Künstler aus dem Supermarkt - PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG BEI GLOBUS
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62 | training Foto: Mariott Stollsteiner Mut lautet das Motto des Workshops im oberpfälzischen Immenreuth: Die Globus-Azubis lernen, wozu sie fähig sind, wenn sie aus sich herausgehen. Künstler aus dem Supermarkt PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG BEI GLOBUS managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009
training | 63 Abseits vom Kunsthandel gilt kultureller Ausdruck oft als Luxus. Oder als Fall für den Diversity-Manager. Nicht so bei Globus: Bei dem Handelsunternehmen erfahren die Azubis am eigenen Leib, dass Kunst in der Wirtschaft einen zählbaren Mehrwert liefern kann. Durch Tanz, Theater und Malerei sollen die Nachwuchskräfte den Mut finden, neue Wege zu gehen. Was sie dabei erfahren: sich selbst. managerSeminare war dabei. Preview: AIKreativer Mut: Wozu Kunst im Supermarkt so ehrlich, so gefühlvoll mit ihrer dünnen, darum, den Ton zu treffen oder an der rich- nützt AIMoralfreier Möglichkeitsraum: Warum Rot hellen Stimme, dass es eine Gänsehaut tigen Stelle auf die Trommel zu schlagen. nicht besser ist als Blau AIAktion, Reflexion, Trans- macht. „Ich wollte Dir nur sagen, dass Du Genau genommen geht es nicht einmal um formation: Wie künstlerisches Handeln Mut lehrt das Größte für mich bist ...“ das Lied, ihr ungefüges Gemeinschaftswerk. AIDas Gefühl der Dreiecke: Wie viel Veranwortung in Es ist ein Moment, in dem zu spüren ist, Worum es geht, ist Mut. Mut in der Kunst, Kritik steckt AIDas Andere im Eigenen: Wie die Inter- dass etwas Außergewöhnliches passiert. durch Kunst. Denn beides gehört zusam- vention im Team neue Blickwinkel eröffnet AINeues Bestimmt hat die junge Sängerin, deren men, erklärt die Künstlerin und Unterneh- Bewusstsein von sich selbst: Wie Kreativität den Alltag Augen dem Blick anderer schnell auswei- mensberaterin Mariott Stollsteiner, die die verändert AIPersönlichkeit im Unternehmen: Wie Frei- chen, sich noch nie so weit aus der Deckung Jugendlichen hier in einem Workshop ver- räume erfolgreich machen gewagt. Mit einem Lied, das ihr offensicht- sammelt hat, den sie mit sichtlichem Ver- lich etwas bedeutet. Vor Publikum. Sie hätte gnügen leitet. sich auch eine Rassel schnappen können Dass die 52-Jährige mit der Kette aus C Es klingt nicht schön. Die wenigsten oder eins von den vielen exotischen Schlag- bunten Steinen und der ins graumelierte Jugendlichen, die hier im Halbkreis sitzend instrumenten, doch nun schwebt ihr ganz Haar gesteckten Sonnenbrille Tanz studiert auf Trommeln und Tamburine schlagen, persönliches Instrument, ihre Stimme, im hat, verrät die ausdrucksvolle Gestik, mit der hatten vorher schon einmal ein Instrument Raum und variiert die musikalische Liebes- sie jede ihrer Ausführungen untermalt. Für in der Hand. Entsprechend schräg hört sich erklärung und gibt ihr eine ganz eigene ihre Idee, Kunst in den Arbeitsprozess zu an, was einmal ein Lied werden soll. Erst Bedeutung. bringen, hat man ihr einst vorgeworfen, sie allmählich finden die Musikanten zusam- betreibe den kulturellen Ausverkauf. Aber men: Die einfachen, eingängigen Rhythmen, Kreativität im Supermarkt für Stollsteiner sind Kunst und Wirtschaft die sie sich zuvor in Kleingruppen ausge- seit jeher selbstverständlich miteinander dacht haben, schälen sich aus dem Durch- Eigentlich geht es nicht um Gesang oder verbunden. Eine lehrreiche Verbindung: Erst einander. Ein bisschen Samba, Karneval, we Rasseln, hier beim „Kultur-Start“, zu dem wer seine kreative Kraft zu spüren bekom- will rock you. Dann, an der vereinbarten im Spätsommer dieses Jahres 250 Azubis der men hat, etwas hervorzubringen, das ande- Stelle, steht die blasse Auszubildende mit Handelskette Globus ins oberpfälzische re interessieren, fesseln, beeindrucken kann, den schmalen Schultern auf und singt, singt Immenreuth gekommen sind. Auch nicht der wird sich trauen, neue Wege zu gehen. A managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009
64 | training In der Kunst ebenso wie im Einzelhandel. Entsprechend ungelenk ist manche Prozess der Bewusstwerdung. Das materiel- Seit 2005 gehören Veranstaltungen wie Schrittfolge, mancher Farbauftrag. Aber das le Endprodukt sollen die Teilnehmer ruhig dieser „Kultur-Start“ fest zum Ausbildungs- macht nichts: „Schön interessiert mich wegwerfen. Sie sollen eine Idee mit nach programm des Handelsriesen aus dem saar- nicht“, sagt Stollsteiner. Während sie von Hause nehmen, eine neue Art zu Denken, ländischen St. Wendel. Die Nachwuchskräf- Zelt zu Zelt geht und die Kunstwerke ent- den Mut für einen kreativen Zugriff auf die te aus Supermärkten, Baumärkten, aus stehen sieht, sagt die studierte Kunsthisto- Welt, nicht ein bemaltes Papier oder einen Verwaltung und Logistik erfahren hier im rikerin trotzdem oft „schön“. Immer dann, Klumpen Lehm. „Man muss sich von einem ersten Lehrjahr, dass sie nicht nur Aufträge wenn in ihren Augen etwas besonders Werk lösen, um sich der nächsten Aufgabe ausführen können; dass sie sich nicht bla- authentisch ist, auch mal einen Bruch hat. zuwenden zu können“, sagt Stollsteiner. mieren, wenn sie einmal aus dem Schutz des Wenn sie „schön“ sagt, dann meint sie keine Damit das neue Bewusstsein von der eigenen Bekannten ausbrechen. Ein einschneidendes bürgerliche Trivial-Ästhetik. Auf keinen Fall Gestaltungskraft keine Momentaufnahme Erlebnis für die jungen Einzelhändler, das will sie damit die Technik, das Motiv oder bleibt, sondern sich immer weiter entwi- sie mitnehmen sollen in den Alltag. Auch im gar den Künstler bewerten. ckelt. Supermarkt ist Platz für Kreativität. Wenn „Wir machen hier keine Casting-Show. man ihn lässt – und füllt. Es gibt keinen Preis für den tollsten Azubi“, Betonskulpturen handeln nicht erklärt die Beraterin ihr Tun. Niemand soll Rot ist nicht besser als Blau unter eine von außen herangetragene Norm Das entspricht dem Beratungsprinzip, das gezwungen werden. „In der Kunst gibt es die theoretische Basis für Stollsteiners Arbeit Genau das will Stollsteiner in ihren Trai- keine Moral, nur die eigene Entscheidung bildet, dem zugleich zyklischen und vor- nings vermitteln, nicht nur mit Musik. Auf zwischen gleichwertigen Alternativen. Rot wärts gerichteten Dreischritt von Aktion, der sonnenbeschienenen Wiese der Fami- ist nicht besser als Blau. Es gibt keine hier- Reflexion und Transformation. Die Anfangs- lienferienstätte Immenreuth stehen große archische Bewertung von oben und unten, buchstaben der drei Schritte verweisen Zelte, in denen gemalt wird, gedruckt. Hier nur verschiedene Qualitäten.“ Dass Stoll- schon in Richtung Kunst und geben ihrem formen Hände Plastiken aus Ton, dort bear- steiner und ihr 14-köpfiger Trainerstab es Buch seinen Namen: „Das A.R.T.-Prinzip“ beiten Hämmer und Schleifzeug weißen ablehnen, Werturteile zu fällen, ist kein Gut- heißt es und im Untertitel: „Vom Nutzen Naturstein. In einer Halle des ehemaligen menschentum, sondern Methode: Nur so der Kunst im Unternehmen“. Dieses Prinzip Kolpinghauses aus den 60ern wird getanzt, kann ein „Möglichkeitsraum“ entstehen, der findet sich in jeder ihrer Veranstaltungen, in einer anderen Theater gespielt. Überall Voraussetzung ist für erste Schritte im vom Azubi-Workshop bis zum Leadership- machen junge Menschen, was sie noch nie Bereich kreativen Muts. Ohne die gerade Programm – außer Globus berät Stollsteiner zuvor gemacht haben. Manche haben seit Ermutigten wieder zu verschrecken, weil ihr unter anderem die Einzelhandelsketten dm der Grundschule keinen Pinsel mehr in der Werk irgendwem nicht gefällt. und Alnatura. Hand gehabt, andere wären im Traum nicht Ohnehin geht es im Globus-Workshop Am Anfang steht für Stollsteiner die auf die Idee gekommen, in Bewegung oder nicht um das Ergebnis. Ziel ist nicht eine Handlung. Sie ist auf dem Bauernhof auf- Gestaltung Ausdruck zu suchen. neue Wohnzimmerdekoration, sondern ein gewachsen und kennt die sinnstiftende Bedeutung des Selbermachens. Für die künstlerische Aktion ist es notwendig, sich zu öffnen, aus sich herauszugehen. „Das Problem ist, dass viele zu sehr mit ihrem Image beschäftigt sind, um etwas zu wagen. Aber man muss den Mut haben, von seinem Sockel, seinem Statusdenken herunterzu- kommen“, sagt Stollsteiner. Auf den Boden bringen, nennt das die Beraterin. Während sie spricht, malt sie mit ausgreifenden Ges- ten ein großes „J“ in die Immenreuther Spät- sommerluft: Sie greift mit beiden Armen über Kopf und zieht sie wieder herunter, als ob sie die „Betonskulptur“, die mancher aus Eitelkeit und Angst aus sich selber macht, zu Boden werfen will, und hebt dann die Hände wieder nach vorne: eine dynamische Bewegung des Eintauchens, „rein in die Akti- on“. Im Workshop fällt die erste Aktion ver- gleichsweise unspektakulär aus. Eine Mal- gruppe paust in Frottage-Technik einige Oberflächen durch, um ein Gefühl für Struk- turen zu entwickeln. Die Tanzgruppe übt einige Bewegungsabläufe ein, in den Händen Harte Arbeit: Wer kreativ sein will, muss durchhalten können – auch wenn Erfolge erstmal nicht sichtbar Stöcke, die sie rhythmisch zusammenschla- werden. gen, um im Takt zu bleiben. Vorarbeiten sind managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009
training | 65 das, um „das Instrument Körper“ zu stim- men. Dann kommt ein erster kreativer Teil. „In der Kunst gibt es Die Druck-Gruppe trägt mit großen Kacheln keine Moral. Rot ist nicht dreifarbige Muster auf ein Papier. Die Musi- ker entwickeln in kleinen Gruppen Rhyth- besser als Blau. Es gibt keine men, die sie später zu einem Ganzen zusam- hierarchische Bewertung mensetzen. von oben und unten, nur Reflexion oder das Gefühl der Dreiecke verschiedene Qualitäten.“ Mariott Stollsteiner, Künstlerin und Unternehmens- Zwischen den einzelnen Schritten versam- beraterin, Köln. Kontakt: info@stollsteiner.com meln sich die Teilnehmer um ihre jeweiligen Trainer – vor Ort sind außer Stollsteiner noch 14 Trainerinnen und Trainer, allesamt mit künstlerischer Kernqualifikation und pädagogischer Ausbildung – und sprechen Umgekehrt lässt das mehr oder weniger konstruktiv einbringen, auch auf die Gefahr darüber, was gerade passiert ist. Wie fühlen drastische Eingreifen in eine fremde Arbeit des Irrtums hin. Und er muss das Andere im sich eckige Formen an? Welche Stimmung die Jugendlichen ihre Verantwortung spü- Eigenen zulassen. Auch wenn die Jugendli- transportiert die Kombination von Grün, ren, die sie haben für die Gefühle des Gegen- chen Fantasieformen aus Ton modellieren Rot und Orange? Wie tanzt man Aggression? übers, den Sinnzusammenhang seines Wer- oder die Tanzbarkeit eines Peter-Fox-Rhyth- Auch das gehört zum A.R.T.-Prinzip, denn: kes. Auch das verlangt eine Form von Mut mus erproben, ergeben sich Lerneffekte, die „Reflexion über das Getane ist heute unüb- und zwingt dazu, jeden Schritt sehr bewusst an die Erfordernisse des Arbeitslebens lich, erst recht wenn Gefühle mitschwingen. zu machen. „Schließlich schafft jeder Pin- anknüpfen sollen: Team- und Kommunika- Niemand fragt sich: Wie ging es mir dabei? selstrich Fakten, jeder noch so kleine Eingriff tionskompetenz, Kritikfähigkeit und die Wie war der Prozess? Aber die Aktion ist kann alles verändern“, erklärt die Künstlerin: geistige Flexibilität, verschiedene Perspekti- nichts wert, wenn ich sie nicht reflektiere“, Hier eine weiße Linie, die aus einem stati- ven einzubeziehen. Die Tänzer lernen, aus sagt Stollsteiner. schen Zeichen ein schwungvolles Fließen sich herauszugehen, sich zu zeigen, erklärt Um Reflexion im Workshop anzuregen, macht, dort eine gelbe Kontrastfläche, auf Stollsteiner, „auch wenn die Figur nicht gän- setzen die Trainer auf die Intervention durch der sich die schwarzen Dreiecke besser her- gigen Schönheitsidealen entspricht“. Die die Teilnehmer selbst: etwa nach der Hälfte vorheben. „Wie weit kann ich gehen beim Maler machen Improvisationsübungen – des Workshops, mitten im kreativen Prozess, Beeinflussen einer fremden Arbeit, dieser „für Vertriebler eine wichtige Kompetenz“. müssen sich die Teilnehmer von ihrem Frage müssen sich alle stellen“, sagt Stollstei- Die Gruppe, die mit Stein arbeitet, erfährt, unfertigen Werk trennen. Sie tauschen ihre ner. Nicht nur in der Kunst. dass man Durchhaltevermögen braucht und Arbeiten paarweise mit dem Auftrag, das Frust aushalten muss, um ein Ergebnis zu Bild, die Skulptur des anderen durch ge- Das Andere im Eigenen erzielen. zielte Eingriffe zu verbessern. Diese gegen- Für Sabine Ment, Personalleiterin von seitige Intervention erfordert Mut, nicht um- „Das ist wie im echten Leben“, so die Bera- Globus, ist Kunst daher als Bestandteil eines sonst das zentrale Thema des Workshops: terin, denn auch in der beruflichen Team- Ausbildungsprogramms ideal. Nicht nur Mut, sich der Kritik durch andere auszuset- arbeit entsteht nichts nach der Maßgabe wegen der breiten Palette an Soft Skills, die zen und darauf zu vertrauen, dass der Bei- eines Einzelnen. Damit etwas Ganzes ent- sich mit ihr trainieren lassen. Kunst passt trag das eigene Werk voranbringt. stehen kann, muss sich jedes Teammitglied zur werteorientierten Personalentwick- IHK-Akademie IHK München . Westerham IHK für München und Oberbayern kompetenz kompetenzfür fürihren ihrenerfolg erfolg IHK-Akademie München . Westerham 18. IHK-Trainerausbildung 2010 Für Trainer, die besser sein wollen als Andere! Das methodische und didaktische Rüstzeug für eine erfolgreiche Trainertätigkeit in Unternehmen! 16 Tage in 5 Modulen von Febr. bis Okt. 2010 Info und Anmeldung: Rita Juraschek juraschek@muenchen.ihk.de 08063 91-274 mit ikat! www.akademie.ihk-muenchen.de Z ertif IHK- e ra u sb ildung 20 08 15. IH K - Train managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009
66 | training Service lungsstrategie von Globus, die auf der Über- zeugung gründet, dass Mitarbeiter eigen- ständige Menschen sind. Und die sind nicht nur als solche zu würdigen, sondern sie kön- nen auch einen größeren Beitrag zum Unter- nehmenserfolg leisten, wenn sie Raum für Literaturtipps Ideen bekommen. Ment spricht von „Persön- A Mariott Stollsteiner: Das A.R.T.-Prinzip. Vom Nutzen der Kunst im Unternehmen. Gabler, lichkeitsentwicklung“: Jeder darf, jeder soll Wiesbaden 2008, 39,90 Euro. sich einbringen – und jeder soll in der Lage In ihrem Buch stellt Mariott Stollsteiner ihre Trainingsmethode vor: Sie basiert auf dem Dreischritt von sein, es zu tun. „Wir setzen auf den kreativen, Aktion, Reflexion und Transformation – nach Ansicht der Autorin Grundvoraussetzung für jede Art von mündigen Mitarbeiter“, sagt Ment. Innovation. Die beschriebenen Trainings machen Kunst für die Personalentwicklung nutzbar. A Michael Bockemühl, Thomas Scheffold: Das Wie am Was: Beratung und Kunst. Frankfurter Selbstbewusste Transformation Allgemeine Buch, Frankfurt 2007, 59 Euro. Auch dieses Buch dreht sich um die Frage, welche Lehren die Kunst für die Wirtschaft bereithält. Ästhetik- Die Personalleiterin hat den Effekt eines Professor Bockemühl und Unternehmensberater Scheffold (Droege & Comp.) beschreiben den Nutzen der Kunst-Workshops an sich selbst getestet. Kunst für unkonventionelle Problemlösungen in Organisationen. Wie alle Führungskräfte von Globus hat sie A Sylvia Jumpertz: Werte in Acryl – Personalmarketing bei Otto. managerSeminare 118, Januar in Workshops von Stollsteiner gemalt und 2008, www.managerseminare.de/MS118AR04 sich mit zeitgenössischer Kunst auseinan- Der Artikel beschreibt das „Talents@Otto“-Programm, in das die Otto Group begabte Studenten aufnimmt. dergesetzt, schon bevor das Programm für Highlight des Programms ist ein Kreativworkshop, der die Talents mit unerwarteten künstlerischen Heraus- die Azubis angepasst wurde. „Es ist erstaun- forderungen überrascht. Der Kunstauftrag: Malen fürs Personalmarketing. lich, welche Ressourcen man freilegt, von denen man vorher nichts wusste“, berichtet Ment von ihren Erfahrungen. Wie im Fall jenes altgedienten Vertrieblers, der vielen als fangs zurückhaltend oder vor Verlegenheit „Es entwickelt sich ein kleiner Tsunami „eingefahren“ galt, als oberflächlich und ein kichernd, haben erfahren, wozu sie fähig von unten“, beschreibt Personalleiterin Ment wenig verbohrt – und der plötzlich über sind, alleine und im Team. Sie haben es gese- den ermutigenden Einfluss der künstleri- Kunst reflektierte und von Gefühlen sprach, hen, gehört, gespürt. Entsprechend selbst- schen Erfahrung auf die Azubis. Sie erinnert die ihm niemand zugetraut hatte. Ein bewusst sind sie geworden, im Wortsinn. Das sich an das vergangene Jahr, als die Azubis Schlüsselerlebnis für Ment, die auf die zeigt sich an der Souveränität, mit der sie der Geschäftsführung bei einer Versamm- künstlerische Weiterbildung nicht mehr letzte Änderungen an ihren Arbeiten vor- lung mit ihren Fragen einheizten: Wie viel verzichten will: „Zwar mussten wir unter nehmen und den Input der Intervention verdienen Sie? Was war für Sie das heraus- dem Eindruck der Krise das Programm verarbeiten. ragende Erlebnis im Handel? Wie läuft straffen. Ein Verzicht stand aber nie zur die Unternehmensexpansion in Osteuropa? Debatte.“ Im Gegenteil: Globus setzt noch Freiräume schaffen und nutzen „Nicht immer sind die Fragen diplomatisch“, andere „Kunst-Bausteine“ ein, etwa zum so Ment. Aber darum geht es Globus: dass Thema Wahrnehmung: Die Beschäftigung Die eigentliche Transformation steht aber die Kommunikation über Hierarchien hin- mit Kunst und verschiedenen Perspektiven noch aus: den kreativen Mut aus der spiele- weg auf Augenhöhe passiert. soll Betriebsblindheit vermeiden. Diesen rischen Atmosphäre des Kunst-Workshops Der Kultur-Start ist daher nicht nur Event neuen Blick auf Altbekanntes sollen die Ab- hineinzuretten in die Welt des beruflichen zur Bindung des Nachwuchses, auch nicht teilungsleiter der Warenhäuser in Handlung Alltags mit seinen Notwendigkeiten, Ge- nur fürs Employer-Branding gedacht. Sein umsetzen, wenn es darum geht, wie Waren wohnheiten, Beschränkungen. „Das geht Hauptzweck ist, in einem sich schnell wan- präsentiert oder Regale sortiert werden. nur, indem man konsequent Freiräume delnden Markt mithilfe innovativer Mitar- Auch der Azubi-Workshop endet mit der schafft und nicht sanktioniert, was man beit anpassungs- und zukunftsfähig zu blei- Umsetzung der gewonnenen Erfahrungen, selbst anders gemacht hätte“, sagt Ment. ben. Die Zahlen geben Globus recht, sagt dem dritten Schritt von Stollsteiners Bera- Selbst erkennen, was zu tun ist, Verantwor- Ment: „Im Wettbewerb haben wir die höchs- tungs-Konzept und zugleich Beginn des tung übernehmen, Freude haben am Gestal- te Umsatzrendite – bei den zugleich höchs- nächsten Zyklus von Aktion, Reflexion und ten – das Azubi-Programm dient dabei als ten Personalkosten.“ Motivierte und pro- Transformation. Nach der Intervention Initialzündung: „Wenn sie nicht im Haus duktive Mitarbeiter, hohe Identifikation mit bekommen die Workshop-Teilnehmer ihre weitergefördert werden, verpufft der Effekt.“ dem Arbeitgeber, zufriedene Chefs – Kunst zuvor getauschten und veränderten Kunst- Globus schafft daher für Handelsketten un- als das Zaubermittel der Wirtschaft? „Um werke wieder zurück. Auch sie selbst haben übliche Freiräume: bei der Gestaltung von das klarzustellen: Ich behaupte nicht, wenn eine Veränderung erfahren, durch die Refle- Aktionsflächen, bei der Shop-Einrichtung. wir einmal zusammen ein Bildchen malen, xion und durch den Perspektivwechsel, der Ausgebildete Mitarbeiter können über Be- ist die Welt gerettet“, sagt Stollsteiner, wäh- mit dem Austausch einherging. Was hat der träge bis 500 Euro selbst entscheiden, ohne rend sie auf der Wiese steht zwischen Men- Eingriff eines anderen bewirkt? Wie gehe ich Rücksprache mit den Führungskräften. Mit schen, die gerade ihren Mut zur Kreativität damit um? Wie lässt sich die formulierte Idee dem aus Kunst gewonnenen Mut wagen sich entdecken. Dennoch: Man könnte meinen, weiter präzisieren, die Stimmung vertiefen? auch Nachwuchskräfte an weitere Projekte, dass es auf einen Versuch ankäme. Der Unterschied zum Beginn des Work- mit denen sie sich Respekt verschaffen kön- shops ist enorm: Die Jugendlichen, an- nen. Auch bei Führungskräften. Sascha Reimann C managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009
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