Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet

Die Seite wird erstellt Alicia Jahn
 
WEITER LESEN
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
Ein Ratgeber der Polizei

Stopp Kinderpornografie im Internet
WAS KINDER
UND ELTERN
WISSEN
MÜSSEN

Warum
Konsumenten
ein Problem
haben

Wie die
Polizei am
Ball bleibt
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
2

    Editorial                                                                  Dossier
                               Die moderne Gesellschaft beurteilt den Kon-     Spielkonsolen, Handy und Internet –
                               sum von Pornografie nicht mehr unter mo-
                               ralischen Gesichtspunkten. Sie gilt als Sache
                                                                               Kinder nutzen die Möglichkeiten
                               des Geschmacks. Im Fall der Kinderporno-        der Technik gerne und haben ihren
                               grafie wird die Grenze aber klar überschrit-
                               ten. Das Schweizer Strafgesetzbuch stellt den
                                                                               Spass daran.
                               Umgang mit Kinderpornografie unter Strafe.       Doch die virtuelle Welt birgt auch
                               Diese geht von einer saftigen Busse bis zur
                               Gefängnisstrafe.
                                                                               Gefahren. Ein Ratgeber für Eltern.
    Im Internet mit seinen fast unbegrenzten Möglichkeiten boomt das
    Pornogeschäft. In international vernetzten Aktionen fasst die Polizei
    eine zunehmende Anzahl von Kinderpornokonsumenten. Dabei zeigt
    sich: Diese Menschen verlieren rasch die Kontrolle über ihr Tun. Viele
                                                                                                                      7
    können der Dynamik des Suchens und Tauschens von Material nichts
    entgegenstellen. Ihnen ist oft nicht klar, dass ihr Handeln illegal ist
                                                                               Reportage
    und ernsthafte Konsequenzen hat. Zudem gibt es eine weitere Grenz-
    überschreitung: Täter nutzen das Internet dazu, Sexualdelikte mit Kin-     Den 12. September 2002 wird Robert T.
    dern und Jugendlichen zu begehen.
    Mit diesem Magazin will die Polizei deutlich machen: Der Umgang mit
                                                                               so schnell nicht vergessen.
    Kinderpornografie ist strafbar. Die Polizei verfolgt Sexualstraftäter im    An diesem Tag fanden seine heimlichen
    Internet. Ebenso gilt es auch zu verhindern, dass Kinder im Internet zu
    Opfern werden. Sie sollen sich vor illegalen Darstellungen und sexu-
                                                                               Ausflüge ins Internet ein schlagartiges
    ellen Übergriffen im Internet schützen können. Sie sollen neue Kom-        Ende. Dafür nahm ein langer Leidens-
    munikationsmedien nutzen, ohne sich und andere zu gefährden. Dazu
                                                                               weg seinen Anfang.
    müssen Eltern und Erziehungsverantwortliche sie in der virtuellen Welt
    begleiten. Im Gespräch mit ihnen gilt es, Regeln für den sicheren Um-
    gang in dieser Welt zu entwickeln.
                                                                                                                  10
    Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Die Polizei macht ernst mit
    der Verfolgung von Kindsmissbrauch im Netz. Kinderpornografie ist ein
                                                                               Interview
    Verbrechen – ohne Wenn und Aber! Schon ein Bild ist eines zu viel.
    Hinter jedem Bild steht ein Missbrauch. Jedes Bild zerstört Leben –        «Castagna» nennt sich die Opfer-
    beim Opfer wie beim Täter.
                                                                               beratungsstelle für sexuell aus-
    Martin Boess,                                                              gebeutete Kinder und Jugendliche in
    Geschäftsleiter Schweizerische Kriminalprävention SKP PSC
                                                                               Zürich. Regula Schwager, Psychologin
                                                                               und Psychotherapeutin, erzählt über
Impressum
Herausgeberin
                                                                               ihre Erfahrungen.
                                                                                                                   12
Schweizerische Kriminalprävention SKP PSC                                      Alltag
Postfach 2073, CH-2001 Neuchâtel, Tel. +41 32 729 91 60
info@skppsc.ch, www.skppsc.ch
Verantwortlich: Martin Boess                                                   Arnold Poot hat einen ausserge-
Konzept und Redaktion: Franziska Edelmann/Peter Felber,                        wöhnlichen Beruf. Als Cybercop ist er
int/ext Communications AG, Basel
Texte: Florence Astié, Stefanie Erni, Evi Kassimidis,
Nicolaj van der Meulen, Roberta Vanina, Karl Weilbach
                                                                               spezialisiert auf die Ermittlung von
Gestaltung: VischerVettiger, Basel
Übersetzungen: Trad-Express, Bern/Strasburg (F),
                                                                               Sexualdelikten im Internet. Von seinem
Traductor Caltagirone, Basel
Druck: Stämpfli AG, Bern
                                                                               Computer bei der Waadtländer Sicher-
Erschienen im Rahmen der Präventionskampagne gegen
                                                                               heitspolizei aus geht er regelmässig im

                                                                                                                  14
Pädokriminalität 2005–2007 «Stopp Kinderpornografie im Internet»
© SKP PSC 2005, 1. Auflage                                                      Internet auf Patrouille.
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
3

                                     Inhalt

Foto: Michael Kessler, profifoto.ch
                                     Editorial, Impressum                       2

                                     Einleitung
                                     Auch das Netz kennt Grenzen               4

                                     Info
                                     Gesetz im Netz                            5

                                     Dossier
                                     Ein Beispiel, das Schule machen muss      6

                                     Sicherheit im Netz                         7

                                     Test
                                     Internet-Sex-Sucht                        8

                                     Thema
                                     Konsumenten von Kinderpornografie
                                     kann man helfen                           9

                                     Reportage
                                     Ich dachte erst, das gibt wohl eine Busse 10

                                     Ratgeber
                                     Psychotherapeut Karl Weilbach
                                     beantwortet Fragen                        11

                                     Interview
                                     Heilung ist ein langsamer Prozess         12

                                     Kommentar
                                     Das gefrässige Bild                       13

                                     Alltag
                                     Mit dem Cybercop auf Patrouille           14

                                     Wir werden immer besser und schneller!    15

                                     Anlaufstelle Polizei                      15

                                     Letzte
                                     Wo erhalten Sie Hilfe?                   16
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
4

Auch das Netz
kennt Grenzen
Die Übereinkunft darüber, was als                       onelle Produzenten sind weder pä-          und IP-Adressen sind willkommene
                                                        dophil noch sexsüchtig. Sie haben es       Anhaltspunkte für die Fahndung der
sexuell normal gilt und was nicht, ist                  einfach aufs grosse Geld abgesehen.        Polizei. Überall auf der Welt verfügt
heute ziemlich durcheinander                                                                       die Polizei über Spezialisten, die im
geraten. Sexuelle Praktiken gelten                      Fortschritt bringt neue                    Internet auf Patrouille gehen. Infor-
                                                        Möglichkeiten und Gefahren                 mationen über verdächtige Personen
oft als Frage der Vorliebe und des                                                                 werden über Interpol an die entspre-
                                                        Die technischen Fortschritte der letz-     chenden Länder weitergeleitet. Das
«Kicks». Auch Cybersex und Kinder-                      ten Jahre wirken wie ein Turbo: Sie        internationale Abkommen, die «con-
pornografie boomen. Doch das                             vereinfachen die Produktion von            vention on cybercrime», ist am 1. Juli
                                                        Material wesentlich. Filme vom Sex-        2004 in Kraft getreten. Bereits vorher
Internet ist kein Freipass für Willkür.                 erlebnis mit Minderjährigen in Viet-       gab es in der Schweiz die Koordina-
                                                        nam, Bilder von den eigenen Kin-           tionsstelle zur Bekämpfung der In-
                                                        dern in aufreizenden Posen lassen          ternet-Kriminalität (KOBIK). Sie fil-
                                                        sich mit Digitalkamera oder Handy-         tert Meldungen aus der Bevölkerung,

             L   ängst sind es nicht nur Pädophile,
             die Bilder mit nackten Kindern sam-
                                                        cam einfach machen und auf den
                                                        Computer übertragen. Auch die Su-
                                                        che nach bestehendem Material ist
                                                                                                   unterstützt die Arbeit der Cybercops
                                                                                                   in den Kantonen und wirkt bei de-
                                                                                                   ren Ausbildung mit. Gleichzeitig ist
             meln. Auch Lifestyle-interessierte         im Internet sehr einfach geworden.         KOBIK selber im Netz präsent, berei-
             Sexsüchtige suchen den Kick mit im-        Mit dem richtigen Stichwort findet          tet Verdachtsdossiers für die Kantone
             mer härterem Material. Im Internet         man rasch die gesuchten Seiten. Wer        vor und erstellt nationale Analysen
             fühlen sie sich nicht an Moral und         mehr will, schliesst sich einer Ge-        zur Entwicklung der Situation. Dazu
             Gesetz gebunden. Das Bundeskrimi-          meinschaft von Gleichgesinnten im          arbeitet sie eng mit Internet-Service-
             nalamt in Deutschland rechnet mit          Netz an. Es gibt genügend einschlä-        Providern und Kreditkarteninstitu-
             30 000 bis 50 000 Sammlern oder re-        gige Chats, Foren und News-Grup-           ten zusammen. KOBIK ruft auch
             gelmässigen Konsumenten im eige-           pen. Eingeweihte treffen sich gar in       private Personen auf, ihre Beobach-
             nen Land. In der Schweiz sind noch         geschlossenen Online-Zirkeln, wo sie       tungen zu melden. Im Jahr 2004 tra-
             keine verbindlichen Zahlen vorhan-         direkt Material austauschen. Doch          fen 6100 Verdachtsmeldungen ein.
             den. Die Fahndungserfolge der letz-        auch die Möglichkeit, die Begegnung        Daraus und aus eigenen Ermittlun-
             ten Jahre lassen aber vermuten, dass       mit einem Opfern anzubahnen, hat           gen konnte KOBIK 438 Dossiers mit
             es auch bei uns viele Nutzer gibt. In      sich vereinfacht. Das Internet bie-        erhärtetem Verdacht auf Kinderpor-
             einzelnen Fällen werden sogar Bilder       tet viele Gelegenheiten, unter einem       nografie erstellen und an die kan-
             in der Schweiz produziert, meist im        Pseudonym eine Beziehung zu Kin-           tonalen Strafverfolgungsbehörden
             privaten Bereich. Kinderpornografie         dern und Jugendlichen aufzubauen.          weiterleiten. 171 Dossiers gingen an
             ist ein gutes Geschäft! Bei der Polizei-   In ihrer Neugier, Abhängigkeit oder        Strafverfolgungsbehörden ins Aus-
             aktion Genesis zum Beispiel wurde          auch berechnend lassen diese sich oft      land. Wer heute im Netz nach Kin-
             ein Grossanbieter in den USA aufge-        auf etwas ein, was sie später bitter be-   derpornos sucht, geht ein sehr hohes
             deckt. Er bediente übers Internet ei-      reuen.                                     Risiko ein, entdeckt zu werden.
             nen Kundenkreis von 250 000 Perso-
             nen; im Monat hat er bis zu 1,4 Mil-       Wer surft, hinterlässt Spuren
             lionen Dollar umgesetzt. Der Unicef
             schätzt, dass auf der Welt jährlich        An verbotene Bilder zu kommen,
             zirka 20 Milliarden Dollar für Kin-        ist im Netz zwar einfach. Doch je-
             derpornografie und Kinderprostitu-          der hinterlässt dort Spuren. E-Mail-
             tion ausgegeben werden. Professi-          Adressen,     Kreditkartennummern
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
5
                                                                                                                        INFO

                                                                                          Foto: Walter & Spehr, Basel
                                                                                                                        Gesetz
                                                                                                                        im Netz
                                                                                                                        So vielfältig die Möglichkeiten im
                                                                                                                        Web sind – die Rechtsprechung
                                                                                                                        zieht auch hier die Schlingen im-
                                                                                                                        mer enger. Das Internet ist kein
                                                                                                                        rechtsfreier Raum.

                                                                                                                        Im Strafgesetzbuch ist festgelegt, was
                                                                                                                        als illegal gilt. Im Artikel 197 heisst
                                                                                                                        es: Wer pornografisches Material mit
                                                                                                                        Kindern «herstellt, einführt, lagert,
                                                                                                                        in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt,
                                                                                                                        anbietet, zeigt, überlässt oder zu-
                                                                                                                        gänglich macht, wird mit Gefängnis
                                                                                                                        oder mit Busse bestraft». Auch wer
                                                                                                                        es «erwirbt, sich über elektronische
                                                                                                                        Mittel oder sonstwie beschafft oder
                                                                                                                        besitzt», muss mit einer Strafverfol-
                                                                                                                        gung rechnen.
                                                                                                                        Der betrachtende Konsum von Kin-
                                                                                                                        derpornos – das Anschauen allein
                                                                                                                        – ist also nicht strafbar. Der Besitz
                                                                                                                        und die Herstellung von Kinderpor-
                                                                                                                        nos jedoch schon. Die Gerichte in der
                                                                                                                        Schweiz legen diese Formulierung
                                                                                                                        bewusst streng aus. So gilt das He-
                                                                                                                        runterladen von illegalem Material
                                                                                                                        auf einen Datenträger (z.B. auch das
                                                                                                                        Handy) als Herstellung und kann mit
                                                                                                                        einem hohen Strafmass verurteilt
                                                                                                                        werden. Das kann bis zur Gefäng-
                                                                                                                        nisstrafe gehen. Auch Bussen bis zu
                                                                                                                        40 000 Schweizer Franken sind mög-
                                                                                                                        lich. Das Herunterladen von einem
                                                                                                                        Server im Ausland gilt als Einfuhr.
                                                                                                                        Die Schweiz erfüllt damit eine For-
                                                                                                                        derung der UNO-Kinderrechts-Kon-
                                                                                                                        vention, die sie unterzeichnet hat.
                                                                                                                        Sie ist nach Artikel 34 verpflichtet,
                                                                                                                        «das Kind vor allen Formen sexuel-
Die Schattenseiten im Internet: Beim Surfen stösst man auch auf viele illegale Inhalte.                                 ler Ausbeutung und sexuellen Miss-
                                                                                                                        brauchs zu schützen», insbesondere
                                                                                                                        auch vor der Ausbeutung durch por-
                                                                                                                        nografische Darstellungen.
Haben Sie E-Mails, Websites oder anderes
elektronisches Material mit Verdacht auf Kinder-                                                                        Die Praxis der Gerichte ändert sich,
pornografie entdeckt?                                                                                                    verschärft sich eher. Sie können sich
                                                                                                                        über die aktuelle Entwicklung der
Machen Sie möglichst rasch eine Meldung:                                                                                Rechtslage im Internet informieren:
                                                                                                                        www.stopp-kinderpornografie.ch
www.kobik.ch                                                                                                            (Webcode 2201d).
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
6

                                                                                                                                                       Fotos: Action Innocence, Genf
Die beste Prävention ist das Gespräch. Lebenskunde im Internet sollte darum auch an Schulen ein Thema sein.

Ein Beispiel, das                                                                                             Internet fasziniert alle
                                                                                                              Die Interessen der Kinder unter-
                                                                                                              scheiden sich je nach Alter und Um-

Schule machen muss
                                                                                                              feld. Die Zehn- bis Elfjährigen infor-
                                                                                                              mieren sich im Internet über ihren
                                                                                                              Lieblingsstar oder ihr Hobby oder
                                                                                                              wollen online spielen und Bilder su-
                                                                                                              chen. Sie nutzen das Internet weni-
«Das habe ich ja gar nicht gewusst!» Diesen Satz hört Florence                                                ger für die Schulaufgaben, sondern
                                                                                                              vor allem zur Unterhaltung.
Astié häufig, wenn sie mit Kindern über die Gefahren des                                                       In den anschliessenden Diskussionen
Internet redet. Im Rahmen eines Präventionsprojekts von Action                                                stehen häufig die Chats und News-
                                                                                                              groups im Mittelpunkt. Zudem ha-
Innocence besucht sie Schulklassen und diskutiert mit den                                                     ben bis zur Hälfte der Schüler schon
Kindern und Jugendlichen, wie man sich im Internet richtig                                                    einmal illegale Seiten mit Pornogra-
                                                                                                              fie, Rassismus und Gewalt gesehen.
verhält.                                                                                                      Auch die Blogs, eine Art öffentliche
                                                                                                              Tagebücher, werden immer belieb-
                                                                                                              ter. Während der Diskussion sensibi-

                        I  m Auftrag von Action Innocence hat
                        ein Team von Psychologen das Prä-
                                                                        stunde zum Thema Internet. Sie be-
                                                                        ginnen die Lektion mit einer Reihe
                                                                                                              lisieren die Psychologen die Jugend-
                                                                                                              lichen für die Gefahren, denen sie im
                                                                                                              Internet begegnen können, zum Bei-
                        ventionsprogramm «Vorsicht beim                 von Fragen wie: «Wer von euch hat     spiel beim Verwenden einer Web-
                        Surfen im Internet» entwickelt. Es              schon mal im Internet gesurft? Wer    cam. Besonders warnen sie die Schü-
                        richtet sich an Kinder und Jugend-              hat zu Hause einen Internetzugang?    ler davor, über sich und andere ge-
                        liche in den Schulen. Auf Anfrage               Wer hat zu Hause Verhaltensregeln     naue Informationen bekannt zu ge-
                        der Lehrer kommen ein oder zwei                 für das Internet? Wozu gehst du ins   ben.
                        Psychologen in die Klasse und ge-               Internet?»                            Dabei sind sie flexibel und lassen sich
                        stalten mit den Kindern eine Schul-                                                   auch auf andere Themen ein, die die
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
7
                                                                                  DOSSIER

Schüler beschäftigen. So gibt es Klas-
sen, bei denen sich die Diskussion                                                Sicherheit im Netz –
fast ausschliesslich um Blogs dreht.
Bei anderen wird dieses Thema
                                                                                  ein Ratgeber für Eltern
kaum angeschnitten oder gar nicht
erwähnt. Eine Konstante stellen die                                               Spielkonsolen, Handy und Internet –
Psychologen jedoch fest: die Faszi-                                               Kinder nutzen die Möglichkeiten der Technik
nation für Internetviren! Auch wenn                                               gerne und haben ihren Spass daran.
dieses Thema für Action Innocence                                                 Doch die virtuelle Welt birgt auch Gefahren.
nicht an erster Stelle steht, kommt es
doch jedes Mal zur Sprache.                                                       Es ist wichtig, dass Ihr Kind die Gefahren der virtuel-
                                                                                  len Welt kennt und weiss, wie es sich richtig verhält.
                                                                                  Verbote und Filter bieten bloss teilweise Sicherheit.
Surfen ist kein Kinderspiel                                                       Einen verantwortungsvollen Kinderschutz können
                                                                                  nur Sie selber garantieren, indem Sie Ihr Kind in der
Das Ziel der Intervention ist es, dass
                                                                                  Internetwelt begleiten. Sie finden das schwierig,
die Schüler lernen, kritisch mit den
                                                                                  weil Ihr Kind unterdessen besser Bescheid weiss als
Informationen aus dem Internet um-
                                                                                  Sie selbst? Prima – das ist die beste Voraussetzung
zugehen. Das tun die Jugendlichen
                                                                                  für ein Gespräch! Lassen Sie sich von Ihrem Kind er-
nämlich selten von sich aus. Sie ver-                                             klären, was es im Netz tut. Es wird es schätzen, dass
trauen in der Regel dem, was sie im                                               Sie sein Wissen anerkennen. So erfahren Sie, wenn
World Wide Web lesen – und noch          Wenn die allgemeine Diskussions-         Ihr Kind in Gefahr ist. Und Sie geben ihm das Ver-
mehr dem, was sie sehen.                 runde beendet ist, bilden die Jugend-    trauen, dass es sich jederzeit an Sie wenden darf,
                                         lichen kleine Gruppen von 3 bis 4        falls es auf eine merkwürdige Seite oder in sonst
                                         Schülern. Jede Gruppe bekommt den        eine unangenehme Situation gerät.
                                         Ausdruck einer Website. Anhand
                                         von diesem diskutiert sie vertieft       Diese Verhaltensregeln sollten Sie gemeinsam mit
                                                                                  Ihrem Kind festlegen
                                         über einzelne Themen wie: Einkau-
                                                                                  » Bestimmen Sie gemeinsam, wann und wie lange
                                         fen im Internet, Suchmaschinen, E-
                                                                                    Ihr Kind im Netz surfen darf.
                                         Mails, Chats, Online-Spiele usw. Die
                                                                                  » Platzieren Sie den Computer so, dass Sie jederzeit
                                         Arbeitsanweisung lautet, die Vor-
                                                                                    einen Blick auf den Bildschirm werfen können.
                                         und Nachteile sowie die möglichen
                                                                                  » Erstellen Sie zusammen eine Liste mit kindge-
                                         Gefahren aufzulisten. Im Plenum            rechten Internetseiten.
                                         präsentiert dann jede Gruppe ihre        » Verwenden Sie als Startseite eine Kindersuchma-
                                         Überlegungen. Die Psychologin hält         schine.
                                         die wichtigsten Punkte an der Ta-        » Schärfen Sie Ihrem Kind ein, dass es im Chat oder
                                         fel fest. Zur Erinnerung erhält jedes      in Blogs niemals Angaben über Name, Adresse,
                                         Kind ein Mauspad mit 10 Ratschlä-          Telefonnummer, Schulhaus, Klasse oder Lehrer
                                         gen für junge Internauten sowie ei-        machen darf – auch nicht von anderen.
                                         nen kleinen Führer für die Eltern, der   » Weisen Sie Ihr Kind darauf hin, dass man nie ein
                                         vom Verein «Ihr Kind und das Inter-        Bild von einer anderen Person im Internet veröf-
                                         net» herausgegeben wird.                   fentlichen darf ohne deren Einverständnis (z.B. in
                                                                                    einem Blog).

                                                                                  So können Sie ihren Computer kindergerecht
                                                                                  einrichten
                                                                                  » Kinderschutzprogramme erlauben einen kontrol-
                                                                                    lierten Umgang mit dem Computer. Sie bieten eine
                                                                                    Vielzahl an Einstellungen und Schutzfunktionen.
                                                                                  » Spezielle Voreinstellungen des Browsers schützen
                                                                                    Ihr Kind davor, beim Surfen auf ungeeignete In-
                                                                                    halte zu stossen.
  Action Innocence ist eine Nicht-       Kinder und Jugendliche für die           » Unterdrücken Sie Werbebanner und aufpoppende
  regierungsorganisation     ohne        Gefahren des Internets. Zudem              Fenster.
  wirtschaftliche Interessen. Sie        entwickelt sich die Organisation         » Ein Erotikfilter schützt vor Internetseiten mit ero-
  setzt sich dafür ein, dass die         zu einem Kompetenzzentrum für              tischem oder pornografischem Inhalt.
  Würde und die Unversehrtheit der       kindergerechte Filterprogramme.
  Kinder im Internet gewahrt sind.                                                Weitere Informationen unter:
  Mit Präventionsprogrammen und          Weitere Informationen unter:             www.stopp-kinderpornografie.ch (Webcode 2202d).
  umfassenden Informationskam-           www.actioninnocence.org.                 Hier können Ihre Kinder testen, ob sie fit sind
  pagnen sensibilisiert sie Eltern,                                               fürs Netz: www.safersurfing.ch
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
8

Internet-Sex-Sucht
   Bin ich gefährdet?
                              Das World Wide Web eröffnet eine neue Welt, in der man sich verlieren kann.
                              Wie lange ist das ein Vergnügen – und ab wann wird es zur Sucht?
                              Testen Sie sich selbst.

                                                                      1.   Haben Sie sich jemals über sich selbst auf-
                                                                                                                          JA
                                                                           geregt, dass Sie so viel Zeit mit der Suche
                                                                           nach Sex oder sexuellem Material im Inter-
                                                                                                                         NEIN
                                                                           net verbringen?

                                                                     2.    Haben Sie sich vorgenommen, Ihr sexuel-
                                                                                                                          JA
                                                                           les Verhalten im Internet zu beenden, und
                                                                           haben es dann nicht gehalten?
                                                                                                                         NEIN

                                                                     3.    Haben Sie jemals am Computer mastur-
                                                                                                                          JA
                                                                           biert, während Sie online Pornografie an-
                                                                           geschaut haben?
                                                                                                                         NEIN

                                                                     4.    Brauchen Sie sexuelle Bilder, die immer
                                                                                                                          JA
                                                                           anschaulicher werden, um den gleichen
                                                                           Grad an sexueller Lust zu erreichen?
                                                                                                                         NEIN

                                                                     5.    Verletzen Sie bei Ihrem Internet-Verhalten
                                                                                                                          JA
                                                                           ethisch-moralische Werte, denen Sie sich
                                                                           eigentlich verpflichtet fühlen?
                                                                                                                         NEIN

                                                                     6.    Geben Sie immer mehr Geld aus für sexu-
                                                                                                                          JA
                                                                           elles Material oder sexuelle Kontakte auf
                                                                           entsprechenden Webseiten?
                                                                                                                         NEIN

                                                                     7.    Können Sie nicht widerstehen, auch wäh-
                                                                                                                          JA
                                                                           rend der Arbeitszeit sexuelles Material im
                                                                           Internet anzuschauen oder online Kon-
                                                                                                                         NEIN
                                                                           takte mit sexuellem Bezug zu haben?

                                                                     8.    Kommt es oft vor, dass Sie Zeit, die Sie
                                                                                                                          JA
                                                                           mit Ihrer Familie, mit Freunden oder ei-
                                                                           nem Liebespartner zusammen verbringen
                                                                                                                         NEIN
                                                                           möchten, dafür brauchen, um im Internet
                                                                           sexuelles Material oder sexuelle Kontakte
                                                                           online zu suchen?

                                                                     9.    Haben Sie wegen Ihres sexuellen Verhal-
                                                                                                                          JA
                                                                           tens im Internet Probleme mit Ihrer Fami-
                                                                           lie, mit Freunden oder einem Liebespart-
                                                                                                                         NEIN
                                                                           ner bekommen?
Foto: Walter & Spehr, Basel
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
9
                                                               THEMA

10.
                                                               Konsumenten von
      Belügen Sie Familienmitglieder, Therapeu-
      ten oder Ihnen wichtige Bezugspersonen             JA

      in Ihrem Umfeld über Ihre Internet-Sex-
      Aktivitäten?                                      NEIN

                                                               Kinderpornografie
11.   Haben Sie sich schon darüber Gedanken
      gemacht, wie Sie es vermeiden können,
      dass man Sie beim Anschauen von Inter-
                                                         JA    kann man helfen
                                                        NEIN
      net-Pornografie oder bei sexuellen Kon-
      takten im Internet ertappt?                              Karl Weilbach ist Psychothera-         Oberhand. Der Bilderkonsument
                                                               peut in Speicher AR. In seiner         sucht immer extremere Darstel-
12.   Wenn Sie nicht online sind, denken Sie                   Praxis behandelt er auch Kon-          lungen und legt innere Schranken
      dann oft daran, wieder online zu gehen,            JA    sumenten von Pornos mit Min-           ab. Gelegentlich melden sich beim
      um sexuelle Websites anzusehen?                          derjährigen. Er beschreibt den         Betrachter auch Selbstzweifel.
                                                        NEIN
                                                               zerstörerischen Sog, in den
13.   Masturbieren Sie bei sexuellem Material im               diese Männer geraten, und wie          Jeder ist für sein Handeln
      Internet, weil dies für Sie leichter ist, als      JA    Beratung und Therapie ihnen            verantwortlich
      eine reale sexuelle Beziehung zu finden                   helfen kann.                           Menschen, die einer Sucht ver-
                                                        NEIN
      oder aufrechtzuerhalten?                                                                        fallen, sind in ihrem seelischen
                                                                                                      Gleichgewicht gestört. Sie sind auf
14.   Haben Sie versucht, Ihr sexuelles Verhalten
                                                         JA
                                                               Mit dem Internet wächst der            momentane Ersatzhandlungen
      im Internet dadurch zu beenden, dass Sie                 Markt für Kinderpornografie.            angewiesen. Diese bringen aber
      beispielsweise Ihre Favoritenliste für Sex-              Dieser sprengt geografisch und          von Mal zu Mal immer weniger
                                                        NEIN
      seiten gelöscht haben?                                   moralisch jede Grenze. Konsu-          Befriedigung. Ein internetsüchti-
                                                               menten fühlen sich im Netz unbe-       ger Mann spürt zwar den zerstö-
15.   Haben Sie beim Sex mit einem realen Part-
                                                         JA
                                                               obachtet. Auf der Strecke aller-       rerischen Sog. Aber es ist hart, sich
      ner an Personen gedacht, die Sie auf por-                dings bleibt das Mitgefühl für Lei-    seine Zwänge und seine Hilfsbe-
      nografischen Seiten im Internet gesehen                   den und Abhängigkeit der Kinder,       dürftigkeit einzugestehen. Wer
                                                        NEIN
      haben?                                                   die schamlos ausgebeutet werden.       den Weg in die Therapie geht,
                                                                                                      macht den entscheidenden Schritt.
16.   Schämen Sie sich oder fühlen Sie sich schul-
                                                         JA
                                                               Bilder können süchtig machen           Der Auslöser dafür ist ganz unter-
      dig, nachdem Sie im Internet Pornografie                  Auf der Suche nach «Abwechs-           schiedlich: Dem einen wird das
      angesehen haben oder sexuelle Kontakte                   lung» finden männliche Konsu-           Leiden an seinem Tun zu gross.
                                                        NEIN
      hatten?                                                  menten Gefallen an kinderporno-        Beim andern machen die Partne-
                                                               grafischem Material. Verheiratete,      rin oder der Arbeitgeber Druck.
17.   Befriedigt Sie Internet-Pornografie oder
                                                         JA
                                                               Familienväter, sozial angepasste       Mit dem Schritt in die Therapie
      die Beziehung zu Online-Partnern mehr                    Menschen, auch Jugendliche, ge-        beginnt jemand, seinem Problem
      als Sex mit einem realen Partner?                        raten ins Visier der Fahnder. Sie      ins Auge zu schauen und wieder
                                                        NEIN
                                                               haben normalerweise keine sexu-        Verantwortung für sich und sein
18. Machen Sie sich manchmal Gedanken dar-               JA
                                                               ellen Vorlieben für Kinder. Un-        Verhalten zu übernehmen.
      über, dass Ihr sexuelles Verhalten im Inter-             tersuchungen zeigen, dass auch
      net ausser Kontrolle geraten ist?                        solche nicht pädophilen Män-           Wer eine Beratung oder Thera-
                                                        NEIN
                                                               ner durch Sex- und Gewaltszenen        pie aufsucht, verdient Respekt. Er
                                                               mit Kindern erregt werden kön-         ist bereit, seiner Sucht, der Gren-
Wenn Sie mehrere Fragen mit JA beantworten können,             nen. Andere Männer haben wo-           zenlosigkeit und der Gefähr-
sind Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet für Cyber-     möglich in ihrer Vorgeschichte         lichkeit des Konsums von Kin-
sex-Sucht. Dagegen können Sie etwas tun. Ignorieren Sie        schon Interesse an vorpubertären       derpornografie klar ins Auge zu
Ihr Problem nicht länger und holen Sie sich Hilfe. Ein guter   oder pubertären Kindern gespürt.       schauen. Um dem Sog von Sex-
Therapeut kann Sie dazu anleiten, Ihr Verhalten wieder in      Sie haben dieses bisher nur noch       sucht und Kinderpornografie zu
den Griff zu bekommen. Dadurch wird Ihr Leben erfüllter.       nicht ausgelebt. Das Betrachten        entkommen, braucht jemand die
                                                               von Kinderpornos im Netz ist hier      harte, selbstkritische Auseinan-
                                                               ein Ersatz.                            dersetzung mit sich. In der The-
  Hier finden Sie eine Liste von Psychologinnen                                                        rapie müssen eigene Verhaltens-
  und Psychologen, die sich in der Beratung                    Oft verbindet sich Computersucht       muster gegen die Sucht entwickelt
  von Cybersex-Süchtigen und Konsumenten                       mit Sexsucht. Im Sog der künstli-      und eingeübt werden. Damit man
                                                               chen Welt verlieren die Nutzer         wieder ein Leben in Würde füh-
  von Kinderpornos auskennen:
                                                               den Blick für die Realität. Ein Pro-   ren kann.
  www.stopp-kinderpornografie.ch                                zess innerer Abstumpfung setzt
  (Webcode 2203d)                                              ein, die Dranghaftigkeit gewinnt
Wie die Polizei am Ball bleibt - WAS KINDER UND ELTERN WISSEN MÜSSEN Stopp Kinderpornografie im Internet
10

Robert T.:
«Ich dachte erst,
das gibt
wohl eine Busse.»
Den 12.September 2002 wird Robert T.* nicht, dass jemand, der mir wichtig
                                      war, aus den Medien erfuhr, was pas-
so schnell nicht vergessen.           siert ist.» Auch seine Frau musste Ro-
An diesem Tag fanden seine heimli-    bert aufklären. Ebenso die Kinder.
chen Ausflüge ins Internet ein
                                      Moralische Bedenken
schlagartiges Ende. Dafür nahm ein    verdrängt
langer Leidensweg seinen Anfang.      Regelmässig hat Robert im Internet
                                                                nach besonderen Bildern gesucht.
* Name der Redaktion bekannt                                    «Ich interessierte mich für Gruseliges,
                                                                für sexuelle Perversionen, Sex and
                                                                Crime, auch Unfallbilder.» Dass es

                      E   s war sechs Uhr morgens, als es
                      an der Tür klingelte. Die beiden Kin-
                                                                sich dabei um echte Bilder handelte,
                                                                war der eigentliche Kick. Irgendwann
                                                                stiess Robert auch auf kinderporno-
                      der schliefen noch. Robert und seine      grafisches Material. «Kleine Kinder
                      Frau waren schon auf. «Sie kamen zu       interessierten mich nicht, aber sol-      Nicht bloss anschauen –
                      viert und in zivil, drei Männer, eine     che, die erste Geschlechtsmerkmale        sammeln
                      Frau», erzählt der Vater. «Ich wusste     zeigten. Natürlich waren viele unter
                      anfangs gar nicht, was los war, bis sie   16, vielleicht auch erst 11.»             Robert hat die Bilder nicht einfach
                      nach meinem Computer fragten.»            Aber moralische Bedenken hat Ro-          angeschaut, er hat sie auf seinen
                      Dann realisierte Robert, dass es um       bert verdrängt. «Den Bildern sah          Computer geladen – gesammelt. Da-
                      die Bilder ging, die er vom Internet      man an, dass sie von weit her kamen,      durch erfüllte er den Tatbestand des
                      heruntergeladen hatte. «Ich dachte        und die Betroffenen haben nicht un-       Besitzes von Kinderpornografie. «Ich
                      erst, das gibt wohl eine Busse. Die       glücklich ausgesehen.» Bei manchen        dachte mir, dann hab ich sie, falls ich
                      enorme Tragweite des Falles habe ich      Sites wurde er zudem von den Her-         sie wieder anschauen will. Wenn ich
                      damals nicht erkannt.»                    stellern beruhigt. «Da hiess es, die      ein besonders perverses Bild fand,
                      Nach einer Hausdurchsuchung ha-           Szenen seien gestellt oder es sei alles   speicherte ich es, damit ich es bei an-
                      ben die vier Polizisten den Compu-        freiwillig passiert. Solche Entschul-     derer Gelegenheit nicht wieder su-
                      ter und Robert mitgenommen. Im            digungen nimmt man gerne an, um           chen musste. Ich habe die Bilder in
                      Hauptquartier wurde er einvernom-         moralische Bedenken auf die Seite zu      einem Ordner gesammelt, natürlich
                      men, dann durfte er wieder nach           räumen. Irgendwie dachte ich auch,        etwas versteckt. Der Computer stand
                      Hause gehen. «Dort musste ich mich        dass mit beginnender Geschlechts-         ja sowieso in meinem eigenen Zim-
                      erst einmal vom Schock erholen.»          reife andere Regeln gelten. Heute         mer, da ging sonst keiner ran.» Weil
                      Noch am gleichen Tag hat Robert           sehe ich das anders. Auch Jugendli-       er sich für seine komische Vorliebe
                      seine nächsten Bekannten und Ver-         che können nicht abschätzen, welche       schämte, hat er sie vor seinen engs-
                      wandten informiert. «Die Zeitungen        Folgen ihr Handeln für sie hat. Wir       ten Freunden verheimlicht. Auch vor
                      haben ja bereits über ähnliche Poli-      Erwachsenen haben in jedem Fall die       seiner Frau. Manche Bilder hat Ro-
                      zeiaktionen geschrieben. Ich wollte       Verantwortung.»                           bert auch bezahlt. Knapp 100 Dol-
11
                                                                                                                       RATGEBER

                                                                                         Foto: Walter & Spehr, Basel
                                                                                                                                                 Karl Weilbach,
                                                                                                                                                 Psychotherapeut
                                                                                                                                                 in Speicher AR,
                                                                                                                                                 beantwortet
                                                                                                                                                 häufige Fragen

                                                                                                                       Lieber Herr Weilbach
                                                                                                                       Ich bin Vater von zwei Kindern. Ich hatte bis jetzt
                                                                                                                       stets verneint, dass Kinder mich sexuell anziehen.
                                                                                                                       Dennoch komme ich nicht mehr vom Computer los,
                                                                                                                       wenn ich auf einer Kinderpornoseite gelandet bin.
                                                                                                                       Und ich habe mir schon eine Datei mit Bildern an-
                                                                                                                       gelegt. Ich schäme mich dafür. Was soll ich tun? R. F.
                                                                                                                       Lieber R. F.
                                                                                                                       Es ist gut, dass Sie nachdenklich werden, Schuldge-
                                                                                                                       fühle haben. Bei vielen ist es nämlich erst die offi-
                                                                                                                       zielle Anzeige, die ihnen klar macht: So darf es nicht
                                                                                                                       weitergehen! Sie müssen Selbstkontrolle erlernen,
                                                                                                                       nicht nur kurzfristig . Sie muss auch funktionieren,
                                                                                                                       wenn es Sie wieder juckt. Als Erstes könnten Sie den
                                                                                                                       Computer an einen überwachten Ort stellen.
                                                                                                                       Gehen Sie aber vor allem in eine Therapie. Es ist be-
                                                                                                                       reits ein wesentlicher Schritt, dass Sie Scham und
                                                                                                                       Schuld spüren und uns schreiben. Damit könnte
                                                                                                                       Ihre Veränderung beginnen. Die «schlechten Ge-
                                                                                                                       fühle» helfen Ihnen, dass Sie nicht immer weiter in
                                                                                                                       den Sumpf geraten.

                                                                                                                       Lieber Herr Weilbach
                                                                                                                       Ich bin mir sicher, dass mein Freund Kinderpor-
                                                                                                                       nos im Internet anschaut. Ich habe entsprechende
Viele Konsumenten merken nicht, dass die Kinderpornografie einen langen Schatten
auf ihr Leben wirft.                                                                                                   Dateien auf seinem Computer gefunden. Wir ha-
                                                                                                                       ben eigentlich ein schönes Sexualleben. Umso weni-
                                                                                                                       ger kann ich das verstehen und es entsetzt mich. Ich
lar hat er insgesamt im Netz ausge-           Druck. Es fielen Anwalts- und Ge-
                                                                                                                       habe Angst. A. L.
geben. «Einen Moment lang habe ich            richtskosten an. «Allein diese belie-
mir überlegt, ob das wohl rechtens            fen sich auf etwa 20 000 Franken.»                                       Liebe A. L.
ist. Aber dann dachte ich, wenn man           Heute arbeitet Robert Teilzeit. Und                                      Mit dem Herunterladen von Kinderpornos passiert
da seine Adresse angeben muss, ist es         noch immer geht er zur Therapie. «Es                                     etwas Verbotenes hinter Ihrem Rücken. Sie werden
bestimmt erlaubt.»                            ist für mich nach wie vor eine schwie-                                   sich bewusst: Ihr Partner hat unbekannte Schatten-
                                              rige Lebenssituation.» Auch Roberts                                      seiten. Stellen Sie ihn zur Rede, verlangen Sie von

Die Folgen waren teuer                        Gemütszustand ist seit der Aktion la-                                    ihm, er soll sofort aufhören. Es muss ihm klar wer-
                                              bil. «So langsam ad acta legen kann                                      den, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er in
Nach der Polizeiaktion wurde Ro-              ich die Sache erst, seit das Urteil ge-                                  einer Polizeiaktion auffliegt. Möglicherweise kann
berts Arbeitgeber informiert. Seinen          sprochen ist.» Weil der Staatsanwalt                                     es für ihn wie für Ihre Partnerschaft eine Entlas-
Job war er los. «Wegen der Medien-            in Revision ging, dauerte es fast drei                                   tung sein, wenn er den schweren Weg der Selbst-
berichte hatte ich auch Unannehm-             Jahre, bis die Strafe klar war. Gefäng-                                  anzeige geht. Psychologisch betrachtet sollten Sie
lichkeiten mit den Berufsverbänden.           nis bedingt mit zwei Jahren Bewäh-                                       sich beide Hilfe holen. Nicht nur eine Beratung für
Mein gesamtes Berufsnetz war weg.»            rungsfrist. «Bis dahin hing alles in der                                 Sie und ihn, sondern auch eine Paarberatung. Denn
Robert fiel in Depressionen. «Ich              Luft. Deshalb konnte ich nicht damit                                     der Konsum von Kinderpornografie untergräbt das
hatte Schuldgefühle gegenüber allen,          abschliessen.»                                                           Vertrauen und die Selbstverständlichkeit in Ihrer
die ich mit hineinzog, meine Fami-            Sex- oder Gruselseiten hat Robert                                        Partnerschaft.
lie, Arbeitskollegen, dazu kamen der          nicht mehr besucht, seit die Polizis-
Gesichtsverlust und die Zukunfts-             ten vor seiner Tür standen. «Das hat                                     Unter www.stopp-kinderpornografie (Webcode
ängste.» Robert setzte die Arbeitslo-         mir sofort abgelöscht.»                                                  2203d) finden Sie Angaben zu Beratungsangeboten
sigkeit zu. Seine Frau musste mehr                                                                                     in Ihrer Region.
arbeiten. Dazu kam der finanzielle
12

Heilung ist ein langsamer
«Castagna» nennt sich die Opferberatungsstelle
für sexuell ausgebeutete Kinder und Jugendliche
in Zürich. Ein speziell geschultes Team berät
Betroffene und hilft ihnen, neues Selbstver-
trauen zu gewinnen. Regula Schwager, Psycho-
login und Psychotherapeutin, erzählt über
ihre Erfahrungen.

            V   iele Kinder, die auf pornografischen Fotos abgebildet
            sind, stammen aus armen Ländern. Sie sind Strassenkin-
            der und werden zur Prostitution gezwungen. Kinderpor-
            nografisches Material entsteht weiter im Zusammenhang
            mit Sextourismus. Doch Kinderpornos werden auch in
            der Schweiz produziert. Opfer dieser illegalen Bilder sind
            oft Kinder aus dem nahen Umfeld des Täters: Es ist der
            Onkel, der Vater, ein guter Freund – in seltenen Fällen
            auch eine Frau. Sie missbrauchen das Vertrauen des Kin-
            des, um es sexuell auszubeuten.

            Frau Schwager, Sie beraten Kinder und Jugendliche, die
            sexuell ausgebeutet wurden. Wie sind diese Kinder, wenn
            sie zu Ihnen kommen?
              Die Kinder sind völlig verwirrt. Meistens ist der Täter
              ein nahe stehender Mensch. Das Kind liebt ihn und ist
              von ihm abhängig. Das löst beim Opfer grösste Ver-
              unsicherung aus. Warum hat er das getan? Wem kann
              ich jetzt noch vertrauen? Dazu kommt, dass es eine
              grosse Verantwortung gegenüber seiner Familie spürt.
              Es ahnt, was es auslöst, wenn es den Täter verrät. Weil
              es sich so passiv verhält, sich bei der Tat ja auch nicht
              genügend gewehrt hat, glaubt es sogar, es sei ja selber     Welches zusätzliche Leid stellen Sie bei Opfern von Kin-
              schuld. Dieser Gefühlsmix überfordert das Kind. Es          derpornografie fest?
              fühlt sich ausgeliefert, isoliert. Es schämt sich, darü-      Bei Kinderpornografie erlebt das Opfer nicht nur einen
              ber zu reden.                                                 einschneidenden Übergriff. Es werden zusätzlich auch
                                                                            noch Bilder davon gemacht und verbreitet. Wenn Op-
            Und die langfristigen Folgen?                                   fer älter werden, belastet sie die Tatsache schwer, dass
              Durch den Übergriff hat das Kind erfahren, dass es            derart beschämende Bilder unauslöschbar vorhanden
              Menschen, die ihm nahe und lieb sind, nicht vertrauen         sind. Immer begleitet sie das Gefühl, jemand könnte
              kann. Die Opfer solcher Übergriffe haben es deshalb           die Fotos kennen – ein Schulkamerad, auch ein Frem-
              als Erwachsene manchmal schwer, sich auf eine echte           der im Bus. Sie haben ihr ganzes Leben lang Angst vor
              Beziehung einzulassen. Auch ihre sexuelle Entwick-            dem Auftauchen dieser Bilder, die sie in einer unwür-
              lung macht oft Umwege. Sie werden später beim Sex             digen Situation zeigen. Sie fühlen sich auf die Rolle als
              jedes Mal an ihre schreckliche Erfahrung erinnert. Ein        erniedrigtes Sexualobjekt festgelegt. So können sie mit
              wichtiges Therapieziel ist deshalb, dass Opfer lernen,        der Vergangenheit nie abschliessen. Das erschwert den
              diese Rückblende zu überwinden und zwischen Ver-              Prozess der Heilung erheblich.
              gangenheit und Gegenwart zu unterscheiden.
13

          Prozess
                            Sind die Opfer nicht mitschuldig, wenn es zu einer se-
Foto: Royalty-Free/Corbis

                            xuellen Handlung kommt? Man weiss ja heute: Kinder
                            und vor allem Jugendliche können bewusst provozieren
                            oder eine Situation ausreizen.
                              Diese Frage ist verkehrt. Jugendliche können zwar
                              erwachsen aussehen. Sie sind trotzdem noch nicht
                              reif genug, um alle Folgen ihres Tuns abzuschätzen.
                              Genau deswegen gibt es ja das Schutzalter. Natür-
                              lich sind Kinder und Jugendliche an Sexualität in-
                              teressiert. Sie testen gerne die Grenzen aus. Man-
                              che lassen sich auch durch Versprechen verlocken,         Eugène Durieu (1800-1874): Akt (Ausschnitt), um 1853, Salzpapierkopie
                              etwa ein Geschenk. Doch bei uns gilt: Kinder haben
                              alle Narrenfreiheit der Welt. Deshalb ist unser Ge-
                              setz eindeutig: Verantwortlich ist immer der Täter.       Das gefrässige Bild
                              Er muss die Grenze setzen. Nur er!                        1842 schrieb Edgar Allan Poe eine Erzählung mit dem Titel «Das ovale Por-
                                                                                        trät». Er beschreibt darin eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, die ei-
                            Wie können betroffene Menschen überhaupt je wieder
                                                                                        nen Maler liebt. Widerwillig fügt sie sich in das Verlangen des Malers, von
                            gesund werden?
                                                                                        ihr ein Porträt anfertigen zu wollen. Viele Wochen sitzt sie ihm stumm
                              Heilung benötigt Zeit. Sie geschieht in verschiede-       Modell, während er sich an seinem Werk berauscht. Er bemerkt nicht, wie
                              nen Phasen. Das Erlebnis zu verarbeiten, ist ein Teil     die Röte des Lebens aus ihren Wangen weicht, als er die rote Farbe auf die
                              davon. Am wichtigsten ist es, dass ein betroffenes        Leinwand bringt. Er sieht auch nicht, wie die Gesundheit des Mädchens
                              Kind wieder Selbstvertrauen gewinnt. Betroffene           täglich abnimmt. Als das Bild fertig ist und er erschreckt ausruft: «Das ist
                              laufen ja nicht die ganze Zeit mit Trauermiene um-        das Leben selbst!» – ist die junge Frau tot. Nicolaj van der Meulen
                              her. Sie haben in sich viele positive Kraftquellen. Sie
                              lachen, spielen, haben Freunde. Diese Stärken hebe
                              ich in der Beratung hervor. Die grösste Hilfe ist es      Poes Erzählung handelt davon, dass              gative Begleiterscheinung. Durch die
                              aber, wenn Familie, Freunde und andere Bezugs-            Bilder keine unschuldigen Medien                Bilder stirbt in den Kindern etwas ab.
                              personen das Kind respektieren und ihm Mut ma-            sind. Sie besitzen die Macht der Ver-           Was in Poes Erzählung mit dem Tod
                              chen, es selber zu sein.                                  führung und der Täuschung. Vom                  endet, steht bei der Pornografie an
                                                                                        Bilderverbot der Bibel, «Du sollst              Kindern erst am Anfang. Sie schafft
                                                                                        dir keine Götterbilder machen», bis             verzerrende Bilder des eigenen Le-
                                                                                        zum Sturz der Statuen Saddam Hus-               bens, welche immer wieder ange-
                                                                                        seins erzählt unser Leben von der               schaut werden. Die blosse Existenz
                                                                                        Kontrolle jener Bilder die uns ver-             der Bilder erzwingt die fortwährende
                                                                                        führen. Und je lebendiger sie sind,             Erinnerung. Digitalisierung und In-
                                                                                        desto machtvoller drängen sie sich in           ternet haben die Bilder zu unzerstör-
                              Castagna                                                  unser Leben.
                                                                                        Computerspiele, Filme, Pornogra-
                                                                                                                                        baren und weltumspannenden Fak-
                                                                                                                                        ten gemacht. Sie besitzen eine un-
                              ist eine Beratungs- und Informationsstelle für            fie: Die Macht der Bilder hängt mit              auslöschliche Existenz, die mit jedem
                              sexuell ausgebeutete Kinder, weibliche                    dem Leben zusammen, das in ih-                  Anschauen bestätigt wird.
                              Jugendliche und in der Kindheit sexuell aus-              nen steckt. Über Passbilder, Fotogra-           Die Beurteilung von Pornogra-
                              gebeutete Frauen. Sie ist als offizielle Opferhilfe-       fien, über religiöse Symbole und La-             fie an Kindern verlangt nicht nur
                              stelle des Kantons Zürich anerkannt.                      bels fühlen wir uns zugehörig zu ei-            eine juristische und psychoanalyti-
                              Telefonische Beratung: 044 360 90 40                      ner Familie, zu unserem Land, unse-             sche Kompetenz, sondern auch eine
                              www.castagna-zh.ch.                                       rer Religion und zu uns selbst. Bilder          Kompetenz im Umgang mit Bildern.
                                                                                        erzeugen Identitäten, aber sie kön-             Die Aufklärung ihrer Wirkungs-
                              Informationen zu weiteren Beratungs-                      nen sie auch zerstören. Wer Bilder              macht bedeutet, die verschwomme-
                              stellen in allen Kantonen finden Sie                       produziert, besitzt eine ebenso hohe            nen Grenzen zwischen Pornografie
                              unter                                                     Verantwortung wie die, die sie an-              an Kindern, Pornografie, Werbung
                              www.stopp-kinderpornografie.ch                             schauen oder kontrollieren.                     und Kunst kritisch zu beleuchten.
                              (webcode 2204d)                                           Im gewaltsamen Missbrauch an Kin-               (Nicolaj van der Meulen ist Kunsthistoriker
                                                                                        dern ist das Bild nicht nur eine ne-            und unterrichtet an der Universität Basel)
14

Mit dem Cybercop
auf Patrouille
Arnold Poot hat einen aussergewöhn-
lichen Beruf. Als Cybercop ist er
spezialisiert auf die Ermittlung von
Sexualdelikten im Internet.
Von seinem Computer bei der Waadt-
länder Sicherheitspolizei aus geht
er regelmässig im Internet auf
Patrouille. Ein Einblick in die polizei-
lichen Fahndungsmethoden.

               S
              « eek hardcore preteen movies!»
              Mit wenigen Mausklicks loggt sich
              Inspektor Arnold Poot in einen Chat-
              room für Pädophile ein. Für den er-     Arnold Poot, Cybercop im Kanton Waadt, geht täglich im Internet auf Patrouille.
              fahrenen Cybercop ist es ein Leich-
              tes, sich in die Diskussion einzu-      lem diese Verbrecher im Visier. Mit              dies nicht tun. Doch wir haben an-
              schleichen und weitere Details über     viel Geduld identifiziert die Polizei             dere Methoden ...» Dazu verrät Ar-
              das angebotene Material zu erfah-       die Opfer und kann auf diese Weise               nold Poot nur ein kleines Detail, der
              ren. Auf seinem Bildschirm erscheint    dann den Täter ausfindig machen.                  Rest ist Berufsgeheimnis: «Wir chat-
              eine lange Liste von Bild- und Video-                                                    ten manchmal unter der Identität ei-
              titeln. Damit er ihm Zugriff auf das    Polizei und Täter verwenden                      nes Kindes oder mit dem Namen ei-
              Material gibt, erwartet der andere      die gleichen Mittel                              ner festgenommenen Person, die uns
              Surfer die Zusendung von ähnlichen                                                       dazu die Einwilligung gegeben hat.»
              Bildern. Der Internetpolizist ermit-    Das Surfen im Internet ist nicht ohne            Spezifische Software ergänzt die ak-
              telt die IP-Adresse des Surfers – sie   Risiko. Jeder Mausklick hinterlässt              tive Ermittlung. Dank ihr kann die
              weist in die USA. Er gibt den Fall an   eine Spur, die die Polizei leicht ver-           Polizei die Verbindungen zwischen
              Interpol weiter.                        folgen kann. In der Schweiz ist der              verschiedenen pädokriminellen Rin-
                                                      Provider ausserdem gesetzlich dazu               gen aufdecken. Oder sie kann Verän-
              Bei drei Vierteln der pädokriminellen   verpflichtet, mit den Ermittlungsbe-              derungen auf Websites und in Chats
              Aktivitäten im Internet geht es um      hörden zusammenzuarbeiten. «Ab-                  aufzeichnen und verschwundene Da-
              das Tauschen von Dateien. «Doch         gesehen davon», fügt der Cybercop                ten wieder sichtbar machen.
              ein Pädophiler kann den Computer        an, «arbeiten wir mit den gleichen
              auch als Werkzeug benützen, um se-      Techniken und Programmen wie die
                                                                                                       Effiziente Zusammenarbeit
              xuelle Kontakte mit Minderjährigen      Pädokriminellen. Wir schleichen uns
              zu knüpfen. Entweder direkt oder        in virtuelle Gesprächsforen und Chat-            Wenn die Polizei auf einen komple-
              über Webcam», sagt der Inspek-          rooms ein und passen unsere Spra-                xen Fall stösst, greift sie auf IT-Spezi-
              tor. «In 25 % der Fälle stammen die     che so an, dass wir unauffällig mit-             alisten wie die der ETH Lausanne zu-
              ausgebeuteten Kinder aus dem na-        machen können. Zugangsbedingung                  rück. Diese helfen ihr dabei, die be-
              hen Umfeld des Täters.» Die kanto-      ist meist, kinderpornografisches Ma-              schlagnahmten Datenträger zu ana-
              nalen Polizeibehörden haben vor al-     terial zu schicken. Die Polizei darf             lysieren. Manchmal melden sich
15

                                                                 Wir werden immer                                     Anlaufstelle
                                                                 besser und schneller!
                                                                 Roberta Vanina, stellvertretende Leiterin
                                                                                                                      Polizei
                                                                 Kommissariat Pädophilie, Menschen-
                                                                 handel, Menschenschmuggel,
                                                                 über die Fahndungserfolge der Polizei
                                                                                                                      Die Fahndungserfolge im Bereich Kinderpor-
                                                                                                                      nografie haben viele verunsichert. Die Kantons-
                                   Gegen Kinderpornografie im Internet      che Aktionen bringen uns wertvolle
                                                                                                                      polizei ist darum eine wichtige Anlaufstelle.
                                   muss die Polizei grenzüberschreitend    Erfahrungen. Wir werden immer bes-
                                                                                                                      Diese lokalen Spezialisten können direkt helfen
                                   vorgehen. Unser Kommissariat un-        ser und schneller. Neuerdings ver-
                                                                                                                      oder die Menschen an die richtige Stelle
                                   terstützt und koordiniert diese Akti-   zeichnet die Polizei auch Erfolge bei
                                                                                                                      weiterleiten.
Fotos: Myriam Ramel, Lausanne

                                   vitäten. In einem Fall konnten 17 Tä-   der Überwachung von Tauschbörsen,
                                   ter aus drei Kantonen überführt wer-    sogenannten Peer-to-Peer-Netzen.
                                   den. Sie hatten in Chatrooms nach       Gerade Jugendliche nutzen solche
                                   minderjährigen Knaben gesucht. Zu       zum Bezug von Musikdateien – und           Wie kann ich überwachen, mit wem meine Kinder
                                   den bekanntesten internationalen        stossen dann auf die dort ebenfalls        chatten? Wem kann ich mich anvertrauen, wenn
                                   Fällen gehören die Aktionen Gene-       angebotenen Kinderpornofiles.               mein Partner Kinderpornos konsumiert? Was, wenn
                                   sis und Falcon. Beide kamen durch                                                  ich selber solche Links finde? Mit solchen Fragen
                                                                           Interessiert Sie die Arbeit der Polizei?
                                   Hinweise aus den USA zustande und       Informieren Sie sich unter                 werden Polizisten auf dem Posten oder in den Spe-
                                   richteten sich gegen kommerzielle       www.stopp-kinderpornografie.ch              zialabteilungen der Polizei konfrontiert. «Seit Ge-
                                   Internetseiten und ihre Nutzer. Sol-    (Webcode 2205d)
                                                                                                                      nesis und Falcon haben die Anfragen stark zuge-
                                                                                                                      nommen», bestätigt der Berner Kripochef Peter
                                                                                                                      Baumgartner.

                                auch Hacker beim Cybercop, die im          der Richter später ein Urteil. «Oft be-
                                Internet Jagd auf Pädophile machen:        denken die Täter nicht, welche Aus-        ANONYME KONTAKTSTELLEN
                                «Ich nehme zwar die Hinweise auf.          wirkungen ihr Tun auf ihre Familie         Häufig können die Sicherheitsberater der Polizei
                                Es ist jedoch Sache der Polizei, sich      und den Beruf haben kann.»                 weiterhelfen. Manche Polizeikorps betreiben Kon-
                                in die kinderpornografischen Netze          Arnold Poot glaubt, dass schon ein         taktstellen, wo man sich anonym melden kann.
                                einschleusen!» Die polizeiliche Zu-        kleiner Eingriff eine vorbeugende          Zum Beispiel in Zürich bei der Abteilung «Sexualde-
                                sammenarbeit zwischen den Kanto-           Wirkung hat. Viele Pädokriminelle          likte Kinderschutz» oder in Baselland bei der «Mel-
                                nen funktioniert gut. Für die Koordi-      meinen, nur ein Bild anzuschauen,          destelle Kinderpornografie». In den ersten zwei
                                nation der internationalen Polizeiak-      sei nicht schlimm. «Wir machen ih-         Jahren sind bei der Baselbieter Stelle knapp 400
                                tionen ist das Bundesamt für Polizei       nen klar, dass sie bereits eine Grenze     Meldungen eingegangen. «In fünf Fällen wurde
                                (fedpol) zuständig. Die europaweite        überschritten haben und sich auf ei-       uns sogar ein Verdächtiger gemeldet», erklärt Mar-
                                Zusammenarbeit ist sehr erfolg-            nem gefährlichen Weg befinden»,             tin Graf von der Kriminalanalyse.
                                reich. Aber international sind die Er-     betont Arnold Poot. «Übrigens sind
                                gebnisse manchmal noch zu dürftig.         uns viele für unsere Intervention
                                «Das Internet kennt keine Grenzen.         dankbar. Einige bitten uns, ihnen ei-      PRÄVENTION AN DER BASIS
                                Das wünsche ich mir für die Arbeit         nen Therapeuten zu empfehlen. Man          Die meisten Anrufer melden Adressen von Pornosi-
                                der Polizei in diesem Bereich auch»,       kann niemandem verbieten, dass er          tes. Diese werden an die Schweizerische Koordina-
                                meint Arnold Poot dazu.                    Kinder liebt. Aber dass er zum Ver-        tionsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminali-
                                                                           brecher wird, das schon!»                  tät (KOBIK) weitergeleitet. Viele Anrufer wünschen
                                                                                                                      eine Beratung. Graf: «Manch einer, der auf solchen
                                Wenn die Falle zuschlägt
                                                                                                                      Sites gelandet ist, hat nach dem Gespräch mit uns
                                Morgen beginnt der Arbeitstag von                                                     gleich wieder davon abgelassen.»
                                Cybercop Arnold Poot um 6 Uhr,
                                und zwar am Wohnort eines Ver-
                                dächtigen. Er hat genügend Beweise
                                gesammelt, um eine kriminalpoli-
                                zeiliche Ermittlung zu starten. Das
                                                                                                                        Eine Liste der Anlaufstellen aller
                                ist etwa einmal pro Woche der Fall.                                                     Kantonspolizeien finden Sie unter
                                Er wird eine Hausdurchsuchung ma-                                                       www.stopp-kinderpornografie.ch
                                chen, alle digitalen Datenträger be-                                                    (Webcode 2206d)
                                schlagnahmen und dann den Ver-
                                dächtigen auf der Polizeiwache ver-
                                nehmen. Auf Grund des analysierten
                                Materials und des Polizeiberichts fällt
Ein Ratgeber der Polizei

Stopp Kinderpornografie im Internet
                   Eine Kampagne der Schweizerischen Kriminalprävention
                   im Auftrag der Konferenz der Kantonalen Polizei- und Justizdirektoren.
                   www.skppsc.ch

                      Wo erhalten Sie Hilfe?
                      Hilfe für stark Porno- und Internet-                   nimmt, soll sich ebenfalls mit der Polizei in Verbin-
                      süchtige                                               dung setzen. Auch für Straftaten im Zusammenhang
                                                                             mit Kinderpornografie ist die Polizei zuständig.
                      Personen, die in sich eine starke Neigung zu Por-
                      nografie im Grenzbereich der Legalität verspüren,
                      benötigen eine spezielle Beratung und Therapie.        Bei Kriminalität im Internet – wenden
                      Wenn Sie aber bereits Umgang mit Kinderporno-          Sie sich direkt an www.kobik.ch
                      grafie haben, übertreten Sie das Gesetz: Höchste        Die nationale Koordinationsstelle zur Bekämp-
                      Zeit, aufzuhören und sich helfen zu lassen! Die un-    fung der Internet-Kriminalität (KOBIK) ist die zen-
                      ten genannte Webadresse liefert Ihnen nähere In-       trale Anlaufstelle für Personen, die verdächtige In-
                      formationen.                                           ternet-Inhalte melden möchten. Dies gilt auch für
                                                                             Verdacht auf Kinderpornografie sowie andere vom
                      Hilfe für Opfer sexueller Belästigung,                 Gesetz verbotene Handlungen im Internet. Eine
                      für Eltern und Erziehungsberechtigte                   anonyme Meldung ist möglich.
                      sowie für Jugendliche
                      In jedem Kanton sowie in grösseren Städten gibt
                                                                             Weitere Informationen über Hilfe finden
                      es Beratungsstellen, die auf Fragen im Bereich Ju-     Sie auf www.stopp-kinderpornografie.ch
                      gendschutz spezialisiert sind. Diese helfen z.B. bei   (Webcode 2207d)
                      Erziehungsfragen, bei Problemen mit Kindern und
                      Jugendlichen. Auch für Opfer von sexueller Beläs-
                      tigung oder eines Übergriffs bieten verschiedene
                      Stellen Beratung und Begleitung an; speziell zu er-
                      wähnen sind hier Frauenberatungs- und Opferhil-
                      festellen.

                      Bei Verdacht auf eine Straftat –
                      die Polizei rufen
                      Menschen, die sich von einer Straftat betroffen oder
                      bedroht fühlen, können sich jederzeit an die Poli-
                      zei wenden. Wer etwas Verdächtiges in Bezug auf
                      Sexualdelikte gegen Kinder und Jugendliche wahr-
Sie können auch lesen