Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020

 
WEITER LESEN
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

Engler-Bunte-Institut des Karlsruher
Instituts für Technologie (KIT) und
TZW: DVGW-Technologiezentrum
Wasser im Jahr 2020
DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT, Forschungsstelle für Brand-
schutztechnik und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser, Karlsruhe, Teil 4

Harald Horn, Thomas Kolb, Dimosthenis Trimis und Josef Klinger

Tätigkeitsbericht, Forschung und Lehre, Ausbildung, Weiterbildung

Dieser jährlich erscheinende Bericht gibt einen Überblick über die Entwicklungen und Aktivitäten am Engler-Bunte-Institut, der
DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT sowie der Forschungsstelle für Brandschutztechnik. Darüber hinaus
wird über das TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser berichtet. Wie es auch in den vergangenen Jahren gehandhabt wurde,
erscheinen die gasspezifischen Beiträge in gwf Gas + Energie (Teil 1: Ausgabe 6/2021, EBI ceb; Teil 2: Ausgabe 7-8/2021, EBI vbt)
und die wasserspezifischen Beiträge in gwf-Wasser | Abwasser (Teil 3: Ausgabe 6/2021, EBI WCT; Teil 4: Ausgabe 7-8/2021, TZW).
Typischerweise steht die Entwicklung der verschiedenen Einrichtungen mit Beiträgen aus der universitären Lehre, der Aus- und
Weiterbildung, über Forschungs- und Entwicklungsprojekte, über Beratung und Firmenkontakte im Fokus. In diesem Bericht
wird aber unstrittig auch immer wieder die Corona-Pandemie thematisiert werden, da sie sehr tief in die Organisation der For-
schungsarbeiten und vor allem der Lehre eingegriffen hat. Fortsetzung aus gwf-Wasser | Abwasser 6/2021.

The annual report aims at giving an overview of developments and activities of the Engler-Bunte-Institut, the DVGW­
Research Center, the Research Center of Fire Protection Technology, and the TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser
(German Water Center). As every year, the gas related parts can be found in gwf Gas + Energie (part 1: issue 6/2021, EBI ceb;
part 2: issue 7-8/2021, EBI vbt) and the water related parts in gwf-Wasser | Abwasser (part 3: issue 6/2021, EBI WCT; part 4:
issue 7-8/2021, TZW). The report typically highlights academic teaching, courses and advanced education, and focuses on
scientific research and development projects, on consulting and contacts to business companies as well as on other activities.
However, the current annual report also addresses the effects of the corona pandemic, which does significantly influence the
daily work in research, consulting and of course teaching. Continued from gwf-Wasser | Abwasser 6/2021.

4. TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser

Josef Klinger

Am TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser stehen der                 sich auf die Ergebnisse von rund 50 Forschungsprojek-
nachhaltige Schutz der Wasserressourcen und innovative            ten, die pro Jahr von nationalen oder internationalen
Lösungen für die Trinkwasserversorgung und die Industrie-         Fördermittelgebern finanziert werden.
und Abwassernutzung im Mittelpunkt aller Aktivitäten. Im          Die über 1.000 Kunden des TZW sind Wasserversorger, In-
Verbund mit international führenden Instituten der                dustrieunternehmen, Fachbehörden und Hochschulen.
Wasserforschung versteht sich das TZW als treibende               Für sie entwickelt es in einem engen Zusammenspiel von
Kraft bei der Entwicklung tragfähiger Konzepte für die            Wissenschaft und Praxis neue und zukunftsfähige Konzep-
Zukunft der Wasserversorgung. Seine Kompetenz stützt              te. Die interdisziplinären Teams setzen sich aus Expertin-

www.gwf-wasser.de                                                                                                                   75
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

     nen und Experten aus den Bereichen Wasserversorgung,              ber und Industrieunternehmen. Im Rahmen verschiedener
     Wassermikrobiologie, Wasserchemie, Wasserverteilung               Forschungsvorhaben, die am TZW oder auch bei anderen
     und der Prüfstelle Wasser zusammen. Rund 180 hochquali-           Forschungseinrichtungen bearbeitet wurden, fielen eben-
     fizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Fachbe-         falls zahlreiche Analysen an. Untersuchungsgegenstand
     reichen Chemie, Biologie, Physik, Umweltwissenschaften,           waren vor allem Roh- und Trinkwässer, aber auch kommu-
     Verfahrenstechnik, Materialwissenschaft sowie Geistes-            nale und industrielle Abwässer nahmen einen großen
     und Sozialwissenschaften arbeiten in der anwendungsna-            Raum ein. Darüber hinaus wurden feste Matrices wie Bo-
     hen Forschung sowie der wissenschaftlichen Beratung.              den oder Klärschlamm analysiert. Sonderproben wie Feu-
     Das TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser ist eine or-              erlöschschäume oder diverse Biota stellten die Mitarbeite-
     ganisatorisch und haushaltstechnisch eigenständige, ge-           rinnen und Mitarbeiter vor neue Herausforderungen.
     meinnützige Einrichtung des Deutschen Vereins des Gas-            Im Bereich der chemischen Analytik war auch 2020 ne-
     und Wasserfachs (DVGW). Das jährliche Budget von rund             ben der Bestimmung wasserchemischer Basisparameter
     18 Mio. Euro setzt sich vor allem aus technisch-wissen-           die Analytik von organischen Spurenstoffen die zent-
     schaftlichen Studien, praxisnahen Forschungsaufträgen             rale Kernkompetenz des TZW. Wichtige Parameter waren
     und geförderten Forschungsprojekten zusammen.                     weiterhin per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS),
     Der Jahresbericht gibt einen thematisch gegliederten              Arzneimittelrückstände, PSM-Metabolite und Einzelstoffe
     Überblick über die wesentlichen Arbeitsschwerpunkte               wie Trifluoracetat, 1,4-Dioxan, Amidosulfonat oder
     des TZW im Jahr 2020.                                             1H-1,2,4-Triazol. Die Bestimmung von organischen Phos-
                                                                       phonaten, die als Antiscalants in Membrananlagen ein-
     Wasseranalytik                                                    gesetzt werden, und von Microcystinen, die als Folge
     Im Jahr 2020 wurden im Labor des TZW über 21.000 Pro-             des Klimawandels Talsperrenbetreiber zunehmend vor
     ben untersucht, mehr als jemals zuvor (Bild 4.1). Den we-         Probleme stellen, erweiterte das Leistungsspektrum des
     sentlichen Schwerpunkt bildete die Untersuchung von               TZW. Aufgrund des weiterhin hohen Interesses erfolgten
     Wasserproben auf eine Vielzahl an chemisch-physikali-             auch 2020 zahlreiche Analysen unterschiedlicher Wässer
     schen und mikrobiologischen Parametern. Auftragge-                auf Mikroplastikpartikel.
     ber waren wie in den Vorjahren vor allem Wasserversorger          In der mikrobiologischen Analytik wurden Trinkwas-
     und Behörden, aber zunehmend auch Kläranlagenbetrei-              serproben nach den Anforderungen der Trinkwasserver-

     Bild 4.1 In den Laboren des TZW wurden im Jahr 2020 mehr Proben analysiert als je zuvor.

76                                                                                         gwf-Wasser | Abwasser 07-08 | 2021
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

ordnung untersucht. Dies umfasste sowohl Wasserpro-
ben der öffentlichen Wasserversorgung als auch zuneh-
mend Wasserproben aus der Trinkwasser-Installation.
Dort spielten insbesondere die Krankheitserreger Legio-
nella spec. und Pseudomonas aeruginosa eine wichtige
Rolle. Für Rohwasserproben fragten die Kunden auch
weitergehende Untersuchungen nach. Dies beinhaltet
neben den klassischen bakteriologischen Indikatorpara-
metern zunehmend virale Indikatorparameter (Bakterio-
phagen). Auch die direkte Untersuchung auf Krankheits-
erreger, wie Campylobacter, humanpathogene Viren und
Parasiten, erfolgte in den TZW-Laboren.
Erneut bestätigte die erfolgreiche Teilnahme an zahlrei-
chen Ringversuchen und Vergleichsuntersuchungen die
hohe Qualität der analytischen Arbeiten.

Spurenstoffe
Das Wissen zum Umweltverhalten und zur Toxizität von
per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS)
nimmt ständig zu. Daher ist diese Stoffgruppe nach wie
vor eine der meist diskutierten im Bereich der Spuren-
stoffanalytik. PFAS waren in der bisherigen Trinkwasserver-
ordnung (TrinkwV) nicht über Grenzwerte geregelt. In der
revidierten EG-Trinkwasserrichtlinie (EU-TWRL) sind PFAS        Bild 4.2: Sedimentprobenahme zur Analyse auf organische
erstmals mit einem Summengrenzwert (Summe der PFAS)             Phosphonate.
von 0,1 µg/L für eine Auswahl von 20 Substanzen aufge-
führt. Die Einzelverbindungen umspannen PFAS mit Ket-
tenlängen von C4 bis C13. Erst seit Ende 2020 sind für zwei
der langkettigen Sulfonsäuren analytische Standards ver-      tungsmittel in Wasch-, Pflege- und Reinigungsmitteln
fügbar, die erfolgreich in die Methoden am TZW integriert     sowie bei industriellen Prozessen eingesetzt. Sie dienen
wurden. Zusätzlich wurde ein PFAS-Summenparameter             außerdem als Antiscalants bei der Aufbereitung von
(PFAS gesamt) von 0,5 µg/L für die Summe aller PFAS ein-      Trinkwasser mittels Filtration über dichte Membranen.
geführt. Dieser Parameter umfasst die Gesamtheit aller        Aufgrund starker Adsorption an mineralischen Oberflä-
PFAS. Er soll allerdings erst zur Anwendung kommen,           chen können sich Rückstände der biologisch schwer ab-
wenn technische Regeln für die Überwachung des Para-          baubaren Stoffe in Gewässersedimenten anreichern
meters entwickelt sind. Prinzipiell sind hierfür die am TZW   (Bild 4.2). Durch die Entwicklung von Analyseverfahren,
etablierten Summenparameter EOF, AOF oder der Total           die sich zur Spurenanalytik von Phosphonaten aus diver-
Oxidizable Precursor-Assay (TOP-Assay) geeignet, die im
Jahr 2020 weiter optimiert werden konnten.
Die Bedeutung von Nitrifikations- und Ureaseinhibi-
toren zur Verringerung von Stickstoffverlusten in der
Landwirtschaft steigt weiter. Daher ist von einem zuneh-
menden Einsatz dieser Stoffe auszugehen. Wasserver-
sorgungsunternehmen sind besorgt, dass es dadurch zu
einem Eintrag der Verbindungen in das Grundwasser
kommen könnte. Das TZW bietet seit Jahren eine analyti-
sche Methode für den Nachweis einer Vielzahl dieser
Verbindungen in Wasserproben an. Die Methode konnte
nun erfolgreich auf die Analyse von Nitrifikations- und
Ureaseinhibitoren in Bodenproben erweitert werden.
Das Verfahren wird derzeit in einem DVGW-Forschungs-
vorhaben zum Abbau- und Verlagerungsverhalten der
Substanzen eingesetzt.                                          Bild 4.3: Agardiffusionstest zur Erfassung von Multiresistenzen.
Organische Phosphonate werden verstärkt als Enthär-

www.gwf-wasser.de                                                                                                                  77
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

     Bild 4.4: Die Bodenlysimeter werden im Labor beregnet und das Sickerwasser untersucht.

     sen Matrices eignen, wurde eine Grundlage zur Bilanzie-          für hygienisch-mikrobiologische Befunde bei der
     rung des Phosphonateintrags in die Umwelt und im Pro-            Wassergewinnung, im Wasserwerk, in Behältern oder im
     zess der Membranfiltration geschaffen. Um die Analytik           Leitungsnetz auf den Grund zu gehen. Nach wie vor hat
     der Komplexbildner zu komplementieren, werden ge-                auch die Aufstellung von Handlungsplänen bei Was-
     genwärtig analytische Methoden zur Quantifizierung               serversorgungsunternehmen ohne Abschlussdesinfek-
     von Acrylsäurepolymeren entwickelt, die gleichfalls als          tion mit Chlor oder Chlordioxid eine große Bedeutung.
     Antiscalants eingesetzt werden.                                  Diese dienen dazu, dass auch im Notfall bei mikrobiologi-
                                                                      schen Grenzwertüberschreitungen schnell reagiert wer-
     Mikroorganismen                                                  den kann. Dazu gehört auch die Unterstützung von
     Viele Wasserversorgungsunternehmen haben sich auch               Wasserversorgern bei der Festlegung sinnvoller Probe-
     im Jahr 2020 an das TZW gewandt, um den Ursachen                 nahmestellen im Verteilungsnetz und zur Erarbeitung ei-
                                                                      nes Notfalldesinfektionskonzeptes. Bei der Aufstellung
                                                                      von Handlungsplänen wird außerdem durch AOC-Mes-
                                                                      sungen geprüft, ob durch die kurzfristige Notfalldesinfek-
                                                                      tion eine Erhöhung des Wiederverkeimungspotenzials
                                                                      im Trinkwasser auftreten kann.
                                                                      Mit der MALDI-TOF-Massenspektrometrie steht am TZW
                                                                      eine zukunftsträchtige molekularbiologische Methodik
                                                                      zur Identifizierung von Bakterien zur Verfügung. In ei-
                                                                      nigen Fällen gelang es, durch die schnelle Identifizierung
                                                                      der auftretenden Stämme coliformer Bakterien oder
                                                                      Enterokokken ein Abkochgebot für das Trinkwasser zu
                                                                      vermeiden. Im Falle von vereinzelten Nachweisen hygie-
                                                                      nisch-relevanter Mikroorganismen in Trinkwassersyste-
     Bild 4.5: Mechanismen verschiedener Nachweisverfahren für        men war die Untersuchung von angereicherten Wasser-
     SARS-CoV-2.                                                      proben nach Anreicherung großer Volumina (100 L) über
                                                                      Ultrafiltrationsmodule für die Suche der Belastungsursa-

78                                                                                        gwf-Wasser | Abwasser 07-08 | 2021
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

che hilfreich. Zur Prüfung der Aufbereitungswirksamkeit            Ressourcenschutz
wurden auch Volumina bis ca. 1.000 L untersucht.                  Die Grundwasserdatenbank Wasserversorgung Ba-
Zur Bewertung der mikrobiologischen Rohwasserbe-                  den-Württemberg (GWD-WV) erfasst landesweit Daten
schaffenheit wurden Rohwasserproben zusätzlich zu                 zur Beschaffenheit der Grund- und Quellwasservorkom-
den klassischen bakteriologischen Parametern auch auf             men, die von Wasserversorgungsunternehmen zur Trink-
virale Indikatoren (Bakteriophagen) und die Index-Patho-          wasserversorgung genutzt werden. Das TZW betreibt die
gene Campylobacter, Viren und Parasiten untersucht. Der           Datenbank, aktualisiert laufend insbesondere die Daten zur
Virennachweis (Adeno-, Entero-, Noroviren) erfolgte da-           Nitratbelastung der Rohwässer und leitet sie an die zustän-
bei nach Ultrafiltrationsanreicherung aus 10 L-Proben             digen Behörden weiter. Hier bilden die übermittelten Wer-
durch eine molekularbiologische quantitative PCR-Me-              te die Basis für die Einstufung der Wasserschutzgebiete in
thodik, für deren Wiederfindung nahezu 100 % erreicht             Normal-, Problem- oder Sanierungsgebiete nach der
werden konnten. Die Erkenntnisse wurden im Rahmen                 Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO). Da-
eines DVGW-Projektes zur quantitativen mikrobiellen Risi-         bei kooperiert die GWD-WV der Wasserversorger eng mit
kobewertung zusammengefasst. Auch im Jahr 2020 wur-               der durch die LUBW betriebenen Grundwasserdatenbank
den Problemstellungen im Bereich der Trinkwasser-Instal-          (GWDB) des Landes Baden-Württemberg.
lation bearbeitet, die die Krankheitserreger Pseudomonas          Durch problem- und gebietsspezifische Monito-
aeruginosa und Legionellen umfassten.                             ringprogramme und Ortsbegehungen werden Belas-
Anfragen zum Vorkommen von Antibiotikaresisten-                   tungen des Grundwassers mit Nitrat, PFAS, Pflanzen-
zen im Trinkwasser konnten sowohl durch den kulturel-             schutzmittelwirkstoffen und deren Abbauprodukten er-
len Nachweis von antibiotikaresistenten Bakterien als             kundet sowie durch Bodenuntersuchungen die
auch den molekular-biologischen Nachweis von Anti-                Nitratauswaschungsverluste abgeschätzt. Diese Arbei-
biotikaresistenzgenen beantwortet werden, wobei im                ten dienen dazu, Handlungsempfehlungen zur Ursa-
Trinkwasser keine Nachweise erfolgten. Für den Nach-              chenbeseitigung von Grundwasserverunreinigungen
weis von Bakterien mit Antibiotikaresistenzen wurden              oder zum Umgang mit Belastungen abzuleiten. Diese
neue Kulturverfahren und molekularbiologische Me-                 Ergebnisse können auch als Basis für eine Messnetzopti-
thoden eingesetzt (Bild 4.3). Die Methoden aus dem                mierung dienen. Neben Geografischen Informations-
klinischen Bereich sind nicht auf Umweltproben an-                systemen (GIS) werden auch numerische Grundwasser-
wendbar. Daher erfolgte eine Anpassung, um eine spe-              simulationen herangezogen.
zifische Überwachung des aquatischen Bereichs zu er-              Das TZW begleitet Wasserversorgungsunternehmen bei
möglichen. Dafür wurden angepasste Medien für die                 der Einführung von Risikomanagementsystemen ge-
Kultivierung und Enzymtests entwickelt. Die Arbeiten              mäß DIN EN 15975-2 bzw. dem neuen DVGW-Merkblatt
dienen dem fundierten Monitoring des Vorkommens                   W 1001 und setzt dabei auch die am TZW entwickelten
von Antibiotikaresistenzen.                                       GIS-basierten Ansätze zur Risikoabschätzung für Einzugs-

Bild 4.6: Das Prinzip der abwasserbasierten Epidemiologie, die als Frühwarnsystem dienen kann.

www.gwf-wasser.de                                                                                                               79
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

                                                                  Elimination von Nitrat aus Grundwasser mittels mikro-
                                                                  bieller Denitrifikation gestartet. Der Prozess wird mittels
                                                                  innovativer molekularbiologischer Methoden überwacht,
                                                                  bei denen die mRNA spezifisch nachgewiesen wird. Auf
                                                                  diese Weise können die aktiven Zonen in hoher Auflö-
                                                                  sung erfasst und der Prozess gezielt gesteuert werden.
                                                                  Des Weiteren wurde der Abbau von Diphyl-Öl sowohl
                                                                  durch chemische Oxidation als auch durch mikrobiologi-
                                                                  sche Stimulation gezeigt. Die Entwicklung fokussierte zu-
                                                                  nächst auf die Sanierung von Schadstoffen, die gelöst im
                                                                  Grundwasser vorliegen. Aufgrund der positiven Ergebnisse
                                                                  wird das Kombinationsverfahren für die Sanierung hoch
                                                                  konzentrierter Schadstoffpools weiterentwickelt. Das Kon-
                                                                  zept ermöglicht die Sanierung bei deutlicher Kostenreduk-
                                                                  tion im Vergleich zu konventionellen Verfahren.
     Bild 4.7: Proben aus einem Kläranlagenzulauf.                Ein weiterer fachlicher Schwerpunkt liegt auf der Entwick-
                                                                  lung neuer molekularbiologischer Verfahren für den
                                                                  Nachweis von Coronaviren. Die digitale Droplet-PCR
                                                                  konnte für den Nachweis von SARS-CoV-2 mit hoher
     gebiete ein. Eine komplexe Aufgabenstellung war hier         Empfindlichkeit in Abwasser genutzt werden und trägt
     die Umsetzung bei einem großen Talsperrenbetreiber auf       zum Verständnis des Infektionsgeschehens in der Coro-
     ein Talsperren-Verbundsystem.                                na-Pandemie bei (Bild 4.5).
     Gemeinsam mit dem IWW und der Iföl GmbH untersucht
     das TZW im DVGW-Forschungsprojekt „INHIBIT“ die Aus-         Abwasser und Wasserkreislauf
     wirkungen von Nitrifikations- und Ureaseinhibito-            Als neues Forschungsthema wurde am TZW der Nach-
     ren auf das Grundwasser. Neben Literaturstudien wer-         weis von SARS-CoV-2-Biomarkern im Abwasser eta-
     den am TZW Versuche unter Labor- sowie natürlichen           bliert (Bild 4.6, Bild 4.7). Die quantitative Erfassung der
     Bedingungen durchgeführt (Bild 4.4). Dabei werden            RNA trägt im Rahmen der abwasserbasierten Epidemiolo-
     ausgewählte Nitrifikations- und Ureaseinhibitoren auf La-    gie zum Verständnis des Infektionsgeschehens bei. Für die
     bor- und Freilandlysimeter aufgegeben und im Sicker-         Analytik werden Proben aus dem Zulauf von Kläranlagen
     wasser analysiert. Die Ergebnisse sollen Aufschluss darü-    oder der Kanalisation entnommen. Nach Extraktion der
     ber geben, ob und wie die Inhibitoren mit dem Sicker-        Nucleinsäuren erfolgt die quantitative Messung mit Hilfe
     wasser verlagert werden.                                     von digitaler Droplet-PCR (ddPCR). Die Messung der spezi-
                                                                  fischen Anzahl der Genfragmente von SARS-CoV-2 erlaubt
     Umweltbiotechnologie                                         die Beurteilung der Zunahme oder Abnahme der Infektio-
     Die Schwerpunkte lagen auf dem natürlichen und stimu-        nen im Einzugsgebiet. So können frühzeitig Trends er-
     lierten Abbau von organischen und anorganischen              kannt und der Erfolg von Maßnahmen zur Eindämmung
     Schadstoffen, der Entwicklung neuer Methoden zum             der Corona-Pandemie beurteilt werden. Außerdem kön-
     Nachweis von Antibiotikaresistenzen in der Umwelt so-        nen bei Positivbefunden im Abwasser gezielte Tests an
     wie der Entwicklung neuer molekularbiologischer Me-          möglichen Hotspots durchgeführt werden. Nach erfolg-
     thoden für den Nachweis von SARS-CoV-2 in Abwasser.          reicher Etablierung der neuen Methodik werden die Er-
     Der mikrobiologische Abbau von Trichlorethen unter           gebnisse zunehmend durch lokale Krisenstäbe genutzt.
     aeroben Bedingungen ohne zusätzliche Auxiliarsubstrate       Eine umfangreiche Literaturstudie zur Relevanz von
     wurde erstmals am TZW nachgewiesen und wird intensiv         SARS-CoV-2 für Trinkwasser wurde bereits frühzeitig in
     untersucht. Dieser neue Abbauweg hat deutliche Vorteile      einem DVGW-Projekt am TZW angefertigt. Coronaviren
     gegenüber dem co-metabolischen Abbau, da mit wenig           gehören zu den behüllten Viren, deren Infektiosität von
     Sauerstoff ein guter Abbaugrad der chlorierten Schad-        der Intaktheit ihrer empfindlichen äußeren Membran ab-
     stoffe möglich ist. Nachdem die Praxistauglichkeit bereits   hängt. Aufgrund der Trinkwasseraufbereitung und des
     im Feld demonstriert wurde, konnte in mehreren Ver-          etablierten Schutzes der Rohwässer ist eine Verbreitung
     suchsreihen gezeigt werden, dass dieser neue Abbau-          über das Trinkwasser höchst unwahrscheinlich. Zusätz-
     weg durch Animpfung mit zuvor angereicherten Kultu-          lich wurde ein Monitoringkonzept für unbehüllte und
     ren auch in Grundwasser von anderen kontaminierten           behüllte Viren entwickelt.
     Standorten genutzt werden kann.                              Im Rahmen des vom Umweltbundesamt geförderten
     Auf Basis von Laborversuchen wurde ein Feldversuch zur       Projekts Phosphonate in Wasch- und Reinigungs-

80                                                                                  gwf-Wasser | Abwasser 07-08 | 2021
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

mitteln und deren Verbleib in der Umwelt mit dem                   erfolgreich aufbauen und betreiben. Damit lassen sich
ISWA Stuttgart wurde unter anderem der Verbleib von                beim Neubau oder der Modernisierung von Wasserwer-
organischen Phosphonaten bei der kommunalen Ab-                    ken konkrete und fundierte Aussagen zur Anlagendi-
wasserbehandlung untersucht. Hierbei wurden signifi-               mensionierung und zum Anlagenbetrieb treffen. Hierbei
kante Eliminierungsraten zwischen 80 und 90 % nach                 wurden Ultrafiltrations-, Umkehrosmose- und andere
der zweiten Behandlungsstufe festgestellt. Im Kläranla-            Enthärtungsanlagen sowie mehrstufige Pilotanlagen, z. B.
genzulauf lagen bis zu 70 % des Gesamtphosphonats                  zur Aufbereitung von Talsperrenwasser, eingesetzt. Die
adsorbiert an die Feststoffphase vor. Im Hinblick auf die          Behandlung von salzhaltigem Retentat aus Um-
geringe biologische Abbaubarkeit wird die hohe Elimi-              kehrosmoseanlagen mit Kornaktivkohle wurde ebenfalls
nierung vor allem auf die Adsorption an Belebtschlamm              im Pilotmaßstab untersucht.
zurückgeführt. Die fünf am häufigsten in Wasch-, Pflege-           Auch bei der Optimierung von Aufbereitungsstufen
und Reinigungsmitteln eingesetzten Phosphonate tru-                in Wasserwerken war das TZW im Auftrag von Kunden
gen in den untersuchten Kläranlagen über alle Behand-              tätig (Bild 4.8). So wurde die Leistungsfähigkeit einer äl-
lungsstufen mit 10 bis 25 % zur Fraktion an gelöstem               teren Ultrafiltrationsanlage, die aufgrund einer geänder-
unreaktiven Phosphor (GUP) bei. Zukünftige Forschung               ten Rohwasserbeschaffenheit zeitweise stark eingetrüb-
soll weitere Erkenntnisse über die biologische Transfor-           tes Wasser aufbereitete, überprüft und der Betrieb ange-
mation unter speziellen Bedingungen und mögliche                   passt. Grundlage war die Bestimmung des Potenzials der
Abbauprodukte liefern.                                             genutzten Rohwässer für Membranfouling. Bei mehreren
                                                                   Wasserversorgern wurde die Aufbereitungstechnik einer
Neue Technologien und Produkte                                     Bestandsaufnahme unterzogen, hinsichtlich Aufberei-
Das TZW konnte im Jahr 2020 mehrere Pilotanlagen für               tungserfordernis und Aufbereitungswirksamkeit über-
Aufbereitungsverfahren und Technologiekonzepte                     prüft und Anpassungen vorgeschlagen.

Bild 4.8: Um technische Lösungen für die Entfernung von Vanadium aus dem Trinkwasser zu entwickeln, wurden in Zusammenarbeit
mit einem Wasserversorger in Rheinland-Pfalz halbtechnische Untersuchungen zur Adsorptions- und Flockungsfiltration durchgeführt.

www.gwf-wasser.de                                                                                                                   81
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

     Aktiv war das TZW in die Erstellung von Struktur- und          wegs und führten Erstinspektionen bei Kunden durch.
     Versorgungskonzepten sowie von technischen Studien             Aufgrund der Corona-Pandemie beschränkten sich diese
     zur Trinkwasseraufbereitung eingebunden. Eine besonde-         allerdings größtenteils auf den deutschsprachigen Raum
     re Studie beschäftigte sich mit den Auswirkungen der           und den Sommer 2020.
     neuen EU-Grenzwerte für PFAS im Trinkwasser auf den            Die Corona-Pandemie hatte auch einen starken Einfluss
     Betrieb und die Laufzeiten von Aktivkohlefilteranlagen.        auf den Bereich der Produktüberwachung (Bild 4.9).
     Vor dem Hintergrund des Klimawandels kommt es zu               Die meisten Produktüberwachungen wurden deshalb
     höheren Temperaturen in Oberflächengewässern und die           nicht als Vor-Ort-Termin, sondern als Remote-Audit
     Gefahr des Algenwachstums steigt. Hierfür werden in eini-      durchgeführt. Durch Webmeetings war der Kontakt zu
     gen Seen schwimmende Flotationsanlagen betrieben, um           den Kunden aber ebenso intensiv wie in den Vorjahren.
     den Nährstoffgehalt des Wassers zu verringern. Die Aus-        Die Prüfstelle Wasser war in zahlreichen Normungs- und
     wirkungen auf die Wasserbeschaffenheit eines Sees wurde        Beratungsgremien des CEN, DIN und des UBA vertreten.
     vom TZW durch räumlich aufgelöste Probenahmen und              Die Prüfstelle Wasser bestand im Januar 2020 im Rahmen
     entsprechende Analytik überprüft und bewertet.                 der Akkreditierung nach DIN EN 17025 erfolgreich das
     Im Bereich der Prüfung und Überwachung von Mate-               Überwachungsaudit.
     rialien in Kontakt mit Trinkwasser war das Jahr 2020           Nach intensiver Mitarbeit des TZW an der Harmonisierung
     aufgrund der neuen KTW-Bewertungsgrundlage geprägt             der deutschen und österreichischen Regelwerke zur Prü-
     von Abstimmungen mit den Zertifizierern und anderen            fung von UV-Desinfektionsgeräten wurden in 2020 die
     Prüfinstituten. Zudem war die Kommunikation mit den            DIN 19294-1 und ÖNORM M 5873-1 „Anlagen zur Desinfek-
     Kunden von enormer Bedeutung, um die geänderten                tion von Wasser mittels Ultraviolett-Strahlen – Anforderun-
     Regularien zu erläutern und sie bei der Vorbereitung auf       gen und Prüfung – Anlagen mit Quecksilberdampf-Nieder-
     die Prüfungen und die Zertifizierung zu beraten.               druckstrahlern“ wortgleich veröffentlicht. Zeitgleich er-
     Wegen der Corona-Pandemie wurde vom Umweltbun-                 schienen die DIN 19294-3 sowie die ÖNORM M 5978-3, in
     desamt im Sommer eine Übergangsregelung geschaffen,            denen die Anforderungen und Prüfung von Referenzradio-
     um Hygienezertifizierungen im Rahmen der KTW-Be-               metern festgelegt sind. Die Prüfstelle Wasser am TZW ist für
     wertungsgrundlage nach dem 1+-System auch ohne                 die genannten Normen bereits akkreditiert und hat darü-
     Erstinspektionen zu ermöglichen. Daraus resultierten ei-       ber hinaus die Prüfung nach dem US-amerikanischen UV
     ne Vielzahl an Kundenanfragen, gerade im Bereich der           Disinfection Guidance Manual in ihren Scope aufgenom-
     Rezepturprüfung. Durch die enge Zusammenarbeit mit             men. Die vorhandene technische Ausrüstung, bestehend
     der DVGW Cert GmbH ergaben sich Vorteile durch kurze           aus UV-Laborbestrahlungsanlagen zur Aufnahme von Do-
     Kommunikationswege. Im Rahmen von Hygienezertifi-              sis-Wirkbeziehungen (Niederdruck, Mitteldruck und diverse
     zierungen waren die Kollegen der Prüfstelle Wasser am          LED-Einzelwellenlängen) und Prüfständen für die biodosi-
     TZW im Auftrag der DVGW Cert als Inspektoren unter-            metrische Prüfung von UV-Geräten, wurde dem erweiter-
                                                                    ten Prüfumfang entsprechend um Prüfstände zur Charak-
                                                                    terisierung von UV-Lampen und UV-Sensoren ergänzt.

                                                                    Asset-Management und Infrastruktur
                                                                    Der Schwerpunkt der Arbeiten für Wasserversorgungsun-
                                                                    ternehmen lag auch im Jahr 2020 auf der Erarbeitung
                                                                    zustandsorientierter Spülpläne. Die Strategie der zu-
                                                                    standsorientierten Netzspülung wurde in das DVGW-Re-
                                                                    gelwerk W291 übernommen, von dem zum Ende des
                                                                    Jahres der Gelbdruck vorlag. Darüber hinaus wurden Un-
                                                                    ternehmen bei der Außerbetriebnahme der Phosphatie-
                                                                    rung des Trinkwassers unterstützt, wobei unter anderem
                                                                    im Netz Untersuchungen mit kontinuierlichen Trübungs-
                                                                    messungen zur Erfassung der Korrosionsgeschwindigkeit
                                                                    des Leitungsmaterials durchgeführt wurden.
                                                                    Zum Themenbereich Wasserverluste wurden am TZW
                                                                    entwickelte Algorithmen zur Identifizierung und Bi-
     Bild 4.9: Im Labor der Prüfstelle werden Materialien im Kon-   lanzierung von Leckagen bei Wasserversorgern er-
     takt mit Trinkwasser geprüft, hier Dichtungen (Elastomeren)    folgreich eingesetzt. Darüber hinaus wurden Wasser-
     mit einer Soxhlet-Apparatur.                                   versorger in zahlreichen Fällen zur Identifikation von
                                                                    Eintragswegen und der Entwicklung von Vermeidungs-

82                                                                                    gwf-Wasser | Abwasser 07-08 | 2021
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

Bild 4.10: Im Oktober 2020 wurde in Karlsruhe der Förderbescheid für das Projekt Nitrat-Monitoring an die Projektpartner überreicht.
Das BMU-Projekt zielt darauf, mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Nitrat im Grundwasser zu reduzieren.

strategien bei aufgetretenen mikrobiologischen Güte- tifikation potenzieller Anwendungsfelder von Kurzzeit-
problemen unterstützt. Hierbei zeigte sich, dass eine       prognosen und bewertete die Anwendung dieser Ver-
systematische Spülung in Verbindung mit der mikrobio- fahren an realen Wasserversorgungssystemen.
logischen Untersuchung des Spülwassers einen Ansatz Gestartet ist das vom Bundesministerium für Umwelt
für die punktgenaue Identifizierung von systeminter- (BMU) geförderte Vorhaben „Nitrat-Monitoring 4.0 –
nen Kontaminationsquellen darstellt.                        Intelligente Systeme zur nachhaltigen Reduzierung von
Im Rahmen der Wasseraufbereitung lag der Schwerpunkt        Nitrat im Grundwasser (NiMo 4.0)“, bei dem das TZW Teil
auf der Durchführung von Funktionsprüfungen, unter des Forschungsverbundes ist (Bild 4.10), sowie das „Teil-
anderem unter dem Aspekt des Wachstums von Inverte- projekt Desinfektionskonzept für Uferfiltration und Aus-
braten in der Aufbereitungsanlage und im nachgelager- bau des deutsch-indischen Kompetenzzentrums Ufer-
ten Verteilungssystem sowie des Einsatzes spezifisch ent- filtration“.
wickelter Algorithmen zur Identifikation auffälliger Muster
in den Zeitreihen der Aufbereitungsparameter.               Sicherheit, Digitalisierung und Management
Im DVGW-Projekt „Erhöhte Wassertemperaturen“ wird           Innovative technische Lösungen vom nationalen und
in einer Modellstudie der Einfluss unterschiedlicher na- internationalen Wassermarkt für Wasserversorgungsun-
türlicher und anthropogener Wärmequellen auf die Tem- ternehmen aufzuspüren, ist Gegenstand des laufenden
peraturerhöhung der oberen Bodenzone sowie der darin        DVGW-Verbundforschungsvorhabens SCOUT. Gleichzei-
verlegten Trinkwasserleitungen und des darüber verteil- tig werden damit die Schwerpunkte der Roadmap
ten Trinkwassers untersucht. Ziele des Projektes sind ein- „DVGW-Forschungsstrategie Wasser“ regelmäßig aktuali-
fache Bewertungsverfahren, um Bereiche mit dem Risiko       siert. Darüber hinaus soll eine Plattform etabliert wer-
einer erhöhten Trinkwassertemperatur zu identifizieren      den, die dem konkreten fachlichen Austausch von Was-
und um Maßnahmen zur Stabilisierung der Temperatu- serversorgern über die Umsetzung von Neuentwicklun-
ren in den Leitungsnetzen auszuwählen.                      gen in die Wasserwerkspraxis dient. Dazu wurden in
Im Jahr 2020 wurde das vom DVGW geförderte For- Abstimmung mit Wasserversorgungsunternehmen und
schungsvorhaben „Stand und Perspektiven zum Einsatz         DVGW-Forschungsbeirat die Suchfelder für das Innova-
von Algorithmen und Modellen zur Kurzzeitprogno- tionsscouting auf die Gebiete Inspektionsverfahren,
se für den Wasserbedarf“ erfolgreich abgeschlossen. Reststoffe und Online-Sensoren für mikrobiologische
Das Forschungsvorhaben beschäftigte sich mit der Iden- Parameter priorisiert. Für diese Suchfelder werden im

www.gwf-wasser.de                                                                                                                      83
Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser im Jahr 2020
FACHBERICHT

                                                                   rung der TZW-internen Infrastruktur. Hierzu zählt die Ent-
                                                                   wicklung und Umsetzung von Ideen für digitale Lösun-
                                                                   gen für die Wasserversorgungsunternehmen. Intern wur-
                                                                   de die IT-Infrastruktur verstärkt. Dazu gehört die
                                                                   Anbindung aller TZW-Standorte über Glasfasernetz mit
                                                                   Zentralisierung des Datenzugriffs. Zur Verfügung steht
                                                                   jetzt eine TZW-eigene Cloud, die die Kommunikation mit
                                                                   Wasserversorgungsunternehmen und die Bearbeitung
                                                                   von Forschungsprojekten unterstützt.

                                                                   Öffentlichkeitsarbeit
                                                                   Das TZW setzt in der Öffentlichkeitsarbeit verstärkt auf
                                                                   digitale Angebote. So erscheint der TZW-Newsletter seit
                                                                   2020 nicht mehr gedruckt, sondern kann als E-Mail-News-
                                                                   letter über die Website www.tzw.de auf Deutsch oder
                                                                   auf Englisch abonniert werden. Er informiert etwa dreimal
                                                                   jährlich über aktuelle Themen, Projekte, Publikationen
                                                                   und Veranstaltungen. Das TZW veröffentlicht seit 2020 ei-
                                                                   nen zweisprachigen Jahresbericht / Annual report in
                                                                   neuem, modernem Design und mit kompakten Inhalten
                                                                   zum TZW allgemein und den Schwerpunkten seiner Ar-
     Bild 4.11: Das TZW-Kolloquium fand 2020 online statt. Der     beitsgebiete. Die Bände 91 bis 95 der TZW-Schriftenrei-
     Hörsaal wurde als Aufnahmestudio genutzt.                     he können ebenso wie der Jahresbericht gedruckt und
                                                                   digital über die Website bestellt werden. Aktivitäten auf
                                                                   Social-Media-Kanälen wie Linkedin und youtube wur-
                                                                   den im Jahr 2020 gestartet.
      weiteren Projektverlauf innovative technische Lösun-         Fast 300 Personen waren online dabei, als vom 30. No-
      gen als Anregung für die Umsetzung in der Praxis iden-       vember bis 2. Dezember 2020 das 25. TZW-Kolloqui-
      tifiziert.                                                   um digital stattfand. Zum Jubiläum musste aufgrund
     „Digitalisierung von Wasserversorgern für Wasserversor-       der Corona-Pandemie ein vollständig neues Format ge-
      ger“ lautet der Leitgedanke für das im Jahr 2020 neu ge-     wählt werden. Doch auch digital konnten aktuelle The-
      startete DVGW-Verbundforschungsprojekt „TRINK-               men für eine zukunftsfeste Wasserversorgung aufge-
      Help-DESK“ mit fünf Projektpartnern. Dieses Projekt          nommen werden. An jeweils drei Tagen gingen drei
      wird von 14 Wasserversorgungsunternehmen durch               Vorträge zu drei Themenkomplexen online (Bild 4.11).
      Crowdfunding finanziert, die das Projekt durch Mitglied-     Im ersten Block präsentierten die TZW-Experten aktuel-
      schaft im Lenkungskreis gleichzeitig inhaltlich begleiten.   le Entwicklungen zu wesentlichen persistenten und
      Ziel ist die Erstellung einer Machbarkeitsstudie für eine    mobilen Stoffen wie die Gruppe der polyfluorierten
      mögliche künftige Cloud-Lösung mit wissenschaft-             Verbindungen (PFAS). Im zweiten Block wurden Innova-
      lich-technischem Inhalt für die Wasserversorgung. Die        tionen vorgestellt, die sich durch sich ändernde Rah-
      Cloud-Lösung soll aus mehreren Modulen bestehen, die         menbedingungen und gesetzliche Vorgaben ergeben.
      verschiedene Themenfelder adressieren wie Analytik,          Der dritte Block widmete sich den mikrobiologischen
      Aufbereitung oder Asset-Management. Bisher wurden            Befunden und molekularbiologischen Verfahren sowie
      die einzelnen Module inhaltlich strukturiert und mit allen   einer Bestandsaufnahme zu SARS-CoV-2 aus wasserwirt-
      Beteiligten abgestimmt. Weiterhin wurde ein Entwurf für      schaftlicher Sicht.
      das Nutzerkonzept erstellt, das den Umgang mit Analyse-
      daten regelt. Im Fokus der Machbarkeitsstudie steht das      TZW vernetzt
      Modul TRINK-IDENT, das eine gemeinschaftliche Auswer-        Aufgrund der Corona-Pandemie waren im Jahr 2020 Dienst-
      tung von Daten aus dem Non-Target-Screening für den          reisen nur sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich. Da-
      Nachweis von unbekannten Spurenstoffen zum Inhalt            her wurden die nationalen und internationalen Kontakte
      hat. Mit diesem Modul soll die Cloud-Lösung starten.         im Rahmen von Forschungsprojekten oder Kundenbetreu-
      Um für die künftigen Herausforderungen der Digitalisie-      ung mit Hilfe von Webmeetings aufrechterhalten.
      rung gerüstet zu sein, verfolgt das TZW eine zukunftsori-    Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
      entierte Digitalisierungsstrategie. Diese zielt auf die      ter des TZW gestalten in rund 100 Arbeitsgruppen
      Entwicklung digitaler Produkte sowie der Modernisie-         aktiv die Zukunft des Wasserfaches mit. In der Mitarbeit

84                                                                                   gwf-Wasser | Abwasser 07-08 | 2021
FACHBERICHT

                                                                                        Zumbülte, N.; Ruhl, A. S.: Mikroplastik im Wasserkreislauf – Pro-
in nationalen und internationalen Gremien und Netz-                                     bennahme, Probenaufbereitung, Analytik, Vorkommen und
werken zeigt sich die hohe Expertise des TZW. Dies ver-                                 Bewertung, Universitätsverlag der TU Berlin, ISBN 978-3-7983-
deutlicht die gute nationale und internationale Position                                3162-4, https://depositonce.tu-berlin.de/handle/11303/11522,
und Reputation des TZW.                                                                 2020.
Am TZW befindet sich die Geschäftsstelle der AWBR (Ar-                           [6]    Müller, Y. K.; Wernicke, T.; Pittroff, M.; Witzig, C. S.; Storck, F. R.;
beitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein), in der                                   Klinger, J.; Zumbülte, N.: Microplastic analysis – are we measu-
                                                                                        ring the same? Results on the first global comparative study
die Wasserversorger aus allen Bodenseeanrainerstaaten                                   for microplastic analysis in a water sample. Analytical and Bio-
vertreten sind. Daneben ist das TZW auch in der IKSR (Inter-                            analytical Chemistry, 412, 555-560, https://doi.org/10.1007/
nationale Kommission zum Schutz des Rheins) und in der                                  s00216-019-02311-1, 2020.
IAWR (Internationale Arbeitsgemeinschaft der Wasserwer-                          [7]    Nödler, K.; Freeling, F.; Scheurer, M.; Schmid, R.; Schaffer, M.:
ke im Rheineinzugsgebiet) in Präsidium, Vorstand und Bei-                               Vorkommen kleiner hochpolarer Kontaminanten in Oberflä-
rat aktiv. In der Global Water Research Coalition (GWRC),                               chengewässern Niedersachsens. Wasser und Abfall 01-02, 14-
                                                                                        19, 2020.
einer Vereinigung der international führenden Wasserfor-
                                                                                 [8]    Ohe, P. C. von der; Freeling, F.; Alygizakis, N. A.; Slobodnik, J.;
schungsinstitute und -unternehmen, ist der TZW-Ge-
                                                                                        Oswald, P.; Aalizadeh, R.; Cirka, L.; Thomaidis; N. S.; Scheurer,
schäftsführer Mitglied des Vorstands und past-President.                                M.: Explaining the rationale behind the risk assessment of
Zum 31.12.2020 waren am TZW 52 Forschungsvorha-                                         surfactants by Freeling et al. (2019). Science of the Total En-
ben in Bearbeitung, die im Wesentlichen durch BMBF,                                     vironment 721, 136828, https://doi.org/10.1016/j.scito-
BMWi, DVGW und EU gefördert wurden. Im gleichen                                         tenv.2020.136828, 2020.
Zeitraum wurden am TZW 43 Publikationen in Fachbü-                               [9]    Rott, E.; Happel, O.; Armbruster, D.; Minke, R.: Behavior of PBTC,
chern und Fachzeitschriften sowie für Konferenzunterla-                                 HEDP, and Aminophosphonates in the process of wastewater
                                                                                        treatment. Water 12(1), 53, https://doi.org/10.3390/w12010053,
gen angefertigt. Die vollständige Publikationsliste steht                               2020.
über die Website des TZW zum Download zur Verfügung.
                                                                                 [10]   Rott, E.; Happel, O.; Armbruster, D.; Minke, R.: Influence of waste-
Hier sind 18 wissenschaftliche Publikationen beispielhaft                               water discharge on the occurrence of PBTC, HEDP, and Amino-
aufgeführt.                                                                             phosphonates in sediment, suspended matter, and the aqueous
                                                                                        phase of rivers. Water 12(3), 803, https://www.mdpi.com/2073-
                                                                                        4441/12/3/803/htm, https://doi.org/10.3390/w12030803, 2020.
Literatur                                                                        [11]   Rüdel, H.; Körner, W.; Letzel, T.; Neumann, M.; Nödler, K.;
[1]   Freeling, F.; Behringer, D.; Heydel, F.; Scheurer, M.; Ternes, T. A.;             Reemtsma, T.: Persistent, mobile and toxic substances in the
      Nödler, K.: Trifluoroacetate in precipitation: Deriving a                         environment: a spotlight on current research and regulatory
      benchmark data set. Environmental Science & Technology 54,                        activities. Environmental Sciences Europe 32, Article number:
      11210-11249, https://dx.doi.org/0.1021/acs.est.0c02910, 2020.                     5. SpringerOpen, https://doi.org/10.1186/s12302-019-0286-x,
                                                                                        2020.
[2]   Freeling, F.; Scheurer, M.; Sandholzer, A.; Armbruster, D.; Nödler,
      K.; Schulz, M.; Ternes. T. A.; Wick, A.: Under the radar - Exceptio-       [12]   Scheurer, M.; Lesmeister, L.; Breuer, J.; Schultheiß, M.: Transfer
      nally high environmental concentrations of the high producti-                     von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) von be-
      on volume chemical sulfamic acid in the urban water cycle.                        lasteten Böden in Pflanzen. Mitt. Umweltchem. Ökotox. 26.
      Water Research 175, 115706, https://doi.org/10.1016/j.wat-                        Jahrgang/Nr. 2, 35-39, 2020.
      res.2020.115706, 2020.                                                     [13]   Sidhu, J. P. S.; Gupta, V. V. S. R.; Stange, C.; Ho, J.; Harris, N.; Barry,
[3]   Gunnarsdottir, M. J., Gardarsson, S. M., Figueras, M.J., Puig-                    K.; Gonzalez, D.; van Nostrand, J. D.; Zhou, J.; Page, D.; Tiehm, A.;
      domènech, C., Juárez, R., Saucedo, G., Arnedo, M. J., Santos, R.,                 Toze, S.: Prevalence of antibiotic resistance and virulence ge-
      Monteiro, S., Avery, L., Pagaling, E., Allan, R., Abel, C., Eglitis, J.,          nes in the biofilms from an aquifer recharged with stormwater.
      Hambsch, B., Hügler, M., Rajkovic, A., Smigic, N., Udovicki, B.,                  Water Research 185, 116269, https://doi.org/10.1016/j.wat-
      Albrechtsen, H.-J., López-Avilés, A., Hunter, P.: Water safety plan               res.2020.116269, 2020.
      enhancements with improved drinking water quality detecti-                 [14]   Stange, C.; Tiehm, A.: Occurrence of antibiotic resistance ge-
      on techniques. Science of the Total Environment 698, 134185,                      nes and microbial source tracking markers in the water of a
      https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2019.134185, 2020.                            karst spring in Germany. Science of the Total Environment
[4]   Happel, O.; Junginger, F.; Scheurer, M.; Kaspryk, O.; Rodriguez,                  742, 140529, https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2020.140529,
      L.; Koch, M.; Krieg, G.; Vollmer, M.; Hoinkis, J.; Atiye, T.; Schäfer,            2020.
      B.; Cakir, U.; Schönung, J.: Praxiserfahrungen mit dem On-                 [15]   Tiehm, A.; Yin, D.; Zheng, B.: The SIGN-2 Project: Assuring good
      line-Sensorsystem WATERTRACE im Bereich der Trinkwasser-                          water quality from the source to the tap. econet china monitor
      aufbereitung und Abwasserbehandlung. Vom Wasser 118, 2,                           09, 10-13, 2020.
      33-76, 2020.                                                               [16]   Tiehm, A.; Hollert, H., Yin, D.; Zheng, B.: Tai Hu (China): Water
[5]   Jekel, M.; Anger, P.; Bannick, C. G.; Barthel, A.-K.; Braun, U.;                  quality and processes – From the source to the tap. Science of
      Braunbeck, T.; Dittmar, S.; Eisentraut, P.; Elsner, M.; Gnirß, R.;                the Total Environment 712, 135559, DOI: 10.1016/j.scito-
      Grummt, T.; Hanslik, L.; Huppertsberg, S.; Ivleva, N. P.; Klöckner,               tenv.2019.135559, 2020.
      P.; Knepper, T. P.; Köhler, H.-R.; Krais, S.; Kuckelkorn, J.; May, E.;     [17]   Witzig, C. S.; Földi, C.; Wörle, K.; Habermehl, P.; Pittroff, M.; Mül-
      Müller, Y. K.; Nießner, R.; Obermaier, N.; Oehlmann, J.; Pittroff,                ler, Y. K.; Lauschke, T.; Fiener, P.; Dierkes, G.; Freier, K. P.; Zumbül-
      M.; Reemtsma, T.; Schmieg, H.; Schmitt, T.; Schür, C.; Storck, F. R.;             te, N.: When good intentions go bad – False positive micropla-
      Strobel, C.; Triebskorn, R.; Wagner, M.; Wagner, S.; Witzig, C. S.;               stic detection caused by disposable gloves. Environmental

www.gwf-wasser.de                                                                                                                                                     85
FACHBERICHT

            Science & Technology,            https://dx.doi.org/10.1021/acs.
            est.0c03742, 2020.                                                 Weitere Informationen:
                                                                               https://tzw.de/
     [18]   Wricke, B.; Plume, S.; Kritzner, I.; Jähnel, M.: Manganeliminie-
            rung im Rahmen der Talsperrenwasseraufbereitung. gwf-Was-
            ser | Abwasser 161/9, 40-47, 2020.

                        Autoren
                        Prof. Dr. rer. nat. Harald Horn                                      Prof. Dr.-Ing. Dimosthenis Trimis
                        Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts                       Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts
                        für Technologie (KIT)                                                für Technologie (KIT)
                        Karlsruhe                                                            Karlsruhe
                        Tel.: 0721 608-42580                                                 Tel.: 0721 608-42570
                        harald.horn@kit.edu                                                  dimosthenis.trimis@kit.edu
                        www.ebi.kit.edu                                                      www.ebi.kit.edu

                        Prof. Dr.-Ing. Thomas Kolb                                           Dr. rer. nat. Josef Klinger
                        Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts                       TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser
                        für Technologie (KIT)                                                Karlsruhe
                        Karlsruhe                                                            Tel.: 0721 9678-110
                        Tel.: 0721 608-42561                                                 josef.klinger@tzw.de
                        thomas.kolb@kit.edu                                                  https://tzw.de/
                        www.ebi.kit.edu

86                                                                                              gwf-Wasser | Abwasser 07-08 | 2021
Sie können auch lesen