz einer Krankheit sowie dem Inanspruchnahmever-
                                                                                 schen Leistungen.37
halten ermitteln. Für das Inanspruchnahmeverhalten be-
stehen wiederum schichtspezifische „Zugangs-Barrieren“                              Bei einer Privatisierung ist deshalb davon auszugehen,
wie Selbstbeteiligungsregelungen oder die private Finan-                         dass insbesondere weniger Gesundheitsleistungen nach-
zierung von Leistungen.34 Für die Verhaltenssteuerungen                          gefragt werden, welche der Versorgung einkommens-
über Preise ist unabhängig vom Sozialsystem beobachtbar,                         schwacher Bevölkerungsgruppen dienen und nicht direkt
dass Menschen in sozial ungünstigen Lebensverhältnis-                            überlebenssichernd sind. Dieser Nachfragerückgang wird
sen ein niedrigeres Gesundheitsbewusstsein, ein erhöhtes                         tendenziell auch dann erfolgen, wenn nach „objektivem“
Krankheitsrisiko und ein geringeres Selbsthilfepotenzial                         Ermessen eine Behandlung oder Inanspruchnahme erfor-
haben als besser gestellte Bevölkerungskreise.35                                 derlich wäre. So sind neben Einnahmeeinbußen für die
                                                                                 Leistungserbringer auch Folgekosten für die GKV zu er-
                                                                                 warten, welche durch Krankheiten hervorgerufen werden,
4. Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft                                    die auf Grund der Nichtinanspruchnahme von erforder-
                                                                                 lichen Leistungen resultieren.
  Die zwangsweise Einkommensumverteilung in der GKV
von Personen mit höherem Einkommen und tendenziell                                 Es wird jedoch auch eine große Zahl von Patienten ge-
geringerem Krankheitsrisiko zu Personen mit geringeren                           ben, die selbst bei höheren Behandlungskosten in unver-
Einkommen bei gleichzeitig höherem Krankheitsrisiko36                            ändertem Umfang Gesundheitsleistungen nachfragen.
versetzt letztere in die Lage, Gesundheitsleistungen nach-                       Viele Individuen werden vermehrt vorbeugen, um Behand-
zufragen, die sie bei privater Finanzierung auf Grund ih-                        lungen nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Andere
res geringen Einkommens nicht nachfragen könnten oder                            werden die höheren Preise nicht zahlen können oder
auf Grund ihrer Präferenzstruktur nicht nachfragen wür-                          dazu nicht bereit sein, da sie an Stelle von Gesundheits-

34                                                https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
                                                                                                                5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik
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Abbildung 4: Prozentuale Anteile der Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen
             von .. bis unter .. Euro, 2003

Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung

Tabelle 1: Durchschnittliches Bruttogeldvermögen privater Haushalte am 01.01.2003 nach monatlichem
           Haushaltsnettoeinkommen von .. bis unter .. Euro, Angaben Bruttogeldvermögen in 100 Euro

Angaben in Klammern … Aussagewert eingeschränkt auf Grund geringer Haushaltszahl in der Erhebung, * … Fest- und Termingelder sowie
Tagegeldkonten, ** … u. a. Immobilien-, Wertpapier oder Geldmarktfonds, Anteile an geschlossenen Immobilienfonds
Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung

5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik                                                                                          35
                                                            https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
                                                      Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20.
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THEMA
Tabelle 2: Bruttogeldvermögen privater Haushalte am 01. 01. 2003 nach Alter des Haupteinkommensbeziehers,
           Angaben in 100 Euro

Angaben in Klammern … Aussagewert eingeschränkt auf Grund geringer Haushaltszahl in der Erhebung, * … Fest- und Termingelder sowie
Tagegeldkonten, ** … u. a. Immobilien-, Wertpapier oder Geldmarktfonds, Anteile an geschlossenen Immobilienfonds
Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung

Abbildung 5: Nettogeldvermögen nach Alter des Haupteinkommensbeziehers, Angaben in Prozent

Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung

36                                                   https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
                                                                                                                   5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik
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leistungen andere Güter oder Dienstleistungen kaufen,                                Wie Abbildung 4 zeigt, erzielen rund 31 % der Haushalte
von denen sie sich einen höheren Nutzen versprechen.                               ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als Euro
Neben dem Preis sind Dringlichkeit und Verzichtbarkeit                             1300 und rund 25 % von mehr als Euro 2600 pro Monat.
der Versorgung wesentliche Faktoren, die über eine Inan-                           Rund 34 % der Haushalte beziehen ein monatliches Netto-
spruchnahme entscheiden. So werden Leistungen, die der                             einkommen zwischen Euro 1500 und 2600.
Schmerzbehandlung dienen, trotz eines „höheren“ Preises
                                                                                     Neben dem verfügbaren (Netto-)Haushaltseinkommen
sicher unverändert nachgefragt werden müssen.
                                                                                   drückt das Geldvermögen eines Haushaltes dessen Zah-
  Die Einkommens- und Vermögensposition eines Indi-                                lungsfähigkeit am besten aus, da dieses im Vergleich zu
viduums bzw. Haushalts bestimmt über die Verfügbarkeit                             Haus- und Grundbesitz als weitgehend direkt verfügbar
materieller Ressourcen und damit über die Möglichkeit,                             für die Finanzierung von Gesundheitsleistungen gelten
ärztliche Leistungen zu finanzieren. Allerdings konnte                             kann. In Tabelle 1 ist ausgewiesen, wie hoch die Brutto-
selbst freier Zugang Unterschiede in der Morbidität zwi-                           geldvermögensbestände der Haushalte entsprechend dem
schen verschiedenen Schichten nicht verhindern. Aus                                monatlichen Nettoeinkommen sind.
bevölkerungsmedizinischer Sicht stehen schichtspezifische
                                                                                     Dabei wird deutlich, dass das Bruttogeldvermögen mit
Mentalitäten und Verhaltensweisen einem optimalen Ver-
                                                                                   steigendem Einkommen zunimmt. So verfügen Haushalte
halten bei Krankheit entgegen.38
                                                                                   mit einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von
  Das Konzept der sozialen Schicht liefert Informationen                           bis zu Euro 900 über ein Bruttogeldvermögen von Euro
aus der Sozialepidemiologie über die Verteilung von Krank-                         10900, Haushalte mit einem Nettoeinkommen in Höhe
heiten nach Bevölkerungsgruppen und lässt zugleich einen                           von Euro 1500 – 2000 über ein Bruttogeldvermögen von
Bezug zu deren Zahlungsfähigkeit herstellen.                                       Euro 32800 und Haushalte mit einem Nettoeinkommen

Abbildung 6: Nettogeldvermögen von .. bis unter .. Euro nach sozialer Stellung des Haupteinkommensbeziehers
             am 01. 01. 2003, Angaben in Prozent der Haushalte

Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung

5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik                                                                                                  37
                                                            https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
                                                      Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20.
                                               Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
THEMA
Abbildung 7: Durchschnittliche Krankheitskosten pro Kopf nach Geschlecht und Alter im Jahr 2002, Angaben in Euro
        Euro

                                                                                     Alter

Quelle: Statistisches Bundesamt (2004b), eigene Darstellung

in Höhe von Euro 3600 – 5000 über ein Bruttogeldvermö-                              Klasse Euro 10000 – 25000 erkennbar zu. Die Anteile der
gen von rund Euro 81000.                                                            hohen Nettogeldvermögensklassen gehen mit steigen-
                                                                                    dem Alter deutlich zurück.
  Aus der Verteilung der Bruttogeldvermögen und der
Nettoeinkommenshöhen wird deutlich, dass die Haushalte                                In Abbildung 6 ist die Verteilung des Nettogeldvermö-
mit geringem Nettoeinkommen zugleich über die gering-                               gens bezogen auf den sozialen Status des Haupteinkom-
sten Reserven an finanziellen Mitteln verfügen. Für die                             mensbeziehers dargestellt.
Betrachtung, dass die Gesundheitsausgaben mit zunehmen-
                                                                                      Dabei wird deutlich, dass jeweils rund 22 % der Haus-
dem Alter steigen, sind in Tabelle 2 die Bruttogeldvermö-
                                                                                    halte von Selbständigen sowie freiberuflich Tätigen und
gen nach Alter des Haupteinkommensbeziehers darge-
                                                                                    von Beamten über ein Nettogeldvermögen zwischen Euro
stellt.
                                                                                    25000 und 250000 verfügen. Rund 38 % der Arbeitslosen
   Daraus geht hervor, dass Haushalte eines Haupteinkom-                            haben ebenso wie 26 % der Arbeiter und 16 % der Ange-
mensbeziehers in der Altersgruppe 55 – 65 Jahre mit Euro                            stellten lediglich ein Nettogeldvermögen von weniger als
58600 über das höchste Bruttogeldvermögen verfügen.                                 Euro 2 500. Über alle Statusgruppen hinweg verfügen rund
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass alleine rund 38 %                              53 % der Haushalte über ein Nettogeldvermögen von we-
des Geldvermögens in Lebensversicherungen gebunden                                  niger als Euro 25 000.
ist. In den höheren Altersgruppen nimmt der Bestand an
                                                                                      Um abschätzen zu können, welchen Beitrag die Netto-
Bruttogeldvermögen wieder ab.
                                                                                    geldvermögen bei privater Finanzierung von Gesundheits-
  Vor dem Hintergrund, dass rund 3 Mio. Haushalte über-                             leistungen leisten können, sollen die in Abbildung 7 aus-
schuldet sind39 und somit über ein negatives Nettogeld-                             gewiesenen durchschnittlichen Krankheitskosten zu einer
vermögen verfügen, sind in Abbildung 5 die Nettogeld-                               ersten Abschätzung beitragen.
vermögen, welches das Bruttogeldvermögen bereinigt um
                                                                                      Dabei wird deutlich, dass die Ausgaben für Gesund-
Kredite widerspiegelt, differenziert nach dem Alter des
                                                                                    heitsleistungen pro Kopf der Bevölkerung zwischen Euro
Haupteinkommensbeziehers ausgewiesen.
                                                                                    900 und rund Euro 12 000 pro Jahr betragen. Im Ver-
  Danach steigen die Bestände des Nettogeldvermögens                                gleich zu den Geldvermögensbeständen und den Haus-
insgesamt mit zunehmendem Alter. So wird weniger                                    haltsnettoeinkommen wird erkennbar, dass die Eigenfi-
Geldvermögen in den Klassen bis Euro 5000 gehalten.                                 nanzierungsquote, d. h. Geldvermögen im Vergleich zu
Zugleich nimmt der Nettogeldvermögensbestand in der                                 den Gesundheitsausgaben, insbesondere für untere Ein-

38                                                   https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
                                                                                                                   5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik
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                                        Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
kommensschichten relativ gering ist. Wird der soziale                         dern auch für die große Gruppe der vollständig von Zu-
Schichtzusammenhang berücksichtigt, wonach Personen/                          zahlungen befreiten Sozialklauselfälle nach § 61 SGB V46
Haushalte mit relativ geringen Einkommen und geringen                         und damit für Geringverdiener liegt das Ausgabenniveau
Geldvermögensbeständen eine hohe Krankheitswahr-                              deutlich höher als für nicht von Zuzahlungen befreite Ver-
scheinlichkeit aufweisen, lässt sich eine noch geringere                      sicherte.47 Zudem zeigt sich auch, dass gerade Härtefälle
Eigenfinanzierungsquote ableiten.                                             im Durchschnitt weniger gesund als Nicht-Härtefälle sind.48
  Hinsichtlich der Ausgaben, die bei Privatisierung zu fi-                      Da, wie eben dargestellt, tendenziell die Bezieher gerin-
nanzieren wären, ist auch in Betracht zu ziehen, dass die                     ger Einkommen und Besitzer geringer Geldvermögen von
Gesundheitsausgaben sehr ungleich verteilt sind. Wie                          überproportional hohen Krankheitskosten betroffen sind,
auch empirisch bestätigt werden, entfallen dabei auf einen                    wird für diesen Personenkreis die Möglichkeit zur Nach-
relativ kleinen Teil der Versicherten relativ hohe Gesund-                    frage nach Gesundheitsleistungen aus Eigenmitteln kaum
heitsausgaben. So haben bspw. internationale Untersu-                         über einen längeren Zeitraum darstellbar sein. Zugleich
chungen gezeigt, dass auf die gesündesten 50 % der Bevöl-                     wird aber auch deutlich, dass diese Personenkreise auf
kerung lediglich 3 % der Gesundheitsausgaben entfielen,                       Grund ihres Krankheitsrisikos maßgeblich die Nachfrage
wohingegen 5 % der Versicherten rund 60 % der Ausgaben                        nach Gesundheitsleistungen beeinflussen.
auf sich vereinigten.40
  Zu ähnlichen Ergebnissen kommen WINKELHAKE ET AL.,
die für Daten der AOK Niedersachsen der Jahre 1998 und                        5. Fazit
1999 zeigen konnten, dass die meisten Versicherten nur
                                                                                Vor dem Hintergrund der Sozialepidemiologie in Ver-
sehr geringe Kosten verursachten und sich der Großteil
                                                                              bindung mit der Einkommens- und Geldvermögensver-
der Leistungsausgaben auf wenige Versicherte konzentrier-
                                                                              teilung wird erkennbar, dass eine Privatisierung des Leis-
te. Danach vereinigten 10 % der Versicherten ca. 80 % der
                                                                              tungskatalogs der GKV nicht nur aus der Perspektive des
Leistungsausgaben auf sich, das teuerste Prozent verur-
                                                                              Umfangs der gesundheitlichen Versorgung der GKV-Ver-
sachte gar 30 % der Kosten.41
                                                                              sicherten zu betrachten ist, sondern insbesondere auch
  PFAFF ET AL. ermittelten auf Basis von AOK Daten eine                       unter der wirtschaftspolitischen Bedeutung der Nachfra-
Konzentration der GKV-Leistungsausgaben auf die 5 %                           ge einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen auf dem
teuersten GKV-Versicherten von über 52 %, auf die teuer-                      Gesundheitsmarkt. Zudem sollten mögliche Folgekosten
sten 20 % der GKV-Versicherten entfielen sogar knapp                          auf Grund einer Unterinanspruchnahme von privaten
70 % der Leistungsausgaben. Andererseits verursachten                         Gesundheitsleistungen durch Einkommensschwache für
die billigsten 50 % der GKV-Versicherten weniger als 8 %                      das System der GKV berücksichtigt werden.
der GKV-Leistungsausgaben.42
                                                                                Aus gesellschaftlicher Perspektive und im Sinne einer
  Auswertungen der Leistungsdaten des Jahres 2001 von                         rationalen Gesundheitspolitik ist auch zu erörtern, wel-
Versicherten der GMÜNDNER ERSATZKASSE (GEK) zeigten, dass                     che Wirkungen eine Privatisierung von Gesundheitsleis-
80 % der Leistungsausgaben lediglich auf 10 % der Versi-                      tungen in Bezug auf die Ziele der Gesundheitsversorgung
cherten entfielen. 5 Promille der Versicherten mit den                        insgesamt haben werden. In enger Verbindung damit steht
höchsten Kosten verursachten immer noch etwa 20,6 %                           die Frage, wie sich die ärztliche Einzelpraxis und die am-
der gesamten Leistungsausgaben. Umgekehrt entfielen                           bulanten und stationären ärztlichen Versorgungsstruktu-
auf 50 % der Versicherten lediglich 1 % der Gesamtausga-                      ren ausrichten müssen, um im Sinne der eigenen Existenz
ben, wobei auf 17 % der Versicherten keinerlei Leistungs-                     und der gesundheitspolitischen Verantwortung hand-
ausgaben zurückzuführen waren.43                                              lungsfähig zu bleiben.
  Österreichische Leistungsdaten des Jahres 2002 der                            Die Beantwortung der Frage, ob trotz Privatisierung von
KÄRNTNER GEBIETSKRANKENKASSE (KGKK) weisen eine Kon-                          Gesundheitsleistungen ein Wachstumsmarkt im medizi-
zentration von 25 % der Kassenausgaben auf lediglich                          nischen Sektor begründet sein kann, hängt vor allem da-
1,7 % der Versicherten nach, auf 7 % der Versicherten                         von ab, ob die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen
entfielen bereits 50 % der Leistungsausgaben. Wie die                         durch gute Risiken mit höherem Einkommen und höhe-
Untersuchung weiter gezeigt hat, weist dieser kleine Teil                     rem Geldvermögen die zu erwartende Mindernachfrage
der Versicherten ein vornehmlich höheres Alter bzw. ein                       überkompensieren kann. Weiterhin stellt sich die Frage,
niedriges Einkommen auf. So sind knapp 75 % davon                             ob Geringverdiener bei einer Privatisierung von Gesund-
Rentner, ein Drittel von ihnen ist von der Rezeptgebühr                       heitsleistungen vermehrt Einkommensbestandteile in
befreit.44                                                                    Gesundheitsleistungen umschichten werden. Aus alloka-
                                                                              tiver Sicht wäre dabei auch wichtig zu klären, welcher
  Die Schichtabhängigkeit von Gesundheitsausgaben zeigt
                                                                              Anteil davon auf nicht den Präferenzen der Nachfrager
sich auch bei einer ökonomischen Analyse der ganz oder
                                                                              entsprechende, anbieterinduzierte Nachfrage zurückzu-
teilweise von Zuzahlungen befreiten Personenkreise (so
                                                                              führen ist.
genannte „Härtefälle“) in der Gesetzlichen Krankenver-
sicherung. Dabei weisen nicht nur die aufgrund ihres er-                        Letztendlich könnte es aus wirtschaftspolitischen Grün-
höhten Bedarfs nach § 62 SGB V alt45 teilweise befreiten                      den zur Sicherung von Wachstums- und Beschäftigungs-
Härtefälle höhere Ausgaben als Nicht-Härtefälle auf, son-                     effekten in der Gesundheitswirtschaft angebracht erschei-

5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik                                                                                               39
                                                       https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
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nen, auf eine vollständige Privatisierung von Gesundheits-                              Lampert H (2002): Überlegungen zum Verhältnis zwischen Wirtschafts-
                                                                                             politik und Sozialpolitik, in: Fachinger U, H Rothgang, H Viebrok
leistungen zu verzichten und stattdessen ein bestimmtes                                      (Hrsg.): Die Konzeption sozialer Sicherung, Baden-Baden, S. 45 – 53
Maß an Umverteilung zwischen hohen und niedrigen                                        Langer B (2005): Steuerungsmöglichkeiten des GKV-Arzneimittelmarktes –
Einkommen bzw. zwischen guten und schlechten Ge-                                             Selbstbeteiligungen unter besonderer Berücksichtigung von Härtefall-
                                                                                             regelungen, Berlin
sundheitsrisiken in der GKV zu belassen.                                                Langer B, AB Pfaff, C Rindsfüßer, M Eller, A Mielck, H Baumann (2003):
                                                                                             Berücksichtigung von Härtefällen im Rahmen des Risikostrukturaus-
                                                                                             gleichs?, in: Gesundheits- und Sozialpolitik 57 (2003), S. 43 – 50
                                                                                        Lipicki C (2002): AOK gegen Selbstbehalte und Wahltarife, in: Berliner
Literaturverzeichnis                                                                         Zeitung, Ausgabe vom 24.05.2002, S. 27
Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer e. V./ASU (1983): Mehr                    Mielck A (2000): Soziale Ungleichheit und Gesundheit, Bern
     Marktwirtschaft im Gesundheitswesen! Ein Reformkonzept, Bonn,                      Oberender A (1996): Zur Reform der deutschen Gesetzlichen Krankenver-
     1983                                                                                    sicherung. Eine ordnungspolitische Analyse unter besonderer Berück-
Bauch J, R Eder-Debye, W Micheelis (1991): Ausgewählte Ergebnisse zum                        sichtigung des Leistungskatalogs, Freiburg
     Zusammenhang sozialwissenschaftlicher und zahnmedizinischer Va-                    Oberender P (1980): Mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen. Zur Reform
     riablen, in: Micheelis, W, J Bauch (Hrsg.): Mundgesundheitszustand                      des Gesundheitswesens in der Bundesrepublik Deutschland, in: Jahr-
     und -verhalten in der Bundesrepublik Deutschland – Ergebnisse des                       buch für Sozialwissenschaft 31 (1980), S. 145 – 176
     nationalen IDZ-Survey 1989, Köln, S. 355 – 387                                     Oberender P (1985): Marktsteuerung der Gesundheitsnachfrage: Möglich-
Beske F (2000): Neubestimmung und Finanzierung des Leistungskatalogs                         keiten und sozialpolitische Grenzen – Vorschläge zur Neuorientierung
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Beske F, Th Zalewski (1981): Gesetzliche Krankenversicherung. Analysen –                     keiten und Grenzen einer Marktsteuerung im Gesundheitswesender
     Probleme – Lösungsansätze, Kiel                                                         Bundesrepublik Deutschland, Gerlingen, S. 13 – 57
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40                                                       https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
                                                                                                                       5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik
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SVRKAiG (1994): Sachverständigen Rat für die Konzertierte Aktion im Ge-                     mensarten zur Beitragsbestimmung. Die Abkoppelung der Beiträge
    sundheitswesen (Hrsg.): Gesundheitsversorgung und Krankenversi-                         von den Arbeitseinkommen wird ebenso vorgeschlagen wie eine Ver-
    cherung 2000 – Eigenverantwortung, Subsidiarität und Solidarität bei                    breiterung der Bemessungsgrundlage.
    sich ändernden Rahmenbedingungen, Baden-Baden                                      19   Vgl. Lipicki (2002), S. 27; Kopetsch (2001), S. 158; vgl. Cassel (1997),
van Zon A, J Muysken (2001): Health and Endogenous Growth, in: Jour-                        S. 11; vgl. Cassel et al. (1997), S. 32; vgl. Oberender (1996), S. 194.
    nal of Health Economics, 20 (2001), S. 169 – 185                                   20   Wert bezogen auf das Jahr 2003 (vgl. Statistisches Bundesamt (2004).
VdAK (1983): Verband der Angestellten-Krankenkassen (Hrsg.): Grundsät-                 21   Vgl. hierzu auch den zusammengefassten Beitrag von Reinhardt
    ze der Angestellten Ersatzkassen für die Weiterentwicklung der sozia-                   (2001), vgl. Pfaff (1984), S. 14: „In den zehn westlichen Industriena-
    len Krankenversicherung, Siegburg                                                       tionen lässt sich nicht feststellen, dass die Gesundheitsausgaben (pro
Verbrugge LM (1984): Longer Life but Worsening Health? Trends in He-                        Kopf und als Anteil am Bruttoinlandsprodukt) in Ländern mit einem
    alth and Mortality of Middle-Aged and Older Persons, in: Milbank                        höheren Anteil der privaten Konsumentenzahlungen signifikant nie-
    Memorial Fund Quarterly 62 (1984), pp. 474 – 519                                        driger sind!“
Verein für Socialpolitik (2002): o.T, in: Dienst für Gesellschaftspolitik 42           22   Vgl. Reinhardt (2004), S. 16
    (2002), S. 3 – 4                                                                   23   Vgl. SVR (2002), S. 433
Winkelhake O, U Miegel, K Thormeier (2002): Die personelle Verteilung                  24   Winkleby et al. (1992), S. 816
    von Leistungsausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung
                                                                                       25   Vgl. Siegrist (1995), S. 61ff.
    1998 und 1999, in: Sozialer Fortschritt 51 (2002), S. 58 – 61
Winkleby MA, DE Jatulis, E Frank, SP Fortmann (1992): Socioeconomic                    26   Vgl. Steinkamp (1993), S. 111 und weiter: „Seit dem 12. Jahrhundert,
    Status and Health: How Education, Income, and Occupation Contri-                        in dem zum ersten mal Daten über diesen Zusammenhang berichtet
    bute to Risk Factors for Cardiovascular Disease, in: American Journal                   worden sind, bis heute lässt sich der Schichtgradient belegen: Er ist
    of Public Health 82 (1992), S. 816 – 820                                                konsistent für eine große Zahl von Krankheiten, für verschiedene Po-
                                                                                            pulationen und bleibt über bemerkenswert lange Zeiträume stabil.“
Zweifel P, S Felder, M Meiers (1999): Ageing of Population and Health
    Care Expenditure: A Red Herring?, in: Health Economics 8 (1999),                   27   Vgl. Bauch et al. (1991), S. 357
    pp. 485 – 496                                                                      28   Vgl. Knesebeck (1998)
                                                                                       29   Vgl. Mielck (2000), S. 98
                                                                                       30   Vgl. Mielck (2000), S. 99
Fußnoten                                                                               31   Vgl. Siegrist und Möller-Leimkühler (1998), S. 97
                                                                                       32   Verbundene, gewichtete Dimensionen aus Schul- und Berufsausbil-
 1 Vgl. Beske und Zalewski (1981), vgl. Vdak (1983).
                                                                                            dung, Stellung im Beruf und Einkommen. Vgl. Jöckel et al. (1998)
 2 Vgl. Oberender (1980), S. 147 f. Zur kritischen Einordnung wettbe-
   werblicher Steuerungskonzepte für den Gesundheitsmarkt vgl. Pfaff                   33   Vgl. Cavelaars et al. (1998)
   und Busch (1987). Auf die mangelhafte Steuerung der Anbieterseite                   34   Vgl. Mielck (2000), S. 222
   infolge mangelhafter Kapazitätsplanung und unzureichender Aus-                      35   Vgl. Staehle und Kerschbaum (2003), S. 328.
   wahl der Leistungserbringer, die sich somit ihre „Nachfrage weitge-                 36   Vgl. Schulz-Nieswandt (1989b).
   hend selbst schaff[en]“ sowie „politisch zu verantwortende Mängel                   37   Vgl. Ferber (1975), S. 273.
   der Globalsteuerung“ weist Knieps (1997) hin.
                                                                                       38   Vgl. Siegrist (1977), S. 163
 3 Vgl. SVRKAiG (1994), S. 180.
                                                                                       39   Vgl. Schufa (2004).
 4 Vgl. Schneider et al. (2002).
                                                                                       40   Vgl. Schröder et al. (1999), S. 44.
 5 Oberender et al. (2002), S. V, vgl. dazu auch Göpffarth und Milb-
   randt (1998), S. 241ff.                                                             41   Vgl. Winkelhake et al. (2002), S. 58ff.
 6 Vgl. Straubhaar et al. (2006).                                                      42   Vgl. Pfaff et al. (1994), S. 210.
 7 Vgl. Fries (1985).                                                                  43   Vgl. Gek (2003), S. 93ff.
 8 Der Begriff der „Versteilerung“ bezieht sich hier auf die Erhöhung                  44   Vgl. Butterweck (2004), S. 18ff.
   zeitpunktbezogener Ausgabenprofile im Zeitablauf. Demgegenüber                      45   Bei der als Überforderungsklausel bezeichneten und bis zur Einfüh-
   wird der Begriff auch statisch als für die in höheren Altersklassen an-                  rung des Gesundheitssystemmodernisierungsgesetzes gültigen Rege-
   steigenden Gesundheitsausgaben verwendet (vgl. Hof (2001), S. 44).                       lung nach § 62 SGB V alt konnten sich Versicherte nach Vorlage ent-
 9 Vgl. Verbrugge (1984).                                                                   sprechender Belege rückwirkend von Zuzahlungen zu Arznei-,
10 Vgl. Buchner und Wasem (2000); vgl. Zweifel et al. (1999).                               Verband- und Heilmitteln sowie Fahrtkosten befreien lassen, die 2 %
                                                                                            ihrer jährlichen Haushaltsbruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt
11 Vgl. Schulz-Nieswandt (1989a), S. 294.
                                                                                            übersteigen. Ebenfalls nach § 62 SGB V alt waren Versicherte, die
12 Vgl. Lampert (2002).                                                                     wegen derselben Krankheit in Dauerbehandlung sind und ein Jahr
13 Vgl. van Zon und Muysken (2001).                                                         lang Zuzahlungen in Höhe von mindestens 1 % ihrer Haushaltsbrut-
14 Vgl. Oberender et al. (2002), S. 170 f.; Horx (2004), S. 10; Stanowsky                   toeinnahmen zum Lebensunterhalt geleistet haben, für die weitere
   (2004).                                                                                  Dauer dieser Behandlung vollständig von Selbstbeteiligungen befreit
15 Allerdings wird der GKV in der momentanen Ausgestaltung häufig                           (Chronikerregelung).
   abgesprochen, diese Wachstumsimpulse liefern zu können.                             46   Bei der auch als Sozialklausel bezeichneten und mit der Einführung
16 Vgl. Flintrop und Gerst (2005), S. A469ff.                                               des Gesundheitssystemmodernisierungsgesetzes abgeschafften Rege-
17 Vgl. Burger und Männel (2004).                                                           lung nach § 61 SGB V konnten Versicherte, deren Haushaltseinkom-
18 Vgl. Beske (2000), Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer                         men eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschreitet, voll-
   e. V. (1983), sowie: Erklärung der Mitglieder des Ausschusses des Ver-                   ständig von Zuzahlungen zu Arznei-, Verband-, Heil- und
   eins für Socialpolitik (2002). Diese heben insbesondere hervor, dass                     Hilfsmitteln, Fahrtkosten, Mütterkuren, stationärer Vorsorge und Re-
   das administrativ-korporatistische System mit sektoraler Budgetie-                       habilitation, Anschlussrehabilitation sowie Zahnersatz befreit wer-
   rung und Bedarfsplanung durch wettbewerbliche Handlungsfreiräu-                          den.
   me der einzelwirtschaftlichen Akteure ersetzt werden müsse. Ebenso                  47   Vgl. Langer et al. (2003).
   wird gefordert, wettbewerbs-taugliche sektorenübergreifende Versor-                 48   Vgl. Langer (2005).

5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik                                                                                                                          41
                                                                https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30
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