Wem stehen die Rechte an TV- Übertragungen zu? - Seminar im Sportrecht bei Prof. Dr. Peter W. Heermann, LL.M.
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Oliver Klaiber Universität Bayreuth o.klaiber@arcor.de Seminar im Sportrecht Wem stehen die Rechte an TV- Übertragungen zu? bei Prof. Dr. Peter W. Heermann, LL.M. im Wintersemester 2003/2004 Seminararbeit – vorgelegt von Oliver Klaiber
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Wem stehen die Rechte an TV Übertragungen zu? A. Einleitung „Das Kreuz eines Spitzensportlers muss breit sein – wegen der Werbefläche.“ Oliver Hassencamp, dt. Schriftsteller (1921-87) Dieses Zitat zeigt, dass der Sport in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eine immer wichtigere kommerzielle Bedeutung erreicht hat. Das führte zu einer Zunahme an wissenschaftlichen Arbeiten zu den damit verbundenen und teilweise neu entstandenen sportrechtlichen Problemen.1 Des Weiteren zeigte der „Europapokalheimspiele“-Beschluss des BGH aus dem Dezember 19972, dass diese sportrechtlichen Probleme die Öffentlichkeit ansprechen.3 Genau dieser Beschluss war es auch, der zeigte, dass Sportverbände, wie hier der DFB, die ausschließliche Befugnis über die Vermarktung der Fernseh- und Rundfunkberichterstattung für sich beanspruchen.4 Dies wirft, so banal es klingen mag, die Frage auf, was genau „Übertragungsrechte“ eigentlich sind, woher diese, sofern sie überhaupt existieren, kommen und wem sie letztendlich zustehen. In Frankreich wurde beispielsweise am 17. Juli 1992 das Sportgesetz vom 16.7.1984 insofern geändert, dass dieses nun in Art. 18-1 „das Recht zur Verwertung einer Veranstaltung oder eines sportlichen Wettbewerbs dem Veranstalter (»organisateur«)“ zuspricht.5 In Deutschland fehlt eine solche explizite gesetzliche Normierung eines Verwertungsrechts an Sportveranstaltungen. Das heißt, dass unserer Rechtsordnung ein solches Verwertungs- oder Film- und Fernsehrecht unbekannt ist.6 Trotzdem geben deutsche Fernsehsender und Sportrechtehändler viele Millionen € pro Jahr aus, um sich Übertragungsrechte an Sportveranstaltungen wie z.B. Fußball, Formel 1, Skispringen oder auch Boxen zu sichern. So zahlte die ARD beispielsweise für die Übertragung der Fußball Bundesligasaison 2003/2004 in ihrer Sendung „Sportschau“ 50 Millionen € an die Firma Buli GmbH, einer Tochterfirma 1 Heermann WRP 2001, S. 1140. 2 BGHZ 137, 296 ff. 3 Heermann WRP 2001, S. 1140. 4 BGHZ 137, 296 ff; Hoeren, Anm. zu BGHZ 137, 296, JR 1998 S. 332. 5 Henning-Bodewig ZUM 1994, S. 456. 6 Haas/Reimann SpuRt 1999, S. 182 -8-
des Schweizer Rechteagentur Infront.7 Die Buli GmbH erwarb diese Rechte von der Deutschen Fußballliga (DFL) für 280 Millionen €.8 Insgesamt kosteten die Rechte an den fünf führenden kontinentalen Spitzen-Fußballligen in der Saison 2002/2003 zusammengerechnet etwa 2,4 Milliarden €.9 RTL zahlt für die Übertragung der Vier Schanzentournee momentan 9 Millionen € pro Jahr.10 Nun stellt sich die Frage, warum so viel Geld gezahlt wird. Es muss folglich geprüft werden, wer einen rechtlichen Schutz gegen eine Fernsehverwertung haben könnte. Insofern ist nach Rechtsquellen zu suchen, aus denen sich ein „Recht an TV Übertragungen“ von Sportveranstaltungen ableiten lassen könnte. B. Die Rechte der Sportler Bei der Übertragung einer Sportveranstaltung werden hauptsächlich die Sportler gefilmt. Insofern kommt zuerst in Betracht, dass diese durch eine solche Fernsehübertragung in einem ihrer Rechte eingeschränkt sein könnten. Fraglich ist jedoch, welche Rechte dies sind. I. Der Schutz der Persönlichkeit, das Recht am eigenen Bild nach §§ 22 f. KunstUrheberG11 Zuerst kommt das Recht am eigenen Bild nach §§ 22 f KUG in Betracht. Dieses besagt gem. § 22 S. 1 KUG, dass Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet und zur Schau gestellt werden dürfen.12 1. Es muss sich hier also um ein Bildnis handeln. Dies ist jede Wiedergabe der äußeren Erscheinungsweise einer Person, durch die diese identifizierbar ist.13 Der teilnehmende Sportler ist bei einer Übertragung des Sportereignisses in aller Regel durch Trikotnummern, Nahaufnahmen, Kommentare etc. identifizierbar. Diese Voraussetzung liegt folglich vor. Fraglich ist jedoch, ob eine Fernsehübertragung überhaupt ein „Bildnis“ ist, oder ob unter einem Bildnis nur fotografische Bilder zu verstehen sind. Auch wenn der Gesetzgeber ursprünglich die fortschreitende Fototechnik zum Schutz des eigenen Bildes bewegte, so 7 Rosenbach, Marcel; Wulzinger, Michael, Fußballrechte - Steiler Rückpass (Besucht am 12.12.2003; Stand: 8.12.2003), . 8 Rosenbach, Marcel; Wulzinger, Michael, Fußballrechte - Steiler Rückpass (Besucht am 12.12.2003; Stand: 8.12.2003), . 9 Reidhaar, Felix, Fussball-Fernsehrechte, wohin des Wegs? (Besucht am 12.12.2003; Stand: 8.2.2003), . 10 Verfasser unbekannt, (Besucht am 12.12.2003, Stand: 5.1.2003), . 11 Im folgenden mit KUG abgekürzt. 12 Nach h.M. ist nicht nur die Verbreitung sondern schon die Aufnahme als solche erfasst (BGHZ 24 S. 208). 13 Rehbinder, Rdn. 430; Möhring/Nicolini-Gass, § 60 Anh § 22 KUG Rdn. 14. -9-
wurde ausdrücklich keine Beschränkung auf Fotografien eingeführt.14 Die Art der Wiedergabe ist vielmehr gleichgültig; es kann sich sowohl um Fotografien, Plastiken als auch um Fernsehbilder handeln.15 Dies umfasst bezüglich der Fernsehaufnahmen nicht nur klassische „Aufnahmen“, sondern auch Live-Übertragungen.16 Der Schutzbereich ist folglich bei Fernsehübertragungen von Sportereignissen grundsätzlich eröffnet. 2. Gem. § 23 KUG existieren Schranken, welche den Schutz durch § 22 KUG ausschließen. Hier kommt bei Sportlern § 23 I Nr. 1 KUG in Betracht, welcher einen Schutz für „Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ ausschließt. Hier hat sich die von Neumann-Duesberg entwickelte Unterteilung in absolute und relative Personen der Zeitgeschichte17 durchgesetzt.18 Eine absolute Person der Zeitgeschichte ist, wer sich durch Geburt, Leistungen, Fähigkeiten oder Ämter dergestalt aus der Allgemeinheit hervorhebt, dass er im Blickfeld der Öffentlichkeit steht.19 Dies ist zumindest bei berühmten Spitzensportlern anzunehmen.20 Auch Fußball-Bundesligaspieler fallen beispielsweise unter diesen Ausnahmetatbestand.21 Fraglich ist jedoch, ob auch die qualifizierenden sportlichen Leistungen eines bisher unbekannten Sportlers, etwa eines Amateurfußballers, der durch Zufall für einige Partien für ein Bundesliga Team spielt, ausreicht, um einen solchen zu einer absoluten Person der Zeitgeschichte zu machen. Hierfür könnte jedoch der Begriff der relativen Person der Zeitgeschichte zutreffend sein. Dies sind Personen, die im Zusammenhang mit einem bestimmten Ereignis dergestalt an die Öffentlichkeit treten, daß ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit an der Veröffentlichung ihrer Bilder besteht.22 Hierbei wird nicht darauf abgestellt, dass es sich um eine „Sportgröße“ handeln muss; vielmehr genügt das Interesse der Öffentlichkeit an der Veranstaltung als solche und das Interesse an deren Zusammensetzung.23 Nimmt ein bisher unbekannter Sportler an einem bedeutenden Sportereignis teil, ist er allein durch diese Teilnahme zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden; es genügt die Mitwirkung an Vorgängen, die Gegenstand der öffentlichen Ordnung sind.24 Dies gilt jedoch nur für Ereignisse, bei denen auch deren Zusammensetzung, etwa die der Mannschaften im öffentlichen Interesse steht; ein anonymer 14 Helle, S. 97; Günther, S. 118; Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode II. Session erster Sessionsabschnitt, 1905/6 zweiter Anlageband, Nr. 30 S. 1540. 15 Rehbinder, Rdn. 430; vgl. BGHZ 26 S. 67 - „Sherlock Holmes“; BGH NJW 1962, S. 1004 - „Doppelmörder“. 16 Schricker-Gerstenberg, § 60/§ 22 KUG Rdn. 4; Günther, S. 118. 17 Neumann-Duesberg JZ 1960, S. 114 ff. 18 Osiander, Persönlichkeitsrecht S. 37 ff; Möhring/Nicolini-Gass, § 60 Anh § 23 KUG Rdn. 5. 19 Möhring/Nicolini-Gass, § 60 Anh § 23 KUG Rdn. 6. 20 Z.B. Boris Becker (OLG Frankfurt/M. AfP 1988, S. 62), Franz Beckenbauer (BGH AfP 1980, S. 101). 21 BGHZ 49, S. 293 – „Ligaspieler“; BGH GRUR 1979, S. 425 – „Fussballspieler“. 22 Möhring/Nicolini-Gass, § 60 Anh § 23 KUG Rdn. 11, Schricker-Gerstenberg, § 60/§ 23 KUG Rdn. 12. 23 BGHZ 49, S. 292 f – „Fussballbilder“; Kübler, Massenmedien S. 50 f. 24 Waldhauser, S. 167; Kübler, Massenmedien S. 51. - 10 -
Teilnehmer (etwa eines Stadtlaufes) fällt nicht unter § 23 I Nr. 1 KUG.25 Die Erlaubnis der Abbildung eines bisher unbekannten Sportlers ergibt sich also aus § 23 I Nr. 1 KUG. Für die oben angesprochenen anonymen Teilnehmer einer Breitensportveranstaltung ergibt sich jedoch eine Abbildungserlaubnis aus § 23 I Nr. 3 KUG.26 3. Als Schranken-Schranke kommt jedoch § 23 II KUG in Betracht, der die Schranken des § 23 I KUG insofern begrenzt, dass keine berechtigten Interessen des Abgebildeten einer Zurschaustellung entgegenstehen dürfen. Wann dies der Fall ist, muss in einer Interessensabwägung ermittelt werden.27 Je höher hierbei das Informationsinteresse ist, desto mehr muss der Schutz des Individuums, hier des Sportlers zurückstehen. Hiernach muss ein Sportler beispielsweise keine Schmähkritik oder eine Verletzung der engeren Privatsphäre dulden.28 Für die hier erörterte Frage ist dies jedoch irrelevant. Von Interesse könnte aber die Tatsache sein, dass der Sportler keine Werbung mit seiner Person dulden muss.29 Fernsehsender senden während den Sportübertragungen für gewöhnlich Werbespots. Sportler werden hierbei nicht direkt vom Sender in die Werbung einbezogen. Allerdings können die Fernsehsender wegen der Popularität der Veranstaltung, die auch an den Sportlern liegt, ein höheres Entgeld verlangen. Hierbei steht bei der Interessensabwägung weiterhin das Informationsinteresse der Zuschauer im Vordergrund, weshalb die Schranken-Schranke des § 23 II KUG nicht zutrifft. Ein Schutz des Sportlers nach §§ 22 f KUG ist folglich für Sportübertragungen nicht gegeben. II. Ein Abbildungsschutz gem. § 823 I BGB Ein Schutz vor ungenehmigter Abbildung des Sportlers könnte sich auch aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht als „sonstigem Recht“ i.S.d. § 823 I ergeben. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird aus Art. 1 I i.V.m. Art. 2 I GG hergeleitet30 und zielt auf den Schutz des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit; sowohl gegen den Staat als auch im privaten Rechtsverkehr.31 Es ist jedoch nur als Rahmenrecht gestaltet und gilt insofern gegenüber spezielleren Normen nur subsidiär.32 Hier könnten die §§ 22 ff KUG als spezialgesetzliche Regelungen vorgehen und einen Schutz aus dem allgemeinen 25 Kübler, Massenmedien S. 51. 26 Kübler, Massenmedien S. 51. 27 Schricker-Gerstenberg, § 60/§ 23 KUG Rdn. 33; Möhring/Nicolini-Gass, § 60 Anh § 23 KUG Rdn. 33. 28 BVerfG NJW 1993, S. 1462; BGH NJW 1974, S. 1762 ff; BGH NJW 1996, S. 1129 f. 29 BGH NJW 1997 S. 1153; BGH NJW 1979, S. 2203; v. Westerholt ZIP 1996, S. 264 f. 30 BGHZ 13, S. 338. 31 BGHZ 24 S. 76 ff. 32 Waldhauser, S. 172. - 11 -
Persönlichkeitsrecht verbieten. Insofern ist fraglich, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht hier überhaupt anwendbar ist. 1. Anwendbarkeit des Abbildungsschutzes aus § 823 I BGB §§ 22 ff KUG schützen den Sportler nur gegen die Verbreitung und Zurschaustellung von Bildnissen. Es ist jedoch nach herrschender Meinung bereits die unerlaubte Anfertigung eines Bildnisses, die eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt.33 Insofern ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht hier anwendbar. 2. Durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht Nach überwiegender Auffassung ist bereits das Erstellen eines Bildnisses ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (s.o.). Um herauszufinden, inwiefern das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein Persönlichkeitsrecht am Bildnis gewährt, muss die Herstellung des Bildnisses als Vorstufe zu einer Veröffentlichung betrachtet werden; insofern wäre es widersprüchlich hier andere Kriterien zur Güterabwägung anzusetzen als bei § 22 KUG.34 Zur Güterabwägung müssen folglich die Kriterien des § 23 KUG herangezogen werden.35 Nach § 23 KUG liegt kein Schutz vor (s.o.). Ein Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist hiernach folglich nicht gegeben. 3. Durch den Schutz des Lebensbilds als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Zudem kommt hierbei der Schutz des Lebensbilds, welches als eine Art „Fallgruppe“ des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt36 in Betracht. Als gesetzlich nicht normiertes, jedoch dem Recht am eigenen Bild ähnliches Recht kommt noch das Persönlichkeitsrecht am eigenen Lebensbild als Schutzgrundlage für den Sportler in Betracht. Dieses Recht wurde früher weitestgehend in analoger Anwendung der §§ 22 ff. KUG geschützt.37 Nach heute herrschender Meinung fällt jedoch dieser Schutz dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu.38 Es wäre auch möglich, dieses Recht als ein Recht auf die eigene Biographie zu bezeichnen, welches betroffen ist, wann immer ein Film einen Abschnitt aus dem Leben einer identifizierbaren Person wiedergibt.39 a. Schutzbereich Nach dem Schutz des Lebensbildes hat jeder das Recht, grundsätzlich selbst und alleine zu bestimmen, ob und wieweit andere sein Lebensbild im ganzen oder bestimmte Vorgänge aus 33 BGHZ 24, S. 208 – „Spätheimkehrer“; m.w.N.: Schricker-Gerstenberg, § 60 / § 22 KUG Rdn. 1. 34 Waldhauser, S. 173; Siegfried, Fernsehberichterstattung S. 12. 35 MüKo-Rixecker, Anh. zu § 12 Rdn. 35; Waldhauser, S. 173. 36 Ablehnend zu einer eigenständigen Fallgruppe und für eine Prüfung der Informationellen Selbstbestimmung: Larenz/Canaris, § 80 II 5 a. 37 BGHZ 26, S. 67; OLG Kiel, Ufita 2, 562 f. 38 BGHZ 143, S. 223 – „Marlene Dietrich“; Baston-Vogt, Persönlichkeitsrecht S. 372; Helle, Persönlichkeitsrechte S. 53 f; Für eine Zurechnung zum KUG: Schertz ZUM 98 S. 760. 39 Schertz ZUM 98 S. 760. - 12 -
seinem Leben öffentlich darstellen dürfen.40 Für einen Schutz müsste somit die Definition des Lebensbildes den sportlichen Vorgang eines Sportlers umfassen. Das Lebensbild enthält die Wiedergabe eines Lebenslaufs, seiner Handlungen, Gedanken und Erlebnisse.41 Das Lebensbild umfasst nicht nur den gesamten Lebensablauf des Rechtsträgers, sondern muss sich mindestens auf wesentliche, das Lebensbild prägende Sachverhalte, beziehen.42 Bei einem Sportler ist in seiner sportlichen Betätigung nicht jede sportliche Betätigung hierunter geschützt, da dies für ihn einen alltäglichen Vorgang darstellt und somit der Schutz des Lebensbilds zu weit ausgedehnt würde.43 Außergewöhnliche Ereignisse, beispielsweise der Gewinn einer großen Meisterschaft können jedoch prägend auf das Lebensbild einer Person wirken. Man denke hierbei beispielsweise nur an den Gewinn der Tour de France von Jan Ullrich 1997. Insofern muss man zumindest bei für den einzelnen Sportler prägenden sportlichen Ereignissen davon ausgehen, dass hier der Schutz des Lebensbildes betroffen ist. b. Der Schutz des Lebensbilds gilt jedoch nicht absolut, sondern nur eingeschränkt; es können die Einschränkungen des KUG übernommen werden.44 Wie oben bereits ausgeführt, muss ein zeitgeschichtliches Interesse der Öffentlichkeit an Sportlern bejaht werden. Dies muss insofern das Recht am Lebensbild einschränken können, soweit es sich hier um in der Öffentlichkeit stattfindende Ereignisse handelt, bei denen die Privat- oder Intimsphäre nicht betroffen ist; es wäre widersprüchlich, gerade den Teil des Lebens vor der Öffentlichkeit zu schützen, der sich in der Öffentlichkeit abspielt.45 3. Durch den Schutz der Privatsphäre Bei Sportübertragungen sind Zuschauer im Stadion. Insofern kann von einer Verletzung der Privat- oder gar Intimsphäre keine Rede sein. Es handelt sich hierbei um Aufnahmen der Öffentlichkeitssphäre, welche nicht geschützt sind.46 Ein Abbildungsschutz des Sportlers ist folglich § 823 nicht zu entnehmen. 40 Baston-Vogt, Persönlichkeitsrecht S. 373; BVerfGE 35, S. 220. 41 Nipperdey, FS-Molitor S. 31; Baston-Vogt, Persönlichkeitsrecht S. 373. 42 Baston-Vogt, Persönlichkeitsrecht S. 373 f. 43 Günther, S. 153. 44 Schertz, ZUM 98 S. 760 ff; Staudinger-Hager, § 823 Rdn. C 231; Siegfried, Fernsehberichterstattung S. 12; Waldhauser S. 172f; Mülo-Riexeker, Anh. Zu § 12 Rdn. 35; Für die Anwendung der „Grundsätze des § 23 KUG“ jedoch mit gleichem Ergebnis für Sportler: Günther, S. 154. 45 Hubmann UFITA Bd. 26, S. 24; vgl. BVerfG NJW 2000, S. 1026 – „Caroline v. Monaco“. 46 Vgl. BVerfG NJW 2000, S. 1026 – „Caroline v. Monaco”. - 13 -
III. Leistungsschutz des Sportlers nach §§ 73 ff. UrhG In Betracht kommt weiterhin ein Schutz vor ungenehmigter Verwertung der Darbietung aus §§ 73 ff. UrhG. Hierzu müsste der Sportler ein ausübender Künstler gem. § 73 UrhG sein. Dies setzt den Vortrag oder die Aufführung eines Werkes oder das künstlerische Mitwirken an diesem voraus. Ein urheberrechtlicher Schutz kommt daher nur in Betracht, wenn sich die Darbietung gem. § 2 II UrhG als eine persönliche geistige Schöpfung darstellt.47 Genau hieran fehlt es jedoch bei der Sportveranstaltung.48 Einerseits wird argumentiert, dass die meisten Sportarten nur aus Wiederholungen bekannter Vorgänge bestehen; ihnen fehle somit das „neuartige“ schöpferische Element.49 Andererseits wird darauf abgestellt, dass eine Sportveranstaltung nicht durch einen bestimmten geistigen Gedanken, wie Gefühle, Gedanken oder Empfindungen, das Geschehen sondern vielmehr von Kraft, Geschicklichkeit und Perfektion dominiert wird.50 Meist wollen die Sportler überhaupt keine Leistungen individueller Prägung erbringen, sondern durch diese Leistungen lediglich ein Ergebnis herbeiführen, so beispielsweise die perfekte Imitation eines Sprungablaufes beim Eiskunstlauf oder Turmspringens.51 So sind auch diese schön anzuschauenden Elemente des Sports nur zweckbedingt.52 Lediglich der Eisrevue53 soll teilweise ein Schutz zugesprochen werden, da hier nicht mehr das sportliche, wettkämpferische Element, sondern der Tanz an sich im Vordergrund steht.54 Abgesehen von dieser Ausnahme ist ein urheberrechtlicher Schutz jedoch auszuschließen. Ein Schutz des Sportlers ergibt sich nicht aus §§ 73 ff. UrhG. IV. Analoge Anwendung der §§ 73 ff. UrhG Ein Schutz aus §§ 73 ff. UrhG ist nicht gegeben (s.o.). Es könnte hier jedoch eine analoge Anwendung der §§ 73 ff. UrhG auf Sportveranstaltungen in Betracht kommen. 1. Als erste Analogievoraussetzung müsste eine vergleichbare Interessenslage55, hier zwischen einer Sportveranstaltung und der Leistung einer kulturellen Veranstaltung nach § 2 UrhG, vorliegen. Dies wird einerseits mit der Begründung abgelehnt, dass es einer 47 Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 60 Anh § 73 KUG Rdn. 2; Fromm/Nordemann-Hertin, § 73 Rdn. 2; Lerche/Ulmer, Kurzberichterstattung S. 89; Ladeur GRUR 1989, S. 886. 48 Waldhauser, S. 89 f; v. Westerholt ZIP 1996, S. 264; vgl. Ladeur GRUR 1989, S. 886; Kübler, Massenmedien S. 43; Lerchhe/Ulmer Kurzberichterstattung, S. 71; Roth AfP 1989, S. 516. 49 Stopper, Ligasport S. 75; Hausmann BB 1994, S. 1090. 50 Schulze, kleine Münze S. 213; Schricker-Löwenheim, § 2 Rdn. 87. 51 Schricker-Löwenheim, § 2 Rdn. 87. 52 Schulze, kleine Münze S. 213. 53 oder einer besonders künstlerisch und tänzerisch dominierenden Eislaufkür (Schulze, kleine Münze S. 216). 54 BGH GRUR 1960, S. 605 – „Eisrevue I“; BGH GRUR 1960, S. 606 – „Eisrevue II“; Schulze, kleine Münze S. 216. 55 Schmalz, Methodenlehre Rdn. 327. - 14 -
Sportveranstaltung an der besonderen Schutzwürdigkeit fehlt, da ihr einerseits nicht das gleiche allgemeinpolitische Interesse wie einer kulturellen Veranstaltung zukommt und zudem die Gefahr der Unrentabilität bei Sportveranstaltungen nicht in dem gleichen Maße wie bei kulturellen Veranstaltungen existiert.56 Die Gefahr eines Schwarzmarktes, wie er in der Musikindustrie bei Bootlegs, d.h. ungenehmigt mitgeschnittenen Musikkonzerten, der Fall ist, ist bei Sportveranstaltungen nicht ersichtlich.57 Des Weiteren lehnt auch der EuGH Parallelen zwischen Kunst und Sport ab.58 Selbst wenn man diese vergleichbare Interessenslage dennoch bejahen würde59, müsste als zweite Analogievoraussetzung noch eine planwidrige Regelungslücke hinzukommen60. 2. Genau diese planwidrige Regelungslücke ist nur gegeben, wenn der Gesetzgeber unbewusst eine Gesetzeslücke gelassen hat. Es fehlt jedoch genau an dieser Planwidrigkeit der Regelungslücke.61 Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber Leistungen im Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung schützen wollte; er nahm sogar ausdrücklich Zirkus- und Varietévorführungen wegen der fehlenden Klärung und Abgrenzung von einer Einbeziehung in einen urheberrechtlichen Schutz aus.62 Der Schutz eben dieser Veranstaltungen wurde wegen der problematischen Abgrenzung zu Sportveranstaltungen aus dem Schutz herausgenommen.63 Der urheberrechtliche Schutz wurde Sportlern und Sportveranstaltungen bewusst versagt. Von einer Planwidrigkeit kann folglich keine Rede sein. Insofern kann keine analoge Anwendung der §§ 73 ff. UrhG erfolgen64. 56 Günther, S. 41f. 57 Waldhauser, S. 122. 58 EuGH ZIP 1996, S. 48 – „Bosman“. 59 Dieckmann UFITA 1995, S. 47 ff mit Verweis auf BGHZ 33, S. 27 – „Figaros Hochzeit“. 60 Schmalz, Methodenlehre, Rdn. 321 ff. 61 v. Westerholt ZIP 1996, S. 264; Schricker-Krüger, § 73 Rdn. 11; Lauktien, Fernsehkurzbericherstattung S. 65 f. 62 Begründung des Regierungsentwurfs zu § 83 UrhG (UFITA 1965 (Bd. II), S. 308) 63 Dies besaget der Bericht des Generalberichterstatters W. Wallace vom zum Haager Entwurf, der zu dem internationalen Rom-Abkommen vom 26. Oktober 1961 führte. Zu der Umsetzung dieses Abkommens diente wiederum der Rechtsschutz der ausübenden Künstler (BT-Drucksache IV/270, S. 34). 64 a.A. jedoch ohne Erläuterung bez. der planwidrigen Regelungslücke: Dieckmann UFITA 1995, S. 47 ff. - 15 -
V. § 1 UWG Ein Abwehrrecht des Sportlers könnte sich jedoch auch aus der Generalklausel des § 1 UWG ergeben. 1. Dies setzt ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus. Dies soll rein private oder hoheitliche Handlungen aus dem Wettbewerbsrecht heraushalten.65 Sowohl bei Profisportlern als auch bei Amateursportlern, welche an Veranstaltungen teilnehmen, die von fernsehrelevantem Stellenwert sind, ist ein Handeln im geschäftlichen Verkehr gegeben.66 2. Des weiteren wird ein Handeln zum Zwecke des Wettbewerbs vorausgesetzt. Ob die Fernsehanstalt einen öffentlich-rechtlichen oder einen privaten Charakter hat, spielt hierbei keine Rolle.67 a. Hier ist in objektiver Hinsicht ein bestehendes Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Sportler und der Fernsehanstalt von Nöten. Dies ist durch ein Verhalten gekennzeichnet, welches geeignet ist, den Absatz oder den Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen Person zu fördern.68 Fraglich ist, ob ein solches Verhältnis zwischen einem Sportler und einer Fernsehanstalt zu bejahen ist. aa. Die herrschende Meinung verneint ein solches Wettbewerbsverhältnis. Die Erwerbsquelle der einzelnen Sportler beruht hauptsächlich auf Dienst-, Arbeits- oder ähnlichen Verträgen mit Vereinen, Verbänden oder Sponsoren und wird somit nicht durch eine Fernsehberichterstattung beeinträchtigt.69 Die Erwerbschancen des einzelnen Sportlers werden nach dieser Meinung folglich nicht berührt, weshalb ein Schutz des Sportlers aus § 1 UWG entfällt. bb. Eine andere Auffassung schließt eine unmittelbare Beeinträchtigung aus, bejaht jedoch eine mittelbare Beeinträchtigung für die Fälle, in denen die Einnahmen des Sportlers vertraglich an die Zuschaueranzahl gekoppelt sind.70 Dies wird jedoch auf die Fälle beschränkt, in denen die Fernsehübertragung die Zuschauerzahl überhaupt beeinflussen kann; bei einer ausverkauften Veranstaltung liegt dies beispielsweise nicht vor.71 cc. Eine weitere Auffassung sieht eine mittelbare Beeinträchtigung hier immer als gegeben an.72 65 Waldhauser, S. 180. 66 Waldhauser, S. 180. 67 BGHZ 39, S. 356 – „Vortragsabend“; Roth, AfP 1989 S. 517; Haas/Reimann, SpuRt 1999, S. 183. 68 Baumbach/Hefermehl, UWG Einl. Rdn. 215; BGHZ 3 S. 277 – „Constanze I“. 69 Haas/Reimann, SpuRt 1999 S. 183; v. Westerholt, ZIP 1996 S. 265. 70 Siegfried, Fernsehberichterstattung S. 17. 71 Siegfried, Fernsehberichterstattung S. 17 f. 72 Waldhauser, S. 181 f. - 16 -
dd. Es erscheint doch sehr konstruiert, wie sich manche Auffassungen einen Schutz des Sportlers nach § 1 UWG ermöglichen. Eine Beeinflussung der Erwerbschancen des Sportlers durch Fernsehübertragungen kann regelmäßig nicht bejaht werden.73 Insofern tragen die Sportler selbst auch kein eigenes wirtschaftliches Risiko.74 Ein Schutz gem. § 1 UWG ist zugunsten des Sportlers deshalb abzulehnen. VI. Leistungsschutz gem. § 823 I BGB - Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Als weiteres Schutzrecht kommt das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht nach § 823 I in Betracht. Dies setzt eine selbstständige Tätigkeit voraus.75 Mannschaftssportler nehmen an Sportveranstaltungen regelmäßig als Arbeitnehmer ihrer Vereine teil. Sie sind folglich weisungsabhängig tätig76 und können sich deshalb nicht auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berufen. Insofern kommt ein diesbezüglicher Schutz nur noch für Individualsportler in Betracht. Es wird für einen diesbezüglichen Schutz jedoch auch eine der einzelnen geschützten Person zugeordnete verdinglichte Einheit materieller und immaterieller Betriebsmittel gefordert.77 Eine derartige Verdinglichung an Betriebsmitteln ist bei einem Sportler in der Regel nicht zu finden.78 Ein Schutz des Gewerbebetriebs aus § 823 I BGB entfällt für den Sportler. VII. Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung; § 826 BGB Unabhängig vom Vorliegen einer Wettbewerbshandlung kommt § 826 BGB immer neben § 1 UWG zur Anwendung.79 Hierzu müsste dem Sportler durch sittenwidriges und vorsätzliches Handeln von Seiten des Fernsehsenders ein Nachteil zugefügt worden sein. Hierbei schützt § 826 BGB insbesondere die Beeinträchtigung einer tatsächlichen Erwerbsaussicht.80 Das würde bedeuten, dass eine Fernsehübertragung eine Beeinflussungsmöglichkeit auf die Erwerbschancen des Sportlers haben muss. Diesbezüglich kann auf das zu § 1 UWG Gesagte verwiesen werden. Der Sportler selbst trägt in der Regel kein eigenes wirtschaftliches Risiko. 73 PHB-Summerer, S. 302. 74 Stopper SpuRt 1999, S. 188. 75 Jauernig-Teichmann, § 823 Rdn. 97. 76 Haas, Sportgerichtsbarkeit S. 64. 77 Haas/Proskop, JR 1998 S. 47 f; Erman-Schiemann, § 823 Rdn. 60; BGH NJW 1983 S. 813. 78 Haas/Proskop, JR 1998 S. 48; Haas/Reimann, SpuRt 1999 S. 183. 79 BGHZ 33, S. 28 f; BGHZ 36, S. 256. 80 RGZ 111, S. 156; Jauernig-Teichmann, § 826 Rdn. 5. - 17 -
Eine Beeinträchtigung der Erwerbsaussicht liegt folglich nicht vor. Insofern liegt keine Schädigung des Sportlers vor; § 826 BGB bietet keinen Schutz für den einzelnen Sportler. VIII. Zwischenergebnis Dem Sportler stehen also folglich in der Regel keine Abwehrrechte gegen die Fernsehverwertung einer Sportveranstaltung zu, an der er teilnimmt. - 18 -
C. Die Rechte des Veranstalters I. Einführung Wie oben dargestellt, haben die einzelnen Sportler keine Abwehrrechte gegen eine Fernsehverwertung. Fraglich ist somit, wer nun also noch als Träger eines möglichen Abwehrrechts in Frage kommen würde, sofern es ein solches überhaupt gibt. Neben den Sportlern, kommen noch Vereine, Verbände, Promoter usw. in Betracht. Diese in welcher Form auch immer definierten „Veranstalter“ könnten auch ein Recht auf das Verbot einer ungenehmigten Fernsehverwertung haben. Fraglich ist hier, genau wie bei den Sportlern, woraus sich solche Rechte ergeben könnten. Zudem ist hier jedoch fraglich, wem genau diese Rechte dann zustehen würden. II. Das Hausrecht (§ 1004 bzw. §§ 858 f., 862, 903 BGB) 1. Das Hausrecht im Allgemeinen Schon in seinem Urteil zum Globalvertrag erwähnt der BGH das Hausrecht als eine in Frage kommende Rechtsgrundlage für einen Schutz vor einer unbefugten Fernsehberichterstattung.81 Das Hausrecht besagt, dass der Eigentümer bzw. der Besitzer einer Sportstätte den Zutritt zum Veranstaltungsort privatautonom regeln und auch durchsetzen kann;82 er kann somit auch Fernsehanstalten den Zutritt verweigern.83 Es besteht also auf Grund des mietvertraglichen Besitzes (dann gem. §§ 858 f, 862, 903) oder aufgrund des Eigentums des Veranstalters an der Sportstätte (dann gem. § 1004).84 2. Einwände Umstritten ist, inwiefern dem Hausrecht eine mehr oder weniger gewichtige Rolle zukommt. Es wird argumentiert, dass für eine Berichterstattung zuerst eine Aufnahme des Geschehens durch das Sendeunternehmen nötig ist und dies durch einen mangelnden Zutritt zu der Veranstaltung nicht möglich ist.85 Lauktien bezeichnet daher das Hausrecht als „die stärkste, einer ungenehmigten Fernsehkurzberichterstattung durch Sendeunternehmen entgegen- stehende Rechtsposition“.86 Die Gegenauffassung verweist jedoch darauf, dass sich die Notwendigkeit eines ganzen Fernsehteams vor Ort dank des technischen Fortschritts bald ändern könnte und das Hausrecht nicht dazu verwendet werden kann um die Verbreitung einmal gemachter Aufnahmen zu 81 BGHZ 110, S. 383 – „Globalvertrag“. 82 Siegfried, Fernsehberichterstattung S. 39; Kübler, Massenmedien S. 63. 83 Waldhauser, ZUM 98 S. 131; Haas/Reimann, SpuRt 99 S. 184; Stopper, Ligasport S. 76. 84 v. Westerholt, ZIP 96 S. 266. 85 Lauktien, Fernsehkurzberichterstattung S. 60. 86 Lauktien, Fernsehkurzberichterstattung S. 60. - 19 -
untersagen.87 Dem ist jedoch aus heutiger Sicht nicht zuzustimmen. Unter anderem zur Vermeidung solcher Tatbestände wurde § 81 UrhG eingeführt.88 Der zweite Einwand dieser Auffassung ist, dass Möglichkeiten existieren, Sportarten wie beispielsweise die Formel 1 aus der Luft per Helikopter etc. oder von einem Gebiet, welches nicht dem Hausrecht unterliegt zu filmen.89 Es wird also auf das Problem illegal erstellter Aufnahmen abgestellt.90 Zudem wird auf Sportereignisse verwiesen, die nicht auf Privatgelände, sondern an öffentlich zugänglichen Orten (Marathonläufe, Radrennen, Automobilrallyes) stattfinden.91 Eine Ansicht besagt, dass in diesen Fällen die notwendig einzuholende Sondernutzungserlaubnis als „begrenztes Hausrecht“ vergleichbar sei, da nicht ersichtlich sei, dass diese Sportveranstaltungen weniger schutzwürdig seien als Veranstaltungen auf Privatgelände.92 Bei einer Veranstaltung auf öffentlichem Grund kann im Normalfall und im Gegensatz zu einer Veranstaltung in einem privaten Bereich jedermann als Zuschauer kostenfrei zusehen. Insofern liegt hier ein bedeutender Unterschied zu einer Veranstaltung auf Privatgelände. Durch eine solche Übertragung hat der Veranstalter, im Gegensatz zu dem Veranstalter in einem Stadion oder in einer Halle, keine Verdienstausfälle wegen eines mangelnden Zuschauerandrangs zu fürchten. Eine Vergleichbarkeit des Schutzbedürfnisses ist deshalb abzulehnen. In den verbliebenen Fällen ist die geschützte Person der Inhaber des Hausrechts, das heißt derjenige, dem aufgrund eines Mietvertrags oder des eigenen Eigentums das Recht an der Benutzung des Veranstaltungsorts zusteht. Nun ist fraglich, wie weit der Schutz des Hausrechts geht. Da das Hausrecht einen Abwehranspruch gegen denjenigen enthält, welcher Aufnahmen anfertigen und verbreiten will, ist unumstritten. Zu prüfen ist hier jedoch weiterhin, ob das Hausrecht auch einen Abwehranspruch gegen denjenigen beinhaltet, welcher die ungenehmigten Aufnahmen zwar nicht selbst gemacht hat, diese jedoch verbreiten will. Nach der Schloß-Tegel-Entscheidung ist dies der Fall.93 3. Einschränkungen zugunsten der Informationsfreiheit der Allgemeinheit Des Weiteren ist zu prüfen, ob der Schutz des Hausrechts durch das Informationsinteresse der Allgemeinheit eingeschränkt werden kann. Das UrhG kennt mit § 50 einen solchen Fall, in dem die Interessen des Berechtigten gegenüber dem Informationsinteresse der Allgemeinheit 87 Günther, S. 111. 88 Günther, S. 111; Schricker-Vogel, § 81 Rdn. 5. 89 Poll, Sportübertragungsrechte S. 24; Sterner, Berichterstattung S. 66; Günther, S. 111. 90 Poll, Sportübertragungsrechte S. 24. 91 Günther, S. 112. 92 PHB-Summerer, S. 303; vgl. Waldhauser S. 71. 93 BGH JZ 1975, S. 491 f. - 20 -
zurückzutreten haben. Hiernach dürfen Werke des UrhG im Rahmen von Nachrichtensendungen in einem durch den Zweck gebotenen Umfang durch Bild und Ton vervielfältigt, verbreitet und öffentlich dargestellt werden.94 Dies bedeutet jedoch, dass die gem. § 50 UrhG erlaubte urheberrechtliche Wiedergabeerlaubnis nur noch dann durch den Zweck geboten ist, wenn die Berichterstattung sachlich im Vordergrund steht und zeitlichen Schranken, d.h. auf aktuelle Ereignisse beschränkt, unterworfen wird.95 Weder das Urheberrecht noch das Eigentumsrecht (hier in der Ausformung als Hausrecht) darf unter der Betrachtung des verfassungsrechtlichen Ranges des Art. 5 I 1 GG zum Verhindern einer journalistischen Arbeit genutzt werden; insofern kann die Schranke des § 50 UrhG hier übernommen werden.96 Wie oben bereits dargestellt, muss die Berichterstattung hierbei im Vordergrund stehen; es muss bei der Zurschaustellung von Spiel- und Wettkampfszenen eine Interessensabwägung zwischen den Interessen des Veranstalters und den Interessen der Allgemeinheit stattfinden.97 Dies tat das BVerfG im Falle einer zu Informationszwecken dienenden nachrichtenmäßigen Kurzberichterstattung.98 Es stufte demzufolge den Abwehranspruch des Veranstalters, welcher durch die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit gem. Art. 12 I GG geschützt ist, im Interesse der Rundfunkfreiheit zu einem angemessenen Vergütungsanspruch herab.99 Für den Fall einer nachrichtenmäßigen Kurzberichterstattung besteht folglich ein Kontrahierungszwang für den Sportveranstalter, dem jedoch eine Karenzzeit zwischen dem Ende der Veranstaltung bzw. dem Ende der exklusiven Erstausstrahlung und dem Senden der nachrichtenmäßigen Kurzberichterstattung gewährt wird. Diese Einschränkungen des Abwehranspruchs des Veranstalters gelten nicht für eine ausführliche, somit nicht mehr Informationswecken dienenden, Zusammenfassung oder für eine komplette Übertragung. 4. Zwischenergebnis: Das Hausrecht bietet folglich einen Schutz gegen die ungenehmigte Verbreitung von Sportaufnahmen für die meisten Sportveranstaltungen durch die Tatsache, dass der Veranstalter das Recht hat, TV Sendern den Zutritt zu der Veranstaltung zu verbieten. Dies muss jedoch für den Fall einer nachrichtenmäßigen Kurzberichterstattung in einen angemessenen Vergütungsanspruch herabgestuft werden. 94 Müller-Katzenburg NJW 1996, S. 2343. 95 Müller-Katzenburg NJW 1996, S. 2343. 96 Beater JZ 1998 S. 1109; Haas/Reimann, SpuRt 1999 S. 185. 97 Haas/Reimann SpuRt 1999, S. 185. 98 BVerfG JuS 1998, S. 841. 99 BVerfG JuS 1998, S. 841. - 21 -
III. § 81 UrhG Weiterhin kommt ein Veranstalterschutz aus § 81 UrhG in Betracht. Dieser schützt zwar nicht die Darbietung als solche, sondern schützt die veranstaltete Darbietung eines ausübenden Künstlers.100 Genau dieser Verweis zeigt, dass es sich bei der Darbietung um einen Fall des § 73 UrhG handeln muss, welcher wiederum als Anspruch die Aufführung eines Werkes gem. § 2 UrhG hat.101 Dies liegt nicht vor (s.o.). Ein urheberrechtlicher Schutz nach § 81 UrhG ist folglich nicht gegeben. IV. Analoge Anwendung des § 81 UrhG Eine analoge Anwendung des § 81 UrhG auf den Veranstalter scheitert aus den gleichen Gründen, wie eine mögliche analoge Anwendung des § 73 ff. auf den Sportler (s.o.).102 V. § 1 UWG (Schutz vor unlauterer Leistungsübernahme) Ein weiteres in Betracht kommendes Recht des Veranstalters ist der Schutz vor unlauterer Leistungsübernahme gem. § 1 UWG. 1. Anwendbarkeit Fraglich erscheint in diesem Zusammenhang zuerst, ob ein Schutz über das Wettbewerbsrecht überhaupt möglich ist. Hierzu ist das Verhältnis des UWG zum Urheberrecht zu beleuchten. Das UrhG bietet als Sonderrecht einen unter anderem zeitlich begrenzten Schutz. Ein solcher begrenzter Schutz darf nicht durch einen wettbewerblichen Leistungsschutz ersetzt, verlängert oder ausgeweitet werden.103 Das bedeutet wiederum, dass das UWG dem UrhG untergeordnet werden muss und dort ein Leistungsschutz des UWG ausscheidet, wo das UrhG keinen Schutz gewähren sollte.104 Sportveranstaltungen wurden einerseits vom Gesetzgeber bewusst nicht in den urheberrechtlichen Schutz einbezogen (s.o.), er sprach ihn ihnen jedoch andererseits lediglich aus Gründen der problematischen Abgrenzung von Sport- zu Zirkus- und Varietevorführungen ab; ein „Schutzbedürfnis in einem gewissen Umfang“ wurde jedoch für Sportveranstaltungen anerkannt.105 Dies zeigt, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigte, den Sport grundsätzlich als schutzunwürdig zu 100 Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 81 Rdn. 3; Schricker-Vogel, § 81 Rdn. 15; OLG München, NJW-RR 1997, S. 1406; Hoeren, Anm. zu BGHZ 137, 296, JR 1998 S. 332; BGHZ 110, S. 383 – „Globalvertrag“. 101 Schricker-Vogel, § 81 Rdn. 15 f; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 81 Rdn. 3. 102 v. Westerholt, ZIP 1996, S. 265. 103 Reimer, FS-Wendel S. 100; Haas/Reimann, SpuRt 1999 S. 186; Baumbach/Hefermehl, § 1 Rdn. 578. 104 Köhler/Piper-Piper, § 1 Rdn. 594; Reimer, FS-Wendel S. 99 ff.; OLG Frankfurt SpuRt 1999, S. 112. 105 BT-Drucks. IV/270 S. 90. - 22 -
betrachten, er wollte statt dessen nur einen urheberrechtlichen Schutz versagen; also verdrängt das UrhG hier nicht das UWG.106 Das UWG ist anwendbar. 2. Als Voraussetzung ist zunächst ein Handeln im geschäftlichen Verkehr erforderlich (s.o.). Dies liegt hier für alle in Frage kommenden Parteien, wie Veranstalter, insbesondere auch Idealvereine, Sportrechtehändler und Fernsehanstalten, hier speziell auch für öffentlich- rechtliche Anstalten vor. 107 3. Zudem ist ein Handeln zum Zwecke des Wettbewerbs erforderlich (s.o.). a. Hierfür muss ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Veranstalter des Sportereignisses und der Rundfunkanstalt existieren (s.o.). Der Veranstalter und der Fernsehsender richten sich an das sportinteressierte Publikum. Sie haben somit den gleichen Interessentenkreis.108 Des Weiteren kann ihr Verhalten am Markt die Wettbewerbssituation des anderen verändern. Dies ist besonders deutlich an der Möglichkeit einer Veränderung des Eintrittskartenverkaufs durch den Veranstalter wegen einer gleichzeitigen Liveübertragung der Veranstaltung durch das Fernsehen zu zeigen.109 aa. Insofern ist das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses für eine nicht ausverkaufte Veranstaltung unproblematisch. bb. Bei einer ausverkauften Sportveranstaltung ist eine Beeinträchtigung des Kartenabsatzes jedoch ausgeschlossen. Problematisch ist folglich die Frage, ob das Wettbewerbsverhältnis noch immer existiert, wenn die in Frage kommende Veranstaltung ausverkauft ist. Das gleiche gilt für Übertragungen, die so stark zeitversetzt gesendet werden, dass sie als Ersatz zum Veranstaltungsbesuch nicht in Betracht kommen.110 Einerseits kann man hier davon ausgehen, dass das in Frage kommende Wettbewerbsverhältnis dann nicht existiert.111 Andererseits kann eine Beeinträchtigung der zukünftigen Besucherströme nicht ausgeschlossen werden, speziell dann nicht, wenn der Zuschauer die Möglichkeit hat, das Ereignis am Fernsehen besser, bequemer und vor allem nahezu kostenlos mitzuerleben.112 Dennoch vertritt Kübler die Auffassung, dass ein Wettbewerb zumindest in den Fällen ausgeschlossen bleibt, in denen die Veranstaltungen stets ausverkauft sind, wie z.B. Länderspielen oder Endspielen der europäischen Fußball Pokalwettbewerbe.113 Dem muss jedoch entgegengehalten werden, dass das Erfordernis des Wettbewerbsverhältnisses 106 Reimer, FS-Wendel S. 104. 107 Vgl. Waldhauser, S. 124 f. 108 Haas/Reimann SpuRt 1999, S. 186; v. Westerholt ZIP 1996, S. 268; vgl. BGH NJW 1970 S. 2060 – „Bubi Scholz“. 109 Günther, S. 43; v. Westerholt ZIP 1996, S. 268; 110 Siegfried, Fernsehberichterstattung S. 31 f.; v. Westerholt ZIP 1996, S. 265. 111 Siegfried, Fernsehberichterstattung S. 31 f.; v. Westerholt ZIP 1996, S. 265; Kübler, Massenmedien S. 56. 112 Lerche/Ulmer Kurzberichterstattung S. 80 f. 113 Kübler, Massenmedien S. 56. - 23 -
heutzutage weit ausgelegt wird.114 Dies geht im Bereich der Fernsehrechte so weit, dass (im Gegensatz zur „Bubi Scholz“-Entscheidung des BGH115) angenommen wird, dass eine Übertragung von alten Box-Klassikern die sportinteressierten Zuschauer vom Besuch einer aktuellen Boxveranstaltung abhalten könnte und so ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Fernsehsender und einem Veranstalter von Boxkämpfen bejaht wird.116 Teile der Literatur wollen sogar auf das generelle Erfordernis eines Wettbewerbsverhältnisses verzichten.117 Des Weiteren ist zu erwähnen, dass auf dem heutigen Sportmarkt sich die Einnahmen des Veranstalters nicht nur aus Zuschauereinnahmen zusammensetzen. So konkurrieren Veranstalter und Fernsehsender nicht nur um Zuschauer, sondern auch um Werbekunden, die beispielsweise die Wahl haben, bei dem übertragenden Sender Zeit für Werbespots oder bei dem Veranstalter Werbebanden zu kaufen.118 Des Weiteren aber verdienen die Sportveranstalter erhebliche Summen mit dem Verkauf ihrer Sportrechte. Diese unter Umständen sehr hohen Summen für die Erlaubnis der Ausstrahlung basieren auf einer Exklusivitätsklausel. Sofern diese Exklusivität durch eine nicht genehmigte Ausstrahlung gefährdet wäre, müsste der Veranstalter einen Einnahmeeinbruch fürchten. Insofern sind Rückwirkungen für das „Lizenzgeschäft“ des Veranstalters nicht 119 ausgeschlossen. Bei dieser Argumentation wird die Tatsache der Existenz von Fernsehrechten vorausgesetzt. Deren rechtliche Existenz soll jedoch gerade untersucht werden. Es könnte somit davon auszugehen sein, dass der Veranstalter nicht bei dem Absatz von etwas behindert werden könnte, das gar nicht existiert.120 Man könnte somit einen Zirkelschluss begehen, wenn man von der Behinderung des Absatzes einer Ware ausgeht, und auf diese Weise auf die rechtliche Existenz dieser Ware schlösse.121 Insofern ist fraglich, ob diese Argumentationsweise möglich ist. Diese Bedenken werden jedoch mit dem Verweis auf die Privatautonomie ausgeräumt, indem darauf verwiesen wird, dass ein Vertrag über die Aufzeichnung einer Veranstaltung auch dann möglich ist, wenn der Veranstalter ohne diesen Vertrag keine Rechte auf die Veranstaltung hätte.122 Eine Behinderung des Absatzes ist folglich auch dann gegeben, wenn eine tatsächliche Absatzmöglichkeit existiert, wobei der 114 BGH WRP 1994, S. 495 – “Markenverunglimpfung I”; BGH GRUR 1985, S. 552 – „DIMPLE“; Baumbach/Hefermehl, Einl. Rdn. 214 ff.; Dettelbacher S. 111ff. 115 BGHZ NJW 1970 S. 2060. 116 OLG München ZUM-RD 1997 S. 292. 117 Schricker GRUR Int. 1996, S. 478; Dettelbacher S. 111 ff.; Baumbach/Hefermehl, Einl. Rdn. 247 ff. 118 Waldhauser, S. 129; Ulmer/Lerche, Kurzberichterstattung S. 81. 119 Waldhauser, S. 129 f. 120 Günther, S. 44. 121 Günther, S. 44. 122 Günther, S. 45. - 24 -
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