Whitepaper Facebook in der politischen Kommunikation - Chancen für Parteien und Politiker
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1 Inhalt 1. Auswahl der geeigneten Plattform ......................................................................... 2 1.1. Das persönliche Profil ......................................................................................... 2 1.2. Die Fanpage ........................................................................................................ 3 1.3. Gruppen .............................................................................................................. 3 2. Erfolgsfaktoren für eine Fanpage .......................................................................... 3 2.1. Aufbau von Fans ................................................................................................. 4 2.2. Netto Reichweite ................................................................................................. 4 2.3. Kommunikation und Aktivierung von Fans .......................................................... 5 3. Community Management ...................................................................................... 6 3.1. Kontrollverlust? .................................................................................................... 6 3.2. Die Aufgaben des Community Managers ............................................................ 7 3.3. Anforderungen an den Community Manager ...................................................... 8 4. Erfolg und Messung von Erfolg ............................................................................. 8 5. Aspekte des Datenschutzes ................................................................................ 10 Kein Spitzenpolitiker ist mehr ohne Fanpage oder Profil auf Facebook. Kurz vor dem Wahlkampf steigen bei den Spitzenkandidaten die Zahl der Posts auf Facebook, Twitter & Co. rapide an, um dann nach der Wahl wieder abzusinken. Aber Experten wissen, dass die Verlängerung des konventionellen Wahlkampfes in das Social Web nicht funktionieren kann und eine spezifische Social Media Strategie erforderlich ist. Dabei ist Social Media keine Technologie, sondern eine Verhaltensweise der Nutzer, Bürger und Wähler. Menschen sind dabei, ihr Kommunikationsverhalten gravierend zu ändern. Und dieser Wandel vollzieht sich in nie gesehener Geschwindigkeit auf Plattformen, von denen Facebook immer wieder im Fokus steht. Ursache sind die hohen Nutzerzahlen von derzeit ca. 21 Mio. aktiven Nutzern in Deutschland sowie die umfangreichen Möglichkeiten auf Facebook. Doch die Plattform Facebook ist von den technischen wie inhaltlichen Möglichkeiten komplex. Daher herrscht oft Verunsicherung, wie die ersten Schritte in der Strategieentwicklung und Umsetzung erfolgen sollen. In diesem kurzen Whitepaper wollen wir aufzeigen, wie Facebook im Kontext der politischen Kommunikation funktioniert und welche Stolpersteine es zu beachten gibt.
2 1. Auswahl der geeigneten Plattform Zu Beginn jeder Aktivität auf Facebook ist zu entscheiden, ob die Kommunikation eines Politikers oder einer Partei über ein persönliches Profil, eine sogenannte Fanpage oder eine Gruppe erfolgen soll. Die Antwort auf die Frage kann sogleich vorweggenommen werden: In jedem Fall ist eine Fanpage die richtige Plattform. Aber im Detail ist es doch wichtig, die Unterschiede und vor allem die Vor- und Nachteile der drei Optionen zu kennen: 1.1. Das persönliche Profil Jede Aktivität auf Facebook setzt die Registrierung einer (natürlichen) Person voraus, über die ein sogenanntes Persönliches Profil angelegt wird. Für die Registrierung sind neben der E-Mail Adresse nur Name und Alter anzugeben. Das Profil schafft die Grundlage jeder Aktivität auf Facebook. In Bezug auf die Kommunikation eines Politikers stellt sich (wie etwa auch bei einem Künstler oder Musiker) die Frage, ob die Kommunikation dann über das persönliche Profil erfolgen soll, indem ein Kreis von Freunden aufgebaut wird.1 Soweit ein Politiker jedoch beabsichtigt, Facebook neben der politischen Kommunikation mit Wählern und Anhängern auch privat zu nutzen, entsteht hier schnell das Problem der Vermischung; denn der Politiker müßte nun persönliche Freunde neben Anhängern in gleicher Weise als Freunde führen. Eine Unterscheidung ist hier nicht möglich. Dies wird aber ohne Zweifel auf Dauer zu Problemen führen. Eine Alternative könnte sein, dass der Politiker nur Freundschaftsanfragen von privaten Freunden annimmt; Anhänger wären dann auf die Möglichkeit beschränkt, dass sie dem Profil des Politikers „folgen“ könnten. Das Folgen bedeutet, dass ein anderer Nutzer einem persönlichen Profil folgt und so dessen öffentlichen Mitteilungen (Statusupdates) folgen kann. In der Praxis birgt aber auch dies den Nachteil, dass gerade im Umfeld der Politik die Grenzen zwischen Freunden und Anhängern sehr unscharf sind und die Unterscheidung daher auf Dauer nicht praktikabel ist. Und so wird der Politiker dann gezwungen sein, viele Freundschaftsanfragen abzulehnen. Aber auch wenn ein Politiker beabsichtigt, Facebook ausschließlich beruflich und nie privat zu nutzen, wäre die Nutzung des persönlichen Profils für die politische Kommunikation mit Nachteilen verbunden: Zunächst hat das persönliche Profil technisch einige Nachteile. Zu nennen ist vor allem das fehlende Statistikmodul, d.h. beim Profil gibt es keine Möglichkeiten, die Reichweite und Interaktionen auszuwerten. Anders bei der Fanpage, die über die Facebook Insights über ein gutes Auswertungstool verfügt. Zum anderen ist es aus technischen Gründen einfacher, eine Fanbasis aufzubauen, da z. B. mit dem sogenannten Fanbox Widget fertiges Widgets in die eigene Webseite eingebunden werden können, über die ein Besucher der eigenen Webseite außerhalb von Facebook unmittelbar Fan werden kann. Zudem muß der Fan nicht 1 Ein Nutzer kann sich mit anderen Nutzern auf Facebook über sog. Freundschaften
3 bestätigt werden, während beim persönlichen Profil jede Freundschaftsanfrage angenommen werden muß. Das führt zu unnötigem Aufwand und Verzögerung. Im Ergebnis spricht daher vieles gegen das persönliche Profil und für die Fanpage. Tip: Ein persönliches Profil kann in eine Fanpage umgewandelt werden. Aus den Freunden werden dann Fans. Diese Umwandlung kann aber nicht rückgängig gemacht werden. 1.2. Die Fanpage Für eine Partei oder einen Politiker sollte daher eine Fanpage angelegt werden. Dies erfolgt (kostenfrei) über ein persönliches Profil.2 Die Fanpage ähnelt von der Struktur einem persönlichen Profil, wobei mit der Einführung der sogenannten „Timeline“ für persönliche Profile die Ähnlichkeit derzeit stark abgeschwächt ist, da die Fanpages noch nicht über eine Timeline verfügen. Das wichtigste Merkmal der Fanpage ist, dass der Inhaber bzw. Administrator der Fanpage mit den verbundenen Nutzern – den Fans – kommunizieren kann. Hierdurch entsteht die Möglichkeit eines Dialoges mit Nutzern, die sich für den Inhalt der Fanpage interessieren. Fanpages werden vor allem von Unternehmen und Marken für das kommerzielle Marketing genutzt, aber auch von Politikern und Parteien. 1.3. Gruppen Schließlich kann ein Facebook Nutzer auch eine Gruppe auf Facebook anlegen, in der sich Facebook Nutzer zusammenschließen können. Gruppen können offen oder „nur auf Einladung“ angelegt werden. Gegenüber den Fanpages haben die Gruppen den Nachteil, dass ab 5.000 Mitgliedern die Möglichkeiten der Kommunikation reduziert werden. Von daher scheiden Gruppen für die politische Kommunikation für Politiker oder Parteien im Regelfall aus. Gruppen können aber flankierend sinnvoll sein, wenn ein bestimmtes Thema auf Facebook diskutiert werden soll. Zu diesem (singulären) Thema kann dann ein Politiker über sein eigenes Profil eine Gruppe anlegen und so eine Diskussion auf Facebook anstoßen und anschließend moderieren. 2. Erfolgsfaktoren für eine Fanpage Das größte Mißverständnis bei der Konzeption und dem Betrieb einer Fanpage besteht darin, diese als zweite Webseite anzusehen. Dieser gedankliche Fehler ist aber weit verbreitet und beruht darauf, herkömmliche Methoden der Online Kommunikation bzw. des digitalen Marketing auf eine Facebook Fanpage zu übertragen. Diesem Missverständnis liegt die irrige Annahme zugrunde, ein Nutzer oder Fan würde eine Fanpage in ähnlicher Weise aufrufen, wie eine Webseite. Dies ist aber 2 Weitere Informationen dazu auf www.facebook.com/pages
4 sehr selten der Fall, denn auf Facebook hat der Nutzer ein gänzlich anderes Nutzungsverhalten als im Internet. Im Internet steuert der Nutzer entweder Webseiten direkt an oder wird über Links und Suchmaschinen auf Webseiten geführt. Auf Facebook surft der Nutzer dagegen primär durch seinen eigenen Newsfeed. Der Newsfeed ist die persönliche Startseite jedes Facebook Nutzers. Hier hat der Nutzer eine gefilterte und sortierte Auflistung von Posts aus seinen Verbindungen, also Freunden, Fanpages oder Gruppen. In diesen Post navigiert der Nutzer, indem er die Posts liest und eventuell. gleich damit interagiert, indem er z. B. einen Kommentar schreibt oder einen Beitrag „liked“. Der Nutzer kann auch das Profil eines Freundes oder eine Fanpage direkt aufrufen, er muß dies aber nicht und wird es nicht immer tun. Bezogen auf die Kommunikation zwischen Nutzer und Fanpage wird hier deutlich, dass im Vordergrund also der Post steht, den die Fanpage in den Newsfeed des Fans „pusht“. Der Besuch der Fanpage ist nicht notwendig und erfolgt daher nicht zwangsläufig. Diese Art der Kommunikation über einen „Pushdienst“ ähnelt daher eher einem Newsletter als einer Webseite. Daher kann und darf die Fanpage auch nicht wie eine Webseite mit „abrufbaren Inhalten“ bestückt werden, sondern muß auf den Dialog mit dem Nutzer ausgerichtet werden. 2.1. Aufbau von Fans Der Aufbau einer Fangemeinde erfolgt im Wesentlichen in drei Schritten: Der Integration in die bestehenden Reichweiten, Anzeigen auf Facebook sowie Mundpropaganda auf Facebook. Bereits vorhandene Reichweiten sollten intensiv zu Beginn aber auch laufend in der späteren Arbeit genutzt werden, um Fans aufzubauen. Reichweiten sollten vor allem über die eigenen Webseiten und Newsletter hergestellt werden, aber auch über eine E-Mail Signatur, die etwa alle Mitarbeiter nutzen. Auf diesen Kanälen wird es gelingen, ohne Kosten die eigenen Anhänger auf Facebook zu mobilisieren. Im zweiten Schritt können ergänzend Anzeigen genutzt werden. Facebook Anzeigen sind jedoch nicht billig. Dennoch kann es geboten sein, den Reichweitenaufbau in der Aufbauphase mit Anzeigen zu flankieren. An dieser Stelle sei bereits auf eines hingewiesen: Erfolge treten auf Facebook nicht kurzfristig ein, sondern sind Ergebnis eines kontinuierlichen Dialogs. Anzeigen auf Facebook im Wahlkampf zu schalten (wie etwa die Frank Walter Steinmeier Kampagne in der Bundestagswahl 2009) ist aus dem Fenster geworfenes Geld. Schließlich ist Mundpropaganda oder die virale Verbreitung von Inhalten auf Facebook die effektivste und wirtschaftlichste Art, die Zahl der Fans zu steigern. Aber diese viralen Prozesse werden oft überschätzt. Vor allem treten sie nicht von alleine ein, sondern müssen durch geeignete Inhalte und technische Lösungen gezielt ausgelöst werden. 2.2. Netto Reichweite Die Zahl von Fans ist aber nur von bedingtem Wert und Aussagekraft. Denn Die Zahl der Fans als Brutto Reichweite ist nur eine theoretische Reichweite; denn nicht jeder
5 Fan kann über einen Post tatsächlich erreicht werden. Und nur die tatsächlich erreichten Fans bestimmen die Netto Reichweite der Fanpage. Es kann daher sein, dass ein Post einer Fanpage mit 50.000 Fans de facto nur 10.000 Fans erreicht. Die Nettoreichweite läge dann bei 20 Prozent. Und „erreicht“ meint hierbei nicht etwa gelesen, sondern im Newsfeed der Nutzer erschienen, also sogenanntePpage Impressions. Worauf basiert der Unterschied? Ausschlaggebend für die Netto Reichte sind die auch unter dem Begriff „Edge Rank“ zusammengefassten Mechanismen, die Facebook bei der Filterung und Sortierung der Inhalte im Newsfeed anwendet. Denn nicht jeder Post einer Fanpage wird im Newsfeed aller Fans angezeigt. Ursächlich hierfür sind die von Facebook eingesetzten Filter, die bei jedem Nutzer dafür sorgen, dass nur ein Teil aller Inhalte überhaupt angezeigt wird. Ferner erzeugen die Filter zugleich eine Reihenfolge aller Inhalte. Auch diese ist entscheidend, da die weiter oben ausgespielten Inhalte naturgemäß eine weitaus höhere Aufmerksamkeit erzielen. Die größte Sichtbarkeit erhalten die als „Top Meldungen“ gekennzeichneten Meldungen, meist von Freunden oder populären Profilen, denen der Nutzer folgt. Darunter erscheinen dann Status Updates von Freunden und Posts von Freunden. Geübte Nutzer setzen hier selbst Filter, indem sie Freunde in Listen gruppieren. Die Sortierung und Filterung erfolgt nach der von Facebook vermuteten Relevanz der Inhalte für den einzelnen Nutzer. Die Relevanz berechnet Facebook dabei in dem „Edge Rank“ nach der Aktivität. Werden Inhalte einer Fanpage von den Fans aktiv genutzt, z. B. geteilt, „geliked“ oder kommentiert, dann steigt der Edge Rank und sorgt für eine gute Platzierung im Newsfeed der Fans – und somit auch die Netto Reichweite der Fanseite. Insgesamt folgt daher aus den Filtermechanismen, dass nur eine insgesamt aktive Fanbasis dafür sorgt, dass die Inhalte auch eine hohe Netto Reichweite erreichen. Passive Fans und Brutto Reichweiten sind dagegen bedeutungslos. 2.3. Kommunikation und Aktivierung von Fans Die Aktivierung der Fans ist aber nicht nur infolge der oben genannten formellen Filterkriterien von Bedeutung, sondern zugleich der Kern der Social Media Aktivität. Denn es geht um Dialog und Interaktion und nicht um das Senden von Werbe- oder PR Botschaften. Diese Grundlagen der Kommunikation in den Sozialen Medien sind aber bisher den meisten Politikern und Parteien bzw. den für die Kommunikation Verantwortlichen nur zum Teil bekannt. Anders ist es nicht zu erklären, dass die große Mehrzahl von Facebook Auftritten aus Pressemitteilungen oder aus dem Internet verlängerten Kampagnen besteht. Beides funktioniert aber nicht. Auch hier ist die maßgebliche Ausgangslage der News Feed des Fans und zwar im Kontext der Nutzung von Facebook. Die große Mehrzahl der Nutzer will auf Facebook vor allem private Kommunikation mit Freunden. Hierbei geht es um den Austausch von banalen Dingen des Alltags: Wer machte gestern was, was machen wir heute und was wollen wir morgen tun. Das ganze wird durch Bilder und Videos angereichert. Werbung von Unternehmen oder Parteien ist hier nicht erwünscht und wird nicht beachtet.
6 Das sogenannte „Social Media Marketing“ setzt hier an und versucht mit den Nutzern einen Dialog aufzubauen, der auch im Kontext des privat genutzten Facebook Interesse erzeugt. Gemeint ist ein Dialog zwischen Marke und Nutzer. Ob sich die Nutzer dann für eine Marke interessieren und in einen Dialog einbeziehen lassen, hängt von den Gesprächsthemen ab, die die Marke offeriert. Die Präsentation von Produkten dagegen hat keine Chance, Aufmerksamkeit oder Interaktion zu erzeugen. Anders als kommerzielle Marken haben es Politiker und Parteien auf den ersten Blick leichter, denn sie wollen ja keine Produkte verkaufen, sondern haben ja gerade die Themen „als Produkt“. Dennoch tun sich die meisten Akteure unerwartet schwer, in einen Dialog einzusteigen. Ganz im Gegenteil werden PR Botschaften abgefeuert, die in keiner Weise auf die spezifischen Nutzungsgewohnheiten des „Mediums“ Facebook zugeschnitten sind. An dieser Stelle setzt die eigentliche Arbeit an: Eine Aktivität auf Facebook ist eben nicht die Einrichtung einer zweiten Webseite oder eines weiteren PR Verteilers, über die sich Botschaften unter das Volk bringen lassen. Wer auf Facebook Erfolg haben will, der muss hart an Strategie und Konzept arbeiten, wie der Dialog mit Fans, Wählern, Parteimitgliedern oder auch Spendern geführt werden kann. 3. Community Management Die Aufgabe des Community Managements fällt die tägliche Kommunikation mit den Fans auf Facebook. Anders als beim Online Redakteur besteht die Aufgabe nicht nur darin, nach einem Redaktionsplan einen Inhalt zu veröffentlichen. Die Aufgaben gehen weit über diese „Einbahnstrassen“ Kommunikation hinaus. 3.1. Kontrollverlust? Viele Politiker haben Angst vor Kritik und sogenannten „Trollen“. Auf den ersten Blick nicht ganz zu unrecht, da doch einige Facebook Aktivitäten „entgleist“ sind, wie etwa die von Außenminister Guido Westerwelle. Aber das sind Ausnahmen, deren Ursachen nicht allein in Facebook und handwerklichen Fehlern im Umgang mit den Sozialen Medien liegen. Worum geht es denn im Kern? Im Vordergrund steht meist die Befürchtung, die Kontrolle zu verlieren und zu viel negatives Feedback zu erhalten. Zunächst zur Kontrolle: Kontrolle gibt es nicht mehr, seit jeder Internetnutzer in Foren, Blogs, Gruppen etc. quasi zum Publizisten geworden ist und jederzeit und überall seine Meinung veröffentlichen kann. Dies erfolgt ohnehin täglich in kaum noch zu überschaubarem Umfang und hier hat der Politiker die gleichen Probleme wie der Automobilhersteller: Nicht alle sind zufrieden und die Unzufriedenen schreien immer lauter als die Zufriedenen. Wer aber als Politiker, Partei oder eben auch Automobilhersteller ausschließlich unzufriedene Anhänger hat, der hat ohnehin Probleme, deren Ursache aber nicht in der Kommunikation liegen, sondern im Produkt. Alle anderen haben neben den Kritikern auch Fürsprecher und diese werden dann auch ihre Stimme erheben. Hier kommen dann die Selbstreinigungskräfte einer Community zur Wirkung, die ein Einschreiten des Community Managers oft entbehrlich machen. Und jede Zurückweisung von Kritik
7 durch andere Nutzer ist ohnehin glaubhafter und wirkungsvoller als die des Community Managers. Aus diesem Grund ist auch zumeist die Furcht vor zu viel negativen Inhalten oder Kritik unbegründet. Die Mehrzahl der Facebook Nutzer die einer Fanpage beitritt tut dies, weil sie eine positive Einstellung zu dem jeweiligen Betreiber haben. Und diese Mehrzahl bestimmt die Tonalität – und nicht die Nörgler. Ganz anders sieht die Situation natürlich in der Krise aus. Dann ist Krisenkommunikation notwendig, die aber nicht nur das Social Web und eine Aktivität auf Facebook betreffen dürfte. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich eine Krise quasi exklusiv auf Facebook entwickelt. Der Normalfall ist der, dass das allgemeine Stimmungsbild ein Abbild in der Kommunikation auf Facebook und einer Fanpage darstellt. 3.2. Die Aufgaben des Community Managers Im Tagesgeschäft stellt das Community Management eine anspruchsvolle und zeitintensive Tätigkeit dar. Denn anders als der Online Redakteur muß der Community Manager einen Dialog nicht nur initiieren, sondern auch selbst führen. Bei Politikern stellt sich schnell die Frage, ob dies die oder der Politiker selbst machen sollte. Natürlich wäre das der Idealfall, aber in der Praxis wird das oft nicht möglich sein. Es wird daher ein Community Manager diese Aufgaben wahrnehmen. Zu den Aufgaben gehört zunächst die Erstellung eines strategischen Redaktionsplans, der in die gesamte Kommunikationsstrategie eingebunden ist. Die jeweiligen Themen werden sich aus dem Tagesgeschäft sowie der gesamten Kommunikationsarbeit ergeben. Weitere Themen werden von außen herangetragen, etwa wenn die Fans selber Themen entwickeln. Der Community Manager muß zeitnah auf Kommentare und Fragen eingehen und diese beantworten. Als Faustregel gilt, dass eine Antwort innerhalb von acht Stunden erfolgen sollte. Bei komplexen Themen sollte zumindest eine erste kurze Stellungnahme vorab erfolgen, die mit dem Hinweis auf eine folgende ausführliche Antwort verbunden wird. Neben der inhaltlichen Arbeit hat der Community Manager auch „Verwaltungsaufgaben“. Dazu gehört vor allem die laufende Auswertung der Statistiken aus den Facebook Insights. Hier gilt es vor allem, die Reichweite und Interaktionen der einzelnen Post auszuwerten, um die inhaltliche Arbeit zu optimieren. Vor allem müssen die Interaktionen ausgewertet werden, um eine möglichst hohe Interaktionsrate der Fans zu erreichen. Zur Steigerung der Reichweite sind aber auch andere Faktoren zu optimieren, wie z. B. Frequenz der Postings, Tageszeit etc. Dies alles sollte auch für Wettbewerber analysiert werden. Schließlich gehört auch der kontinuierliche Ausbau der Fangemeinde zu den Aufgaben des Community Managers, so wie auch die optimale Vernetzung der Facebook Aktivität mit anderen Maßnahmen und Aktivitäten der (digitalen) Kommunikation.
8 3.3. Anforderungen an den Community Manager Die oben genannten Aufgabenbereiche zeigen, dass das Community Management nicht an Praktikanten ausgelagert werden und nicht nebenbei gemacht werden kann. Das Volumen ist abhängig vom einzelnen Fall, aber einige Stunden pro Tag kann das schnell in Anspruch nehmen. Neben den quantitativen sind die qualitativen Anforderungen zu beachten. Das Community Management muß eine Person übernehmen, die neben Erfahrung vor allem ein hohes Interesse an der Welt der sozialen Medien hat. Dazu gehört die notwendige Sensibilität für den Dialog. Diese haben Mitarbeiter aus der Pressearbeit nicht sofort, da sie auf das Streuen von Informationen an Journalisten getrimmt sind. Und genau diese Mechaniken funktionieren nicht im Social Web. Vor allem muß der Community Manager eng in die Kommunikationsaufgaben eingebunden sein und schnell an Informationen herankommen, um den Dialog mit der Community führen zu können. Auch wenn entsprechende Weiterbildungsangebote noch rar sind, sollten die mit den Aufgaben des Community Managers betreuten Personen hier die Möglichkeit der Fortbildung und des Erfahrungsaustausches mit Experten und Kollegen haben. 4. Erfolg und Messung von Erfolg Zu Beginn müssen die eigenen Ziele definiert werden, anhand derer eine Messung und Steuerung stattfinden kann. 4.1. Ziele Über Social Media und Facebook lassen sich politisch kurzfristig keine qualitativen Ergebnisse erzielen. Social Media wirkt langfristig. Allenfalls Fans können kurzfristig aufgebaut werden, die aber als Brutto Reichweite kaum politische Relevanz haben. In einer qualitativen Betrachtung ist daher differenziert zu beurteilen, welche Ziele langfristig erreicht werden sollen. „Were it not for the Internet, Barack Obama would not be president. Were it not for the Internet, Barack Obama would not have been the nominee.” Dieser Satz von Arianna Huffington, Chefredakteurin der Huffington Post, zeigt, welche Möglichkeiten Social Media bietet. Nun lässt sich ein Präsidentschaftswahlkampf in den Vereinigten Staaten nicht mit der täglichen Arbeit eines Landtags- oder Bundestagsabgeordneten in Deutschland vergleichen. Jedoch lassen sich am Beispiel Obamas die Umsetzung politischer Ziele innerhalb des Facebook Auftritts definieren. Wie bereits im vorderen Teil beschrieben, neigen einige Politiker dazu, die Facebook Seite als zweite Website anzusehen oder diese gar durch Facebook zu ersetzen. Auf eine Website steuert der Nutzer aktive, durch Eingabe der URL oder die Ergebnisse der Suchmaschinensuche. Facebook hingegen kann mit einem Newsletter oder einem Newsfeed verglichen werden, wo der Abonnement bzw. Fan die Informationen direkt in seinen privaten Raum geliefert bekommt. Im Unterschied zu Newslettern bzw. Newsfeeds ist der Sinn und Zweck der Posts auf Facebook nicht nur die reine Information sein. Das Ziel muss sein, mit den Fans in den offenen Dialog zu treten, sie dazu zu bewegen zu interagieren und sich zu engagieren. Dies kann durch das
9 Anklicken des „Gefällt mir“ Buttons erfolgen, durch kommentieren oder durch teilen der Information, so dass die Botschaft wie eine Art Mund-zu-Mund-Propaganda in den privaten Newsroom der Freunde weitergegeben wird. Neue Anhänger gewinnen Ein Blick auf die Fanbasis vieler deutscher Politiker auf Facebook zeigt ein sehr homogenes Bild. Neben Parteifreunden sind es die Mitarbeiter, Freunde oder langjährige Unterstützer. Ziel muss es sein, neue potentielle Wähler, Parteimitglieder oder Spender zu erreichen. Obama schaffte es mit seiner Kampagne, vor allem die jungen Wähler zu mobilisieren. Sie holen sich ihre politischen Informationen mehrheitlich im Internet. Aber auch die ältere Generation darf dabei nicht außer Acht gelassen. Die Altersgruppe 55+ ist die prozentual am stärksten wachsende Gruppe in den Sozialen Netzwerken. Anhänger binden und einbinden Facebook zu nutzen, um seine standardisierten Pressemeldungen einzustellen, führt nicht dazu, dass sich der Fan mit demjenigen identifiziert. 2.000 „Gefällt Mir“ bedeuten noch keine 2.000 Stimmen im Wahlkampf. Die Fans wollen Kommentare und persönliche Meinungen, die sie nicht auch Spiegel Online ö. ä. finden. Und sie wollen vor allem das Gefühl haben, dass sie gehört und eingebunden werden, in dem man mit ihnen in den Dialog tritt, sie zu Aktionen aufruft oder sie ermutigt eigene Aktionen zu starten. Barack Obama wurde deshalb Präsident, weil es ihm gelang, seine Fans zu mobilisieren, ihn auch offline zu unterstützen, sowohl finanziell als auch mit Wählerstimmen. Meinungsführer / Multiplikatoren identifizieren und einbinden Die Social Media Kampagne von Barack Obama zielte darauf ab, Meinungsführer zu erreichen und strategisch einzubinden. Politik ist ein komplexes Produkt und die diversen Botschaften sind nicht immer leicht vermittelbar. Statt Botschaften anzupassen und zu vereinfachen, sollten eher geeignete Rezipienten identifiziert und eingebunden werden, die als Multiplikatoren fungieren können. Feedback erhalten Durch eine dialogorientierte Kommunikation in facebook erhält der Politiker wertvolles Feedback auf seine Arbeit. Dies kann direkt in Form von Ideen, Verbesserungsvorschlägen oder auch Fragen erfolgen. Politiker schaffen es so, die eigene Akzeptanz, aber auch die Anhänger besser kennenzulernen. Social Media Marketing Social Media Marketing steigert die Bekanntheit des Politikers. Der facebook Auftritt ist immer auch Werbung für die eigene Person. Politiker können ein positives Image aufbauen und pflegen. So bietet sich die Chance, eine Politiker-Persönlichkeit im Internet zu etablieren und sich als modern, offen und innovativ darzustellen. 4.2. Definition und Messung von Erfolg Die Frage nach dem Erfolg ist abhängig von den eigenen Zielen. Der Aufbau einer signifikanten Fanbasis ist zwar ein Erfolg. Jeder Kreistagsabgeordnete muss sich aber im Klaren sein, dass es utopisch ist zu glauben, ebenso viele Anhänger zu haben wie beispielsweise die Bundeskanzlerin. Der eigentliche Erfolg liegt in der Häufigkeit der Interaktionen des Politikers mit seinen Fans. Interessieren sich Leute
10 dafür was geschrieben wird? Leiten sie die Botschaften weiter? Gibt es Reaktionen auf die Posts? Gelingt es auch negative Meinungen und Reaktionen in den konstruktiven Dialog zu integrieren? Unabhängig von der Zahl der Anhänger oder der Reaktionen auf die Post langfristig müssen sich Parteien und Politiker die Frage stellen, ob sie ihre Fans auch außerhalb der virtuellen Welt mobilisieren konnten. Messbar ist dies in Größen wie Wahlerfolg, Spendern oder neuen Parteimitgliedern. 5. Aspekte des Datenschutzes Der Datenschutz auf Facebook wird durchaus zu recht sehr kritisch gesehen. Aber im Kontext der Chancen von Facebook für die politische Kommunikation sollten Bedenken des Datenschutzes nicht zu dazu führen, diese Chancen nicht zu nutzen. Gleichwohl ein kurzer Blick auf die laufende Debatte. Die Kritik fokussiert sich auf die Einbindung des sogenannten Like Buttons in Webseiten. Ist ein Besucher einer solchen Webseite (z. B. Spiegel Online) kein Mitglied bei Facebook (und hat somit den Facebook AGB nicht zugestimmt) wird gleichwohl seine IP Adresse an Facebook übertragen. Hier machen einige Landesbehörden derzeit politischen Druck auf Facebook. Davon zu trennen ist die Fragestellung, wie viele Daten der Einzelne einer Plattform wie Facebook anvertrauen sollte. Den meisten Nutzern fehlt eine präzise Vorstellung davon, welche Daten Facebook im sogenannten „open graph“ speichert. Denn zu den gespeicherten Daten gehören nicht nur die Profildaten, sondern sämtliche Aktivitäten über die Facebook Server, wie das „liken“ auf externen Webseiten oder das einchecken in Orte via mobile apps. Alle diese Daten macht Facebook nunmehr in der sogenannten „Timeline“ des Nutzers sichtbar und auch hier muß sich ein Politiker klar machen, dass das Internet nichts vergißt. Gleichwohl sind der Datenschutz als inhaltliche Aufgabe für die Politik und die Nutzung von Facebook für die politische Kommunikation voneinander zu trennende Bereiche. Und bei der Nutzung von Facebook für die politische Kommunikation sollten vor allem die Chancen gesehen werden. 6. Case Study Der persönliche Auftritt ist entscheidend für eine erfolgreiche Politikerkarriere. In dieser Hinsicht gibt es keinen Unterschied zwischen der realen und der virtuellen Welt. Aber wie sollte sich ein Politiker auf Facebook präsentieren? Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültigen Antworten. Sie sind abhängig von der eigenen Zielsetzung und davon, welches Image vermittelt werden soll. Trotz allem lassen sich einige Grundregeln festhalten, die für jede Fanpage gelten sollten. Im Folgenden werden diese Grundregeln anhand der Fanpage von Cem Özdemir, dem Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen näher erläutert. Authentizität Ein gut gemachte Facebook Fanpage kann das Image eines Politikers verbessern. Die Fanpage sollte Vertrauen, Dialogbereitschaft, Glaubwürdigkeit und
11 Entschlossenheit ausstrahlen, Eigenschaften die jeder gute Politiker haben sollte. Eine Möglichkeit auch ein paar persönliche Dinge von sich Preis zu geben, ist die Info-Seite der Fanpage. Authentizität zeigt sich auch im Tenor der Posts. Das Veröffentlichen von automatisierten Pressemitteilungen langweilt eher und mobilisiert keine Anhänger. Authentizität bedeutet jedoch nicht, jede noch so banale Information zu veröffentlichen, nur weil man bürgernah erscheinen möchte. Kaum jemanden wird es interessieren, dass man beim Besuch eines Heimspiels des örtlichen Fußballvereins eine Currywurst gegessen hat.
12 Der Facebook Auftritt von Cem Özdemir spiegelt Transparenz wieder. Als Parteivorsitzender hat auch er nicht die zeitlichen Ressourcen jeden Kommentar persönlich zu beantworten. Er hat ein Team, das ihn dabei unterstützt. Wenn der Post nicht von Cem Özdemir persönlich, sondern von seinem Team kommt, steht hinter dem Text immer „Team Cem“. Aktualität Die facebook Nutzer sind heiß auf Neuigkeiten, egal, ob personenbezogene Inhalte oder News, Kommentare und Hintergründe zu aktuellen politischen Themen. Ein guter facebook Auftritt eines Politikers sollte 3 bis 5 Posts pro Woche haben.
13 Mehrwert für die Fans Print, Rundfunk, Fernsehen und Online – die Möglichkeiten sich gezielt zu informieren sind vielfältig. Wichtig ist es, für die Fans einen Mehrwert zu schaffen. Dies können exklusive Informationen oder Einladungen zu Veranstaltungen sein. Aber auch die Möglichkeit des Dialogs ist ein Mehrwert.
14 Einbindung von Fotos / Videos / Fragen Zu einem dynamischen Facebook Auftritt gehören aber nicht nur aktuelle Posts, sondern auch die Einbindung von eigenen Fotos und Videos. Die Frage-Funktion gibt den Facebook Nutzer die Möglichkeit Fragen zu stellen und so Antworten und Ratschläge etc. von anderen facebook Nutzern zu erhalten.
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16 Über die Autoren Dr. Andreas Bersch ist Autor des Business Blog futurebiz.de (ehemals facebookbiz.de) und Experte für Facebook Marketing. Zugleich ist er Geschäftsführer der Agentur Berliner Brandung, die seit 2010 als erstes Unternehmen in Deutschland offizielle „Facebook Preferred Developer Consultant“ ist.(...) Kontakt: bersch@berlinerbrandung.de Thomas P. Reiter ist Gründer und Geschäftsführer von BERIN communications Public Affairs Company GmbH. Seit 1995 begleitet er nationale und internationale Unternehmen sowie staatliche und politische Institutionen sowohl im Umgang miteinander als auch gegenüber Medien und Öffentlichkeit. Workshop „Facebook & Politischen Kommunikation“ Für alle Interessierten bieten wir ein Workshop zum Thema. Anhand von Beispielen erläutern die Referenten Dr. Andreas Bersch und Thomas Philipp Reiter die Do’s & Dont’s im Umgang mit der Facebook-Gemeinde. Der Workshop richtet sich an Kommunikationsverantwortliche in den Parteigliederungen auf Bundes- und Landesebene. Weitere Informationen zu Terminen und Anmeldung finden Sie unter www.politik.futurebiz.de
17 RÜCKFAX (bitte an 030 / 288 786 80) Zu den Möglichkeiten von Facebook in der politischen Kommunikation bieten wir folgende Möglichkeiten der Vertiefung an. Bitte senden Sie uns bei Interesse das Rückfax zu o Anmeldung Workshop Ich möchte am Workshop „Facebook in der politischen Kommunikation“ am 14. Dezember 2011 in Berlin teilnehmen. Die Teilnahmegebühr beträgt EUR 185,- inkl. Ust. (Bitte melden Sie sich unten verbindlich an. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt) o Individueller Workshop Bitte kontaktieren Sie mich zu den Möglichkeiten eines individuellen Strategieworkshops für Politiker, Parteien und Stiftungen o Newsletter In unregelmäßigen Abständen informieren wir zum Thema facebook und Social Media in der politischen Kommunikation. Bitte nehmen Sie mich in den Adreßverteiler auf (hierzu bitte unten E-Mail eintragen) Ihre Daten: Titel: ..................................................................................... Vorname: ..................................................................................... Name: ..................................................................................... Partei / Organisation: ..................................................................................... Strasse: ..................................................................................... PLZ / Ort: ..................................................................................... Telefon: ..................................................................................... E-Mail: ....................................@.............................................. Evtl. abweichende Rechnungsanschrift für Workshop: Partei / Organisation: ..................................................................................... Strasse: ..................................................................................... PLZ / Ort: ..................................................................................... Ort / Datum Unterschrift
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