Warum ist Lausanne so begehrt?
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Gespräch mit Marco Torriani, Stiftungsratspräsident der Hotelfachschule Lausanne warum ist Lausanne so begehrt? Er ist der Gentleman der Schweizer Hotellerie. Ein Mann mit Stil, Charme und internationaler Erfahrung. Der perfekte Gastgeber. Seit 22 Jahren führt er das Mandarin Oriental in Genf, eine der besten Luxusadressen der Schweiz. Damit nicht genug: Als Stiftungsrats präsident der Ecole hôtelière de Lausanne (EHL) engagiert sich der ge bürtige Bündner und Ex-Eishockey-Spieler (HC Davos) für die renom mierteste Hotelfachschule der Welt. Ein Gespräch mit Marco Torriani. 38 10I2011
Die Hotelfachschule Lausanne (Ecole hôtelière de Lausanne/EHL) ist eine der besten und renommiertesten Schulen für Hotelmanagement weltweit. Jährlich werden rund 1800 Studierende aus mehr als 80 Nationen unterrichtet. 40 10I2011
Hotelier-Talk Marco Torriani Interview und Porträt-Bild: Hans R. Amrein M arco Torriani, als Stiftungsratspräsident der Nochmals: In Lausanne würden primär Mana- weltberühmten Hotelfachschule Lausanne, wo fast ger und nicht Gastgeber ausgebildet. Junge, ehr alle erfolgreichen Hoteliers ihr theoretisches geizige Leute, die Karriere machen und bereits Handwerk lernen, müssen Sie ja wissen, was den mit 30 als General Manager ein 200-Bettenhaus guten Hotelier auszeichnet. führen wollen. (lacht) Ja, eigentlich schon! Das darf man so nicht sagen. Man ist Gastgeber – oder man ist es nicht. Gastgeber sein ist eine Also, was zeichnet den Top-Hotelier besonders aus? Frage der persönlichen Einstellung, dazu braucht Der gute Hotelier ist im wahrsten Sinne des Wortes Gastgeber. es Herzblut, ein inneres Feuer. Dass er auch als Manager das Hotel führen und organisieren muss, ist klar. Das Hotel ist ein dynamischer Betrieb, täglich ändert sich Die Gastgeberrolle kann man also nicht lernen? etwas, die Bedürfnisse der Gäste sind völlig unterschiedlich. Fazit: Entweder hat man das im Blut, oder man hat es Der Hotelier muss extrem flexibel und auch anpassungsfähig sein. eben nicht. Viele Hotelfachschüler spüren wäh- Er muss rasch handeln und sich in neuen Situationen sofort zurecht- rend des Studiums, dass sie das Gastgeber-Gen finden können. Das gilt auch für die Mitarbeiterführung. nicht oder nicht so ausgeprägt haben, deshalb arbeiten Sie nach dem Studium nicht in der Hotel- Der erfolgreiche Hotelier ist, wie Sie sagen, ein Leader und lerie, sondern auf einer Bank oder sonstwo in der Motivator. Wirtschaft. Unbedingt! Er muss seinem Team das Hotel erklären. Was sind unsere Standards? Wie lautet die Philosophie oder Strategie des Gastgeber sein, das heisst: Auf den Gast ein- Hauses? Was erwartet der Gast von uns? Wie wollen wir unser gehen, ihm eine Freude bereiten, ihn glücklich Hotel gemeinsam führen? machen … So ist es! Wer Menschen liebt, ist in der Hotelle- An der EHL, dieser «Harvard University der Hotellerie», würden vor rie am richtigen Platz. allem Manager – und keine Gastgeber mit Herzblut – ausgebildet, lautet ein in Hotelkreisen verbreiteter Vorwurf. Sie haben vorhin von einem Service-Gen Wir sollten da unterscheiden: In Lausanne werden zwei verschie- gesprochen. dene Studiengänge angeboten – der eine ist eher technisch-theo- Ja, dieses Gen muss man haben. Der Hotelier retisch, der andere sehr praxisbezogen. Im «Diplomkurs» lernen sollte die Fähigkeit haben, auf ganz unterschied- die Studenten eine Menge über Food & Beverage. Diesen Studien- liche Menschen – Gäste und Mitarbeiter – einge- gang besuchen vor allem Leute aus der Gastronomie, darunter hen zu können. Wer das nicht kann, ist verloren. auch viele Köche, die später einmal ein kleines Hotel oder Restau- rant führen wollen. Der Kurs beinhaltet ein Jahr Schule und zwei- Viele Hotelfachschüler arbeiten nach dem mal sechs Monate Praktikum. Studium gar nicht in der Hotellerie, sondern in andern Branchen. Warum ist das so? Absolventen von Hotelfachschulen sind auf dem Arbeitsmarkt begehrt! Denn sie wissen, was es › Gastgeber sein ist eine Frage der per- sönlichen Einstellung, dazu braucht es Herzblut, ein inneres Feuer. Die Ecole hôtelière Sprechen wir vom Hauptstudiengang, wo die Hotel-Elite der de Lausanne (EHL) Zukunft ausgebildet wird. Die 1893 gegründete Hotelfachschule Lausanne (Ecole Dieser dauert vier Jahre und entspricht einem Fachhochschul- hôtelière de Lausanne/EHL) ist eine der besten und renom- studium, wobei die Studenten alles, was im Diplomkurs behan- miertesten Schulen für Hotelmanagement weltweit. Jähr- delt wird, ebenfalls lernen müssen. Übrigens: Der Bereich Food & lich werden rund 1800 Studierende aus mehr als 80 Natio- Beverage ist und war schon immer ein Markenzeichen der Ecole nen unterrichtet. Laut Schulleitung stehen Qualität und hôtelière de Lausanne. Da lernt man eine ganze Menge über Essen, Innovation im Zentrum. Talentierte Studierende erfah- Menüs, Wein und Genuss ganz allgemein. Daneben vermitteln wir ren eine qualitativ hochstehende Ausbildung, die sie zu den Studenten das theoretische Wissen, das sie später zur Füh- führenden Kaderleuten in der Hotellerie macht. Sie bie- rung eines Hotelbetriebes benötigen: Betriebswirtschaft, Finanz- tet einen eidgenössisch anerkannten Fachhochschul-Stu- management, Investitionspolitik, Projektmanagement, Architek- diengang im Bereich Hotellerie an. Und sie wurde als erste tur und vieles mehr. Hotelfachschule 2004 von der New England Association of Schools an Colleges (NEASC) als «Institution of Higher Edu- Und die sogenannt «weichen Faktoren», sprich cation» akkreditiert. Die Studierenden profitieren von einem Mitarbeiterführung? anerkannten Titel (Bachelor of Science HES-SO en hôtellerie Die «soft skills», wie wir sagen, sind natürlich sehr wichtig! Wie et professions de l'accueil), der sie sowohl im In- und Aus- führe und motiviere ich meine Mitarbeiter? Der Hotelier sollte ja land zu gefragten Hochschul-Abgängern macht. über eine hohe soziale Kompetenz verfügen, denn die Hotellerie ist ein reines People Business. Alles dreht sich um Menschen! www.ehl.edu 10I2011 41
heisst, eine Dienstleistung zu erbringen. Service, Dienstleis- tung, Kundennähe – das lernt man nirgends so gut wie an einer Hotelfachschule. aber es kann ja nicht ihr Ziel sein, junge menschen auszubil- den, die dann der hotellerie den rücken kehren. Da haben Sie Recht. Rund vier- zig Prozent der Absolventen der EHL arbeiten später in anderen Branchen. Die gründe? Das liegt ja wahr- scheinlich nicht nur am fehlen- den service-gen. Wie bereits gesagt: Absolventen der EHL sind begehrt. Unsere Schule hat einen hervorragen- den Ruf – und das weiss man auch bei den Banken oder in der Industrie. Zum Teil wer- den unsere Absolventen sogar abgeworben! Die erhalten dann schon in jungen Jahren sehr luk- rative Angebote. Der frisch aus- gebildete Hotelier erhält bei der Bank ein Gehalt, das man ihm in der Hotellerie nie bezahlen könnte. wer die ecole hôtelière de Lau- sanne absolviert hat, ist perfekt ausgebildet und weiss, wie die hotellerie tickt. alle wege ste- hen ihm offen. Stopp! Wer die Schule verlässt, steht erst am Anfang seiner Hotelkarriere. Jetzt beginnt die Arbeit! Das Diplom ist zwar eine gute Basis, aber keine Erfolgs- garantie. Jetzt muss sich der junge Hotelier bewähren. Er muss Erfahrungen sammeln und auch bereit sein, Tätigkei- ten auszuführen, die vielleicht nicht seinem Bildungsniveau entsprechen. Kommt hinzu, dass er als «kleiner Assistent» relativ wenig verdient. Doch wer nicht bereit ist, ganz unten anzufangen, muss die Hotelle- rie vergessen. Das tönt ziemlich hart. Die ganze Theorie, die man an der EHL lernt, ist gut und recht. Jetzt geht es um die entschei- dende Frage: Wie setze ich mein Wissen im Hotelalltag um? warum eigentlich hat die ecole hôtelière de Lausanne ein so gutes image? und warum ist Hotelfachschülerinnen in der Schul-Patisserie. «Uniformen gibt es in Küche und ein hotelier, der Lausanne Service, sonst tragen die jungen Männer Veston und Krawatte. Man muss lernen, absolviert hat, ein besonderer wie man sich bewegt und verhält. Alles ist sehr strikt und ordentlich.» hotelier? 42 10I2011
Hotelier-Talk Marco Torriani Ganz einfach: Die Qualität der Studenten hat das in die Tiefe. Kommt hinzu, dass Image der Schule geprägt. Zahlreiche ehema- die EHL als Hochschule auch lige Absolventen der EHL haben es in die höchs- Forschung betreibt. ten Positionen der Hotellerie geschafft. Kommt hinzu, dass die EHL die älteste Hotelfachschule Seit elf Jahren ist die EHL also der Welt ist. Sie wurde bereits um 1893 gegründet. eine Fachhochschule und des- Die School of Hotel Administration der Cornell halb für alle zugänglich. Wie University in Amerika wurde erst in den zwan- war das vorher? ziger Jahren eröffnet. Wobei auch Cornell einen Ich konnte mir Lausanne hervorragenden Ruf geniesst. damals nicht leisten, deshalb ging ich an die Hotelfachschule Welche grossen Hoteliers haben denn Lausanne Luzern! Lausanne war eine pri- absolviert? vate Schule und für die Studen- Oh, das ist eine lange Liste! Von den über dreis- ten sehr teuer. Das ist seit 2000 sig Swiss Deluxe Hotels haben die meisten in Lau- ganz anders. Wer in der Schweiz sanne studiert: Hans Wiedemann vom Badrutts wohnt und ein Maturitätszeug- Mandarin Oriental Genf Palace, Vic Jacob vom Suvretta House, Michel nis besitzt, kann an der EHL Das mit 192 Zimmern und Suiten ausgestattete Hotel wurde Rey vom Baur au Lac Zürich, Reto Wittwer, CEO studieren – zu Konditionen wie im Jahr 2008 mit rund 40 Millionen Franken neu gestaltet. von Kempinski, Kurt Ritter, Präsident und CEO an einer Schweizer Universität. Im Zuge dieser Renovation entstanden im oberen Stockwerk der Rezidor Hotelgruppe, Emanuel Berger, bis vor des Hotels sechs neue, grosszügige Junior-Suiten mit eige- Kurzem CEO der Victoria Jungfrau Collection, Und die Ausländer bezahlen viel nen Dachterrassen. Die Hotelhalle sowie die Bar und die Jean-Jacques Gauer vom Lausanne Palace und Schulgeld. zwei Restaurants erhielten, in innovativem Design, von Star- viele Jahre Leading-Präsident – um nur einige Ja, etwa 50 000 pro Jahr oder architekt Adam D. Tihany ein neues Outfit. Teil des neuen Namen zu nennen. rund 200 000 Franken bis zum Restaurant-Konzepts sind das indische Restaurant «Rasoi by Diplomabschluss nach vier Jah- Vineet», eine Depandance des Londoner Sterne-Restaurant Lausanne und Cornell sind also die renommier- ren. «Rasoi by Vineet» sowie das Restaurant «Le Sud, Geneve» testen Hotelfachschulen der Welt. unter der Patronage von Kochlegende Paul Bocuse. Ja, das kann man so sagen. Wobei man nicht Kann denn jeder an der EHL 1950 wurde das Hotel du Rhône als erstes Luxushotel im unbedingt ein Diplom von Lausanne oder Cor- studieren? Nachkriegs-Europa als Familienbetrieb der Lendi-Dynastie nell in der Tasche haben muss, um ein grosser Wir nehmen nur Kandidaten eröffnet. Im Jahre 1989 wurde das Hotel an George Rafael Hotelier zu werden. Diese Diplome sind über- auf, die ein klares Bekenntnis und seine Rafael-Gruppe verkauft. Nach der Übernahme haupt keine Erfolgsgarantie! Sie sind nützlich, zur Hotellerie ablegen. Auch von Rafael Hotels durch die Mandarin Oriental Hotel Group aber nicht notwendig. wenn Sie später Uhren oder wurde das Hotel 2001 in Mandarin Oriental umbenannt. In Aktien verkaufen. den letzten Jahrzehnten wurde das Haus auch Treffpunkt Einige grosse Hoteliers, zum Beispiel Rezidor- der Mächtigen, Reichen und Schönen. So waren zum Bei- CEO Kurt Ritter, haben am Anfang eine Koch- Bis vor fünfzehn Jahren wurde spiel Persönlichkeiten wie der König von Schweden, der lehre gemacht und sich dann über alle Stufen an der EHL nur in französischer König von Spanien, der Maharadscha von Jaipur oder Prinz der Hotellerie hochgearbeitet. Ist das heute noch Sprache unterrichtet. Albert von Belgien sowie die Präsidenten Eisenhower und möglich? Richtig, jetzt wird die Schule Carter Gäste im Hotel an der Rhône. Absolut! Man kann auch auf der Basis einer Lehre französisch und englisch Karriere machen und später einmal eine Spitzen- geführt, sodass auch vermehrt Restaurants/Bars position besetzen. Voraussetzung ist allerdings Deutschschweizer nach Lau- Die beiden Restaurants des Mandarin Oriental, «Rasoi by die ständige Weiterbildung, denn die Ansprü- sanne kommen. Vineet» und «Le Sud, Geneve», sind zwei der zurzeit begehr- che an einen General Manager oder Hoteldirek- testen Restaurantadressen in Genf. Das eine Lokal, ein inno- tor werden immer höher. Können Sie alle Kandidaten, die vatives indisches Restaurant (15 Punkte Gault/Millau) und an der EHL studieren wollen das andere, eine zeitgemässe französische Brasserie, wur- Die EHL wirkt auf mich etwas elitär, vielleicht und die Voraussetzungen mit- den beide von dem internationalen Stararchitekten Adam D. sogar etwas abgehoben. Die Studenten tragen bringen, aufnehmen? Tihany gestaltet. Um das Angebot abzurunden, bietet das Uniformen, es gibt strenge Verhaltensregeln. Leider nein. Von vier Kandida- Hotel auch ein neuartiges Konzept im Bar- und Lounge-Be- Ist das noch zeitgemäss? tinnen und Kandidaten erhält reich: die MO Bar ist ein stylischer Ort, an dem man den Uniformen gibt es in Küche und Service, sonst nur einer einen Studienplatz ganzen Tag jede Art von exotischen Cocktails sowie Tapas- tragen die jungen Männer Veston und Krawatte. an der EHL. Die Nachfrage ist Gerichte geniessen kann. Man muss lernen, wie man sich bewegt und ver- enorm, doch die Studienplätze hält. Alles ist sehr strikt und ordentlich. sind begrenzt. Zimmer und Suiten Das historische Gebäude beherbergt 192 Zimmer, davon 30 Ein Internat für angehende Hoteliers. Der Hotelmarkt boomt welt- Suiten und Junior-Suiten. Die Zimmer des Hotels sind alle Ja, vielleicht. Glauben Sie mir: Solche Dinge sind weit. Allein in China und dem mit luxuriöse Materialien wie griechischem Marmor, Leder für das spätere Leben im Hotelalltag sehr nützlich. Mittleren Osten werden in den oder Seide ausgestattet. Ein Highlight in jedem Zimmer sind nächsten Jahren Hunderte, drehbare Schränke, in welchen sich die Minibar sowie der Worin liegt der grosse Unterschied zwischen der wenn nicht Tausende Hotels Schuhschrank befinden. Drei neue Mandarin Terrace Rooms, EHL und den Hotelfachschulen von Luzern, Zürich, eröffnet. Beispiel: Kempinski drei neue Junior-Suiten und die luxuriöse Oriental Terrace Chur oder Thun? sucht bis 2014 rund 20 000 neue Suite mit extra Esszimmer und eigenem Spa wurden im Juli Die EHL ist eine Fachhochschule auf Univer- Mitarbeiter. 2008 fertiggestellt. Die neuen Suiten, die sich durch ein sitätsniveau, all die erwähnten Schulen sind Selbst unsere kleine Mandarin zeitgenössisches und urbanes Rückzugskonzept auszeich- «Höhere Fachschulen». Doch auch Luzern, Oriental Group benötigt aktu- nen, wurden von Buzz Design of Hongkong entworfen. Alle Zürich oder Thun sind heute auf einem sehr ell rund 50 Food & Beverage- Suiten haben private Terrassen, von welchen man einen hohen Niveau. Vielleicht geht man in Lausanne Manager und Couvernanten. tollen Blick auf die Rhône, die Altstadt von Genf und die in den theoretischen Fächern wie Finanzen, Der Personalbedarf im Hotel- umliegenden Bergen geniessen kann. Betriebsführung, Human Resources etwas mehr gewerbe ist in der Tat enorm. › www.mandarinoriental.com 10I2011 43
Die Rezeption an der EHL. Hotelfachstudenten während einer Lektion. Können die hotelfachschulen diesen bedarf guglielmo brentel, Präsident von hotellerie- dann Karriere machen. und im überhaupt abdecken? suisse, spricht von rund 1000 hotelbetrieben, service arbeiten ausländer, vor Sicher nicht in jedem Bereich. Doch in letzter Zeit die man schliessen müsste. grund: falsche allem Deutsche. sind weltweit viele private Schulen und Institute oder nicht mehr zeitgemässe businesspläne. Früher war der Oberkellner ein entstanden, zudem betreiben viele Hotelgruppen ihre meinung? angesehner Mann. Der Con- eigene, interne Hotelschulen. Übrigens: Bereits in Natürlich hören das viele Hoteliers nicht gerne, cierge war in Davos eine Per- neun Ländern, so auch in China, gibt es EHL-zer- aber Herr Brentel sagt die Wahrheit. So ist es! sönlichkeit. Das ist heute leider tifi zierte Schulen. Das sind derzeit 13 Institute, die nicht mehr so. Studenten auf EHL-Niveau ausbilden. Die Schü- was ist die Lösung in der «mittelklasse»? ler erhalten nach Abschluss des Studiums das Private Hoteliers sollten vermehrt kooperieren warum findet man immer weni- «Swiss Hotel Association Diploma» von Hotelle- oder sogar Franchiseverträge eingehen. Accor, ger schweizer, die als Kellner, riesuisse. Eine Schule, die sich zertifi zieren las- um ein Beispiel zu nennen, sucht derzeit aktiv barmann oder Portier arbeiten sen will, muss bestimmte Kriterien erfüllen und Hotels im Drei- und Vierstern-Bereich und bietet wollen? wird durch ein unabhängiges Institut zertifi ziert. ihnen attraktive Kooperationsmodelle an. (denkt lange nach) Schwierige Frage. Ein Phänomen. Viel- ein neues, lukratives geschäftsfeld für die ehL. wo steht die schweizer hotellerie heute, im leicht hängt es mit den Löhnen Wir erhalten laufend Anfragen von Hotelschu- herbst 2011? wie gut oder wie schlecht sind wir? zusammen. Oder mit der Erzie- len aus aller Welt, die von unserem Know-how Die Schweizer Hotellerie ist heute im internatio- hung. Die Eltern sagen dem und Wissen profitieren wollen. Warum sollen wir nalen Vergleich absolut wettbewerbsfähig. Sohn: Du musst studieren und denen nicht helfen, ihre Ausbildungsprogramme Hotelmanager werden. Auch aufzubauen? in allen bereichen, oder nur im Luxussegment? wenn der Sohn vielleicht als Im Vier- und Fünfstern-Bereich sind wir echt gut Kellner glücklich wäre. haben die schweizer hoteliers immer noch ein so oder sogar Spitze. Da spielen wir in der Cham- hervorragendes image in aller welt? pions League. Im Zwei- und Dreistern-Bereich ohne ausländisches service- Die Hoteliers schon, doch die Hotellerie in der wird es schwierig. Es ist ja wirklich nicht einfach, personal müssten die meisten Schweiz erlebte in den letzten Jahren nicht nur ein kleines, privates Hotel mit ein paar Betten zu schweizer hotels schliessen. Hochs, sondern auch Tiefs. führen. Viele sind einfach nicht in der Lage, grosse Wir wären am Ende! Summen in ihre Häuser zu investieren. warum? wie ist das bei ihnen im man- Es wurde einfach zu wenig investiert! Man ruhte Die schweiz ist teuer. Jetzt mit dem starken darin oriental in genf? auf den Lorbeeren aus. Dann trat zum Beispiel Franken noch teurer. soll man sich jetzt über den Nur noch fünfzehn Prozent Emanuel Berger aufs Podest und machte den Preis verkaufen? unserer Mitarbeitenden kom- Kollegen klar, dass man in die Häuser investie- (verwirft die Hände) Nein! Das wäre verheerend! men aus der Schweiz. Vierzig ren sollte. In den Neunzigerjahren ging dann ein Es läuft nur über die Leistung, über die Qualität. Prozent sind Franzosen, die Ruck durch die Hotelszene – und viele Hotelbe- Wir sind nicht billig, dafür sehr gut. Und da spielt andern kommen aus Italien, triebe wurden um- und ausgebaut. Das beste Bei- eben die Aus- und Weiterbildung des Hotelperso- Portugal, Spanien, Osteuropa. spiel war Emanuel Berger selbst: Er machte aus nals eine entscheidende Rolle. dem Grand Hotel Victoria-Jungfrau in Interlaken immer wieder entdecke ich sehr eines der besten und erfolgreichsten Ferien- und sie sprechen von der ecole hôtelière de Lausanne. junge hoteldirektoren, die viel- Wellnesshotels der Welt. Nein, ich denke jetzt vor allem an die Berufslehre. leicht knapp 30 oder 32 sind. Man sollte noch mehr junge Leute dazu motivie- Früher war das anders. Da investiert wurde damals aber vor allem in der ren, eine Lehre zu machen. Unser Lehrlingssys- wurde man mit vielleicht 40 Luxushotellerie, zum teil auch noch im Vierstern- tem ist weltweit einzigartig. Wir brauchen gute oder 45 Direktor des hauses. segment. Servicefachleute. Ich hatte mein erstes Hotel mit Richtig. In der Zwei- und Dreistern-Hotellerie 33! Früher sassen die Hoteldi- sieht es leider anders aus. Da existiert nach wie und genau da haben wir ein Problem: Der junge rektoren ewig lange auf ihren vor Investitionsbedarf. schweizer geht an die hotelfachschule und will Chefsesseln, sodass junge 44 10I2011
Hotelier-Talk Marco Torriani Hotelleute in der Schweiz gar keine Chance hat- ten, mit 35 oder 38 ein Hotel zu übernehmen. Sie gingen ins Ausland. Nach zehn oder zwan- Warum steigen Leute in Luxus- hotels ab, wo sie für ein Zim- mer 800 oder über 1000 Fran- privat zig Jahren kehrten sie zurück – und übernahmen ken pro Nacht bezahlen? Sie eine Direktionsstelle, weil ihr Vorgänger endlich könnten ja genauso gut im Bud- in den Ruhestand ging. get-Hotel für 120 Franken über- nachten. Hoteliers mit internationaler Erfahrung sind Vielleicht trifft der Gast im heute trotzdem Mangelware. Luxushotel Leute aus seinem Absolut. Deshalb sollten junge Leute die Chance gesellschaftlichen Umfeld. packen und auch mal im Ausland arbeiten. Das Man ist dann sozusagen unter Einzigartige in der Hotellerie ist ja, dass wir über- sich. Der Luxusgast pflegt und all auf der Welt arbeiten können. Die Welt steht schätzt einen gewissen, viel- uns offen! leicht sehr teuren Lebensstil. Wer ist Marco Torriani? Er ist sich Komfort gewohnt Seit 1989 ist Marco Torriani, geboren am 20. Mai 1945 in Die Ansprüche an die Hotellerie wachsen enorm, und gibt sich nicht mit einem Davos, General Manager des ehemaligen Hotel du Rhône, alles wird komplexer, die Gästebedürfnisse, die schmalen Einzelzimmer zufrie- welches 2001 in Mandarin Oriental Geneva umbenannt Infrastruktur, die Servicekultur. Früher hat man den. Zudem spielen sicher Sta- wurde. Als Absolvent der Hotelfachschule Luzern und der einfach Betten, Essen und Trinken verkauft. tus und Prestige eine gewisse KV-Handelsschule in Basel hat er seit über 25 Jahren Erfah- Die Basis des Gastgewerbes ist und bleibt: Essen, Rolle. rung in der internationalen Hotelindustrie. Angefangen in Trinken und Schlafen. Die Frage ist nur: Wie ver- der Schweiz, ging er später nach Südafrika und Kanada, wo er General Manager des «Le Parc Regent» wurde. Von dort zog es ihn nach Chicago ins Mayfair Regent und wieder zurück nach Europa, um die Neugestaltung des Breidenba- Unsere Schule hat einen hervorragen- cher Hofes in Düsseldorf zu beaufsichtigen. 1988 wurde der Breidenbacher Hof zum ersten Hotel der neu gegründeten den Ruf – und das weiss man auch bei Rafael Hotel Group, von welcher Marco Torriani der erste Partner wurde. Für Rafael zog er nach Genf und beaufsich- den Banken oder in der Industrie. tigte den Umbau des Hotel du Rhône, das im Jahr 2000 von der Mandarin Oriental Hotel Group erworben wurde und Marco Torriani als General Manager übernahm. Marco Torriani ist im Bündnerland aufgewachsen. Sein mittelt man das? In Hotels verkehren Menschen, Wohin geht die Reise in der Vater, Bibi Torriani, war ein berühmter Eishockey-Spieler. die reisen. Und die müssen sich verpflegen und Hotellerie? Marco Torriani spielte in jungen Jahren selbst Eishockey, schlafen. Das wird auch in hundert Jahren noch Die Hotellerie wird sich grund- und zwar als Stürmer beim EHC Davos. Seit einigen Jah- so sein. sätzlich stets verändern. Es ent- ren ist der heute 66-jährige Hotelier auch Stiftungsratsprä- stehen laufend neue Konzepte, sident der renommierten Hotelfachschule Lausanne (Ecole Heute geht es darum, dem Gast Erlebnisse zu bie- immer noch verrücktere Hotels. hôtelière de Lausanne, EHL), wo 2010 rund 1800 Studenten ten. Hotels müssen, je nach Segment, exklusiv, Punkto Architektur und Design aus 88 Ländern Kurse und Studiengänge absolviert haben authentisch, unverwechselbar sein. Da genügt ein gibt es keine Grenzen. (www.ehl.edu) Zimmer mit Dusche nicht mehr. Das stimmt. Der Lebensstandard ist gewaltig Sie sprechen von der Hardware, gestiegen. Der Gast will im Hotel etwas erleben, aber entscheidend ist ja die andere Leute treffen, arbeiten, sich erholen und sogenannte Software. unterhalten. Daneben verlangt er Wohnkomfort, Natürlich hat der Gast unter- gutes Essen, eine moderne Infrastruktur, Inter- schiedliche Bedürfnisse, aber net und solche Dinge. grundsätzlich will er im Hotel seine Ruhe haben, sich zurück- Das Hotel muss leben. ziehen, gut schlafen, essen und Richtig, deshalb sind ja die «soft skills» so wich- trinken. Zudem müssen Preis tig. Die Hardware, sprich Innenarchitektur und und Leistung stimmen. Man Mandarin Oriental Genf Design, ist das eine, aber entscheidend sind Dinge kann gut sein oder man kann wie Aufmerksamkeit, Herzlichkeit, Servicebe- sehr gut sein, aber entscheidend Eröffnung: 14. Juli 1950 reitschaft. Der Gast will sich im Hotel zuhause ist die Konstanz. Egal auf wel- General Manager: Marco Torriani fühlen. Willkommen sein, sich wohlfühlen. chem Niveau, egal ob fünf oder Besitzer Mandarin Oriental Group Hongkong: zwei Sterne: Der Gast erwartet Jardine Matheson Group, gegründet 1963 Man muss die Bedürfnisse des Gastes frühzeitig stets eine konstante Leistung. (Chairman: Simon Keswick) erkennen. Wenn Sie das erreichen, geht es Zimmer: 192 Sie sagen es. Wenn Sie gerne ein kleines Kissen Ihnen als Hotelier gut. Suiten und Junior-Suiten: 30 oder nach der Ankunft einen Espresso auf dem Jahresumsatz (2010): CHF 45 Mio. Zimmer mögen … Es sind die kleinen Dinge, die Was fasziniert Sie an der Anteil Food & Beverage: 30 Prozent oft grosse Wirkung haben. Hotellerie? Mitarbeitende: 230 Die Hotellerie ist kein Beruf, es Durchschnittlicher Zimmerpreis: CHF 750 (netto, Wir sprechen vom Luxussegment. ist eine Lebensart. 2010) Nicht nur! Es gibt Dinge, die der Gast auch Zimmerauslastung: 63 Prozent (2010) im Budget-Hotel erwartet: blitzsaubere Zimmer, Würden Sie sich als junger REVPAR: CHF 450 (Nummer 2 in der Genfer Fünfstern- eine funktionierende Dusche, Internet, Fernse- Mann wieder für die Hotellerie Hotellerie) hen, Ruhe, bequeme Betten und freundliches entscheiden? Herkunft der Gäste: Schweiz (45 Prozent), Middle Personal. Was für eine Frage! H East, Grossbritannien, USA, Frankreich, Russland, Asien 10I2011 45
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