Weiterbildungstage Bildungsreformen - Baugewerbliche Berufsschule Zürich BBZ Berufsschule Mode und Gestaltung Zürich MGZ
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Basel, im Juni 2012 Baugewerbliche Berufsschule Zürich BBZ Berufsschule Mode und Gestaltung Zürich MGZ Weiterbildungstage Bildungsreformen 04. Juli 2012 Thema des Workshops: Beweisvielfalt erleben: Ein Lehrstück zum Satz des Pythagoras Referent: Mario Gerwig (Kontakt: mariogerwig@edubs.ch) Mathematik- und Chemielehrer am Gymnasium Leonhard Basel und Doktorand im Bereich Lehrkunstdidaktik an der Philipps-Universität Marburg (Lahn) Das Lehrstück in 20 Zeilen Nirgendwo sonst in der Schulmathematik findet man so viele verschiedene „Erklärungsmöglichkeiten“ für denselben Sachverhalt, nirgendwo bietet es sich so an wie hier, anhand der Vielfalt der unterschiedlichen Beweise das Beweisen selbst zu thematisieren. Doch zuvorderst steht die Formulierung des wahrscheinlich berühmtesten Satzes der Mathematik: dem Satz des Pythagoras. Dazu liegen 24 farbige Quadrate auf dem Boden des Klassenzimmers, sie alle sollen zu einem einzigen vereint werden. Wie kann das gehen? Schnell schaffen wir es, zwei gleichgroße Quadrate zu vereinen, und nach kurzer Zeit gelingt uns dies auch für zwei unterschiedlich große – damit haben wir den Satz des Pythagoras selbst entdeckt. Doch können wir ihn auch beweisen? Ja, sogar auf über zehn unterschiedliche Arten: Wir können Flächen verwandeln, Formelrechnungen aufstellen oder mit Ähnlichkeitsverhältnissen argumentieren. Jeder Schüler wird nun Experte für einen Beweis. Im Ringen um die exakte Formulierung schulen wir uns besonders im logischen Argumentieren. Schließlich präsentieren die einzelnen Gruppen ihre grob unterschiedlichen Beweise – Recht haben sie alle. Einen besonderen Beweis studieren wir abschließend sehr intensiv: Es ist der 2.500 Jahre alte Beweis Euklids aus seinen berühmten Elementen. Nachdem in einer dritten Sequenz der Satz angewendet, d. h. in seiner Einsatzfähigkeit erprobt und somit in seiner Bedeutung noch umfassender gegenwärtig wird, verallgemeinern wir ihn abschließend auf beliebige ähnliche Figuren – und wieder ist Euklid hierbei ein wichtiger Helfer. Zu diesem Handout Bei dem Lehrstück zum Satz des Pythagoras handelt es sich um ein Wagenschein- Original (vgl. WAGENSCHEIN 2009), welches insbesondere durch Beate Nölle (vgl. NÖLLE 2007), Hans Brüngger (vgl. BRÜNGGER 2005) und Mario Gerwig (Dissertation in Vorbereitung) weiterentwickelt wurde. Im Folgenden finden Sie einen tabellarischen Überblick über das Lehrstück sowie eine ausführlichere Tabelle zur aktuellsten Inszenierung vom November 2011, gefolgt von Hinweisen zu unterrichtlichen Schlüsselstellen. 1
Überblick Std. 6 5 4 3 2 1 Wie lassen sich 24 Quadrate zu einem einzigen Quadrat vereinigen? Mithilfe des Menon-Dialogs I. Akt Quadrate vereinigen wir zunächst zwei gleichgroße Quadrate, indem wir diese diagonal zerschneiden. Um auch 4 Stunden vereinen und zwei unterschiedlich große Quadrate zu verenigen, wechseln wir die Blickrichtung: Wie lässt sich ein Std. 1 - 4 entzweien Quadrat in zwei unterschiedlich große Quadrate entzweien? II. Akt Ob bei der gefundenen Vereinigung zweier unterschiedlich großer Quadrate tatsächlich wieder ein Pythagoras und 1 Stunde Quadrat entsteht, ist nicht selbstverständlich und muss bewiesen werden: dies schaffen wir anhand „sein“ Satz Std. 5 der Anairizi-Figur durch die triviale Verschiebung von zwei Dreiecken sehr schnell. III. Akt In Kleingruppen werden verschiedene Beweise individuell studiert und vertieft. Jeder Beweis wird 5 Stunden Beweisvielfalt dabei mindestens einmal vorbesprochen, bevor die Gruppen ihren Beweis der Klasse präsentieren. Std. 6 - 10 Diese bewerten Beweise und Vorträge. Zum Abschluss wählt jeder Schüler seinen Lieblingsbeweis. Die Euklid und seine Elemente werden vorgestellt, der Beweis aus den Elementen wird analysiert. Dabei IV. Akt Beweisführung entdecken wir das euklidische Beweisverfahren: Voraussetzung – Behauptung – Beweis. Ein Gedicht 2 Stunden als Prinzip in von Hans Christian Andersen bietet einen runden Abschluss, bevor mit dem Höhen- und Kathetensatz Std. 11 - 12 den Elementen die Satzgruppe des Pythagoras vervollständigt wird. V. Akt Ausführliche Das Entdeckte und Bewiesene soll nun angewandt und ausführlich geübt werden: Konstruktionen, 6 Stunden Übungsphase Wurzelgesetze, Berechnungen, Abstände und Kreise im Koordinatensystem... Std. 13 - 18 Die Verwandlung von Rechtecken, Dreiecken und beliebigen Vielecken in flächeninhaltsgleiche VI. Akt Quadrate stellt zum Abschluss des Lehrstücks die Verbindung zum Anfang dar. Die Frage, ob der Satz 2 Stunden Finale des Pythagoras auch für andere Figuren gilt, führt zur Verallgemeinerung des Satzes. Diese entdecken Std. 19 – 20 die Schüler selbst – der zugehörige Beweis findet sich auch in den Elementen. 2
I. Akt Quadrate vereinen und entzweien (1./2. Vorbereiter Raum: Gruppentische, Stuhlkreis. Auf jedem Stuhl liegt ein farbiges Quadrat Std.) (insgesamt 8 kleine, 16 große). SuS legen ihr Quadrat in die Mitte, gemeinsam wird versucht, die 24 Quadrate zu einem einzigen zu vereinen. Nach kurzer Zeit: die 16 großen bilden ein großes 4x4-Quadrat, die 8 kleinen zwei kleinere 2x2-Quadrate. Fokus richtet sich auf die Vereinigung der beiden gleichgroßen Quadrate: Wie geht man vor? SuS lesen den ersten Teil des Menon-Dialogs, zur Verdeutlichung werden die entsprechenden Zeichnungen parallel an der Tafel fixiert. Die SuS wechseln an die Gruppentische und vereinigen zwei gleichgroße Quadrate. Zurück im Stuhlkreis wird die Vereinigung mit den beiden ausliegenden gleichgroßen Quadraten besprochen und vollzogen – der zweite Teil des Menon-Dialogs bringt Bestätigung. Die Anzahl der ausliegenden Quadrate hat sich von 24 auf 2 (unterschiedlich große) reduziert. Fokus richtet sich nun also auf die Vereinigung zweier unterschiedlich großer Quadrate. Gemeinsame Klärung, warum diagonales Schneiden versagt. SuS suchen in Gruppen nach einer Lösung. (3./4. Nach kurzer Wiederholung richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Vereinigung zweier Std.) unterschiedlich großer Quadrate. Dazu erhalten die SuS einen Tipp: Wechseln der Hauptfigur – Argumentieren aus Sicht des großen Quadrats, welches in zwei kleine Quadrate zerlegt werden soll. Was passiert mit den kleinen Quadraten, wenn das große, auf einer Ecke stehende Quadrat gekippt wird? Nach Probephase werden die Ergebnisse besprochen, SuS erhalten AB mit gekippten Quadraten. Zur Vertiefung wird eine dynamische GeoGebra-Variante gezeigt, zur Sicherung wird ein großes Quadrat in zwei kleinere, aber unterschiedlich große Quadrate zerlegt („Wie muss man jetzt schneiden?“ Abweichen von der Diagonalen!), und zwei kleine unterschiedlich große Quadrate zu einem einzigen vereinigt. II. Akt Pythagoras und „sein“ Satz (5. Std.) Zum Einstieg werden „unsere“ beiden Quadrate aus der ersten Stunde vereinigt. Ob bei der gefunden Vereinigung allerdings tatsächlich ein Quadrat entsteht, muss bewiesen werden. Dazu wird zunächst die Person Pythagoras vorgestellt. Anhand der Anairizi-Figur wird die Behauptung nun bewiesen (durch Zurückführung auf das euklidische Parallelenaxiom). Die Figur wird anschließend in die bekannte Pythagoras-Figur überführt, der Satz des Pythagoras wird formuliert. III. Akt Beweisvielfalt (6.-10. In Kleingruppen werden verschiedene Beweise individuell studiert und vertieft (6.-8. Std.). Std.) Jeder Beweis wird mindestens einmal vorbesprochen. Anschließend (9./10. Std.) präsentieren die Gruppen der Klasse ihre Beweise (dabei tauchen auch schon der Katheten- und Höhensatz auf). Die Beweisvorträge werden von den Schülern bewertet (nicht benotet), jeder Schüler wählt zum Abschluss seinen Lieblingsbeweis. IV. Akt Die Beweisführung als Prinzip in den „Elementen“ des Euklid (11./12. Euklid und die Elemente werden präsentiert und vorgestellt, der Originalbeweis von Euklid Std.) wird eingehend analysiert, das euklidische Beweisverfahren (Voraussetzung – Behauptung – Beweis) herausgearbeitet, das Gedicht von Andersen bietet einen runden Abschluss, bevor wir die Satzgruppe des Pythagoras mit dem Höhen- und Kathetensatz vervollständigen. 3
V. Akt Ausführliche Übungsphase (13.-18. Konstruktionen, Wurzelgesetze, Berechnungen, Abstände und Kreise im Koordinatensystem... Std.) VI. Akt Finale (19./20. Zum Abschluss verwandeln wir Rechteck, Dreieck und ein beliebiges Vieleck in ein Quadrat, Std) thematisieren knapp die Quadratur des Zirkels als unlösbares Problem. Die Frage, ob der Satz des Pythagoras auch für andere Figuren gilt, führt zur Verallgemeinerung des Satzes (diese entdecken die SuS selbst: sie überprüfen, ob der Satz auch für gleichseitige und rechtwinklige Dreiecke, welche über den Seiten errichtet werden, gilt). In den Elementen findet sich der entsprechende Beweis, den wir wiederum gemeinsam studieren. Hinweise zu unterrichtlichen Schlüsselstellen Std. 1/2 Der zweiteilige Menon-Dialog befindet sich im Anhang. Es bietet sich an, dass der Lehrer die Figuren, von denen im Dialog die Rede ist, parallel an die Tafel oder – kulturauthentisch – in Sand zeichnet. Std. 3/4 Das Wechseln der Hauptfigur kann sehr gut mit Geobrettern visualisiert und ausprobiert werden. Dazu wird zunächst die Menon-Figur dargestellt (Foto 1). Im zweiten Schritt wird dann das auf der Spitze stehende Quadrat gekippt (Foto 2) – was passiert nun mit den beiden kleinen Quadraten? Eines muss kleiner, eines muss größer werden (Foto 3). Problematisch an dieser Darstellung ist, dass sich wegen des diskreten Geobretts beim Kippen des Quadrats dessen Größe ändert. Dies könnte zu Verwirrungen führen und muss daher unbedingt thematisiert werden. Die Sicherung mit der dynamischen GeoGebra-Variante (vgl. folgende Abbildung) sollte erst folgen, wenn die Schüler sich zunächst selbst mit der Problematik auseinander gesetzt und eine Lösung bzw. Lösungsansätze gefunden haben. 4
Std. 6-10 Beweise Sat z von Pyt hagoras – Bew eis 1 Pythagoras von Samos, Philosoph und Mathematiker, 569 – 475 v. Chr. 1. Bew eis a) Das Ausgangsdreieck (1) wird durch drei dazu kongruentes Dreieck (2) – (4) i n der abgebildeten Weise ergänzt. b) Es entstehen ein äusseres und ein inneres Viereck. c) Um welche speziellen Vierecke handelt es dabei? Begründe. d) Die Dreiecke (1), (3) und (4) werden in der abgebildeten Weise verschoben, so dass eine aus insgesamt fünf Vierecken bestehende Figur entsteht. Um was für Vierecke handelt es sich? Begründe. e) Schlussfolgerungen? (4) (3) (3) a c (1) (1) (4) (2) (2) b 2. Ressourcen - http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Pythagoras.html (e) Sat- http://de.wikipedia.org/wiki/Pythagoras z von Pyt hagoras – Bew eis (d) 2 Euklid von Alexandria, ca. 325 – 265 v. Chr. (Elemente, Buch 1, § 47) - http://www.info-antike.de/pyt_ref.htm (d) - http://scienceworld.wolfram.com/biography/Pythagoras.html (e) 1. Bew eis s. Elemente des Euklid (Buch 1, Satz 47) 5
Sat z von Pyt hagoras – Bew eis 3 Pappos von Alexandria, ca. 290 – 350 n. Chr. 1. Bew eis Über den Seiten der vier kräftig ausgezogenen Dreiecke sind die Quadrate kon- struiert. Sat z von Pyt hagoras – Bew eis 4 Al-Sabi Thabit ibn Qurra al-Harrani, Bagdad, 826 - 901 1. Bew eis a) Über jeder Seite des Dreiecks ABC wird ein Quadrat errichtet. b) Die Seiten DL und HM werden bis zum Schnittpunkt F verlängert und C wird mit F verbunden. c) In der so entstandenen Figur f inden sich sechs zu ABC kongruente Dreiecke. Welche sind dies? Warum sind sie kongruent? d) Berechne die Fläche der ganzen Figur auf zwei verschiedene Arten. e) Schlussfolgerungen? F L G E D M C H In den vier Figuren sind di e gleichartig schraffierten Gebiete flächengleich. Begr ünde diese Behauptung für die drei Übergänge 1 → 2, 2 → 3 und 3 → 4. A B Der Vergleich der Ausgangsfigur oben links mit der Endfigur unten rechts führt zu folgenden Lehrsätzen: 2. Ressourcen Satz von Euklid (Kathetensatz): Im rechtwinkligen Dreieck ist ein Kathetenquadrat - http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Thabit.ht ml (e) flächengleich zum Rechteck gebildet aus Hypotenuse und anlie gendem Hypotenu- - http://www.ummah.net/history/scholars/QURRA.html (e) senabschnitt. - http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Mathematik (d) - http://en.wikipedia.org/wiki/Thabit_ibn_Qurra (e) Satz von Pythagoras: Im rechtwinkligen Dreieck ist die Summ e der Katheten- quadrate gleich dem Hypotenusenquadrat. 6 2. Ressourcen - http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Pappus.html (e)
Sat z von Pyt hagoras – Bew eis 5 Abu'l Abbas al-Fadl ibn Hatim Al-Nayrizi, Bagdad, 865 – 922 1. Bew eis a) Das Ausgangsdreieck (1) wird durch ein dazu kongruentes Dreieck (2) in der ab- gebildeten Weise ergänzt. b) Die Figur wird in der abgebildet en Weise zu einem Viereck ergänzt. c) Um welches spezielle Viereck handelt es sich bei der ganzen Figur? Begründe. d) Die Dreiecke (1) und (2) werden verschoben, so dass eine aus zwei Vierecken be- stehende Figur entsteht. Um was fü r Vierecke handelt es sich? Begründe. e) Schlussfolgerungen? c a (2) c b b (1) a a b a (1) (2) b a 2. Ressourcen - http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Al-Nayrizi.html (e) 7
Sat z von Pyt hagoras – Bew eis 8 Christiaan Huygens, Astronom, M athematiker und Jurist, 1629 – 1695 1. Bew eis a) Ausgehend vom Dreieck ABC wird über jeder Seite ein Quadrat errichtet. b) Die Seite AG wird verlängert, so dass |AG| = |AP| und die Seite BD wird verlän- gert, so dass |BD| = |BN| gilt. 1 1 1 1 c) Es gilt: →HPK = →ANB = 2 CD = 2 LK und →APB = 2 BG = 2 AM. Was lässt sich daraus für das Quadrat AK und die Rechtecke AM und LK für eine Beziehung formulieren? d) Schlussfolgerungen? F G E C D A B N L M P H K 2. Ressourcen 8 - http://www-gap.dcs.st-and. ac.uk/~history/Mathematicians/Huygens.html (e) - http://www.surveyor.in-berlin.de/himmel/Bios/Huygens.html (d) - http://de.wikipedia.org/wiki/Christiaan_Huygens (d) - http://saturn.jpl.nasa.gov/home/index.cfm (e)
Sat z von Pyt hagoras – Bew eis 9 Sat z von Pyt hagoras – Bew eis 10 Gottfried Wilhelm Leibniz, Philosoph und M athematiker, 1646 – 1716 Jacob de Gelder, M athematiker und Pädagoge, 1765 – 1848 1. Bew eis 1. Bew eis Der Beweis zeigt nicht den Satz von Pythagoras, sondern dessen Umkehrung, also a) Ausgehend vom Dreieck ABC wird über jeder Seite ein Quadrat errichtet. dass bei einem Dreieck mit den Seiten a, b und c, in welchem a 2 + b2 = c2 gilt, folgt, b) Die Seite AC wird verlängert, so dass |AL| = |CE| und die Seite BC wird verlängert, dass dieses rechtwinklig ist. so dass |BN| = |CF| gilt. a) AC + BC = AB gilt genau dann wenn AC = AB – BC = (AB + BC)(AB – BC). 2 2 2 2 2 2 c) Von C aus wird das Lot auf HK gefällt sowie Linien zu H und zu K gezogen. Wei- b) Ausgehend vom Dreieck ABC wird BC au f beide Seiten verlängert, so dass BD = ter werden L mit H und N mit K verbunden. BE = AB und um B wird der Halbkreis DAE geschlagen. d) Die Dreiecke ABC, HAL und BKN sind kongruent. Warum? c) A wird mit D und mit E verbunden. Was für ein spezielles Dreieck ist DAE? e) AK = AM + BM = 2→CAH + 2→CBK = |AC|→|LH| + |BC|→|NK| = CG + BE. d) Es gilt: CD = AB + BC und CE = AB – BC, als o CD→CE = AC . Was lässt sich des- 2 f) Schlussfolgerungen? halb für die Dreiecke ACE und DCA folgern? e) Es gilt:
Sat z von Pyt hagoras – Bew eis 11 Henry Perigal, englischer Börsenhändler, 1801 - 1898 1. Bew eis a) Verschiebe die vier kongruenten Teilstücke so in das untere Quadrat, dass in der Mitte ein Quadrat frei bleibt. b) Warum passen die vier Teilstücke genau in die Ecken? c) Warum bleibt in der Mitte ein Quadrat frei? Welche Seitenlänge hat dieses Quad- rat? d) Schlussfolgerungen? Die Trennlinien durch den Mittelpunkt verlau fen parallel zu den Seiten des grössten Quadrats. Spezialfall: Allgemeiner Fall: 2. Ressourcen - http://plus.maths.org/issue16/features/perigal/ (e) - http://www.pandd.demon.nl/perigal.htm (nl) 10
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Ein Dialog zwischen SOKRATES und M ENON sowie einem seiner Sklaven Sklave: Vier, Sokrates. Der für das abendländische Denken wahrscheinlich bedeutendste und einflussreichste antike Philosoph ist der Grieche SOKRATES (469 v. Chr. – 399 v. Chr.). Er leitete ein neues Zeitalter der Philosophie Sokrates: Ließe sich nun nicht eine andere Figur zeichnen, welche doppelt so groß als jene und doch jener insoweit ein: Alle herausragenden Denker vor SOKRATES werden heute als „Vorsokratiker“ bezeichnet, nahezu gleich wäre, daß sie, wie jene, lauter gleiche Seiten hätte? alle philosophischen Schulen nach ihm haben sich auf ihn Sklave: Ja. bezogen. SOKRATES entwickelte die philosophische Sokrates: Und wie viel Fuß wird sie haben? Methode eines strukturierten Dialogs, welche er Mäeutik („Hebammenkunst“) nannte: durch gezielte Sklave: Acht. Fragen werden die Beteiligten so in den niemals Sokrates: Wohlan, versuche es mir nun zu sagen: wie groß wird jede Seite dieser zweiten Figur sein? Im ersten belehrenden Dialog einbezogen, dass sie selbst zu neuen Viereck hat jede zwei Fuß; wie viel hat nun jede in diesem, das doppelt so groß ist? Erkenntnissen gelangen. Mehrere Schüler SOKRATES‘ – Sklave: Offenbar, Sokrates, das Doppelte. der berühmteste unter ihnen PLATON (428/427 v. Chr. – 348/347 v. Chr.) – haben zahlreiche sokratische Dialoge [ …] verfasst. SOKRATES wurde 399 v. Chr. wegen seines angeblich Sokrates: Sage mir nun, – du behauptest, aus der doppelt so großen Linie entstehe eine doppelt so große Figur? Ich verderblichen Einflusses auf die Jugend und wegen meine aber nicht eine solche, welche hier lang und dort kurz wäre, sondern sie soll auf allen Seiten gleich Missachtung der griechischen Götter zum Tode durch den sein, gerade wie diese, aber noch einmal so groß wie diese, nämlich acht Fuß haltig. Sieh nun zu, ob du Schierlingsbecher verurteilt. noch der Meinung bist, dass dieselbe aus der noch einmal so großen Seite entstehen werde? Sklave: Doch ja. MENON (422 v. Chr. – 400 v. Chr.) war ein thessalischer Adliger aus einer wohlhabenden Familie. Er wuchs während des Peloponnesischen Krieges auf, war ein ehrgeiziger Abenteurer und führte später in Sokrates: Wird nun nicht diese Seite noch einmal so groß wie zuvor, wenn wir ihr eine zweite von persischen Diensten als Feldherr eine griechische Söldnerschar. In einem von PLATON verfassten eben solcher Länge anfügen? Dialog diskutiert er mit SOKRATES tiefgehende, philosophische Fragestellungen: „Ist Tugend Sklave: Gewiss. lehrbar?“, „Was ist Tugend?“, „Wie lässt sich überhaupt etwas definieren?“, „Kann ich etwas suchen, dessen Definition ich noch nicht kenne?“. Um eine Antwort auf die letzte Frage zu finden, wendet sich Sokrates: Aus dieser also, behauptest du, werde die achtfußige Figur hervorgehen, wenn nämlich die vier Seiten SOKRATES einem Sklaven des MENON zu und behandelt mit diesem eine mathematische gleich lang gemacht werden? Fragestellung. MENON selbst ist bei diesem Dialog als stiller Beobachter stets anwesend. Sklave: Ja. Sokrates: Lass uns nun von ihr aus vier gleichlange Seiten zeichnen! – Dieses also wäre die Figur, Sokrates: Sag' mir doch, Junge, weißt du, was ein Viereck ist? Eine Figur wie diese? welche du genau für das acht Fuß haltende Viereck erklärst? Sklave: Ja. Sklave: Allerdings. Sokrates: Es ist also eine viereckige Figur, welche alle diese Seiten, deren es vier sind, gleich hat? Sokrates: Sind nun nicht in dieser Figur vier Vierecke, von denen jedes dem vier Fuß haltenden gleich ist? Sklave: Allerdings. Sklave: Ja. Sokrates: Hat sie nicht auch diese durch die Mitte gezogenen Linien gleich? Sokrates: Wie groß wird es also sein? Nicht wahr, viermal so groß? Sklave: Ja. Sklave: Wie anders? Sokrates: Nicht wahr, eine solche Figur könnte doch wohl auch größer oder kleiner sein? Sokrates: Ist nun das viermal so große das doppelt so große? Sklave: Allerdings. Sklave: Nein, beim Zeus! Sokrates: Gesetzt nun, diese Seite wäre zwei Fuß lang und jene auch zwei, wieviel Fuß enthielte das Ganze? – Betrachte es einmal so: Wenn es hier zwei Fuß wären, dort aber nur ein Fuß, enthielte dann nicht die Sokrates: Sondern das wievielfache? Figur genau einmal zwei Fuß? Sklave: Das Vierfache. Sklave: Ja. Sokrates: Aus der doppelt so großen Seite also, mein Junge, ergibt sich nicht ein doppelt so großes, sondern ein Sokrates: Da es nun aber auch hier zwei Fuß sind, macht es dann nicht notwendig zweimal zwei Fuß? viermal so großes Viereck? Sklave: Doch. Sklave: Ganz richtig. Sokrates: Also ergibt sich eine Figur von zweimal zwei Fuß? Sokrates: Denn viermal vier gibt sechzehn. Nicht wahr? Sklave: Ja. Sklave: Ja. Sokrates: Wie viel sind nun diese zweimal zwei Fuß? Rechne einmal und sage es! Sokrates: Aus welcher Linie aber entsteht nun das achtfußige Viereck? – Also nicht wahr, aus dieser da entsteht das viermal so große? 12 Sklave: Ich gebe es zu.
Sokrates: Sage mir doch, ist dies nicht unsere vierfußige Figur? Verstehst du? Sklave: Ja. Sokrates: Können wir ihr nicht eine gleiche anfügen, diese da? Sklave: Ja. Sokrates: Aus dieser da aber, die nur halb so groß ist, das vier Fuß haltende? Sokrates: Und noch eine dritte hier, welche jeder von diesen beiden gleich ist? Sklave: Ja. Sklave: Ja. Sokrates: Gut! Das acht Fuß haltende aber ist nun doppelt so groß wie dieses, und halb so groß wie jenes? Sokrates: Können wir nicht zur Vervollständigung auch noch hier in den Winkel eine zeichnen? Sklave: Allerdings. Sklave: Ganz wohl. Sokrates: Wird es also nicht aus einer Linie entstehen, die größer ist als die da, und kleiner als die dort? Oder nicht? Sokrates: Werden damit nun nicht genau vier gleiche Figuren hier entstehen? Sklave: Ich denke wohl. Sklave: Ja. Sokrates: Schön! Antworte nur immer, was dir dünkt! – Und nun sage mir: War nicht diese Linie zwei Fuß lang, und diese vier? Sokrates: Und nun? Das Ganze da, wievielmal so groß wird es sein als diese da? Sklave: Ja. Sklave: Viermal so groß. Sokrates: Es muß also die Linie der achtfußigen Figur größer sein als diese zwei Fuß lange, aber kleiner als die vier Sokrates: Für uns aber hätte es sollen nur zweimal so groß werden. Oder erinnerst du dich nicht? Fuß lange? Sklave: Allerdings. Sklave: Notwendig. Sokrates: Wird nun nicht diese Linie, die man von einem Winkel zum andern zieht, jedes von Sokrates: Versuche mir nun zu sagen, wie groß du wohl meinst, dass sie sei? diesen Vierecken in zwei Hälften schneiden? Sklave: Drei Fuß. Sklave: Ja. Sokrates: Nun ja, wenn sie drei Fuß haben soll, so wollen wir noch von dieser die Hälfte hinzunehmen, Sokrates: Entstehen nun nicht so diese vier gleichen Linien, welche diese Figuren da einschließen? so wird sie drei Fuß haben. Denn dies sind zwei Fuß und dies einer. Und von dieser Seite Sklave: Ja. ebenso, dies zwei und dies einer. Und dieses wird nun die Figur sein, die du meinst. Sokrates: Und nun sieh einmal, wie groß wohl diese Figur ist? Sklave: Ja. Sklave: Ich weiß es nicht. Sokrates: Wird nun aber, wenn die ganze Figur hier drei und hier drei Fuß hat, wird sie da nicht Sokrates: Hat nicht von diesen Vierecken, deren es vier sind, diese Linie jedesmal die Hälfte innen abgeschnitten? dreimal drei Fuß halten? Oder nicht? Sklave: Offenbar. Sklave: Ja. Sokrates: Dreimal drei Fuß aber macht wieviel? Sokrates: Wie viele solche Hälften sind nun in dieser Figur enthalten? Sklave: Neun. Sklave: Vier. Sokrates: Die doppelt so große Figur aber sollte wieviel Fuß halten? Sokrates: Wie viele aber in dieser? Sklave: Acht. Sklave: Zwei. Sokrates: Also auch aus der dreifußigen Linie entsteht die achtfußige Figur noch nicht. Sokrates: Was ist aber vier gegen zwei? Sklave: In der Tat nicht. Sklave: Doppelt so groß. Sokrates: Aus welcher denn? Versuche es uns genau zu sagen! Und wenn du es nicht in Zahlen ausdrücken willst, so Sokrates: Wie viele Fuß ergeben sich also nun für diese Figur? deute nur hin, aus welcher! Sklave: Acht Fuß. Sklave: Aber beim Zeus, Sokrates, ich weiß es nicht. Sokrates: Und von welcher Linie aus? Sklave: Von dieser. Sokrates: Also von der, welche von einem Winkel des vierfußigen Vierecks in den anderen gezogen wird? Sklave: Ja. 13
Literaturhinweise Sokrates: Die Gelehrten nun nennen diese Linie die Diagonale, so daß also, wenn dies die Diagonale heißt, von der Diagonale aus, wie du, Sklave des Menon, sagst, das doppelt so große Viereck sich ergeben wird. Sklave: Allerdings, Sokrates. [ …] BRÜNGGER, HANS (2005): Von Pythagoras zu Pascal. Schulverlag MENON war bei diesem Dialog zwischen SOKRATES und dem Sklaven ununterbrochen anwesend. Er blmv AG. Bern. hat also genau gesehen, dass der Sklave keine andere Vorstellung in seinen Antworten dargelegt als seine eigene. Doch wusste er bis kurz vor Ende des Dialogs nicht, was die Lösung ist. Allein durch die EUKLID (42005): Die Elemente. Bücher I – XIII. Ostwalds Klassiker Fragen SOKRATES‘, der an keiner Stelle belehrend wirkt, ist er schließlich von selbst auf die Lösung gekommen. der exakten Wissenschaften. Band 235. Wissenschaftlicher Verlag Harri Deutsch. Frankfurt am Main. [Original: um 325 v. Chr.] LOOMIS, ELISHA (1968): The Pythagorean Proposition. National Council of Teachers of Mathematics. Aufgabe: NÖLLE, BEATE E. (2007): Wagenschein und Lehrkunst in Lies den Dialog erneut und ordne die folgenden Skizzen den entsprechenden Stellen im Dialog zu. mathematischen Exempeln. Entwicklung, Erprobung und Analyse dreier Lehrstücke für den Geometrieunterricht. Franzbecker. Hildesheim. WAGENSCHEIN, MARTIN (42009): Naturphänomene sehen und verstehen. Genetische Lehrgänge. Herausgegeben von Christoph Berg. Band 4 der Reihe Lehrkunstdidaktik, hep- Verlag. Bern. 14
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