Wasser - Quelle von Konflikten - Tagung des Arbeitskreises "Wasser - ein öffentliches Gut"

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Wasser - Quelle von Konflikten - Tagung des Arbeitskreises "Wasser - ein öffentliches Gut"
dokument 17, Mai 2009 / ISBN 1661-0024

Tagung des Arbeitskreises «Wasser – ein öffentliches Gut»

Wasser – Quelle von
Konflikten
Am 6. März 2009 organisierte Alliance Sud im Auftrag des schweizerischen Arbeits-
kreises «Wasser – ein öffentliches Gut»1 die Tagung «Wasser – Quelle von Konflik-
ten». Referentinnen und Referentinnen aus dem In- und Ausland diskutierten ver-
schiedene Fallbeispiele: von vergleichsweise harmlosen Nutzungskonflikten in der
Schweiz bis hin zum gewaltsamen Konflikt in Palästina.

«Die Kriege des 21. Jahrhunderts werden      Klimaveränderung das Wasser noch
nicht um Öl, sondern um Wasser ge-           knapper werden lässt.
führt», prophezeite der damalige ägypti-         Das Eingangsreferat hielt Catarina de
sche Aussenminister und spätere Uno-         Albuquerque. Die portugiesische Anwäl-
Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali        tin amtet seit dem 1. November 2008 als
schon 1986. Die Unesco zählte in den         unabhängige Expertin des Uno-Men-
letzten sechzig Jahren 37 Kriege, in de-     schenrechtsrates für den Zugang zu
nen Wasser eine Schlüsselrolle spielte.      Trinkwasser und sanitären Anlagen. Wie
Weltweit gibt es 260 grenzüberschrei-        umstritten das Recht auf Wasser interna-
tende Flüsse und Seen, die viel Konflikt-    tional noch immer ist, zeigt nicht zuletzt
potenzial bieten.                            ihr restriktives Mandat: Frau Albuquer-
    Doch nicht nur Staaten streiten sich     que verfügt weder über ein Budget, noch
um Wasser. Das lebensnotwendige, aber        darf sie sich mit zwischenstaatlichen
knapper werdende Gut führt zu vielen         Konflikten beschäftigen; zudem muss
weiteren, vielschichtigen Konflikten. Etwa   sie sich strikt auf das Trinkwasser be-
zwischen nomadisierenden Viehzüch-           schränken.
tern und sesshaften Bauern in Ostafrika,         Auf den folgenden Seiten publizieren
lokalen Gemeinschaften und multinatio-       wir die meisten der gehaltenen Referate
nalen Konzernen in Asien und Latein-         (in ihrer Originalsprache). Auf die Doku-
amerika, Reichen und Armen in Nordafri-      mentation einiger Inputs mussten wir
ka. Die Tagung «Wasser – Quelle von          aus technischen Gründen verzichten,
Konflikten» stellte einige Beispiele         weil sie ohne die verwendeten Power-
exemplarisch dar. Zur Sprache kamen          Point-Folien nicht verständlich sind. Die-
unter anderem Nutzungskonflikte in der       se Folien sind einsehbar unter www.
Schweiz (zwischen Landwirtschaft, Um-        alliancesud.ch/wasser. Nicht dokumen-
weltschutz und Energiewirtschaft), die       tiert sind ausserdem die Podiumsge-
verfahrene Situation um das Jordan- und      spräche, die von Martin Läubli, Wissen-
das Grundwasser in Palästina (sie sind       schaftsredaktor des «Tages-Anzeigers»,
ein zentrales Motiv für die israelische      moderiert wurden.
Besatzungs- und Siedlungspolitik) oder                                 Pepo Hofstetter
komplexe Konflikte in Ostafrika, wo die      1   siehe Seite 2

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Inhaltsverzeichnis

Einführung .......................................................................................................................................................................... 3
Bruno Riesen, Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut», Leiter Campaigning
Amnesty International (Schweizer Sektion), Bern

The Right to Water and Conflict ........................................................................................................................................... 6
Catarina de Albuquerque, Independent Expert on the issue of human rights obligations
related to access to safe drinking water and sanitation of the UN Human Rights Council, Geneva

Das Konfliktpotenzial von Wasser aus entwicklungspolitischer Sicht ................................................................................. 11
Rosmarie Bär, Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut», Koordinatorin für
Entwicklungspolitik bei Alliance Sud, Bern

Fallbeispiel Schweiz: Revitalisierte Flüsse, Spitzenenergieproduktion
und landwirtschaftliche Ausgleichsflächen ........................................................................................................................ 17
Bernhard Wehrli, ETH-Professor für Aquatische Chemie, Direktionsmitglied Eawag
und Stiftungsrat Greina-Stiftung, Zürich

Case study of the Middle East: The role of water in the Israeli-Palestinian conflict ............................................................ 19
Fadia Daibes-Murad, Specialist in water law and policy, Representative of DanChurchAid’s
Middle East Programme, Jerusalem

Case study of Brazil: Conflicts over the use of the Rio São Francisco .................................................................................. 26
Ana María Suárez Franco, Country Group Coordinator of the Latin America Programme,
FIAN International, Heidelberg

Case study of East Africa: Global warming and conflicts over water ................................................................................... 29
Annabell Waititu, Programme Coordinator, Institute of Environment and Water (IEW), Nairobi

Schlussbemerkungen ........................................................................................................................................................ 34
Maike Gorsboth, Ökumenisches Wassernetzwerk, Genf

                                                                        Der Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut» setzt sich für eine
                                                                        nachhaltige Wasserpolitik und für das Recht auf Wasser als Men-
                                                                        schenrecht ein. Ihm gehören folgende Organisationen an: Alliance
                                                                        Sud, Amnesty International (Schweizer Sektion), Ärztinnen und Ärzte
                                                                        für Umweltschutz, Associazione consumatrici della Svizzera italiana,
                                                                        Attac Schweiz, ChristNet, Helvetas, Incomindios, Schweizerischer
                                                                        Bauernverband, Schweizerische Greina-Stiftung, VPOD.
                                                                        Die Tagung wurde ausserdem mitgetragen vom Ökumenischen Was-
                                                                        sernetzwerk und der Fachstelle OeME Bern (Reformierte Kirchen Bern-
                                                                        Jura-Solothurn).

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Einführung
                    Bruno Riesen, Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut», Leiter
                    Campaigning Amnesty International (Schweizer Sektion), Bern

                    Ich freue mich sehr, Sie alle hier im Na-    national vernetzt einsetzen. Rosmarie
                    men des Arbeitskreises «Wasser – ein         Bär wird deshalb auch an das Weltwas-
                    öffentliches Gut» zu unserer heutigen Ta-    serforum in Istanbul reisen.
                    gung «Wasser – Quelle von Konflikten»            Ein ganz zentrales Anliegen des Ar-
                    begrüssen zu dürfen. Ich möchte Ihnen        beitskreises ist es, dass das Recht auf
                    auch ganz herzlich danken, dass Sie sich     Wasser als Menschenrecht weltweit an-
                    einen ganzen Tag Zeit nehmen, um über        erkannt und verankert wird. Wir haben
                    ein wichtiges und schwieriges, aber an       im Rahmen unserer Möglichkeiten auch
                    sich doch wenig erfreuliches Thema zu        versucht, uns dafür im Menschenrechts-
                    diskutieren. Erlauben Sie mir ein paar       rat in Genf einzusetzen, und wir sind
                    kurze einleitende Bemerkungen über un-       froh, dass dieser im vergangenen Sep-
                    seren Wasserkreis und warum wir für die      tember erstmals eine unabhängige Ex-
                    diesjährige Tagung das Thema Konflikte       pertin für das Recht auf Wasser gewählt
                    gewählt haben.                               hat: Catarina de Albuquerque. Sie wer-
                        Der Arbeitskreis «Wasser – ein öffent-   den sie heute als erste Referentin ken-
                    liches Gut» wurde anfangs dieses Jahr-       nenlernen, und wir sind sehr glücklich,
                    hunderts gegründet, als auch in der          sie bei uns zu haben.
                    Schweiz eine Diskussion über die Priva-          Der Arbeitskreis «Wasser – ein öffent-
                    tisierung des Wassers aufkam. Nestlé         liches Gut» ist sehr breit zusammenge-
                    versuchte damals verschiedene Quellen        setzt: von den Hilfswerken, die in Alli-
                    aufzukaufen, und in verschiedenen Ge-        ance Sud zusammengeschlossen sind,
                    meinden wurde über eine mögliche Pri-        über Umweltorganisationen, Amnesty In-
                    vatisierung des Wassers, der Wasserver-      ternational, Ärzte und Ärztinnen für Um-
                    sorgungen diskutiert. Glücklicherweise       weltschutz, Schweizerischer Bauernver-
                                                                 band, die Gewerkschaft VPOD bis hin zu
                                                                 kirchlichen Organisationen. In dieser
«Vieles deutet darauf hin, dass die meisten                      Breite widerspiegeln sich die ganze Kom-
                                                                 plexität, die unterschiedlichen Aspekte
Konflikte und Kriege dieses Jahrhunderts um                      und Problemkreise, die mit dem Thema
die schwindenden Rohstoffvorräte und damit                       Wasser verbunden sind. Aber sie zeigt
                                                                 auch, dass in ganz unterschiedlichen Or-
letztlich auch um die schwindenden Wasser-                       ganisationen das Bewusstsein vorhan-
vorräte geführt werden.»                                         den ist, dass für die Zukunft unseres Pla-
                                                                 neten eine nachhaltige Wasserpolitik
                                                                 entscheidend ist und dass das nur durch
                    hat sich diese Diskussion in der Schweiz     eine enge Zusammenarbeit und einen
                    rasch wieder gelegt, nicht zuletzt wohl      entsprechenden öffentlichen Druck der
                    deshalb, weil verschiedene Beispiele         Zivilgesellschaft erreicht werden kann.
                    von Privatisierungsprojekten im Ausland          Im Vorfeld des Weltwassertages vom
                    deutlich zeigten, dass es nicht funktio-     22. März, der dieses Jahr unter dem Mot-
                    niert.                                       to «grenzüberschreitende Wasservor-
                        Die Aufgaben, die wir uns im Arbeits-    kommen» steht, und dem 5. Weltwasser-
                    kreis gestellt haben, gehen aber weiter.     forum, das vom 15. bis 22. März unter
                    Es geht um eine nachhaltige Wasserpoli-      dem Titel «Bridging Divides for Water» in
                    tik weltweit. Dafür möchten wir uns nicht    Istanbul stattfindet, haben wir unser Ta-
                    nur in der Schweiz, sondern auch inter-      gungsthema «Wasser als Quelle von Kon-

                                                                                   dokument 17, Mai 2009 | 3
flikten» natürlich nicht ganz zufällig ge-       Laut dem Uno-Umweltprogramm wer-
wählt. Viele Anzeichen und Aussagen          den bei gleichbleibenden Verbrauchs-
von Fachleuten weisen darauf hin, dass       mustern bis 2025, also in nur 16 Jahren,
die meisten Konflikte und Kriege dieses      zwei Drittel der Weltbevölkerung unter
Jahrhunderts um die schwindenden Roh-        Wassermangel leiden. Das heisst, es
stoffvorräte und damit letztlich auch um     werden dann nicht 500 Millionen sein,
die schwindenden Wasservorräte ge-           wie mit den Millenniumszielen ange-
führt werden, die für uns alle die Lebens-   strebt, sondern 3,5 Milliarden, die zu we-
grundlage bilden. Es wird nicht nur um       nig Wasser haben. Das Bevölkerungs-
Kriege zwischen einzelnen Ländern ge-        wachstum, aber auch die Konsumge-
hen, und Wasser wird auch nicht immer        wohnheiten und der rasch wachsende
der einzige Grund sein. Aber Wasser wird     Bedarf der Industrie und der Landwirt-
in vielen Kriegen und regionalen und lo-     schaft, die schon heute 70 Prozent der
kalen Konflikten ein wichtiger Mitgrund      Wasserressourcen verbraucht, werden
sein. Laut der Unesco gab es in den letz-    die Konkurrenzsituation um das verfüg-
ten sechzig Jahren 37 Kriege, in denen       bare Wasser verstärken. Auch die
Wasser eine zentrale Rolle spielte. Es       Schweiz bleibt von solchen Nutzungs-
wird in Zukunft aber nicht nur um Kriege     konflikten nicht verschont.
gehen, sondern um verschiedenartigste            Zu diesen Trends hinzu kommt die
Konflikte. Wir werden heute viel darüber     Klimaerwärmung, die vielerorts längst
hören, und auch das Wasserschloss            keine nur theoretische Möglichkeit mehr
Schweiz wird davon nicht verschont blei-     ist, sondern ein Phänomen, das heute in
ben.
    Wir wissen es alle: Wasser ist schon
heute knapp; viele arme Menschen in          «Wasser wird als Macht- und Renditeobjekt
den ärmeren Ländern haben bereits heu-
te keinen Zugang zu sauberem Trinkwas-       betrachtet, das umso wertvoller ist, je weniger
ser. Wir wissen auch, dass die Armen         es davon gibt.»
häufig mehr für Wasser bezahlen müs-
sen als die Reichen. Die Probleme ver-
schärfen sich rasant. Im Jahr 2000 kam       vielen Ländern bereits sehr konkret
etwas Hoffnung auf, als die internationa-    spürbar ist – wir werden heute noch
le Gemeinschaft die Millennium Deve-         mehr darüber hören. Der beste Beweis,
lopment Goals beschloss und sich unter       dass dies alles nicht nur graue Theorie
anderem vornahm, die Zahl der Men-           ist, liefert die Finanzindustrie, die Was-
schen, die keinen Zugang zu sauberem         ser, weil es knapp wird, als das künftige
Trinkwasser haben, bis 2015 zu halbie-       Renditeobjekt Nr. 1 anbietet.
ren. Seither ist einiges geschehen, aber          Es geht aber in Zukunft nicht nur um
nach ersten kleinen Erfolgen haben sich      die absolute Menge des verfügbaren
die Aussichten heute wieder verdüstert.      Wassers, sondern ganz entscheidend
Die versprochenen Mittel, die es bräuch-     auch um die Wasserqualität. Die zuneh-
te, um das Ziel zu erreichen, wurden         mende Verschmutzung der Meere, der
schon bisher nicht vollumfänglich zur        Flüsse und des Grundwassers wird die
Verfügung gestellt. Die internationale       Probleme zusätzlich verschärfen. Und
Wirtschaftskrise wird dazu führen – dar-     ganz entscheidend wird es in Zukunft um
auf weisen auch die Voraussagen der          den Zugang zu den verbleibenden Was-
Uno und des Internationalen Währungs-        serressourcen gehen: Wer hat Zugang zu
fonds (IWF) hin –, dass die Mittel weiter-   Wasser? Wer bekommt noch etwas von
hin in die Rettung der Banken, der Auto-     dem, was übrig bleibt?
industrie etc. fliessen und sowohl                Wir alle kennen die Probleme, die Po-
Industrie- wie Entwicklungsländer argu-      litikerinnen und Politiker kennen sie, die
mentieren werden, sie hätten kein Geld       Wirtschaftsführer kennen sie, und trotz-
für Wasserprojekte. Sie werden auf dem       dem wird das Recht auf Wasser noch
Buckel der Ärmsten, die sich nicht weh-      längst nicht überall anerkannt, geschützt
ren können, sparen; das ist immer das        und gefördert. Vielmehr wird Wasser als
Einfachste.                                  Macht- und Renditeobjekt betrachtet,

dokument 17, Mai 2009 | 4
das umso wertvoller ist, je weniger es      tenzial aufbaut, ist unübersehbar. Wir
davon gibt. Und die Wirtschaftskrise        möchten heute etwas genauer hinschau-
wird, wie erwähnt, vielen als Entschuldi-   en und analysieren, welche Formen von
gung dienen, obschon der Betrag, den es     Konflikten auf lokaler, regionaler, aber
bräuchte, um allen Menschen Zugang zu       auch auf zwischenstaatlicher Ebene
sauberem Trinkwasser zu ermöglichen,        schon existieren oder sich abzeichnen.
nicht so enorm wäre. Wenn wir während       Aber wir möchten auch der Frage nachge-
zehn Jahren nur den Betrag einsetzen        hen, was denn eigentlich geschehen
würden, den wir innerhalb von zwei Wo-      müsste, was wir tun könnten, was es für
chen weltweit für Rüstungsgüter ausge-      Lösungsansätze gibt. Und wir möchten
ben, könnte das Ziel, allen Menschen Zu-    ganz konkret nachfragen, was denn die
gang zu sauberem Trinkwasser zu garan-      Schweiz tun könnte, um die Probleme an-
tieren, locker erreicht werden.             zugehen und dem Recht auf Wasser für alle
    Obwohl wir uns der Knappheit von        endlich zum Durchbruch zu verhelfen.
Wasser bewusst sind, importieren wir           Natürlich werden wir heute keine Pa-
Jahr für Jahr mehr «virtuelles» Wasser      tentrezepte erfinden. Aber wir finden es
aus Trockengebieten und möchten unse-       wichtig, dass das Wasserproblem wieder
re Autos nun noch mit Agrotreibstoffen      ernster genommen wird und nicht von
füttern, deren Herstellung Unmengen an      der Wirtschaftskrise und der Klimadis-
Wasser braucht.                             kussion völlig verdrängt wird. Wir kön-
    Dass sich angesichts dieser Entwick-    nen das eine nicht vom andern trennen.
lungen weltweit ein riesiges Konfliktpo-

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The Right to Water and Conflict
Catarina de Albuquerque, Independent Expert on the issue of human rights
obligations related to access to safe drinking water and sanitation of the UN
Human Rights Council, Geneva

It is a pleasure to be here with you today,    domestic uses». According to the Com-
thank you for inviting me. I have been         mittee, the right to water is consecrated
impressed since taking up my mandate           in article 11 of the International Covenant
by the devotion and dedication of peo-         on Economic, Social and Cultural Rights
ple like you, active in the area of water      «implicitly», since that provision uses an
and human rights. It is your energy and        open formulation as it guarantees the
commitment which ensures that we ad-           «right of everyone to an adequate stand-
vance the dialogue on these issues and         ard of living for himself and his family,
continue to work towards solutions which       including adequate food, clothing and
protect all human rights. The fact that        housing, and to the continuous improve-
many of you have been working on water         ment of living conditions». The word «in-
and sanitation for many years also             cluding» would mean, according to the
makes my life as an Independent Expert
much easier as it provides me with the
skills, experience and knowledge of in-        «I have been impressed since taking up my
valuable partners!
     I would like to make my presentation      mandate by the devotion and dedication of
in three general parts, first outlining the    people like you, active in the area of water
right to water as defined by the Commit-
tee on Economic, Social and Cultural           and human rights. It is your energy and com-
Rights (CESCR), then looking at conflict       mitment which ensures that we advance the
and water, including protecting the right
to water before, during and after conflict,    dialogue ... »
as well as water as a source of conflict.
Finally, I will explain the mandate that has
been given to me by the Human Rights           Committee, that the catalogue of rights
Council, and how my mandate might be           contained in article 11 was not intended
used in analysing these situations.            to be exhaustive. To justify this asser-
                                               tion, the Committee remarks that «the
    The Right to Water                         right to water clearly falls within the cate-
    The Committee on Economic, Social          gory of guarantees essential for securing
and Cultural Rights, which monitors the        an adequate standard of living, particu-
International Covenant on Economic, So-        larly since it is one of the most funda-
cial and Cultural Rights, as you probably      mental conditions for survival».
know, adopted General Comment 15 on                 The Committee went on to outline the
the right to water in 2002. Interestingly,     normative content of the right to water as
the right to water is not expressly men-       follows:
tioned in the Universal Declaration for        - Availability: Water supply for each per-
Human Rights, nor the International Co-           son must be sufficient and continuous
venant on Economic, Social and Cultural           for personal and domestic uses;
Rights. However, the Committee has in-         - Quality: The water for these uses must
terpreted the Covenant as including a             be safe;
right to water, which is defined therein       - Accessibility: Water and water facili-
as «the right of everyone to sufficient,          ties and services must be accessible to
safe, acceptable, physically accessible           everyone without discrimination – that
and affordable water for personal and             means both physically accessible, and

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observed, and clearly articulated in the
«Systemic discrimination and marginalization                          UNDP Human Development Report focu-
frequently manifests in denials of economic,                          sing on water in 2006, that poor people
                                                                      are «systematically excluded from ac-
social and cultural rights, including the right to                    cess [to safe water] by their poverty, by
water.»                                                               their limited legal rights or by public pol-
                                                                      icies that limit access to the infrastruc-
                                                                      tures that provide water for life and for
                          economically accessible (or affordable).    livelihoods». That report concluded that
                          It also includes a right to seek, receive   «scarcity is manufactured through politi-
                          and impart information concerning wa-       cal processes and institutions that dis-
                          ter uses.                                   advantage the poor». Although not
                       The General Comment also details the           enough research has been undertaken
                       specific legal obligations of States to        on the connections between violations
                       guarantee the right to water – namely,         of economic, social and cultural rights
                       - the duty to respect or to refrain from       and armed conflict, some authors have
                          violating the right;                        pointed to the fact that «both absolute
                       - the duty to protect, or to ensure third      and relative deprivation should prompt
                          parties do not interfere with enjoyment     violence by generating grievances. Indi-
                          of the right, and                           viduals deprived of food, water and shel-
                       - the duty to fulfil, which includes obli-     ter may be so miserable that they rise up
                          gations                                     against governments or other powerhol-
                          > to facilitate the right by taking posi-   ders, using violence to redistribute wealth
                             tive measures to realize it,             and reclaim their dignity». When examin-
                          > to promote the right through public       ing the Human Development Index [from
                             education and other measures, and        1990 to 2003], we can see that there is a
                          > to fulfil or provide the right when in-   relationship between low HDI scores
                             dividuals are unable to realize it on    [The HDI is a composite of indexed natio-
                             their own.                               nal achievements in three dimensions of
                       Thus, working with the Committee’s un-         human well-being: a) the ability to lead a
                       derstanding of the right to water, how         long and healthy life (measured by life
                       must this right be guaranteed before,          expectancy at birth); b) educational at-
                       during and after conflict? Like all econo-     tainment (measured by adult literacy rate
                       mic, social and cultural rights, States are    and the gross enrolment ratio for prima-
                       obligated to respect these rights at all       ry, secondary and tertiary schools); c) a
                       times. Particularly noteworthy is that         decent standard of living (measured by
                       these rights (contrary to what is the case     GDP per capita in $ Purchasing Power Pa-
                       regarding many of the civil and political      rity)] and internal conflict; 20 countries
                       rights contained in the Covenant on Civil      in the bottom quintile experienced con-
                       and Political Rights, ICCPR) are non-de-       flict, while only eleven did not. In the top
                       rogable, meaning that States cannot ex-        quintiles, by contrast, 27 countries were
                       cuse themselves from guaranteeing these        peaceful, while only three were violent.
                       rights during times of emergency. Thus,        Interestingly, however, the intermediate
                       following the framework laid out by the        quintiles had a mixed record. There is,
                       Committee, States must respect, protect        however more study and analysis need-
                       and fulfil the right to water.                 ed to better establish these links.
                                                                          Moreover, during conflict, human
                           Conflict                                   rights violations are particularly com-
                           Systemic discrimination and margi-         mon, including violations of the right to
                       nalization frequently manifests in de-         water, as defined by the Committee on
                       nials of economic, social and cultural         Economic, Social and Cultural Rights.
                       rights, including the right to water. In       Conflicts present specific concerns about
                       fact, where certain groups lack access to      water and humanitarian law prohibits,
                       safe drinking water, it is frequently a        both in international and non-internatio-
                       symptom of larger societal discrimina-         nal armed conflict, «attacks against ob-
                       tion and exclusion. It has been widely         jects indispensable to the survival of the

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civilian population, such as […] drinking          either targets or tools of violence or
water installations and supplies». There           coercion by non-state actors;
are also provisions regarding the prohi-       5) Water as a «military target»: where
bition to attack installations containing          water resource systems are targets of
dangerous forces (including against digs           military actions by nations or states;
or dams), as well as general rules concer-     6) Water and development disputes:
ning the protection of the natural envi-           where water resources or water sys-
ronment (these do not, however, apply              tems are a major source of contention
to internal armed conflicts).                      and dispute in the context of econo-
     Furthermore, in post conflict periods,        mic and social development.
and during processes of transitional jus-      Some, including Boutros Boutros Ghali,
tice, it is particularly important to em-      have described the situation in a very
phasize full respect for economic, social      alarming mode, saying for example that
and cultural rights, including the right to    «The waters of the Nile will be the cause
water. Violations which occurred during        of the next war in our region, not poli-
the conflict should be identified and ad-      tics».
dressed. Furthermore, to the extent that           Others have tried to minimize these
the conflict stemmed from socio-econo-         alarmist statements. Homer-Dixon, dir-
mic inequalities, including in the enjoy-      ector of the Peace and Conflict Studies
ment of economic, social and cultural          Program at the Toronto University de-
rights, these must be tackled, as a fun-       nounced «the myth of global waters
damental legal obligation, and in order        war». Peter Gleick, President of the Paci-
to build a sustainable peace.                  fic Institute, also refuses to see the 21st
     Of particular interest to this Confe-     century as the «water wars century», «be-
rence, water itself can be a source of con-    cause wars never are about one issue».
flict. As mentioned in an article in the Le
Monde, «L’eau peut modeler l’Histoire.
Faire ou défaire un roi, être instrument       «Despite the comprehensive work of the
d’oppression ou même arme de guerre».
It is undeniable that conflicts over limit-    Committee on Economic, Social and Cultural
ed natural resources abound, including         Rights in General Comment 15, and widespread
conflicts over water. Conflicts over drink-
ing water are also reported around the         recognition of the right to water, there is still
world – for example between communi-           resistance at the international level to adress
ties using water for personal uses and in-
dustrial actors using water and in some        this right.»
cases, threatening the safety of drinking
water by polluting it. There are also con-
flicts between States and regions within       His extremely interesting «Water Conflict
States about sharing limited water re-         Chronology» explores precisely the inter-
sources. Some have identified 6 diffe-         relationship between water resources,
rent ways in which an armed conflict can       water systems, and international secur-
be related to water:                           ity and conflict. The water conflict chro-
1) Control of water, where water sup-          nology tracks and categorizes events re-
     plies or access to water is at the root   lated to water and conflict since 1503.
     of tensions;
2) Water is a military tool: where water           Mandate
     resources or water systems them-              Now, to explain my mandate. I feel it
     selves are used by a nation or state      is important to note the particularities of
     as a weapon during a military action;     my mandate, and the controversial is-
3) Water as a political tool: where water      sues which surround it. I have been ap-
     resources or water systems themsel-       pointed as the Independent Expert on
     ves are used by a nation, state, or       the issue of human rights obligations re-
     non-state actor for a political goal;     lated to access to safe drinking water
4) Water as a tool for terrorism: where        and sanitation. This mandate was estab-
     water resources or water systems are      lished following up on a study which was

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flict and water also must recognize the
«Nearly 40 per cent of the world’s population                        controversial nature of this essential ma-
have no access to improved sanitation. Glob-                         terial. Despite the comprehensive work
                                                                     of the Committee in General Comment
ally it is estimated that 1.6 million people die                     15, and widespread recognition of the
each year from water and sanitation related                          right to water, there is still resistance at
                                                                     the international level to address this
causes – the vast majority of those affected                         right. Furthermore, there is resistance to
being children under five.»                                          a holistic understanding of water – limi-
                                                                     ting my mandate to drinking water and
                                                                     excluding transboundary water issues,
                       carried out by the High Commissioner for      seemingly setting aside the wider envi-
                       Human Rights and submitted to the             ronmental implications. Nevertheless,
                       Council in 2007. That study, which exa-       the political process is a long one, and I
                       mined the scope and content of the rel-       have confidence that especially by focus-
                       evant human rights obligations related        ing on task 2 – clarifying of human rights
                       to equitable access to safe drinking wa-      obligations in relation to access to safe
                       ter and sanitation under international        drinking water and sanitation – we will
                       human rights instruments, concluded           advance the dialogue on not only the
                       that several issues related to this subject   right to water and its narrow application
                       warranted further study. Subsequently         to personal and domestic uses, but also
                       and in response to that conclusion, the       develop a better understanding of the
                       Human Rights Council created my man-          human rights implications of other is-
                       date. I am called upon to carry out sever-    sues fundamentally related to water.
                       al tasks:                                         Now, considering task 2 of my man-
                       (a) Developing a dialogue with various        date, I have decided to especially look at
                           stakeholders to identify, promote         the issues identified in the study of the
                           and exchange views on best practices      Office of the High Commissioner for Hu-
                           related to access to safe drinking wa-    man Rights (OHCHR) as requiring further
                           ter and sanitation, and, in that re-      clarification, as my starting point. In this
                           gard, to prepare a compendium of          regard, and I think particularly interes-
                           best practices;                           ting for our discussions today, the OHCHR
                       (b) Advancing the work by undertaking a       study noted that the issue of prioritiza-
                           study on the further clarification of     tion of different water uses needs to be
                           the content of human rights obliga-       more fully elaborated. In considering wa-
                           tions, including non-discrimination       ter as a source of conflict, it seems to me
                           obligations, in relation to access to     clear guidance on prioritization of diffe-
                           safe drinking water and sanitation;       rent uses is essential. The Committee
                       (c) Making recommendations that could         made it clear that water for personal and
                           help the realization of the Millennium    domestic uses should be prioritized over
                           Development Goals, in particular of       other uses. It further specified that «Pri-
                           Goal 7.                                   ority should also be given to the water
                       It is particularly the second task that I     resources required to prevent starvation
                       would like to elaborate on today – the        and disease, as well as water required to
                       clarification of human rights obligations     meet the core obligations of each of the
                       in relation to access to safe drinking wa-    Covenant rights». However, the OHCHR
                       ter and sanitation. But first, I would note   study remarked that «Once a sufficient
                       a couple of important things about this       amount of safe drinking water to prevent
                       resolution establishing my mandate –          disease has been secured for all, alloca-
                       the right to water is never mentioned; it     tion of water among various uses – water
                       is very specific about drinking water, not    for personal and domestic uses beyond
                       water for other uses; and it specifically     this sufficient amount, water to produce
                       excludes transboundary water issues.          food, water to sustain livelihoods, or wa-
                       These specifications reflect the complex      ter to ensure environmental hygiene – re-
                       political reality surrounding water – and     mains unclear». I would posit that clari-
                       I think the focus of this meeting on con-     fying obligations in this regard would

                                                                                        dokument 17, Mai 2009 | 9
contribute towards a better understand-          children under five. It is easy to imagine
ing of obligations in cases of water as a        that these terrible numbers are further
source of conflict. I hope to focus on this      augmented by situations of conflict. I
issue in the coming years of the mandate.        have decided to focus my first year on
    I intend to carry out country visits to      clarifying the human rights obligations
examine issues related to water and sa-          related to access to sanitation, including
nitation on the ground. In this regard, I        during times of conflict.
anticipate that I will visit post-conflict si-       Concerning violations of the right to
tuations, and hope that I will be able to        water before, during and after conflict, I
identify good practices in the area of ad-       would particularly encourage stakehol-
dressing violations of economic, social          ders to consider the newly adopted Op-
and cultural rights, including the right to      tional Protocol (OP) to the CESCR as a po-
water, in the aftermath of conflict. Coun-       tential tool. Now I am reverting back to a
try visits will provide an important op-         former role, but in this context, I think it
portunity to engage in a deeper dialogue         is particularly relevant. In fact the OP is
with Governments on these issues.                (potentially) an exceptional tool that will
    Now, I have not said anything yet            enable individuals and groups of indivi-
about sanitation, which is a central part        duals to present complaints before the
of my mandate. Nearly 40 per cent of the         CESCR in cases of alleged violation of
world’s population, that is about 2.5 bil-       their ESC-rights. The OP also enables the
lion people, have no access to improved          CESCR to undertake inquiries (with in
sanitation. Globally, it is estimated that       situ visits) in cases it receives informa-
1.6 million people die each year from wa-        tion on alleged grave or systematic viola-
ter and sanitation related causes – the          tions of any of the rights contained in the
vast majority of those affected being            Covenant.

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«Wenn die Wahrheit lange ausgeblieben ist,
                                                           kommt sie schliesslich über das Wasser.»
                                                                            (Afrikanisches Sprichwort)

                    Das Konfliktpotenzial von Wasser aus
                    entwicklungspolitischer Sicht
                    Rosmarie Bär, Arbeitskreis «Wasser – ein öffentliches Gut», Koordinatorin für
                    Entwicklungspolitik bei Alliance Sud, Bern

                    «Whisky ist zum Trinken da, Wasser um      Uno fest. In der Tat: Ums Wasser steht es
                    darum zu kämpfen.» Dieses ironische        schlecht. Der Verbrauch nimmt rasant zu
                    und heute vielleicht zynisch wirkende      und die Verfügbarkeit ab. Wasser wird
                    Bonmot stammt von Mark Twain, dem          ausgebeutet, übernutzt, verschwendet,
                    amerikanischen Schriftsteller und Autor    ist verseucht und verschmutzt. Nicht
                    von Tom Sawyers und Huckleberry Finns      bloss im Westen der USA, sondern auf
                    Abenteuern. Wer kennt sie nicht, diese     allen Kontinenten der Erde wird das Was-
                    spannende Jugendgeschichte. Sie spielt     ser stetig knapper, das Konfliktpotenzial
                    an den Ufern und auf den Wellen des        immer grösser und die Verteilungsfrage
                    Mississippi, einem der längsten Flüsse     immer drängender.
                    der Erde, der die Siedlungsgeschichte          Deutliche Aussagen kamen Ende Ja-
                    der USA mitgeprägt hat. Mark Twains be-    nuar vom Weltwirtschaftsforum (WEF)
                    sorgter Blick war damals auf Kalifornien   aus Davos. Es legte in einer Studie dar,
                    gerichtet, Sonnenstaat zwar, aber auch     dass sich der Kampf um Wasser zuspitzt.
                    eine Gegend mit Wassermangel und den       Das WEF warnte gar vor einem weltwei-
                    daraus entstehenden Verteilkonflikten.     ten Zusammenbruch der Wasserversor-
                    Sozialkritisch und pessimistisch war der   gung. In weniger als 20 Jahren werde
                    1910 gestorbene Weltliterat allemal.       Wassermangel zu Ernteausfällen führen,
                    Aber kein solcher Visionär, um vorauszu-   die den aktuellen Ernten von Indien plus
                    sehen, dass nur 100 Jahre nach seinem      der USA entsprächen. Die Lage werde
                    Tod Wasser für die Menschheit zu einer     sich noch verschärfen, weil etwa 70 gros-
                    Schicksalsfrage geworden ist.              se Flüsse weltweit kurz vor dem Aus-
                       Wenn 1.2 Milliarden Menschen kei-       trocknen stehen. Mark Twains Mississip-
                    nen Zugang zu sauberem Trinkwasser         pi gehört heute zu den Flüssen, denen
                    haben und täglich 4’000 Kinder unter 5     auf ihrem Weg ins Meer so viele Schad-
                    Jahren an den Folgen von verschmutztem     stoffe zugeführt werden, dass ihre Mün-
                    Wasser sterben, müsse von einer globa-     dungsgebiete – hier der Golf von Mexiko
                    len Krise gesprochen werden, hält die      – Todeszonen genannt werden. Alles Le-
                                                               bendige, Fauna und Flora – Nahrung und
                                                               Existenzgrundlage von Millionen von
                                                               Menschen – wird geschädigt oder gänz-
«Mark Twains Mississippi gehört heute zu den                   lich zerstört. Grosse publizistische Wel-
                                                               len haben die schlechten Nachrichten
Flüssen, denen auf ihrem Weg ins Meer so                       aus Davos nicht geworfen. Die Wasser-
viele Schadstoffe zugeführt werden, dass ihre                  krise ist im Strudel der Finanzkrise unter-
                                                               gegangen.
Mündungsgebiete – hier der Golf von Mexiko –                       Die meisten Länder, die heute unter
Todeszonen genannt werden.»                                    Wassermangel leiden, liegen auf der

                                                                                 dokument 17, Mai 2009 | 11
südlichen Halbkugel der Erde und gehö-      multiplikator» bezeichnet, weil er politi-
ren zu den Entwicklungsländern. Die         sche Spannungen und Instabilitäten ver-
Uno-Entwicklungsbehörde UNDP stellte        stärke. Genannt werden an erster Stelle
2006 in ihrem Report über die menschli-     Konflikte um die Ressource Wasser. Die
che Entwicklung fest: «In vielen Entwick-   Gletscher des Himalaja, Wasserquellen
lungsländern verschärft sich die Konkur-    für 2 Milliarden Menschen auf dem indi-
renz um Wasser in einem beängstigen-        schen Subkontinent, schmelzen in be-
den Tempo und führt dabei zu heftigen –     ängstigendem Tempo. Die Gletscher in
manchmal gewaltsamen – Auseinander-         den Tropen schrumpfen noch schneller.
setzungen.» Über 80 Staaten leiden          So hat die Trinkwasserversorgung von
mittlerweile unter chronischer Wasser-      Lima, der Hauptstadt Perus, bereits stark
knappheit. Am stärksten betroffen sind      abgenommen und stellt eine reale Ge-
grosse Teile Afrikas. Eine extrem kriti-    fahr für die menschliche Zukunft dar.
sche Entwicklung findet in Nordafrika           Im diesjährigen Entwicklungsbericht
und im Nahen Osten statt. Dazu hat mich     der Uno ist zu lesen, die Hauptlast des
eine Aussage des heutigen Bürgermeis-       Klimarisikos trügen die Landwirtschaft
ters von Kana, der biblischen Stadt in      und die Entwicklung im ländlichen
Galiläa beeindruckt. Sie wissen, in Kana    Raum. Dort leben die armen Menschen,
hat Jesus, gemäss Bibel, an einer Hoch-     die mit weniger als einem Dollar pro Tag
zeitsfeier Wasser in Wein verwandelt.       auskommen müssen. Lange Dürreperio-
Wadih Awawdé kommentierte diese Wun-        den und sintflutartige Regenfälle mit
dergeschichte folgendermassen: «Wenn        Überschwemmungen bedrohen die Le-
Jesus heute nach Kana käme, würden wir      bensgrundlagen dieser Menschen. Die
ihn bitten, aus Wein Wasser zu machen.»
    Nebst einer wachsenden Weltbevöl-
kerung verschärfen sich die Verteilpro-     «Über 80 Staaten leiden mittlerweile unter
bleme durch einen zunehmenden Was-
serbedarf seitens der Landwirtschaft,       chronischer Wasserknappheit. Am stärksten
der Industrie und immer mehr auch sei-      betroffen sind grosse Teile Afrikas. Eine extrem
tens des Tourismus. Ich nenne nur eine
Zahl: Um in einem warmen und meist          kritische Entwicklung findet in Nordafrika und
wasserarmen Land einen 18-Loch-Golf-        im Nahen Osten statt.»
platz grün zu halten, muss er täglich mit
bis zu 2.3 Millionen Litern Wasser be-
sprengt werden. Auch Infrastrukturanla-     Schwankungen der Niederschläge ma-
gen, allen voran Staudämme zur Energie-     chen den entscheidenden Unterschied
gewinnung, führen zwischen verschiede-      aus zwischen ausreichender Ernährung
nen Staaten und innerhalb einzelner         und Hunger, zwischen Gesundheit und
Länder zu Konflikten. Schwindende Was-      Krankheit und letztlich zwischen Leben
serressourcen können politische Regime      und Tod.
dazu verleiten, Wasser als Steuerungsin-        Verschärfend kommt hinzu, dass die
strument (man könnte auch sagen als Er-     Landwirtschaft weltweit die grösste Was-
pressungsmittel) in innenpolitischen Kon-   serverbraucherin ist. Über 70 Prozent –
flikten oder zur Durchsetzung macht-        in Entwicklungsländern über 80 Prozent
politischer und hegemonialer Ansprüche      – des von Menschen genutzten Wassers
in der internationalen Politik einzuset-    fliessen in die Nahrungsmittelprodukti-
zen. Keine Frage – wer Wasser hat, kann     on. Bereits heute basieren 40 Prozent
Macht ausüben.                              der weltweiten Lebensmittelproduktion
                                            auf künstlicher Bewässerung.
   «Bedrohungsmultiplikator»                    Nur, der Grossteil der Produkte aus
   Klimawandel                              der Bewässerungslandwirtschaft steht
   Zum grössten Feind des Wassers ist       nicht zur Ernährung der einheimischen
die Klimaveränderung geworden. In ei-       Bevölkerung zur Verfügung. Bewässert
nem EU-Dokument mit dem Titel «Klima-       werden vor allem Exportmonokulturen
wandel und internationale Sicherheit»       wie Baumwolle, Soja, Obst und Gemüse
wird der Klimawandel als «Bedrohungs-       sowie Blumenplantagen. In vielen Ent-

dokument 17, Mai 2009 | 12
wicklungs- und Schwellenländern ver-          ten ist, kommen wir auf 4’000 Liter pro
                     schärft der Anbauboom von Agrotreib-          Tag. In einer einzigen Tomate aus Marok-
                     stoffen die Konkurrenz um das ohnehin         ko, die im Moment bei den Grossvertei-
                     knappe Wasser zusätzlich. Aus riesigen        lern angeboten werden, stecken 13 Liter
                     Monokulturen von Zuckerrohr, Soja, Öl-        virtuelles Wasser, in einem Glas Oran-
                     palmen oder Mais werden Bioethanol            gensaft 170 Liter, in einem Baumwoll-T-
                     und Diesel für unsere Autos hergestellt       Shirt 20'000 Liter.
                                                                       Viele Quellfassungen, vor allem im
                                                                   Orient, tragen die Inschrift: «Vom Wasser
«Um in einem warmen und meist wasserarmen                          ist alles Ding lebendig.» Will heissen,
                                                                   Wasser ist die Quelle allen Lebens. Diese
Land einen 18-Loch-Golfplatz grün zu halten,                       unumstössliche Tatsache muss an einer
muss er täglich mit bis zu 2.3 Millionen Litern                    Tagung wie heute einmal mehr unterstri-
                                                                   chen werden. Wasser ist ein öffentliches
Wasser besprengt werden.»                                          Gut, das durch nichts ersetzt werden
                                                                   kann. Bei der Ausgestaltung des humani-
                                                                   tären Völkerrechtes, das in bewaffneten
                     und als Beitrag zum Klimaschutz propa-        Konflikten vor allem die Zivilbevölkerung
                     giert. Die Fakten sehen anders aus: Um 1      schützen soll, wurde dieser unumstössli-
                     Liter Bioethanol zu produzieren, braucht      chen Tatsache Rechnung getragen. Für
                     es rund 5’000 Liter Wasser. Nestlé-Präsi-     das Leben der geschützten Personen
                     dent Peter Brabeck nannte dies einen          müssen Mindestbedingungen erfüllt
                     «ökologischen Wahnsinn». Für einmal           sein. Dazu gehört Wasser.
                     bin ich mit ihm einig.
                         Fazit: Klimapolitik ist in höchstem           Konfliktträchtige Flüsse
                     Masse Wasserpolitik. Ohne Klimaschutz             «Die Kriege des 21. Jahrhunderts wer-
                     wird sich die Wassersituation drama-          den nicht um Öl, sondern um Wasser ge-
                     tisch verschärfen. Das Post-Kyoto-Ab-         führt», prophezeite 1986 der damalige
                     kommen, das von den Uno-Staaten im            ägyptische Aussenminister und spätere
                     kommenden Dezember in Kopenhagen              UN-Generalsekretär Boutros Boutros-
                     verabschiedet werden sollte, muss die         Ghali. Denn weltweit gibt es mehr als
                     CO2-Emissionen drastisch reduzieren.          260 grenzüberschreitende Fluss- und
                     Klima- und Energiepolitik sind in Zukunft     Seegebiete. Besonders hoch ist das Kon-
                     wichtige Instrumente der Krisenpräventi-      fliktrisiko dort, wo Wasserknappheit und
                     on und der Friedenssicherung.                 politische Spannungen zusammentref-
                         Wenn wir mit Besorgnis auf die Land-      fen. Die Liste der Flussgebiete, die ei-
                     wirtschaft schauen und Wege aus der           gentliche Krisenherde bilden, ist lang:
                     globalen Wasserkrise suchen, müssen           Euphrat und Tigris erzeugen Spannungen
                     wir auch ernsthaft thematisieren, welche      zwischen der Türkei, Syrien und Irak. Als
                     Spuren, welchen «Wasser-Fussabdruck»          Unteranrainer der beiden Flüsse sind der
                     der Konsum und der Lebensstil der west-       Irak und Syrien zudem darauf angewie-
                     lichen Länder im Wasserhaushalt ande-         sen, dass die Türkei, in deren Staatsge-
                     rer Teile der Welt hinterlässt. «Die Indus-   biet die Quellen der Ströme liegen,
                     triestaaten hinterlassen heute einen          genug Wasser für die anderen Länder üb-
                     Fussabdruck, der punkto Wasserver-            rig lässt. Aber die Türkei beklagt den
                     brauch drei bis vier Mal zu gross ist»,       Wassermangel im eigenen Land und hat
                     mahnte der renommiere Berner Klimato-         mit ihrem gigantischen Südostanatolien-
                     loge Heinz Wanner letzten Sonntag in          projekt dem Kampf ums Wasser eine
                     seiner Predigt zum Thema «Gerechtigkeit       neue Dimension hinzugefügt. Das Süd-
                     im Klimawandel». Nehmen wir die               anatolienprojekt hat bei uns Schlagzei-
                     Schweiz als Beispiel. Jede und jeder von      len gemacht durch den Ilisu-Staudamm,
                     uns verbraucht durchschnittlich 160 Liter     dessen Bau mit Schweizer Exportrisiko-
                     Wasser im Tag für Kochen, Wäschewa-           garantie begonnen wurde und dessen Fi-
                     schen, Duschen und WC-Spülen. Rech-           nanzierung – auf Druck der NGOs in der
                     nen wir das Wasser, das in importierten       Schweiz, Deutschlands und Österreichs
                     Nahrungsmitteln, in Kleidern etc. enthal-     – sistiert wurde.

                                                                                    dokument 17, Mai 2009 | 13
Beim Mekong sind es die vietnamesi-
schen Bauernfamilien im Flussdelta, die
                                              «Schwindende Wasserressourcen können poli-
darunter zu leiden haben, dass eine           tische Regime dazu verleiten, Wasser als Steue-
wachsende Zahl von Staudämmen am
Oberlauf des Flusses die Wassermenge
                                              rungsinstrument in innenpolitischen Konflikten
und die Strömungsverhältnisse gravie-         oder zur Durchsetzung machtpolitischer und
rend verändern. Die Wanderung der Fi-
sche stromaufwärts und abwärts ist
                                              hegemonialer Ansprüche in der internationalen
durch die Staudämme erschwert, viele          Politik einzusetzen.»
Fischarten können so nicht überleben:
Als Folge werden Millionen von Men-
schen von ihrer wichtigsten Proteinquel-      völkerung zu einer unerschwinglichen
le abgeschnitten.                             Ware. Das Verteilproblem spitzte sich zu
    Konfliktträchtige Flüsse sind auch        und provozierte einen Aufstand. Bedroh-
der Ganges und der Bramabuthra zwi-           lich sind in verschiedenen afrikanischen
schen Indien und Bangladesch (ein Hot-        Ländern gewaltsame Konflikte zwischen
Spot) sowie der Jordan zwischen Israel        Sesshaften und Nomaden, zwischen
und Palästina. Davon werden wir heute         Ackerbauern und Viehzüchtern oder zwi-
hören. Auch das Nilwasser ist Stoff für       schen der Bevölkerung und Regierungs-
Konflikte; das Einzugsgebiet des längs-       institutionen. Solche Konflikte werden in
ten Flusses der Welt erstreckt sich über      der internationalen Presse oftmals ver-
zehn Länder (Ägypten, Sudan, Äthio-           einfacht als «ethnische Konflikte» be-
pien, Demokratische Republik Kongo,           zeichnet.
Burundi, Ruanda, Uganda, Kenia, Tansa-
nia und Eritrea).                                 Wasserrechte spiegeln
    Der ägyptische Präsident Anwar el-            Machtstrukturen
Sadat hatte 1978 in Camp-David beim               Strategien im Umgang mit der zuneh-
Friedensschluss mit Israel festgestellt:      menden Wasserknappheit haben sich
«Die einzige Sache, die Ägypten wieder        lange – zu lange – auf technische Mög-
in den Krieg führen könnte, ist Wasser.»      lichkeiten zur Erhöhung des Wasseran-
Schon Jahre vorher drohte er angesichts       gebotes konzentriert und dabei die so-
äthiopischer Staudammpläne am Blauen          zioökonomischen und die kulturellen
Nil: «Wer mit dem Nilwasser spielt, er-       Aspekte der Wassernutzung vernachläs-
klärt uns den Krieg!»                         sigt. Gerade wegen der ökologischen
    International ist in den letzten Jahren   Verknappung des Wassers müssen die
das Bewusstsein dafür geschärft wor-          strukturellen sozioökonomischen Kon-
den, welches zwischenstaatliche Konf-         fliktursachen gezielt angegangen wer-
liktpotenzial in der wachsenden Knapp-        den. Sie hängen eng mit der Marginali-
heit von Wasser liegt. Aus diesem Be-         sierung von ethnischen, sozialen, politi-
wusstsein heraus ist glücklicherweise an      schen Bevölkerungsgruppen zusammen.
vielen Orten Kooperation entstanden.          Das UNDP schreibt dazu: «Wenn sich die
Zahlreiche internationale und bilaterale      innerstaatliche Wasserkonkurrenz ver-
Verträge regeln heute die gemeinsame          schärft, werden die Menschen mit den
Nutzung von grenzüberschreitenden Ge-         schwächsten Rechten zusehen müssen,
wässern.                                      wie ihr Wasserzugang durch mächtigere
                                              Interessengruppen beschnitten wird.»
    Soziale Verteilkonflikte                      In vielen Ländern, die unter Wasser-
    Auf innerstaatlicher Ebene hat die        knappheit leiden, spiegeln die lokalen
Wasserknappheit vielerorts zu wachsen-        und nationalen Verteilungsprioritäten
den Verteilkonflikten geführt. Wird Teilen    gesellschaftliche Machtstrukturen wider.
der Gesellschaft der Zugang zu saube-         Ja mehr noch, sie sind oft unmittelbar für
rem Trinkwasser genommen, führt dies          deren Erhalt verantwortlich. Dies zeigt
zu sozialen Unruhen. Eine Situation, die      sich am Beispiel von Marokko. Das Kö-
wir von Cochabamba in Bolivien kennen.        nigshaus sicherte sich bei der Unabhän-
Durch die Privatisierung der Wasserver-       gigkeit des Landes die Loyalität einfluss-
sorgung wurde Wasser für die arme Be-         reicher ländlicher Eliten, indem es ihnen

dokument 17, Mai 2009 | 14
Grundstücke mit den dazugehörenden              Wasser braucht den Schutz des
                     Wasserrechten vergab. Noch heute wir-           Völkerrechts
                     ken sich diese Strukturen auf die Vertei-       Aus dem bisher Gesagten ist klar ge-
                     lung des knappen Wassers aus. Eine Stu-     worden: Fragen des Zugangs zu Wasser
                     die weist für die Region Souss in Süd-      sind Fragen der Gerechtigkeit und des
                     marokko einen direkten Zusammenhang         Überlebens. Es geht in Zukunft ums faire
                     nach zwischen der Tiefe der privaten        Teilen. Den wegweisenden Grundsatz
                     Bohrlöcher und dem Wohlstand der je-        hielt die Staatengemeinschaft vor 17 Jah-
                     weiligen Landwirte, der aus dem An-         ren am Erdgipfel von Rio fest: «Zukunfts-
                     bau rentabler, bewässerter Exportkultu-     fähig ist nur eine gerechte und faire Ver-
                     ren resultiert. Die weniger tiefen Brun-    teilung des Wassers zwischen den ver-
                     nen der Kleinbauern trocknen dagegen        schiedenen Nutzergruppen, zwischen ver-
                     zunehmend aus, und immer öfter leidet       schiedenen Staaten, zwischen Mensch
                     auch die Trinkwasserversorgung der Dör-     und Natur.»
                     fer. Die nutzbare Ackerfläche und deren         Wir müssen uns also die Frage stel-
                     Erträge verringern sich rapide, die Land-   len: Wie kann eine gerechte und effizien-
                     flucht nimmt entsprechend zu.               te Verteilung erreicht werden? Wie sind
                         In Indien gibt es ähnliche Konflikte    die Prioritäten zu setzen? Welcher Ver-
                     um Pumpen und Wasser. Hier bestehen         teilschlüssel wird angewendet, damit
                     zusätzliche Konflikte mit grossen Kon-      alle das Wasser bekommen, das sie be-
                     zernen wie zum Beispiel Coca-Cola. Der      nötigen, um ihren menschlichen, wirt-
                     Boom der Softdrink- und Flaschenwas-        schaftlichen und kulturellen Bestrebun-
                     serverkäufe in Indien stellt die Anbieter   gen gerecht zu werden? Und: Wie lässt
                     vor das Problem, wo sie die erforderli-     sich sicherstellen, dass die Umwelt da-
                     chen Mengen Wasser für die Abfüllung        bei nicht zerstört wird, sondern im Ge-
                     der Flaschen, vor allem aber für die Rei-   genteil sich weiterhin als Grundlage aller
                     nigung der gebrauchten Flaschen be-         menschlichen Aktivitäten entfalten kann?
                     schaffen können. In einigen indischen           In der Uno-Millenniumserklärung, mit
                     Bundesstaaten reicht der Besitz eines       der die Entwicklungsziele bis 2015 von
                     Grundstücks aus, um das Recht zu ha-        der Staatengemeinschaft verabschiedet
                                                                 wurden, findet sich ein Passus, wie die
                                                                 Ausgestaltung der Politik im Wasserbe-
«Klimapolitik ist in höchstem Masse Wasser-                      reich zu geschehen hat: «Wir beschlies-
                                                                 sen, in allen die Umwelt betreffenden
politik. Ohne Klimaschutz wird sich die Wasser-                  Massnahmen eine neue Ethik der Erhal-
situation dramatisch verschärfen.»                               tung und pfleglichen Behandlung der
                                                                 Umwelt zu verfolgen. Wir beschliessen,
                                                                 der auf Dauer nicht tragbaren Ausbeu-
                     ben, Brunnen zu bohren und eine belie-      tung der Wasserressourcen eine Ende zu
                     bige Menge Wasser zu fördern. Diese Be-     setzen, durch Entwicklung regionaler
                     stimmungen stammen aus der Zeit der         und nationaler Wasserwirtschaftsstrate-
                     handgegrabenen Brunnen und der Was-         gien, die sowohl einen fairen Zugang als
                     serförderung mit Eimern. Jetzt aber wer-    auch ausreichende Vorräte fördern.»
                     den Tiefbrunnen gebohrt und mit Motor-          Im Klartext heisst das: Wasser
                     pumpen grosse Mengen Grundwasser            braucht das Primat der Politik. Es
                     zur industriellen Nutzung gefördert. In     braucht, auf allen Stufen des Staates,
                     Plachimada im Bundesstaat Kerala in         was heute mit «Good Governance», guter
                     Südindien hat dieses Vorgehen von           Regierungsführung, bezeichnet wird.
                     Coca-Cola zu einem landesweit beachte-      Good Governance bedarf rechtlicher
                     ten Konflikt mit den lokalen Bauernfami-    Grundlagen, die sich auf universell aner-
                     lien geführt. Die starke Übernutzung der    kannte Rechte stützen. Die grundle-
                     Wasserressourcen durch den internatio-      gendste Verpflichtung sind die Men-
                     nalen Konzern hatte nämlich zur Folge,      schenrechte, zu denen das Recht auf
                     dass die Brunnen der örtlichen Bevölke-     Wasser gehört. Die Staaten haben die
                     rung, die nur eine geringe Tiefe haben,     Pflicht, diese Rechte zu verwirklichen und
                     austrocknen.                                zu schützen. Hätten sie einen Rechts-

                                                                                  dokument 17, Mai 2009 | 15
anspruch auf Wasser, würden Bittstellen-
de zu Berechtigten. Wasser soll nicht län-
                                              «Strategien im Umgang mit der zunehmenden
ger als Almosen tropfen, sondern als          Wasserknappheit haben sich zu lange auf tech-
Recht fliessen. Nur ist dies keine sich
selbst erfüllende Prophezeiung. Es
                                              nische Möglichkeiten zur Erhöhung des Wasser-
braucht die Einsicht politischer Akteure      angebots konzentriert und dabei die sozioöko-
und ihre Bereitschaft zur kooperativen
Problembewältigung. Wir zählen des-
                                              nomischen und die kulturellen Aspekte der
halb auf den Menschenrechtsrat in Genf        Wassernutzung vernachlässigt.»
und nicht zuletzt auf eine aktive Rolle der
Schweiz in diesem Gremium.
    Das Menschenrecht auf Wasser be-              Mehr denn je zeigt sich: Wasser
zieht sich aber ausschliesslich auf den       braucht den Schutz des Völkerrechtes.
Zugang zu Trinkwasser für den persönli-       Alliance Sud und der Arbeitskreis «Was-
chen und häuslichen Gebrauch. Wasser          ser – ein öffentliches Gut» fordern des-
für die Umwelt, für das Ökosystem, die        halb seit längerem eine internationale
Pflanzen- und Tierwelt oder für die Land-     Wasserkonvention, die Entwicklungs-,
wirtschaft und damit für die Nahrungs-        Umwelt- und Menschenrechte vereinigt
produktion ist darin nicht enthalten.         und das Wasser als gemeinsames Gut
    Das heisst: Wir müssen uns um den         der Menschheit schützt und Verteilungs-
ganzen Wasserkreislauf sorgen, den gan-       gerechtigkeit zwischen den verschiede-
zen Wasserkreislauf schützen. Am An-          nen NutzerInnen herstellt. Wir stellen
fang einer nachhaltigen Wasserpolitik         diese Forderung heute erneut und mit
müsste der langfristige Schutz der Quell-     Nachdruck.
gebiete, der Flüsse und des Grundwas-             Wasser verlangt nach einer Ethik des
sers stehen. Ohne Wasser für das Öko-         Handelns, die ihre Wurzeln in der Bedeu-
system, für die Natur, kann es auch kein      tung des Wortes Kultur haben müsste. Es
Trinkwasser für die Menschen geben,           bedeutet so viel wie pflegen und ehren.
und das Menschenrecht auf Wasser              Dies aus dem einfachen Grund: Wasser
kommt nicht zum Tragen.                       ist Leben.

dokument 17, Mai 2009 | 16
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