Wasser - Quelle von Konflikten - Tagung des Arbeitskreises "Wasser - ein öffentliches Gut"
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dokument 17, Mai 2009 / ISBN 1661-0024 Tagung des Arbeitskreises «Wasser – ein öffentliches Gut» Wasser – Quelle von Konflikten Am 6. März 2009 organisierte Alliance Sud im Auftrag des schweizerischen Arbeits- kreises «Wasser – ein öffentliches Gut»1 die Tagung «Wasser – Quelle von Konflik- ten». Referentinnen und Referentinnen aus dem In- und Ausland diskutierten ver- schiedene Fallbeispiele: von vergleichsweise harmlosen Nutzungskonflikten in der Schweiz bis hin zum gewaltsamen Konflikt in Palästina. «Die Kriege des 21. Jahrhunderts werden Klimaveränderung das Wasser noch nicht um Öl, sondern um Wasser ge- knapper werden lässt. führt», prophezeite der damalige ägypti- Das Eingangsreferat hielt Catarina de sche Aussenminister und spätere Uno- Albuquerque. Die portugiesische Anwäl- Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali tin amtet seit dem 1. November 2008 als schon 1986. Die Unesco zählte in den unabhängige Expertin des Uno-Men- letzten sechzig Jahren 37 Kriege, in de- schenrechtsrates für den Zugang zu nen Wasser eine Schlüsselrolle spielte. Trinkwasser und sanitären Anlagen. Wie Weltweit gibt es 260 grenzüberschrei- umstritten das Recht auf Wasser interna- tende Flüsse und Seen, die viel Konflikt- tional noch immer ist, zeigt nicht zuletzt potenzial bieten. ihr restriktives Mandat: Frau Albuquer- Doch nicht nur Staaten streiten sich que verfügt weder über ein Budget, noch um Wasser. Das lebensnotwendige, aber darf sie sich mit zwischenstaatlichen knapper werdende Gut führt zu vielen Konflikten beschäftigen; zudem muss weiteren, vielschichtigen Konflikten. Etwa sie sich strikt auf das Trinkwasser be- zwischen nomadisierenden Viehzüch- schränken. tern und sesshaften Bauern in Ostafrika, Auf den folgenden Seiten publizieren lokalen Gemeinschaften und multinatio- wir die meisten der gehaltenen Referate nalen Konzernen in Asien und Latein- (in ihrer Originalsprache). Auf die Doku- amerika, Reichen und Armen in Nordafri- mentation einiger Inputs mussten wir ka. Die Tagung «Wasser – Quelle von aus technischen Gründen verzichten, Konflikten» stellte einige Beispiele weil sie ohne die verwendeten Power- exemplarisch dar. Zur Sprache kamen Point-Folien nicht verständlich sind. Die- unter anderem Nutzungskonflikte in der se Folien sind einsehbar unter www. Schweiz (zwischen Landwirtschaft, Um- alliancesud.ch/wasser. Nicht dokumen- weltschutz und Energiewirtschaft), die tiert sind ausserdem die Podiumsge- verfahrene Situation um das Jordan- und spräche, die von Martin Läubli, Wissen- das Grundwasser in Palästina (sie sind schaftsredaktor des «Tages-Anzeigers», ein zentrales Motiv für die israelische moderiert wurden. Besatzungs- und Siedlungspolitik) oder Pepo Hofstetter komplexe Konflikte in Ostafrika, wo die 1 siehe Seite 2 dokument 17, Mai 2009 | 1
Inhaltsverzeichnis Einführung .......................................................................................................................................................................... 3 Bruno Riesen, Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut», Leiter Campaigning Amnesty International (Schweizer Sektion), Bern The Right to Water and Conflict ........................................................................................................................................... 6 Catarina de Albuquerque, Independent Expert on the issue of human rights obligations related to access to safe drinking water and sanitation of the UN Human Rights Council, Geneva Das Konfliktpotenzial von Wasser aus entwicklungspolitischer Sicht ................................................................................. 11 Rosmarie Bär, Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut», Koordinatorin für Entwicklungspolitik bei Alliance Sud, Bern Fallbeispiel Schweiz: Revitalisierte Flüsse, Spitzenenergieproduktion und landwirtschaftliche Ausgleichsflächen ........................................................................................................................ 17 Bernhard Wehrli, ETH-Professor für Aquatische Chemie, Direktionsmitglied Eawag und Stiftungsrat Greina-Stiftung, Zürich Case study of the Middle East: The role of water in the Israeli-Palestinian conflict ............................................................ 19 Fadia Daibes-Murad, Specialist in water law and policy, Representative of DanChurchAid’s Middle East Programme, Jerusalem Case study of Brazil: Conflicts over the use of the Rio São Francisco .................................................................................. 26 Ana María Suárez Franco, Country Group Coordinator of the Latin America Programme, FIAN International, Heidelberg Case study of East Africa: Global warming and conflicts over water ................................................................................... 29 Annabell Waititu, Programme Coordinator, Institute of Environment and Water (IEW), Nairobi Schlussbemerkungen ........................................................................................................................................................ 34 Maike Gorsboth, Ökumenisches Wassernetzwerk, Genf Der Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut» setzt sich für eine nachhaltige Wasserpolitik und für das Recht auf Wasser als Men- schenrecht ein. Ihm gehören folgende Organisationen an: Alliance Sud, Amnesty International (Schweizer Sektion), Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Associazione consumatrici della Svizzera italiana, Attac Schweiz, ChristNet, Helvetas, Incomindios, Schweizerischer Bauernverband, Schweizerische Greina-Stiftung, VPOD. Die Tagung wurde ausserdem mitgetragen vom Ökumenischen Was- sernetzwerk und der Fachstelle OeME Bern (Reformierte Kirchen Bern- Jura-Solothurn). dokument 17, Mai 2009 | 2
Einführung Bruno Riesen, Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut», Leiter Campaigning Amnesty International (Schweizer Sektion), Bern Ich freue mich sehr, Sie alle hier im Na- national vernetzt einsetzen. Rosmarie men des Arbeitskreises «Wasser – ein Bär wird deshalb auch an das Weltwas- öffentliches Gut» zu unserer heutigen Ta- serforum in Istanbul reisen. gung «Wasser – Quelle von Konflikten» Ein ganz zentrales Anliegen des Ar- begrüssen zu dürfen. Ich möchte Ihnen beitskreises ist es, dass das Recht auf auch ganz herzlich danken, dass Sie sich Wasser als Menschenrecht weltweit an- einen ganzen Tag Zeit nehmen, um über erkannt und verankert wird. Wir haben ein wichtiges und schwieriges, aber an im Rahmen unserer Möglichkeiten auch sich doch wenig erfreuliches Thema zu versucht, uns dafür im Menschenrechts- diskutieren. Erlauben Sie mir ein paar rat in Genf einzusetzen, und wir sind kurze einleitende Bemerkungen über un- froh, dass dieser im vergangenen Sep- seren Wasserkreis und warum wir für die tember erstmals eine unabhängige Ex- diesjährige Tagung das Thema Konflikte pertin für das Recht auf Wasser gewählt gewählt haben. hat: Catarina de Albuquerque. Sie wer- Der Arbeitskreis «Wasser – ein öffent- den sie heute als erste Referentin ken- liches Gut» wurde anfangs dieses Jahr- nenlernen, und wir sind sehr glücklich, hunderts gegründet, als auch in der sie bei uns zu haben. Schweiz eine Diskussion über die Priva- Der Arbeitskreis «Wasser – ein öffent- tisierung des Wassers aufkam. Nestlé liches Gut» ist sehr breit zusammenge- versuchte damals verschiedene Quellen setzt: von den Hilfswerken, die in Alli- aufzukaufen, und in verschiedenen Ge- ance Sud zusammengeschlossen sind, meinden wurde über eine mögliche Pri- über Umweltorganisationen, Amnesty In- vatisierung des Wassers, der Wasserver- ternational, Ärzte und Ärztinnen für Um- sorgungen diskutiert. Glücklicherweise weltschutz, Schweizerischer Bauernver- band, die Gewerkschaft VPOD bis hin zu kirchlichen Organisationen. In dieser «Vieles deutet darauf hin, dass die meisten Breite widerspiegeln sich die ganze Kom- plexität, die unterschiedlichen Aspekte Konflikte und Kriege dieses Jahrhunderts um und Problemkreise, die mit dem Thema die schwindenden Rohstoffvorräte und damit Wasser verbunden sind. Aber sie zeigt auch, dass in ganz unterschiedlichen Or- letztlich auch um die schwindenden Wasser- ganisationen das Bewusstsein vorhan- vorräte geführt werden.» den ist, dass für die Zukunft unseres Pla- neten eine nachhaltige Wasserpolitik entscheidend ist und dass das nur durch hat sich diese Diskussion in der Schweiz eine enge Zusammenarbeit und einen rasch wieder gelegt, nicht zuletzt wohl entsprechenden öffentlichen Druck der deshalb, weil verschiedene Beispiele Zivilgesellschaft erreicht werden kann. von Privatisierungsprojekten im Ausland Im Vorfeld des Weltwassertages vom deutlich zeigten, dass es nicht funktio- 22. März, der dieses Jahr unter dem Mot- niert. to «grenzüberschreitende Wasservor- Die Aufgaben, die wir uns im Arbeits- kommen» steht, und dem 5. Weltwasser- kreis gestellt haben, gehen aber weiter. forum, das vom 15. bis 22. März unter Es geht um eine nachhaltige Wasserpoli- dem Titel «Bridging Divides for Water» in tik weltweit. Dafür möchten wir uns nicht Istanbul stattfindet, haben wir unser Ta- nur in der Schweiz, sondern auch inter- gungsthema «Wasser als Quelle von Kon- dokument 17, Mai 2009 | 3
flikten» natürlich nicht ganz zufällig ge- Laut dem Uno-Umweltprogramm wer- wählt. Viele Anzeichen und Aussagen den bei gleichbleibenden Verbrauchs- von Fachleuten weisen darauf hin, dass mustern bis 2025, also in nur 16 Jahren, die meisten Konflikte und Kriege dieses zwei Drittel der Weltbevölkerung unter Jahrhunderts um die schwindenden Roh- Wassermangel leiden. Das heisst, es stoffvorräte und damit letztlich auch um werden dann nicht 500 Millionen sein, die schwindenden Wasservorräte ge- wie mit den Millenniumszielen ange- führt werden, die für uns alle die Lebens- strebt, sondern 3,5 Milliarden, die zu we- grundlage bilden. Es wird nicht nur um nig Wasser haben. Das Bevölkerungs- Kriege zwischen einzelnen Ländern ge- wachstum, aber auch die Konsumge- hen, und Wasser wird auch nicht immer wohnheiten und der rasch wachsende der einzige Grund sein. Aber Wasser wird Bedarf der Industrie und der Landwirt- in vielen Kriegen und regionalen und lo- schaft, die schon heute 70 Prozent der kalen Konflikten ein wichtiger Mitgrund Wasserressourcen verbraucht, werden sein. Laut der Unesco gab es in den letz- die Konkurrenzsituation um das verfüg- ten sechzig Jahren 37 Kriege, in denen bare Wasser verstärken. Auch die Wasser eine zentrale Rolle spielte. Es Schweiz bleibt von solchen Nutzungs- wird in Zukunft aber nicht nur um Kriege konflikten nicht verschont. gehen, sondern um verschiedenartigste Zu diesen Trends hinzu kommt die Konflikte. Wir werden heute viel darüber Klimaerwärmung, die vielerorts längst hören, und auch das Wasserschloss keine nur theoretische Möglichkeit mehr Schweiz wird davon nicht verschont blei- ist, sondern ein Phänomen, das heute in ben. Wir wissen es alle: Wasser ist schon heute knapp; viele arme Menschen in «Wasser wird als Macht- und Renditeobjekt den ärmeren Ländern haben bereits heu- te keinen Zugang zu sauberem Trinkwas- betrachtet, das umso wertvoller ist, je weniger ser. Wir wissen auch, dass die Armen es davon gibt.» häufig mehr für Wasser bezahlen müs- sen als die Reichen. Die Probleme ver- schärfen sich rasant. Im Jahr 2000 kam vielen Ländern bereits sehr konkret etwas Hoffnung auf, als die internationa- spürbar ist – wir werden heute noch le Gemeinschaft die Millennium Deve- mehr darüber hören. Der beste Beweis, lopment Goals beschloss und sich unter dass dies alles nicht nur graue Theorie anderem vornahm, die Zahl der Men- ist, liefert die Finanzindustrie, die Was- schen, die keinen Zugang zu sauberem ser, weil es knapp wird, als das künftige Trinkwasser haben, bis 2015 zu halbie- Renditeobjekt Nr. 1 anbietet. ren. Seither ist einiges geschehen, aber Es geht aber in Zukunft nicht nur um nach ersten kleinen Erfolgen haben sich die absolute Menge des verfügbaren die Aussichten heute wieder verdüstert. Wassers, sondern ganz entscheidend Die versprochenen Mittel, die es bräuch- auch um die Wasserqualität. Die zuneh- te, um das Ziel zu erreichen, wurden mende Verschmutzung der Meere, der schon bisher nicht vollumfänglich zur Flüsse und des Grundwassers wird die Verfügung gestellt. Die internationale Probleme zusätzlich verschärfen. Und Wirtschaftskrise wird dazu führen – dar- ganz entscheidend wird es in Zukunft um auf weisen auch die Voraussagen der den Zugang zu den verbleibenden Was- Uno und des Internationalen Währungs- serressourcen gehen: Wer hat Zugang zu fonds (IWF) hin –, dass die Mittel weiter- Wasser? Wer bekommt noch etwas von hin in die Rettung der Banken, der Auto- dem, was übrig bleibt? industrie etc. fliessen und sowohl Wir alle kennen die Probleme, die Po- Industrie- wie Entwicklungsländer argu- litikerinnen und Politiker kennen sie, die mentieren werden, sie hätten kein Geld Wirtschaftsführer kennen sie, und trotz- für Wasserprojekte. Sie werden auf dem dem wird das Recht auf Wasser noch Buckel der Ärmsten, die sich nicht weh- längst nicht überall anerkannt, geschützt ren können, sparen; das ist immer das und gefördert. Vielmehr wird Wasser als Einfachste. Macht- und Renditeobjekt betrachtet, dokument 17, Mai 2009 | 4
das umso wertvoller ist, je weniger es tenzial aufbaut, ist unübersehbar. Wir davon gibt. Und die Wirtschaftskrise möchten heute etwas genauer hinschau- wird, wie erwähnt, vielen als Entschuldi- en und analysieren, welche Formen von gung dienen, obschon der Betrag, den es Konflikten auf lokaler, regionaler, aber bräuchte, um allen Menschen Zugang zu auch auf zwischenstaatlicher Ebene sauberem Trinkwasser zu ermöglichen, schon existieren oder sich abzeichnen. nicht so enorm wäre. Wenn wir während Aber wir möchten auch der Frage nachge- zehn Jahren nur den Betrag einsetzen hen, was denn eigentlich geschehen würden, den wir innerhalb von zwei Wo- müsste, was wir tun könnten, was es für chen weltweit für Rüstungsgüter ausge- Lösungsansätze gibt. Und wir möchten ben, könnte das Ziel, allen Menschen Zu- ganz konkret nachfragen, was denn die gang zu sauberem Trinkwasser zu garan- Schweiz tun könnte, um die Probleme an- tieren, locker erreicht werden. zugehen und dem Recht auf Wasser für alle Obwohl wir uns der Knappheit von endlich zum Durchbruch zu verhelfen. Wasser bewusst sind, importieren wir Natürlich werden wir heute keine Pa- Jahr für Jahr mehr «virtuelles» Wasser tentrezepte erfinden. Aber wir finden es aus Trockengebieten und möchten unse- wichtig, dass das Wasserproblem wieder re Autos nun noch mit Agrotreibstoffen ernster genommen wird und nicht von füttern, deren Herstellung Unmengen an der Wirtschaftskrise und der Klimadis- Wasser braucht. kussion völlig verdrängt wird. Wir kön- Dass sich angesichts dieser Entwick- nen das eine nicht vom andern trennen. lungen weltweit ein riesiges Konfliktpo- dokument 17, Mai 2009 | 5
The Right to Water and Conflict Catarina de Albuquerque, Independent Expert on the issue of human rights obligations related to access to safe drinking water and sanitation of the UN Human Rights Council, Geneva It is a pleasure to be here with you today, domestic uses». According to the Com- thank you for inviting me. I have been mittee, the right to water is consecrated impressed since taking up my mandate in article 11 of the International Covenant by the devotion and dedication of peo- on Economic, Social and Cultural Rights ple like you, active in the area of water «implicitly», since that provision uses an and human rights. It is your energy and open formulation as it guarantees the commitment which ensures that we ad- «right of everyone to an adequate stand- vance the dialogue on these issues and ard of living for himself and his family, continue to work towards solutions which including adequate food, clothing and protect all human rights. The fact that housing, and to the continuous improve- many of you have been working on water ment of living conditions». The word «in- and sanitation for many years also cluding» would mean, according to the makes my life as an Independent Expert much easier as it provides me with the skills, experience and knowledge of in- «I have been impressed since taking up my valuable partners! I would like to make my presentation mandate by the devotion and dedication of in three general parts, first outlining the people like you, active in the area of water right to water as defined by the Commit- tee on Economic, Social and Cultural and human rights. It is your energy and com- Rights (CESCR), then looking at conflict mitment which ensures that we advance the and water, including protecting the right to water before, during and after conflict, dialogue ... » as well as water as a source of conflict. Finally, I will explain the mandate that has been given to me by the Human Rights Committee, that the catalogue of rights Council, and how my mandate might be contained in article 11 was not intended used in analysing these situations. to be exhaustive. To justify this asser- tion, the Committee remarks that «the The Right to Water right to water clearly falls within the cate- The Committee on Economic, Social gory of guarantees essential for securing and Cultural Rights, which monitors the an adequate standard of living, particu- International Covenant on Economic, So- larly since it is one of the most funda- cial and Cultural Rights, as you probably mental conditions for survival». know, adopted General Comment 15 on The Committee went on to outline the the right to water in 2002. Interestingly, normative content of the right to water as the right to water is not expressly men- follows: tioned in the Universal Declaration for - Availability: Water supply for each per- Human Rights, nor the International Co- son must be sufficient and continuous venant on Economic, Social and Cultural for personal and domestic uses; Rights. However, the Committee has in- - Quality: The water for these uses must terpreted the Covenant as including a be safe; right to water, which is defined therein - Accessibility: Water and water facili- as «the right of everyone to sufficient, ties and services must be accessible to safe, acceptable, physically accessible everyone without discrimination – that and affordable water for personal and means both physically accessible, and dokument 17, Mai 2009 | 6
observed, and clearly articulated in the «Systemic discrimination and marginalization UNDP Human Development Report focu- frequently manifests in denials of economic, sing on water in 2006, that poor people are «systematically excluded from ac- social and cultural rights, including the right to cess [to safe water] by their poverty, by water.» their limited legal rights or by public pol- icies that limit access to the infrastruc- tures that provide water for life and for economically accessible (or affordable). livelihoods». That report concluded that It also includes a right to seek, receive «scarcity is manufactured through politi- and impart information concerning wa- cal processes and institutions that dis- ter uses. advantage the poor». Although not The General Comment also details the enough research has been undertaken specific legal obligations of States to on the connections between violations guarantee the right to water – namely, of economic, social and cultural rights - the duty to respect or to refrain from and armed conflict, some authors have violating the right; pointed to the fact that «both absolute - the duty to protect, or to ensure third and relative deprivation should prompt parties do not interfere with enjoyment violence by generating grievances. Indi- of the right, and viduals deprived of food, water and shel- - the duty to fulfil, which includes obli- ter may be so miserable that they rise up gations against governments or other powerhol- > to facilitate the right by taking posi- ders, using violence to redistribute wealth tive measures to realize it, and reclaim their dignity». When examin- > to promote the right through public ing the Human Development Index [from education and other measures, and 1990 to 2003], we can see that there is a > to fulfil or provide the right when in- relationship between low HDI scores dividuals are unable to realize it on [The HDI is a composite of indexed natio- their own. nal achievements in three dimensions of Thus, working with the Committee’s un- human well-being: a) the ability to lead a derstanding of the right to water, how long and healthy life (measured by life must this right be guaranteed before, expectancy at birth); b) educational at- during and after conflict? Like all econo- tainment (measured by adult literacy rate mic, social and cultural rights, States are and the gross enrolment ratio for prima- obligated to respect these rights at all ry, secondary and tertiary schools); c) a times. Particularly noteworthy is that decent standard of living (measured by these rights (contrary to what is the case GDP per capita in $ Purchasing Power Pa- regarding many of the civil and political rity)] and internal conflict; 20 countries rights contained in the Covenant on Civil in the bottom quintile experienced con- and Political Rights, ICCPR) are non-de- flict, while only eleven did not. In the top rogable, meaning that States cannot ex- quintiles, by contrast, 27 countries were cuse themselves from guaranteeing these peaceful, while only three were violent. rights during times of emergency. Thus, Interestingly, however, the intermediate following the framework laid out by the quintiles had a mixed record. There is, Committee, States must respect, protect however more study and analysis need- and fulfil the right to water. ed to better establish these links. Moreover, during conflict, human Conflict rights violations are particularly com- Systemic discrimination and margi- mon, including violations of the right to nalization frequently manifests in de- water, as defined by the Committee on nials of economic, social and cultural Economic, Social and Cultural Rights. rights, including the right to water. In Conflicts present specific concerns about fact, where certain groups lack access to water and humanitarian law prohibits, safe drinking water, it is frequently a both in international and non-internatio- symptom of larger societal discrimina- nal armed conflict, «attacks against ob- tion and exclusion. It has been widely jects indispensable to the survival of the dokument 17, Mai 2009 | 7
civilian population, such as […] drinking either targets or tools of violence or water installations and supplies». There coercion by non-state actors; are also provisions regarding the prohi- 5) Water as a «military target»: where bition to attack installations containing water resource systems are targets of dangerous forces (including against digs military actions by nations or states; or dams), as well as general rules concer- 6) Water and development disputes: ning the protection of the natural envi- where water resources or water sys- ronment (these do not, however, apply tems are a major source of contention to internal armed conflicts). and dispute in the context of econo- Furthermore, in post conflict periods, mic and social development. and during processes of transitional jus- Some, including Boutros Boutros Ghali, tice, it is particularly important to em- have described the situation in a very phasize full respect for economic, social alarming mode, saying for example that and cultural rights, including the right to «The waters of the Nile will be the cause water. Violations which occurred during of the next war in our region, not poli- the conflict should be identified and ad- tics». dressed. Furthermore, to the extent that Others have tried to minimize these the conflict stemmed from socio-econo- alarmist statements. Homer-Dixon, dir- mic inequalities, including in the enjoy- ector of the Peace and Conflict Studies ment of economic, social and cultural Program at the Toronto University de- rights, these must be tackled, as a fun- nounced «the myth of global waters damental legal obligation, and in order war». Peter Gleick, President of the Paci- to build a sustainable peace. fic Institute, also refuses to see the 21st Of particular interest to this Confe- century as the «water wars century», «be- rence, water itself can be a source of con- cause wars never are about one issue». flict. As mentioned in an article in the Le Monde, «L’eau peut modeler l’Histoire. Faire ou défaire un roi, être instrument «Despite the comprehensive work of the d’oppression ou même arme de guerre». It is undeniable that conflicts over limit- Committee on Economic, Social and Cultural ed natural resources abound, including Rights in General Comment 15, and widespread conflicts over water. Conflicts over drink- ing water are also reported around the recognition of the right to water, there is still world – for example between communi- resistance at the international level to adress ties using water for personal uses and in- dustrial actors using water and in some this right.» cases, threatening the safety of drinking water by polluting it. There are also con- flicts between States and regions within His extremely interesting «Water Conflict States about sharing limited water re- Chronology» explores precisely the inter- sources. Some have identified 6 diffe- relationship between water resources, rent ways in which an armed conflict can water systems, and international secur- be related to water: ity and conflict. The water conflict chro- 1) Control of water, where water sup- nology tracks and categorizes events re- plies or access to water is at the root lated to water and conflict since 1503. of tensions; 2) Water is a military tool: where water Mandate resources or water systems them- Now, to explain my mandate. I feel it selves are used by a nation or state is important to note the particularities of as a weapon during a military action; my mandate, and the controversial is- 3) Water as a political tool: where water sues which surround it. I have been ap- resources or water systems themsel- pointed as the Independent Expert on ves are used by a nation, state, or the issue of human rights obligations re- non-state actor for a political goal; lated to access to safe drinking water 4) Water as a tool for terrorism: where and sanitation. This mandate was estab- water resources or water systems are lished following up on a study which was dokument 17, Mai 2009 | 8
flict and water also must recognize the «Nearly 40 per cent of the world’s population controversial nature of this essential ma- have no access to improved sanitation. Glob- terial. Despite the comprehensive work of the Committee in General Comment ally it is estimated that 1.6 million people die 15, and widespread recognition of the each year from water and sanitation related right to water, there is still resistance at the international level to address this causes – the vast majority of those affected right. Furthermore, there is resistance to being children under five.» a holistic understanding of water – limi- ting my mandate to drinking water and excluding transboundary water issues, carried out by the High Commissioner for seemingly setting aside the wider envi- Human Rights and submitted to the ronmental implications. Nevertheless, Council in 2007. That study, which exa- the political process is a long one, and I mined the scope and content of the rel- have confidence that especially by focus- evant human rights obligations related ing on task 2 – clarifying of human rights to equitable access to safe drinking wa- obligations in relation to access to safe ter and sanitation under international drinking water and sanitation – we will human rights instruments, concluded advance the dialogue on not only the that several issues related to this subject right to water and its narrow application warranted further study. Subsequently to personal and domestic uses, but also and in response to that conclusion, the develop a better understanding of the Human Rights Council created my man- human rights implications of other is- date. I am called upon to carry out sever- sues fundamentally related to water. al tasks: Now, considering task 2 of my man- (a) Developing a dialogue with various date, I have decided to especially look at stakeholders to identify, promote the issues identified in the study of the and exchange views on best practices Office of the High Commissioner for Hu- related to access to safe drinking wa- man Rights (OHCHR) as requiring further ter and sanitation, and, in that re- clarification, as my starting point. In this gard, to prepare a compendium of regard, and I think particularly interes- best practices; ting for our discussions today, the OHCHR (b) Advancing the work by undertaking a study noted that the issue of prioritiza- study on the further clarification of tion of different water uses needs to be the content of human rights obliga- more fully elaborated. In considering wa- tions, including non-discrimination ter as a source of conflict, it seems to me obligations, in relation to access to clear guidance on prioritization of diffe- safe drinking water and sanitation; rent uses is essential. The Committee (c) Making recommendations that could made it clear that water for personal and help the realization of the Millennium domestic uses should be prioritized over Development Goals, in particular of other uses. It further specified that «Pri- Goal 7. ority should also be given to the water It is particularly the second task that I resources required to prevent starvation would like to elaborate on today – the and disease, as well as water required to clarification of human rights obligations meet the core obligations of each of the in relation to access to safe drinking wa- Covenant rights». However, the OHCHR ter and sanitation. But first, I would note study remarked that «Once a sufficient a couple of important things about this amount of safe drinking water to prevent resolution establishing my mandate – disease has been secured for all, alloca- the right to water is never mentioned; it tion of water among various uses – water is very specific about drinking water, not for personal and domestic uses beyond water for other uses; and it specifically this sufficient amount, water to produce excludes transboundary water issues. food, water to sustain livelihoods, or wa- These specifications reflect the complex ter to ensure environmental hygiene – re- political reality surrounding water – and mains unclear». I would posit that clari- I think the focus of this meeting on con- fying obligations in this regard would dokument 17, Mai 2009 | 9
contribute towards a better understand- children under five. It is easy to imagine ing of obligations in cases of water as a that these terrible numbers are further source of conflict. I hope to focus on this augmented by situations of conflict. I issue in the coming years of the mandate. have decided to focus my first year on I intend to carry out country visits to clarifying the human rights obligations examine issues related to water and sa- related to access to sanitation, including nitation on the ground. In this regard, I during times of conflict. anticipate that I will visit post-conflict si- Concerning violations of the right to tuations, and hope that I will be able to water before, during and after conflict, I identify good practices in the area of ad- would particularly encourage stakehol- dressing violations of economic, social ders to consider the newly adopted Op- and cultural rights, including the right to tional Protocol (OP) to the CESCR as a po- water, in the aftermath of conflict. Coun- tential tool. Now I am reverting back to a try visits will provide an important op- former role, but in this context, I think it portunity to engage in a deeper dialogue is particularly relevant. In fact the OP is with Governments on these issues. (potentially) an exceptional tool that will Now, I have not said anything yet enable individuals and groups of indivi- about sanitation, which is a central part duals to present complaints before the of my mandate. Nearly 40 per cent of the CESCR in cases of alleged violation of world’s population, that is about 2.5 bil- their ESC-rights. The OP also enables the lion people, have no access to improved CESCR to undertake inquiries (with in sanitation. Globally, it is estimated that situ visits) in cases it receives informa- 1.6 million people die each year from wa- tion on alleged grave or systematic viola- ter and sanitation related causes – the tions of any of the rights contained in the vast majority of those affected being Covenant. dokument 17, Mai 2009 | 10
«Wenn die Wahrheit lange ausgeblieben ist, kommt sie schliesslich über das Wasser.» (Afrikanisches Sprichwort) Das Konfliktpotenzial von Wasser aus entwicklungspolitischer Sicht Rosmarie Bär, Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut», Koordinatorin für Entwicklungspolitik bei Alliance Sud, Bern «Whisky ist zum Trinken da, Wasser um Uno fest. In der Tat: Ums Wasser steht es darum zu kämpfen.» Dieses ironische schlecht. Der Verbrauch nimmt rasant zu und heute vielleicht zynisch wirkende und die Verfügbarkeit ab. Wasser wird Bonmot stammt von Mark Twain, dem ausgebeutet, übernutzt, verschwendet, amerikanischen Schriftsteller und Autor ist verseucht und verschmutzt. Nicht von Tom Sawyers und Huckleberry Finns bloss im Westen der USA, sondern auf Abenteuern. Wer kennt sie nicht, diese allen Kontinenten der Erde wird das Was- spannende Jugendgeschichte. Sie spielt ser stetig knapper, das Konfliktpotenzial an den Ufern und auf den Wellen des immer grösser und die Verteilungsfrage Mississippi, einem der längsten Flüsse immer drängender. der Erde, der die Siedlungsgeschichte Deutliche Aussagen kamen Ende Ja- der USA mitgeprägt hat. Mark Twains be- nuar vom Weltwirtschaftsforum (WEF) sorgter Blick war damals auf Kalifornien aus Davos. Es legte in einer Studie dar, gerichtet, Sonnenstaat zwar, aber auch dass sich der Kampf um Wasser zuspitzt. eine Gegend mit Wassermangel und den Das WEF warnte gar vor einem weltwei- daraus entstehenden Verteilkonflikten. ten Zusammenbruch der Wasserversor- Sozialkritisch und pessimistisch war der gung. In weniger als 20 Jahren werde 1910 gestorbene Weltliterat allemal. Wassermangel zu Ernteausfällen führen, Aber kein solcher Visionär, um vorauszu- die den aktuellen Ernten von Indien plus sehen, dass nur 100 Jahre nach seinem der USA entsprächen. Die Lage werde Tod Wasser für die Menschheit zu einer sich noch verschärfen, weil etwa 70 gros- Schicksalsfrage geworden ist. se Flüsse weltweit kurz vor dem Aus- Wenn 1.2 Milliarden Menschen kei- trocknen stehen. Mark Twains Mississip- nen Zugang zu sauberem Trinkwasser pi gehört heute zu den Flüssen, denen haben und täglich 4’000 Kinder unter 5 auf ihrem Weg ins Meer so viele Schad- Jahren an den Folgen von verschmutztem stoffe zugeführt werden, dass ihre Mün- Wasser sterben, müsse von einer globa- dungsgebiete – hier der Golf von Mexiko len Krise gesprochen werden, hält die – Todeszonen genannt werden. Alles Le- bendige, Fauna und Flora – Nahrung und Existenzgrundlage von Millionen von Menschen – wird geschädigt oder gänz- «Mark Twains Mississippi gehört heute zu den lich zerstört. Grosse publizistische Wel- len haben die schlechten Nachrichten Flüssen, denen auf ihrem Weg ins Meer so aus Davos nicht geworfen. Die Wasser- viele Schadstoffe zugeführt werden, dass ihre krise ist im Strudel der Finanzkrise unter- gegangen. Mündungsgebiete – hier der Golf von Mexiko – Die meisten Länder, die heute unter Todeszonen genannt werden.» Wassermangel leiden, liegen auf der dokument 17, Mai 2009 | 11
südlichen Halbkugel der Erde und gehö- multiplikator» bezeichnet, weil er politi- ren zu den Entwicklungsländern. Die sche Spannungen und Instabilitäten ver- Uno-Entwicklungsbehörde UNDP stellte stärke. Genannt werden an erster Stelle 2006 in ihrem Report über die menschli- Konflikte um die Ressource Wasser. Die che Entwicklung fest: «In vielen Entwick- Gletscher des Himalaja, Wasserquellen lungsländern verschärft sich die Konkur- für 2 Milliarden Menschen auf dem indi- renz um Wasser in einem beängstigen- schen Subkontinent, schmelzen in be- den Tempo und führt dabei zu heftigen – ängstigendem Tempo. Die Gletscher in manchmal gewaltsamen – Auseinander- den Tropen schrumpfen noch schneller. setzungen.» Über 80 Staaten leiden So hat die Trinkwasserversorgung von mittlerweile unter chronischer Wasser- Lima, der Hauptstadt Perus, bereits stark knappheit. Am stärksten betroffen sind abgenommen und stellt eine reale Ge- grosse Teile Afrikas. Eine extrem kriti- fahr für die menschliche Zukunft dar. sche Entwicklung findet in Nordafrika Im diesjährigen Entwicklungsbericht und im Nahen Osten statt. Dazu hat mich der Uno ist zu lesen, die Hauptlast des eine Aussage des heutigen Bürgermeis- Klimarisikos trügen die Landwirtschaft ters von Kana, der biblischen Stadt in und die Entwicklung im ländlichen Galiläa beeindruckt. Sie wissen, in Kana Raum. Dort leben die armen Menschen, hat Jesus, gemäss Bibel, an einer Hoch- die mit weniger als einem Dollar pro Tag zeitsfeier Wasser in Wein verwandelt. auskommen müssen. Lange Dürreperio- Wadih Awawdé kommentierte diese Wun- den und sintflutartige Regenfälle mit dergeschichte folgendermassen: «Wenn Überschwemmungen bedrohen die Le- Jesus heute nach Kana käme, würden wir bensgrundlagen dieser Menschen. Die ihn bitten, aus Wein Wasser zu machen.» Nebst einer wachsenden Weltbevöl- kerung verschärfen sich die Verteilpro- «Über 80 Staaten leiden mittlerweile unter bleme durch einen zunehmenden Was- serbedarf seitens der Landwirtschaft, chronischer Wasserknappheit. Am stärksten der Industrie und immer mehr auch sei- betroffen sind grosse Teile Afrikas. Eine extrem tens des Tourismus. Ich nenne nur eine Zahl: Um in einem warmen und meist kritische Entwicklung findet in Nordafrika und wasserarmen Land einen 18-Loch-Golf- im Nahen Osten statt.» platz grün zu halten, muss er täglich mit bis zu 2.3 Millionen Litern Wasser be- sprengt werden. Auch Infrastrukturanla- Schwankungen der Niederschläge ma- gen, allen voran Staudämme zur Energie- chen den entscheidenden Unterschied gewinnung, führen zwischen verschiede- aus zwischen ausreichender Ernährung nen Staaten und innerhalb einzelner und Hunger, zwischen Gesundheit und Länder zu Konflikten. Schwindende Was- Krankheit und letztlich zwischen Leben serressourcen können politische Regime und Tod. dazu verleiten, Wasser als Steuerungsin- Verschärfend kommt hinzu, dass die strument (man könnte auch sagen als Er- Landwirtschaft weltweit die grösste Was- pressungsmittel) in innenpolitischen Kon- serverbraucherin ist. Über 70 Prozent – flikten oder zur Durchsetzung macht- in Entwicklungsländern über 80 Prozent politischer und hegemonialer Ansprüche – des von Menschen genutzten Wassers in der internationalen Politik einzuset- fliessen in die Nahrungsmittelprodukti- zen. Keine Frage – wer Wasser hat, kann on. Bereits heute basieren 40 Prozent Macht ausüben. der weltweiten Lebensmittelproduktion auf künstlicher Bewässerung. «Bedrohungsmultiplikator» Nur, der Grossteil der Produkte aus Klimawandel der Bewässerungslandwirtschaft steht Zum grössten Feind des Wassers ist nicht zur Ernährung der einheimischen die Klimaveränderung geworden. In ei- Bevölkerung zur Verfügung. Bewässert nem EU-Dokument mit dem Titel «Klima- werden vor allem Exportmonokulturen wandel und internationale Sicherheit» wie Baumwolle, Soja, Obst und Gemüse wird der Klimawandel als «Bedrohungs- sowie Blumenplantagen. In vielen Ent- dokument 17, Mai 2009 | 12
wicklungs- und Schwellenländern ver- ten ist, kommen wir auf 4’000 Liter pro schärft der Anbauboom von Agrotreib- Tag. In einer einzigen Tomate aus Marok- stoffen die Konkurrenz um das ohnehin ko, die im Moment bei den Grossvertei- knappe Wasser zusätzlich. Aus riesigen lern angeboten werden, stecken 13 Liter Monokulturen von Zuckerrohr, Soja, Öl- virtuelles Wasser, in einem Glas Oran- palmen oder Mais werden Bioethanol gensaft 170 Liter, in einem Baumwoll-T- und Diesel für unsere Autos hergestellt Shirt 20'000 Liter. Viele Quellfassungen, vor allem im Orient, tragen die Inschrift: «Vom Wasser «Um in einem warmen und meist wasserarmen ist alles Ding lebendig.» Will heissen, Wasser ist die Quelle allen Lebens. Diese Land einen 18-Loch-Golfplatz grün zu halten, unumstössliche Tatsache muss an einer muss er täglich mit bis zu 2.3 Millionen Litern Tagung wie heute einmal mehr unterstri- chen werden. Wasser ist ein öffentliches Wasser besprengt werden.» Gut, das durch nichts ersetzt werden kann. Bei der Ausgestaltung des humani- tären Völkerrechtes, das in bewaffneten und als Beitrag zum Klimaschutz propa- Konflikten vor allem die Zivilbevölkerung giert. Die Fakten sehen anders aus: Um 1 schützen soll, wurde dieser unumstössli- Liter Bioethanol zu produzieren, braucht chen Tatsache Rechnung getragen. Für es rund 5’000 Liter Wasser. Nestlé-Präsi- das Leben der geschützten Personen dent Peter Brabeck nannte dies einen müssen Mindestbedingungen erfüllt «ökologischen Wahnsinn». Für einmal sein. Dazu gehört Wasser. bin ich mit ihm einig. Fazit: Klimapolitik ist in höchstem Konfliktträchtige Flüsse Masse Wasserpolitik. Ohne Klimaschutz «Die Kriege des 21. Jahrhunderts wer- wird sich die Wassersituation drama- den nicht um Öl, sondern um Wasser ge- tisch verschärfen. Das Post-Kyoto-Ab- führt», prophezeite 1986 der damalige kommen, das von den Uno-Staaten im ägyptische Aussenminister und spätere kommenden Dezember in Kopenhagen UN-Generalsekretär Boutros Boutros- verabschiedet werden sollte, muss die Ghali. Denn weltweit gibt es mehr als CO2-Emissionen drastisch reduzieren. 260 grenzüberschreitende Fluss- und Klima- und Energiepolitik sind in Zukunft Seegebiete. Besonders hoch ist das Kon- wichtige Instrumente der Krisenpräventi- fliktrisiko dort, wo Wasserknappheit und on und der Friedenssicherung. politische Spannungen zusammentref- Wenn wir mit Besorgnis auf die Land- fen. Die Liste der Flussgebiete, die ei- wirtschaft schauen und Wege aus der gentliche Krisenherde bilden, ist lang: globalen Wasserkrise suchen, müssen Euphrat und Tigris erzeugen Spannungen wir auch ernsthaft thematisieren, welche zwischen der Türkei, Syrien und Irak. Als Spuren, welchen «Wasser-Fussabdruck» Unteranrainer der beiden Flüsse sind der der Konsum und der Lebensstil der west- Irak und Syrien zudem darauf angewie- lichen Länder im Wasserhaushalt ande- sen, dass die Türkei, in deren Staatsge- rer Teile der Welt hinterlässt. «Die Indus- biet die Quellen der Ströme liegen, triestaaten hinterlassen heute einen genug Wasser für die anderen Länder üb- Fussabdruck, der punkto Wasserver- rig lässt. Aber die Türkei beklagt den brauch drei bis vier Mal zu gross ist», Wassermangel im eigenen Land und hat mahnte der renommiere Berner Klimato- mit ihrem gigantischen Südostanatolien- loge Heinz Wanner letzten Sonntag in projekt dem Kampf ums Wasser eine seiner Predigt zum Thema «Gerechtigkeit neue Dimension hinzugefügt. Das Süd- im Klimawandel». Nehmen wir die anatolienprojekt hat bei uns Schlagzei- Schweiz als Beispiel. Jede und jeder von len gemacht durch den Ilisu-Staudamm, uns verbraucht durchschnittlich 160 Liter dessen Bau mit Schweizer Exportrisiko- Wasser im Tag für Kochen, Wäschewa- garantie begonnen wurde und dessen Fi- schen, Duschen und WC-Spülen. Rech- nanzierung – auf Druck der NGOs in der nen wir das Wasser, das in importierten Schweiz, Deutschlands und Österreichs Nahrungsmitteln, in Kleidern etc. enthal- – sistiert wurde. dokument 17, Mai 2009 | 13
Beim Mekong sind es die vietnamesi- schen Bauernfamilien im Flussdelta, die «Schwindende Wasserressourcen können poli- darunter zu leiden haben, dass eine tische Regime dazu verleiten, Wasser als Steue- wachsende Zahl von Staudämmen am Oberlauf des Flusses die Wassermenge rungsinstrument in innenpolitischen Konflikten und die Strömungsverhältnisse gravie- oder zur Durchsetzung machtpolitischer und rend verändern. Die Wanderung der Fi- sche stromaufwärts und abwärts ist hegemonialer Ansprüche in der internationalen durch die Staudämme erschwert, viele Politik einzusetzen.» Fischarten können so nicht überleben: Als Folge werden Millionen von Men- schen von ihrer wichtigsten Proteinquel- völkerung zu einer unerschwinglichen le abgeschnitten. Ware. Das Verteilproblem spitzte sich zu Konfliktträchtige Flüsse sind auch und provozierte einen Aufstand. Bedroh- der Ganges und der Bramabuthra zwi- lich sind in verschiedenen afrikanischen schen Indien und Bangladesch (ein Hot- Ländern gewaltsame Konflikte zwischen Spot) sowie der Jordan zwischen Israel Sesshaften und Nomaden, zwischen und Palästina. Davon werden wir heute Ackerbauern und Viehzüchtern oder zwi- hören. Auch das Nilwasser ist Stoff für schen der Bevölkerung und Regierungs- Konflikte; das Einzugsgebiet des längs- institutionen. Solche Konflikte werden in ten Flusses der Welt erstreckt sich über der internationalen Presse oftmals ver- zehn Länder (Ägypten, Sudan, Äthio- einfacht als «ethnische Konflikte» be- pien, Demokratische Republik Kongo, zeichnet. Burundi, Ruanda, Uganda, Kenia, Tansa- nia und Eritrea). Wasserrechte spiegeln Der ägyptische Präsident Anwar el- Machtstrukturen Sadat hatte 1978 in Camp-David beim Strategien im Umgang mit der zuneh- Friedensschluss mit Israel festgestellt: menden Wasserknappheit haben sich «Die einzige Sache, die Ägypten wieder lange – zu lange – auf technische Mög- in den Krieg führen könnte, ist Wasser.» lichkeiten zur Erhöhung des Wasseran- Schon Jahre vorher drohte er angesichts gebotes konzentriert und dabei die so- äthiopischer Staudammpläne am Blauen zioökonomischen und die kulturellen Nil: «Wer mit dem Nilwasser spielt, er- Aspekte der Wassernutzung vernachläs- klärt uns den Krieg!» sigt. Gerade wegen der ökologischen International ist in den letzten Jahren Verknappung des Wassers müssen die das Bewusstsein dafür geschärft wor- strukturellen sozioökonomischen Kon- den, welches zwischenstaatliche Konf- fliktursachen gezielt angegangen wer- liktpotenzial in der wachsenden Knapp- den. Sie hängen eng mit der Marginali- heit von Wasser liegt. Aus diesem Be- sierung von ethnischen, sozialen, politi- wusstsein heraus ist glücklicherweise an schen Bevölkerungsgruppen zusammen. vielen Orten Kooperation entstanden. Das UNDP schreibt dazu: «Wenn sich die Zahlreiche internationale und bilaterale innerstaatliche Wasserkonkurrenz ver- Verträge regeln heute die gemeinsame schärft, werden die Menschen mit den Nutzung von grenzüberschreitenden Ge- schwächsten Rechten zusehen müssen, wässern. wie ihr Wasserzugang durch mächtigere Interessengruppen beschnitten wird.» Soziale Verteilkonflikte In vielen Ländern, die unter Wasser- Auf innerstaatlicher Ebene hat die knappheit leiden, spiegeln die lokalen Wasserknappheit vielerorts zu wachsen- und nationalen Verteilungsprioritäten den Verteilkonflikten geführt. Wird Teilen gesellschaftliche Machtstrukturen wider. der Gesellschaft der Zugang zu saube- Ja mehr noch, sie sind oft unmittelbar für rem Trinkwasser genommen, führt dies deren Erhalt verantwortlich. Dies zeigt zu sozialen Unruhen. Eine Situation, die sich am Beispiel von Marokko. Das Kö- wir von Cochabamba in Bolivien kennen. nigshaus sicherte sich bei der Unabhän- Durch die Privatisierung der Wasserver- gigkeit des Landes die Loyalität einfluss- sorgung wurde Wasser für die arme Be- reicher ländlicher Eliten, indem es ihnen dokument 17, Mai 2009 | 14
Grundstücke mit den dazugehörenden Wasser braucht den Schutz des Wasserrechten vergab. Noch heute wir- Völkerrechts ken sich diese Strukturen auf die Vertei- Aus dem bisher Gesagten ist klar ge- lung des knappen Wassers aus. Eine Stu- worden: Fragen des Zugangs zu Wasser die weist für die Region Souss in Süd- sind Fragen der Gerechtigkeit und des marokko einen direkten Zusammenhang Überlebens. Es geht in Zukunft ums faire nach zwischen der Tiefe der privaten Teilen. Den wegweisenden Grundsatz Bohrlöcher und dem Wohlstand der je- hielt die Staatengemeinschaft vor 17 Jah- weiligen Landwirte, der aus dem An- ren am Erdgipfel von Rio fest: «Zukunfts- bau rentabler, bewässerter Exportkultu- fähig ist nur eine gerechte und faire Ver- ren resultiert. Die weniger tiefen Brun- teilung des Wassers zwischen den ver- nen der Kleinbauern trocknen dagegen schiedenen Nutzergruppen, zwischen ver- zunehmend aus, und immer öfter leidet schiedenen Staaten, zwischen Mensch auch die Trinkwasserversorgung der Dör- und Natur.» fer. Die nutzbare Ackerfläche und deren Wir müssen uns also die Frage stel- Erträge verringern sich rapide, die Land- len: Wie kann eine gerechte und effizien- flucht nimmt entsprechend zu. te Verteilung erreicht werden? Wie sind In Indien gibt es ähnliche Konflikte die Prioritäten zu setzen? Welcher Ver- um Pumpen und Wasser. Hier bestehen teilschlüssel wird angewendet, damit zusätzliche Konflikte mit grossen Kon- alle das Wasser bekommen, das sie be- zernen wie zum Beispiel Coca-Cola. Der nötigen, um ihren menschlichen, wirt- Boom der Softdrink- und Flaschenwas- schaftlichen und kulturellen Bestrebun- serverkäufe in Indien stellt die Anbieter gen gerecht zu werden? Und: Wie lässt vor das Problem, wo sie die erforderli- sich sicherstellen, dass die Umwelt da- chen Mengen Wasser für die Abfüllung bei nicht zerstört wird, sondern im Ge- der Flaschen, vor allem aber für die Rei- genteil sich weiterhin als Grundlage aller nigung der gebrauchten Flaschen be- menschlichen Aktivitäten entfalten kann? schaffen können. In einigen indischen In der Uno-Millenniumserklärung, mit Bundesstaaten reicht der Besitz eines der die Entwicklungsziele bis 2015 von Grundstücks aus, um das Recht zu ha- der Staatengemeinschaft verabschiedet wurden, findet sich ein Passus, wie die Ausgestaltung der Politik im Wasserbe- «Klimapolitik ist in höchstem Masse Wasser- reich zu geschehen hat: «Wir beschlies- sen, in allen die Umwelt betreffenden politik. Ohne Klimaschutz wird sich die Wasser- Massnahmen eine neue Ethik der Erhal- situation dramatisch verschärfen.» tung und pfleglichen Behandlung der Umwelt zu verfolgen. Wir beschliessen, der auf Dauer nicht tragbaren Ausbeu- ben, Brunnen zu bohren und eine belie- tung der Wasserressourcen eine Ende zu bige Menge Wasser zu fördern. Diese Be- setzen, durch Entwicklung regionaler stimmungen stammen aus der Zeit der und nationaler Wasserwirtschaftsstrate- handgegrabenen Brunnen und der Was- gien, die sowohl einen fairen Zugang als serförderung mit Eimern. Jetzt aber wer- auch ausreichende Vorräte fördern.» den Tiefbrunnen gebohrt und mit Motor- Im Klartext heisst das: Wasser pumpen grosse Mengen Grundwasser braucht das Primat der Politik. Es zur industriellen Nutzung gefördert. In braucht, auf allen Stufen des Staates, Plachimada im Bundesstaat Kerala in was heute mit «Good Governance», guter Südindien hat dieses Vorgehen von Regierungsführung, bezeichnet wird. Coca-Cola zu einem landesweit beachte- Good Governance bedarf rechtlicher ten Konflikt mit den lokalen Bauernfami- Grundlagen, die sich auf universell aner- lien geführt. Die starke Übernutzung der kannte Rechte stützen. Die grundle- Wasserressourcen durch den internatio- gendste Verpflichtung sind die Men- nalen Konzern hatte nämlich zur Folge, schenrechte, zu denen das Recht auf dass die Brunnen der örtlichen Bevölke- Wasser gehört. Die Staaten haben die rung, die nur eine geringe Tiefe haben, Pflicht, diese Rechte zu verwirklichen und austrocknen. zu schützen. Hätten sie einen Rechts- dokument 17, Mai 2009 | 15
anspruch auf Wasser, würden Bittstellen- de zu Berechtigten. Wasser soll nicht län- «Strategien im Umgang mit der zunehmenden ger als Almosen tropfen, sondern als Wasserknappheit haben sich zu lange auf tech- Recht fliessen. Nur ist dies keine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Es nische Möglichkeiten zur Erhöhung des Wasser- braucht die Einsicht politischer Akteure angebots konzentriert und dabei die sozioöko- und ihre Bereitschaft zur kooperativen Problembewältigung. Wir zählen des- nomischen und die kulturellen Aspekte der halb auf den Menschenrechtsrat in Genf Wassernutzung vernachlässigt.» und nicht zuletzt auf eine aktive Rolle der Schweiz in diesem Gremium. Das Menschenrecht auf Wasser be- Mehr denn je zeigt sich: Wasser zieht sich aber ausschliesslich auf den braucht den Schutz des Völkerrechtes. Zugang zu Trinkwasser für den persönli- Alliance Sud und der Arbeitskreis «Was- chen und häuslichen Gebrauch. Wasser ser – ein öffentliches Gut» fordern des- für die Umwelt, für das Ökosystem, die halb seit längerem eine internationale Pflanzen- und Tierwelt oder für die Land- Wasserkonvention, die Entwicklungs-, wirtschaft und damit für die Nahrungs- Umwelt- und Menschenrechte vereinigt produktion ist darin nicht enthalten. und das Wasser als gemeinsames Gut Das heisst: Wir müssen uns um den der Menschheit schützt und Verteilungs- ganzen Wasserkreislauf sorgen, den gan- gerechtigkeit zwischen den verschiede- zen Wasserkreislauf schützen. Am An- nen NutzerInnen herstellt. Wir stellen fang einer nachhaltigen Wasserpolitik diese Forderung heute erneut und mit müsste der langfristige Schutz der Quell- Nachdruck. gebiete, der Flüsse und des Grundwas- Wasser verlangt nach einer Ethik des sers stehen. Ohne Wasser für das Öko- Handelns, die ihre Wurzeln in der Bedeu- system, für die Natur, kann es auch kein tung des Wortes Kultur haben müsste. Es Trinkwasser für die Menschen geben, bedeutet so viel wie pflegen und ehren. und das Menschenrecht auf Wasser Dies aus dem einfachen Grund: Wasser kommt nicht zum Tragen. ist Leben. dokument 17, Mai 2009 | 16
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