Waldentwicklung online: Die Waldfl ächen des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit

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74     Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit

Waldentwicklung online: Die Waldflächen
des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit

LFE, CARSTEN VERCH, JOACHIM GROSS, JÜRGEN AHRNDT

Der Beitrag ist ein Ergebnis der Zusammenarbeit der Fach-       sammenhang eine Interpretation der Karteninhalte bei den
bereiche Dokumentation/ Datenmanagement und Planung/            Schmettauschen Karten, da zu diesen keine Legende bzw.
Betriebswirtschaft des LFE, insbesondere von Geodaten-          Kartieranleitungen auffindbar sind. Im Ergebnis dieser Be-
verwaltung und Waldentwicklungsplanung.                         trachtungen ist anhand der Darstellungsformen der Karten-
  Aufgabe des Fachbereiches Dokumentation/ Datenma-             inhalte eine eigene Legende entstanden, die Grundlage der
nagement ist es, den IT-Betrieb im Landesbetrieb Forst          weiteren Arbeit mit den Schmettauschen Karten ist. (1)
Brandenburg (LFB) abzusichern, IT-gestützte Arbeitsver-            Zur Weiterverfolgung der Arbeiten reichten zunächst die
fahren anzubieten sowie Naturaldaten, liegenschaftsbezo-        personellen und finanziellen Kapazitäten nicht aus. In den
gene Daten und betriebs- und finanzwirtschaftliche Daten        Jahren 2010 bis 2012 konnte ein Projekt zur Digitalisie-
praxisgerecht zur Verfügung zu stellen. Die Nutzung von         rung von historischen topographischen Karten durch Inan-
Verfahren und Daten zur Steuerung des Betriebsgesche-           spruchnahme von Mitteln aus dem „Europäischen Fonds
hens oder auch für Betrachtungen und Analysen zu Ent-           für Regionale Entwicklung – EFRE“ aufgelegt und erfolg-
wicklungsprozessen erfolgt überwiegend in anderen Be-           reich umgesetzt werden.
reichen des LFB.                                                   Besonderer Dank gilt dem ÖBVI (Öffentlich bestellten
  Insoweit erhebt der Beitrag nicht den Anspruch einer          Vermessungsingenieur) Herrn Schröder, Guben, http://
wissenschaftlich- analytischen Arbeit, sondern es sollen        www.vermessung-wolf.de/index.html, der in mühevoller
mit ihm das in Entstehung befindliche Geoportal des LFB         Kleinarbeit eine Wertung der kartografischen Inhalte, den
sowie bereits verfügbare Daten zur Entwicklung der Wald-        Vergleich zu späteren kartografischen Darstellungen und
verteilung in Brandenburg als Anregung für mögliche wei-        die An- und Einpassung an / in das heutige digitale Karten-
tergehende Betrachtungen vorgestellt werden.                    werk geleistet hat.
                                                                   Im Auftrag des LFE, ebenfalls durch Nutzung von fi-
Die Entwicklung der Verteilung von Wald und Offenland           nanziellen Mitteln aus dem EFRE, hat die Firma Terrestris
über vergangene Zeiträume war und ist immer wieder von          GmbH & Co. KG, Bonn, http://www.terrestris.de/ den Pro-
Interesse – und das nicht nur aus forstlicher Sicht, denn sie   totyp eines Geoportals entwickelt, in dem über Geodienste,
stellt einen nicht unerheblichen Indikator für die Entwick-     zunächst WMS-Dienste, forstliche Geodaten einer breiten
lung der Kulturlandschaft dar (2). Historische Karten haben     Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Die histo-
zur Abschätzung dieser Entwicklung immer eine entschei-         rischen Waldflächen in Bezug zur aktuellen Waldfläche in
dende Rolle gespielt. Mit den heute zur Verfügung stehen-       Brandenburg zeigen insoweit beispielhaft die weitere Ent-
den technischen Möglichkeiten lässt sich die Entwicklung        wicklung.
der Waldverteilung im Vergleich zu den aktuellen Gegeben-          Die analogen Karten der Schmettauschen sowie der 2.
heiten deutlich besser erfassen und darstellen als noch vor     Preußischen Landesaufnahme sind von der Staatsbiblio-
wenigen Jahren.                                                 thek zu Berlin, http://staatsbibliothek-berlin.de/ zur Verfü-
   Das zur Verfügung stellen von Informationen in digitaler     gung gestellt worden.
Form und damit deren schnelle Verfügbarkeit für breite Nut-
zerkreise erfordert regelmäßig einen erheblichen Aufwand        Das hier betrachtete Kartenwerk umfasst die topografischen
und ist oft das Ergebnis der Arbeit Vieler, so auch die Dar-    Karten nach Schmettau, die der 2. Preußischen Landesauf-
stellung der Waldentwicklung online.                            nahme sowie die digitale Forstgrundkarte (Abb. 1).
   Bereits zu Beginn der 2000er Jahre sind von GROSS, LFE
und WULF, ZALF für die Bereiche von drei Oberförstereien        Zwischen den Erstellungen der Kartenwerke liegen ca. 100
des Landes Brandenburg historische Karten von Schmettau         Jahre. Für noch genauere Untersuchungen zur Waldent-
(erstellt im Zeitraum 1767 – 1787) und der 2. Preußischen       wicklung sind Informationen aus diesen Zeiträumen wün-
Landesaufnahme (erstellt im Zeitraum 1877 – 1915) digita-       schenswert, liegen jedoch aktuell nicht in digitaler Form vor.
lisiert und mit den Gegebenheiten zum aktuellen Zeitpunkt       Zum Beispiel wäre es hilfreich, auch die Urmeßtischblät-
verglichen worden. Erforderlich machte sich in diesem Zu-       ter der 1. Preußischen Landesaufnahme von 1830 – 1865

 Kartenwerk                                                      Entstehungszeit     Maßstab     Kartenblätter Brandenburg

 Schmettausche Karten Schmettau-Schulenburgsche Karten              1767 – 1787      1:50.000                 39

 2. Preußische Landesaufnahme (+Sächsische Landesaufnahme)          1877 – 1915      1:25.000              291 (+7)

 Digitale Forstgrundkarte                                               – 2012       1: 5.000               2.100

Abb. 1: Kartengrundlagen
Waldentwicklung online: Die Waldfl ächen des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit
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digital zur Verfügung zu haben. Auch regional verfügbare
detailliertere Kartenwerke könnten, digital aufbereitet, noch
mehr Aufschluss über die Waldflächenentwicklung geben.
Die o. g. Kartenwerke lassen aber durchaus qualifizierte
Rückschlüsse auf die Entwicklung der Waldflächen und ih-
rer Verteilung im Land Brandenburg zu.

Bei der Betrachtung der Kartengrundlagen stellt sich zu-
nächst die Frage zu dem, was und in welcher Form als
Wald dargestellt ist. Bezüglich der Schmettauschen Karten
liegen keine Legenden oder Kartieranleitungen vor, so dass
anhand der verwendeten Symbolik aus heutiger Sicht auf                                                            Abb. 4: Forstliche Nutzungsarten der 2. Preußischen
seinerzeitige Nutzungsarten geschlossen werden muss.                                                              Landesaufnahme
WULF / GROSS haben auf den Schmettauschen Karten 40
Symboliken für die Landnutzung identifiziert. (1) Acht davon                                                      Bei allen Betrachtungen, auch vergleichenden Betrach-
haben forstliche Relevanz:                                                                                        tungen, muss man sich der historisch bedingten Unter-
                                                                                                                  schiede in der Kartenerstellung bewusst sein. Sie sind ge-
                         /     $        ($?/                                                           prägt von den Messmethoden und Messinstrumenten der
                         /     $*($ &P                3  
                                                                                                                  jeweiligen Zeit und dem verfügbaren qualifizierten Perso-
                                                                                                                  nal. So hat Schmettau seine Aufnahmen z. B. noch ohne
                         / ($ &P&                   "         3  
                                                                                                                  trigonometrische Grundlage vorgenommen. Offensicht-
                         / ($ &P&                "&         3        9/                 lich sind auch Karten von Feldvermessern, die regional
                                                                                                                  und in größeren Maßstäben bis 1:5.000 vorlagen, für das
                          / ($ &P !                     3  
                                                                                                                  Schmettausche Kartenwerk mit verwendet worden. Zwi-
                         &/ ($ &                  5     Q: 4 0%*:                      schen markanten Punkten wurden Strecken- und Winkel-
                         /: 4 0%*:  Q$ ($ &                        5                   messungen vorgenommen. In den dadurch entstandenen
                         /     J!$*($&$7          .&* *G         %$H/ L/
                                                                                                                  Polygonen liegende Landschaftselemente sind dann viel-
?/
                                                                                                                  fach wohl nach Augenmaß ergänzt worden (2).
   85 $*    
9/0*,*  $!     1 0          ' $*?9F7           ($-        Der von Schmettau verwendete kleine Maßstab von
 % $  && 
L/
       0    !$*(7$        $   0             0               &        1:50.000 führte im Vergleich zu späteren Kartenwerken
 %         &$      3  
                                                                                                                  zu einer weitaus größeren Generalisierung in den Darstel-
Abb. 2: Forstliche Nutzungsarten nach Schmettau                                                                   lungen.
                                                                                                                     Die Unterschiede in den inhaltlichen Aussagen zu Wald
WULF / GROSS haben bei den Schmettauschen Karten einen                                                            in den Kartenwerken lassen vielfältige Interpretationen zu.
eher standörtlichen Bezug der Darstellung von Wald aus-                                                           Die Vergleichbarkeit der aus den jeweiligen Karten abgelei-
gemacht. Ein Baumartenbezug war aus den Karten nicht                                                              teten Informationen muss deshalb bei jeder konkreten Fra-
abzuleiten.                                                                                                       gestellung, ggf. unter Hinzuziehung weiterer Informationen,
  Für die folgenden summarischen Betrachtungen ist eine                                                           geprüft werden.
Zusammenfassung und Gruppierung in geschlossenen
Wald, lichten Wald und Busch vorgenommen worden.                                                                  Auch heute wird Wald nicht immer einheitlich aufgefasst
                                                                                                                  und dargestellt. Die Forstverwaltungen haben in den Wald-
                  /     $          ($                                                                   gesetzen definiert, was als Wald anzusehen ist. Darauf
                  /     $*($ &P             3                                         -        baut auch das forstliche Kartenwerk auf. Nicht zum Wald in
                                                                                                        $*
                                                                                                       ($
                                                                                                                  Brandenburg zählen z. B.
                  &/ ($ &              5        Q: 4 0%*: 
                                                                                                                  1. in der Flur oder in bebautem Gebiet gelegene einzel-
                  /: 4 0%*:  Q$ ($ &                        5
                                                                                                                     ne Baumgruppen, Baumreihen oder mit Hecken und
                                                                                                                     Schutzpflanzungen bestockte sowie als Baumschulen
                 / ($ &P&               "              3  
                                                                                                                     verwendete Flächen,
                                                                                                      -
                 / ($ &P&             "&            3                                 2. zu Wohnbereichen gehörende Parkanlagen,
                                                                                                      ($        3. mit Waldbäumen bestockte Flächen in gärtnerisch ge-
                   / ($ &P !                 3  
                                                                                                                     stalteten Anlagen, die der Erholung der Bevölkerung
                 /    J!$*($-&$7        .&* *G             %$H/                     
                                                                                                                     dienen,
                                                                                                                  4. Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen. (3)
Abb. 3: Gruppierung der forstlichen Nutzungsarten nach                                                            Ganz im Gegenteil dazu werden diese Flächen in den To-
Schmettau                                                                                                         pographischen Karten als Wald geführt.
                                                                                                                    Auch das amtliche Kataster führt Waldflächen als Nut-
Nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 begann um                                                                zungsart. Die ausgewiesenen Waldflächen stimmen nicht
1880 die inhaltlich und qualitativ stark verbesserte 2. Preu-                                                     mit den zuvor genannten überein. Für unsere Betrach-
ßische Landesaufnahme. Für diese liegt eine dezidierte Le-                                                        tungen haben wir die in der Forstgrundkarte als Wald aus-
gende vor, nach der 16 Nutzungsarten Wald unterschieden                                                           gewiesene Fläche und hier nur die tatsächlich bestockte
werden (Abb. 4).                                                                                                  Fläche herangezogen.
  Erkennbar ist, dass bei dieser Darstellung der Waldtyp
(Laubwald, Nadelwald, Mischwald) im Vordergrund stand.                                                            In den Jahren 2011 und 2012 wurden die im forstlichen
                                                                                                                  Kartenwerk erfassten Flächen hinsichtlich ihrer Zurechen-
Waldentwicklung online: Die Waldfl ächen des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit
76       Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit

barkeit zum Wald im Sinne des BbgLWaldG einer Prüfung              Nach diesem Muster sind die nach Schmettau als geschlos-
unterzogen. Dabei sind zunächst Katasterinformationen              sene Wälder, als lichte Wälder und als Busch klassifizierten
und als Wald im IT-System des LFB erfasste Flächen for-            Waldtypen dahingehend betrachtet worden, ob und – wenn
mal abgeglichen und aufgetretene Widersprüche vor Ort              ja – welche dieser Flächen sich auch als Waldflächen in der
überprüft worden. Bei größeren Komplexen sind Luftbilder           2. Preußischen Landesaufnahme und heute identifizieren
herangezogen worden. Im Ergebnis wurden ca. 19.500 ha              lassen.
Waldfläche festgestellt, die nicht als solche im forstlichen          Eine vollständige und eindeutige Flächenübereinstim-
Kartenwerk nachgewiesen, in anderen Kartenwerken je-               mung zwischen den zugrunde gelegten Karten kann auf-
doch durchaus als solche ausgewiesen waren. Gleichzeitig           grund ihrer Entstehung, unterschiedlicher Maßstäbe und
wurde festgestellt, dass für ca. 3.000 ha die Zurechnung           Interpretationsspielräume nur annähernd erreicht werden.
zum Wald nicht gerechtfertigt ist. Entsprechend wurden die         Die im Ergebnis der digitalen Verschneidung entstandenen
Daten im Informationssystem des LFB berichtigt.                    Flächen sind deshalb gerundet worden.

Im Ergebnis der Umsetzung der mit Mitteln des EFRE ge-             Für die als geschlossene Wälder identifizierten Flächen er-
förderten Projekte                                                 gibt sich folgendes Bild:
• liegen die historischen Karten digitalisiert, referenziert, in
  Koordinatensystem ETRS89 (Brbg.) projiziert als blatt-             Schmettau        2. Preuß. LA    Aktuell HB           Fläche,
  schnittfreie Vektor-Datenbestände für das gesamte Ge-             Kat: a, b, f, g      gesamt      einschl. NEF          ca. ha
  biet des Landes Brandenburg vor,                                      Wald             Wald            Wald              481.000
• sind die historischen Karten durch Entzerrung mit den
  aktuellen Geobasisinformationen der Brandenburgischen                 Wald             Wald          Kein Wald            59.000
  Landesvermessung harmonisiert worden,                                 Wald           Kein Wald       Kein Wald           171.000
• sind die Waldflächen als gesonderte Datenbestände digi-             Kein Wald          Wald            Wald              392.000
  talisiert und attributiert worden.
                                                                      Kein Wald        Kein Wald         Wald              138.000
Damit sind unter Beachtung der zuvor genannten Ein-                     Wald           Kein Wald         Wald               42.000
schränkungen landesweite, regionale und lokale Betrach-
                                                                      Kein Wald          Wald          Kein Wald            76.000
tungen zur Waldentwicklung durch Karten-/Datenverschnitt
über einen Zeitraum von ca. 250 Jahren möglich.                    Abb. 7: Historische Flächendynamik für geschlossene
  Ein pauschaler Vergleich der zu den Kartierungszeiträu-          Wälder
men erfassten Waldflächen lässt vermuten, dass über den
gesamten Betrachtungszeitraum die Gesamtwaldfläche in              Die nach der Schmettauschen Kartierung als lichte Wälder
Brandenburg relativ stabil gewesen ist.                            und Busch klassifizierte Flächen haben in nur geringem
                                                                   Umfang als Wald über den gesamten betrachteten Zeit-
 Waldfläche gesamt:                               ha         %     raum überdauert.
 nach Schmettau (1780)                          929.000     88
                                                                     Schmettau         2. Preuß.      Aktuell HB
 nach 2. Preußischer Landesaufnahme (1880)    1.009.000     96                                                         Fläche ha
                                                                     Kat: c, d, e     LA gesamt      einschl. NEF
 heute                                        1.053.599    100
                                                                        Wald             Wald            Wald              30.000
Abb. 5: Übersicht Gesamtwald in Brandenburg                             Wald             Wald          Kein Wald            8.000
                                                                        Wald           Kein Wald       Kein Wald           127.000
Dies muss zumindest für das 18. Jh. in Frage gestellt wer-
den. Historische Darstellungen sprechen hier eher für Ent-         Abb. 8 / Historische Flächendynamik für lichte Wälder
waldungen und Holznot.
                                                                   Festzustellen ist, dass bei etwa 127.000 ha aus den Katego-
Mit folgender Matrix soll versucht werden, die Gesamtent-          rien lichter Wald und Busch der Schmettauschen Karten sehr
wicklung Waldfläche einer differenzierteren Betrachtung zu         fraglich ist, ob sie nach heutigen Maßstäben als Wald klas-
unterziehen:                                                       sifiziert worden wären. Für die Erfasser zur damaligen Zeit
                                                                   war es schwer zu unterscheiden, ob es sich bei dem, was
  Nutzungs-     Nutzungs-      Nutzungs-                           sie vorfanden, um (jungen) Wald oder um Aufwuchs auf ei-
                                               Interpretation
   art 1780      art 1880      art heute
                                                                   ner Brache handelt, die letztlich wieder in landwirtschaftliche
                                              Wald seit mind-      Nutzung genommen werden sollte. Felder lagen in Abhän-
     Wald          Wald           Wald         esten 230 J.
                                                                   gigkeit ihrer Bodengüte von 3 bis zu 12 Jahren brach. (5)
                                              Waldverlust in          Unterstellt man dies, so sind zu Zeiten Schmettaus in
     Wald          Wald        Kein Wald     den letzten 100 J.
                                                                   Brandenburg ca. 25 % weniger Waldflächen vorhanden als
                                              Waldverlust vor      heute.
     Wald        Kein Wald     Kein Wald      mehr als 100 J.
                                              Waldzugang vor        Waldfläche gesamt:                                ha             %
  kein Wald        Wald           Wald        mehr als 100 J.
                                                                    nach Schmettau (1780)                           800.000         76
                                              Waldzugang in
  kein Wald      kein Wald        Wald       den letzten 100 J.     nach 2. Preußischer Landesaufnahme (1880)      1.009.000        96
     Wald        kein Wald        Wald                              heute                                          1.054.000    100
  kein Wald        Wald         kein Wald
                                                                   Abbildung 9: Übersicht Gesamtwald in Brandenburg ,
Abb. 6: Historische Dynamik der Waldverteilung                     Schmettau bereinigt
Waldentwicklung online: Die Waldfl ächen des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit
Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit          77

WULF und SCHMIDT stellen 1996 anhand von Kartenverglei-         Für diesbezügliche Aussagen müssen weitere historische
chen fest dass „rund 65 % der derzeitigen Waldflächen von       Quellen herangezogen werden. Gemäß Kartenaussage
Brandenburg zumindest seit über 200 Jahren kontinuierlich       waren für die Region „Nadelwälder“ prägend.
überdauert (haben).“ (4)
  Der Verschnitt der aktuell vorliegenden Daten aus den         Am folgenden Beispiel sollen Ansätze für mögliche Über-
Schmettauschen Karten, der 2. Preußischen Landesauf-            legungen aus der Darstellung der Waldentwicklung aufge-
nahme und der aktuellen digitalen Forstgrundkarte weist an      zeigt werden.
den heute vorhandenen Waldflächen einen seit 250 Jahren            Die abgebildete Insel im Lübbesickesee war offensicht-
als Waldfläche ununterbrochen überdauernden Anteil von          lich zu den Zeiten der Kartenerstellung immer mit Wald be-
ca. 50 % aus.                                                   stockt. Man kann also von einer durchgehenden Bewaldung
                                                                über die vergangenen 250 Jahre ausgehen. Zieht man nun
                                              ha          %     die Angaben des Datenspeichers Wald (DSW) hinzu, was
 Waldfläche heute                          1.054.000    100     mittels der hinterlegten Forstgrundkarte problemlos mög-
                                                                lich ist, stellt man fest, dass es auf der Insel einen 133
 Davon Wald seit 250 Jahren                  511.000   48,5
                                                                Jahre alten Baumbestand, bestehend aus Fichte, Kiefer,
Abb. 10: Dauerhaft alter Wald                                   Birke, Erle gibt. Die Fläche befand sich zum Zeitpunkt der
                                                                2. Preussischen Landesaufnahme somit offensichtlich in
Ackeraufforstungen sind erst ab 1880 einigermaßen sicher        der Phase der Wiederbewaldung. Kann man auf Grund der
bestimmbar: Landesweit sind rund 138.500 ha (rund 13,5 %        Lage der Flächen davon ausgehen, dass eine aktive Wie-
der heutigen Waldfläche) bewaldet worden. Die ab 1780 als       derbewaldung seinerzeit unterblieben ist und hier eine na-
Waldzugang festgestellten Flächen können auch aus ande-         türliche Wiederbewaldung stattgefunden hat? Hat sich hier
ren Nutzungsarten hervorgegangen sein (z. B. Hutungen,          altes, an hiesige Verhältnisse angepasstes Material über
Langzeitblößen, Ödländereien). Zwischenzeitlich von Wald        die Jahrhunderte erhalten können?
in andere Nutzungsarten umgewandelte und seit 1880 wie-            Andererseits wird auch deutlich, dass trotz aufwendiger
der bewaldete Flächen gelten ebenfalls als Ackerauffor-         Bearbeitung eine völlige Übereinstimmung der kartierten
stungen: Hier wurden 41.500 ha festgestellt.                    Flächen nicht hergestellt werden konnte, obwohl man im
   Insgesamt ist somit davon auszugehen, dass mindestens        konkreten Beispiel davon ausgehen kann, dass im be-
180.000 ha heutiger Wald aus Landwirtschaftsflächen ent-        trachteten Zeitraum keine gravierenden Veränderungen in
standen sind. Über die Ursachen ist im Einzelnen geson-         Größe und Gestallt der Insel eingetreten sind. Die Ursa-
dert zu recherchieren.                                          chen dafür sind vielfältig und weiter oben angerissen. Trotz
                                                                dieser Unzulänglichkeiten bleibt der unschätzbare Vorteil,
Am Beispiel der Region um Gollin, Reiersdorf am Rande           hinreichende Hinweise zu den örtlichen Waldverhältnissen
der Schorfheide soll gezeigt werden, wie die Waldentwick-       über die vergangenen 250 Jahre zu erhalten bzw. aus den
lung nach den Kartendarstellungen verlief. Angemerkt wer-       Kartendarstellungen ableiten zu können.
den soll hier, dass es in Reiersdorf bereits seit 1735 eine
Försterei gibt, was auf die forstliche Bedeutung der Region
bereits zur damaligen Zeit schließen lässt.                     Ergebnisse und Möglichkeiten im Überblick
   Die Bilder sind dem Geoportal des LFB, Stand Febr.
2013, entnommen.                                                Aus forstfachlicher Sicht lässt sich eine ganze Reihe von
   Auf dem Bild Nr. 11 (Seite 78) ist der Wald auf der Grund-   Fachthemen mit Hilfe der Verschneidung historischer und
lage eines WMS-Dienstes des Landesbetriebes Landesver-          aktueller Karten bearbeiten. Eine kleine, unvollständige
messung und Geobasisinformationen (LGB) des Landes              Themenauswahl soll Anregungen für Wissenschaft und
Brandenburg zum Stand 2013 dargestellt. Die Region ist          Praxis geben:
danach von Wald geprägt.
   Die Einblendung der historischen Situation zu Zeiten der     • Identifizierung von „Historisch alten Wäldern“ – Habitat-
Schmettauschen Kartierungen zeigt, wie großflächig die            kontinuität, Biotopkontinuität
Entwaldungen um 1780 in der Region waren (Abb. 12).             • Unterstützung bei Recherchen für Naturwälder und ande-
   Welche konkreten anderen Nutzungen zu dieser Zeit              re ökologisch bedeutsame Waldgebiete, wie z. B. Wald-
vorlagen, wird ab Ende März im Brandenburg Viewer der             moore
LGB, www.Brandenburg-viewer.de, zu sehen sein. Die als          • Räumliche Entscheidungshilfe für erfolgversprechende
Zwischenprodukt der historischen Waldflächen im Rahmen            (Wieder-) Bewaldung
des EFRE-Projektes entstandenen georefferenzierten und          • Dokumentation einer nachhaltigen Waldflächenentwick-
entzerrten Rasterdaten des gesamten Karteninhaltes der            lung als ein Beleg für die kontinuierliche, nachhaltige
Schmettauschen Karten sind ab diesem Zeitpunkt als blatt-         Waldbewirtschaftung
schnittfreie Rasterdaten verfügbar.                             • Rückschaumöglichkeit auf historische Prozesse der Wal-
   Nach der Karteninterpretation von WULF / GROSS handelt         dentwicklung als wichtige Komponente für die Einschät-
es sich bei den erfassten Waldflächen im Kartenausschnitt         zung der künftigen Entwicklung auch unter Beachtung
um „geschlossenen Wald“.                                          der Klimaänderung
   Im dritten Bild (Abb. 13, Seite 79) ist der Stand der        • Unterstützung bei Betrachtungen von Veränderungen an
2. Preußischen Landesaufnahme erfasst. Erkennbar ist              der Waldstruktur durch anthropogene Eingriffe (z. B. Me-
eine deutliche Zunahme der Waldflächen in den ca. 100             lioration, Vollumbruch, Änderung der Bewirtschaftungs-
Jahren nach der Schmettauschen Erhebung. Zu Ursprung,             ziele, Ackeraufforstungen)
Entstehung, Alter der seinerzeit kartierten Flächen sind        • Gut auswertbare Dynamik der Wald-Offenland-Verteilung
anhand der Kartendarstellung keine Aussagen möglich.              über ca. 250 Jahre
78     Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit

Abbildung 11 / Geoportal Forst, aktuelle Waldverteilung

Abbildung 12 / Geoportal Forst, aktuelle Waldverteilung, überlagert mit Wald nach Schmettau
Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit      79

Abbildung 13 / Geoportal Forst, aktuelle Waldverteilung, überlagert mit Wald aus der Preußischen Landesaufnahme

Abbildung 14 / Geoportal Forst, aktuelle Waldverteilung, überlagert mit Wald nach Schmettau und aus der Preußischen
Landesaufnahme
80        Waldentwicklung online: Die Waldfläche des Landes Brandenburg im Spiegel der Zeit

Für eine erste Orientierung und Überblicksbetrachtungen
steht das Geoportal des LFB unter www.brandenburg-forst.
de als ausbaufähiges und auszubauendes Werkzeug im
Internet zur freien Nutzung zur Verfügung.
   Die digitalen Daten zu den historischen Waldflächen kön-
nen Interessenten, die sie mit eigenen Werkzeugen und
Daten verschneiden wollen, im Rahmen der geltenden Ge-
bührenordnung als Dateien zur Verfügung gestellt werden.

Literatur
1.
     M. WULF und J. GROSS:
     Die Schmettau- Schulenburgsche Karte – eine Legende
     für das Land Brandenburg (Ostdeutschland) mit kritischen
     Anmerkungen. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung , 175.
     Jg. 2004 Heft 10/11. J.D. Sauerländer`s Verlag Frankfurt/
     M., S. 189ff.

2.
     J. GROSS und M. WULF:
     Kulturlandschaften in Brandenburg. Welchen Stellen-
     wert nimmt der Wald ein? Beiträge für die Forstwirtschaft
     und Landschaftsökologie, Band 36 (4/2002), Deutscher
     Landwirtschaftsverlag GmbH, S. 145 ff.

3.
     Waldgesetz des Landes Brandenburg §2(3) vom 20.April
     2004

4.
     WULF, M. und SCHMIDT, R.:
     Die Entwicklung der Waldverteilung in Brandenburg in
     Beziehung zu den naturräumlichen Bedingungen. Beiträ-
     ge für Forstwirtschaft und Landschaftsökologie.30 (1996)
     3, S. 125ff

5.
     BRATRING, F.W.A.:
     Statistisch-topographische Beschreibung der gesamten
     Mark Brandenburg. Bd. 1 – 3. Als Faksimile von Busch,
     O. und Heinr ich, G. (Hrsg.), verbessert, 1968, Walter de
     Gruyter, Berlin, 1804
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