Wofür steht Jona als Zeichen? - Christoph Dohmen - Schweizerisches ...

 
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Aus: Bibel und Kirche 66 (2011/1;
■ Christoph Dohmen                                        Alttestamentliche Gestalten im Neuen
                                                          Testament), S. 36–39; Titel; Inhalt
Wofür steht Jona als Zeichen?                             © Katholische Bibelwerke Deutsch-
Jona als Verstehenshilfe für die Botschaft Jesu           land (Stuttgart), Österreich (Wien)
                                                          und Schweiz (Zürich).

■ Das Bild des dem Fischmaul entsteigenden        Begräbnis Jesu vorausgegangen ist (Mt 27,57).
Propheten Jona steht den meisten Christen vor     Die Auferstehung Jesu wird hier also, wie auch
Augen, weil es in der christlichen Kunst viel-    im bekannten Bekenntnis von 1 Kor 15,4 vo-
fach und vielfältig als Auferstehungsmotiv be-    rausgesetzt, durch das Motiv vom „dritten Tag“
gegnet.1 Überdies haben viele Kinderbibeln das    als Theophanie im Anschluss an Ex 19,11 ge-
Jona-Buch auf die Episode mit dem Fisch, die      deutet. Bei der Vorbereitung der Gottesbegeg-
im Buch selbst gerade mal zwei Verse (Jona        nung am Sinai geht es nicht um eine Zeitspan-
2,1.11) umfasst, reduziert. Insofern wundert es   ne von drei Tagen, sondern um einen Neuan-
nicht, dass mit dem im Neuen Testament            fang, der als Folge einer Unterbrechung, die
erwähnten „Zeichen des Jona“ vor allem das        durch einen vollständigen Tag (24 Stunden),
Auferstehungsmotiv verbunden wird. Ist das        der aus dem Geschehensablauf herausgenom-
aber stimmig?                                     men ist, charakterisiert wird. Zwischen der
                                                  Vorbereitung – als Anfang der Zählung - und
                                                  dem Ziel, das „am dritten Tag“ angesetzt wird,
  Nach drei Tagen oder am dritten Tag?            liegt als Fuge dieser eine komplette Tag. Mit
  Nur in Mt 12,38-40 wird eine Verbindung         dem Motiv des dritten Tages wird folglich der
von Jonazeichen und Auferstehungsmotiv            Zeitlauf unterbrochen, um die Ausgrenzung
vorgenommen:                                      der jeweiligen Ereignisse aus dem Alltäglichen
  „Zu dieser Zeit sagten einige Schriftgelehrte   festzuhalten. Die mangelnde Übereinstim-
  und Pharisäer zu ihm: Meister, wir möchten      mung zwischen der Erklärung des Jona-Zei-
  von dir ein Zeichen sehen. Er antwortete ih-    chens in Mt 12 durch die drei Tage und drei
  nen: Diese böse und treulose Generation for-    Nächte und die Auferstehung Jesu am dritten
  dert ein Zeichen, aber es wird ihr kein ande-   Tag, von der auch Mt 27-28 ausgeht, müssen
  res gegeben werden als das Zeichen des Pro-     sich die Leser des Mt zuerst einmal bewusst
  pheten Jona. Denn wie Jona drei Tage und        machen, um zu erkennen, dass die Erklärung
  drei Nächte im Bauch des Fisches war, so        des Jona-Zeichens in Mt 12 nicht die Deutung
  wird auch der Menschensohn drei Tage und        der Auferstehung vorbereitet, sondern einen
  drei Nächte im Innern der Erde sein.“           anderen Bezugspunkt hat.2
  Diese „Erklärung“ des Zeichens kommt aller-        Die Hohenpriester und Pharisäer, die am
dings schon in Mt selbst an ihre Grenzen, wenn    Sabbat nach dem Tod Jesu Pilatus um Bewa-
bei der Erzählung der Passion zwischen der        chung des Grabes bitten, begründen ihre Bitte
Grablegung Jesu und der Auferstehung nicht        mit dem Hinweis, dass Jesus behauptet habe,
drei Tage und drei Nächte, sondern lediglich      er werde „nach drei Tagen“ auferstehen (Mt
zwei Nächte und zwei bis drei Tage vergehen.      27,63). Nur an diesen beiden Stellen begegnen
Denn die Entdeckung des leeren Grabes und
die erste Begegnung mit dem Auferstandenen        1   Vgl. dazu Uwe Steffen, Die Jona-Geschichte. Ihre Auslegung und
finden nach Mt 28,1ff am Tag nach dem Sab-            Darstellung im Judentum, Christentum und Islam, Neukirchen-Vlu-
                                                      yn 1994, 56ff. Hier finden sich auch wichtige Hinweise dafür, dass
bat, also am ersten Tag der Woche, statt. Am          die frühchristliche Verkündigung anders als die Kunst Jona nicht als
Sabbat selbst wird nur von der Forderung der          Vorzeichen von Tod und Auferstehung Jesu aufnimmt, sondern ihn
                                                      als Bußprediger sieht.
Hohenpriester und Pharisäer nach Bewachung        2   Vgl. Hubert Frankemölle, Matthäus. Kommentar 2, Düsseldorf 1997,
des Grabes berichtet, der am Abend zuvor das          150ff.

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Wofür steht Jona als Zeichen?

bei Mt die „drei Tage“, so dass die Verbindung                             genau das ist dann aufgrund der genannten
beider Stellen hervorsticht, die Mt dazu dient                             Parallelisierung auch bei Jesus zu betrachten.
aufzuzeigen, dass das Tun der „Hohenpriester                               Dass Jonas Ergehen in Ninive das „Zeichen des
und Pharisäer“ letztendlich darin gründet, dass                            Jona“ deutet, zeigt sich auch deutlich in den
sie weder die Botschaft Jesu verstanden haben                              beiden nachfolgenden „Erläuterungen“ in Mt
noch den durch ihn ergehenden Anruf Gottes.                                12,41f, denn ihre Pointe liegt jeweils im Erken-
Wenn sie sich nach dem Tod Jesu daran erin-                                nen und Anerkennen einer Person, was der je-
nern, dass er angekündigt habe, er werde nach                              weilige Schlusssatz „Hier ist mehr als …“ un-
drei Tagen auferweckt werden, dann zeigt das,                              terstreicht:
dass sie dieses „Zeichen des Jona“ nicht ver-                                „Die Männer von Ninive werden beim Ge-
standen haben.3 Ausgangspunkt der Erklärung                                  richt gegen diese Generation auftreten und
des Zeichens des Jona ist in Mt 12 nämlich ei-                               sie verurteilen; denn sie haben sich nach der
ne sehr harsche Zurückweisung der Zeichen-                                   Predigt des Jona bekehrt. Hier aber ist einer,
forderung. Wenn Jesus aber trotzdem auf ein                                  der mehr ist als Jona. Die Königin des Sü-
Zeichen – das des Jona – hinweist, dann des-                                 dens wird beim Gericht gegen diese Genera-
halb, weil im Blick auf Jona die durch die vo-                               tion auftreten und sie verurteilen; denn sie
rausgegangene Zeichenforderung beabsichtig-                                  kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Sa-
te Bestätigung Jesu schon gegeben ist.                                       lomos zu hören. Hier aber ist einer, der mehr
                                                                             ist als Salomo.“
  Jona im Inneren seiner Geschichte                                          Diese beiden Erläuterungen des Zeichens des
  Allerdings muss man sich fragen, was es ist,                             Jona – und nur sie – finden sich, wenn auch in
was an Jona denn Jesus bestätigt, denn das Jo-                             umgekehrter Reihenfolge, ebenso im Parallel-
na-Buch enthält anders als andere Propheten-                               bericht des Lukasevangeliums in Lk 11,29-32,4
bücher keine Sammlung prophetischer Worte,                                 wo vorab in Lk 11,30 auch schon ausdrücklich
vielmehr findet sich in der Erzählung des Jo-                              gesagt wird, dass das Zeichen Jona selbst sei.
na-Buches nur ein einziger Satz prophetischer                              Insofern zeichnet sich also ab, dass das Ver-
Rede („Noch vierzig Tage und Ninive ist zer-                               ständnis dieses Zeichens im Jona-Buch ge-
stört“ Jona 3,4). Mit dem Hinweis auf die Ana-                             sucht werden muss. Die Frage, was Jona in der
logie zwischen Jona im Inneren des Fisches                                 Jona-Erzählung ausmacht, ist allerdings gar
und dem Menschensohn im Inneren der Erde                                   nicht leicht zu beantworten, weil es sich bei der
(Mt 12,40), die über das Motiv der drei Tage                               Jona-Erzählung um eine höchst komplexe Er-
und drei Nächte hergestellt wird, wird heraus-                             zählung handelt, die sich ihren Lesern auf ganz
gestrichen, dass hier eben nicht die propheti-                             verschiedenen Ebenen und in unterschiedli-
sche Rede des Jona im Vordergrund steht, son-                              chen Perspektiven erschließt.5
dern das Schicksal, das ihm widerfährt. Und                                  Abgesehen von der Flucht vor seinem Auf-
                                                                           trag hebt das Jona-Buch die Tragik der pro-
3   Der enge Zusammenhang beider Stellen wird von P. Hoffmann he-          phetischen Existenz deutlich hervor. Jona wird
    rausgearbeitet, wenngleich er die Auferstehung Jesu als „Erfüllung
    des Israel in Aussicht gestellten Jona-Zeichens“ deutet: Paul Hoff-
                                                                           nämlich nicht als Umkehrprediger nach Nini-
    mann, Das Zeichen für Israel, in: Ders. (Hg.), Zur Neutestamentli-     ve geschickt, sondern mit einer eindeutigen
    chen Überlieferung von der Auferstehung Jesu, Darmstadt 1988,
    416-452.
                                                                           Gerichtsbotschaft, die kein Wenn und Aber zu-
4   Konrad Huber (Saul, David und Salomo, in: Markus Öhler [Hg.], Alt-     lässt. Die Menschen in Ninive reagieren recht
    testamentliche Gestalten im Neuen Testament. Beiträge zur Bibli-
    schen Theologie, Darmstadt 1999, 177f) versteht den Doppelspruch
                                                                           eigentümlich auf diese Botschaft, denn sie ver-
    als übersteigernde Relation von Jesus (NT) zur atl. Weisheit (Salo-    suchen weder dem ihrer Stadt angekündigten
    mo) und Prophetie (Jona). Dagegen steht aber, dass beide Worte das
    Zeichen des Jona erklären sollen und der gemeinsame Bezugspunkt
                                                                           Untergang zu entfliehen noch durch gesteiger-
    im „Gericht“ besteht.                                                  ten Genuss die letzten Tage ihres Lebens aus-
5   Die „Vieldeutigkeit“ der Geschichte feinsinnig aufgespürt hat jüngst
    Peter Weimar, Eine Geschichte voller Überraschungen. Annäherun-
                                                                           zukosten. Auch appellieren sie nicht an Gottes
    gen an die Jonaerzählung (SBS 217), Stuttgart 2009.                    Barmherzigkeit. Ihre Reaktion ist vielmehr ei-

                                                                                                 Bibel und Kirche 1/2011 ■ 37
Christoph Dohmen

ne ganz andere und überraschende: Sie moti-          vermutende Ausstrahlung einer einzigartigen
vieren sich selbst zur Umkehr von ihrem bis-         Ernsthaftigkeit des Jona deutet sich den Lesern
herigen Tun mit dem Gedanken, dass Gott viel-        der Geschichte an, weil sie allein – nicht die
leicht ihrem Vorbild folgen würde und sie ver-       Niniviten – um das Schicksal dieses Propheten
schone, indem er von seiner Absicht, Ninive zu       Jona wissen. Seine ganz unerwartete Rettung,
bestrafen, „umkehrt“. Jona allerdings, der dann      nachdem er ins stürmische Meer geworfen und
durch Gottes „Umkehr“ als „falscher Prophet“         von einem Seeungeheuer verschlungen wor-
dasteht, zieht Gottes Umkehr in Zweifel, wenn        den war, die dazu geführt hat, dass Jona den
er sagt, dass er schon wusste, dass Gott barm-       erneut an ihn ergangenen Auftrag nach Nini-
herzig und gnädig sei und ihn deshalb das Un-        ve zu gehen und der Stadt das Gericht anzu-
heil, das er ankündigt, gereuen müsse.               kündigen, ganz anders als beim ersten Mal un-
                                                     mittelbar ausführt, lässt die Leser ahnen, dass
   „Sie glaubten Gott“                               Gott seinen „Plan“, Ninive das Gericht zu ver-
   Indem Jona sein Wissen um Gottes Barmher-         künden, nicht aufgeben will. Gott rettet seinen
zigkeit aber als Grund für seine Flucht vor dem      Propheten, weil er will, dass sein Wort auch
an ihn ergangenen Auftrag angibt, stellt er die      und gerade in Ninive ankommt. Die Leser der
Sinnhaftigkeit seines Auftrags in Abrede. Denn       Erzählung können hierin ein Zeichen erken-
anscheinend war seine Verkündigung des Ge-           nen, denn die aufgrund der Gerichtsbotschaft
richts überflüssig. Gegen diese Sicht erhebt die     des Jona an Gott glaubenden Niniviten führen
Erzählung dann aber einen deutlichen Ein-            den Lesern exemplarisch vor Augen, was von
spruch, denn sie hält als erste und damit            ihnen gefordert wird, weil sie, die Leser, wis-
grundlegende Reaktion der Niniviten auf Jo-          sen, das und wie Gott sich als Rettender schon
nas Verkündigung fest, dass „sie Gott glaub-         im Schicksal seines Propheten erwiesen hat.
ten“ (Jona 3,5). Das ist insofern wichtig, als Jo-   An genau diese Leserperspektive des Jona-Bu-
na ohne eine erkennbare Legitimation oder            ches scheint die neutestamentliche Rede vom
Autorität in Ninive aufgetreten ist. Wer er ist,     „Zeichen des Jona“ anzuknüpfen, denn zuerst
woher er kommt, in wessen Auftrag er das, was        einmal steht das Zeichen des Jona in unmittel-
er sagt, sagt, bleibt unerwähnt. An seinem           barem Zusammenhang mit der Zurückweisung
Auftreten müssen die Leute von Ninive den            aller Zeichenforderung durch Jesus.
Ernst ihrer Lage erkannt haben. Ja, Jonas Wort
vom unausweichlichen Gericht muss den Men-             Zeichen der Ablehnung
schen ihre eigene Lebenssituation vor Augen            Der Parallelbericht zu den schon erwähnten
geführt haben, so dass sie gleich erkannten,         Perikopen zum Zeichen des Jona (Mt 12,38ff
dass nur Gott sie noch zu retten vermochte. Jo-      und Lk 11,29ff) in Mk 8,11f kommt sogar oh-
nas Auftritt war also ganz und gar nicht über-       ne eine Erwähnung des Jona-Zeichens aus:
flüssig, sondern hat die Menschen vielmehr             „Da kamen die Pharisäer und begannen ein
direkt vor Gott gestellt, mehr als jede Umkehr-        Streitgespräch mit ihm; sie forderten von
predigt es zu tun vermocht hätte, weil die Men-        ihm ein Zeichen vom Himmel, um ihn auf
schen dann vermutlich nach einer Begründung            die Probe zu stellen. Da seufzte er tief auf
der Umkehrforderung oder gar nach einem Be-            und sagte: Was fordert diese Generation ein
stätigungszeichen gefragt hätten. Wie es dazu          Zeichen? Amen, das sage ich euch: Dieser
kommt, dass die Niniviten nach Jonas Verkün-           Generation wird niemals ein Zeichen gege-
digung sogleich „an Gott glaubten“, bleibt in          ben werden.“
der Erzählung unausgesprochen. Hatten die              Die Erwähnung des „Zeichens des Jona“
Leute von Ninive vielleicht begriffen, dass die-     bringt in die grundlegende Ablehnung der Zei-
ser fremde Prophet widerwillig zu ihnen kam          chenforderung keinerlei Veränderung, sondern
und darin Gottes Anspruch erkannt? Die zu            bestärkt und verstärkt sie offensichtlich nur,

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Wofür steht Jona als Zeichen?

was ein Blick auf Mt 16,1-4 bestätigt, denn die                          bei der Ausmalung der Sixtinischen Kapelle
Zeichenforderung wird dort mit dem Hinweis                               dem Propheten Jona eine Sonderstellung über
zurückgewiesen, dass es schon Zeichen gebe,                              dem Altar und damit über der Darstellung des
die aber von den Fordernden nicht erkannt                                Jüngsten Gerichts zugewiesen hat. „Mehr als
oder nicht verstanden würden:                                            eine Illustration einer biblischen Geschichte ist
  „Und die Pharisäer und Sadduzäer kamen                                 das Jonabild selbst eine Weise der Exegese. Die-
  herbei, und um ihn zu versuchen, forderten                             ser Jona ist kein Sujet traditioneller Bildthema-
  sie, er möge ihnen ein Zeichen vom Himmel                              tik wie der Jona der frühchristlichen Sarkopha-
  zeigen. Er aber antwortete [und sprach zu ih-                          ge und kein Exemplar der Gattung 'Prophet'
  nen: Am Abend sagt ihr: Heiteres Wetter                                wie der Jona der mittelalterlichen Prophetenfi-
  wird es geben, denn der Himmel ist rot glü-                            guren, dieser Jona ist vollends kein Objekt ei-
  hend; und frühmorgens: Heute gibt es stür-                             nes auf die Sache mit dem Fisch reduzierten
  misches Wetter, denn der Himmel glüht rot-                             Mirakels. Michelangelos Jona ist ein leiden-
  düster. Das Aussehen des Himmels, nicht                                schaftlicher und leidender, ein niedergeworfe-
  aber die Zeichen der Zeit wisst ihr zu beur-                           ner und aufsässiger Mensch.“7 Solch ein Jona
  teilen.] Ein böses und ehebrecherisches Ge-                            hat die Niniviten an Gott glauben lassen. Wer
  schlecht fordert ein Zeichen, aber kein Zei-                           diesen Jona erkennt, erkennt sich selbst im Ge-
  chen wird ihm gegeben werden als nur das                               genüber zum rettenden Gott, so dass Jona für
  Zeichen des Jona. Und er ließ sie zurück und                           alle Generationen zum Zeichen werden kann.
  ging weg.“6
  Die Zeichenforderung bringt letztlich eine                               Zusammenfassung
Ablehnung ans Licht, denn die das Zeichen
                                                                          Das Zeichen des Jona, das im Neuen Testament
Fordernden wollen nichts annehmen, was ih-
                                                                          dreimal erwähnt wird, ist nicht auf Tod und Auf-
nen nicht durch Zeichen oder Wunder bestä-
                                                                          erstehung Jesu zu beziehen und hat auch nicht
tigt wurde. Damit verstellen sie sich selbst aber
den Blick auf den, der den „Propheten“ sendet.                            die Verkündigung des Jona in Ninive als Folie für
Der Geschichte des Jona-Buches folgend ha-                                Jesu Verkündigung zum Inhalt. Vielmehr er-
ben die Leute von Ninive erkannt, dass Gott                               schließt sich dieses Zeichen des Jona aus der
selbst sich ihnen durch diesen Jona zuwendet.                             Lektüre des Jona-Buches, insofern sie dazu führt,
Die von Jesus Zeichen Fordernden scheinen                                 diesen Jona als den zu erkennen, der in einer
demgegenüber nicht zu erkennen, dass Gott                                 Weise mit Gott konfrontiert, die die Leser und
selbst sich in diesem Jesus an sie wendet. Weil                           Hörer der neutestamentlichen Botschaft Jesus
sie das nicht sehen, kann ihnen auch kein Zei-                            verstehen hilft.
chen helfen, es sei denn sie würden verstehen,                             Prof. Dr. Christoph Dohmen
warum die Leute von Ninive nach der Ge-
richtsbotschaft des Jona an Gott glaubten, und                                             hat den Lehrstuhl für Exegese
seine Sendung für sie ein Zeichen des Heils                                                und Hermeneutik des Alten
wurde. Dann aber könnten sie von Jesus gar                                                 Testaments an der Universität
kein Zeichen mehr fordern.                                                                 Regensburg inne. Er arbeitet an
                                                                                           der Kommentierung des Exo-
  Die tiefere Wahrheit des „Zeichens des Jona“                                             dusbuches und beschäftigt sich
hat offensichtlich Michelangelo erspürt, als er                           mit Fragen Biblischer Hermeneutik sowie der
                                                                          Rezeption biblischer Texte in Kunst und Litera-
6   Die Textüberlieferung von V. 3 – im Text eingeklammert – ist unsi-    tur. Seine Adresse: Universitätsstraße 31,
    cher; zur Diskussion vgl. Ulrich Luz, Das Evangelium nach Matthäus
    (Mt 8-17), (EKK I/2) Zürich 1990, 443f.                               93053 Regensburg. E-Mail:
7   Jürgen Ebach, Kassandra und Jona. Gegen die Macht des Schicksals,     christoph.dohmen@theologie.uni-regensburg.de
    Frankfurt 1987, 137.

                                                                                                Bibel und Kirche 1/2011 ■ 39
BIBEL
UND KIRCHE

Alttestamentliche Gestalten
im Neuen Testament
Frauen und Männer               Zur Genealogie Jesu bei Matthäus und
in Jesu Ahnengalerie            Lukas                        Thomas Hieke

Rhetorische Figuren             Abraham, Sara und Hagar bei Paulus
der Entgrenzung                                          Ulrike Bechmann

Mütterüberraschung              Rebekka und Rahel als unscheinbare Verkör-
                                perungen biblischer Themen      Ulrike Sals

Der jüdische Mose               Die Gestalt des Mose im rabbinischen
                                Judentum                      Klaus Wengst

Prophet und Gesalbter           König David im Neuen Testament
                                                           Walter Dietrich

Elija und das Neue Testament    Zu einem angemessenen christlichen Umgang
                                mit einem alttestamentlichen Propheten
                                                          Frank Crüsemann

Wofür steht Jona als Zeichen?   Jona als Verstehenshilfe für die Botschaft
                                Jesu                      Christoph Dohmen

Melchisedeks (Opfer-)Gabe       Der Priesterkönig im Alten Testament, Früh-
                                judentum und im Neuen Testament
                                                         Gabriella Gelardini

                                66. Jahrgang 1. Quartal 2011         E 12759
■ In dieser Ausgabe

                                                   Liebe Leserinnen und Leser,
2      Thematische Einführung mit
       Lesehilfe      Franz Josef Backhaus            am 11. November 2010 erschien in Rom das
                                                   nachsynodale Schreiben „Verbum Domini“ von
4      Frauen und Männer in Jesu                   Papst Benedikt XVI. Es betont u.a. die innere
       Ahnengalerie                                Einheit der Bibel. In diesem Zusammenhang er-
       Zur Genealogie Jesu bei Matthäus und        wähnt das Schreiben auch, dass die Offenba-
       Lukas                    Thomas Hieke       rung des Alten Testaments für uns Christen wei-
                                                   terhin Gültigkeit hat.
9      Rhetorische Figuren der                        Das vorliegende Heft möchte diesen wichtigen
       Entgrenzung                                 Gedanken aufgreifen und anhand der Aufnah-
       Abraham, Sara und Hagar bei Paulus          me von alttestamentlichen Gestalten im Neuen
                            Ulrike Bechmann        Testament konkretisieren. Denn mithilfe dieser
                                                   „Schlüsselfiguren“ versuchen die neutestament-
15     Mütterüberraschung                          lichen Autoren, die Person Jesu, seine Botschaft
       Rebekka und Rahel als unscheinbare          und die zeitlichen Umstände seines Auftretens
       Verkörperungen biblischer Themen            für die Leserin/den Leser zu „erschließen“. Be-
                                    Ulrike Sals    sonders spannend ist zu sehen, wie und an wel-
                                                   chen Stellen der theologischen Argumentation
19     Der jüdische Mose                           die jeweilige alttestamentliche Gestalt „einge-
       Die Gestalt des Mose im rabbinischen        spielt“ wird. Auch elementare Fragen des christ-
       Judentum                  Klaus Wengst      lichen Glaubens und des Zusammenlebens wer-
                                                   den mithilfe dieser Gestalten behandelt. Dabei
25     Prophet und Gesalbter                       machen die „Schlüsselfiguren“ einerseits eine
       König David im Neuen Testament              Wandlung durch, insofern sie im Licht des ge-
                              Walter Dietrich      storbenen und auferstandenen Christus gelesen
                                                   werden, andererseits aber behalten sie einen Ei-
30     Elija und das Neue Testament                genwert, indem sie als „(Be-)Deutungsspender“
       Zu einem angemessenen christlichen          eingesetzt werden. So wird das Neue Testament
       Umgang mit einem alttestamentlichen         auch im Licht des Alten Testaments gelesen.
       Propheten            Frank Crüsemann           Gerade in der Bibelpastoral ist es vor dem
                                                   Hintergrund dieses wechselseitigen Lese- und
36     Wofür steht Jona als Zeichen?               Verstehensprozesses wichtig, die alttestamentli-
       Jona als Verstehenshilfe für die            chen Gestalten mit ihrem Deutungspotenzial
       Botschaft Jesu        Christoph Dohmen      neu zu entdecken. So erschließt sich auf an-
                                                   schauliche Weise das Alte Testament als „Wahr-
40     Melchisedeks (Opfer-)Gabe                   heitsraum“ (Frank Crüsemann) und damit als
       Der Priesterkönig im Alten Testament,       Fundament für das Neue Testament mit seiner
       Frühjudentum und im Neuen                   Christusbotschaft.
       Testament             Gabriella Gelardini      Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen
                                                          dieser Ausgabe von Bibel und Kirche und
45     Bücherschau                                        grüße Sie herzlich.

54     Biblische Umschau

58     Aus den Bibelwerken

                                                                          Bibel und Kirche 1/2011 ■ 1
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