Wachstumsmarkt Gesundheitswesen - Ein Automatismus? - Nomos eLibrary
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THEMA Wachstumsmarkt Gesundheits- wesen – Ein Automatismus? Von nicht wenigen Fachleuten werden große Hoffnungen in die Gesundheitswirtschaft hinsichtlich Wachs- tum und Beschäftigung gesetzt. Zugleich ist es aber durch zahlreiche Kostendämpfungsmaßnahmen ge- rade in den letzten Jahren zu einer zunehmenden Privatisierung von Gesundheitsleistungen gekommen. Vorliegende Arbeit möchte vor dem Hintergrund der Erkenntnisse der Sozialepidemiologie und der Ver- teilung von Einkommen, Geldvermögen und Morbidität klären, inwieweit bei einer Privatisierung von Gesundheitsleistungen tatsächlich Wachstumseffekte für die Gesundheitswirtschaft zu erwarten sind. Es zeigt sich, dass die Nachfrage von Gesundheitsleistungen gerade für Geringverdiener, die auch gerin- ge Geldvermögen und überproportional hohe Krankheitskosten aufweisen, aufgrund zu geringer Eigen- mittel deutlich zurückgehen dürfte. Zu prüfen bleibt, inwieweit gute Risiken mit höherem Einkommen und höherem Geldvermögen die zu erwartende Mindernachfrage überkompensieren bzw. ob Geringver- diener bei einer Privatisierung von Gesundheitsleistungen vermehrt Einkommensbestandteile in Gesund- heitsleistungen umschichten und somit trotz Privatisierung von Gesundheitsleistungen ein Wachstums- markt begründet sein kann. ■ Axel Olaf Kern und Bernhard Langer 1. Ausgangslage Die Gesundheitswirtschaft hat bei rund 4,2 Mio. Beschäf- tigten bzw. 3,1 Mio. Vollkräften erhebliche arbeitsmarkt- Vor dem Hintergrund der anhaltend schwierigen finan- politische Relevanz. Jeder neunte Erwerbstätige ist im Ge- ziellen Situation der Gesetzlichen Krankenversicherung sundheitswesen beschäftigt. 41 % der Vollkräfte arbeiten (GKV) und der zukünftigen demographischen Verände- in der ambulanten sowie 41 % in der stationären und rungen wird eine Aufteilung des Leistungskatalogs der teilstationären Versorgung, 8 % oder 250 000 Beschäftig- GKV in Grund- und Zusatzleistungen und damit die „Pri- te in Vorleistungsindustrien, 6 % in der Verwaltung und vatisierung“ von GKV-Leistungen vorgeschlagen1. Dieser 1,5 % im Bereich Krankentransport und Rettungswesen.4 Ansatz wurde bereits zu Beginn der 1980er Jahre in Zu- Alleine deshalb kann das Gesundheitswesen nicht aus- sammenhang mit der Forderung nach (Ab-)Lösung der schließlich unter Kostenaspekten betrachtet werden, Kostendämpfungspolitik durch stärker wettbewerbliche „denn als moderner Dienstleistungsbereich stellt das Ge- Elemente im Gesundheitswesen erwogen.2 Mit den Über- sundheitswesen … eine Wachstumsbranche par excellen- legungen des Sachverständigenrats der Konzertierten ce dar.“5 Dabei wird auf die zunehmende Zahl älterer Aktion im Gesundheitswesen (SVRKAiG) zur „Bestimmung Menschen in Deutschland und auf deren steigenden Be- darf infolge vermehrt auftretender chronischer Erkran- eines Leistungskatalogs einer zukünftigen Krankenversiche- kungen hingewiesen (quantitative Dimension).6 rung“ und infolge der Diskussion um die Beschränkung der Lohnnebenkosten sowie der Gesundheitsprämie und In Abbildung 1 soll zur Illustration demografischer Ver- Bürgerversicherung gewann das Thema in jüngster Zeit änderungen die Bevölkerungsentwicklung entsprechend wieder an Aktualität. Somit ist grundsätzlich die Frage zu der Vorausberechnung des statistischen Bundesamtes dar- klären, welche Leistungen der GKV in die Eigenverant- gestellt werden. Dabei wird deutlich, dass die Kohorten wortung der Versicherten und Patienten gehören. Aus so- der „geburtenstarken“ Jahrgänge der heute 35 – 45jähri- zialpolitischer Perspektive wird darauf hingewiesen, dass gen in 30 Jahren einen erheblichen Versorgungsbedarf im Gesundheitswesen begründen werden. Zugleich wird GKV-Leistungen bzw. Gesundheitsleistungen nur dann für die nahe Zukunft aber auch deutlich, dass sich die ge- privatisiert werden sollten, wenn sich dadurch weder Le- burtenschwachen Jahrgänge der heute 50 – 60jährigen ce- bensqualität noch Lebenserwartung auf Grund von Ein- teris paribus in einer geringeren Nachfrage nach Gesund- kommensunterschieden differenzieren.3 heitsleistungen ausdrücken wird. Axel Olaf Kern, Hochschule Ravensburg-Weingarten, Fakultät Ob auch die zunehmende Lebenserwartung Wachstum Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, Weingarten; induzieren kann, hängt von der Beantwortung der Frage Bernhard Langer, Universität Augsburg, Wirtschaftswissen- ab, ob wesentliche Anteile an den Lebensgesundheitskos- schaftliche Fakultät, Augsburg ten auf den kurzen Zeitraum vor dem Tod entfallen oder 30 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung 2002 – x2050, Angaben in Tausend Quelle: Statistisches Bundesamt (2002), eigene Darstellung ob unabhängig von der Leistungsinanspruchnahme im heran geführt werden.11 Die Transferzahlungen der Kran- Zeitraum kurz vor dem Tod eine Steigerung der Gesund- kenkassen stützen die Nachfrage am Markt für Gesund- heitsausgaben mit zunehmendem Alter erfolgt. Ersteres heitsleistungen. Für die Volkswirtschaft hat dies den Nut- würde der so genannten Kompressionsthese entsprechen, zen, dass Humankapital von hoher Qualität gebildet und letzteres der so genannten Medikalisierungsthese. Gemäß erhalten wird, wodurch auch die Wirtschafts- und Sozial- der Kompressionsthese würde eine höhere Lebenserwartung ordnung stabilisiert wird.12 Außerdem stellt diese Schaf- nicht mit höheren durchschnittlichen Leistungsausgaben fung von Konsummöglichkeiten zugleich einen wesent- einhergehen, da sich bei einer längeren Lebenserwartung lichen Faktor für das Wirtschaftswachstum dar.13 die Kosten auf höhere Altersgruppen verschieben und Hinsichtlich der qualitativen Dimension wird der Wer- dementsprechend in den anderen Altersgruppen sinken.7 tewandel angeführt, wonach ältere Menschen, die verstärkt Der Medikalisierungsthese zufolge ergibt sich hingegen nach Aktivität und Vitalität im Alter streben, Produkte eine „Versteilerung“8 der Ausgabenprofile.9 Empirische Be- und Leistungen kaufen, die über die klassische Erhaltung funde zu den einzelnen Thesen zeigen allerdings, dass sich und Wiederherstellung von Gesundheit hinausgehen. In- die Wissenschaft über die Relevanz einzelner Einflussfak- folge dessen werden Chancen für Pflegeleistungen, Bäder, toren auf die zukünftige Entwicklung der Gesundheits- Kurorte, Tourismus, Medizintechnik, funktionelle Lebens- kosten nicht einig ist.10 mittel und Wellness-Leistungen gesehen.14 Unabhängig von der Relevanz dieser Thesen ist festzu- Dabei werden die Wachstumserwartungen im Gesund- stellen, dass die Entwicklungen der Gesundheitswirtschaft heitswesen nicht primär mit der Privatisierung von GKV- bislang von der GKV und den übrigen Sozialversicherungs- Leistungen verbunden.15 Dennoch wird oftmals, wie im zweigen wesentlich geprägt wurden, da rund 90 Prozent Fall der IGEL-Leistungen, eine solche positive Dynamik der Bevölkerung auf diesem Weg gegen Krankheitsfolgen auch für die Ärzteschaft unterstellt.16 Inwieweit diese er- versichert sind. So begründet das umlagefinanzierte System wartet werden kann, wird im Folgenden vor dem Hinter- der GKV mit Versicherungszwang, dass untere Schichten grund der Erkenntnisse der Sozialepidemiologie und der mit überproportional schlechter Risikostruktur an den Verteilung von Einkommen, Geldvermögen und Morbi- Konsum medizinisch-technischer Güter und Leistungen dität betrachtet. 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik 31 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
THEMA 2. Privatisierung von Gesundheitsleistungen Die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen wird durch die „objektive“, epidemiologisch bedingte Inanspruch- In den letzten Jahrzehnten sind die Ausgaben der gesetz- nahme (Alterung, Stand des medizinischen Wissens) so- lichen Krankenversicherung bei einer zugleich erodieren- wie die subjektive Entscheidung einer Person, ärztlichen den Einnahmebasis rapide angestiegen. Die Politik hat Rat einzuholen und ärztliche Leistungen in Anspruch zu dieses Problem unter dem Druck der Lohnzusatzkostendis- nehmen, bestimmt. Letzteres wird wiederum beeinflusst kussion weitestgehend durch die Anhebung bzw. Einfüh- vom Grad der Risikoaversion, dem Leidensdruck des In- rung von Selbstbeteiligungen und Leistungsausschlüssen dividuums, den Wege- und Wartezeiten, dem (Geld)Preis zu lösen versucht, wodurch es zu einer zunehmenden der dann privatärztlichen Leistung und der Zahlungsfä- Privatisierung von Gesundheitsleistungen gekommen ist. higkeit des Patienten, welche vom Einkommen, den Er- Ziel der Privatisierung von Gesundheitsleistungen ist es, sparnissen und eventuell bestehendem Versicherungs- mit Hilfe des Prinzips der Marktsteuerung und wirtschaft- schutz abhängt. licher Anreize im Gesundheitswesen das Wachstum der Bei einer Privatisierung von Leistungen werden die Ge- Gesundheitsausgaben zu reduzieren, Unternehmen von sundheitsleistungen privat erbracht. Die Finanzierung der Lohnzusatzkosten zu entlasten, größere Therapiefreiheit Gesundheitsleistungen erfolgt dann teilweise oder voll- für Ärzte zu schaffen sowie die Eigenverantwortung17 und ständig aus Eigenmitteln des Patienten und /oder durch Souveränität der Versicherten und Patienten herzustellen.18 einen Krankenversicherungsschutz. Damit sind die Bür- Dabei wird der Patient stärker in der Rolle des rationalen ger selbst verantwortlich für Art und Umfang ihres Kran- Konsumenten gesehen, der mittels Nachfrage seine indi- kenversicherungsschutzes. Der Risikopolitik der Kranken- viduellen Präferenzen verwirklichen kann.19 versicherungsunternehmen kommt somit wesentliche Privatisierung und marktliche Steuerung im Gesund- Bedeutung zu, inwieweit Personen mit geringeren Ein- heitswesen bedeuten nicht, dass die Ausgaben für Ge- kommen und einem tendenziell höheren Krankheitsrisi- sundheit in Höhe von Euro 240 Mrd.20 in Deutschland ko Versicherungsschutz erhalten werden. zwingend sinken werden. So fehlt der empirische Nach- Für die Ärzte bedeutet ein privater Behandlungsvertrag, weis, dass marktorientierte Gesundheitssysteme kosten- finanzielle Forderungen auf privatrechtlichem Wege ge- günstiger und effizienter in Bezug auf das gesetzte Ver- genüber dem Patienten geltend zu machen. Abrechnungs- sorgungsziel sind.21 Gleichwohl ist anzumerken, dass stellen als „Finanzintermediäre“ einzuschalten, welche steigende Ausgaben im Gesundheitswesen per se nicht die ärztlichen Forderungen übernehmen, ist nur so lange verwerflich sind, solange sich darin eine Priorisierung attraktiv, wie die Abschläge auf die Honorarforderung ge- von Gesundheitsleistungen durch die Bürger ausdrückt ringer sind als die praxiseigenen Managementkosten in und nicht Ergebnis von Marktunvollkommenheiten ist. Bezug auf die Honorarabrechnung. In Hinblick auf die Entscheidungssouveränität des „Kon- sumenten-Patienten“ zeigen jedoch Erfahrungen in den 3. Sozioökonomischer Status und Krankheit Vereinigten Staaten von Amerika, dass der Patient auf neue Informationen über die Qualität von Leistungen im Damit die Wirkungen einer Privatisierung auf die Nach- Gesundheitswesen kaum reagiert und somit weniger als frage nach Gesundheitsleistungen eingeschätzt werden rational handelndes Individuum betrachtet werden kann.22 können, ist der Zusammenhang zu den Erkenntnissen der In dieser veränderten Betrachtungsweise wird zugleich die Sozialepidemiologie hilfreich. Ganz grundsätzlich ist das Rolle des Arztes umgedeutet, von der Funktion als Heiler Gesundheitsverhalten ebenso wie die Krankheitswahr- mit fachlicher Autorität zu einem Marktteilnehmer, der scheinlichkeit von schichtspezifischen Einflüssen geprägt. So gilt der sozioökonomische Status einer Person als „one medizinische Informationen und Leistungen anbietet. of the strongest and most consistent predictors of a per- GKV-Patienten haben im Zeitpunkt der Inanspruchnah- son’s morbidity and mortality experience“.24 Den Merk- me bis auf Selbstbeteiligungen keine Kosten für Gesund- malen Bildung, Stellung im Beruf und Einkommen der heitsleistungen zu tragen. Diese „Null-Preis-Politik“ der Versicherten und Patienten kommt dabei große Bedeu- GKV ermöglicht es allen Versicherten, erforderliche Leis- tung zu. Bildung ist für die Mobilität in der Gesellschaft tungen unabhängig von der wirtschaftlichen Situation in erforderlich und hat maßgeblich Einfluss auf das realisier- Anspruch zu nehmen. Neben größerer Therapiefreiheit bare Einkommen. Zudem stellt Bildung eine wesentliche für den Arzt bedeutet eine Privatisierung von GKV-Leis- Voraussetzung für das Selbstkonzept und damit den Le- tungen, dass die Krankenkassen von einer Zahlungsver- bensstil dar. Beides beeinflusst gesundheitsorientiertes pflichtung für ärztliche Leistungen frei sind. Die Preise für Verhalten maßgeblich.25 Vor allem im Alter von 24 bis Gesundheitsleistungen werden bei privatärztlicher Abrech- 64 Jahren variieren bei Männern und Frauen die Lebens- nung gerade nicht Null sein. Der Patient wird dann für erwartungen und die Erkrankungsrisiken „dramatisch“ in alle Leistungen einen Preis bezahlen und seine Nachfrage Hinblick auf das Bildungsniveau, das Einkommen und daran ausrichten. Informationen, wie sich die Nachfrage den Beruf.26 nach Gesundheitsleistungen bei weitgehend freier Preis- Diese Zusammenhänge lassen sich dadurch begründen, bildung im Gesundheitswesen in Deutschland verändern dass Angehörige niedrigerer sozialer Schichten auf Grund wird, liegen bislang nicht vor.23 eines stärker instrumentellen Körper- und Gesundheits- 32 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
verständnisses und einer daraus resultierenden „Ausbeu- Status als auch zwischen Einkommen und Mortalität be- tung des Körpers“ keine Langzeitperspektive im Denken stehen. Mortalität und Morbidität sind in der unteren so- und Handeln besitzen27, die wiederum für Eigenverantwor- zialen Schicht für die meisten Krankheiten höher als in tung und Eigenvorsorge erforderlich ist. Aus Untersuchun- den oberen.30 gen in den Vereinigten Staaten von Amerika geht hervor, Für koronare Herzkrankheit, zerebrovaskuläre Krank- dass Angehörige sozialer Unterschichten trotz marktlicher heiten, Atemwegserkrankungen, Bronchialkarzinome, Organisation des Gesundheitswesens keine stärker ausge- Diabetes mellitus und AIDS wurde der soziale Schichtgra- prägte gesundheitliche Eigenverantwortung entwickeln. dient nachgewiesen. Insbesondere für koronare Herz- Für den Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und krankheit wird festgestellt, dass diese mit besonderer Krankheit wird allerdings schichtspezifisch unterschied- Häufigkeit in statusniedrigeren Gruppen auftritt.31 lichen, gesundheitsrelevanten Lebensbedingungen und Lebensstilen größere Bedeutung zugemessen als der Ver- HELMERT UND SHEA (1994) haben für Deutschland den fügbarkeit, Inanspruchnahme oder Qualität medizinischer sozialen Schichtgradient32 für chronische Krankheiten Leistungen.28 untersucht, die eine Prävalenz von mindestens 2 % auf- weisen (vgl. Abbildung 2 und 3). Für die schichtspezifische Ausprägung von Gesundheit und Krankheit liefern die verschiedenen Auswertungen der Unterschiede im Gesundheitszustand bilden einen so- Deutschen Herz-Kreislauf Präventionsstudie (DHP) eindeu- zialen Gradienten mit zunehmender physischer und psy- tige Ergebnisse, die auf einen systematischen Zusammen- chischer Morbidität bei abnehmendem sozioökonomi- hang hinweisen. Sowohl Männer als auch Frauen der un- schem Status.33 Dabei sind kaum Unterschiede zwischen teren sozialen Schicht fühlen sich erheblich kränker als den Ergebnissen zur Lebenszeitprävalenz und zur Punkt- prävalenz zu beobachten. diejenigen, welche der oberen sozialen Schicht angehören. So kann von einer 2 – 3fach höheren allgemeinen Morbi- Da das Krankheitsrisiko sowohl bei Männern als auch dität zwischen Unter- und Oberschicht ausgegangen wer- bei Frauen für alle Krankheitsbilder mit Ausnahme der den.29 Selbst bei einer Orientierung an objektiven Merk- Allergien und Heuschnupfen von der Ober- über die malen zum Gesundheitszustand wird erkennbar, dass Mittelschicht bis zur Unterschicht zunimmt, ist von ei- deutliche Zusammenhänge sowohl zwischen beruflichem nem großen Behandlungsbedarf und Inanspruchnahme- Abbildung 2: Odds-Ratio für Krankheitswahrscheinlichkeiten bei Männern nach sozialer Schicht (Lebenszeitprävalenz) OS … Oberschicht, OMS … Obere Mittelschicht, MS … Mittelschicht, UMS … Untere Mittelschicht, US … Unterschicht Quelle: Helmert und Shea (1994), eigene Darstellung 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik 33 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
THEMA Abbildung 3: Odds-Ratio für Krankheitswahrscheinlichkeiten bei Frauen nach sozialer Schicht (Lebenszeitprävalenz) Quelle: HELMERT UND SHEA (1994), eigene Darstellung potenzial auszugehen. Dies ergibt sich tendenziell auch den. Die Umverteilung ergibt sich aus der einkommens- aus der höheren Zahl der Personen, welcher der Unter- proportionalen und zugleich risikounabhängigen Beitrags- schicht und der unteren Mittel- und Mittelschicht zuzu- bemessung. Zudem begünstigt das Sachleistungsprinzip rechnen sind. der GKV und die kulturneutrale Definition des Begriffs Krankheit eine umfassende medizinische Versorgung. Die- Die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen lässt sich se erlaubt eine vom sozioökonomischen Status des Patien- somit aus dem normativen Behandlungsbedarf, der Prä- ten unabhängige Feststellung des Bedarfs an medizini- valenz einer Krankheit sowie dem Inanspruchnahmever- schen Leistungen.37 halten ermitteln. Für das Inanspruchnahmeverhalten be- stehen wiederum schichtspezifische „Zugangs-Barrieren“ Bei einer Privatisierung ist deshalb davon auszugehen, wie Selbstbeteiligungsregelungen oder die private Finan- dass insbesondere weniger Gesundheitsleistungen nach- zierung von Leistungen.34 Für die Verhaltenssteuerungen gefragt werden, welche der Versorgung einkommens- über Preise ist unabhängig vom Sozialsystem beobachtbar, schwacher Bevölkerungsgruppen dienen und nicht direkt dass Menschen in sozial ungünstigen Lebensverhältnis- überlebenssichernd sind. Dieser Nachfragerückgang wird sen ein niedrigeres Gesundheitsbewusstsein, ein erhöhtes tendenziell auch dann erfolgen, wenn nach „objektivem“ Krankheitsrisiko und ein geringeres Selbsthilfepotenzial Ermessen eine Behandlung oder Inanspruchnahme erfor- haben als besser gestellte Bevölkerungskreise.35 derlich wäre. So sind neben Einnahmeeinbußen für die Leistungserbringer auch Folgekosten für die GKV zu er- warten, welche durch Krankheiten hervorgerufen werden, 4. Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft die auf Grund der Nichtinanspruchnahme von erforder- lichen Leistungen resultieren. Die zwangsweise Einkommensumverteilung in der GKV von Personen mit höherem Einkommen und tendenziell Es wird jedoch auch eine große Zahl von Patienten ge- geringerem Krankheitsrisiko zu Personen mit geringeren ben, die selbst bei höheren Behandlungskosten in unver- Einkommen bei gleichzeitig höherem Krankheitsrisiko36 ändertem Umfang Gesundheitsleistungen nachfragen. versetzt letztere in die Lage, Gesundheitsleistungen nach- Viele Individuen werden vermehrt vorbeugen, um Behand- zufragen, die sie bei privater Finanzierung auf Grund ih- lungen nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Andere res geringen Einkommens nicht nachfragen könnten oder werden die höheren Preise nicht zahlen können oder auf Grund ihrer Präferenzstruktur nicht nachfragen wür- dazu nicht bereit sein, da sie an Stelle von Gesundheits- 34 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
Abbildung 4: Prozentuale Anteile der Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von .. bis unter .. Euro, 2003 Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung Tabelle 1: Durchschnittliches Bruttogeldvermögen privater Haushalte am 01.01.2003 nach monatlichem Haushaltsnettoeinkommen von .. bis unter .. Euro, Angaben Bruttogeldvermögen in 100 Euro Angaben in Klammern … Aussagewert eingeschränkt auf Grund geringer Haushaltszahl in der Erhebung, * … Fest- und Termingelder sowie Tagegeldkonten, ** … u. a. Immobilien-, Wertpapier oder Geldmarktfonds, Anteile an geschlossenen Immobilienfonds Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik 35 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
THEMA Tabelle 2: Bruttogeldvermögen privater Haushalte am 01. 01. 2003 nach Alter des Haupteinkommensbeziehers, Angaben in 100 Euro Angaben in Klammern … Aussagewert eingeschränkt auf Grund geringer Haushaltszahl in der Erhebung, * … Fest- und Termingelder sowie Tagegeldkonten, ** … u. a. Immobilien-, Wertpapier oder Geldmarktfonds, Anteile an geschlossenen Immobilienfonds Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung Abbildung 5: Nettogeldvermögen nach Alter des Haupteinkommensbeziehers, Angaben in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung 36 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
leistungen andere Güter oder Dienstleistungen kaufen, Wie Abbildung 4 zeigt, erzielen rund 31 % der Haushalte von denen sie sich einen höheren Nutzen versprechen. ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als Euro Neben dem Preis sind Dringlichkeit und Verzichtbarkeit 1300 und rund 25 % von mehr als Euro 2600 pro Monat. der Versorgung wesentliche Faktoren, die über eine Inan- Rund 34 % der Haushalte beziehen ein monatliches Netto- spruchnahme entscheiden. So werden Leistungen, die der einkommen zwischen Euro 1500 und 2600. Schmerzbehandlung dienen, trotz eines „höheren“ Preises Neben dem verfügbaren (Netto-)Haushaltseinkommen sicher unverändert nachgefragt werden müssen. drückt das Geldvermögen eines Haushaltes dessen Zah- Die Einkommens- und Vermögensposition eines Indi- lungsfähigkeit am besten aus, da dieses im Vergleich zu viduums bzw. Haushalts bestimmt über die Verfügbarkeit Haus- und Grundbesitz als weitgehend direkt verfügbar materieller Ressourcen und damit über die Möglichkeit, für die Finanzierung von Gesundheitsleistungen gelten ärztliche Leistungen zu finanzieren. Allerdings konnte kann. In Tabelle 1 ist ausgewiesen, wie hoch die Brutto- selbst freier Zugang Unterschiede in der Morbidität zwi- geldvermögensbestände der Haushalte entsprechend dem schen verschiedenen Schichten nicht verhindern. Aus monatlichen Nettoeinkommen sind. bevölkerungsmedizinischer Sicht stehen schichtspezifische Dabei wird deutlich, dass das Bruttogeldvermögen mit Mentalitäten und Verhaltensweisen einem optimalen Ver- steigendem Einkommen zunimmt. So verfügen Haushalte halten bei Krankheit entgegen.38 mit einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von Das Konzept der sozialen Schicht liefert Informationen bis zu Euro 900 über ein Bruttogeldvermögen von Euro aus der Sozialepidemiologie über die Verteilung von Krank- 10900, Haushalte mit einem Nettoeinkommen in Höhe heiten nach Bevölkerungsgruppen und lässt zugleich einen von Euro 1500 – 2000 über ein Bruttogeldvermögen von Bezug zu deren Zahlungsfähigkeit herstellen. Euro 32800 und Haushalte mit einem Nettoeinkommen Abbildung 6: Nettogeldvermögen von .. bis unter .. Euro nach sozialer Stellung des Haupteinkommensbeziehers am 01. 01. 2003, Angaben in Prozent der Haushalte Quelle: Statistisches Bundesamt (2004a), eigene Darstellung 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik 37 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
THEMA Abbildung 7: Durchschnittliche Krankheitskosten pro Kopf nach Geschlecht und Alter im Jahr 2002, Angaben in Euro Euro Alter Quelle: Statistisches Bundesamt (2004b), eigene Darstellung in Höhe von Euro 3600 – 5000 über ein Bruttogeldvermö- Klasse Euro 10000 – 25000 erkennbar zu. Die Anteile der gen von rund Euro 81000. hohen Nettogeldvermögensklassen gehen mit steigen- dem Alter deutlich zurück. Aus der Verteilung der Bruttogeldvermögen und der Nettoeinkommenshöhen wird deutlich, dass die Haushalte In Abbildung 6 ist die Verteilung des Nettogeldvermö- mit geringem Nettoeinkommen zugleich über die gering- gens bezogen auf den sozialen Status des Haupteinkom- sten Reserven an finanziellen Mitteln verfügen. Für die mensbeziehers dargestellt. Betrachtung, dass die Gesundheitsausgaben mit zunehmen- Dabei wird deutlich, dass jeweils rund 22 % der Haus- dem Alter steigen, sind in Tabelle 2 die Bruttogeldvermö- halte von Selbständigen sowie freiberuflich Tätigen und gen nach Alter des Haupteinkommensbeziehers darge- von Beamten über ein Nettogeldvermögen zwischen Euro stellt. 25000 und 250000 verfügen. Rund 38 % der Arbeitslosen Daraus geht hervor, dass Haushalte eines Haupteinkom- haben ebenso wie 26 % der Arbeiter und 16 % der Ange- mensbeziehers in der Altersgruppe 55 – 65 Jahre mit Euro stellten lediglich ein Nettogeldvermögen von weniger als 58600 über das höchste Bruttogeldvermögen verfügen. Euro 2 500. Über alle Statusgruppen hinweg verfügen rund Hierbei ist jedoch zu beachten, dass alleine rund 38 % 53 % der Haushalte über ein Nettogeldvermögen von we- des Geldvermögens in Lebensversicherungen gebunden niger als Euro 25 000. ist. In den höheren Altersgruppen nimmt der Bestand an Um abschätzen zu können, welchen Beitrag die Netto- Bruttogeldvermögen wieder ab. geldvermögen bei privater Finanzierung von Gesundheits- Vor dem Hintergrund, dass rund 3 Mio. Haushalte über- leistungen leisten können, sollen die in Abbildung 7 aus- schuldet sind39 und somit über ein negatives Nettogeld- gewiesenen durchschnittlichen Krankheitskosten zu einer vermögen verfügen, sind in Abbildung 5 die Nettogeld- ersten Abschätzung beitragen. vermögen, welches das Bruttogeldvermögen bereinigt um Dabei wird deutlich, dass die Ausgaben für Gesund- Kredite widerspiegelt, differenziert nach dem Alter des heitsleistungen pro Kopf der Bevölkerung zwischen Euro Haupteinkommensbeziehers ausgewiesen. 900 und rund Euro 12 000 pro Jahr betragen. Im Ver- Danach steigen die Bestände des Nettogeldvermögens gleich zu den Geldvermögensbeständen und den Haus- insgesamt mit zunehmendem Alter. So wird weniger haltsnettoeinkommen wird erkennbar, dass die Eigenfi- Geldvermögen in den Klassen bis Euro 5000 gehalten. nanzierungsquote, d. h. Geldvermögen im Vergleich zu Zugleich nimmt der Nettogeldvermögensbestand in der den Gesundheitsausgaben, insbesondere für untere Ein- 38 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
kommensschichten relativ gering ist. Wird der soziale dern auch für die große Gruppe der vollständig von Zu- Schichtzusammenhang berücksichtigt, wonach Personen/ zahlungen befreiten Sozialklauselfälle nach § 61 SGB V46 Haushalte mit relativ geringen Einkommen und geringen und damit für Geringverdiener liegt das Ausgabenniveau Geldvermögensbeständen eine hohe Krankheitswahr- deutlich höher als für nicht von Zuzahlungen befreite Ver- scheinlichkeit aufweisen, lässt sich eine noch geringere sicherte.47 Zudem zeigt sich auch, dass gerade Härtefälle Eigenfinanzierungsquote ableiten. im Durchschnitt weniger gesund als Nicht-Härtefälle sind.48 Hinsichtlich der Ausgaben, die bei Privatisierung zu fi- Da, wie eben dargestellt, tendenziell die Bezieher gerin- nanzieren wären, ist auch in Betracht zu ziehen, dass die ger Einkommen und Besitzer geringer Geldvermögen von Gesundheitsausgaben sehr ungleich verteilt sind. Wie überproportional hohen Krankheitskosten betroffen sind, auch empirisch bestätigt werden, entfallen dabei auf einen wird für diesen Personenkreis die Möglichkeit zur Nach- relativ kleinen Teil der Versicherten relativ hohe Gesund- frage nach Gesundheitsleistungen aus Eigenmitteln kaum heitsausgaben. So haben bspw. internationale Untersu- über einen längeren Zeitraum darstellbar sein. Zugleich chungen gezeigt, dass auf die gesündesten 50 % der Bevöl- wird aber auch deutlich, dass diese Personenkreise auf kerung lediglich 3 % der Gesundheitsausgaben entfielen, Grund ihres Krankheitsrisikos maßgeblich die Nachfrage wohingegen 5 % der Versicherten rund 60 % der Ausgaben nach Gesundheitsleistungen beeinflussen. auf sich vereinigten.40 Zu ähnlichen Ergebnissen kommen WINKELHAKE ET AL., die für Daten der AOK Niedersachsen der Jahre 1998 und 5. Fazit 1999 zeigen konnten, dass die meisten Versicherten nur Vor dem Hintergrund der Sozialepidemiologie in Ver- sehr geringe Kosten verursachten und sich der Großteil bindung mit der Einkommens- und Geldvermögensver- der Leistungsausgaben auf wenige Versicherte konzentrier- teilung wird erkennbar, dass eine Privatisierung des Leis- te. Danach vereinigten 10 % der Versicherten ca. 80 % der tungskatalogs der GKV nicht nur aus der Perspektive des Leistungsausgaben auf sich, das teuerste Prozent verur- Umfangs der gesundheitlichen Versorgung der GKV-Ver- sachte gar 30 % der Kosten.41 sicherten zu betrachten ist, sondern insbesondere auch PFAFF ET AL. ermittelten auf Basis von AOK Daten eine unter der wirtschaftspolitischen Bedeutung der Nachfra- Konzentration der GKV-Leistungsausgaben auf die 5 % ge einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen auf dem teuersten GKV-Versicherten von über 52 %, auf die teuer- Gesundheitsmarkt. Zudem sollten mögliche Folgekosten sten 20 % der GKV-Versicherten entfielen sogar knapp auf Grund einer Unterinanspruchnahme von privaten 70 % der Leistungsausgaben. Andererseits verursachten Gesundheitsleistungen durch Einkommensschwache für die billigsten 50 % der GKV-Versicherten weniger als 8 % das System der GKV berücksichtigt werden. der GKV-Leistungsausgaben.42 Aus gesellschaftlicher Perspektive und im Sinne einer Auswertungen der Leistungsdaten des Jahres 2001 von rationalen Gesundheitspolitik ist auch zu erörtern, wel- Versicherten der GMÜNDNER ERSATZKASSE (GEK) zeigten, dass che Wirkungen eine Privatisierung von Gesundheitsleis- 80 % der Leistungsausgaben lediglich auf 10 % der Versi- tungen in Bezug auf die Ziele der Gesundheitsversorgung cherten entfielen. 5 Promille der Versicherten mit den insgesamt haben werden. In enger Verbindung damit steht höchsten Kosten verursachten immer noch etwa 20,6 % die Frage, wie sich die ärztliche Einzelpraxis und die am- der gesamten Leistungsausgaben. Umgekehrt entfielen bulanten und stationären ärztlichen Versorgungsstruktu- auf 50 % der Versicherten lediglich 1 % der Gesamtausga- ren ausrichten müssen, um im Sinne der eigenen Existenz ben, wobei auf 17 % der Versicherten keinerlei Leistungs- und der gesundheitspolitischen Verantwortung hand- ausgaben zurückzuführen waren.43 lungsfähig zu bleiben. Österreichische Leistungsdaten des Jahres 2002 der Die Beantwortung der Frage, ob trotz Privatisierung von KÄRNTNER GEBIETSKRANKENKASSE (KGKK) weisen eine Kon- Gesundheitsleistungen ein Wachstumsmarkt im medizi- zentration von 25 % der Kassenausgaben auf lediglich nischen Sektor begründet sein kann, hängt vor allem da- 1,7 % der Versicherten nach, auf 7 % der Versicherten von ab, ob die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen entfielen bereits 50 % der Leistungsausgaben. Wie die durch gute Risiken mit höherem Einkommen und höhe- Untersuchung weiter gezeigt hat, weist dieser kleine Teil rem Geldvermögen die zu erwartende Mindernachfrage der Versicherten ein vornehmlich höheres Alter bzw. ein überkompensieren kann. Weiterhin stellt sich die Frage, niedriges Einkommen auf. So sind knapp 75 % davon ob Geringverdiener bei einer Privatisierung von Gesund- Rentner, ein Drittel von ihnen ist von der Rezeptgebühr heitsleistungen vermehrt Einkommensbestandteile in befreit.44 Gesundheitsleistungen umschichten werden. Aus alloka- tiver Sicht wäre dabei auch wichtig zu klären, welcher Die Schichtabhängigkeit von Gesundheitsausgaben zeigt Anteil davon auf nicht den Präferenzen der Nachfrager sich auch bei einer ökonomischen Analyse der ganz oder entsprechende, anbieterinduzierte Nachfrage zurückzu- teilweise von Zuzahlungen befreiten Personenkreise (so führen ist. genannte „Härtefälle“) in der Gesetzlichen Krankenver- sicherung. Dabei weisen nicht nur die aufgrund ihres er- Letztendlich könnte es aus wirtschaftspolitischen Grün- höhten Bedarfs nach § 62 SGB V alt45 teilweise befreiten den zur Sicherung von Wachstums- und Beschäftigungs- Härtefälle höhere Ausgaben als Nicht-Härtefälle auf, son- effekten in der Gesundheitswirtschaft angebracht erschei- 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik 39 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
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Statistisches Bundesamt (2004). VdAK (1983): Verband der Angestellten-Krankenkassen (Hrsg.): Grundsät- 21 Vgl. hierzu auch den zusammengefassten Beitrag von Reinhardt ze der Angestellten Ersatzkassen für die Weiterentwicklung der sozia- (2001), vgl. Pfaff (1984), S. 14: „In den zehn westlichen Industriena- len Krankenversicherung, Siegburg tionen lässt sich nicht feststellen, dass die Gesundheitsausgaben (pro Verbrugge LM (1984): Longer Life but Worsening Health? Trends in He- Kopf und als Anteil am Bruttoinlandsprodukt) in Ländern mit einem alth and Mortality of Middle-Aged and Older Persons, in: Milbank höheren Anteil der privaten Konsumentenzahlungen signifikant nie- Memorial Fund Quarterly 62 (1984), pp. 474 – 519 driger sind!“ Verein für Socialpolitik (2002): o.T, in: Dienst für Gesellschaftspolitik 42 22 Vgl. Reinhardt (2004), S. 16 (2002), S. 3 – 4 23 Vgl. SVR (2002), S. 433 Winkelhake O, U Miegel, K Thormeier (2002): Die personelle Verteilung 24 Winkleby et al. (1992), S. 816 von Leistungsausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung 25 Vgl. Siegrist (1995), S. 61ff. 1998 und 1999, in: Sozialer Fortschritt 51 (2002), S. 58 – 61 Winkleby MA, DE Jatulis, E Frank, SP Fortmann (1992): Socioeconomic 26 Vgl. Steinkamp (1993), S. 111 und weiter: „Seit dem 12. Jahrhundert, Status and Health: How Education, Income, and Occupation Contri- in dem zum ersten mal Daten über diesen Zusammenhang berichtet bute to Risk Factors for Cardiovascular Disease, in: American Journal worden sind, bis heute lässt sich der Schichtgradient belegen: Er ist of Public Health 82 (1992), S. 816 – 820 konsistent für eine große Zahl von Krankheiten, für verschiedene Po- pulationen und bleibt über bemerkenswert lange Zeiträume stabil.“ Zweifel P, S Felder, M Meiers (1999): Ageing of Population and Health Care Expenditure: A Red Herring?, in: Health Economics 8 (1999), 27 Vgl. Bauch et al. (1991), S. 357 pp. 485 – 496 28 Vgl. Knesebeck (1998) 29 Vgl. Mielck (2000), S. 98 30 Vgl. Mielck (2000), S. 99 Fußnoten 31 Vgl. Siegrist und Möller-Leimkühler (1998), S. 97 32 Verbundene, gewichtete Dimensionen aus Schul- und Berufsausbil- 1 Vgl. Beske und Zalewski (1981), vgl. Vdak (1983). dung, Stellung im Beruf und Einkommen. Vgl. Jöckel et al. (1998) 2 Vgl. Oberender (1980), S. 147 f. Zur kritischen Einordnung wettbe- werblicher Steuerungskonzepte für den Gesundheitsmarkt vgl. Pfaff 33 Vgl. Cavelaars et al. (1998) und Busch (1987). Auf die mangelhafte Steuerung der Anbieterseite 34 Vgl. Mielck (2000), S. 222 infolge mangelhafter Kapazitätsplanung und unzureichender Aus- 35 Vgl. Staehle und Kerschbaum (2003), S. 328. wahl der Leistungserbringer, die sich somit ihre „Nachfrage weitge- 36 Vgl. Schulz-Nieswandt (1989b). hend selbst schaff[en]“ sowie „politisch zu verantwortende Mängel 37 Vgl. Ferber (1975), S. 273. der Globalsteuerung“ weist Knieps (1997) hin. 38 Vgl. Siegrist (1977), S. 163 3 Vgl. SVRKAiG (1994), S. 180. 39 Vgl. Schufa (2004). 4 Vgl. Schneider et al. (2002). 40 Vgl. Schröder et al. (1999), S. 44. 5 Oberender et al. (2002), S. V, vgl. dazu auch Göpffarth und Milb- randt (1998), S. 241ff. 41 Vgl. Winkelhake et al. (2002), S. 58ff. 6 Vgl. Straubhaar et al. (2006). 42 Vgl. Pfaff et al. (1994), S. 210. 7 Vgl. Fries (1985). 43 Vgl. Gek (2003), S. 93ff. 8 Der Begriff der „Versteilerung“ bezieht sich hier auf die Erhöhung 44 Vgl. Butterweck (2004), S. 18ff. zeitpunktbezogener Ausgabenprofile im Zeitablauf. Demgegenüber 45 Bei der als Überforderungsklausel bezeichneten und bis zur Einfüh- wird der Begriff auch statisch als für die in höheren Altersklassen an- rung des Gesundheitssystemmodernisierungsgesetzes gültigen Rege- steigenden Gesundheitsausgaben verwendet (vgl. Hof (2001), S. 44). lung nach § 62 SGB V alt konnten sich Versicherte nach Vorlage ent- 9 Vgl. Verbrugge (1984). sprechender Belege rückwirkend von Zuzahlungen zu Arznei-, 10 Vgl. Buchner und Wasem (2000); vgl. Zweifel et al. (1999). Verband- und Heilmitteln sowie Fahrtkosten befreien lassen, die 2 % ihrer jährlichen Haushaltsbruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt 11 Vgl. Schulz-Nieswandt (1989a), S. 294. übersteigen. Ebenfalls nach § 62 SGB V alt waren Versicherte, die 12 Vgl. Lampert (2002). wegen derselben Krankheit in Dauerbehandlung sind und ein Jahr 13 Vgl. van Zon und Muysken (2001). lang Zuzahlungen in Höhe von mindestens 1 % ihrer Haushaltsbrut- 14 Vgl. Oberender et al. (2002), S. 170 f.; Horx (2004), S. 10; Stanowsky toeinnahmen zum Lebensunterhalt geleistet haben, für die weitere (2004). Dauer dieser Behandlung vollständig von Selbstbeteiligungen befreit 15 Allerdings wird der GKV in der momentanen Ausgestaltung häufig (Chronikerregelung). abgesprochen, diese Wachstumsimpulse liefern zu können. 46 Bei der auch als Sozialklausel bezeichneten und mit der Einführung 16 Vgl. Flintrop und Gerst (2005), S. A469ff. des Gesundheitssystemmodernisierungsgesetzes abgeschafften Rege- 17 Vgl. Burger und Männel (2004). lung nach § 61 SGB V konnten Versicherte, deren Haushaltseinkom- 18 Vgl. Beske (2000), Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer men eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschreitet, voll- e. V. (1983), sowie: Erklärung der Mitglieder des Ausschusses des Ver- ständig von Zuzahlungen zu Arznei-, Verband-, Heil- und eins für Socialpolitik (2002). Diese heben insbesondere hervor, dass Hilfsmitteln, Fahrtkosten, Mütterkuren, stationärer Vorsorge und Re- das administrativ-korporatistische System mit sektoraler Budgetie- habilitation, Anschlussrehabilitation sowie Zahnersatz befreit wer- rung und Bedarfsplanung durch wettbewerbliche Handlungsfreiräu- den. me der einzelwirtschaftlichen Akteure ersetzt werden müsse. Ebenso 47 Vgl. Langer et al. (2003). wird gefordert, wettbewerbs-taugliche sektorenübergreifende Versor- 48 Vgl. Langer (2005). 5-6/2006 Gesundheits- und Sozialpolitik 41 https://doi.org/10.5771/1611-5821-2006-5-6-30 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 01.12.2021, 05:52:20. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
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