Wie Peer Steinbrück und seine SPD die Öffentlichkeit täuschen - Das Beispiel "PeerBlog"

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Wie Peer Steinbrück und
seine SPD die Öffentlichkeit
täuschen

                   Das Beispiel „PeerBlog“

                    Die Mitte
Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen:

  Wie Peer Steinbrück und seine SPD die Öffentlichkeit täuschen, schmutzigen Wahl-
              kampf führen und ihre Wahlkampffinanzierung verschleiern

                                  Das Beispiel „PeerBlog“

Peer Steinbrück, der SPD-Kanzlerkandidat, hat in den letzten Jahren nicht nur sehr viele
Reden außerhalb des Parlaments gehalten. Er hat neben seiner Parlamentstätigkeit auch
viel geschrieben. Artikel und Ausätze. Und er fand auch Zeit, ein Buch zu schreiben. Darin
befasste er sich unter anderem mit der Beziehung zwischen Politik und Medien. Und dabei
entsprangen seiner Feder auch folgende Sätze:

„Ein Teil des professionellen Journalismus wechselt […] die Seiten und bedient die Webblogs im
Internet mit Informationen und Recherchen, zumal dort, wo seine Beiträge aus politischen
Gründen oder aufgrund von Konflikten mit Verlagsinteressen abgelehnt werden. Der Politblog
»Wir in NRW«, den Profis unter dem Tucholsky-Pseudonym »Theobald Tiger« mit Nachrichten
füttern, ist dafür ein Beispiel, das insbesondere vor der nordrhein-westfälischen Landtagswahl
2010 für Furore sorgte.“ (Peer Steinbrück: Unterm Strich, 2. Aufl., Hamburg 2010, S. 358-
359)

Für dieses Lob des „Wir in NRW“-Blogs hatte Steinbrück gute Gründe. Zum Beispiel be-
trieb das Blog massives „Negative Campaigning“ gegen die nordrhein-westfälische CDU
und publizierte interne CDU-Dokumente im Wahlkampf 2010.

Wer hinter dem von Steinbrück angesprochenen Pseudonym „Theobald Tiger“ stand?
„In Düsseldorfer Politik- und Medienkreisen gilt es als offenes Geheimnis, dass […] Karl-Heinz
Steinkühler hinter dem von Kurt Tucholsky geklauten Pseudonym steht […].“ („Stern“,
10.05.12) Jener Karl-Heinz Steinkühler dementiert entsprechende Berichte nicht. Jeden-
falls hat Steinkühler offenbar Gefallen an einer Blog-Konstruktion wie der des „Wir in
NRW“-Blog gefunden. Denn Anfang Februar 2013 startete er das „PeerBlog“.

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Das „PeerBlog“: am 3. Februar 2013 gestartet und am 7. Februar 2013 wieder eingestellt.
Es zeigt, welche Personen und Unternehmen sich in Steinbrücks Umfeld tummeln. Es geht
um schmutzige Wahlkampftricks und undurchsichtige Geldflüsse.

Von dem Blog, das seinen Namen trug, will Steinbrück heute nichts mehr wissen. Peer
Steinbrück sagt: „Ich habe mit diesem Blog nichts zu tun.“ (ARD – Bericht aus Berlin,
10.02.13) Diese Aussage könnte man dreist nennen. Oder Arroganz gegenüber der Öffent-
lichkeit. Oder Verschleierung. Oder auch eine Täuschung, die an die drei Affen erinnert:
Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Die Geschichte des „PeerBlogs“ ist vor allem eine
Geschichte von drei Männern, die sich lange kennen. Die sich besonders gut mit „Negative
Campaigning“ – also besonders dreckigem Wahlkampf – auskennen. Und die in einem Ge-
flecht aus anrüchiger Dokumenten-Beschaffung und undurchsichtiger Wahlkampffinanzie-
rung stecken. Es ist die Geschichte von Peer Steinbrück, Karl-Heinz Steinkühler und Hans-
Roland Fäßler.

Das „PeerBlog“ – Chronologie und Hintergründe einer Verschleierungsaktion.
Am 3. Februar 2013 hatte der ehemalige Journalist und heutige Inhaber einer Düsseldorfer
Kommunikationsagentur, Karl-Heinz Steinkühler, einen Unterstützungs-Blog für Peer
Steinbrück im Internet gestartet. Sein Ziel war es laut Eigendarstellung über wichtige
Themen im Wahlkampf, Innenansichten der Steinbrück-Kampagne und die politische Kon-
kurrenz zu berichten. Es sollte Gefälligkeitsjournalismus für Steinbrück und die SPD wer-
den, die im Mäntelchen der Parteiunabhängigkeit daherkommen sollte. Auch wollten die
Autoren interne Dokumente der politischen Konkurrenz veröffentlichen, wenn diese ihnen
angeboten worden wären: „Wir wehren uns […] nicht gegen Dokumente, wenn sie uns auf den
Tisch flattern.“ („Spiegel“, 04.02.13)

Das war eine Anspielung auf den angesprochenen „Wir in NRW“-Blog, der im nordrhein-
westfälischen Landtagswahlkampf 2010 interne Dokumente der NRW-CDU veröffentlicht
hatte und massives „Negative Campaigning“ gegen die CDU betrieb. Auf Deutsch:
Schmutzwahlkampf. Karl-Heinz Steinkühler, so pfeifen es die Spatzen seit langem von den
Dächern, hat bei diesem Blog eine maßgebliche Rolle gespielt.

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Zwar versuchten die Macher damals wie heute – sowohl beim „PeerBlog“ als auch beim
„Wir in NRW“-Blog – den Anschein der SPD-Unabhängigkeit zu erwecken. Aber diese Un-
abhängigkeit hat es nie gegeben, wie mehrere Zeitungen und Recherche-Blogs in den ver-
gangenen Tagen und Wochen deutlich gemacht haben. Zu viele Wege kreuzen sich. Zu
viele der beteiligten Personen kennen sich nicht nur seit Jahrzehnten, sondern sind auch
befreundet. Zu widersprüchlich sind die Aussagen der Macher und Hintermänner.

Drei Männer, ein Ziel: Wie Fäßler, Steinkühler und Steinbrück vorgaukelten, es gebe
ein unabhängiges „PeerBlog“.
Es beginnt mit der Agentur, die hinter dem „PeerBlog“ stand: steinkühler-com. Der Inha-
ber, Karl-Heinz Steinkühler ist „eng mit Steinbrücks Wahlkampfberater Hans-Roland Fäßler
verbandelt“ („Spiegel“, 04.02.13); „Fäßler gilt als alter Vertrauter Steinkühlers“ („Focus“,
09.02.13). Fäßler wiederum ist seit vielen Jahren auch ein Vertrauter von Peer Steinbrück.
„Fäßler kennt Steinbrück schon seit 25 Jahren; die beiden sind gute Freunde.“ („Politik & Kom-
munikation“, November 2012). Heute ist Fäßler „eine zentrale Figur des Wahlkampfteams,
Mitglied des Steuerungskomitees“ („FAZ“, 11.02.13). Und er ist „in der SPD bestens vernetzt“
(„Politik & Kommunikation“, November 2012); „langjähriges Parteimitglied“ („Tagesspie-
gel“, 15.02.13) Jener Fäßler soll letztlich den „PeerBlog“ mit initiiert haben. („FAS“,
10.02.13, „FAZ“, 11.02.13)

Und auch Steinbrück und Steinkühler kennen sich schon lange. Gegenüber „Handelsblatt
Online“ sagte Steinkühler, es sei „kein Geheimnis“, dass er Steinbrück „seit vielen Jahren gut
kenne“. („Handelsblatt Online“, 04.02.13) Ihre Wege kreuzen sich mehrfach. Steinbrück hat
sich zum Beispiel schon einmal der Dienste Steinkühlers bedient: 2010 vermittelte die
steinkühler-com-Agentur Steinbrück für die Teilnahme am „MainGespräch“ der Société
Générale. Steinbrück bekam dafür 15.000 Euro.

Vor diesen Hintergründen verwundert es nicht, dass Steinbrück auch über das „PeerBlog“
bestens im Bilde war. Steinkühler erklärte, Steinbrück habe zugestimmt, dass das Blog sei-
nen Namen verwenden dürfe. Mehr noch: Steinbrück hatte mit den Blog-Machern über
Idee und Zielrichtung des Blogs diskutiert. Steinkühler erklärt: „Peer Steinbrück hat zuge-
hört und analysiert. Er hat sein OK gegeben, dass wir seinen Namen für diesen Blog nutzen
können. Abseits seiner Partei.“ („SZ Online“, 04.02.13) Allerdings habe es „auf keiner Ebene

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eine Zusammenarbeit mit dem Willy-Brandt-Haus“ gegeben. „Keine Information, keine Fotos,
kein Geld.“ („SZ Online“, 04.02.13)

Eine – zurückhaltend formuliert – verwunderliche Aussage, wenn zugrunde gelegt wird,
dass Fäßler eine so wichtige Rolle in Steinbrücks Wahlkampfteam spielt und das Trio Fäß-
ler, Steinkühler und Steinbrück, wie FAZ und Westdeutsche Allgemeine schreiben, im
Herbst 2012 zusammen hockte, um über die Idee eines Blogs für Steinbrück zu beratschla-
gen. („FAZ“, 11.02.13 und „Westdeutsche Allgemeine Online“, 12.02.13) Die SPD-
Generalsekretärin, Andrea Nahles, sagte: „Weder wir noch Peer Steinbrück betreiben dieses
Blog.“ An einer Unterstützerplattform könne sie nichts „nichts Ungewöhnliches finden“.
Und: Ihr sei die Grundidee des Blogs „vor einigen Wochen" bekannt geworden. Dagegen
habe sie „keine Einwände“ gehabt. („taz“, 05.02.13 und „Handelsblatt“, 05.02.13).

Hinzu kommt, dass Steinbrücks Sprecher Michael Donnermeyer erklärt hat: „Der Peer Blog
ist natürlich mit Wissen des Kandidaten eingerichtet, er kennt auch eine Reihe der Unterstüt-
zer, ob er alle kennt, kann ich nicht abschließend sagen.“ („SZ Online“, 05.02.13)

Das sagt sein Sprecher. Aber Peer Steinbrück sagt ja: „Ich habe mit diesem Blog nichts zu
tun.“ (ARD – Bericht aus Berlin, 10.02.13)

„Ein dubioser Vorgang“ und eine „recht professionelle Verschleierung“.
Neben der offensichtlichen Verquickung des „PeerBlogs“ mit Steinbrück und Fäßler – und
damit mit der SPD – gibt es ein weiteres Problem für Steinbrück und die Sozialdemokratie:
Die Finanzierung des Blogs sollte anonym erfolgen. Das heißt: Die Finanzierung des Blogs
wurde – und wird immer noch – verschleiert. Auf dem Blog hieß es: „Wir sind unabhängig.
Peer Steinbrück will das so. Dieser Blog wird finanziert von herausragenden Unternehmerper-
sönlichkeiten in Deutschland […] Das Vorbild sind die USA, dort spenden Unternehmer Millio-
nen für ihre Kandidaten, weniger für die Parteien. Sie wollen Persönlichkeiten ins Amt helfen
oder dort halten.“ (http://www.peerblog.de/?page_id=92, 03.02.13)

Die Sache mit der Finanzierung hatte man sich wohl nicht so genau angeschaut. Denn in
den USA werden auch die Zuwendungen an die parteiunabhängigen „Super Pacs“, die ei-
nen Kandidaten unterstützen, veröffentlicht. („New York Times Online“, 07.05.12) Und die

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Finanzierung von „PeerBlog“? Unklar. Laut Spiegel sollte eine sechsstellige Summe von
„fünf Unternehmern, darunter der Gründer einer Münchner Internetfirma und ein Hamburger
Kaufmann, die anonym bleiben wollen“ für das Blog aufgewendet werden. („Spiegel“,
04.02.13)

Auch bei der Frage nach den anonymen Geldgebern gibt es Querverbindungen, die den
Kanzlerkandidaten der SPD, Peer Steinbrück, in‘s Zwielicht stellen. So fragt z. B. die
„Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, ob einer der Geldgeber des „PeerBlogs“ ein
„gemeinsamer Geschäftspartner von Steinbrück und Steinkühler“ gewesen sei. Denn Stein-
brück hielt am 5. März 2011 einen Vortrag bei dem Kommunalen Beirat der Gelsenwasser
AG. Dafür bekam Steinbrück etwas weniger als sein „Standardhonorar“ von 15.000 Euro
(Peer Steinbrück, „Berliner Kurier Online“, 30.10.12), aber immerhin 10.000 Euro. Und
auch Steinkühler ist mit Gelsenwasser verbandelt. Seine Agentur beriet Gelsenwasser
2011 mehrfach. („FAS“, 10.02.13)

Aber auch schon vor 2011, so die „FAS“, könnten sich die Wege von Steinkühler und
Gelsenwasser gekreuzt haben. Laut mehreren Zeitungen ist es ein „offenes Geheimnis“,
dass Steinkühler im NRW-Wahlkampf 2010 unter Pseudonym beim Blog „Wir in NRW“ Bei-
träge veröffentlichte. (vgl. u. a. „Handelsblatt“; 10.05.12, „Stern“, 10.05.12; „FAZ“, 11.05.12
und „SZ“, 05.02.13)

2010 äußerte Wolfgang Lieb, früher Regierungssprecher bei Johannes Rau, dass Steinküh-
ler einer der Autoren von „Wir in NRW“ sei. Dagegen hat sich Steinkühler nie gewehrt. Be-
richte, die ihn als Autor benennen, dementiert er nicht. („FAS“, 10.02.13) Zum Stern sagte
er diesbezüglich zum Beispiel: „Weder bestätige noch dementiere ich das.“ („Stern“,
10.05.12)

Steinbrück selbst lobt, wie eingangs beschrieben, das „Wir in NRW“-Blog – auf dem Ano-
nymität groß und Transparenz klein geschrieben wurde – in seinem Buch „Unterm Strich“.
(Peer Steinbrück: Unterm Strich, 2. Aufl., Hamburg 2010, S. 358-359) Es betreibe parteipo-
litisch unabhängige Recherchen. Eine beachtliche Aussage, wenn die klare parteipolitische,
tiefrote Färbung des Blogs und das dort betriebene „Negative Campaigning“ vergegenwär-
tigt wird.

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Die „FAS“ legte jüngst noch einmal dar, was im NRW-Wahlkampf 2010 beim „Wir in NRW“-
Blog geschehen ist. Die Lektüre lohnt sich. Denn sie löst Staunen aus: „Als die Staatsan-
waltschaft Düsseldorf 2010 zu ermitteln suchte, wer der CDU interne Dokumente entwendete,
die auf „Wir in NRW“ veröffentlicht wurden, führte eine Spur zu – Gelsenwasser. Genau ge-
nommen, in den fünften Stock der Unternehmenszentrale. Dort stand ein Scanner, mit dem die
CDU-Dokumente in eine PDF-Datei verwandelt worden waren. Dabei hatte der Scanner seinen
Code hinterlassen. Die Sache war peinlich. Ein Anwalt teilte mit, dass der Konzern »in keiner
Weise irgendwelche parteipolitischen Interessen verfolgt«. Und die Pressestelle berichtete, sie
stelle recherchierenden Journalisten auf Wunsch technische Ressourcen wie Kopierer oder
Scanner zur Verfügung, kontrolliere aber nicht deren Arbeit. Hatte also irgendein Journalist
interne CDU-Unterlagen in die Konzernzentrale gebracht, um sie dort in Dateien zu verwan-
deln, was den Zugang zu einem Rechner erfordert? Der Vorgang blieb dubios.“ („FAS“,
10.02.13)

Übrigens: Die Gelsenwasser AG wird von SPD-geführten Kommunen kontrolliert. Das Un-
ternehmen gehört zwei Stadtwerken: Den Stadtwerken Dortmund und den Stadtwerken
Bochum. Von eben jenen Stadtwerken in Bochum kassierte Steinbrück 25.000 Euro für die
Teilnahme an einem Gespräch im November 2011. Der Gelsenwasser-Aufsichtsrat wird
heute von Ottilie Scholz (SPD) geführt; 2010 war sie stellvertretende Aufsichtsratsvorsit-
zende. Sie ist Oberbürgermeisterin von Bochum. Auch der Geschäftsführer der Stadtwerke
Bochum, Bernhart Wilmert (SPD), ist im Aufsichtsrat von Gelsenwasser präsent. („FAZ“,
11.02.13, „Westdeutsche Allgemeine Zeitung Online“, 12.02.13)

Ob auch Hans-Roland Fäßler mit Gelsenwasser verbandelt ist? Die Antwort lautet: Ja.

Gelsenwasser bestätigt, dass Fäßler zwischen dem 24. März und 31. Mai 2010 angeheuert
worden war. Er sollte Gelsenwasser „im Zusammenhang mit der Berichterstattung um den
damaligen Blog ‚Wir in NRW’“ beraten. („Westdeutsche Allgemeine Zeitung Online“,
12.02.13 und FAZ, 14.02.13) Ausgerechnet Fäßler. Ausgerechnet zum Thema „Wir in
NRW“-Blog. Ausgerechnet während der Zeit des Landtagswahlkampfes. Wie viel Geld der
Mann bekommen hat, der von der „FAZ“ als „einer der gewieftesten Schattenmänner des po-
litischen Geschäfts“ („FAZ“, 14.02.13) bezeichnet wird, darüber schweigt Gelsenwasser.

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Das alles wirft die Frage auf, wie tief ein öffentliches, maßgeblich von SPD-geführten
Kommunen kontrolliertes Unternehmen in die Finanzierung eines Blogs involviert war
oder ist. Auf die Frage, ob die Gelsenwasser AG, eine ihrer Beteiligungen oder eine ihrer
Töchter den „PeerBlog“ mitfinanziert habe, sagt das Unternehmen: „nach unserem Kennt-
nisstand nein.“ („FAS“, 10.02.13) Wäre dem nicht so, ständen die Gelsenwasser AG und die
SPD vor einem großen Problem. Denn laut Parteienrecht ist es Unternehmen, „die ganz
oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder be-
trieben werden“, untersagt, an Parteien zu spenden. (§ 25 Abs. 2 Ziffer 5 Parteiengesetz)
Und Parteien dürften solche Spenden erst gar nicht annehmen. Zur Erinnerung: Hinter
Gelsenwasser stehen zwei Stadtwerke.

Was sich seit 2010 mit dem „Wir in NRW“-Blog und dem PeerBlog abspielte und abspielt,
ist eine „recht professionelle Verschleierung“ („FAZ“, 11.02.13). Zu dieser Verschleierung
gehört zum Beispiel auch:
·   Die heutige Sprecherin des nordrhein-westfälischen Verkehrsministers Michael Gro-
    schek (SPD) arbeitete mit Steinkühler zusammen. 2011 war sie involviert als aus Bei-
    trägen des „Wir in NRW“-Blogs ein Buch entstand. („FAZ“, 11.02.13)
·   Groschek selbst war früher Generalsekretär der NRW-SPD und bezog sich in seinen
    Pressemitteilungen im NRW-Wahlkampf 2010 gerne und häufig auf den „Wir in NRW“-
    Blog. („FAZ“, 11.02.13)
·   Der frühere Steinbrück-Sprecher Martin Schmuck war ebenfalls in das Buchprojekt zum
    „Wir in NRW“-Blog involviert. 2012 veröffentlichte er auf dem Blog auch einen eigenen
    Text. („FAZ“, 08.02.13)
·   Im Mai 2012 berichtete der Stern über mehrere Aufträge der nordrhein-westfälischen
    Landesregierung an die Agentur Steinkühlers und fragte, ob es sich um „Dankeschön-
    Aufträge“ für Steinkühlers „Negative Campaigning“ gegen Jürgen Rüttgers und die
    NRW-CDU handelte. Steinkühlers Agentur bekam Aufträge aus dem Haus der NRW-
    Familienministerin Ute Schäfer (SPD). Laut „Rheinische Post“ handelte es sich dabei
    um ein Auftragsvolumen von insgesamt rund 345.000 Euro. („Rheinische Post“,
    12.05.12) Die NRW-Landesregierung erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen den
    „Stern“ und die Regierung erklärte, es habe korrekte Ausschreibungen für die Aufträge
    gegeben. Übrigens: Der erste Gastautor von „PeerBlog“ war Axel Horstmann (SPD),
    früher NRW-Verkehrsminister im Kabinett des Ministerpräsidenten Steinbrück und

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heute Lebensgefährte von NRW-Familienministerin Ute Schäfer. („Stern“, 10.05.12;
   „Rheinische Post“, 10.05.12; Antwort der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf eine
   Kleine Anfrage: Drucksache 16/1317 / Landtag Nordrhein-Westfalen, „Westdeutsche
   Allgemeine Zeitung Online“, 05.02.13 und 12.02.13)

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Drei Männer halten dicht.
Wer die anonymen Geldgeber sind sagen Steinbrück, Steinkühler und Fäßler bis heute
nicht. Klare Aufforderungen wie unter anderem von Lobbycontrol oder Grünen-Politikern
lassen die Herren unbeachtet. Lobbycontrol äußerte z. B.: „Intransparente Wahlkampf-
Unterstützung für einzelne Kandidaten oder Parteien ist aus unserer Sicht inakzeptabel. Die
Macher von peerblog sollten die Finanziers im Hintergrund sofort offenlegen. Diese Transpa-
renz ist unabdingbar […]. Dass Steinbrück sich auf eine intransparente Unterstützung von Un-
ternehmern einlässt, zeigt, dass er aus der Debatte um seine Nebeneinkünfte keine Lehren ge-
zogen hat.“ (Pressemitteilung Lobbycontrol, 04.02.13) Und der Sprecher der Grünen-
Bundestagfraktion für Innen- und Netzpolitik, Konstantin von Notz, sagte: „Den Mangel an
Transparenz bei der Finanzierung des Projekts PeerBlog sehe ich kritisch. Das geht so nicht.“
(„Handelsblatt Online“, 05.02.13)

Hans-Roland Fäßler sagt, er wolle sich zu der Frage, ob er die Geldgeber an Steinkühler
vermittelt habe nicht äußern. Er kenne aber die Namen der Geldgeber. Fäßler zieht sich bei
unliebsamen Fragen gerne auf die Position zurück, er sei Unternehmensberater. Einen Ver-
trag mit der SPD hat er nicht. Also schweigt er; er ist nicht auskunftspflichtig. („FAZ“,
11.02.13; „Tagesspiegel“, 15.02.13) Zur Erinnerung: Fäßler ist „Mitglied der politischen
Wahlkampfleitung“ von Steinbrück. („Hamburger Abendblatt Online“, 22.01.13) Und: „Fäß-
ler kennt Steinbrück schon seit 25 Jahren; die beiden sind gute Freunde.“ („Politik & Kommuni-
kation“, November 2012). Sowie: Fäßler ist „in der SPD bestens vernetzt“. („Politik & Kom-
munikation“, November 2012)

Karl-Heinz Steinkühler reagiert auf entsprechende Anfragen nicht („Westdeutsche Allge-
meine Zeitung Online“, 12.02.13) oder verweist auf die Vertraulichkeit seiner Geschäfts-
beziehungen. („Handelsblatt Online“, 05.02.13)

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Und Peer Steinbrück? Der SPD-Kanzlerkandidat, der sagt, „dass es Transparenz nur in Dikta-
turen gibt […]“ („Deutschlandfunk“, 06.10.12), sagt zum Blog, der seinen Namen trug und
über den er offensichtlich bestens im Bilde war: „Ich habe mit diesem Blog nichts zu tun.“
(ARD – Bericht aus Berlin, 10.02.13)

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Der Deutsche Bundestag prüft.
Dass sich die Strippenzieher hinter die Position zurückziehen, es handle sich um ein par-
teiunabhängiges Projekt, hat Gründe. Sie fürchten, dass die finanziellen Zuwendungen an
den Blog als Parteispende gewertet werden. Dann wären sie gezwungen, deren Herkunft
zu offenbaren. Der Deutsche Bundestag prüft wegen des Verdachtes auf verdeckte Partei-
enfinanzierung. Sollte er zu dem Schluss kommen, dass es sich um eine verdeckte Finan-
zierung handelt, wären letztlich sogar Strafzahlungen fällig.

Außerdem stellt sich die Frage, ob es sich bei den anonymen Geldflüssen an „PeerBlog“ um
geldwerte Zuwendungen an Steinbrück selbst handelte. Die wären wie eine Spende an
Abgeordnete zu behandeln, also entweder beim Bundestagspräsidenten anzuzeigen oder,
ab 10.000 Euro, öffentlich zu machen. Zur Erinnerung: Es geht um eine sechsstellige Sum-
me von fünf anonymen Unternehmern. („Spiegel“, 04.02.13)

Aber Peer Steinbrück sagt ja: „Ich habe mit diesem Blog nichts zu tun.“ (ARD – Bericht aus
Berlin, 10.02.13)

Eine Exit-Strategie für „PeerBlog“? Vermeintliche Hackerangriffe.
Dass der Deutsche Bundestag in Sachen „PeerBlog“ ermittelt, wurde am 6. Februar be-
kannt. (dpa-Meldung, 06.02.13) Am 7. Februar 2013 ging „PeerBlog“ wieder offline. Stein-
kühlers Agentur erklärte, es habe Cyber-Attacken gegeben und Erpressungsversuche, die
Namen der Geldgeber offenzulegen. Jetzt sehe man sich nicht mehr in der Lage, das Blog
weiter zu betreiben. Strafrechtliche Schritte gegen die Täter würden geprüft.

In der SPD hat man sich laut „Süddeutsche Zeitung“ aber auch eine andere Frage gestellt:
„In der Bundes-SPD wird noch gerätselt, ob tatsächlich Hacker-Aktionen oder die missliche
öffentliche Diskussion der Grund für das Aus waren.“ („SZ“, 08.02.13) Constanze Kurz, Spre-
cherin des Chaos Computer Clubs und Kolumnistin der „FAZ“, wird da deutlicher. Sie geht

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davon aus, dass der Hacker-Angriff nur eine unbewiesene Behauptung ist. „Es spricht ei-
gentlich, wenn man da mal realistisch drauf guckt, nicht allzu viel dafür, dass das der Wahrheit
entspricht.“ (Deutschlandradio Wissen, 12.02.13)

Kurz wird gestützt durch die Erklärung von Lars Gurow. Gurow ist Sprecher des Internet-
Unternehmens Strato. Auf einem Strato-Server lag „PeerBlog“. Gurow sagt: „Wir haben
Alarmsysteme im Einsatz, die auffälligen Datenverkehr melden, aber wir haben keine Auffäl-
ligkeiten festgestellt.“ („Focus Online“, 16.02.13) Außerdem hätte Strato von den „Peer-
Blog“-Machern um Hilfe gebeten werden können, um die Seite bei Hackerangriffen im
Netz zu halten. Hackerattacken abzuwehren, gehöre zum Tagesgeschäft. Die Macher wen-
deten sich aber gar nicht erst an ihren Serverbetreiber. („Focus Online“, 16.02.13)

Übrigens: Aus der angekündigten Prüfung juristischer Schritte gegen die Täter folgte
nichts. Steinkühler hat erst gar keine Strafanzeige gestellt. („Focus Online“, 16.02.13)

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Die SPD kümmert’s nicht.
Peer Steinbrück und seine SPD erheben gerne den moralischen Zeigefinger. Steinbrück
selbst nimmt es aber nicht sehr genau, wenn es um Geld- und Finanzierungsfragen für ei-
gene Zwecke geht. Ein paar Beispiele:
·   Als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident wurde in seiner Staatskanzlei eine
    Imagekampagne entworfen, die auch als Wahlkampfbaustein dienen sollte. Der Leiter
    der Abteilung Regierungsplanung in Steinbrücks Staatskanzlei beschäftigte sich zudem
    mit dem Zustand der NRW-SPD und der Frage, wie das Image des Kandidaten Stein-
    brück im Wahlkampf verbessert werden könne. (Vgl. u. a. „Focus“, 09.02.04; „General-
    Anzeiger“, 12.02.04; „Welt“, 12.02.04 und „Die Tageszeitung“, 12.02.04)
·   Als Bundesfinanzminister bat Steinbrück Unternehmen, an denen der Bund teilweise
    beteiligt ist, um Gelder für ein Schachturnier in seiner Heimatstadt. (Vgl. u. a. „Focus
    Online“, 24.09.12; „Rheinische Post“, 24.09.2012; Daniel Goffart: „Steinbrück. Die Bio-
    graphie“, München 2012, S. 178-188; „Tagesspiegel“, 28.09.12).

Schon diese Beispiele zeigen, dass Steinbrück gerne Geld verdient – bzw. spart, indem er
andere zahlen lässt. Das Handelsblatt kommentiert: „Nach den millionenschweren Darrei-
chungen der Finanzwelt nun die »sechsstellige«, nicht offengelegte Medienstütze megareicher

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Unternehmer. Offenbar: Das System Steinbrück hat Methode. Steinbrück hat die »Peerblog«-
Gabe abgesegnet und begrüßt.“ („Handelsblatt“, 05.02.13)

Der SPD ist das alles entweder egal oder sehr peinlich. Jedenfalls drängt sie offensichtlich
nicht darauf, das Finanzierungsgeflecht zu zerschlagen und „Negative Campaigning“ zu
verhindern. Wie glaubwürdig sind da Aussagen wie jene, dass sie einen fairen Wahlkampf
machen wolle? Wie glaubwürdig ist Steinbrück, wenn er sagt: „Wir werden nach mitteleuro-
päischer Art anständig miteinander umgehen, so viel ist doch klar.“ („Spiegel Online“,
04.02.13)

Die SPD hat einen Kandidaten, der Männer um sich schart, die sich, wie Karl-Heinz Stein-
kühler, mit „gesichtslosen Geldströmen“ auskennen („Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Online“, 12.02.13) und als „anonym bezahltes Mietmaul“ („WAZ“ Recherche-twitter,
07.02.13) bezeichnet werden. Männer wie Hans-Roland Fäßler, die als „Schattenmänner“
charakterisiert werden („FAZ“, 14.02.13) und über den es heißt: „Er macht gern einen auf
dicke Hose.“ („Tagesspiegel“, 15.02.13).

Es sind Menschen, die sich schon lange kennen. Die sich mit Blogs, Anonymität und
schmutzigen Wahlkämpfen auskennen. Aber Steinbrück sagt ja: „Ich habe mit diesem Blog
nichts zu tun.“ (ARD – Bericht aus Berlin, 10.02.13)

Zu den Verflechtungen rund um den „PeerBlog“ siehe auch Grafik Seite 12.

Stand: 4. März 2013

                                                                                         11
„Ich habe mit diesem Blog nichts zu tun.“ Peer Steinbrück (ARD – Bericht aus Berlin, 10.02.13)
                                                  Gelsen-                                                                     Stadtwerke                                     5 anonyme
                                                                                                    Eigentümer                 Dortmund
                                                 wasser AG                                                                                                                   Geldgeber;
   NRW-SPD, Michael                                                                                                           Stadtwerke                                    sechsstelliger
                                                                                                                                Bochum
     Groschek, SPD-                                                                                                                                                            Betrag
   Generalsekretär 2001-2012         Interne
                                                                                     Hielt 2011 Vortrag bei
                                 CDU-Dokumente                                       Kommunalem Beirat
                                                                                          für 10.000 €                     nimmt an
                                     kopiert
                                                                                                                       Diskussion teil; für
   Groschek bezog sich häufig                          Fäßler beriet                                                        25.000 €
                                                                                                                                            Steinbrück-Sprecher
     auf „Wir in NRW“-Blog;                            Gelsenwasser
                                                                                                                                          Donnermeyer: Steinbrück
   heutige Sprecherin an Blog-                                                                                                             kennt „eine Reihe von
          Buch beteiligt                                                                                                                       Unterstützern“
                                                                                                                                                                                        finanzieren
                                     Ehem. Steinbrück-
                                                                                        Peer                                                                         Geldgeber
                                   Sprecher an Blog-Buch
                                    beteiligt; außerdem                                                                                                             eingeworben
                                        Blog-Autor                                   Steinbrück
                                             Lobt „Wir in NRW“-                                                                                  Mit Fäßler und
     „Wir in                                 Blog in seinem Buch                                                                              Steinkühler darüber
                                               „Unterm Strich“                                                                                 diskutiert und OK
    NRW“-Blog                                                                                                                                       gegeben
                                                                                                          Horstmann war
                                                             Gute Freunde; ist im
                                                                                                           Minister bei
                                                              Wahlkampfteam
                                                                                                             NRW-MP                                                               „PeerBlog“
                                                                                                            Steinbrück
                                                                                     Fäßler kennt                                             mit initiiert
                                                                                    die Geldgeber
                                       Hans-Roland
                                         Fäßler                                       Steinkühler: Mehrfache              kennen sich „seit
                                                                                        Beratertätigkeit für                vielen Jahren
         Mitglied der                                                                                                            gut“
                                                                                           Gelsenwasser
      Landesregierung:
      Groschek ist heute                                                                                                       vermittelte Redeauftritt
                                                                                                                                                                           Agentur
                                                                                   „eng
      Verkehrsminister                                                                                                         für Steinbrück, 15.000 €                   realisierte
                                                                                verbandelt“

                                                             schrieb unter
                                                            Pseudonym für
                                                           „Wir in NRW“-Blog
                                                                                                                                         Karl-Heinz
     SPD-geführte                                   Mitglied der
                                                                                                                                      Steinkühler und
                                                                                                    vergibt Aufträge
        Landes-                                   Landesregierung:                                                                    steinkühler-com
                                                                                                     an Steinkühler:
                                                 Familienministerin
                                                                                                       345.000 €
    regierung NRW                                     Schäfer                                                                                                                           SPD
                                                                                                                                                     schrieb für                  Nahles: war ihr
                                                                       „Lebensgefährten“                 Axel Horstmann
                                                                                                              (SPD)                                  „PeerBlog“                   bekannt; „keine
                                                                                                                                                                                    Einwände“
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