Waldentwicklung online: Die Waldfl ächen des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit
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74 Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit Waldentwicklung online: Die Waldflächen des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit LFE, CARSTEN VERCH, JOACHIM GROSS, JÜRGEN AHRNDT Der Beitrag ist ein Ergebnis der Zusammenarbeit der Fach- sammenhang eine Interpretation der Karteninhalte bei den bereiche Dokumentation/ Datenmanagement und Planung/ Schmettauschen Karten, da zu diesen keine Legende bzw. Betriebswirtschaft des LFE, insbesondere von Geodaten- Kartieranleitungen auffindbar sind. Im Ergebnis dieser Be- verwaltung und Waldentwicklungsplanung. trachtungen ist anhand der Darstellungsformen der Karten- Aufgabe des Fachbereiches Dokumentation/ Datenma- inhalte eine eigene Legende entstanden, die Grundlage der nagement ist es, den IT-Betrieb im Landesbetrieb Forst weiteren Arbeit mit den Schmettauschen Karten ist. (1) Brandenburg (LFB) abzusichern, IT-gestützte Arbeitsver- Zur Weiterverfolgung der Arbeiten reichten zunächst die fahren anzubieten sowie Naturaldaten, liegenschaftsbezo- personellen und finanziellen Kapazitäten nicht aus. In den gene Daten und betriebs- und finanzwirtschaftliche Daten Jahren 2010 bis 2012 konnte ein Projekt zur Digitalisie- praxisgerecht zur Verfügung zu stellen. Die Nutzung von rung von historischen topographischen Karten durch Inan- Verfahren und Daten zur Steuerung des Betriebsgesche- spruchnahme von Mitteln aus dem „Europäischen Fonds hens oder auch für Betrachtungen und Analysen zu Ent- für Regionale Entwicklung – EFRE“ aufgelegt und erfolg- wicklungsprozessen erfolgt überwiegend in anderen Be- reich umgesetzt werden. reichen des LFB. Besonderer Dank gilt dem ÖBVI (Öffentlich bestellten Insoweit erhebt der Beitrag nicht den Anspruch einer Vermessungsingenieur) Herrn Schröder, Guben, http:// wissenschaftlich- analytischen Arbeit, sondern es sollen www.vermessung-wolf.de/index.html, der in mühevoller mit ihm das in Entstehung befindliche Geoportal des LFB Kleinarbeit eine Wertung der kartografischen Inhalte, den sowie bereits verfügbare Daten zur Entwicklung der Wald- Vergleich zu späteren kartografischen Darstellungen und verteilung in Brandenburg als Anregung für mögliche wei- die An- und Einpassung an / in das heutige digitale Karten- tergehende Betrachtungen vorgestellt werden. werk geleistet hat. Im Auftrag des LFE, ebenfalls durch Nutzung von fi- Die Entwicklung der Verteilung von Wald und Offenland nanziellen Mitteln aus dem EFRE, hat die Firma Terrestris über vergangene Zeiträume war und ist immer wieder von GmbH & Co. KG, Bonn, http://www.terrestris.de/ den Pro- Interesse – und das nicht nur aus forstlicher Sicht, denn sie totyp eines Geoportals entwickelt, in dem über Geodienste, stellt einen nicht unerheblichen Indikator für die Entwick- zunächst WMS-Dienste, forstliche Geodaten einer breiten lung der Kulturlandschaft dar (2). Historische Karten haben Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Die histo- zur Abschätzung dieser Entwicklung immer eine entschei- rischen Waldflächen in Bezug zur aktuellen Waldfläche in dende Rolle gespielt. Mit den heute zur Verfügung stehen- Brandenburg zeigen insoweit beispielhaft die weitere Ent- den technischen Möglichkeiten lässt sich die Entwicklung wicklung. der Waldverteilung im Vergleich zu den aktuellen Gegeben- Die analogen Karten der Schmettauschen sowie der 2. heiten deutlich besser erfassen und darstellen als noch vor Preußischen Landesaufnahme sind von der Staatsbiblio- wenigen Jahren. thek zu Berlin, http://staatsbibliothek-berlin.de/ zur Verfü- Das zur Verfügung stellen von Informationen in digitaler gung gestellt worden. Form und damit deren schnelle Verfügbarkeit für breite Nut- zerkreise erfordert regelmäßig einen erheblichen Aufwand Das hier betrachtete Kartenwerk umfasst die topografischen und ist oft das Ergebnis der Arbeit Vieler, so auch die Dar- Karten nach Schmettau, die der 2. Preußischen Landesauf- stellung der Waldentwicklung online. nahme sowie die digitale Forstgrundkarte (Abb. 1). Bereits zu Beginn der 2000er Jahre sind von GROSS, LFE und WULF, ZALF für die Bereiche von drei Oberförstereien Zwischen den Erstellungen der Kartenwerke liegen ca. 100 des Landes Brandenburg historische Karten von Schmettau Jahre. Für noch genauere Untersuchungen zur Waldent- (erstellt im Zeitraum 1767 – 1787) und der 2. Preußischen wicklung sind Informationen aus diesen Zeiträumen wün- Landesaufnahme (erstellt im Zeitraum 1877 – 1915) digita- schenswert, liegen jedoch aktuell nicht in digitaler Form vor. lisiert und mit den Gegebenheiten zum aktuellen Zeitpunkt Zum Beispiel wäre es hilfreich, auch die Urmeßtischblät- verglichen worden. Erforderlich machte sich in diesem Zu- ter der 1. Preußischen Landesaufnahme von 1830 – 1865 Kartenwerk Entstehungszeit Maßstab Kartenblätter Brandenburg Schmettausche Karten Schmettau-Schulenburgsche Karten 1767 – 1787 1:50.000 39 2. Preußische Landesaufnahme (+Sächsische Landesaufnahme) 1877 – 1915 1:25.000 291 (+7) Digitale Forstgrundkarte – 2012 1: 5.000 2.100 Abb. 1: Kartengrundlagen
Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit 75 digital zur Verfügung zu haben. Auch regional verfügbare detailliertere Kartenwerke könnten, digital aufbereitet, noch mehr Aufschluss über die Waldflächenentwicklung geben. Die o. g. Kartenwerke lassen aber durchaus qualifizierte Rückschlüsse auf die Entwicklung der Waldflächen und ih- rer Verteilung im Land Brandenburg zu. Bei der Betrachtung der Kartengrundlagen stellt sich zu- nächst die Frage zu dem, was und in welcher Form als Wald dargestellt ist. Bezüglich der Schmettauschen Karten liegen keine Legenden oder Kartieranleitungen vor, so dass anhand der verwendeten Symbolik aus heutiger Sicht auf Abb. 4: Forstliche Nutzungsarten der 2. Preußischen seinerzeitige Nutzungsarten geschlossen werden muss. Landesaufnahme WULF / GROSS haben auf den Schmettauschen Karten 40 Symboliken für die Landnutzung identifiziert. (1) Acht davon Bei allen Betrachtungen, auch vergleichenden Betrach- haben forstliche Relevanz: tungen, muss man sich der historisch bedingten Unter- schiede in der Kartenerstellung bewusst sein. Sie sind ge- / $ ($?/ prägt von den Messmethoden und Messinstrumenten der / $*($ &P 3 jeweiligen Zeit und dem verfügbaren qualifizierten Perso- nal. So hat Schmettau seine Aufnahmen z. B. noch ohne / ($ &P& " 3 trigonometrische Grundlage vorgenommen. Offensicht- / ($ &P& "& 3 9/ lich sind auch Karten von Feldvermessern, die regional und in größeren Maßstäben bis 1:5.000 vorlagen, für das / ($ &P ! 3 Schmettausche Kartenwerk mit verwendet worden. Zwi- &/ ($ & 5 Q: 4 0%*: schen markanten Punkten wurden Strecken- und Winkel- /: 4 0%*: Q$ ($ & 5 messungen vorgenommen. In den dadurch entstandenen / J!$*($&$7 .&* *G %$H/ L/ Polygonen liegende Landschaftselemente sind dann viel- ?/ fach wohl nach Augenmaß ergänzt worden (2). 85 $* 9/0*,* $! 1 0 ' $*?9F7 ($- Der von Schmettau verwendete kleine Maßstab von % $ && L/ 0 !$*(7$ $ 0 0 & 1:50.000 führte im Vergleich zu späteren Kartenwerken % &$ 3 zu einer weitaus größeren Generalisierung in den Darstel- Abb. 2: Forstliche Nutzungsarten nach Schmettau lungen. Die Unterschiede in den inhaltlichen Aussagen zu Wald WULF / GROSS haben bei den Schmettauschen Karten einen in den Kartenwerken lassen vielfältige Interpretationen zu. eher standörtlichen Bezug der Darstellung von Wald aus- Die Vergleichbarkeit der aus den jeweiligen Karten abgelei- gemacht. Ein Baumartenbezug war aus den Karten nicht teten Informationen muss deshalb bei jeder konkreten Fra- abzuleiten. gestellung, ggf. unter Hinzuziehung weiterer Informationen, Für die folgenden summarischen Betrachtungen ist eine geprüft werden. Zusammenfassung und Gruppierung in geschlossenen Wald, lichten Wald und Busch vorgenommen worden. Auch heute wird Wald nicht immer einheitlich aufgefasst und dargestellt. Die Forstverwaltungen haben in den Wald- / $ ($ gesetzen definiert, was als Wald anzusehen ist. Darauf / $*($ &P 3 - baut auch das forstliche Kartenwerk auf. Nicht zum Wald in $* ($ Brandenburg zählen z. B. &/ ($ & 5 Q: 4 0%*: 1. in der Flur oder in bebautem Gebiet gelegene einzel- /: 4 0%*: Q$ ($ & 5 ne Baumgruppen, Baumreihen oder mit Hecken und Schutzpflanzungen bestockte sowie als Baumschulen / ($ &P& " 3 verwendete Flächen, - / ($ &P& "& 3 2. zu Wohnbereichen gehörende Parkanlagen, ($ 3. mit Waldbäumen bestockte Flächen in gärtnerisch ge- / ($ &P ! 3 stalteten Anlagen, die der Erholung der Bevölkerung / J!$*($-&$7 .&* *G %$H/ dienen, 4. Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen. (3) Abb. 3: Gruppierung der forstlichen Nutzungsarten nach Ganz im Gegenteil dazu werden diese Flächen in den To- Schmettau pographischen Karten als Wald geführt. Auch das amtliche Kataster führt Waldflächen als Nut- Nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 begann um zungsart. Die ausgewiesenen Waldflächen stimmen nicht 1880 die inhaltlich und qualitativ stark verbesserte 2. Preu- mit den zuvor genannten überein. Für unsere Betrach- ßische Landesaufnahme. Für diese liegt eine dezidierte Le- tungen haben wir die in der Forstgrundkarte als Wald aus- gende vor, nach der 16 Nutzungsarten Wald unterschieden gewiesene Fläche und hier nur die tatsächlich bestockte werden (Abb. 4). Fläche herangezogen. Erkennbar ist, dass bei dieser Darstellung der Waldtyp (Laubwald, Nadelwald, Mischwald) im Vordergrund stand. In den Jahren 2011 und 2012 wurden die im forstlichen Kartenwerk erfassten Flächen hinsichtlich ihrer Zurechen-
76 Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit barkeit zum Wald im Sinne des BbgLWaldG einer Prüfung Nach diesem Muster sind die nach Schmettau als geschlos- unterzogen. Dabei sind zunächst Katasterinformationen sene Wälder, als lichte Wälder und als Busch klassifizierten und als Wald im IT-System des LFB erfasste Flächen for- Waldtypen dahingehend betrachtet worden, ob und – wenn mal abgeglichen und aufgetretene Widersprüche vor Ort ja – welche dieser Flächen sich auch als Waldflächen in der überprüft worden. Bei größeren Komplexen sind Luftbilder 2. Preußischen Landesaufnahme und heute identifizieren herangezogen worden. Im Ergebnis wurden ca. 19.500 ha lassen. Waldfläche festgestellt, die nicht als solche im forstlichen Eine vollständige und eindeutige Flächenübereinstim- Kartenwerk nachgewiesen, in anderen Kartenwerken je- mung zwischen den zugrunde gelegten Karten kann auf- doch durchaus als solche ausgewiesen waren. Gleichzeitig grund ihrer Entstehung, unterschiedlicher Maßstäbe und wurde festgestellt, dass für ca. 3.000 ha die Zurechnung Interpretationsspielräume nur annähernd erreicht werden. zum Wald nicht gerechtfertigt ist. Entsprechend wurden die Die im Ergebnis der digitalen Verschneidung entstandenen Daten im Informationssystem des LFB berichtigt. Flächen sind deshalb gerundet worden. Im Ergebnis der Umsetzung der mit Mitteln des EFRE ge- Für die als geschlossene Wälder identifizierten Flächen er- förderten Projekte gibt sich folgendes Bild: • liegen die historischen Karten digitalisiert, referenziert, in Koordinatensystem ETRS89 (Brbg.) projiziert als blatt- Schmettau 2. Preuß. LA Aktuell HB Fläche, schnittfreie Vektor-Datenbestände für das gesamte Ge- Kat: a, b, f, g gesamt einschl. NEF ca. ha biet des Landes Brandenburg vor, Wald Wald Wald 481.000 • sind die historischen Karten durch Entzerrung mit den aktuellen Geobasisinformationen der Brandenburgischen Wald Wald Kein Wald 59.000 Landesvermessung harmonisiert worden, Wald Kein Wald Kein Wald 171.000 • sind die Waldflächen als gesonderte Datenbestände digi- Kein Wald Wald Wald 392.000 talisiert und attributiert worden. Kein Wald Kein Wald Wald 138.000 Damit sind unter Beachtung der zuvor genannten Ein- Wald Kein Wald Wald 42.000 schränkungen landesweite, regionale und lokale Betrach- Kein Wald Wald Kein Wald 76.000 tungen zur Waldentwicklung durch Karten-/Datenverschnitt über einen Zeitraum von ca. 250 Jahren möglich. Abb. 7: Historische Flächendynamik für geschlossene Ein pauschaler Vergleich der zu den Kartierungszeiträu- Wälder men erfassten Waldflächen lässt vermuten, dass über den gesamten Betrachtungszeitraum die Gesamtwaldfläche in Die nach der Schmettauschen Kartierung als lichte Wälder Brandenburg relativ stabil gewesen ist. und Busch klassifizierte Flächen haben in nur geringem Umfang als Wald über den gesamten betrachteten Zeit- Waldfläche gesamt: ha % raum überdauert. nach Schmettau (1780) 929.000 88 Schmettau 2. Preuß. Aktuell HB nach 2. Preußischer Landesaufnahme (1880) 1.009.000 96 Fläche ha Kat: c, d, e LA gesamt einschl. NEF heute 1.053.599 100 Wald Wald Wald 30.000 Abb. 5: Übersicht Gesamtwald in Brandenburg Wald Wald Kein Wald 8.000 Wald Kein Wald Kein Wald 127.000 Dies muss zumindest für das 18. Jh. in Frage gestellt wer- den. Historische Darstellungen sprechen hier eher für Ent- Abb. 8 / Historische Flächendynamik für lichte Wälder waldungen und Holznot. Festzustellen ist, dass bei etwa 127.000 ha aus den Katego- Mit folgender Matrix soll versucht werden, die Gesamtent- rien lichter Wald und Busch der Schmettauschen Karten sehr wicklung Waldfläche einer differenzierteren Betrachtung zu fraglich ist, ob sie nach heutigen Maßstäben als Wald klas- unterziehen: sifiziert worden wären. Für die Erfasser zur damaligen Zeit war es schwer zu unterscheiden, ob es sich bei dem, was Nutzungs- Nutzungs- Nutzungs- sie vorfanden, um (jungen) Wald oder um Aufwuchs auf ei- Interpretation art 1780 art 1880 art heute ner Brache handelt, die letztlich wieder in landwirtschaftliche Wald seit mind- Nutzung genommen werden sollte. Felder lagen in Abhän- Wald Wald Wald esten 230 J. gigkeit ihrer Bodengüte von 3 bis zu 12 Jahren brach. (5) Waldverlust in Unterstellt man dies, so sind zu Zeiten Schmettaus in Wald Wald Kein Wald den letzten 100 J. Brandenburg ca. 25 % weniger Waldflächen vorhanden als Waldverlust vor heute. Wald Kein Wald Kein Wald mehr als 100 J. Waldzugang vor Waldfläche gesamt: ha % kein Wald Wald Wald mehr als 100 J. nach Schmettau (1780) 800.000 76 Waldzugang in kein Wald kein Wald Wald den letzten 100 J. nach 2. Preußischer Landesaufnahme (1880) 1.009.000 96 Wald kein Wald Wald heute 1.054.000 100 kein Wald Wald kein Wald Abbildung 9: Übersicht Gesamtwald in Brandenburg , Abb. 6: Historische Dynamik der Waldverteilung Schmettau bereinigt
Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit 77 WULF und SCHMIDT stellen 1996 anhand von Kartenverglei- Für diesbezügliche Aussagen müssen weitere historische chen fest dass „rund 65 % der derzeitigen Waldflächen von Quellen herangezogen werden. Gemäß Kartenaussage Brandenburg zumindest seit über 200 Jahren kontinuierlich waren für die Region „Nadelwälder“ prägend. überdauert (haben).“ (4) Der Verschnitt der aktuell vorliegenden Daten aus den Am folgenden Beispiel sollen Ansätze für mögliche Über- Schmettauschen Karten, der 2. Preußischen Landesauf- legungen aus der Darstellung der Waldentwicklung aufge- nahme und der aktuellen digitalen Forstgrundkarte weist an zeigt werden. den heute vorhandenen Waldflächen einen seit 250 Jahren Die abgebildete Insel im Lübbesickesee war offensicht- als Waldfläche ununterbrochen überdauernden Anteil von lich zu den Zeiten der Kartenerstellung immer mit Wald be- ca. 50 % aus. stockt. Man kann also von einer durchgehenden Bewaldung über die vergangenen 250 Jahre ausgehen. Zieht man nun ha % die Angaben des Datenspeichers Wald (DSW) hinzu, was Waldfläche heute 1.054.000 100 mittels der hinterlegten Forstgrundkarte problemlos mög- lich ist, stellt man fest, dass es auf der Insel einen 133 Davon Wald seit 250 Jahren 511.000 48,5 Jahre alten Baumbestand, bestehend aus Fichte, Kiefer, Abb. 10: Dauerhaft alter Wald Birke, Erle gibt. Die Fläche befand sich zum Zeitpunkt der 2. Preussischen Landesaufnahme somit offensichtlich in Ackeraufforstungen sind erst ab 1880 einigermaßen sicher der Phase der Wiederbewaldung. Kann man auf Grund der bestimmbar: Landesweit sind rund 138.500 ha (rund 13,5 % Lage der Flächen davon ausgehen, dass eine aktive Wie- der heutigen Waldfläche) bewaldet worden. Die ab 1780 als derbewaldung seinerzeit unterblieben ist und hier eine na- Waldzugang festgestellten Flächen können auch aus ande- türliche Wiederbewaldung stattgefunden hat? Hat sich hier ren Nutzungsarten hervorgegangen sein (z. B. Hutungen, altes, an hiesige Verhältnisse angepasstes Material über Langzeitblößen, Ödländereien). Zwischenzeitlich von Wald die Jahrhunderte erhalten können? in andere Nutzungsarten umgewandelte und seit 1880 wie- Andererseits wird auch deutlich, dass trotz aufwendiger der bewaldete Flächen gelten ebenfalls als Ackerauffor- Bearbeitung eine völlige Übereinstimmung der kartierten stungen: Hier wurden 41.500 ha festgestellt. Flächen nicht hergestellt werden konnte, obwohl man im Insgesamt ist somit davon auszugehen, dass mindestens konkreten Beispiel davon ausgehen kann, dass im be- 180.000 ha heutiger Wald aus Landwirtschaftsflächen ent- trachteten Zeitraum keine gravierenden Veränderungen in standen sind. Über die Ursachen ist im Einzelnen geson- Größe und Gestallt der Insel eingetreten sind. Die Ursa- dert zu recherchieren. chen dafür sind vielfältig und weiter oben angerissen. Trotz dieser Unzulänglichkeiten bleibt der unschätzbare Vorteil, Am Beispiel der Region um Gollin, Reiersdorf am Rande hinreichende Hinweise zu den örtlichen Waldverhältnissen der Schorfheide soll gezeigt werden, wie die Waldentwick- über die vergangenen 250 Jahre zu erhalten bzw. aus den lung nach den Kartendarstellungen verlief. Angemerkt wer- Kartendarstellungen ableiten zu können. den soll hier, dass es in Reiersdorf bereits seit 1735 eine Försterei gibt, was auf die forstliche Bedeutung der Region bereits zur damaligen Zeit schließen lässt. Ergebnisse und Möglichkeiten im Überblick Die Bilder sind dem Geoportal des LFB, Stand Febr. 2013, entnommen. Aus forstfachlicher Sicht lässt sich eine ganze Reihe von Auf dem Bild Nr. 11 (Seite 78) ist der Wald auf der Grund- Fachthemen mit Hilfe der Verschneidung historischer und lage eines WMS-Dienstes des Landesbetriebes Landesver- aktueller Karten bearbeiten. Eine kleine, unvollständige messung und Geobasisinformationen (LGB) des Landes Themenauswahl soll Anregungen für Wissenschaft und Brandenburg zum Stand 2013 dargestellt. Die Region ist Praxis geben: danach von Wald geprägt. Die Einblendung der historischen Situation zu Zeiten der • Identifizierung von „Historisch alten Wäldern“ – Habitat- Schmettauschen Kartierungen zeigt, wie großflächig die kontinuität, Biotopkontinuität Entwaldungen um 1780 in der Region waren (Abb. 12). • Unterstützung bei Recherchen für Naturwälder und ande- Welche konkreten anderen Nutzungen zu dieser Zeit re ökologisch bedeutsame Waldgebiete, wie z. B. Wald- vorlagen, wird ab Ende März im Brandenburg Viewer der moore LGB, www.Brandenburg-viewer.de, zu sehen sein. Die als • Räumliche Entscheidungshilfe für erfolgversprechende Zwischenprodukt der historischen Waldflächen im Rahmen (Wieder-) Bewaldung des EFRE-Projektes entstandenen georefferenzierten und • Dokumentation einer nachhaltigen Waldflächenentwick- entzerrten Rasterdaten des gesamten Karteninhaltes der lung als ein Beleg für die kontinuierliche, nachhaltige Schmettauschen Karten sind ab diesem Zeitpunkt als blatt- Waldbewirtschaftung schnittfreie Rasterdaten verfügbar. • Rückschaumöglichkeit auf historische Prozesse der Wal- Nach der Karteninterpretation von WULF / GROSS handelt dentwicklung als wichtige Komponente für die Einschät- es sich bei den erfassten Waldflächen im Kartenausschnitt zung der künftigen Entwicklung auch unter Beachtung um „geschlossenen Wald“. der Klimaänderung Im dritten Bild (Abb. 13, Seite 79) ist der Stand der • Unterstützung bei Betrachtungen von Veränderungen an 2. Preußischen Landesaufnahme erfasst. Erkennbar ist der Waldstruktur durch anthropogene Eingriffe (z. B. Me- eine deutliche Zunahme der Waldflächen in den ca. 100 lioration, Vollumbruch, Änderung der Bewirtschaftungs- Jahren nach der Schmettauschen Erhebung. Zu Ursprung, ziele, Ackeraufforstungen) Entstehung, Alter der seinerzeit kartierten Flächen sind • Gut auswertbare Dynamik der Wald-Offenland-Verteilung anhand der Kartendarstellung keine Aussagen möglich. über ca. 250 Jahre
78 Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit Abbildung 11 / Geoportal Forst, aktuelle Waldverteilung Abbildung 12 / Geoportal Forst, aktuelle Waldverteilung, überlagert mit Wald nach Schmettau
Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit 79 Abbildung 13 / Geoportal Forst, aktuelle Waldverteilung, überlagert mit Wald aus der Preußischen Landesaufnahme Abbildung 14 / Geoportal Forst, aktuelle Waldverteilung, überlagert mit Wald nach Schmettau und aus der Preußischen Landesaufnahme
80 Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit Für eine erste Orientierung und Überblicksbetrachtungen steht das Geoportal des LFB unter www.brandenburg-forst. de als ausbaufähiges und auszubauendes Werkzeug im Internet zur freien Nutzung zur Verfügung. Die digitalen Daten zu den historischen Waldflächen kön- nen Interessenten, die sie mit eigenen Werkzeugen und Daten verschneiden wollen, im Rahmen der geltenden Ge- bührenordnung als Dateien zur Verfügung gestellt werden. Literatur 1. M. WULF und J. GROSS: Die Schmettau- Schulenburgsche Karte – eine Legende für das Land Brandenburg (Ostdeutschland) mit kritischen Anmerkungen. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung , 175. Jg. 2004 Heft 10/11. J.D. Sauerländer`s Verlag Frankfurt/ M., S. 189ff. 2. J. GROSS und M. WULF: Kulturlandschaften in Brandenburg. Welchen Stellen- wert nimmt der Wald ein? Beiträge für die Forstwirtschaft und Landschaftsökologie, Band 36 (4/2002), Deutscher Landwirtschaftsverlag GmbH, S. 145 ff. 3. Waldgesetz des Landes Brandenburg §2(3) vom 20.April 2004 4. WULF, M. und SCHMIDT, R.: Die Entwicklung der Waldverteilung in Brandenburg in Beziehung zu den naturräumlichen Bedingungen. Beiträ- ge für Forstwirtschaft und Landschaftsökologie.30 (1996) 3, S. 125ff 5. BRATRING, F.W.A.: Statistisch-topographische Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg. Bd. 1 – 3. Als Faksimile von Busch, O. und Heinr ich, G. (Hrsg.), verbessert, 1968, Walter de Gruyter, Berlin, 1804
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