THORBERG - BALZLI & FAHRER
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THORBERG IMPRESSUM Regie, Buch Dieter Fahrer Sieben Insassen aus sieben Nationen stehen im Zentrum des Films: Kamera Dieter Fahrer Montage Maya Schmid Schwere Jungs, so sagt man. Wie schwer wiegt das Schwere? Ton Balthasar Jucker Herausgeber Music Sevices Pirmin Marti Wieso tut Mann Böses? Wird Mann so besser? Der Film berichtet von achaos Bildung & Information Original Version deutsch schweizer- Entgleisungen, von Verzweiflung, Reue und Hoffnung. Die Kamera Kinokultur in der Schule deutsch, französisch, englisch, albanisch Untere Steingrubenstrasse 19 Farbe, 105 Min. verlässt den Thorberg nie. Enge und Beklemmung sind spürbar. Vorur- 4500 Solothurn Untertitel deutsch, französisch Tel. & Fax 032 623 57 07 Genre Dokumentarfilm teile werden brüchig, denn in den einzelnen Schicksalen zeigen sich kinokultur@achaos.ch Kinostart 6. September 2012 Abgründe und Wunden: Lebensspuren voller Konflikte und Gewalt. Die www.achaos.ch Produktion Balzli & Fahrer GmbH Altenbergstrasse 16, 3013 Bern Gefangenen erhalten ein Gesicht und da, wo die Gesellschaft längst DAS DOSSIER WURDE ERARBEITET VON 031 332 94 38, balzli-fahrer@gmx.net achaos Bildung & Information Verleih Look Now!, Gasometerstrasse 9 auf Distanz gegangen ist, wird Nähe möglich. Kinokultur in der Schule 8005 Zürich, info@looknow.ch Redaktion: Ruth Köppl, Heinz Urben 044 440 25 44 Unterrichtsmaterial zu vielen Webseite zum Film www.thorberg.ch weiteren Filmen kann auf der Webseite www. Didaktische Hinweise achaos.ch unter «Kinokultur in der Schule Down- Dieter Fahrer loads» kostenlos heruntergeladen werden. Geboren 1958 in Bern. Das Unterrichtsmaterial zum Film ist als Fundus zur Auswahl 1979-81 Bayerische gedacht. Anmeldung für Kinobesuche von Schul- Staatslehranstalt für klassen und Filmgespräche Fotografie, München. Ab achaos Bildung & Information 1981 Arbeiten als freier Für eine kurze Auseinandersetzung im Unterricht können die Aufga- Tel. 032 623 57 07, kinokultur@achaos.ch Fotograf, diverse Publikationen, Installatio- ben und Fragen zur Vor- und Nachbereitung des Films «Thor- nen und Aktionen. Ab 1983 Mitarbeit als Aufnahme- und Produktionsleiter. berg» oder eine Auswahl davon besprochen, abgegeben und nach Von folgenden Institutionen wird KINO-KUL- TUR IN DER SCHULE finanziell unterstützt: Kameraassistent, Kameramann bei der Visionierung in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit thematisiert Bundesamt für Kultur, Schweizerische Kultur- diversen Spiel- und Dokumentarfilmen. und diskutiert werden. stiftung für Audiovision, MIGROS Kulturprozent, 1988-96 Compagnon bei Balzli & Cie in Milton Ray Hartmann-Stiftung, Ernst Göhner Nidau. Ab 1997 Geschäfts- Stiftung, Swisslos, Kanton Aargau, Kanton führung der Balzli & Fahrer GmbH, Bern. Ist ein Filmgespräch geplant, finden die Schülerinnen und Schüler im Basel-Stadt, Kanton Thurgau, Kanton Appenzell Kapitel Vorbereitung auf ein Filmgespräch Hinweise und einen AR, Kanton Schaffhausen, Kanton Zug Filmografie Fragekatalog. 2000 Jour de nuit / 2004 Que sera? / Partnerinstitutionen 2009 SMS from Shangri-La / 2012 Seminar für Filmwissenschaft der Universität Thorberg (alles Dokumentarfilme) Im Kapitel Aufgaben und Fragen zu thematischen Aspekten Zürich (Filmbildung), Zürcher Hochschule für des Films werden einzelne Themen vertieft behandelt. Angewandte Wissenschaften (Evaluation) Solothurner Filmtage Die Materialien sind fächerübergreifend sowie handlungs- und situationsorientiert konzipiert. Sie eignen sich für thematische Auseinandersetzungen in der Sekundarstufe 1 und 2 sowie in den Berufsschulen. THORBERG SEITE 1
Thorberg inhaltsübersicht Thorberg. Aufgaben und Fragen zur Hinter Gittern. Kammerausstellung mit Film- Vor- und Nachbereitung des Films «Thorberg».........................3 portraits von Dieter Fahrer 30.8. bis 28.10.2012 Aufgaben und Fragen zur Vorbereitung des Kinobesuchs....................3 Museum für Kommunikation, Bern Fragen zum Kinobesuch......................................................................................................4 Parallel zum Dokumentarfilm hat Die- ter Fahrer mit seinem Team 18 kurze Filmporträts von Gefangenen geschaf- Vorbereitung auf ein Filmgespräch..........................................................................5 fen. Integriert in eine Installation zeigt diese das Museum für Kommunikation im Herbst 2012. In sechs Gefängnis- Aufgaben und Fragen zur Nachbereitung des Kinobesuchs. .............6 zellen, nachgebaut in Originalgrösse von 8,5 m2 und frei zugänglich, be- Die Personen im Film.......................................................................................................6 kommt das Publikum «da draussen» einen Einblick von «da drinnen». Die Unsere Filmkritik................................................................................................................8 meisten Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. Der Strafvollzug hingegen Aussage und Wirkung des Films. ..............................................................................9 findet hinter verschlossenen Türen statt. Die Medien Film und Ausstel- lung können dem Publikum diese iso- lierte Welt vermitteln. Aufgaben und Fragen Menschen vom zu thematischen Aspekten des Films..................................................... 11 Hoger – Leben in der Strafanstalt Thor- Strafe allgemein. .................................................................................................................... 11 berg. Ausstellung mit Fotoportraits Sinn und Zweck von Strafe........................................................................................... 13 von Hansueli Trachsel 25.8 bis 2.12.2012 Museum Krauchthal Formen der Strafen in der Schweiz........................................................................ 15 «Menschen vom Hoger» zeigt Bilder des bekannten Berner Reportagefo- Die Freiheitsstrafe................................................................................................................. 20 tografen Hansueli Trachsel. Das Mu- seum liegt am Fuss des Thorbergs, der das Leben und die Menschen der Das Beispiel «Thorberg»................................................................................................. 23 Gemeinde prägt. Das Museum zeigt nebst der Sonderschau eine perma- nente Ausstellung zum Thorberg. Lebenslängliche Verwahrung..................................................................................... 28 «Von Zelle zu Zelle» thematisiert die Entwicklung vom Kartäuserkloster zur modernen Anstalt mit Hochsicher- Der offene Strafvollzug. .................................................................................................... 29 heitseinrichtungen. Sie veranschau- licht historische und zeitgenössische Aspekte des Strafvollzugs. THORBERG SEITE 2
Thorberg Aufgaben und Fragen zur Vor- und Nachbereitung des Films «Thorberg» Aufgaben und Fragen zur Vorbereitung des Kinobesuchs Thorberg ist ein Dokumentarfilm über Gefangene in der Haftanstalt Thorberg im Kanton Bern. Besprecht im Plenum: - Worauf beruhen eure Vorstellungen, wie ein Gefängnis von innen aussieht und wie sich der Alltag dort abspielt? Von Zeitungen, Fernseh-Nachrichten, Reportagen oder von Spielfilmen? - Was wisst ihr über Gefängnisse und Haftstrafen in der Schweiz? - Wie meint ihr, verbringt ein Inhaftierter in der Schweiz seine Tage hinter Gitter? Was darf er, was darf er nicht? - Was meint ihr ist der Sinn und Zweck einer Freiheitsstrafe? - Welche Möglichkeiten muss ein Gefängnis bieten, damit Menschen nach dem Verbüssen ihrer Strafe nicht mehr Rückfällig werden? - Welche Erwartungen habt ihr an einen Film über Menschen im Gefängnis? THORBERG SEITE 3
Thorberg Fragen zum Kinobesuch Macht euch während oder kurz nach dem Kinobesuch zu folgenden Fragen Notizen: - Was zeigt der Film über Strafe und Strafvollzug, was nicht? - Was erfahren wir über die porträtierten Insassen, was nicht? - Welche Gefühle löst der Film bei dir aus in Bezug auf die Haftbedingungen im Thorberg und die porträtierten Menschen. - Was hat dich erstaunt, was allenfalls schockiert? THORBERG SEITE 4
Vorbereitung auf ein Filmgespräch Dieter Fahrer, der Regisseur des Films steht euch auf Anfrage für ein Filmgespräch gerne zur Verfügung. Um eine Filmgespräch vorzubreiten sind vorgängig folgende Überlegungen nötig: • Erstellt einen Katalog mit Themen und Fragen, die euch interessieren (siehe unten). • Legt fest, wie das Gespräch ablaufen soll und wer es führt. • Nehmt vorgängig mit Dieter Fahrer Kontakt auf, um Termin und Zeit zu vereinbaren. Kontaktadresse: Balzli & Fahrer GmbH Altenbergstrasse 16 3013 Bern Tel/Fax: 031 332 94 38 Mail: balzli-fahrer@gmx.net Möglicher Fragen- und Themenkatalog für eine Gespräch Berücksichtigt bei der Vorbereitung des Gesprächs neben Fragen zu Inhalt und Form des Films auch Fragestel- lungen über die verschiedenen Stadien, die eine Film-Produktion durchlaufen muss, also von der ersten Idee bis zum fertigen Film. • Wie entstand die Idee zu diesem Film? • Wer musste überzeugt werden? • Wie wurde vorgegangen? • Gab es Schwierigkeiten? • Wie wurden die Personen ausgewählt? • Welche Szenen waren am schwierigsten zu drehen? • Wie haben die im Film vorkommenden Personen auf den Film reagiert? • Wie konnte der Film finanziert werden? • Wer ist für die Vermarktung des Films zuständig? THORBERG SEITE 5
Thorberg Aufgaben und Fragen zur Nachbereitung des Kinobesuchs Die Personen im Film THORBERG SEITE 6
1) Diskutiert in Partnerarbeit: - Was erfahren wir über die porträtierten Häftlinge? - Was erzählen sie von sich, was verbergen sie? - Welche Aussagen machen die Gefangenen in Bezug auf: - ihre Taten? - Schuldgefühl/Reue/Einsicht? - den Strafvollzug und Alltag auf dem Thorberg? - dem Leben nach dem Gefängnis? - Welche Möglichkeiten bietet ihnen das Gefängnis, um sich zu verändern? - Was ist für die Inhaftierten im Gefängnis besonders schwierig und kritisieren sie an den Haftbedingungen? 2) Fasst eure Überlegungen schriftlich zusammen 3) Lest folgende Auflistung von Gefühlsphasen, die die Gefangenen erleben können: Die (Erlebens)welt – und damit auch der Alltag – von Strafgefangenen kann in 3 Phasen aufge- teilt werden, die verschiedene Gefühlszustände bei den Gefangenen auslösen können: a) in der EINLIEFERUNGSPHASE: • Die «Entpersönlichung» • Der Statusverlust • Der Rollenverlust • Die Anpassungsschwierigkeiten an (Anstalts-) Normen («Knastsprache-» und Amtssprache) • Die Verunsicherung • Die Suizidgefahr • Die Institutionalisierung, gekennzeichnet durch den geregelten Tagesablauf • Der Verlust der (Arbeits-)Qualität b) während des «LAUFENDEN STRAFVOLLZUGS» • Die Verarmung (auch der Familie) • Die Unselbstständigkeit • Das Tagträumen • Die Monotonie des Alltags • Die Beziehungsängste • Die Auseinandersetzung mit der Subkultur • Die Entfremdung zur Aussenwelt • Die Veränderung des Weltbildes • Ein (besonderer) Umgang mit der «Schuld» • Die ausstehende «Wiedergutmachung» c) während der «ENTLASSUNGSPHASE» • Viele übersteigerte Vorsätze Quelle: erarbeitet in einem Ausbildungsse- • Eine gestörte Selbsteinschätzung minar für ehrenamtliche Betreuerinnen und • Viele Ängste in Bezug auf die Zukunft Betreuer im Sommer 1996 THORBERG SEITE 7
Thorberg 4) Diskutiert dann in Partnerarbeit folgende Fragen und ergänzt eure schriftliche Zusammen- fassung: - Welcher dieser Phasen und Gefühle erleben wir bei den Porträtierten im Film? - In welchen Szenen kommen sie am meisten zum Ausdruck? 5) Diskutiert in der Klasse: - Gab es Momente, in denen du Sympathie und Mitgefühl für die Gefangenen empfunden hast? Wenn ja, für wen, warum und in welchen Momenten? - Wann hast du Unverständnis oder andere negative Gefühle gegenüber den Porträtierten gespürt? Warum? Der ehemalige Gefängnisdirektor der Anstalt Thorberg, Hans Zoss, sagt in einem Interview (NZZ am Sonntag, 9.10.2011) : «Ich habe Abscheu vor der Tat, nicht vor dem Menschen». - Kannst du bei deinen allfällig negativen Gefühlen unterscheiden, ob sie sich auf die Taten der Insassen beziehen oder auf die Art oder Aussagen der Menschen? - Warum, denkst du, wurden diese Menschen straffällig? Sind es die schlechten Erfahrungen in der Kindheit, negativer Einfluss, Bosheit, Unüberlegtheit oder Pech? Luca sagt im Film «Im Gefängnis fühle ich mich sicher». - Vor wem oder was fühlt er sich sicher? UNSERE Filmkritik 1) Diskutiert in der Klasse - Habt ihr im Film Neues erfahren? - Was hat euch besonders beindruckt? - Hat sich euer Bild vom Schweizer Strafvollzug durch den Film verändert? Positiv oder negativ? - Könnt ihr den Film weiterempfehlen? Warum? Warum nicht? 2) Schreibt einen Bericht der Folgendes beinhaltet: - Kurze Zusammenfassung des Filminhalts - Persönlicher Kommentar zum Film - Empfehlung: Warum muss man den Film unbedingt gesehen haben, warum nicht? 3) Lest euch eure Texte in der Klasse vor und schreibt einen Klassentext, den ihr den lokalen und regionalen Medien zur Publikation schickt. THORBERG SEITE 8
Thorberg Aussage und Wirkung des Films Andrij sagt im Film: «Wer niemals verhaftet wurde, nie im Gefängnis war, kann das nicht verstehen. Alles ist durchein- ander, wie in einer anderen Welt. Es ist nicht die Schweiz, kein Land es ist eine andere Welt. Es ist kein Territorium, ist nur in deinem Kopf, wie eingesperrte Gedanken. Kein Körper, nur Gedanken.» 1) Versuche diese Aussage mit einem Bild darzustellen. - Du kannst malen, skizzieren oder fotografieren. 2) Präsentiert eure Bilder der Klasse. 3) Besprecht im Plenum folgende Fragen: -Schafft es der Film zu vermitteln, wie es ist, eingesperrt zu sein und wie sich die Gefangenen fühlen? - Wenn ja, in welchen Szenen kommt dies am stärksten zum Ausdruck? - Mit welchem Gefühl hast du das Kino verlassen? - Welche Kritik kommt im Film zum Ausdruck? - Wie manifestiert sich die Haltung des Regisseurs? In seiner Dokumentation zum Film schreibt Dieter Fahrer: Mit schreienden Headlines und reisserischen Reportagen wird täglich von Kriminalfällen aus aller Welt und aus unserer Nachbarschaft berichtet. Sex and Crime sell! Eine alte Medienweisheit. Kampusch, Kachelmann und Kneubühl werden über Nacht zu Berühmtheiten, als Opfer oder als Täter, werden auf Herz und Nieren multimedial durchleuchtet, werden vorverurteilt, später auch einfach wieder medial fallengelassen, in Freiheit oder in Haft. (...) Der «Konsum des Bösen» führt deshalb leicht zu dessen Verdrängung, ist sublimierte Angst und schafft doch neue Ängste. 4) Welche Kritik steckt hinter dieser Aussage? - Warum, meinst du, wollte Dieter Fahrer einen Film über Gefangene machen? In einem Interview sagt Dieter Fahrer: «Vielleicht kann der Film helfen, dass Gefangene nicht nur von ihrem Delikt her betrachtet und ver- urteilt werden. Sie sind Menschen wie du und ich. Ihre Delikte sind Entgleisungen, teilst massivster Art und man muss sich bewusst sein, dass es die Seite der Opfer auch gibt; Menschen, die noch immer unter dem Erlittenen leiden. Doch daraus den Anspruch abzuleiten, dem Gefangenen müsse es im Gefängnis schlecht ergehen, das schadet nur, schafft keinen Ausgleich, denn es ist Rache.» 5) Diskutiert im Plenum: - Hat der Film erreicht, dass ihr eine Form von Mitgefühl oder Verständnis für die porträtierten Gefangenen erlebt habt? - Wenn ja, in welcher Form? THORBERG SEITE 9
Thorberg Dieter Fahrer schreibt zum Film: «Ich bin mir bewusst, dass filmische Wiedergabe immer auf Auswahl beruht, auf Reduktion, und in der Montage entstehen neue Zusammenhänge. Die Welt wird sozusagen neu gesehen und gehört, und es scheint nur so, als sei es ‚so gewesen‘. Objektivität gibt es nicht. Doch es gibt Wahrhaftiges, in der Annäherung, im filmischen Blick und in der Montage». 6) Versuche mit deinen eigenen Worten zu erklären, warum ein Dokumentarfilm nie objektiv sein kann. - Welche Reduktion nimmt Dieter Fahrer in seinem Film vor? - Worauf verzichtet er? - Wie drückt sich das auch in der Machart des Films aus? Eine weitere Aussage von Dieter Fahrer übers Filme machen ist: «Filmische Arbeit ist Beurteilung, aber nicht Verurteilung.» 7) Diskutiert im Plenum: - Was ist der Unterschied zwischen Beurteilung und Verurteilung? - Darf filmische Arbeit nie Verurteilung sein? THORBERG SEITE 10
Thorberg Aufgaben und Fragen zu thematischen Aspekten des Films Strafe allgemein 1) Besprecht in Partnerarbeit: - Was hat «Rache», «Sühne», «Abgeltung» und «Erziehung» mit «Strafe» zu tun? - Gibt es Unterschiede zu früher und heute? 2) Tragt die Ergebnisse eurer Diskussionen im Plenum zusammen und versucht daraus eine Definition von Strafe zu formulieren, die unserem heutigen Verständnis entspricht. Strafrecht Die historischen Wurzeln des Strafrechts liegen im Rachebedürfnis eines Geschädigten oder eines Opfers und seiner Sippe. Im Mittelalter war zur Wiederherstellung der Friedensordnung oder als Schadensausgleich es den sogenannten Freien, also der Hausherren vorbehalten, getanes Unrecht zu bestrafen. Die Strafen gingen von Geld-Bussen über Körperzüchtigungen, Folterungen bis hin zur Todesstrafe. Erst durch die Aufklärung wurde das Strafverständnis und Strafrecht grundlegend verändert. Das Zeitalter der Aufklärung oder auch einfach die Aufklärung war ein Zeitabschnitt zwischen 1720 und 1800, in dem sich ein neues geistiges und politisches Denken entwickelte, das die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in Europa grundlegend umwälzten. Europa war im 17. Jh. politisch weitgehend durch den Absolutismus geprägt, der uneinge- schränkten Herrschaft eines Königs oder Fürsten. Der absolute Staat stand über einer Gesell- schaft, in der jeder in einen bestimmten Stand hineingeboren wurde, den er nicht verlassen konnte. Im 18. Jh. begannen nun Teile des Bürgertums (v.a. Akademiker) und auch einige Adlige zunächst in Frankreich diese Zustände zu kritisieren und forderten: Freiheit statt Absolutismus, Gleichheit statt Ständeordnung, Erfahrung und wissenschaftliche Erkenntnis statt Vorurteil und Aberglauben (wie bspw. den Hexenwahn). Man berief sich auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz. Der menschliche Verstand wurde zum Massstab aller Dinge gemacht. In den Augen der Aufklärer war allein der Verstand in der Lage, die Wahrheit ans Licht zu bringen und Vernunft und Freiheit das richtige Mittel, um die Menschen von Unterdrückung und Armut zu erlösen. 3) Überlegt euch und nehmt schriftlich Stellung: - Welchen Einfluss hatte die Aufklärung auf das Verständnis von Strafe und welche Veränderungen brachte sie für das Strafrecht? 4) Vergleicht eure Ergebnisse mit den Ausführungen auf folgender Seite. THORBERG SEITE 11
Thorberg Die Aufklärung führte zu folgenden grundsätzlichen Veränderungen für das Strafverständnis und im Strafrecht: Naturrechtliche Begründung der Strafe Abwendung von der Vergeltung und dem Gottbezug hin zur Nützlichkeit der Strafe und der Rationalität. Der Strafe dient nicht mehr der Rache oder der Widerherstellung der göttlichen Ordnung. Die Strafe wird naturrechtlich und vernunftrechtlich begründet. Die Strafe ist die Folge einer Rechtsverletzung. Übergang von der Privatstrafe zum staatlichen Strafvollzug Es gibt ein Übergang des Rechts des Privaten einen anderen zu bestrafen auf den Staat. Nur der Staat darf Straftäter bestrafen. Die Privatstrafe ist verboten. Die Hexerei ist kein Verbrechen mehr Es wird bestritten, dass Hexen und Teufel in die Geschehnisse der Natur eingreifen können. Wenn Hexen und Teufel weder Naturereignisse noch das Verhalten von Menschen beeinflus- sen können, muss die Hexerei auch nicht bestraft werden. Neubeurteilung und Abschaffung der Folter Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Folter nicht der Wahrheitsfindung dient und dass nur der Schwächste auf der Folter gesteht. Der stärkere Verbrecher geht straffrei aus, weil er auf der Folter nicht gesteht. Die Folter wird verboten. Eine Verurteilung ist bereits bei einem Indizienbeweis zulässig. Trennung von Recht und Moral Bestraft wird nur, wer ein gegen die Rechtsnormen verstossenden Verhaltens zeigt. Ein Verhal- ten, welches nicht gegen Gesetzesnormen sondern nur gegen sittliche Normen verstösst, wird nicht bestraft. Nützlichkeitsprinzip des Strafrechts: a) Verstümmelnde Strafen werden abgeschafft. b) Die Todesstrafe wird nicht mehr so oft angewandt. c) Die Strafe muss eine Proportionalität zu der begangenen Tat aufweisen. Die Freiheitsstrafe ist ideal dazu. Denn die Freiheitsstrafe kann je nach Tat kürzer oder länger sein. Präventive staatliche Erziehungspflicht nach dem Motto: «Die gute Rechtsprechung verhindert das Delikt». (Voltaire) Nützlichkeit der Strafen für die Gemeinschaft Quelle: Geschichte des Strafrechts von Markus Widmer Die Strafe soll dem Gemeinwohl dienen und der Straftäter soll sich für die Gemeinschaft nütz- www.fajulu.ch/files/zusammenfassun- lich machen. gen/.../zsf_geschichte_stgb.pdf THORBERG SEITE 12
Thorberg Sinn und Zweck von Strafe Regeln und Strafen in der Schule und zu Hause: 1) Diskutiert: - Welche Regeln und Bestrafungen findet ihr in eurer Schule und zu Hause sinnvoll und welche nicht? - Was darf die Schule, was nicht? - Was dürfen die Eltern, was nicht? 2) Stellt gemeinsam einen Regelkatalog auf, den ihr eine Woche in der Klasse befolgt und schafft alle Strafen während dieser Zeit ab. 3) Schreibe einen Erfahrungsbericht: - Was ist genau passiert? - Wie haben sich eure aufgestellten Regeln bewährt? - Kam es zum Chaos im Unterricht? - Gab es mehr Streit untereinander? - Oder habt ihr eure gewählten Regeln umso mehr eingehalten, weil sie von euch bestimmt waren? - Wie habt ihr auf die Klassenmitglieder reagiert, welche die straflose Zeit besonders ausgenützt haben? - Konntet ihr sie dazu bringen, sich wieder sozial zu verhalten? Welche Massnahmen habt ihr ergriffen? 4) Diskutiert eure Erfahrungen und zieht gemeinsam ein Fazit: - Was war gut, was hättet ihr anders machen müssen? - Geht es auch ohne Strafen? Warum? Warum nicht? - Wenn Strafen nötig sind, welche wären sinnvoll? 5) Tragt im Plenum in Stichworten zusammen, welchen Sinn und Zweck gesetzliche Strafen haben. - Was ist gundsätzlich sinnvoll, was nicht? - Was soll mit einer Strafe erreicht werden? - Ordnet eure Antworten bezüglich Sinn und Zweck nach Priorität. 6) Lest nun folgenden Text zu Sinn und Zweck von Strafen Die Frage nach dem Sinn und Zweck von Strafen wird heute über die herrschende Vereini- gungstheorie beantwortet. Während die absoluten Straftheorien den Sinn des Strafrechts in der Vergeltung sehen, gehen die relativen Straftheorien vom Sinn des Strafrechts in der Prävention (=Vorbeugung) aus. Die Vereinigungstheorien kombinieren beide Ansätze. Aufgabe und Funktion von Strafe ist einerseits der Schuldausgleich und andererseits die Prävention. Der Schuldaus- gleich soll nicht lediglich der Vergeltung dienen, sondern dem Täter das durch ihn verursachte Übel aufzeigen und von ihm verarbeitet werden. Im Bereich der Prävention wird zwischen der Spezial- und Generalprävention unterschieden. Die Spezialprävention wirkt direkt auf den Täter, indem er einerseits durch die Strafe einen Denkzettel bekommt, ihn aber gleichzeitig auch resozialisieren soll d.h. ihm die Möglichkeit THORBERG SEITE 13
Thorberg gegeben wird, sich ins gesellschaftliche Leben wieder eingliedern zu können. Als Generalprävention wirkt die Strafe abschreckend, soll also einen potentiellen Täter von der Ausführung der Straftat abhalten. Zudem hat sie die Funktion, das Vertrauen und den Glauben einer Gesellschaft in ihre Rechtsnormen zu stärken. Vergleiche dazu auch die Ausführungen auf: http://de.wikipedia.org/wiki/Strafzwecktheorien) 7) Diskutiert: Seid ihr auch auf die im Text genannten Punkte und Überlegungen gekommen? - Welche Punkte im Text findet ihr sinnvoll? - Wo seid ihr anderer Meinung? 8) Im obenstehenden Text wird der Schutz vor Straftätern, also die Sicherheit für die Gesell- schaft nicht als Aufgabe oder Funktion von Strafe gesehen. - Diskutiert im Plenum mögliche Gründe dafür. THORBERG SEITE 14
Thorberg Formen der Strafen in der Schweiz Bei uns können je nach Vergehen folgende Strafen verhängt werden: • Freiheitsstrafe • Elektronische Überwachung (elektronische Fussfessel) • Gemeinnützige Arbeit • Geldstrafe • Busse Andere Massnahmen: • Berufsverbot • Fahrverbot • Konfiskation (Bsp. Waffenentzug) • Therapien 1) Schaut euch die Statistiken auf folgenden Seiten über die Verurteilungen und Rückfallquoten in der Schweiz genau an und diskutiert sie gemeinsam. - Was sagen die Statistiken über Anzahl, Art der Straftaten, über Alter, Geschlecht, soziale Hintergründe und Rückfälligkeit von Straftätern aus? - Haben euch dieses Zahlen erstaunt? 2) Schreibt einen Bericht in dem ihr die statistischen Zahlen zusammenfasst und interpretiert. 3) Diskutiert in der Klasse: - Was könnte und kann in einer Gesellschaft gemacht werden, damit es möglichst wenig Kriminalität gibt? THORBERG SEITE 15
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Thorberg Die Freiheitsstrafe Radierung aus den Dokumentenbeständen der Strafanstalt Lenzburg, Aargau Freiheitsstrafen sind Sanktionen, die mit Entzug oder Beschränkung der selbstbestimmten Bewegungsfreiheit verbunden sind. Über das ganze 19. Jahrhundert hinweg ist die unbedingt zu vollziehende Freiheitsstrafe die am häufigsten ausgesprochene Sanktion. Vom heutigen Standpunkt aus gesehen wurden diese Strafen in extrem grausamen und unmenschlichen Verhältnissen vollzogen, insbesondere die Kettenstrafen, sei es bei öffentlicher Arbeit, sei es bei extrem langandauernder Ankettung. In vielen Gefängnissen - auch Gefangenschaften, Kerker, Verliesse genannt - waren die Haft- bedingungen extrem hart (Wasser und Brot, Abwesenheit von Heizung und Spaziergang), die Überbelegung der Zellen die Regel und die medizinische Versorgung völlig vernachlässigt. Während des ganzen 19. Jahrhunderts lagen Verfechter verschiedener Haftregime im Streit miteinander. Gegen das Auburn‘sche Regime (Einzelzellenhaft, gemeinsame Arbeit mit Schwei- gepflicht), gegen dasjenige von Philadelphia (Einzelzellenhaft, Arbeit alleine in der Zelle), setzt sich schliesslich ein typisch schweizerisches Progressivsystem mit weitgehender Gemein- schaftsarbeit durch. Die Prinzipien, die das Progressivsystem definieren, sind die Einzelhaft, anschliessend der Normalvollzug in geschlossener Umgebung, ein offeneres Regime und schliesslich die bedingte Quelle: Entlassung bei guter Führung ab einer bestimmten Dauer der vollzogenen Strafe. Strafen und Massnahmen in der Schweiz System und Vollzug für Erwachsene und Jugendliche: ein Überblick Gemäss Artikel 40 ff. StGB beträgt die Dauer der Freiheitsstrafe in der Regel mindestens sechs (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepar- Monate; die Höchstdauer 20 Jahre. tement EJPD) THORBERG SEITE 20
Thorberg Text aus: Die Herde der Heiligen Kühe und ihre Hirten. Basel, Lenos Verlag, 1983. von Hans Saner, Philosoph Auch das Selbstverständliche wird fraglich. Man kann das nirgends so gut beobachten wie in der Geschichte des Strafrechts. Über Jahrhunderte sind Menschen im Namen des Rechts verbannt, gefoltert und getötet worden. Für all dies schien es gute Argumente zu geben. Sie schützten das Selbstverständliche vor der Kritik. Dennoch tauchten plötzlich die Fragen auf: Was gibt uns eigentlich das Recht, Menschen auszustossen, sie zu quälen oder gar zu töten? Nun geschah das Merkwürdige: Keine der möglichen Antworten erwies sich vor der Humanität als zureichend, mit Ausnahme der einen: Nichts berechtigt uns dazu. – Verbannung, Folter und Todesstrafe verschwanden in der Folge vielerorts aus dem Strafrecht. So wurde die Zone des Selbstverständlichen etwas schmaler. Aber auch sie wird von neuen Fragen bedrängt: Was gibt uns eigentlich das Recht, Menschen dauerhaft oder vorübergehend die Freiheit zu nehmen? Ist die Freiheit denn ein kleineres Rechtsgut als das Leben, so dass man sie im Namen des Rechts entziehen darf? Wir neigen heute noch dazu, diese Frage zu bejahen. Aber wir ver- stricken uns dabei in schwere Widersprüche und Paradoxien: Wenn nämlich eine Gesellschaft sich dazu entschlossen hat, kein Verbrechen, wie schwer es auch sei, mit dem Tod zu bestrafen, und keiner Strafe, wie notwendig sie auch sei, unbegrenzte Dauer zu geben, dann rückt aller Strafvollzug unter die Leitidee, den fehlbaren Täter wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Strafzeit müsste dann eigentlich als Lernzeit für ein normengemässes Verhalten in der Ge- sellschaft verstanden werden oder als Lernzeit für den vernünftigen Umgang mit der gesell- schaftlich gewährten Freiheit. Aber wie soll ein Straftäter dieses Verhalten erlernen, wenn die Strafzeit ihn von der Gesellschaft absondert und ihm die Freiheit radikal nimmt? Der faktische Strafvollzug widerspricht der Idee, unter die er gestellt ist. Er fixiert auf das Verbrecher-Sein, von dem er trennen müsste. Er schafft die Verbrecher, die er bessern möchte. Die Paradoxie ist vielleicht unlösbar. Denn der Freiheitsentzug ist auch ein Schutz der Gesell- schaft vor den Verbrechern. Um des Schutzes willen greift das Recht zu Strafvollzügen, die den Täter schädigen und die Ausbreitung des Rechts eher verhindern. Deshalb wird auch zur Frage: Was gibt der Gesellschaft überhaupt das Recht zu strafen, falls Strafe den Täter schädigt? Die einzig unverlogene Antwort heisst wohl: Notwehr. Aber sie vermag nicht zu befriedigen. Denn im Umkreis der Notwehr wird die Rechtspflege selber zur organisierten Gewalt, die sich nur noch als Gegengewalt legitimiert. Sie schiebt ein Problem ab, das ihr bewusst werden müsste: Wie kann die Gesellschaft geschützt werden, ohne dass der einzelne fehlbare Mensch geschädigt wird? Durch seine Lösung würde die Idee der Strafe vermutlich obsolet. Nur: wir kennen die Lösung nicht. So tun wir im Namen des Rechts vorläufig, was wir im Namen der Humanität schwerlich billigen können. Die Strafe demütigt das Recht. THORBERG SEITE 21
Thorberg 1) Lest die Texte auf Seite 20 und 21 und diskutiert im Plenum: - Warum gibt es ein Paradox beim Freiheitsentzug? - Seid Ihr einig mit dem Philosophen Saner? In welchen Punkten könnt Ihr ihm zustimmen und in welchen nicht? - Was gäbe es für Möglichkeiten, um dieses Paradox zu lösen? Art. 74 1. Vollzugsgrundsätze aus dem «Strafgesetzbuch» Die Menschenwürde des Gefangenen oder des Eingewiesenen ist zu achten. Seine Rechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern. 2) Diskutiert zu zweit und tragt eure Ergebnisse im Plenum zusammen. - Was sagt dieser Vollzugsgrundsatz genau aus? - Was könnte die Menschenwürde in der Gefangenschaft verletzen? - Welche Rechte dürfen in der Gefangenschaft nicht beschränkt werden? Art. 75, Abs. 2 Grundsätze aus dem «Strafgesetzbuch» Der Strafvollzug hat das soziale Verhalten des Gefangenen zu fördern, insbesondere die Fähig- keit straffrei zu leben. Der Strafvollzug hat den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit als möglich zu entsprechen, die Betreuung des Gefangenen zu gewährleisten, schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken und dem Schutz der Allgemeinheit, des Vollzugsperso- nals und der Mitgefangenen angemessen Rechnung zu tragen. 3) Diskutiert in der Gruppe folgende Fragen und tauscht eure Meinungen im Plenum aus: - Wie kann man trotz Freiheitsentzug das soziale Verhalten nachhaltig fördern, wie dies das Schweizerische Strafgesetzbuch verlangt? - Wie können schädliche Folgen des Strafvollzugs vermieden werden? - Ist das Gefängnis eher ein Ort des Schutzes, der Reflexion, der Sühne, Reue, Hoffnung oder bedeutet er eher Ausgrenzung, Isolation für den Gefangenen? - Welche Möglichkeiten, Chancen, Förderung soll ein Mensch im Gefängnis bekommen? THORBERG SEITE 22
Thorberg DAS BEISPIEL «THORBERG» Das Bundesamt für Justiz schreibt in einen Papier über den Strafvollzug in der Schweiz Folgendes: Vollzugsziel Nach den Vorschriften des Strafgesetzbuches soll der Vollzug der Gefängnis- und Zuchthaus- strafen «erziehend auf den Gefangenen einwirken und ihn auf den Wiedereintritt in das bür- gerliche Leben vorbereiten» (Art. 37 Ziff. 1 Abs. 1 StGB). Ferner soll der Vollzug gemäss dieser Bestimmung darauf hinwirken, dass «das Unrecht, das dem Geschädigten zugefügt wurde, wieder gutgemacht wird». Das Vollzugsziel der (Re-)Sozialisierung oder (Wieder-) Eingliederung stellt einen idealtypischen Auftrag an die Strafvollzugsbehörden und die dem Straf- und Mass- nahmenvollzug dienenden Institutionen dar. Die wichtigsten, für die Erreichung dieser Ziele zur Verfügung stehenden Mittel werden nachstehend zusammengefasst. Dazu ist allerdings klarzustellen, dass diese Ziele und Mittel für Strafen mit kurzer Aufenthaltsdauer nur teilweise anwendbar sind. Ferner muss berücksichtigt werden, dass es sich dabei um eine typisierende Beschreibung handelt: Aufgrund institutioneller Besonderheiten oder der Charakteristik von Insassen gibt es - im Rahmen des Gesetzes - Abweichungen. a) Stufensystem Der Gefangene durchläuft verschiedene Vollzugsstufen, welche ihm zunehmend mehr Freihei- ten eröffnen. Die erste Vollzugsstufe, die Einzelhaft, dauert in der Regel nur einige Stunden oder wenige Tage, in seltenen Fällen einige Wochen. Während dieser Zeit, die der Abklärung und der Vorbereitung des Vollzugs dient, hat der Gefangene keine oder nur eingeschränkte Kontakte zu Mitgefangenen, er wohnt und arbeitet auf seiner Zelle. Diese vom Gesetz vorgesehene Voll- zugsstufe wird jedoch nicht in allen Anstalten vollzogen: Dort gelangen die Eintretenden sofort in die Stufeder Gemeinschaftshaft (in der Regel Gruppenvollzug, jedoch nicht Mehrfachbele- gung einer Zelle). Während dieser Vollzugsstufe, die bis zum Strafende dauern kann, verbringt er bloss die Ruheund einen Teil der Freizeit in seiner Zelle. Er arbeitet gemeinsam mit anderen Insassen, nimmt an Freizeitaktivitäten teil und isst in den meisten Anstalten auch in Gemein- schaft mit anderen Insassen. Es ist ferner möglich, dass der Gefangene in dieser Vollzugsstufe eine von der Anstalt vermittel- te auswärtige Arbeit aufnimmt oder auswärtige Kurse besucht. Der Vollzug in der dritten Stufe - der Halbfreiheit - beginnt frühestens nach der halben Strafdau- er und erfolgt in einer freier geführten Anstalt (in einer getrennten Abteilung der Vollzugsanstalt, z.B. in der Kolonie Ringwil/Pöschwies oder im Eschenhof/Witzwil), wo der Gefangene in der Regel einer selbst ausgewählten, auswärtigen Arbeit nachgeht. Die Halbfreiheit kann gewährt werden, wenn der Insasse mit der vermehrten Freiheit und Verantwortung umzugehen weiss, bzw. wenn im konkreten Fall keine Gemein- oder Fluchtgefahr besteht. Hat der Gefangene min- destens 2/3 seiner Strafe, mindestens aber 3 Monate verbüsst, kann er bedingt (Art. 38 StGB) – das heisst auf Bewährung - entlassen werden, sofern weder sein Verhalten im Strafvollzug noch seine Bewährungsaussichten dagegen sprechen. Für diese letzte Vollzugsstufe wird eine Probezeit von 1-5 Jahren festgelegt, während der ein bedingt Entlassener in den stationären Vollzug zurückversetzt werden kann, wenn er sich in der Freiheit nicht bewährt. Es kann für diese Zeit auch die so genannte Schutzaufsicht (Bewährungshilfe) angeordnet werden (Art. 47 THORBERG SEITE 23
Thorberg StGB). Diese bemüht sich, die im Straf- und Massnahmenvollzug begonnene Arbeit der (Re-) Sozialisierung oder (Wieder-) Eingliederung fortzusetzen, indem sie dem Insassen bzw. dem bedingt Entlassenen bei den mannigfachen Schwierigkeiten des täglichen Lebens mit Rat und Tat zur Seite steht. Die Bewährungshilfe unterstützt ihn vor und nach der Entlassung, hilft ihm bei der Suche nach Arbeit und Unterkunft sowie bei der Schuldensanierung. Angestrebt wird heute das System der «durchgehenden Betreuung» von der Untersuchungshaft bis zur endgülti- gen Entlassung. b) Arbeit Angesichts der grundlegenden Bedeutung der Arbeitswelt für die gesellschaftliche Integration jedes Bürgers stellt die Arbeit einen Grundpfeiler des Strafvollzugs in der Schweiz dar. Das Strafgesetzbuch schreibt vor, dass der Gefangene zur Arbeit verpflichtet ist, die ihm zugewiesen wird: «Er soll womöglich mit Arbeiten beschäftigt werden, die seinen Fähigkeiten entsprechen und die ihn in den Stand setzen, in der Freiheit seinen Unterhalt zu erwerben.» (Art. 37 Ziff. 1 Abs. 2 StGB). Alle Anstalten für den Vollzug längerer Strafen verfügen deshalb in der Regel über zeitgemäss eingerichtete Werkstätten, in denen auch Berufs- oder Anlehren absolviert werden können. Die Werkstätten dienen teilweise dem Unterhalt der Anstalt. Sie produzieren aber auch zu den üblichen Tarifen überwiegend für private Kundschaft. Den meisten grösseren Anstalten ist auch ein Landwirtschaftsbetrieb angegliedert, vielen eine Gärtnerei. Teilweise existieren Spezialpro- gramme für leistungsschwache Insassen. Für ihre Arbeit erhalten die Gefangenen gemäss Art. 376 StGB bei befriedigender Arbeitsleistung und gutem Verhalten einen Verdienstanteil. Über einen Teil dieses Guthabens kann der Gefangene frei verfügen, ein anderer wird für grössere Anschaffungen und für die Entlassung reserviert. Bei der Entlassung wird das Guthaben aus dem Verdienstanteil entweder dem Entlassenen selbst oder einer Behörde (Schutzaufsichts-, Vormundschafts- oder Armenbehörde) übergeben. c) Betreuung und Behandlung Betreuung und Behandlung finden ihre gesetzliche Grundlage in Art. 46 Ziff. 2 StGB: «In der An- stalt sind die dem seelischen, geistigen und körperlichen Wohl der Eingewiesenen dienenden geeigneten Massnahmen zu treffen und die entsprechenden Einrichtungen bereitzustellen». Konkretere und ausführlichere Vorschriften zur Betreuung und Behandlung von Insassen finden sich in den kantonalen Vollzugsverordnungen und im Besonderen in den Vollzugskonzepten der Anstalten. Die einzelnen Anstalten haben diese Angebote recht differenziert ausgebaut. Da aber in allen Anstalten für längere Strafen Gefangene untergebracht sind, die im Hinblick auf ihre Entlassung spezielle Therapien oder Betreuung benötigen, bieten alle Anstalten psychiatri- sche respektive psychologische Dienste an. Sie werden von Fall zu Fall im Rahmen der Voll- zugsplanung individuell festgelegt. Der Sozial- und Betreuungsdienst ist in den Anstalten bezüglich Funktion und Kompetenzen unterschiedlich ausgestaltet. Zu den Standardaufgaben des Sozialdienstes gehören u.a.: die Mitarbeit in allgemeinen Vollzugsfragen, die Erstellung der individuellen Vollzugspläne, die Beratung und Betreuung der Eingewiesenen in ihren Vollzugsproblemen (Arbeitsplatz, Kontakt mit der Aussenwelt/ Urlaubswesen/Halbfreiheit/Entlassung), so z.B. bei der Unterstützung der THORBERG SEITE 24
Thorberg Stellen- und Wohnungssuche (für die Vollzugsstufe der Halbfreiheit und der bedingten Entlas- sung) und der Schuldentilgung. In einzelnen Kantonen resp. Anstalten werden diese Aufgaben gemeinsam und in Absprache mit den Organen der Schutzaufsicht wahrgenommen («durchge- hende Betreuung»). In mittleren und grösseren Anstalten stehen für die ärztliche Betreuung und Behandlung der Eingewiesenen ein Gesundheitsdienst, ein allgemeinmedizinischer Dienst und ein Zahnarzt zur Verfügung. Für die Durchführung gerichtlich angeordneter oder von der Anstalt vorgeschlagener bzw. von den Eingewiesenen beantragter Therapien stehen Psychiater resp. Psychologen zur Verfügung. Die seelsorgerische Betreuung erfolgt durch Einzelgespräche und Gottesdienste mit den Anstaltspfarrern bzw. Seelsorgern, immer mehr auch durch Vertreter nichtchristlicher Religionen (z.B. Imame). d) Kontakt zur Aussenwelt Die Bedeutung der Aufrechterhaltung der Kontakte Gefangener mit der Aussenwelt ist in der Schweiz seit langem anerkannt. Besonders gefördert werden die Beziehungen der Gefangenen zu ihrer Familie und zum Freundes- und Bekanntenkreis. Der Vollzugszweck, die Anstaltsord- nung und Sicherheitserwägungen setzen diesen Kontakten allerdings Grenzen. Der Kontakt zur Aussenwelt wird zudem über den Bezug von Presseerzeugnissen und den Empfang von Radio und Fernsehen aufrechterhalten, ferner auch durch persönliche Kontakte (Briefe, Telefonver- bindungen, Besuche). Ausgang und externer Besuch sind in den Einzelheiten in Hausordnungen, häufiger jedoch in anstaltsinternen Merkblättern geregelt. Ferner sind die Anstaltsleitungen bestrebt, die Aussen- welt etwas in das Anstaltsleben zu integrieren, indem etwa Sportwettkämpfe zwischen Ge- fangenen und anderen Mannschaften organisiert werden oder indem Gefangene zum Beispiel gemeinsam mit Schauspielern Theaterstücke einstudieren und zur Aufführung bringen. Die wichtigste Form des Kontaktes mit der Aussenwelt ist die Gewährung von Urlauben. Es wird zwischen den so genannten Sachurlauben (zur Teilnahme an einer Taufe, Beerdigung, etc., zur Entlassungsvorbereitung, aus wichtigen beruflichen, gesundheitlichen oder anderen Gründen) und den so genannten Beziehungsurlauben (um bestehende Beziehungen zu erhalten respekti- ve wieder aufzubauen, neue Beziehungen zu knüpfen und sich draussen wieder zu orientieren) unterschieden. Die Richtlinien der Konkordate enthalten Vorschriften über die Bedingungen und die Dauer des Urlaubes. e) Normalisierung Die Normalisierung des Anstaltslebens darf als ein allgemein anerkanntes, zentrales strafvoll- zugspolitisches Konzept bezeichnet werden. Darunter wird die Angleichung der Verhältnisse im Anstaltsalltag an jene ausserhalb der Anstalt verstanden, insbesondere durch die Schaffung realitätskonformer Anforderungen an die Gefangenen. Der Alltag in der Anstalt soll damit zu Quelle: einem Lernfeld für soziales Verhalten werden und so günstige Voraussetzungen für die Entlas- Bundesamt für Justiz sung schaffen. Sektion Straf- und Massnahmenvollzug 3003 Bern, April 2002 THORBERG SEITE 25
Thorberg 1) Vergleiche diese Vollzugsrichtlinien mit den Haftbedingungen im Thorberg und den Aussagen von Gefangenen. - Notiere allfällige Differenzen. Haftbedingungen im Thorberg In der Strafanstalt Thorberg sind 180 Männer aus über 40 Nationen inhaftiert. Als Einweisungs- gründe in den geschlossenen Vollzug gelten: schwere Verbrechen, Rückfanfälligkeit, Gemein- gefährlichkeit oder Fluchtgefahr. Gemäss Art. 81 StGB ist der Insasse zur Arbeit verpflichtet. Es gibt verschiedene Werkstätten und Hausdienste, jedoch oft nicht genug Arbeit für alle. Wer die Arbeit verweigert wird mit Arrest bestraft. Der Arbeitsentgeltansatz beträgt zur Zeit Fr. 26.– pro Tag. 40 % werden auf ein Sperrkonto gebucht. Die Vollzugsinstitution kann Zahlungen ab dem Sperrkonto veranlassen, um Wiedergutmachung oder Opferhilfe zu leisten oder um Ausschaf- fungskosten zu decken. Die Mahlzeiten werden den Gefangenen bei der Zellentüre gereicht. Es gibt eine gesonderte muslimische und vegetarische Küche. Während der Essenszeit wer- den die Insassen eingeschlossen. Es bestehen beschränkte Kochmöglichkeiten auf der Zelle. Lebensmittel, Frisch- und Backwaren können wöchentlich bestellt werden, sofern der Insasse über Geld auf seinem Freikonto verfügt. An Wochentagen sind die Zellen abends während drei Stunden geöffnet. Die Insassen können sich dann frei auf ihrer Etage bewegen, die gemeinsa- me Dusche und die Telefonkabine benutzen oder im Kraftraum trainieren. Am Wochenende werden die Insassen während ca. 19 Stunden täglich in der Zelle eingeschlos- sen. Dort dürfen Fernseher und Computer benutzt werden. Internet, Mobiltelefone und DVD’s «ab 18 Jahren» sind verboten. Auf dem Thorberg gibt es einige Bildungsangebote, die bei guter Führung belegt werden können. Es fehlt jedoch die Möglichkeit zu einer Berufsausbildung mit Abschluss. Die Insassen haben das Recht, täglich eine Stunde im Hof zu spazieren. Ballspiele sind verboten. Es gibt weder Fussballfeld noch Turnhalle. Die monatliche Besuchszeit beträgt fünf Stunden. Es gibt kein Beziehungszimmer für Paare oder Familien. Aussagen von Gefangenen Janis: «Es gibt nicht viel, was man hier lernen kann. Man spricht von Resozialisierung, aber man tut nichts dafür. Nachher ist man schockiert, das so viele rückfällig werden. Weil die Gefäng- nisse zu gut sind? Nein, weil es keine Struktur gibt, um daran zu arbeiten. Für mich wäre die Strafe viel schlimmer, wenn ich mit einer elektronischen Fussfessel Sozialarbeit leisten müsste. Du bist immer unter Leuten. Du bist immer immer im Blickfeld. (...) Das wäre viel konstruktiver, statt 10 Jahre in einem Raum rumzuhängen. (...) Darin liegt die Absurdität des Gefängnisses für mich. Man verbaut den Leuten die Möglichkeiten und will gleichzeitig, dass sie sich zum Guten wandeln. Aber wie, wenn man keinen Zugang hat?» Luca: «Wenn man im Gefängnis nicht immer studiert, manchmal nur beobachtet, anstatt zu leben, dann kann man ziemlich schnell kaputt gehen. So dass man nachher richtig, ja, dass man fast kriminell, also nicht kriminell, einfach schlecht wird. Dass man verrückt wird, aggressiv oder so im Gefängnis. (...) Ja, ja, wir sind immer hier, vom Morgen bis am Abend. Wenn uns jemand braucht, wir helfen, aber uns braucht niemand. Ich würde gerne etwas Nützliches machen.» THORBERG SEITE 26
Thorberg 2) Diskutiert in der Klasse: - Was entspricht im Thorberg den Strafvollzugsrichtlinien, was nicht? - Was, findest du, müsste verbessert werden? - Wie könnte der Anspruch der Resozialisierung deiner Meinung nach am Besten umgesetzt werden? - Glaubt ihr, dass die porträtierten Männer nach dem Verbüssen ihrer Haftstrafe straffrei leben werden? - Welche Voraussetzungen, Verhaltensweisen oder Aussagen der Gefangenen deuten eher auf einen Rückfall in ein kriminelles Leben und was auf eine straffrei Zukunft hin? THORBERG SEITE 27
Thorberg Lebenslängliche Verwahrung 2004 wurde die sogenannte Verwahrungsinitiative angenommen, welche die lebenslange Verwah- rung für nicht therapierbare, extrem gefährlicher Sexual- und Gewaltstraftäter verlangt. Quelle: Strafen und Massnahmen in der Schweiz. System und Vollzug für Zitat aus dem Papier Erwachsene und Jugendliche: ein «Strafen und Massnahmen in der Schweiz» des Bundesamtes für Justiz Überblick. Veröffentlicht vom Bun- desamt für Justiz, Dirketionsbereich «Verwahrung ist keine Strafe sondern eine Massnahme. Die Massnahme der Verwahrung Strafrecht, Februar 2010) dient in erster Linie der Sicherheit: Die Öffentlichkeit soll vor Rückfällen strafrechtlich verurteilter Personen geschützt werden.» 1) Informiert euch über die lebenslange Verwahrung. - Sucht Pro- und Kontra-Meinungen und stellt die Argumente der Befürworter und Gegner dieser Massnahme in Gruppenarbeiten zusammen und präsentiert sie der Klasse. 2) Schreibe eine kurze persönliche Stellungnahme: - Was hältst du von der lebenslänglichen Verwahrung? 3) Diskutiert im Plenum folgende Fragen: - Hat jeder Mensch ein Recht auf eine zweite Chance oder gibt es «unverbesserliche» Menschen? - Ist die Resozialisierung von Straftätern oder die Sicherheit einer Gesellschaft wichtiger? THORBERG SEITE 28
Thorberg Der offene Strafvollzug 1) Informiert euch mit den verschiedenen Beiträgen über das Strafvollzugsmodell im norwegischen Bastøy. Das Beispiel Bastøy: «Kuscheljustiz» oder erfolgreiches Modell? - http://www.youtube.com/watch?v=0Mdn2c9Dr4A - http://www.zeit.de/2009/13/Die-Insel-13 - http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/terror-in-norwegen/ youtube Mehr-Ferienanlage-als-Gefaengnis/story/29158630?dossier_id=996 - http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/hinter-norwegischen-gardinen-1.5032078 2) Diskutiert im Plenum die Vor- und Nachteile für diese Form des offenen Strafvollzugs. Auch in der Schweiz gibt es den offenen Strafvollzug, so z. Bsp. in der Strafanstalt Witzwil. 3) Lest den Artikel «Vier Jahre Haft – und dann die Freiheit» auf Seite 30 zur aktuellen Plakat- Die Zeit kampagne, die für den offenen Strafvollzug eintritt. 4) Diskutiert in Partnerarbeit: - Findet ihr diese Kampagne gut? - Meint ihr, dass sie bei der Bevölkerung etwas bewirkt? Der Regierungsrat Käser sagt: Nullrisikogarantie gibt es nicht und darf auch nicht die Erwartungs- haltung einer Gesellschaft sein. - Was meint er damit? 5) Gestaltet zu zweit selber ein Plakat und wählt einen Text, um die Bevölkerung für den offenen Strafvollzug zu sensiblisieren. Tagesanzeiger Neue Zürcher Zeitung THORBERG SEITE 29
Thorberg Bieler Tagblatt, Seeland, 7. August 2012 THORBERG SEITE 30
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