WIKIMEDIA DEUTSCHLAND - Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e. V.

 
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WIKIMEDIA DEUTSCHLAND
Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e. V.

Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2009
Die Informationsübermittlung uሷber das Internet ist nicht nur einfacher, schneller und guሷnstiger,
sie ermöglicht gänzlich neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Menschen. Projekte wie
Wikipedia zeigen, wie Freiwillige uሷber den gesamten Erdball verteilt mittels dieser neuen tech-
nischen Grundlagen eine vorbildliche Enzyklopädie in allen Sprachen dieser Erde schaffen kön-
nen und wie gemeinsam diese Inhalte gepflegt, verbessert und fuሷr alle Menschen nutzbar ge-
macht werden können.

Dies ist nur ein Beispiel von vielen: Mit GPS-Geräten und Netbooks ausgestattet sammeln etwa
die Nutzer von "OpenStreetMap" geografische Daten und erlauben jedermann die Nutzung
dieser Informationen fuሷr Landkarten, Routenplaner und alle denkbaren Geo-
Informationssysteme. Von anderer Seite werden vormals geschlossene Medienarchive komplett
online verfügbar gemacht. Die so gewonnene Leserschaft unterstuሷtzt die Archivare bei der sys-
tematischen Erfassung der Inhalte, weist auf Fehler hin oder korrigiert falsche Ergebnisse einer
maschinellen Zeichenerkennung. Gemeinsam ist all diesen Projekte und ihren Protagonisten,
dass sie in der Tradition von privater Eigeninitiative, zivilgesellschaftlichem Engagement sowie
der Wertschätzung von Originalität, Kreativität und Leistung stehen. Mit neuen Methoden ver-
bessern sie die Bildungsgerechtigkeit im eigenen Land und weltweit.

All diese Projekte sind dabei vor die manchmal schwierige Aufgabe gestellt, ihre neuen Prakti-
ken mit den bestehenden nationalen Rechtsvorschriften vereinbar zu machen und Kollisionen
oder gar Widerspruሷche zwischen unterschiedlichen Rechtsnormen zu vermeiden.

Die Abgeordneten des 17. Deutschen Bundestages werden die Gestaltungsmacht haben, die
Parameter fuሷr das Gedeihen einer solchen digitalen Gesellschaft zu setzen. Sie werden die
Spielregeln, Anreize und Schranken fuሷr die Teilhabe und die Verfuሷgbarkeit unseres kulturellen
Erbes setzen. Die an sie zu stellenden Fragen sind daher: Wie nutzen wir sinnvoll die sich durch
das Internet ergebenden neuen Möglichkeiten? Wie stellen wir sicher, dass alle Menschen am
Informationsreichtum und am netzvermittelten Dialog teilhaben können? Welche Rahmenbe-
dingungen helfen, damit sich das Tempo dieser Entwicklung beibehalten oder noch steigern
lässt? Die nachfolgenden Fragen brechen dies herunter auf Themenfelder, in denen der Bund
Entscheidungen treffen kann oder bereits getroffene Entscheidungen auf ihre Zukunftsfähigkeit
prüfen sollte.

   •   Befürworten Sie eine Ausweitung des Geltungsbereiches des §5 UrhG auf alle Werke,
       die von Personen im Dienst oder im Auftrage des Bundes im Rahmen ihrer Arbeit ers-
       tellt wurden? (Analog zu United States Code, Title 17, Chapter 1, §105 - Government
       Works)

                                            WIKIMEDIA DEUTSCHLAND
                                    Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e. V.
                                            Postfach 30 32 43 -10729 Berlin

                                           Telefon: +49 (0)30-219 158 26-0
                                             E-Mail: info(at)wikimedia.de
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   •   Befürworten Sie eine generelle Regelung, nach der urheberrechtlich geschützte Werke,
       die bzw. deren Erstellung aus öffentlichen Mitteln (co-)finanziert werden, nach den
       Grundsätzen von Open Access (etwa im Verständnis der Berlin Declaration) der Allge-
       meinheit frei zugänglich gemacht werden sollen?
   •   Sollen Datenbanken, die von öffentlichen Einrichtungen erstellt wurden, an einem zent-
       ralen Repositorium zur Verfügung gestellt werden, wie dies bei data.gov durch die Ver-
       einigten Staaten gerade umgesetzt wird?
   •   Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation bei IT-Ausschreibungen des Bundes hinsich-
       tlich der Chancengleichheit zwischen Anbietern proprietärer Lösungen und Open-
       Source-Anwendungen?
   •   Sehen Sie Bedarf für eine Klarstellung des §72 UrhG, dass Reproduktionen von urheber-
       rechtlich nicht (mehr) geschützten zweidimensionalen Werken (Gemälden, Fotos u.ä.)
       ebenfalls keinen urheberrechtlichen Schutz genießen?
   •   Welche Möglichkeiten sehen Sie für eine Bundesregierung unter Ihrer Mitwirkung, die
       von der Europäischen Kommission behandelten Fragen von Urheberrechtswaisen - also
       noch urheberrechtlich geschützten Werken, deren Nutzungsrechteinhaber nicht mehr
       auffindbar sind - zu adressieren?
   •   Sehen Sie Bedarf für ein Leistungsschutzrecht für Verlage? Wenn ja, welche konkreten
       Handlungen sollen von diesem Leistungsschutzrecht erfasst werden? Sollte Ihrer Mei-
       nung nach ein solches Leistungsschutzrecht für Verleger die Aussagen der BGH-
       Entscheidung zu Paperboy (Urteil vom 17.07.2003 Az: I ZR 259/00) erhalten oder negie-
       ren?
   •   Sehen Sie Bedarf für die Festschreibung der Netzneutralität für Internetserviceprovider?
   •   Artikel 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikations-
       netzen hat es der Bundesregierung aufgegeben, binnen zwei Jahren nach seinem Inkraft-
       treten Bericht über die Anwendung dieses Gesetzes zu erstatten. Befürworten Sie dazu
       die Aufnahme von Fragestellungen in diese Evaluierung, die die Auswirkungen dieses Ge-
       setzes auf Netzpublikationen und kollaborativ erstellte Werke wie Wikipedia erfassen?
       Welche Auswirkungen dieses Gesetzes auf die Diskussion um den Umgang mit islamisti-
       schen, rechtsradikalen oder jugendgefährdenden Inhalten erwarten Sie?
   •   Ganz allgemein gefragt: Welche Rolle spielen in der Bildungs- und Forschungspolitik Ih-
       rer Partei offene Projekte wie die Wikipedia? Wie bewerten Sie die Qualität der Inhalte
       im Licht Ihrer bildungs- und forschungspolitischen Schwerpunkte?

Nachhaltigkeit bei intellektuellen Investitionen des Bundes

Direkt und indirekt ist der Bund an der Erstellung von Werken beteiligt. Wie andere Staaten
auch beruሷcksichtigt das deutsche Urheberrecht die Besonderheiten von bestimmten Inhalten,
die aus Steuermitteln und in Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben erstellt wurden, beispiels-
weise bei Gesetzestexten oder Urteilen. (Unterschiedliche Reichweiten dieser Bestimmungen
fuሷhren beispielsweise dazu, dass unabhängig von der Qualität NASA-Bildmaterial häufiger ge-
nutzt, verbreitet und rezipiert wird als Aufnahmen der Europäischen Raumfahrtagentur).

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Befürworten Sie eine Ausweitung des Geltungsbereiches des §5 UrhG auf alle
Werke, die von Personen im Dienst oder im Auftrage des Bundes im Rahmen ihrer
Arbeit erstellt wurden? (Analog zu United States Code, Title 17, Chapter 1, §105 -
Government Works)

Partei                                   Antwort
                                         BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen einen
                                         freien Zugang zu mit staatlichen Geldern und
                                         somit mit Steuergeldern finanzierten Werken.
                                         Ob die Urheberrechtsfreiheit, die für Gesetze,
                                         Verordnungen u.a. gilt tatsächlich auf ALLE
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
                                         Werke übertragen werden kann, die von
                                         Personen im Auftrage des Bundes im Rahmen
                                         ihrer Arbeit erstellt werden, muss im Rahmen
                                         der anstehenden Novelle des Urheberrechts
                                         ausführlich debattiert werden.
                                         Die Digitalisierung und das Internet bieten
                                         weiten Teilen der Bevölkerung eine einmalige
                                         und auch neue Chance, an Kunst, Kultur und
                                         Wissenschaft zu partizipieren. Neue Formen
                                         der Sammlung und Weitergabe von Wissen
                                         haben sich erfolgreich etabliert. CDU und CSU
                                         wollen diesen Innovationsschub in Deutschland
                                         unterstützen.
                                         CDU und CSU setzen sich dafür ein, dass die
CDU/CSU                                  Möglichkeiten der modernen Informations-
                                         und Kommunikationstechnologien in den
                                         Behörden und für den Kontakt mit den
                                         Bürgern noch intensiver genutzt werden und
                                         damit auch zu einer Vereinfachung
                                         bürokratischer Vorgänge beitragen. CDU und
                                         CSU werden unter diesem Gesichtspunkt die
                                         Gesetzgebung und die bestehenden
                                         gesetzlichen Regelungen intensiv prüfen.
                                         Neben dem Schutz des materiellen Eigentums

                                                                                  Seite 3
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      bedarf es in der Wissensgesellschaft auch eines
      hinreichenden Schutzes geistigen Eigentums.
      Dies gilt ebenso für die öffentlich finanzierte
      oder teilfinanzierte Forschung. Open Access
      kann eine wichtige Rolle in der Wissenschaft
      spielen und ist doch nicht für jedes Fach die
      geeignete Publikationsform. CDU und CSU
      wollen Wissenschaft und Forschung mit der
      bestmöglichen Informationsinfrastruktur
      ausstatten und setzen sich für einen fairen
      Ausgleich der Interessen von Bildung und
      Wissenschaft, von Künstlern, Kultur- und
      Kreativwirtschaft, von Verbraucher- und
      Datenschutz sowie der Technologieanbieter
      ein.
      Nationales Kulturgut muss auch im digitalen
      Zeitalter weitgehend in öffentlicher
      Verantwortung bleiben. Daher sind
      Alternativen zu privaten Initiativen wichtig. Im
      Bereich des Beauftragten der Bundesregierung
      für Kultur und Medien werden die Deutsche
      und die Europäische Digitale Bibliothek
      gefördert, die nicht nach kommerziellen
      Gesichtspunkten auswählen. Sie vernetzen die
      digitalen Bestände zahlreicher Kultur- und
      Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland
      und Europa.
      Aus Sicht der FDP steht eine Ausweitung des
      Geltungsbereiches des § 5 UrhG auf alle
      Werke, die von Personen im Dienst oder im
      Auftrage des Bundes im Rahmen ihrer Arbeit
      erstellt wurden, gegenwärtig nicht im Fokus.
FDP
      Eine derart umfassende Ausnahme vom
      urheberrechtlichen Schutz allein aufgrund des
      Beschäftigungs- oder Auftragsverhältnisses
      wäre zu weitreichend und zu undifferenziert.
      Die amtlichen Werke im Sinne von § 5 Abs. 1

                                                Seite 4
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                            UrhG erfassen bereits heute alle wesentlichen
                            Veröffentlichungen öffentlicher Stellen.
                            § 5 UrhG verneint einen urheberrechtlichen
                            Schutz für alle amtlichen Gesetze,
                            Verordnungen, Bekanntmachungen etc. sowie
                            für Werke, die im amtlichen Interesse zur
                            allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht
                            worden sind. Da das deutsche Urheberrecht
                            anders als das us-amerikanische eine starke
DIE LINKE.                  Komponente eines individuellen
                            Persönlichkeitsrechtes enthält, ist die Regelung
                            aus dem United States Code nicht einfach
                            übertragbar. Wir setzen uns jedoch für die
                            Einführung einer Schrankenregelung ein, die in
                            eine ähnliche Richtung der Nichtschützbarkeit
                            der im Bundesdienst erarbeiteten Werke
                            wirkt.
                            Wir befürworten eine solche Regelung, was in
Piratenpartei Deutschland   unserem Parteiprogramm in dem Punkt "Open
                            Access" dargelegt ist.
                            Eine Änderung des § 5 Urheberechtsgesetz ist
                            nicht beabsichtigt.

                            Soweit mit der Frage die Ausgestaltung der
                            Rechte von Urhebern in Arbeits- oder
                            Dienstverhältnissen angesprochen ist, regelt §
                            43 Urheberrechtsgesetz diesen Sachverhalt.
SPD                         Diese Regelung ist durch die Rechtsprechung
                            dahingehend konkretisiert worden, dass die
                            zur vertragsgemäßen Werkverwertung
                            erforderlichen Nutzungsrechte stillschweigend
                            auf den Dienstherren übergehen, wenn der
                            Urheber das Werk im Rahmen einer arbeits-
                            oder dienstvertraglich geschuldeten Tätigkeit
                            geschaffen hat.

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Befürworten Sie eine generelle Regelung, nach der urheberrechtlich geschützte
Werke, die bzw. deren Erstellung aus öffentlichen Mitteln (co-)finanziert werden,
nach den Grundsätzen von Open Access (etwa im Verständnis der Berlin
Declaration) der Allgemeinheit frei zugänglich gemacht werden sollen?

Partei                                   Antwort
                                         BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen das
                                         Open-Access-Prinzip. In der modernen
                                         Wissens- und Informationsgesellschaft ist der
                                         ungehinderte Zugang zum jeweils neuesten
                                         Kenntnisstand die Grundvoraussetzung für
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN                    erfolgreiche Forschungsarbeit. Wir fordern
                                         außerdem ein Zweitveröffentlichungsrecht für
                                         UrheberInnen von wissenschaftlichen
                                         Beiträgen, die überwiegend im Rahmen einer
                                         mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und
                                         Forschungstätigkeit entstanden sind.
CDU/CSU                                  Siehe oben.
                                         Die FDP unterstützt "open access" als eine
                                         Alternative zur herkömmlichen Publikation im
                                         Wissenschaftsbereich. Forderungen nach einer
                                         Beschränkung urheberrechtlicher
                                         Nutzungsrechte durch gesetzliche Eingriffe in
                                         das Urheberrecht der Autoren sieht die FDP
                                         allerdings kritisch. Wenn ein Autor sich für
                                         eine Verlagsveröffentlichung entscheidet, dann
FDP                                      müssen die vertraglichen Vereinbarungen in
                                         Bezug auf die Nutzungsrechte grundsätzlich
                                         Bestand haben. Sinnvoll sind stattdessen die
                                         Kooperation der Wissenschaftseinrichtungen
                                         mit den Wissenschaftsverlagen zum Aufbau
                                         von "open access" Repositorien; auf diese
                                         Weise können die unterschiedlichen
                                         Publikationsmodelle im Wege freiwilliger
                                         Vereinbarungen miteinander kombiniert

                                                                                   Seite 6
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             werden. Sie sollten deshalb weiterentwickelt
             werden. Die in diesem Zusammenhang
             diskutierten Modelle für
             Urheberrechtsänderungen, insbesondere eine
             Änderung von § 38 UrhG zur Schaffung eines
             zwingenden Zweitveröffentlichungsrechts und
             eine Änderung von § 43 UrhG zur Schaffung
             eines erleichterten Zugriffsrechts zugunsten
             der Hochschulen, wäre im Übrigen nicht nur
             rechtspolitisch bedenklich, sondern sie wären
             sehr wahrscheinlich nicht mit den zwingenden
             Vorgaben des europäischen Rechts zu
             vereinbaren und begegnen auch im Hinblick auf
             die verfassungsrechtlich garantierte
             Wissenschafts- und Publikationsfreiheit
             Bedenken.
             Der Zugang zu Werken, die mit öffentlichen
             Mitteln finanziert wurden, muss verbessert
             werden. Die Berliner Erklärung von 2003
             bezieht sich explizit auf wissenschaftliches
             Wissen, für die wir den Open-Access-
             Gedanken umfassend nachvollziehen können
             und unterstützen. Für kulturelle Werke
             ergeben sich komplizierte
             Abgrenzungsprobleme, nicht nur bei
             projektbezogenen Zuwendungen der
DIE LINKE.   öffentlichen Hand wie im Film- und
             Kunstbereich üblich. Eine generelle gesetzliche
             Regelung erscheint uns daher nicht möglich.
             Eine verbesserte Zugänglichkeit aller mit
             öffentlichen Mitteln finanzierten oder co-
             finanzierten Werke könnte erreicht werden,
             indem etwa eine Veröffentlichung unter
             Creative-Commons Lizenz zur Voraussetzung
             einer öffentlichen Förderung gemacht wird.
             Zudem muss die Politik in den Ländern und im
             Bund öffentlich finanzierte Einrichtungen wie

                                                       Seite 7
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                            Theater, Orchester, Schulen, Verwaltungen,
                            Medien und Wissenschaftseinrichtungen
                            verstärkt auf die Möglichkeiten digitaler
                            Veröffentlichungen und Angebote orientieren
                            und bei der Erstellung der entsprechenden
                            Infrastruktur unterstützen. Dazu gilt es,
                            entsprechend auch Verwertungsorganisationen
                            wie die GEMA, VG-Wort etc. zu reformieren
                            und die Abkehr von exklusiven
                            Rechteabtretungen einzuleiten.
                            Auch diese Frage ist klar mit ja zu
                            beantworten. Wir stellen uns gegen die gängige
Piratenpartei Deutschland
                            Praxis, in der Privatfirmen aus staatlich
                            finanzierten Werken Profit schlagen dürfen.
                            Die Frage nach den Rahmenbedingungen für
                            Open Access ist – mit weiteren Fragen zu
                            möglichem urheberrechtlichem Reformbedarf
                            – Gegenstand eines Konsultationspapiers, mit
                            dem das Bundesministerium der Justiz im
                            Februar dieses Jahres die beteiligten Kreise um
SPD                         Stellungnahme gebeten hat. Die eingegangenen
                            Stellungnahmen werden zurzeit ausgewertet.
                            Nach Abschluss der Auswertung wird das
                            Ministerium in Abstimmung mit der SPD-
                            Bundestagsfraktion einen Vorschlag zum
                            weiteren Vorgehen im Rahmen eines
                            sogenannten „3. Korbs“ unterbreiten.

                                                                     Seite 8
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Sollen Datenbanken, die von öffentlichen Einrichtungen erstellt wurden, an einem
zentralen Repositorium zur Verfügung gestellt werden, wie dies bei data.gov durch
die Vereinigten Staaten gerade umgesetzt wird?

Partei                                   Antwort
                                         Öffentliches Wissen soll öffentlich zugänglich
                                         gemacht werden: Dies muss in offenen und
                                         freien Formaten geschehen und natürlich so
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
                                         bedienungsfreundlich wie möglich.
                                         „www.data.gov“ ist ein spannender Ansatz, den
                                         wir aufmerksam verfolgen werden.
CDU/CSU                                  Siehe oben.
                                         Abhängig vom konkreten Sachverhalt bieten
                                         sich öffentlich zugängliche Datenbanken, die
                                         von staatlichen Institutionen erstellt wurden,
                                         dann an, wenn keine Betriebs- und
                                         Geschäftsgeheimnisse von Dritten verletzt
                                         werden und die Veröffentlichung der
FDP
                                         Informationen nicht dazu führt, dass
                                         bestehende private Angebote vom Markt
                                         verdrängt werden. Der Staat darf nicht in
                                         unlauterer Weise durch Nutzung von
                                         Steuergeldern privaten Anbietern Konkurrenz
                                         machen.
                                         DIE LINKE. unterstützt einen entsprechenden
                                         Ansatz, der in den USA durch den Chief
                                         Information Manager Vivek Kundra derzeit
                                         umgesetzt wird, auch für Deutschland. Mit den
                                         veröffentlichten, maschinenlesbaren Daten
DIE LINKE.                               lässt sich ein vielfältiger Gemeinnutzen
                                         erzielen, indem etwa
                                         Verwaltungen, Wissenschaftlerinnen und
                                         Wissenschaftler, aber auch Bürgerinnen und
                                         Bürger Statistiken, Karten oder Grafiken aus
                                         alternativen Blickwinkeln erstellen. Ein solcher

                                                                                   Seite 9
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                            zentraler Zugang zu öffentlichen Daten wäre
                            auch für Deutschland ein entscheidender
                            Fortschritt bei der Umsetzung eines
                            wissensbasierten Gemeinwesens.
                            Sofern dabei keine persönlichen Daten von
                            Bundesbürgern veröffentlicht werden, ist dies
                            ein guter Schritt auf dem Weg zu einem
                            transparenten Staat. Weiter ist zu beachten,
Piratenpartei Deutschland
                            dass eine dezentrale Datenspeicherung ein
                            geringeres
                            Ausfallrisiko besitzt, als eine Akkumulation von
                            Technik und Daten auf engem Raum.
                            Wir haben mit dem Informationsfreiheitsgesetz
                            des Bundes eine so genannte Internetklausel
                            geschaffen, in der die
                            Veröffentlichungspflichten der Behörden des
                            Bundes geregelt sind. Nach § 11 IFG sollen die
                            Behörden des Bundes Verzeichnisse führen,
                            aus denen sich die vorhandenen
                            Informationssammlungen und -zwecke
                            erkennen lassen. Darüber hinaus sind
                            Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe
                            personenbezogener Daten allgemein zugänglich
                            zu machen. Diese Informationen, Pläne und
SPD
                            Verzeichnisse sowie weitere geeignete
                            Informationen sollen in elektronischer Form
                            allgemein zugänglich, also im Internet
                            veröffentlicht, gemacht werden. Dies ist ein
                            wichtiger erster Schritt, um die Informationen
                            bei öffentlichen Stellen, soweit keine
                            gewichtigen Gründe entgegenstehen,
                            zugänglich zu machen. Ob diese Informationen
                            und Datenbanken an einem zentralen
                            Repositorium zusammengeführt werden
                            sollten, kann derzeit noch nicht abschließend
                            beantwortet werden, diese Entscheidung kann

                                                                     Seite 10
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                                        letztlich nur unter Kosten- und
                                        Nutzengesichtspunkten getroffen werden.
                                        Hierzu liegen bislang keine ausreichenden
                                        Erkenntnisse vor.

Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation bei IT-Ausschreibungen des Bundes
hinsichtlich der Chancengleichheit zwischen Anbietern proprietärer Lösungen und
Open-Source-Anwendungen?

Partei                                  Antwort
                                        Nach unserer Kenntnis kommt es immer wie-
                                        der zu Diskriminierungen von Anbietern wirk-
                                        lich offener Standards und damit mittelständi-
                                        schen Unternehmen bei IT-Ausschreibungen,
                                        weil letztendlich Marktgiganten bevorzugt wer-
                                        den. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich
                                        auch weiterhin dafür ein, dass es zum Einsatz
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN                   von wirklich offenen Standards in den Verwal-
                                        tungen kommt. Keinesfalls darf sich eine Defini-
                                        tion „offener“ Standards überall durchsetzen,
                                        wie sie die Große Koalition im Jahr 2007 ge-
                                        fordert hat. Dies würde nämlich zur Folge ha-
                                        ben, dass auch exklusive und gebührenpflichtige
                                        Standards als offene Standards akzeptiert wer-
                                        den.
                                        Open Source hat sich als ein wichtiges Ge-
                                        schäftsmodell neben anderen etabliert. Sie bie-
                                        tet in fast allen Bereichen erfolgreiche Lösun-
                                        gen für Wirtschaft, Forschung, den privaten
                                        Bereich sowie in besonderem Maße für die
                                        öffentliche Verwaltung an.

CDU/CSU                                 Open Source ist Teil des Ende 2006 von der
                                        unionsgeführten Bundesregierung
                                        beschlossenen Aktionsprogramms "iD2010 -
                                        Informationsgesellschaft Deutschland 2010".
                                        Zur weiteren Unterstützung von Open Source-
                                        Software hat die unionsgeführte
                                        Bundesregierung im April 2008 die dritte

                                                                                Seite 11
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             Auflage des "Migrationsleitfadens"
             veröffentlicht, der auf Alternativen aus dem
             Open Source-Bereich hinweist. Zudem wurde
             ebenfalls 2008 im Bundesverwaltungsamt ein
             Kompetenzzentrum für Open Source Software
             eingerichtet.
             Das gemeinschaftsrechtlich vorgegebene
             Vergaberecht im Oberschwellenbereich bietet
             weitestgehend angemessene Bedingungen für
             ein wettbewerbsrechtliches
             Ausschreibungsverfahren nach dem
             Günstigkeitsprinzip. Insofern lassen sich
FDP          vergaberechtsbedingte Diskriminierungen
             zwischen proprietärer Lösungen und Open
             Source-Anwendungen nicht erkennen. Im
             Unterschwellenbereich fordert die FDP
             alternative Rechtsschutzinstrumente, um ein
             chancengleiches Ausschreibungsverfahren
             nachhaltig zu sichern.
             Die Nutzung von OSS kann nicht nur
             erhebliche Kosteneinsparungen für die
             öffentliche Hand, sondern auch mehr
             Flexibilität und aufgabengerechte Anpassung
             der IT-Infrastrukturen bringen. Verwaltungen
             sind durch den Einsatz von OSS unabhängig von
             Produktzyklen und Produktpolitik großer
             Hersteller und stärken zudem den vor allem
DIE LINKE.   mittelständisch geprägten IT-
             Dienstleistungssektor. DIE LINKE unterstützt
             den Einsatz freier Software auf Bundesebene
             und sieht hier erheblichen Nachholbedarf in
             den Bundesverwaltungen. Allerdings ist bisher
             keine Rechtsklarheit bei der ausschließlichen
             Ausschreibung auf OSS gegeben. Die
             Bundesstelle für Informationstechnik empfiehlt
             derzeit den Behörden aus diesem Grund eine

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                            neutrale Ausschreibung, die auch proprietäre
                            Softwareanbieter als Bewerber zulässt.
                            Allerdings muss die Vergabepolitik verstärkt
                            die Vorteile von OSS in den
                            Ausschreibungstexten berücksichtigen.

                            Die momentane Situation bedarf einer
                            Anpassung an die sich weiterentwickelnde
                            Gesellschaft. Ein von der Kommission der
                            europäischen Gemeinschaft veröffentlichtes
                            Weißbuch gibt Anregungen für die
                            Nationalstaaten, welche überwiegend im Sinne
                            der Piratenpartei sind. Nur um ein Beispiel zu
                            nennen: Die Chancengleichheit z.B. muss
                            gewährleistet sein.
                            Falls bei einer Ausschreibung mehrere
Piratenpartei Deutschland   Programme oder Programmpakete einen
                            vergleichbaren Leistungsumfang besitzen, muss
                            nach weiteren Kriterien, wie z.B.:
                            Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und Ergonomie
                            entschieden werden. Der
                            Einsatz von Open Source Software spiegelt
                            letztendlich die Aufgabe des Staates wieder,
                            nämlich die Gemeinschaftsordnung zu erhalten,
                            durch einen Prozess der aktiven Mitgestaltung
                            der Bürger ihrer Gemeinschaft und so ihres
                            Staates.

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                                                 Das Vergaberecht kennt keine Unterscheidung
                                                 im angesprochenen Sinn. Daraus folgt: Wenn
                                                 die angebotenen Lösungen (open source und
                                                 proprietär) die von der Vergabestelle
                                                 gewünschten technischen Anforderungen in
                                                 gleichem Maße erfüllen, muss der Anbieter mit
                                                 dem wirtschaftlicheren Angebot genommen
                                                 werden. Der Umstand, dass eine Lösung auf
                                                 open source oder proprietärer Software
SPD                                              beruht, darf dabei grundsätzlich keine Rolle
                                                 spielen.

                                                 Soweit die Frage auf die Vergabewirklichkeit
                                                 abzielt und nicht auf die vergaberechtliche
                                                 Situation, liegen uns keine Anhaltspunkte dafür
                                                 vor, dass bei Vergabeentscheidungen die
                                                 Chancengleichheit zwischen Anbietern
                                                 proprietärer Lösungen und Open-Source-
                                                 Lösungen nicht gewahrt wäre.

Die digitale Allmende

Die Digitalisierung ermöglicht es kulturellen Einrichtungen, ihre Bestände einem riesigen Publi-
kum, losgelöst von räumlichen Beschränkungen, zu präsentieren. Bibliotheken als Huሷter des
verschriftlichten kulturellen Erbes leisten hier bereits einen aufwändigen wie notwendigen
Dienst bei der Digitalisierung. Diese Arbeit ist geprägt von Unsicherheiten uሷber den rechtlichen
Status einzelner Werke, fuሷr die sich auch nach zeitraubender und akribischer Suche kein Rech-
teinhaber feststellen lässt. Diese Werke sind heute der Öffentlichkeit nahezu entzogen, wenn
sich nicht eine Institution findet, die die Risiken dieser Unsicherheit auf sich nimmt.

                                                                                          Seite 14
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Sehen Sie Bedarf für eine Klarstellung des §72 UrhG, dass Reproduktionen von
urheberrechtlich nicht (mehr) geschützten zweidimensionalen Werken
(Gemälden, Fotos u.ä.) ebenfalls keinen urheberrechtlichen Schutz genießen?

Partei                                  Antwort
                                        BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind der Ansicht,
                                        dass die Rechtslage zu Reproduktionen
                                        eindeutig ist: für diese besteht kein
                                        urheberrechtlicher Schutz, denn das Ziel von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN                   Reproduktionen ist die Originaltreue, die
                                        individuelle Gestaltung tritt dahinter zurück.
                                        Wir sind jedoch bereit, uns für eine
                                        Klarstellung einzusetzen, falls sich in dieser
                                        Frage Probleme zeigen sollten.
                                        Die Digitalisierung und das Internet stellen
                                        Kultur und Wissenschaft vor grundlegende
                                        Herausforderungen. Ein möglichst umfassender
                                        Zugang zu kulturellem Erbe und
                                        wissenschaftlicher Information ist wichtig.
CDU/CSU                                 CDU und CSU setzen sich dafür ein, national
                                        wertvolles Kulturerbe besser zu sichern und
                                        leichter zugänglich zu machen. Unser
                                        kulturelles Erbe ist ein Schatz, den wir hüten
                                        und weitertragen wollen. Dazu gehört auch die
                                        Bewahrung unseres Filmerbes.
                                        Durch die Reproduktion eines nicht mehr
                                        urheberrechtlich geschützten Werkes - z.B. die
                                        Mona Lisa von da Vinci - lebt der
                                        urheberrechtliche Schutz an diesem Werk
                                        nicht wieder auf; es bleibt gemeinfrei. Der
FDP
                                        Schutz des abgebildeten Werkes ist aber zu
                                        unterscheiden vom Schutz der Fotografie. Das
                                        Leistungsschutzrecht des Lichtbildners (§ 72
                                        UrhG) besteht unabhängig davon, ob das
                                        Fotomotiv ein urheberrechtlich überhaupt

                                                                                Seite 15
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                            nicht geschützter Gegenstand ist (z.B. bei einer
                            Landschafts- oder Tieraufnahme) oder nicht
                            mehr geschützt ist, weil die Schutzfrist des
                            Motivs abgelaufen ist.
                            Ja. Eine solche Regelung ist überfällig und
                            verhindert die nachträgliche private Aneignung
DIE LINKE.
                            gemeinfreier Werke. Durch Reproduktion
                            dürfen keine neuen Rechte begründet werden.
                            Wir sehen natürlich Bedarf zur Klarstellung
                            des urheberrechtlichen Schutzes von nicht
                            (mehr) geschützten zweidimensionalen
                            Werken. Im Allgemeinen wird für die Schaffung
                            eines Werkes in erheblichem Maße auf den
                            öffentlichen Schatz an Schöpfungen
Piratenpartei Deutschland
                            zurückgegriffen. Die Rückführung von Werken
                            in den öffentlichen Raum ist daher nicht nur
                            berechtigt, sondern im Sinne der
                            Nachhaltigkeit der menschlichen
                            Schöpfungsfähigkeiten von essentieller
                            Wichtigkeit.
                            Die hier aufgeworfenen Fragen sind ebenfalls
                            Gegenstand des Konsultationspapiers, mit dem
                            das Bundesministerium der Justiz die
                            beteiligten Kreise um Stellungnahme gebeten
SPD
                            hat. Nach Abschluss der Auswertung der
                            eingegangenen Antworten werden wir
                            zusammen mit dem Ministerium Vorschläge für
                            den sogenannten 3. Korb unterbreiten.

                                                                     Seite 16
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Welche Möglichkeiten sehen Sie für eine Bundesregierung unter Ihrer Mitwirkung,
die von der Europäischen Kommission behandelten Fragen von
Urheberrechtswaisen - also noch urheberrechtlich geschützten Werken, deren
Nutzungsrechteinhaber nicht mehr auffindbar sind - zu adressieren?

Partei                                  Antwort
                                        Durch die enorme Anzahl von Werken, deren
                                        UrheberInnen unbekannt oder unauffindbar
                                        sind, liegt viel Wissen brach, weil es nicht
                                        verwertet werden kann. Bemühung für die
                                        Nutzbarmachung sogenannter verwaister
                                        Werke sehen wir daher als sinnvoll an. Bei
                                        solch einer Regelung spielt die konkrete
                                        Ausgestaltung aber eine große Rolle: Die
                                        notwendige Suche nach den Rechteinhabern
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
                                        muss klaren Mindestanforderungen
                                        entsprechen, Rechteinhaber müssen
                                        Widerspruch einlegen können. Ob die
                                        verwaisten Werke nur für die nicht-
                                        kommerzielle Nutzung gemeinfrei gemacht
                                        werden sollten, genauso wie eine die Idee einer
                                        europaweiten, öffentlichen
                                        Rechteregistrierungsstelle, diskutieren wir
                                        derzeit noch.
CDU/CSU                                 Siehe oben.
                                        Die Frage, wie eine rechtmäßige Nutzung sog.
                                        "verwaister Werke", die noch geschützt sind,
                                        deren Rechteinhaber aber nicht mehr
                                        auffindbar sind, ermöglicht werden kann, gehört
FDP
                                        sicher zu den zentralen Fragen im
                                        Urheberrecht. Die FDP setzt sich dafür ein,
                                        dass dieses Thema im Rahmen der nächsten
                                        Urheberrechtsnovelle behandelt wird. Die mit

                                                                               Seite 17
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             dem sog. "Zweiten Korb" geschaffene Regelung
             über den nachträglichen Erwerb von Rechten
             an vormals unbekannten Nutzungsarten (§ 137 l
             UrhG) reicht hier womöglich nicht aus. Eine
             gewisse Vereinfachung des Lizenzerwerbs für
             nichtkommerzielle Nutzungen erscheint
             durchaus sachgerecht. Allerdings müssen an die
             Nichtauffindbarkeit der Rechteinhaber
             ausreichend hohe Anforderungen gestellt
             werden. Außerdem muss die Zahlung einer
             angemessenen Vergütung gewährleistet sein.
             Allein ein höherer Aufwand zur Klärung der
             Rechtesituation rechtfertigt eine solche
             gesetzliche Lizenz jedoch keineswegs.

             Die Debatte um das Vorgehen der Firma
             Google beim Digitalisieren vergriffener Bücher
             verweist auf den Widerspruch zwischen den
             Möglichkeiten der Nutzbarmachung des
             kulturellen Erbes und der unzureichend
             angepassten Rechtsordnung. Aus unserer Sicht
             muss die EU-Kommission eine Überarbeitung
             der Urheberrechtsrichtlinie 2001/29/EG
DIE LINKE.
             vornehmen, die unter anderem eine Lösung für
             den Zugang zu verwaisten Werken findet. Dies
             sollte die Bundesregierung auch im Interesse
             wichtiger Projekte wie der Deutschen Digitalen
             Bibliothek (DDB) unter dem Dach der
             Europeana unterstützen und eine ähnliche
             gerichtete Umsetzung in deutsches Recht
             forcieren.

                                                   Seite 18
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                                                  Wir sehen es als unsere Pflicht, Werke mit
                                                  urheberrechtsverwaister Natur der
                                                  Allgemeinheit zuzuordnen. Wenn jemand vor
Piratenpartei Deutschland                         100 Jahren gestorben ist und keine Hinweise
                                                  hinterlassen hat, wer die Nutzungsrechte seiner
                                                  Werke verwerten darf,
                                                  dann ist dieses Werk öffentliches Allgemeingut.

                                                  Die hier aufgeworfenen Fragen sind ebenfalls
                                                  Gegenstand des Konsultationspapiers, mit dem
                                                  das Bundesministerium der Justiz die beteiligten
                                                  Kreise um Stellungnahme gebeten hat. Nach
SPD
                                                  Abschluss der Auswertung der eingegangenen
                                                  Antworten werden wir zusammen mit dem
                                                  Ministerium Vorschläge für den sogenannten 3.
                                                  Korb unterbreiten.

Zukunft des Internets

Das Internet erlaubt es Verlagen, zu vergleichsweise geringen Kosten ein riesiges Publikum zu
erreichen und in den globalen Austausch an Informationen, Meinungen und das Angebot innova-
tiver Dienstleistungen einzusteigen. Es entstehen neue Angebote, die dem einzelnen Nutzer
helfen, sich in dieser Fuሷlle von Seiten zurechtzufinden, Internet-Suchangebote sind ein erfolgrei-
ches Geschäftsmodell, von dem sowohl die Anbieter hochwertiger Inhalte als auch die Nutzer
profitieren. Auch die deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung hat die Möglichkeiten und
Grenzen fuሷr vermittelnde Dienstleistungen zu Inhalten nachgezeichnet.

Sehen Sie Bedarf für ein Leistungsschutzrecht für Verlage? Wenn ja, welche
konkreten Handlungen sollen von diesem Leistungsschutzrecht erfasst werden?
Sollte Ihrer Meinung nach ein solches Leistungsschutzrecht für Verleger die
Aussagen der BGH-Entscheidung zu Paperboy (Urteil vom 17.07.2003 Az: I ZR
259/00) erhalten oder negieren?

Partei                                            Antwort
                                                  BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diskutieren ein
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
                                                  Leistungsschutzrecht für Verlage noch und

                                                                                            Seite 19
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      haben dementsprechend noch keine
      abschließende Position. Wir sind der Ansicht,
      dass in dieser Diskussion insbesondere die
      möglichen Auswirkungen auf die UrheberInnen
      selbst und deren Rechte, sowie auf den freien
      Zugang zu Wissen und Bildung berücksichtigt
      werden müssen. Klar ist: Die Urheberinnen
      und Urheber kreativer Inhalte im Netz müssen
      für ihre Werke vergütet werden können. Wir
      prüfen deshalb derzeit die Idee einer
      Kulturflatrate, die die Möglichkeit eines
      pauschalen Vergütungssystems im Netz bietet.
      Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Politik und
      Verlagen, verstärkt das Bewusstsein für den
      Wert und die Relevanz von Zeitungen und
      Zeitschriften in der Gesellschaft als Kulturgut
      zu verankern. Im Online-Bereich dürfen die
CDU
      Verlage nicht schlechter gestellt werden als
      andere so genannte Werkvermittler. Falls
      erforderlich werden wir ein eigenes
      Leistungsschutzrecht für Verlage zum Schutz
      der Presseprodukte im Internet schaffen.
      Die FDP steht der Schaffung eines
      Leistungsschutzrechts für Verleger
      aufgeschlossen gegenüber. Insbesondere im
      Pressebereich finden im Internet heute
      Nutzungen von Presserzeugnissen statt, die die
      berechtigten wirtschaftlichen Interessen der
      Verlage erheblich beeinträchtigen können und
FDP
      deren Unterbindung nach geltendem Recht -
      wenn überhaupt - nur sehr schwer möglich ist.
      Es spricht deshalb viel dafür, den Verlegern für
      ihre Verlagsprodukte nach dem Vorbild
      bestehender Leistungsschutzrechte, zum
      Beispiel für Film- und Tonträgerhersteller, ein
      eigenes Verbotsrecht zu gewähren.

                                               Seite 20
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                            Der BGH hat in seinem "Paperboy"-Urteil
                            entschieden, dass Hyperlinks keine
                            urheberrechtlich relevante Handlung
                            darstellen. Diese Entscheidung ist unabhängig
                            vom jeweiligen Schutzrecht und würde damit
                            zunächst auch für das Verlegerschutzrecht
                            gelten.
                            Ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage ist
                            insofern problematisch, als bislang ungeklärt
                            bleibt, wie das für die Meinungsfreiheit
                            konstitutive Zitatrecht gewährleistet werden
                            kann und wie Journalistinnen und Journalistenk,
                            die zumeist über Total-Buy-Out-Verträge an
                            die Verlage gebunden sind, an der digitalen
                            Zweitverwertung ihrer Texte in Online-
                            Medien beteiligt werden. Zudem darf ein
                            solches Schutzrecht das grundsätzliche Recht
                            auf Mehrfachverwertung durch die Urheber
DIE LINKE.
                            sowie eine Veröffentlichung der Texte unter
                            Creative Commons-Lizenz nicht behindern.
                            Dies könnte durch den Abschluss einer klaren
                            und eindeutigen Vergütungsverordnung für
                            Journalistinnen und Journalisten erreicht
                            werden, die jedoch durch die Verlage bisher
                            boykottiert wird. Nur unter der Bedingung,
                            dass die genannten Probleme einer eingängigen
                            Lösung zugeführt werden können, ist für uns
                            die Gewährung eines Leistungsschutzrechts
                            denkbar.
                            Unter Berücksichtigung der Weiterentwicklung
                            des Verlagswesens von einem
                            Meinungsanbieter mit Inhalten auf einem
Piratenpartei Deutschland   Träger hin zu einem elektronischem
                            Informationsdienstleister werden natürlich den
                            klassischen Vertriebs- und
                            Einnahmewegen eine geringere Bedeutung

                                                                    Seite 21
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      zukommen. Die Aktualität und der
      Vernetzungsgrad des Internets als
      Vertriebsweg führen zu einen großem
      Synergieeffekt, der die monetäre und
      gesellschaftliche Bedeutung der Verlage
      schrumpfen lässt. Dem entgegenzutreten
      dürfte die Hauptmotivation der Verlage für die
      Forderung nach einem Leistungsschutzrecht
      auf geistiges Eigentum sein. Um kurz bis
      mittelfristig die Qualität der sogenannten
      vierten Gewalt in Deutschland sicherzustellen,
      könnte man eine Abgabenpauschale als
      Übergangslösung installieren. Bezweifelt
      werden darf hierbei, ob das Geld letztendlich
      auch beim ausführendem
      Journalisten/Redakteur ankommt. Dies kann
      über ein Zitationssystem festgelegt werden,
      welches direkt die Verbreitung des Werkes
      mit der Entlohnung kombiniert. Langfristig
      gesehen muss geistiges Eigentum abgeschafft
      werden, um die allgemeine Verfügbarkeit von
      Information, Wissen und Kultur zu verbessern,
      was eine essentielle Grundvoraussetzung für
      die soziale, technische und wirtschaftliche
      Weiterentwicklung unserer Gesellschaft
      darstellt.
      Bundesministerin Zypries hatte bereits bei der
      internationalen Konferenz des
      Bundesministeriums der Justiz zur Zukunft des
      Urheberrechts zugesagt, die Einführung eines
      Leistungsschutzrechts für Verleger
SPD   wohlwollend zu prüfen. Auch zu diesem Punkt
      werden die im Rahmen der oben genannten
      Konsultation eingegangenen Stellungnahmen
      der Verbände ausgewertet. Für ein
      Leistungsschutzrecht spricht, dass auch die
      Verlage eine organisatorisch-wirtschaftliche

                                              Seite 22
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                                         Leistung erbringen wie andere
                                         Leistungsschutzberechtigte. Fraglich ist
                                         allerdings, ob ein Leistungsschutzrecht die
                                         wirtschaftlichen Probleme der Verlage lösen
                                         wird. In den USA „stirbt“ der klassische
                                         Zeitungsmarkt, obwohl die Verlage dank des
                                         amerikanischen Urheberrechts über einen dem
                                         Leistungsschutzrecht vergleichbaren Schutz
                                         verfügen. Ob ein Schutzrecht eingeführt wird
                                         und wie dieses ausgestaltet werden soll, muss
                                         mit allen Betroffenen sorgfältig erörtert
                                         werden.

Sehen Sie Bedarf für die Festschreibung der Netzneutralität für
Internetserviceprovider?

Partei                                   Antwort
                                         BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für
                                         Netzneutralität ein. Es darf aus grüner Sicht
                                         etwa nicht sein, dass Netzbetreiber eigenen
                                         Produkten durch Verletzung der Netzneutrali-
                                         tät Marktvorteile verschaffen. Ein freies und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN                    neutrales Internet darf nicht den einseitigen
                                         Interessen das Staates oder der Wirtschaft
                                         geopfert werden. Sollten die bestehenden Ge-
                                         setze nicht ausreichen, Netzneutralität zu si-
                                         chern, werden wir uns entsprechend dafür
                                         einsetzen.
                                         CDU und CSU stehen für Netzneutralität.
                                         Selbstverständlich muss aber auch eine
                                         Refinanzierung der Netze sichergestellt sein.
CDU/CSU                                  Die Netzbetreiber sind aufgefordert, hier
                                         Businessmodelle zu entwickeln, die dies unter
                                         Berücksichtigung der Netzneutralität und des
                                         diskriminierungsfreien Zugangs sicherstellen.
FDP                                      Aus Sicht der FDP besteht in wettbewerblich

                                                                                 Seite 23
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             organisierten Märkten grundsätzlich kein
             Bedarf für gesetzliche Regelungen zur
             Netzneutralität. Vor allem der deutsche
             Gesamtmarkt für Telekommunikationsdienste
             hat sich seit der Liberalisierung im Jahr 1998
             dynamisch entwickelt. Eine hohe
             Wettbewerbsintensität ergibt sich dabei nicht
             nur aus einem nachhaltigen Dienste- sondern
             vor allem aus einem ausgeprägten
             Infrastrukturwettbewerb.
             Wir treten für die Beibehaltung der
             Netzneutralität, des freien und gleichen
             Informationsflusses im Netz ein.
             Netzbetreibern soll rechtsverbindlich
             vorgeschrieben werden, die Anbieter von
             Inhalten unterschiedslos und
             diskriminierungsfrei zu behandeln. Im Rahmen
             der technischen Möglichkeiten sogenannter
             Next Generation Networks wäre es somit
             untersagt, die Weiterleitung und
             Geschwindigkeit von Paketen anhand ihres
             Inhalts zu kontrollieren. Unser Ziel ist es, die
             grundsätzlich offene Technologie des Netzes
DIE LINKE.   und sein darauf basierendes Innovations- und
             Entwicklungspotential zu bewahren.
             Netzneutralitat allerdings gilt es technologisch
             zeitgemäß zu sichern: Notwendig ist die
             Entwicklung einer offenen Architektur, die den
             heutigen Dimensionen und Nutzungen des
             Internet sowie den entsprechenden
             Anforderungen an seine Leistung, Stabilität und
             Sicherheit gerecht wird. Es gilt nicht, einen
             überholten Stand der Technik für verbindlich
             zu erklären, sondern eine effiziente
             Paketlenkung und Netzverwaltung, einen
             stabilen Netzbetrieb und die Unterstützung
             von Echtzeitanwendungen im Rahmen einer

                                                      Seite 24
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                                      zeitgemäßen Universaldienstpflicht mittels
                                      differenzierter Qualitätsstandards zu
                                      regulieren, die eine Benachteiligung einzelner
                                      Nutzer oder Nutzungen ausschließen. Diese
                                      Standards, deren Einhaltung es auch zu
                                      überwachen gilt, sind
                                      regelmäßig zu überprüfen und dem technischen
                                      Fortschritt sowie veränderten Bedürfnissen
                                      anzupassen.
                                      Die Netzneutralität ist momentan durch das
                                      GG Art. 5 und die polypolistische Struktur des
                                      ISP Marktes sichergestellt. In diesem
                                      Zusammenhang möchte die Piratenpartei auf
                                      eine verantwortungsvolle, weil unkomplizierte
                                      Gesetzgebung
Piratenpartei Deutschland
                                      unter besonderer Beachtung der Grundrechte
                                      hinwirken. Falls die Netzneutralität durch
                                      fehlende staatliche Intervention in den Prozess
                                      der Monopolisierung gefährdet ist, sollte eher
                                      an dieser Stelle gesetzgeberisch eingegriffen
                                      werden.
                                      Die Frage nach einer Netzneutralität der
                                      Internetserviceprovider zielt auf Entwicklungen
                                      in den USA, wo mehrere
                                      Internetserviceprovider angekündigt haben,
                                      künftig von den Anbietern (wie Google) dafür
SPD
                                      Geld zu verlangen, dass sie diesen Anbietern
                                      Internet-Verkehr zuleiten. Diese Frage wurde
                                      in Deutschland noch nicht ausreichend
                                      erörtert, weshalb derzeit kein
                                      Gesetzgebungsbedarf gesehen wird

Artikel 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in
Kommunikationsnetzen hat es der Bundesregierung aufgegeben, binnen zwei

                                                                              Seite 25
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Jahren nach seinem Inkrafttreten Bericht über die Anwendung dieses Gesetzes zu
erstatten. Befürworten Sie dazu die Aufnahme von Fragestellungen in diese
Evaluierung, die die Auswirkungen dieses Gesetzes auf Netzpublikationen und
kollaborativ erstellte Werke wie Wikipedia erfassen? Welche Auswirkungen dieses
Gesetzes auf die Diskussion um den Umgang mit islamistischen, rechtsradikalen
oder jugendgefährdenden Inhalten erwarten Sie?

Partei                                  Antwort
                                        Eine Aufnahme solcher detaillierter
                                        Fragestellungen kann sicherlich sinnvoll sein. Es
                                        steht jedoch zu befürchten, dass die alleinige
                                        Existenz der „Sperrinfrastruktur“ auch
                                        Gerichte dazu bringen wird, Provider auch
                                        bezüglich anderer Inhalte stärker in die
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
                                        Haftung zu nehmen. Wir stellen fest, dass
                                        einzelner Vertreter der CDU und der SPD
                                        öffentlich darüber nachdenken, nun auch
                                        Themen wie Rechtsradikalismus, Glückspiel
                                        oder Urheberrechtsverletzungen „sperren“ zu
                                        lassen.
                                        CDU und CSU werden die Dreifachstrategie
                                        gegen Kinderpornografie im Internet weiter
                                        vorantreiben: Täter verfolgen, auch solche, die
                                        sich außerhalb des Internets, in geschlossenen
                                        Foren oder auf anderen Wegen bewegen,
                                        Quellen im In- und im Ausland schließen und
                                        den Zugang zu den Seiten sperren, so wie dies
                                        seit vielen Jahren erfolgreich in vielen Ländern
                                        erfolgt. Für uns ist aber auch klar, dass die
CDU/CSU                                 Sperrmaßnahmen auf kinderpornographische
                                        Internet-Seiten beschränkt bleiben.

                                        CDU und CSU wollen unseren freiheitlich
                                        demokratischen Verfassungsstaat so gestalten,
                                        dass sich so viele Menschen wie möglich dieser
                                        Gesellschaft zugehörig fühlen. Je besser dies
                                        gelingt, desto weniger Menschen rutschen in
                                        Gewalt und Extremismus ab. CDU und CSU

                                                                                  Seite 26
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             werden daher Angebote stärken, die bereits im
             Vorfeld Gewalt- und Kriminalitätskarrieren
             oder das Abgleiten in Extremismus verhindern.
             Unsere Politik des gesellschaftlichen
             Zusammenhalts unterstützt mit einer breit
             angelegten Förderung vielfältige Initiativen.
             Dies ist entscheidend für eine lebendige
             Demokratie, ein friedliches Zusammenleben
             und damit letztlich auch für die Vorbeugung
             von Straftaten.
             Die FDP hält das Gesetz zur Bekämpfung der
             Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen
             für ungeeignet, die Entstehung und Verbreitung
             kinderpornographischen Materials erfolgreich
             zu bekämpfen. Es muss alles daran gesetzt
             werden, dass den Opfern von
             Kindesmissbrauch wirksam geholfen wird.
FDP
             Zudem verletzt der Gesetzentwurf
             verfassungsrechtliche Kompetenzen von Bund
             und Ländern. Es ist nicht auszuschließen, dass
             eine Ausweitung auf andere Inhalte durch
             unterschiedliche Interessengruppen forciert
             wird. Die FDP wird dies - wie in der
             Vergangenheit - nicht unterstützen.
             Die Fraktion DIE LINKE hat das Sperrgesetz
             abgelehnt. Wir haben, wie die anderen
             Oppositionsparteien im übrigen auch, in einem
             Entschließungsantrag aufgezeigt, wie
             Kinderpornographie im Netz durch die
             Ermittlung der Täter und das Löschen der
DIE LINKE.
             Bilder an der Quelle bekämpft werden kann,
             und zwar national wie international. Dazu nur
             ein Beispiel: Sogenannte Phishing-Websites, mit
             denen die Kontodaten von Bankkunden
             ausgespäht werden, verbleiben im Schnitt
             ganze 4,8 Stunden im Web, Webseiten mit

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                            kinderpornographischen Inhalten hingegen 30
                            Tage. Der Grund ist, dass die Banken ein
                            Eigeninteresse an der Beseitigung solch illegaler
                            Angebote haben und dementsprechend
                            international vernetzt ermitteln und löschen
                            lassen. Die Bundesregierung hat das nicht
                            interessiert. Bereits bei der Verabschiedung
                            des Gesetzes zur Bekämpfung der
                            Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen
                            wurden Forderungen aus den
                            Regierungsparteien laut, die Netzsperren auf
                            weitere vermeintlich illegale Inhalte etwa im
                            politischen oder religiösen Bereich
                            auszuweiten. Jüngste Äußerungen von Frau von
                            der Leyen (CDU) und Herrn Wiefelspütz
                            (SPD), weitere Internet-Seiten sperren zu
                            lassen, bestätigen alle Befürchtungen. Der
                            Kampf gegen Kinderpornografie war für sie nur
                            der Einstieg in eine weitergehende Zensura-
                            Debatte. DIE LINKE lehnt diese Maßnahmen
                            ab. In der digitalen Welt ist die Freiheit des
                            Netzes zu verteidigen. Wir werden die Fragen
                            nach Auswirkungen auf kollaborativ erstellte
                            Werke und Datenbanken in den
                            parlamentarischen Prozess um eine Evaluierung
                            des Gesetzes einbringen und die
                            Bundesregierung zu einer Stellungnahme zu
                            diesem Komplex drängen.
                            Solange das Zugangserschwerungsgesetz nicht
                            ratifiziert ist, erübrigt sich jede weitergehende
                            Beschäftigung damit. Wie schon der
                            wissenschaftliche Dienst des Bundestages
Piratenpartei Deutschland   festgestellt hat: "Hält man sich das große
                            Missbrauchspotenzial, das gerade bei zentralen
                            technischen Filtersystemen besteht, und die
                            Bedeutung der Kommunikationsfreiheit für
                            eine freiheitliche Demokratie vor Augen, so

                                                                      Seite 28
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              muss diese Gefahr als besonders
              schwerwiegend angesehen werden." 27. Januar
              2009; Die Piratenpartei lehnt das
              Zugangserschwerungsgesetz strikt ab.
              Kinderpornografie im Internet muss durch
              geeignete Maßnahmen, wie z.B.: das Löschen
              entsprechender Seiten oder bessere
              personelle, finanzielle und technische
              Ausstattung der Ermittlungsbehörden
              bekämpft werden.
              Das Zugangserschwerungsgesetz soll den
              Zugang allein zu kinderpornographischen
              Inhalten erschweren und hat damit einen sehr
              eng begrenzten Anwendungsbereich.
              Auswirkungen auf Netzpublikationen im
              Allgemeinen sowie auf kollaborativ erstellte
              Werke wie Wikipedia sind damit
              ausgeschlossen. Eine Notwendigkeit, derartige
              Auswirkungen zu untersuchen, besteht daher
              nicht.
              Das Zugangserschwerungsgesetz löst
SPD           vorhersehbar Diskussionen darüber aus, ob
              der Zugriff auch auf weitere Inhalte - etwa
              rechtsradikaler, islamistischer oder allgemein
              jugendgefährdender Art - erschwert werden
              sollte. Die SPD-Bundestagsfraktion hat jedoch
              durchgesetzt, dass die Zugangssperre zu
              kinderpornographischen Inhalten nicht im
              Wege einer Änderung des Telemediengesetzes
              sondern durch ein eigenständiges Gesetz
              vorgenommen wurde. Damit haben wir den
              Ausnahmecharakter dieser Regelung
              verdeutlicht.

Allgemeines

                                                     Seite 29
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Ganz allgemein gefragt: Welche Rolle spielen in der Bildungs- und
Forschungspolitik Ihrer Partei offene Projekte wie die Wikipedia? Wie bewerten
Sie die Qualität der Inhalte im Licht Ihrer bildungs- und forschungspolitischen
Schwerpunkte?

Partei                                    Antwort
                                          BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen die
                                          Verbindung gesellschaftlicher Anliegen mit un-
                                          ternehmerischem Handeln, wie die Open-
                                          Source- und Freie-Software-Bewegung. Weil
                                          eine breite Teilnahme an offenen Projekten wie
                                          Wikipedia hilft, die kulturellen, sozialen, media-
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN                     len und demokratischen Kompetenzen zu för-
                                          dern und eine immense Möglichkeit der Infor-
                                          mationsdarstellung und –sammlung bietet, set-
                                          zen wir uns für gleiche Zugangsmöglichkeiten zu
                                          solchen Projekten ein: Wir wollen den Breit-
                                          bandzugang für alle, aber auch Medienkompe-
                                          tenz in allen Lebensaltern fördern.
                                          Bei Aus- und Weiterbildung sowie in Wissen-
                                          schaft und Wirtschaft nehmen neue Formen der
                                          Wissensbeschaffung, Wissensvermittlung und
                                          Wissensbereitstellung auch im Internet eine
                                          immer wichtigere Rolle ein. Dazu gehören in-
                                          sbesondere Wikis. Im Bereich des Bundesminis-
                                          teriums für Bildung und Forschung wurde bei-
                                          spielsweise das Projekt "Fainlab" gefördert, das
                                          Lernmittel in der Berufsausbildung der Bauwirt-
                                          schaft durch multimediale Lernmodule ergänzt.
                                          Neue Formen wissenschaftliches Arbeitens
CDU/CSU                                   durch Wissensmanagement werden mit dem
                                          Programm "IKT 2020" im Rahmen der High-
                                          tech-Strategie gefördert. Mit der Initiative "Wis-
                                          sensMedia – Wissensmanagement in mittelstän-
                                          dischen Unternehmen und öffentlicher Verwal-
                                          tung" sensibilisiert das Bundesministerium für
                                          Wirtschaft für neue Technologien zur wirkungs-
                                          vollen Nutzung von Wissen. CDU und CSU
                                          haben bereits darauf hingewiesen, dass Open
                                          Source Lösungen für Bildung und Forschung
                                          bereitstellen kann und vielfach interessante al-
                                          ternative Lösungen zu anderen Geschäftsmodel-

                                                                                   Seite 30
WIKIMEDIA

      len bietet.

      Generell sind wir der Auffassung, dass diese
      Seiten und Projekte staatsfern bleiben sollten,
      da sie sich so am besten entwickeln können. Die
      mit staatlicher Förderung zwangsläufig verbun-
      denen Vorgaben sind nur schwer mit der Dy-
      namik von Open-Source-Projekten in Einklang
      zu bringen.

      Wir unterstützen hingegen eine indirekte För-
      derung durch die stärkere Nutzung freier und
      offener Software durch Behörden. Open-
      Source-Software bietet aus wirtschafts- und
      sicherheitspolitischer Sicht Vorteile für den
      Staat. Auch unterstützen wir – wo möglich – die
      Bereitstellung von staatlichen Informationen zur
      Nutzung durch Projekte wie Wikipedia und
      OpenStreetMap. Vorbild kann die Bereitstellung
      von 100.000 Fotos aus dem Bundesarchiv für
      Wikipedia sein.
      Gerade die parlamentarische Diskussion um den
      § 52a des Urheberrechts ließ erkennen, wie
      wichtig und gut solche offenen Projekte wie
      "WIKIPEDIA" sind. Einerseits stellen die
      Autoren hier ihre Beiträge freiwillig und
      kostenlos ein, andererseits finanziert sich das
      System mit seinen eigenen Prüfungssystemen
      über Zuwendungen und Werbeeinnahmen
      selbst. Auch wenn das System von der
      Wissenschaft heute noch als "nicht zitierfähig"
FDP
      angesehen wird, so hat es doch schon
      "schleichend" Einzug in die Studierzimmer und
      Labore gehalten. Auch die in sich geschlossenen
      Systeme, wie z. B. der Brockhaus, werden nicht
      mehr in Buchform verlegt und sind heute nur
      noch in elektronischer Form wenn auch gegen
      Gebühr verfügbar. Es entspricht unserer
      liberalen Auffassung von und unserer Haltung
      zum Eigentum (in diesem Fall geistigen
      Eigentum), dass dieses natürlich auch eines

                                             Seite 31
WIKIMEDIA

             Schutzes bedarf. Selbstverständlich ist es
             wichtig, dass digitale Medien für
             wissenschaftliche Arbeiten in möglichst großem
             Umfang zur Verfügung stehen, um die Qualität
             von Forschung und Lehre durch eine moderne
             Informationsinfrastruktur zu verbessern. Dies zu
             bewältigen, fällt den öffentlichen Einrichtungen
             aus finanziellen Gründen schwer. Die FDP
             fordert deshalb seit langem und auch auf allen
             politischen Ebenen, dass die finanzielle
             Ausstattung von Bildungs- und
             Forschungseinrichtungen nachhaltig verbessert
             wird.
             Für DIE LINKE steht der Gemeinnutzen einer
             öffentlich finanzierten Bildungs- und
             Forschungspolitik im Mittelpunkt. Wir halten die
             Möglichkeiten zur gemeinsamen Erarbeitung
             sowie zur freien Verbreitung von Wissen für
             eine Revolution, deren Potenziale für eine
             demokratische Gesellschaft noch gar nicht voll
             erkannt, geschweige denn erschlossen sind.
             Unsere Partei hat sich, unter anderem im
             Wahlprogramm, zur Unterstützung für offene
             Standards wie Open Access und Creative
             Commons sowie zu Projekten wie Wikipedia
DIE LINKE.
             bekannt. Die Ermöglichung des freien Zugangs
             zu Wissen wird auch in der kommenden
             Legislaturperiode zu einem Schwerpunkt
             unserer Arbeit gehören. Die Qualität der
             Inhalte etwa von Wikipedia ist mehrfach in
             wissenschaftlichen Studien belegt worden.
             Kollaborativ erarbeitetes Wissen kann kein
             statisches Wissen sein. Es entsteht in der
             Diskussion und verändert sich. Dies halten wir
             nicht für einen Nachteil, sondern im Sinne eines
             partizipativen Austauschs einer wissensbasierten
             Gesellschaft für einen großen Vorzug. Auch

                                                    Seite 32
WIKIMEDIA

                            unter didaktischen Gesichtspunkten einer
                            selbstbestimmten Bildung von jungen Menschen
                            ist der Wert von Projekten wie Wikipedia nicht
                            hoch genug einzuschätzen. DIE LINKE wird sich
                            im Zuge einer anstehenden Novellierung des
                            Urheberrechts für einen Vorrang von Bildung
                            und Wissenschaft einsetzen. Nutzergenerierte
                            Inhalte müssen dabei der Allgemeinheit
                            zugänglich bleiben und dürfen nicht privatisiert
                            werden.
                            Offene Wissens- und Nachschlageprojekte wie
                            Wikipedia werden durch die Piratenpartei unter
                            anderem im Sinne der Lehrmittelfreiheit
                            gefördert. Diese ist am besten dadurch
                            herzustellen, dass die Verwendung und das
                            Schaffen von freien Werken zur Vermittlung
                            von Wissen unterstützt und ausgebaut wird.
                            Freie Werke sind nicht nur kostenfrei in der
                            Bildung einsetzbar, sondern ermöglichen dazu
                            dem Lehrenden ohne rechtliche Hürden
                            innerhalb der Grenzen der gemeinsamen
                            Meinungs- und Willensbildung seine Ausbildung
                            an strukturelle Gegebenheiten anzupassen. Der
Piratenpartei Deutschland   offene Charakter des Wikipedia-
                            Nachschlageprojektes stellt die Qualität der
                            Inhalte sicher, ähnlich dem Peer-Review-Prozess
                            in der Forschung. Natürlich ist die Gefahr der
                            Einstellung von mangelhaften Inhalten oder
                            mangelhaften Korrekturen gegeben, die
                            Verbreitung ist aber durch die Einsicht für
                            Jedermann zeitlich begrenzt. Letztendlich
                            fördert ein solches Projekt die Mündigkeit des
                            Bürgers in einer Gesellschaft, indem er lernt,
                            selbständig Sachverhalte zu recherchieren und
                            sich so eine eigene, unabhängige Meinung zu
                            bilden. Der daraus entstehende Nutzen für die
                            Demokratie als einzig menschenwürdige

                                                                   Seite 33
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