Wildschadensregulierung im Grünland

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Wildschadensregulierung im Grünland
Wildschadensregulierung im Grünland :
                    - ein altes Thema, immer wieder aktuell -

Die landwirtschaftlichen Flächen im Acker und im Grünland werden jährlich, vornehmlich
im Frühjahr und im Herbst, von nahrungssuchendem „Schadwild“ heimgesucht und mehr
oder weniger geschädigt. Das trifft aktuell verbreitet auch wieder zu. Der Bewirtschafter
muss die Schädigung zwar dulden, erhält aber, wenn keine ausreichende
Abwehrmöglichkeit besteht, eine Entschädigung als Ausgleich.
Vielfach kommt es bei der richtigen Vorgehensweise und auch bei der Findung über die
korrekte Schadenshöhe zu Unstimmigkeiten und Ärgernissen auf beiden Seiten.
Grundsätzlich sollte immer über eine offene Gesprächsführung mit fundierten Kenntnissen
und Daten eine gütliche Einigung angestrebt werden.
Im Folgenden werden von Raimund Fisch, vom DLR Eifel in Bitburg, die Grundzüge der
„korrekten“ rechtlichen Vorgehensweise, die möglichen Verfahren zur Reparatur und die
sachgerechte Ertragsermittlung der Grünlandnarbe erläutert.

1. Rechtliche Aspekte:
Der klassische Fall ist, dass über die Wintermonate oder im Frühjahr auf den
Grünlandflächen Wildschaden, meist aufgebrochene Grünlandnarbe durch Schwarzwild,
festgestellt wird. (Übersicht 1)

1. Innerhalb von einer Woche (7 Tage) nach Erkennen des Schadens muss eine
   Mitteilung an die zuständige Verbandsgemeinde /Stadtverwaltung erfolgen.

2. Innerhalb einer weiteren Woche nach Anmeldung sollte eine Regelung zwischen
   Geschädigten und Ersatzpflichtigen erfolgen.

   → Kommt es zur Einigung mit Schadensregulierung, ist das Verfahren für alle
     Beteiligten abgeschlossen. Der VG/Stadtverwaltung ist mitzuteilen, dass eine
     Einigung erzielt wurde.

   → Wenn eine Einigung          nicht erreicht werden konnte,          wird   von   der
     VG/Stadtverwaltung ein Feststellungsverfahren eingeleitet.

3. Feststellungsverfahren:
   Die VG/Stadtverwaltung lädt zu einem Ortstermin ein. Es sollen anwesend sein:
   Geschädigter, Ersatzpflichtiger und Wildschadensschätzer der VG/Stadtverwaltung.
   Wichtig: Vor Eintritt in die Abschätzungsfrage soll ein nochmaliger Einigungsversuch
   mit allen Beteiligten erfolgen. Kommt es nicht zur Einigung, führt der
   Wildschadenschätzer eine Schadensfeststellung durch und ermittelt das Ergebnis. Das
   Ergebnis wird den Beteiligten vorgestellt und der Geschädigte wie auch der
   Ersatzpflichtige entscheiden, ob sie damit einverstanden sind.

   → Kommt es zur Einigung auf der Grundlage der Ergebnisse des
     Wildschadensschätzers, wird dies in der Niederschrift bei der VG/Stadtverwaltung
     festgehalten und die Schadensregulierung kann vorgenommen werden.

   → Kommt es zu keiner Einigung, wird das Ergebnis des Wildschadensschätzers
     schriftlich festgehalten und ein Vorbescheid erstellt. Auf Grundlage dieses
     Vorbescheides wird ein gerichtliches Nachverfahren vor dem zuständigen
     Amtsgericht eingeleitet. Das Amtsgericht führt dann die entsprechende
     Entscheidung herbei.

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Wildschadensregulierung im Grünland
Hinweise: Um nicht über die Wintermonate wöchentlich Anmeldungen zu Wildschäden
    vornehmen zu müssen, sollte eine Vereinbarung zwischen Landwirt und Jagdpächter
    erfolgen, dass die Wildschadensfeststellung und Regulierung erst zu
    Vegetationsbeginn im Frühjahr durchgeführt wird. Eine solche Vereinbarung ist immer
    schriftlich zu treffen.

Übersicht 1:

Ablaufplan:
- Schaden gesehen
- Innerhalb einer Woche Anmeldung
- Innerhalb einer Woche nach Anmeldung Regelung möglich ja / nein

Keine Einigung → Feststellungsverfahren (Vorverfahren)

                                Keine Einigung  Feststellungsverfahren (Vorverfahren) *
                   Ladung zum Ortstermin: durch VG/Stadtverwaltung:
                   Beteiligte: Geschädigter, Ersatzpflichtiger, Wildschadenschätzer
                          Nochmaliger Einigungsversuch mit allen Beteiligten

                 Einigung                                                         keine Einigung

            gütliche Einigung                                            Feststellung des entstandenen
                                                                         Schaden durch den
                                                                         Wildschadenschätzer
                                                                          Vorbescheid durch VG

                Niederschrift

                                                                       Gerichtliches Nachverfahren
           Schadensregulierung                                         Gegen den Vorbescheid besteht die
                                                                       Möglichkeit innerhalb einer Notfrist
                                                                       von einem Monat seit der Zustellung
                                                                       Klage vor dem zust. Amtsgericht zu
                                                                       erheben.

                                                                                Schadensregulierung

  * Vereidigte Sachverständige können schon im Vorfeld als Beweissicherung von beiden Parteien mit eingebunden werden.

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Übersicht 2:

                            Schwarzwild-Grünlandaufbruch

                    Vereinzelt auf                 zusammenhängend auf der
                    Fläche verteilt                Fläche verteilt

      flach                           tief            flach                      tief

      1. Stippen           1. tiefer Aufbruch      1. flacher Aufbruch   1. tiefer Aufbruch
                           meist auf alter         insbesondere auf      meist auf alter
                           Grasnarbe               junger Grasnarbe      Grasnarbe

      2. frische flache    2. tiefer und flacher
      Aufbrüche auf        alter ausgewaschener
      jungen Grasnarben    überwinterter
                           Aufbuch
                           an jungen und alten
      3. alte flache       Grasnarben
      Aufbrüche auf
      jungen Grasnarben                                                  „FsV“

      „HN’s“               „HEN’s“                    „SVV“              „MVV“
                                                                         „KSV“

Verfahren: 1                   2                         3                 4

2. Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Grünlandnarbe:

Für die Reparatur der Grünlandfläche gibt es mehrere mannigfaltige Möglichkeiten die
Grünlandnarbe wieder herzustellen. Dabei ist es wichtig die Narbe korrekt und fachgerecht
wieder herzustellen, um eine langsame aber stetige Verschlechterung der Grünlandnarbe
zu verhindern.

Was ist Reparatur – und Ertragsausfallfläche?

Die Ertragsausfallfläche ist bei frischen, flachen Schäden gleich der Reparaturfläche, da
hier das Gras unter der bedeckten Fläche nach der Reparatur im Allgemeinen
weiterwächst.

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Anders bei älteren oder tieferen Aufwürfen. Hier ergibt sich die Ertragsausfallfläche aus
der Summe der Reparaturfläche und der mit Erdreich bedeckten Fläche.

                                           aufgebrochene Fläche =
                                           Reparaturfläche

                                           mit Erdreich bedeckte Fläche

Am Anfang der Schadensbeurteilung stellt sich immer die Frage, ob die Aufbrüche
„vereinzelt“ oder „zusammenhängend“ auf der Fläche verteilt sind. Daraus resultiert
meistens die Entscheidung, ob die Aufbrüche evtl. von Hand oder mit Maschinen zu
reparieren sind. Grundsätzlich ist die kostengünstigste Variante zu wählen, auch wenn
eigene Wünsche sich evtl. anders darstellen.

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Verfahren 1:

1. Maßnahmen und Kosten zur Behebung vereinzelt auftretender, frischer und
   flacher Aufbrüche in einer jungen Grasnarbe

Hier ist das Verfahren „Handarbeit mit Nachsaat von Einzelplaggen (HN´s)“ angezeigt.

Dabei ist wie folgt vorzugehen: Die Plaggen sind exakt zuzulegen, zu festigen, dann wird
Grassamen darauf gesät und schließlich wird der gesamte Bereich festgetreten.
Unter günstigen Voraussetzungen wird so eine Fläche von ca. 40 m²/h erreicht.

Die Fläche, die der Berechnung der Wiederherstellungskosten zugrunde gelegt wurde, ist
die direkte Aufbruchstelle. Den Flächeninhalt erhält man, indem man die Aufbruchstelle
diagonal vermisst.

2. Maßnahmen und Kosten zur Behebung vereinzelter, alter und flacher Aufbrüche
   In einer jungen Grasnarbe

Das Reparaturverfahren entspricht dem o.g. HN´s, auch die Vorgehensweise zur
Reparatur ist gleich, allerdings ist die mögliche Leistung mit 28 m²/h wesentlich geringer.

Übersicht über die Kosten der beiden Varianten zum Reparaturverfahren HN´s

                    Variante 1     Variante 2
                   Kosten in €/m² Kosten in €/m²

Arbeit                  0,38             0,54
Saatgut                 0,02             0,02
Gesamtkosten            0,40             0,56

Verfahren 2:

Maßnahmen und Kosten zur Beseitigung von vereinzelten, tiefen Aufbrüchen in
einer alten Grasnarbe
Hier ist ein aufwändigeres Verfahren mit Handarbeit mit Erdausgleich und Nachsaat von
Einzelplaggen (HEN´s) erforderlich. Wegen der tiefen Aufwürfe, reicht es nicht lediglich die
Plaggen zuzulegen, sondern es muss zusätzlich Boden aufgefüllt werden. Danach wird
Grassamen ausgesät und festgetreten. Dies ist zwingend erforderlich, um größere
Unebenheiten in der Grasnarbe zu verhindern. Solcherlei Unebenheiten sind nämlich
häufig die Ursache von verschmutzten Futter und zunehmender Verunkrautung. Wegen
der Aufbringung und Einarbeitung von angeliefertem Boden wird das Ganze deutlich
kostenintensiver.

Übersicht über die Kosten des Verfahrens HEN´s

                                                       Kosten in €/m²

Arbeit (14 €/h) 60 m² bei Vorebnung                         0,29
Boden 60 m² für Einarbeitung                                0,29
18 €/m³ angelieferten Boden (reicht für ca. 20 m²)          0,90
Saatgut                                                     0,02
Gesamtkosten                                                1,50
                                                                                              5
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Verfahren 3:

Maßnahmen und Kosten zur großflächigen Behebung vieler einzelner flacher
Aufbrüche in jungen Grasnarben

Um großflächige, flache Schäden zu beheben, bietet sich das Schlepp-Vredo-Verfahren
(SVV) an. Hierbei sind drei Arbeitsschritte erforderlich. Als erstes wird die beschädigte
Fläche abgeschleppt und somit eingeebnet. Im zweiten Schritt erfolgt die Neueinsaat im
Direktsaatverfahren. Schließlich wird das Saatgut angewalzt, damit es für das Keimen und
den raschen Auflauf den erforderlichen Bodenschluss erhält. Da hier für die anstehenden
Arbeiten Maschinen und Geräte eingesetzt werden, wird die Kostenübersicht auf den
Hektar bezogen.

Übersicht über die Kosten des Verfahrens SVV

                                     Kosten in         Kosten in
                                     €/ha              €/ha
Schleppen überkreuz                              70                90
Direktsaat Vredo (Einsaat auch mit
Breitverteiler)                              (80)                  ---
Saatgut 25 kg/ha                                 88                88
Walzen, wenn mit Breitverteiler
gearbeitet wird                                  ---               40
Gesamtverfahrenskosten                       238               218

Verfahren 4:

1. Maßnahmen und Kosten zur Behebung großflächig zusammenhängender, flacher
   Aufbrüche in jungen Grasnarben unter schwierigen Bedingungen

In vielen Fällen ist der Umbruch von stark geschädigten Grünlandflächen nicht oder nur
unter sehr schwierigen Bedingungen möglich. Mit dem Mulch-Vredo-Verfahren (MVV)
umgeht man den Totalumbruch. Dieses Verfahren ist besonders geeignet, wenn
Hanglagen, steinige Böden, Biotope und Streuobstwiesen stark geschädigt sind.

Bei der Reparatur ist wie folgt vorzugehen: Im trockenen Bodenzustand wird zunächst
flach vorgefräst, dann dreimal tief mit einem Mulcher überkreuz bearbeitet. Danach muss
der Boden wieder abtrocknen, ehe eine maschinelle Nachsaat erfolgen kann. Es werden
ca. 35-40 kg/ha Saatgut benötigt.

Das Verfahren hat mehrere Vorteile: Die Totalvernichtung der Grasnarbe unterbleibt, es
wird kein Boden hangabwärts verlagert. Das Saatgut wird in ein feinkrümeliges Saatbett
abgelegt und es gibt meist nur einen mittleren Ertragsausfall.

Die Nachteile des Verfahrens sind auch nicht „von Pappe“: Die intensive Bearbeitung
verursacht einen hohen Energieverbrauch, eine starke Beanspruchung der Maschinen und
meist weite Anfahrtswege für die Nachsaatmaschine mit dem entsprechend hohen Kosten.

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Wildschadensregulierung im Grünland
Übersicht über die Kosten des Verfahrens MVV

Verfahrensschritte                                                                  €/ha
1) tiefes Überkreuz-Bearbeiten (Mulcher) - mehrmals

  1. Arbeitsgang (3,0 h/ha) 70,-- €/ha                                                     210,00
  2. Arbeitsgang (2,5 h/ha) 70,-- €/ha                                                     175,00
2) Nachsaat mit Vredo-Scheiben-Schlitzsaat-Maschine                                         80,00
             Einsaat auch mit Drillmaschine Breitsaat 50 €/ha          (60,00)
  evtl. zusätzliches Walzen je nach Bodenzustand                        (40,00)
3) Saatgut (30 kg á 3,50 €)                                                                105,00
Verfahrenskosten                                                                           570,00
                                                                      (590,00)

2. Maßnahmen und Kosten zur Beseitigung der zusammenhängenden, tiefen
   Aufbrüchen (Ertragsausfall: bis zu 100 %)

Wenn mehr oder weniger großflächig zusammenhängende tiefe Aufbrüche beseitigt
werden sollen, ist das recht aufwendige Frässaat-Verfahren (FsV) das Verfahren der
Wahl. In mehreren Arbeitsgängen wird versucht die Schäden bestmöglich zu beseitigen:
Zunächst wird überkreuz geschleppt, danach gefräst und gewalzt. Anschließend wird
überkreuz gedrillt, es muss nochmals gewalzt werden, und es schließlich ein
Schröpfschnitt im frühen Entwicklungsstadium der Ansaat erforderlich. Die Fräsarbeiten
werden durch einen Lohnunternehmer oder vom Maschinenring durchgeführt; die weiteren
Arbeiten durch den Landwirt.

Übersicht über die Kosten des Verfahrens FsV

                                                                Situation
                                                      günstig           ungünstig
                                                       €/ha               €/ha
  Schleppen                                              40                 55
  Fräsen                                                 185                490
  Walzen                                                 25                 35
  Drillen                                                45                 55
  Saatgut                                                75                 75
  Walzen                                                 30                 35
  Schröpfen                                              50                 50
  Anfahrt                                                35                 40
  Gesamtkosten                                           485                835

                                                                                                    7
Wildschadensregulierung im Grünland
Kreiselgrubber Saatverfahren (KSV)

Arbeitsschritte: - Überfahrt mit Kreiselgrubber und Drillmaschine mit Rollscharen, aber
ohne Striegel, in einem Arbeitsgang (langsam fahren, ca. 3 km/h)
- Anwalzen
- Nacharbeiten der Ansätze der Maschinen von Hand bei kleinflächigem Einsatz

Arbeitsleistung: Saat 0,4 ha / Std.
Walzen 1,5 ha / Std.
Schröpfschnitt früh mit Mulcher 0,8 ha / Std.
Schröpfschnitt spät mit Mähwerk und Ladewagen 0,3 ha / Std.

Kosten: Kreiselgrubber mit Drillmaschine 2,5 h/ha 120 €/h   300 €/ha
Walzen                                                      40 €/ha
Saatgut                                                     105 €/ha
Schröpfschnitt                                              60 €/ha
Gesamtverfahrenskosten                                      505 €/ha

Vorbereitungs-, Rüst- und Anfahrtszeiten so wie der Ertragsausfall sind gesondert zu be-
rechnen. Der Ertragsausfall kann bis zu 100 % betragen. Ersparte Werbungskosten sind
dann abzuziehen.
Besonderheiten - Bewertung
Gemischtbetriebe verfügen über diese Technik.
Für eine gute Arbeitsweise sind optimale Bodenverhältnisse notwendig. Auf alten,
verfilzten Narben ist oft die Sodenzerkleinerung unbefriedigend. Der Einsatz einer
Kreiselegge an-stelle des Kreiselgrubbers würde die groben Teile eher in den Boden
einarbeiten. Ihr Ein-satz sollte aber nur auf leichteren Böden erfolgen.

                                                                                           8
Wildschadensregulierung im Grünland
3. Die Schwierigkeit der Aufwuchsermittlung:

3.1 Fachwissen und Erfahrung sind notwendig

Die exakte Ertragsausfallbestimmung im Grünland ist ggf. sehr schwierig. Sie unterliegt
sehr hohen Streuungsmöglichkeiten und es besteht die Gefahr, dass im Rahmen der
Beurteilung des Bestandes und seiner Ertragsleistung Fehler gemacht werden.

Um den zu erwarteten Ertragsausfall genauer beurteilen zu können, muss zunächst
festgestellt werden, wie hoch das Ertragspotential der Grünlandnarbe ist.
Der Ertrag einer Grünlandfläche ist von mehreren Faktoren abhängig.
Entscheidende Faktoren zur Ertragsbildung sind vor allem der Standort, die
Pflanzenbestandszusammensetzung und die Nutzungsintensität. Ein ganz wichtiger
Standortfaktor ist der Wasserhaushalt.

3.2 Wasserhaushalt

Dem Wasserhaushalt kommt hinsichtlich des Ertragsbildungsvermögens der Grasnarbe
eine herausragende Bedeutung zu. Je besser die Wasserversorgung der Grasnarbe ist,
umso höher ist die Ertragsleistung und umso kontinuierlicher ist das Nachwuchsvermögen.
Dabei ist es relativ unerheblich, ob die Wasserversorgung über die Nachlieferung aus dem
Boden oder über die Niederschläge erfolgt.           Je besser und kontinuierlicher die
Niederschläge in der Vegetationszeit fallen, umso besser für das Ertragsvermögen, denn
die Wasserversorgung ist oft der begrenzende Faktor für die Aufwuchsleistung des
Grünlandes.

Wie aus den Richtgrößen in der Übersicht 3 zu entnehmen ist, kann auf einem trockenen
Standort häufig nur mit einem Ertrag von etwa 40-50 dt/ha Trockenmasse gerechnet
werden. Höhere Erträge können mit knaulgrasreichen Beständen erzielt werden. Das geht
aber häufig mit gewissen Qualitätseinbußen einher. Bei der Verwertung des Aufwuchses
für Biogasanlagen ist diese Qualitätseinbuße aber unbedeutend, da die meisten Gräser
bezogen auf die dt Trockenmasse in etwa gleiche Methanerträge bringen.

Bei den durchschnittlichen Gründlandtrockenmasseerträgen in Rheinland-Pfalz von ca. 80
dt/ha ist eine gute zeitlich ausgeglichene Wasserversorgung nötig.

Zwischen trockenen und frischen bis feuchten Standorten gibt es im
Ertragsbildungsvermögen     gleitende Übergänge  (siehe Übersicht 3).  Diese
Feuchteunterschiede können bereits innerhalb einer Gemarkung, manchmal sogar
innerhalb eines Schlages auftreten.

Die Kenntnis und Berücksichtigung der regionalen Standorte relevanten Niederschlags-
verhältnisse und der Niederschlagsverteilung sind also bei der Ertragsermittlung sehr
wichtig und unbedingt zu berücksichtigen.

Des Weiteren ist das Wasserhaftungsvermögen der Bodens sowohl in Bezug auf die
Bodenart als auch in Bezug zum Bodentyp zu berücksichtigen. Außerdem ist es
beachtenswert, dass unter einer dichten Grasnarbe die unproduktive Verdunstung gering
ist, während in aufgebrochenen Bereichen hohe Verdunstungsverluste auftreten, was mit
hohen Ertragsverlusten verbunden ist. Auch bei ordnungsgemäßer Beseitigung der
Schäden, kann nicht immer genau beurteilt werden wie hoch der Ertragsverlust ist, weil
eine    erfolgreiche   Reparatur   mit   Grasübersaat    nur    bei   entsprechenden
Feuchteverhältnissen gelingt.

                                                                                      9
Wildschadensregulierung im Grünland
3.3 Nährstoffe und Düngungsniveau

Außer der Wasserversorgung hat die Nährstoffversorgung einen großen Einfluss auf den
Ertrag. Neben dem pH-Wert und den Grundnährstoffen Phosphat und Kali kommt der
Stickstoffdüngung eine hohe Bedeutung zu. Der Stickstoff gilt als der Motor des
Pflanzenwachstums. Auch die Bedeutung des Schwefels sollte nicht unterschätzt werden.
Der Motor des Wachstum kann aber nur dann richtig funktionieren, wenn eine ordentliche
ungeschädigte Grasnarbe für das Wachstum und damit für die Ertragsbildung vorhanden
ist. In stark geschädigten Narben muss in den Schadensbereichen auch mit
entsprechenden Stickstoffverlusten durch Auswachung gerechnet werden. In guten
Pflanzenbeständen und ansonsten günstigen Standortverhältnissen kann mit
Trockenmasseerträgen, die oberhalb von 120 dt/ha kalkuliert werden, und das bei
höchster Futterqualität, sehr hohen Energie- und ausreichenden Eiweißgehalten .
(siehe Übersicht 4)

3.4 Nutzungsintensität

Die Wasser- und die Nährstoffversorgung sind die Basis für die Ertragsbildung, daneben
spielt die Nutzungsintensität eine entscheidende Rolle. Sie ist unmittelbar im
Zusammenhang mit der Düngungshöhe zu sehen. Hohe Düngung und entsprechende
Nutzungshäufigkeit sind Voraussetzung für       hohe Erträge und gute          Qualitäten.
Insbesondere das Deutsche Weidelgras ist auf eine entsprechende Grundnährstoff- und
Stickstoffversorgung angewiesen um seiner Funktion als Art mit höchstem
Ertragspotenzial und bester Futterqualität nachzukommen. Das Deutsche Weidelgras
verlangt zwingend eine hohe Bewirtschaftungsintensität, das heißt eine häufige Nutzung.
(siehe Übersicht 5)

3.5 Pflanzengesellschaft

Dem Landwirt ein gewisser Bewirtschaftungsspielraum über die Düngung und
Nutzungshäufigkeit bei ordnungsgemäßer Pflege die Pflanzenbestände zu steuern und
somit eine Pflanzengesellschaft zu etablieren, die fast ausschließlich aus hochwertigen
Gräsern besteht. Das sind die Pflanzenarten mit einer hohen Futterwertzahl. Eine
Pflanzengesellschaft mit hochwertigen Gräsern, Kräutern und Leguminosen ist aus
ernährungsphysiologischer Sicht wertvoll.

Gräser, die bei intensiver ordnungsgemäßer Grünlandwirtschaft bestandsbildend sind,
haben auch in der Regel einen hohen Futterwert. Zu nennen sind Deutsches Weidelgras,
Lieschgras, Wiesenschwingel und Wiesenrispe. Von den Leguminosen ist insbesondere
der Weißklee als sehr wertvoll einzustufen. In der Futterqualität nicht ganz so gut sind
beispielsweise Knaulgras, Wiesenfuchsschwanz und Gemeine Rispe. Wenn trotzdem die
Gemeine Rispe immer wieder als unerwünschte Art beschrieben wird, so hängt das im
ganz besonderen Maße mit der schwachen Nachwuchsleistung in den Folgeaufwüchsen
zusammen.
Ist ein größerer Teil der Pflanzen im Grünlandbestand minderwertig, dann gilt der gesamte
Aufwuchs als nur bedingt geeignet für Hochleistungskühe.

Wie sich ein Pflanzenbestand, zusammensetzt aus guten oder geringwertigen Pflanzen,
auf den Futterwert auswirkt, zeigt folgendes Beispiel:

                                                                                       10
gute Narbe                     schlechte Narbe

 Löwenzahn                         5 % Ertragsanteil            15 % Ertragsanteil
 Weißklee                        10 % Ertragsanteil              2 % Ertragsanteil
 beste Gräser                    85 % Ertragsanteil             10 % Ertragsanteil
 Brennessel                        -                             3 % Ertragsanteil
 Ampfer                            -                             3 % Ertragsanteil
 Distel                            -                             2 % Ertragsanteil
 Quecke                            -                            10 % Ertragsanteil
 Weiche Trespe                     -                            15 % Ertragsanteil
 Gemeine Rispe                     -                            10 % Ertragsanteil
 Rotschwingel                      -                            15 % Ertragsanteil
 Wolliges Honiggras              -                              15 % Ertragsanteil

Entsprechend der Pflanzenbestand und dem Nutzungszeitpunkt ist mit einem
unterschiedlichen Futterwert des geernteten Grases zu rechnen.
Um nun die Berechnung vornehmen zu können, muss der Bestand in seiner prozentualen
Zusammensetzung beurteilt werden. Die Formel zur Futterwertermittlung lautet:

              Ertragsanteil in % (EA) x Futterwert              =Futterwert   des Bestandes
                                   100

Die Berechnung soll an den oben angegebenen Vorgaben verdeutlicht werden. Es ergibt
sich folgendes: (siehe Übersicht 6)

 gute Narbe                                   schlechte Narbe

  5 % EA Löwenzahn      x WZ    5   = 25 15 % EA Löwenzahn              x     WZ   5   = 75
 10 % EA Weißklee       x WZ    8   = 80 2 % EA Weißklee                x     WZ   8   = 16
 85 % EA beste          x WZ    8   = 680 10 % EA beste Gräser          x     WZ   8   = 80
      Gräser                               3 % EA Brennessel            x     WZ   1   = 3
                                           3 % EA Ampfer                x     WZ   1   = 3
                                           2 % EA Distel                x     WZ   1   = 2
                                          10 % EA Quecke                x     WZ   6   = 60
                                          15 % EA Weiche Trespe         x     WZ   3   = 45
                                          10 % EA Gem. Rispe            x     WZ   7   = 70
                                          15 % EA Rotschwingel          x     WZ   5   = 75
                                          15 % EA W.Honiggras           x     WZ   4   = 60
        Summe                       = 785       Summe                                  = 489
 Futterwert des Bestandes =            7,85                                             4,89

Die Futterwertzahlen aus der Bestandsermittlung führen zu Einstufung in            eine
Qualitätsklasse (siehe Übersicht 7). Je besser die Qualitätsklasse des Bestandes, umso
höher ist der Energieertrag aufgrund der Pflanzenbestandszusammensetzung
einzuschätzen.

Die Qualitätseinstufung ist die Grundlage für die Ertragsermittlung in MJ NEL pro Hektar
(siehe Übersicht 8).
Ist beispielsweise der Grünlandbestand in der Qualitätsklasse 3 einzuordnen, so ist ein
Ertrag zwischen 20.000 und 40.000 MJ NEL möglich. Ob die untere oder obere Zahl

                                                                                               11
zutrifft, ist abhängig vom Ertrag, der sich aus den Standortbedingungen und den
Bewirtschaftungsmaßnahmen ergibt.

Ertragswertschätzung Grünland       Beispiel:

                            Beispiel                    Ertragslage (dt/ha)

Standortverhältnisse        ca. 650 mm
trocken/mittel/feucht       mittel                      60

Düngeniveau
0 – 300 kg N/Jahr           210 kg N/ha                 70

Nutzungsintensität
1 – 2 – 3 – 4 Schnitte      2 – 3 Schnitte              65

Gräserbeurteilung                                       Qualitätsklasse
Beispiel: 4,89              sehr gering                 4
Beispiel: 7,85              sehr gut                    1

Ertrag MJ NEL/ha/Jahr →                                 24.000 / 42.000

Der limitierende Faktor in diesem Beispiel besteht in der Wasserversorgung. Der
mittelfeuchte Standort lässt nur einen Ertrag von 60 dt/ha im Durchschnitt der Jahre zu.

Aus den vorliegenden Werten kann mit einem jährlichen Ertragspotential von 24.000 MJ
NEL/ha/Jahr (schlechtes Grünland) und 42.000 MJ NEL/ha/Jahr (gutes Grünland)
gerechnet werden. Multipliziert man diesen Wert mit dem anzusetzenden
Kraftfutterersatzwert von 0,41 €/10 MJ NEL (Stand März 2021) ergibt sich ein
Entschädigungswert von 984/1722 €/ha pro Jahr. Da aber eine Reparatur im Frühjahr
erfolgt, sind ca. 50 % des Jahresertrages noch zu erwarten. Somit rechnet sich der
Ersatzanspruch auf 492/861 €/ha. Kommt es zu einer verspäteten Reparatur oder
trockenheitsbedingt zum Versagen der Maßnahmen, können bzw. müssen die
Verlustwerte auf bis zu 70 % erhöht werden.

Zusammenfassung

Bei der Beurteilung von Grünlandschäden ist es nicht damit getan, dass man die Wiese
oder Weide nur kurz in Augenschein nimmt. Vielmehr ist es notwendig, sich mit den
einzelnen Faktoren, die für die Ertragsbildung maßgeblich sind, auseinander zu setzen.

Von den natürlichen Gegebenheiten kommt der Wasserversorgung die größte Bedeutung
zu. Für viele Grünlandstandorte ist die Versorgung mit Wasser, insbesondere während der
Vegetationszeit, der begrenzende Faktor für die Ertragsbildung.
Weitere wichtige Punkte sind das Düngungsniveau und die gezielte Düngung je Nutzung.
Mit der Düngung ist unmittelbar die Nutzungsintensität in Zusammenhang zu bringen. Eine
häufige Nutzung erfordert eine entsprechende Düngung, wenn die Grünlandwirtschaft
nachhaltig sein soll. Dies gilt natürlich auch umgekehrt.

Die Bestandszusammensetzung ist wiederum abhängig von Düngungsintensität und der
Häufigkeit der Nutzung. Um überhaupt eine Pflanzengesellschaft zu bekommen, die auch
den Ansprüchen der Tierernährung gerecht werden kann, ist eine zielgerichtete,
aufwuchs-gerechte intensive ausgeglichene Wirtschaftsweise unabdingbar.
Nunmehr kann, unter Einbeziehung der geschädigten Fläche, der Ertragsverlust relativ
einfach bestimmt werden.

                                                                                     12
Übersicht 1:

Ablaufplan:
- Schaden gesehen
- Innerhalb einer Woche Anmeldung
- Innerhalb einer Woche nach Anmeldung Regelung möglich ja / nein

Keine Einigung → Feststellungsverfahren (Vorverfahren)

                                Keine Einigung  Feststellungsverfahren (Vorverfahren) *
                   Ladung zum Ortstermin: durch VG/Stadtverwaltung:
                   Beteiligte: Geschädigter, Ersatzpflichtiger, Wildschadenschätzer
                          Nochmaliger Einigungsversuch mit allen Beteiligten

                 Einigung                                                         keine Einigung

            gütliche Einigung                                            Feststellung des entstandenen
                                                                         Schaden durch den
                                                                         Wildschadenschätzer
                                                                          Vorbescheid durch VG

                Niederschrift

                                                                       Gerichtliches Nachverfahren
           Schadensregulierung                                         Gegen den Vorbescheid besteht die
                                                                       Möglichkeit innerhalb einer Notfrist
                                                                       von einem Monat seit der Zustellung
                                                                       Klage vor dem zust. Amtsgericht zu
                                                                       erheben.

                                                                                Schadensregulierung

  * Vereidigte Sachverständige können schon im Vorfeld als Beweissicherung von beiden Parteien mit eingebunden werden.

                                                                                                                     13
Übersicht 3: Einfluss der Wasserversorgung auf den Ertrag

            Niederschläge                  Wasserversorgung
               mm/Jahr

             ca. 850 mm
            frisch/feucht

            ca. 650 mm
               mittel

            ca. 500 mm
              trocken

                       40        40        40         50         60        70        80        90        100
                                                           dt/ha TM
                                                 schematische Darstellung

Übersicht 4: Ertrag in Abhängigkeit von der N-Düngung (mineralisch und
             organisch)

                  kg/ha                              N-Düngung *

               350

                                                                                                          300
               300
                                                                                                270

               250                                                                    240
                                                                            210
               200                                                 180
                                                           150
               150
                                                120

               100                    90
                            60
                 50

                   0
                            40        40        40         50         60        70        80        90     100
                                                                 dt/ha TM

(schematische Darstellung)

                                                                                                                 14
Übersicht 5:

                                                 Nutzungsintensität
                   Schnitte

               5

                                                                                           4X
               4

                                                                            3X
               3

                                                          2X
               2

                               1X
               1

               0
                      40         40         40       50         60     70        80   90        100
                      schematische Darstellung                 dt/ha

                                                                                                      15
Übersicht 6:     Futterwertzahlen nach Prof. Dr. Klapp

           Gräserart                                WZ

           Deutsches Weidelgras                      8
           Lieschgras                                8

                                                                      Futterpflanzen
                                                                       Hochwertige
           Wiesenschwingel                           8
           Wiesenrispe                               8
           Weißklee                                  8
           Knaulgras                                 7
           Bastard Weidelgras                        7
           Welsches Weidelgras                       7
           Einj- Weidelgras                          7
           Wiesenfuchsschwanz                        7

           Rotschwingel                             5

                                                                      Geringwertige Futterpflanzen
           Gemeine Rispe*                           7
           Jährige Rispe                            5
           Weiche Trespe                            3
           Quecke                                   6
           Löwenzahn                                5
           Schafschwingel                           3
           Wolliges Honiggras                       4
           Spitzwegerich                            6
           Bärenklau                                5
           Schafgarbe                               5
           Wiesenkerbel                             4
           Wiesenschaumkraut                        -1
           Ackerdistel                              0
                                                                 (-) Zeichen =
                                                                 giftig-wirkende
                                                                 Futterpflanzen

           Vogelmiere                               2
           Hirtentäschel                            1
           Ampfer                                   1
           Brennessel                               1
           Scharfer Hahnenfuß                       -1

               * zu Gemeine Rispe: siehe Text

Übersicht 7:      Qualitätsklasseneinstufung

                     Futterwertzahl   Bewertung     Güteklasse

                         7-8           sehr gut          1

                         7-6             gut             2

                         6-5            gering           3
Übersicht 8:

                  MJ/ha

                75.000
                70.000
                65.000
                60.000
                               Energiebewertung
                                                                                Klasse 1
                55.000
                50.000
                45.000                                                    Klasse 2

                40.000
                35.000                                               Klasse 3
                30.000
                25.000
                20.000                                    Klasse 4
                15.000
                10.000
                 5.000
                    0
                          40     50       60        70         80        90        100
                                          schematische Darstellung              dt/ha TM

Bilder:

Grenze zwischen Einzelstellen und Totalschaden

                                      1                                                    2

                                                                                               17
Luftbildaufnahme: Wildschaden bei Grünland-Neuanlage: November 2018

Einzelne Stellen

                                                                      18
Tiefe Aufwürfe

Tiefe Aufwürfe 2

                   19
Zusammenhängend

Vereinzelt

                  20
Totalschaden

Totalschaden 2

                 21
Totalschaden 3

                 22
Sie können auch lesen