Künstler aus dem Supermarkt - PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG BEI GLOBUS

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                  Mut lautet das Motto des Workshops im oberpfälzischen Immenreuth: Die Globus-Azubis lernen, wozu sie fähig sind, wenn sie aus sich herausgehen.

                  Künstler aus dem
                  Supermarkt
                  PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG BEI GLOBUS

managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009
Künstler aus dem Supermarkt - PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG BEI GLOBUS
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Abseits vom Kunsthandel gilt kultureller Ausdruck oft als Luxus.
Oder als Fall für den Diversity-Manager. Nicht so bei Globus: Bei dem
Handelsunternehmen erfahren die Azubis am eigenen Leib, dass Kunst
in der Wirtschaft einen zählbaren Mehrwert liefern kann. Durch Tanz,
Theater und Malerei sollen die Nachwuchskräfte den Mut finden, neue
Wege zu gehen. Was sie dabei erfahren: sich selbst. managerSeminare
war dabei.

Preview: AIKreativer Mut: Wozu Kunst im Supermarkt        so ehrlich, so gefühlvoll mit ihrer dünnen,    darum, den Ton zu treffen oder an der rich-
nützt AIMoralfreier Möglichkeitsraum: Warum Rot           hellen Stimme, dass es eine Gänsehaut          tigen Stelle auf die Trommel zu schlagen.
nicht besser ist als Blau AIAktion, Reflexion, Trans-     macht. „Ich wollte Dir nur sagen, dass Du      Genau genommen geht es nicht einmal um
formation: Wie künstlerisches Handeln Mut lehrt           das Größte für mich bist ...“                  das Lied, ihr ungefüges Gemeinschaftswerk.
AIDas Gefühl der Dreiecke: Wie viel Veranwortung in          Es ist ein Moment, in dem zu spüren ist,    Worum es geht, ist Mut. Mut in der Kunst,
Kritik steckt AIDas Andere im Eigenen: Wie die Inter-     dass etwas Außergewöhnliches passiert.         durch Kunst. Denn beides gehört zusam-
vention im Team neue Blickwinkel eröffnet AINeues         Bestimmt hat die junge Sängerin, deren         men, erklärt die Künstlerin und Unterneh-
Bewusstsein von sich selbst: Wie Kreativität den Alltag   Augen dem Blick anderer schnell auswei-        mensberaterin Mariott Stollsteiner, die die
verändert AIPersönlichkeit im Unternehmen: Wie Frei-      chen, sich noch nie so weit aus der Deckung    Jugendlichen hier in einem Workshop ver-
räume erfolgreich machen                                  gewagt. Mit einem Lied, das ihr offensicht-    sammelt hat, den sie mit sichtlichem Ver-
                                                          lich etwas bedeutet. Vor Publikum. Sie hätte   gnügen leitet.
                                                          sich auch eine Rassel schnappen können             Dass die 52-Jährige mit der Kette aus
C Es klingt nicht schön. Die wenigsten                    oder eins von den vielen exotischen Schlag-    bunten Steinen und der ins graumelierte
Jugendlichen, die hier im Halbkreis sitzend               instrumenten, doch nun schwebt ihr ganz        Haar gesteckten Sonnenbrille Tanz studiert
auf Trommeln und Tamburine schlagen,                      persönliches Instrument, ihre Stimme, im       hat, verrät die ausdrucksvolle Gestik, mit der
hatten vorher schon einmal ein Instrument                 Raum und variiert die musikalische Liebes-     sie jede ihrer Ausführungen untermalt. Für
in der Hand. Entsprechend schräg hört sich                erklärung und gibt ihr eine ganz eigene        ihre Idee, Kunst in den Arbeitsprozess zu
an, was einmal ein Lied werden soll. Erst                 Bedeutung.                                     bringen, hat man ihr einst vorgeworfen, sie
allmählich finden die Musikanten zusam-                                                                  betreibe den kulturellen Ausverkauf. Aber
men: Die einfachen, eingängigen Rhythmen,                 Kreativität im Supermarkt                      für Stollsteiner sind Kunst und Wirtschaft
die sie sich zuvor in Kleingruppen ausge-                                                                seit jeher selbstverständlich miteinander
dacht haben, schälen sich aus dem Durch-                  Eigentlich geht es nicht um Gesang oder        verbunden. Eine lehrreiche Verbindung: Erst
einander. Ein bisschen Samba, Karneval, we                Rasseln, hier beim „Kultur-Start“, zu dem      wer seine kreative Kraft zu spüren bekom-
will rock you. Dann, an der vereinbarten                  im Spätsommer dieses Jahres 250 Azubis der     men hat, etwas hervorzubringen, das ande-
Stelle, steht die blasse Auszubildende mit                Handelskette Globus ins oberpfälzische         re interessieren, fesseln, beeindrucken kann,
den schmalen Schultern auf und singt, singt               Immenreuth gekommen sind. Auch nicht           der wird sich trauen, neue Wege zu gehen. A

                                                                                                                         managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009
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In der Kunst ebenso wie im Einzelhandel.                     Entsprechend ungelenk ist manche              Prozess der Bewusstwerdung. Das materiel-
    Seit 2005 gehören Veranstaltungen wie                Schrittfolge, mancher Farbauftrag. Aber das       le Endprodukt sollen die Teilnehmer ruhig
dieser „Kultur-Start“ fest zum Ausbildungs-              macht nichts: „Schön interessiert mich            wegwerfen. Sie sollen eine Idee mit nach
programm des Handelsriesen aus dem saar-                 nicht“, sagt Stollsteiner. Während sie von        Hause nehmen, eine neue Art zu Denken,
ländischen St. Wendel. Die Nachwuchskräf-                Zelt zu Zelt geht und die Kunstwerke ent-         den Mut für einen kreativen Zugriff auf die
te aus Supermärkten, Baumärkten, aus                     stehen sieht, sagt die studierte Kunsthisto-      Welt, nicht ein bemaltes Papier oder einen
Verwaltung und Logistik erfahren hier im                 rikerin trotzdem oft „schön“. Immer dann,         Klumpen Lehm. „Man muss sich von einem
ersten Lehrjahr, dass sie nicht nur Aufträge             wenn in ihren Augen etwas besonders               Werk lösen, um sich der nächsten Aufgabe
ausführen können; dass sie sich nicht bla-               authentisch ist, auch mal einen Bruch hat.        zuwenden zu können“, sagt Stollsteiner.
mieren, wenn sie einmal aus dem Schutz des               Wenn sie „schön“ sagt, dann meint sie keine       Damit das neue Bewusstsein von der eigenen
Bekannten ausbrechen. Ein einschneidendes                bürgerliche Trivial-Ästhetik. Auf keinen Fall     Gestaltungskraft keine Momentaufnahme
Erlebnis für die jungen Einzelhändler, das               will sie damit die Technik, das Motiv oder        bleibt, sondern sich immer weiter entwi-
sie mitnehmen sollen in den Alltag. Auch im              gar den Künstler bewerten.                        ckelt.
Supermarkt ist Platz für Kreativität. Wenn                   „Wir machen hier keine Casting-Show.
man ihn lässt – und füllt.                               Es gibt keinen Preis für den tollsten Azubi“,     Betonskulpturen handeln nicht
                                                         erklärt die Beraterin ihr Tun. Niemand soll
Rot ist nicht besser als Blau                            unter eine von außen herangetragene Norm          Das entspricht dem Beratungsprinzip, das
                                                         gezwungen werden. „In der Kunst gibt es           die theoretische Basis für Stollsteiners Arbeit
Genau das will Stollsteiner in ihren Trai-               keine Moral, nur die eigene Entscheidung          bildet, dem zugleich zyklischen und vor-
nings vermitteln, nicht nur mit Musik. Auf               zwischen gleichwertigen Alternativen. Rot         wärts gerichteten Dreischritt von Aktion,
der sonnenbeschienenen Wiese der Fami-                   ist nicht besser als Blau. Es gibt keine hier-    Reflexion und Transformation. Die Anfangs-
lienferienstätte Immenreuth stehen große                 archische Bewertung von oben und unten,           buchstaben der drei Schritte verweisen
Zelte, in denen gemalt wird, gedruckt. Hier              nur verschiedene Qualitäten.“ Dass Stoll-         schon in Richtung Kunst und geben ihrem
formen Hände Plastiken aus Ton, dort bear-               steiner und ihr 14-köpfiger Trainerstab es        Buch seinen Namen: „Das A.R.T.-Prinzip“
beiten Hämmer und Schleifzeug weißen                     ablehnen, Werturteile zu fällen, ist kein Gut-    heißt es und im Untertitel: „Vom Nutzen
Naturstein. In einer Halle des ehemaligen                menschentum, sondern Methode: Nur so              der Kunst im Unternehmen“. Dieses Prinzip
Kolpinghauses aus den 60ern wird getanzt,                kann ein „Möglichkeitsraum“ entstehen, der        findet sich in jeder ihrer Veranstaltungen,
in einer anderen Theater gespielt. Überall               Voraussetzung ist für erste Schritte im           vom Azubi-Workshop bis zum Leadership-
machen junge Menschen, was sie noch nie                  Bereich kreativen Muts. Ohne die gerade           Programm – außer Globus berät Stollsteiner
zuvor gemacht haben. Manche haben seit                   Ermutigten wieder zu verschrecken, weil ihr       unter anderem die Einzelhandelsketten dm
der Grundschule keinen Pinsel mehr in der                Werk irgendwem nicht gefällt.                     und Alnatura.
Hand gehabt, andere wären im Traum nicht                     Ohnehin geht es im Globus-Workshop                Am Anfang steht für Stollsteiner die
auf die Idee gekommen, in Bewegung oder                  nicht um das Ergebnis. Ziel ist nicht eine        Handlung. Sie ist auf dem Bauernhof auf-
Gestaltung Ausdruck zu suchen.                           neue Wohnzimmerdekoration, sondern ein            gewachsen und kennt die sinnstiftende
                                                                                                           Bedeutung des Selbermachens. Für die
                                                                                                           künstlerische Aktion ist es notwendig, sich
                                                                                                           zu öffnen, aus sich herauszugehen. „Das
                                                                                                           Problem ist, dass viele zu sehr mit ihrem
                                                                                                           Image beschäftigt sind, um etwas zu wagen.
                                                                                                           Aber man muss den Mut haben, von seinem
                                                                                                           Sockel, seinem Statusdenken herunterzu-
                                                                                                           kommen“, sagt Stollsteiner. Auf den Boden
                                                                                                           bringen, nennt das die Beraterin. Während
                                                                                                           sie spricht, malt sie mit ausgreifenden Ges-
                                                                                                           ten ein großes „J“ in die Immenreuther Spät-
                                                                                                           sommerluft: Sie greift mit beiden Armen
                                                                                                           über Kopf und zieht sie wieder herunter, als
                                                                                                           ob sie die „Betonskulptur“, die mancher aus
                                                                                                           Eitelkeit und Angst aus sich selber macht,
                                                                                                           zu Boden werfen will, und hebt dann die
                                                                                                           Hände wieder nach vorne: eine dynamische
                                                                                                           Bewegung des Eintauchens, „rein in die Akti-
                                                                                                           on“.
                                                                                                               Im Workshop fällt die erste Aktion ver-
                                                                                                           gleichsweise unspektakulär aus. Eine Mal-
                                                                                                           gruppe paust in Frottage-Technik einige
                                                                                                           Oberflächen durch, um ein Gefühl für Struk-
                                                                                                           turen zu entwickeln. Die Tanzgruppe übt
                                                                                                           einige Bewegungsabläufe ein, in den Händen
 Harte Arbeit: Wer kreativ sein will, muss durchhalten können – auch wenn Erfolge erstmal nicht sichtbar   Stöcke, die sie rhythmisch zusammenschla-
 werden.
                                                                                                           gen, um im Takt zu bleiben. Vorarbeiten sind

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das, um „das Instrument Körper“ zu stim-
men. Dann kommt ein erster kreativer Teil.                                                               „In der Kunst gibt es
Die Druck-Gruppe trägt mit großen Kacheln                                                                keine Moral. Rot ist nicht
dreifarbige Muster auf ein Papier. Die Musi-
ker entwickeln in kleinen Gruppen Rhyth-
                                                                                                         besser als Blau. Es gibt keine
men, die sie später zu einem Ganzen zusam-                                                               hierarchische Bewertung
mensetzen.                                                                                               von oben und unten, nur
Reflexion oder das Gefühl der Dreiecke
                                                                                                         verschiedene Qualitäten.“
                                                                                                         Mariott Stollsteiner, Künstlerin und Unternehmens-
Zwischen den einzelnen Schritten versam-                                                                 beraterin, Köln. Kontakt: info@stollsteiner.com
meln sich die Teilnehmer um ihre jeweiligen
Trainer – vor Ort sind außer Stollsteiner
noch 14 Trainerinnen und Trainer, allesamt
mit künstlerischer Kernqualifikation und
pädagogischer Ausbildung – und sprechen                  Umgekehrt lässt das mehr oder weniger           konstruktiv einbringen, auch auf die Gefahr
darüber, was gerade passiert ist. Wie fühlen          drastische Eingreifen in eine fremde Arbeit        des Irrtums hin. Und er muss das Andere im
sich eckige Formen an? Welche Stimmung                die Jugendlichen ihre Verantwortung spü-           Eigenen zulassen. Auch wenn die Jugendli-
transportiert die Kombination von Grün,               ren, die sie haben für die Gefühle des Gegen-      chen Fantasieformen aus Ton modellieren
Rot und Orange? Wie tanzt man Aggression?             übers, den Sinnzusammenhang seines Wer-            oder die Tanzbarkeit eines Peter-Fox-Rhyth-
Auch das gehört zum A.R.T.-Prinzip, denn:             kes. Auch das verlangt eine Form von Mut           mus erproben, ergeben sich Lerneffekte, die
„Reflexion über das Getane ist heute unüb-            und zwingt dazu, jeden Schritt sehr bewusst        an die Erfordernisse des Arbeitslebens
lich, erst recht wenn Gefühle mitschwingen.           zu machen. „Schließlich schafft jeder Pin-         anknüpfen sollen: Team- und Kommunika-
Niemand fragt sich: Wie ging es mir dabei?            selstrich Fakten, jeder noch so kleine Eingriff    tionskompetenz, Kritikfähigkeit und die
Wie war der Prozess? Aber die Aktion ist              kann alles verändern“, erklärt die Künstlerin:     geistige Flexibilität, verschiedene Perspekti-
nichts wert, wenn ich sie nicht reflektiere“,         Hier eine weiße Linie, die aus einem stati-        ven einzubeziehen. Die Tänzer lernen, aus
sagt Stollsteiner.                                    schen Zeichen ein schwungvolles Fließen            sich herauszugehen, sich zu zeigen, erklärt
    Um Reflexion im Workshop anzuregen,               macht, dort eine gelbe Kontrastfläche, auf         Stollsteiner, „auch wenn die Figur nicht gän-
setzen die Trainer auf die Intervention durch         der sich die schwarzen Dreiecke besser her-        gigen Schönheitsidealen entspricht“. Die
die Teilnehmer selbst: etwa nach der Hälfte           vorheben. „Wie weit kann ich gehen beim            Maler machen Improvisationsübungen –
des Workshops, mitten im kreativen Prozess,           Beeinflussen einer fremden Arbeit, dieser          „für Vertriebler eine wichtige Kompetenz“.
müssen sich die Teilnehmer von ihrem                  Frage müssen sich alle stellen“, sagt Stollstei-   Die Gruppe, die mit Stein arbeitet, erfährt,
unfertigen Werk trennen. Sie tauschen ihre            ner. Nicht nur in der Kunst.                       dass man Durchhaltevermögen braucht und
Arbeiten paarweise mit dem Auftrag, das                                                                  Frust aushalten muss, um ein Ergebnis zu
Bild, die Skulptur des anderen durch ge-              Das Andere im Eigenen                              erzielen.
zielte Eingriffe zu verbessern. Diese gegen-                                                                Für Sabine Ment, Personalleiterin von
seitige Intervention erfordert Mut, nicht um-         „Das ist wie im echten Leben“, so die Bera-        Globus, ist Kunst daher als Bestandteil eines
sonst das zentrale Thema des Workshops:               terin, denn auch in der beruflichen Team-          Ausbildungsprogramms ideal. Nicht nur
Mut, sich der Kritik durch andere auszuset-           arbeit entsteht nichts nach der Maßgabe            wegen der breiten Palette an Soft Skills, die
zen und darauf zu vertrauen, dass der Bei-            eines Einzelnen. Damit etwas Ganzes ent-           sich mit ihr trainieren lassen. Kunst passt
trag das eigene Werk voranbringt.                     stehen kann, muss sich jedes Teammitglied          zur werteorientierten Personalentwick-

                     IHK-Akademie
            IHK      München . Westerham

                     IHK für München und Oberbayern                   kompetenz
                                                                      kompetenzfür
                                                                                fürihren
                                                                                     ihrenerfolg
                                                                                            erfolg                                  IHK-Akademie
                                                                                                                                    München . Westerham

                                                                       18. IHK-Trainerausbildung 2010
                                                                       Für Trainer, die besser sein wollen als Andere!
                                                                       Das methodische und didaktische Rüstzeug für eine
                                                                       erfolgreiche Trainertätigkeit in Unternehmen!
                                                                       16 Tage in 5 Modulen von Febr. bis Okt. 2010
                                                                       Info und Anmeldung:           Rita Juraschek
                                                                       juraschek@muenchen.ihk.de                           08063 91-274
                                                                                                                                               mit ikat!
                                                                       www.akademie.ihk-muenchen.de                                            Z ertif
                                                                                                                                          IHK-
                                                                                             e ra u sb ildung 20                                            08
                                                                            15. IH K - Train
                                                                                                                             managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009
66 | training

                                                   Service
lungsstrategie von Globus, die auf der Über-
zeugung gründet, dass Mitarbeiter eigen-
ständige Menschen sind. Und die sind nicht
nur als solche zu würdigen, sondern sie kön-
nen auch einen größeren Beitrag zum Unter-
nehmenserfolg leisten, wenn sie Raum für           Literaturtipps
Ideen bekommen. Ment spricht von „Persön-          A Mariott Stollsteiner: Das A.R.T.-Prinzip. Vom Nutzen der Kunst im Unternehmen. Gabler,
lichkeitsentwicklung“: Jeder darf, jeder soll      Wiesbaden 2008, 39,90 Euro.
sich einbringen – und jeder soll in der Lage       In ihrem Buch stellt Mariott Stollsteiner ihre Trainingsmethode vor: Sie basiert auf dem Dreischritt von
sein, es zu tun. „Wir setzen auf den kreativen,    Aktion, Reflexion und Transformation – nach Ansicht der Autorin Grundvoraussetzung für jede Art von
mündigen Mitarbeiter“, sagt Ment.                  Innovation. Die beschriebenen Trainings machen Kunst für die Personalentwicklung nutzbar.
                                                   A Michael Bockemühl, Thomas Scheffold: Das Wie am Was: Beratung und Kunst. Frankfurter
Selbstbewusste Transformation                      Allgemeine Buch, Frankfurt 2007, 59 Euro.
                                                   Auch dieses Buch dreht sich um die Frage, welche Lehren die Kunst für die Wirtschaft bereithält. Ästhetik-
Die Personalleiterin hat den Effekt eines          Professor Bockemühl und Unternehmensberater Scheffold (Droege & Comp.) beschreiben den Nutzen der
Kunst-Workshops an sich selbst getestet.           Kunst für unkonventionelle Problemlösungen in Organisationen.
Wie alle Führungskräfte von Globus hat sie         A Sylvia Jumpertz: Werte in Acryl – Personalmarketing bei Otto. managerSeminare 118, Januar
in Workshops von Stollsteiner gemalt und           2008, www.managerseminare.de/MS118AR04
sich mit zeitgenössischer Kunst auseinan-          Der Artikel beschreibt das „Talents@Otto“-Programm, in das die Otto Group begabte Studenten aufnimmt.
dergesetzt, schon bevor das Programm für           Highlight des Programms ist ein Kreativworkshop, der die Talents mit unerwarteten künstlerischen Heraus-
die Azubis angepasst wurde. „Es ist erstaun-       forderungen überrascht. Der Kunstauftrag: Malen fürs Personalmarketing.
lich, welche Ressourcen man freilegt, von
denen man vorher nichts wusste“, berichtet
Ment von ihren Erfahrungen. Wie im Fall
jenes altgedienten Vertrieblers, der vielen als   fangs zurückhaltend oder vor Verlegenheit                  „Es entwickelt sich ein kleiner Tsunami
„eingefahren“ galt, als oberflächlich und ein     kichernd, haben erfahren, wozu sie fähig               von unten“, beschreibt Personalleiterin Ment
wenig verbohrt – und der plötzlich über           sind, alleine und im Team. Sie haben es gese-          den ermutigenden Einfluss der künstleri-
Kunst reflektierte und von Gefühlen sprach,       hen, gehört, gespürt. Entsprechend selbst-             schen Erfahrung auf die Azubis. Sie erinnert
die ihm niemand zugetraut hatte. Ein              bewusst sind sie geworden, im Wortsinn. Das            sich an das vergangene Jahr, als die Azubis
Schlüsselerlebnis für Ment, die auf die           zeigt sich an der Souveränität, mit der sie            der Geschäftsführung bei einer Versamm-
künstlerische Weiterbildung nicht mehr            letzte Änderungen an ihren Arbeiten vor-               lung mit ihren Fragen einheizten: Wie viel
verzichten will: „Zwar mussten wir unter          nehmen und den Input der Intervention                  verdienen Sie? Was war für Sie das heraus-
dem Eindruck der Krise das Programm               verarbeiten.                                           ragende Erlebnis im Handel? Wie läuft
straffen. Ein Verzicht stand aber nie zur                                                                die Unternehmensexpansion in Osteuropa?
Debatte.“ Im Gegenteil: Globus setzt noch         Freiräume schaffen und nutzen                          „Nicht immer sind die Fragen diplomatisch“,
andere „Kunst-Bausteine“ ein, etwa zum                                                                   so Ment. Aber darum geht es Globus: dass
Thema Wahrnehmung: Die Beschäftigung              Die eigentliche Transformation steht aber              die Kommunikation über Hierarchien hin-
mit Kunst und verschiedenen Perspektiven          noch aus: den kreativen Mut aus der spiele-            weg auf Augenhöhe passiert.
soll Betriebsblindheit vermeiden. Diesen          rischen Atmosphäre des Kunst-Workshops                     Der Kultur-Start ist daher nicht nur Event
neuen Blick auf Altbekanntes sollen die Ab-       hineinzuretten in die Welt des beruflichen             zur Bindung des Nachwuchses, auch nicht
teilungsleiter der Warenhäuser in Handlung        Alltags mit seinen Notwendigkeiten, Ge-                nur fürs Employer-Branding gedacht. Sein
umsetzen, wenn es darum geht, wie Waren           wohnheiten, Beschränkungen. „Das geht                  Hauptzweck ist, in einem sich schnell wan-
präsentiert oder Regale sortiert werden.          nur, indem man konsequent Freiräume                    delnden Markt mithilfe innovativer Mitar-
    Auch der Azubi-Workshop endet mit der         schafft und nicht sanktioniert, was man                beit anpassungs- und zukunftsfähig zu blei-
Umsetzung der gewonnenen Erfahrungen,             selbst anders gemacht hätte“, sagt Ment.               ben. Die Zahlen geben Globus recht, sagt
dem dritten Schritt von Stollsteiners Bera-       Selbst erkennen, was zu tun ist, Verantwor-            Ment: „Im Wettbewerb haben wir die höchs-
tungs-Konzept und zugleich Beginn des             tung übernehmen, Freude haben am Gestal-               te Umsatzrendite – bei den zugleich höchs-
nächsten Zyklus von Aktion, Reflexion und         ten – das Azubi-Programm dient dabei als               ten Personalkosten.“ Motivierte und pro-
Transformation. Nach der Intervention             Initialzündung: „Wenn sie nicht im Haus                duktive Mitarbeiter, hohe Identifikation mit
bekommen die Workshop-Teilnehmer ihre             weitergefördert werden, verpufft der Effekt.“          dem Arbeitgeber, zufriedene Chefs – Kunst
zuvor getauschten und veränderten Kunst-          Globus schafft daher für Handelsketten un-             als das Zaubermittel der Wirtschaft? „Um
werke wieder zurück. Auch sie selbst haben        übliche Freiräume: bei der Gestaltung von              das klarzustellen: Ich behaupte nicht, wenn
eine Veränderung erfahren, durch die Refle-       Aktionsflächen, bei der Shop-Einrichtung.              wir einmal zusammen ein Bildchen malen,
xion und durch den Perspektivwechsel, der         Ausgebildete Mitarbeiter können über Be-               ist die Welt gerettet“, sagt Stollsteiner, wäh-
mit dem Austausch einherging. Was hat der         träge bis 500 Euro selbst entscheiden, ohne            rend sie auf der Wiese steht zwischen Men-
Eingriff eines anderen bewirkt? Wie gehe ich      Rücksprache mit den Führungskräften. Mit               schen, die gerade ihren Mut zur Kreativität
damit um? Wie lässt sich die formulierte Idee     dem aus Kunst gewonnenen Mut wagen sich                entdecken. Dennoch: Man könnte meinen,
weiter präzisieren, die Stimmung vertiefen?       auch Nachwuchskräfte an weitere Projekte,              dass es auf einen Versuch ankäme.
    Der Unterschied zum Beginn des Work-          mit denen sie sich Respekt verschaffen kön-
shops ist enorm: Die Jugendlichen, an-            nen. Auch bei Führungskräften.                                                        Sascha Reimann C

managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009
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