Update Helicobacter pylori - Österreichische Ärztezeitung
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S TAT E O F T H E A R T Update Helicobacter pylori Eine Infektion mit Helicobacter pylori stellt eine mögliche Ursache für zahlreiche Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltraktes wie Gastritis, Ulcus duodeni, Ulcus ventriculi oder ein Magen- karzinom dar. Aufgrund zunehmender Resistenzen gegen Clarithromycin sollten einwöchige Tripelregime nur noch in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. Michael Gschwantler* Epidemiologie zehnten beobachtet man in Mitteleuropa aufgrund des stei- genden Lebensstandards eine deutlich rückläufige Tendenz. Nach einem Screening von mehr als 14.000 wissenschaftlichen Derzeit wird die Prävalenz in Deutschland auf drei Prozent Artikeln, von denen 184 final analysiert wurden, zeigte sich, bei Kindern und 48 Prozent bei Erwachsenen geschätzt. Bei dass derzeit knapp über 50 Prozent der Weltbevölkerung mit Personen mit Migrationshintergrund liegen die Werte jedoch Helicobacter pylori infiziert sind. Die Prävalenz variiert je nach deutlich höher. Die mit dem Alter steigende Prävalenz ist als Region stark: Während sie etwa in Afrika auf 70,1 Prozent ge- „Kohortenphänomen“ zu interpretieren: Jetzt 80-Jährige lebten schätzt wird, liegen die Zahlen in Industrienationen deutlich in ihrer Kindheit während der Nachkriegszeit unter oft ärm- niedriger. Für Österreich sind keine exakten Daten verfügbar; lichen, hygienisch mangelhaften Bedingungen, wodurch sie es ist jedoch anzunehmen, dass die Prävalenz mit jener der während ihrer frühen Kindheit einem hohen Infektionsrisiko Schweiz vergleichbar ist, die auf 18,9 Prozent geschätzt wird. ausgesetzt waren. Weil der Hygienestandard der heutigen Kinder in den frühen Lebensjahren wesentlich höher ist, treten Helico- Im Allgemeinen wird die Infektion im frühen Kindesalter akqui- bacter-Infektionen nur noch selten auf. riert, da in dieser Periode der Magen offensichtlich sehr anfällig für eine Besiedelung durch Helicobacter pylori ist. Der Übertra- Helicobacter pylori-induzierte Krankheitsbilder gungsmodus des Bakteriums ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass sowohl eine fäkal-orale als auch Bei einer Infektion besiedelt das Bakterium die Schleimhaut des eine oral-orale Übertragung eine Rolle spielen. Infektionen im Magenantrums; es kommt zur Antrumgastritis, die als Gastritis Erwachsenenalter stellen eher eine Ausnahme dar; auch Re- Typ-B („B“ wie „bakteriell“) bezeichnet wird. Die Mukosa des infektionen nach erfolgreicher Eradikationstherapie werden nur Magencorpus und Magenfundus ist in diesem frühen Stadium selten beobachtet. durch die Magensäuresekretion in diesem Bereich vor einer © SPL, picturedesk.com Besiedelung geschützt. Die daraus resultierende chronische Je niedriger der Lebensstandard und je schlechter die hygie- Antrumgastritis bleibt bei etwa 90 Prozent der Patienten die nischen Verhältnisse, desto höher ist die Prävalenz von Helico- einzige Manifestation der Infektion und verläuft häufig asymp- bacter pylori in einer Bevölkerung. In den vergangenen Jahr- tomatisch. Etwa zehn Prozent der Infizierten entwickeln als 22 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 6 | 25. März 2019
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T Folgeerkrankung Ulcera duodeni oder Ulcera ventriculi, die einer Pangastritis kommt. Nach langjährigem Bestehen wird die nach Abheilung häufig rezidivieren, solange Helicobacter pylori Schleimhaut meist zunehmend atroph und es bilden sich intes- in der Magenschleimhaut persistiert. Bei etwa 0,05 Prozent der tinale Metaplasien. So entstehen bei einem Teil der Betroffenen Infizierten kommt es zum Auftreten eines Magenkarzinoms; Ulcera ventriculi und/oder Magenkarzinome vom intestinalen noch wesentlich seltener tritt als Komplikation ein MALT- Typ nach Lauren. Lymphom des Magens auf. Auch Sonderformen der Gastritis wie Autoimmungastritis, lymphozytäre Gastritis und Riesenfalten- In den vergangenen Jahren wurde über zahlreiche mögliche gastritis können auftreten (siehe Abb. 1). Durch die Ausbil- extragastrointestinale Manifestationen einer Helicobacter dung von Ulcera und Erosionen kann sich auch ohne für den pylori-Infektion diskutiert. Gut gesichert ist die Assoziation Patienten makroskopisch erkennbaren Blutverlust eine Eisen- mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura (ITP), die mangelanämie entwickeln. deshalb auch eine klare Indikation zur Helicobacter pylori- Eradikation darstellt. Der individuelle Krankheitsverlauf wird durch zahlreiche gene- tische und Umwelt-assoziierte Faktoren sowie Resistenzfaktoren Wichtige Symptome des Erregers bestimmt. Wie diese Faktoren zusammenspielen, ist noch immer nicht restlos geklärt. Von besonderer Bedeutung Die meisten Menschen, die an einer durch Helicobacter pylori- scheint jedenfalls das Ausmaß der genetisch determinierten induzierten Gastritis leiden, sind praktisch beschwerdefrei oder Magensäureproduktion im proximalen Magenabschnitt zu sein: leiden nur unter geringen unspezifischen Symptomen wie So kommt es bei Patienten mit hoher Magensäureproduktion Druckgefühl im Epigastrium, Völlegefühl oder Übelkeit. Bei der und einer daraus resultierenden hohen Säurebelastung im Indikationsstellung zur Eradikationstherapie ist zusätzlich zu Bulbus duodeni zur Ausbildung von Inseln von Magenschleim- bedenken, dass die unspezifischen Symptome in den meisten haut – sogenannten gastralen Metaplasien, da diese meta- Fällen nicht von der Gastritis, sondern von einem gleichzeitig plastische Mukosa einen besseren Schutz gegen die hohe Säure- bestehenden Reizmagensyndrom verursacht werden. belastung bietet als „normale“ Duodenalschleimhaut. Diese gastralen Metaplasien werden in der Folge durch Helicobacter Patienten mit Ulcera duodeni oder Ulcera ventriculi klagen pylori infiziert, sodass es zu einer Entzündung kommt. Durch meist über Schmerzen im Epigastrium oder im rechten Ober- die Einwirkung von Magensäure entstehen im Bereich dieser bauch. Bei Ulcera duodeni wird oft über einen typischen Nüch- inflammierten gastralen Metaplasien Ulcera duodeni. ternschmerz berichtet, der 90 Minuten bis drei Stunden nach dem Essen einsetzt und durch Nahrungsaufnahme gebessert Bei Patienten mit sehr niedriger Magensäureproduktion ist die wird. Im Unterschied dazu geben viele Patienten mit Ulcera Situation völlig anders: Da die Schleimhaut des Magencorpus ventriculi an, dass sich der Schmerz durch Nahrungsaufnahme aufgrund der niedrigen Säuresekretion mangelhaft gegen eine eher verschlechtere. Als Komplikationen der gastroduodenalen Helicobacter pylori-Infektion geschützt ist, kann sich das Bak- Ulkuskrankheit können Blutungen, Perforationen sowie durch terium im Laufe von vielen Jahren in Richtung gastroösophage- entzündliche Schwellung oder Narbenbildung eine Magen- aler Übergang ausbreiten, sodass es schließlich zur Ausbildung ausgangsstenose auftreten. » 6 | 25. März 2019 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 23
Update Helicobacter pylori und können sowohl zur Primärdiagnostik als auch zum Nach- weis des Therapieerfolges einer Eradikationstherapie einge- Abb. 1: Mögliche Folgekrankheiten einer Helicobacter setzt werden. Vor einer Untersuchung auf eine Helicobacter pylori-induzierten chronischen Gastritis Typ-B Abb. 1: Mögliche Folgekrankheiten einer pylori-Infektion sollten für mindestens vier Wochen keine Anti- Helicobacter pylori induzierten chronisch Gastritis Typ-B biotika und mindestens zwei Wochen keine Protonenpum- penhemmer (PPI) eingenommen werden. Sowohl Antibiotika Infektion mit Helicobacter pylori als auch PPI supprimieren häufig das Wachstum von Helico- bacter pylori und können zu falsch negativen Testergebnissen Lymphozytäre führen. Ein positives Testergebnis unter einer Therapie mit Erosionen Gastritis Antibiotika oder PPI ist trotzdem aussagekräftig. chronisch- aktive Riesenfalten- Ulcus duodeni Gastritis gastritis Antikörper im Serum gegen Helicobacter pylori sind bestenfalls Typ-B zur Primärdiagnostik, jedoch niemals für die Verlaufskontrolle Autoimmune Ulcus ventriculi nach Eradikationstherapie geeignet, da sie auch noch Jahre nach Gastritis erfolgreicher Eradikationstherapie nachweisbar sein können. Magenkarzinom MALT-Lymphom Differentialdiagnose Jede Gastritis sollte ätiologisch abgeklärt werden, um nicht nur eine symptomatische sondern auch eine kausale Therapie ein- » Diagnose leiten zu können. Neben der Helicobacter pylori-induzierten Gastritis (Gastritis Typ-B) stellen die chemische Gastritis (Gas- Die Diagnose kann entweder invasiv durch Gewebeentnahme tritis Typ-C – meist durch die Einnahme von nicht-steroidalen im Rahmen einer Gastroskopie oder mittels nicht invasiver Antirheumatika (NSAR) oder durch einen Reflux von Galle Tests gestellt werden (siehe Abb. 2). in den Magen hervorgerufen) sowie die Autoimmungastritis (Gastritis Typ-A) die häufigsten Gastritisformen dar. Andere Der Biopsie-basierte Urease-Schnelltest sowie der C13-Atem- Ursachen einer Gastritis wie lymphozytäre Gastritis, Morbus test beruhen auf der Tatsache, dass Helicobacter pylori als Crohn, Sarkoidose, eosinophile Gastritis, Riesenfaltengastritis einziges Bakterium im oberen Gastrointestinaltrakt über die oder Gastritis im Rahmen einer Vaskulitis sind selten. Fähigkeit verfügt, das Enzym „Urease“ zu produzieren, das Harnstoff zu Ammoniak (NH3) und CO2 abbaut. Beim Urease- Die Diagnose einer Gastritis Typ-C kann bereits durch die Anam- Schnelltest wird Biopsiematerial in ein Testmedium einge- nese vermutet werden. Allerdings erweist sich die Anamnese im bracht, das Harnstoff und einen pH-sensitiven Indikator enthält. Hinblick auf die Einnahme von NSAR in der Praxis oft als sehr Ist das Biopsiematerial infiziert, spaltet die vom Bakterium schwierig, da viele Patienten NSAR nicht als Medikamente emp- produzierte Urease Harnstoff in NH3 und CO2. Da Ammoniak finden und daher erst auf wiederholte und gezielte Nachfrage alkalisch ist, kommt es im Testmedium zum Anstieg des pH- berichten, dass sie solche Substanzen einnehmen. Wertes und in weiterer Folge zur Farbänderung durch den pH- sensitiven Indikator. Bei der Autoimmungastritis (Gastritis Typ-A) kommt es vor allem im Corpus- und Fundusbereich zu einer durch Auto- Beim C13-Atemtest trinkt der Patient eine Lösung, die Harnstoff immunprozesse verursachten chronischen Entzündung der enthält, wobei es sich beim Kohlenstoffatom des Harnstoffs um Magenschleimhaut. Diese führt nach jahrelangem Verlauf zu ein C13-Isotop handelt. Ist im Magen Helicobacter pylori vor- einer Schleimhautatrophie in diesem Bereich. Da im Magen- handen, wird der Harnstoff in Ammoniak und Kohlendioxid corpus und Magenfundus Magensäure und der für die Vita- gespalten. In der Ausatemluft des Patienten können erhöhte min B12-Resorption essentielle Intrinsic-factor gebildet werden, Konzentrationen von CO2 mit dem C13-Isotop nachgewiesen nimmt die Magensäureproduktion ab und es entwickelt sich werden. Eine Resistenz-Testung nach Anlegen einer Helicobacter ein Vitamin B12-Mangel auch mit einer hyperchromen, makro- pylori-Kultur oder mittels molekularer Tests bietet den Vorteil, zytären Anämie sowie anderen Symptomen. Von besonde- dass je nach Antibiogramm beziehungsweise Resistenzmuster rer Bedeutung sind neurologische Störungen wie funikuläre eine gezielte Eradikationstherapie eingeleitet werden kann. Myelose, da diese auch nach Substitution von Vitamin B12 irreversibel sein können. Die Diagnose kann durch typische Alle Biopsie-basierten Tests sowie C13-Atemtest und Stuhl- Laborveränderungen (hyperchrome, makrozytäre Anämie, antigentest weisen eine hohe Sensitivität und Spezifität auf erniedrigter Vitamin B12-Spiegel, LDH-Erhöhung u.a.) vermutet 24 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 6 | 25. März 2019
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T werden und wird gastroskopisch/histologisch sowie mittels serologischen Nachweises von Parietalzell-Antikörpern und Abb. 2: Helicobacter pylori - Diagnostik Antikörpern gegen den Intrinsic-factor gesichert. „Invasive“ Methoden Ulcus duodeni und Ulcus ventriculi müssen immer ätiolo- (mittels Gastroskopie und Gewebeentnahme): gisch abgeklärt werden, da nur durch eine kausale Therapie • Urease-Schnelltest rezidivierende Ulkusschübe verhindert werden können. Die • Histologie: HE-Färbung, Giemsa-, Silberfärbung mit großem Abstand beiden häufigsten Ursachen für benigne • Kultur: Resistenzprüfung gastroduodenale Ulcera sind Helicobacter pylori sowie die • Molekulare Tests Einnahme von NSAR. Andere Ursachen wie Zollinger-Ellison Syndrom, Morbus Crohn, Sarkoidose, Lues, eosinophile Gas- Nicht-invasive Methoden: tritis, Ischämie u.a. sind sehr selten. Bei jedem Ulcus ventriculi • C13-Atemtest muss stets ein maligner Prozess ausgeschlossen werden; des- • Stuhl-Antigentest, Stuhl-PCR halb sind endoskopische Kontrollen mit Biopsie-Entnahme bis • Serologie: nicht zur Verlaufsbestimmung geeignet zur sicheren Abheilung des Ulkus nötig. Eradikationstherapie • Sonderformen der Gastritis wie lymphozytäre Gastritis, M. Menetrier, Autoimmungastritis: Da ein Teil dieser Gas- Indikationen tritisformen durch Helicobacter pylori verursacht werden Grundsätzlich sollte jedem Patienten mit Helicobacter pylori- kann, wird bei positivem Nachweis eine Eradikations- Infektion eine Eradikationstherapie angeboten werden be- therapie empfohlen. ziehungsweise sollten Vor- und Nachteile diskutiert werden. • Erhöhtes Magenkarzinomrisiko (wie etwa familiäre Belas- Bei jenen Patienten, die als Komplikation eine der folgenden tung oder St. p. endoskopischer Resektion eines Früh- Erkrankungen entwickelt haben, muss gemäß den aktuellen karzinoms des Magens): In randomisierten Studien konnte Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gastroentero- gezeigt werden, dass nach endoskopischer Resektion eines logie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) eine Magenfrühkarzinoms das Risiko für die Entwicklung von Eradikationstherapie unbedingt erfolgen: weiteren Magenkarzinomen durch eine Eradikationstherapie signifikant gesenkt werden kann. • Ulcus duodeni oder Ulcus ventriculi: In zahlreichen Studien konnte bewiesen werden, dass eine erfolgreiche Eradikation Vor einer geplanten Dauertherapie mit NSAR oder niedrig weitere Ulkusschübe verhindert, während es bei Persistenz dosiertem ASS sollte auf Helicobacter pylori untersucht und der Infektion bereits innerhalb eines Jahres bei einem Groß- bei positivem Testergebnis eine Eradikationstherapie durch- teil der Patienten zum Auftreten von Ulkus-Rezidiven kommt. geführt werden. Dies gilt ebenso bei Patienten, die unter einer • MALT-Lymphom des Magens: Durch die Infektion der Therapie mit NSAR oder ASS eine obere gastrointestinale Blu- Magenmukosa und der dadurch induzierten Entzündung tung entwickeln. kommt es zur Akkumulation von lymphatischem Gewebe in der Magenschleimhaut. Dadurch kann sich in seltenen Bei Patienten mit einem großzelligen B-Zell-Lymphom des Fällen ein MALT-Lymphom des Magens entwickeln. Dieses Magens kann eine Eradikation erwogen werden. Bei unklarer hängt jedoch in seinem Wachstum lange von der Persis- Eisenmangelanämie kann bei positivem Testergebnis nach tenz des Antigens (= Helicobacter pylori) ab. In mehre- Abklärung eine Helicobacter pylori-Eradikation eingeleitet ren Studien konnte gezeigt werden, dass sich ein großer werden. Eine gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD) Teil der MALT-Lymphome des Magens nach erfolgreicher stellt keine Indikation für eine Eradikationstherapie dar, wobei Eradikationstherapie zurückbildet. Bei MALT-Lymphomen die Indikation aus anderer Ursache unabhängig vom Vorliegen des Magens ist die Keimdichte von Helicobacter pylori oft von Refluxsymptomen gestellt werden kann. Entgegen ersten so niedrig, dass alle Testverfahren falsch negative Ergeb- Vermutungen führt eine Eradikation in einem größeren Kollek- nisse liefern. Aufgrund der starken Assoziation zwischen tiv nicht zum vermehrten Auftreten einer GERD. Der individu- einem MALT-Lymphom des Magens und einer Infektion mit elle Einfluss einer Helicobacter pylori-Infektion beziehungs- Helicobacter pylori ist deshalb auch bei negativem Nachweis weise einer Eradikation auf das Ausmaß der Magensäure- eine Eradikationstherapie empfehlenswert. sekretion ist jedoch sehr variabel: Am Beginn einer Infektion • Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP): Bei kommt es häufig zu einer gesteigerten Magensäureproduktion einem Teil aller ITP-Fälle kann durch eine Eradikation des beziehungsweise als Folge einer Eradikation zu einer Abnahme Helicobacter pylori eine Remission der ITP erzielt werden. der Magensäureproduktion. Bei einer lang bestehenden Infek- » 6 | 25. März 2019 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 25
Update Helicobacter pylori » tion nimmt jedoch oft durch die Ausbreitung der Entzündung in Der Grund dafür liegt in der praktisch überall in Europa nach- die proximalen Magenabschnitte und die daraus resultierende weisbaren Zunahme von Helicobacter pylori-Stämmen, die Schädigung der säureproduzierenden Parietalzellen die Magen- gegen Clarithromycin resistent sind. Vor wenigen Monaten säureproduktion ab. Nach der Eradikation kann es wieder zu wurden die Ergebnisse einer österreichweiten Studie publiziert, einer Zunahme der Säuresekretion kommen. die gezeigt hat, dass inzwischen 21,1 Prozent aller Helicobacter pylori-Stämme in Österreich eine primäre Resistenz gegen Für den im klinischen Bereich tätigen Arzt stellt sich häufig Clarithromycin sowie 13,1 Prozent eine primäre Resistenz die Frage, ob bei Patienten, bei denen nur eine Helicobacter gegen Levofloxacin aufweisen. Deswegen sollen einwöchige pylori-Gastritis und milde dyspeptische Beschwerden be- Tripelregimes in Österreich nur noch dann bei der Eradikation stehen, eine Eradikationstherapie empfohlen werden soll. zum Einsatz kommen, wenn vor Therapiebeginn das Vorliegen In zahlreichen randomisierten Studien hat sich gezeigt, dass eines gegen Clarithromycin-resistenten Helicobacter pylori- nur etwa einer von zwölf Patienten mit Helicobacter pylori- Stammes ausgeschlossen wurde. Gastritis und Dyspepsie von einer Eradikationstherapie profi- tiert. Bei den meisten Patienten werden die dyspeptischen Be- Ist vor Therapiebeginn keine Resistenztestung erfolgt, werden schwerden nicht von der Helicobacter pylori-Gastritis sondern derzeit sowohl vom europäischen „Maastricht V/Florence von einem gleichzeitig bestehenden Reizmagensyndrom ver- Consensus Report“ als auch im US-amerikanischen „Toronto ursacht. In aktuellen Leitlinien wird daher empfohlen, die In- Consensus“ für Länder mit einer Resistenzsituation wie in dikation nach sorgfältiger Abwägung aller Vor- und Nachteile Österreich die folgenden beiden Therapieregime als „First- auf individueller Basis zu stellen. Ein möglicher Kompromiss line“-Therapie empfohlen: besteht oft darin, mit dem Patienten zu vereinbaren, die Eradikationstherapie zu verschieben bis wegen einer anderen • „Concomitant-Therapy“: Amoxicillin 2 x 1g plus Clarithro- Indikation (zum Beispiel Sinusitis oder putride Bronchitis) mycin 2 x 500mg plus Metronidazol 2 x 500mg plus PPI 2 x eine Antibiotikatherapie nötig ist und das Antibiotikaregime täglich eine Standarddosis durch 14 Tage; so zu modifizieren, dass gleichzeitig auch die Helicobacter- • Bismuth-basierte Quadrupeltherapie: Tetracyclin plus Infektion erfasst wird. Metronidazol plus Bismuthsubcitrat plus PPI durch zehn bis 14 Tage (die empfohlenen Dosierungen sind internatio- Eine Helicobacter-Eradikation zur Karzinomprävention ist nal nicht einheitlich). derzeit nur bei Hochrisikopatienten wie Patienten mit fami- liärer Belastung indiziert. In randomisierten Studien konnten Levofloxacin-basierte Regime sowie sequentielle Therapien bisher nach Eradikation in der Normalbevölkerung nur eine minimale oder gar keine Abnahme der Inzidenz von Magen- werden nicht mehr als „First-line“-Therapien empfohlen. ◉ karzinomen nachgewiesen werden. Damit würden die Nach- Literatur beim Verfasser teile einer generellen Eradikation – wie Nebenwirkungen der Antibiotika und Induktion von Antibiotikaresistenzen – gegen- *) Univ. Prof. Dr. Michael Gschwantler über dem Vorteil einer vielleicht geringfügigen Abnahme der Wilhelminenspital, 4. Medizinische Abteilung, Magenkarzinom-Inzidenz überwiegen. Montleartstraße 37, 1160 Wien; Tel.: 01/49150-2401; E-Mail: michael.gschwantler@wienkav.at Aktuelle Therapieregime Bis vor kurzem haben einwöchige Tripel-Therapien die Stan- Lecture Board dardtherapie der Helicobacter pylori-Eradikation dargestellt: Univ. Prof. Dr. Ludwig Kramer, Dabei wurden jeweils zwei Antibiotika (Clarithromycin plus 1. Medizinische Abteilung mit Gastroenterologie, Krankenhaus Amoxicillin oder Clarithromycin plus Metronidazol) über Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel Wien sieben Tage gemeinsam mit einem PPI verabreicht. Anfangs Priv. Doz. Dr. Andreas Maieron, konnten mit diesem Regime Eradikationsraten von mehr als 90 Klinische Abteilung für Innere Medizin 2, Prozent erzielt werden. Dies konnte unter anderem auch durch Universitätsklinikum St. Pölten in Österreich durchgeführte Studien bestätigt werden. In den vergangenen Jahren ist es jedoch zu einer stetigen Abnahme Ärztlicher Fortbildungsanbieter der Effektivität von einwöchigen Therapieregimen gekommen. Wilhelminenspital Wien, 4. Medizinische Abteilung 26 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 6 | 25. März 2019
DFP-Literaturstudium: Update Helicobacter pylori Im Rahmen des Diplom-Fortbildungs- 1) Wie hoch wird die Prävalenz von Helicobacter pylori- Programms der Österreichischen Ärztekammer Infektionen weltweit geschätzt? (eine Antwort richtig) a) < ein Prozent ist es möglich, durch das Literaturstudium in b) zehn Prozent der ÖÄZ zwei Punkte für das DFP zu erwerben. c) 21 Prozent d) 30 Prozent Insgesamt müssen vier von sechs Fragen richtig e) > 50 Prozent beantwortet sein. Eine Frage gilt als korrekt 2) Welcher Gastritis-Typ tritt typischerweise als Folge einer beantwortet, wenn alle möglichen richtigen Helicobacter pylori-Infektion auf? (eine Antwort richtig) Antworten markiert sind. a) Gastritis Typ-A b) Gastritis Typ-B Schicken Sie diese Seite bis 10. Mai 2019 an: c) Gastritis Typ-C Verlagshaus der Ärzte GmbH, z. Hd. Claudia Chromy d) Eosinophile Gastritis Nibelungengasse 13, 1010 Wien, e) Focally enhanced gastritis Faxnummer: 01/376 44 86 3) Welche der folgenden Tests sind zur Verlaufskontrolle E-Mail: c.chromy@aerzteverlagshaus.at nach einer Helicobacter pylori-Eradikationstherapie geeignet? (vier Antworten richtig) a) Urease-Schnelltest www.aerztezeitung.at/DFP-Literaturstudium b) Helicobacter-Serologie c) Stuhl-Antigentest d) C13-Atemtest Bitte deutlich ausfüllen, da sonst die Einsendung e) Histologie der Magenschleimhaut nicht berücksichtigt werden kann! 4) Welche Folgeerkrankungen sind typisch nach einer Helicobacter pylori-Infektion? (drei Antworten richtig) Name: a) Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) b) Gastritis Typ-B c) Sklerodermie ÖÄK-Arztnummer: d) MALT-Lymphom des Magens Adresse: e) Duodenalkarzinom 5) Wie häufig sind Clarithromycin-resistente Helicobacter pylori-Stämme in Österreich? (eine Antwort richtig) a) 0,9 Prozent b) 3,7 Prozent E-Mail-Adresse: c) 15,2 Prozent d) 21,1 Prozent e) 57,9 Prozent 6) Welche beiden Eradikationsregime gelten in Öster- reich derzeit als First-line-Eradikationstherapie, falls vor Zutreffendes bitte ankreuzen: Therapiebeginn keine Resistenzbestimmung durchge- Turnusarzt/Turnusärztin führt wurde? (zwei Antworten richtig) Zwei Drittel der Fragen richtig beantwortet: a) Tripel-Therapie mit Amoxicillin plus Clarithromycin Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin plus PPI für sieben Tage Facharzt/Fachärztin für b) „Concomitant-therapy“ mit Amoxicillin plus Clarithro- mycin plus Metronidazol plus PPI für 14 Tage c) Tripel-Therapie mit Clarithromycin plus Metronidazol Ich besitze ein gültiges DFP-Diplom. plus PPI für 14 Tage Ich nutze mein DFP-Fortbildungskonto. d) Bismuth-basierte Quadrupel-Therapie: Tetracyclin plus Bitte die DFP-Punkte automatisch buchen. Metronidazol plus Bismuthsubcitrat plus PPI für zehn bis 14 Tage e) Sequentielle Therapie: Amoxicillin plus PPI für fünf Altersgruppe: Tage gefolgt von Levofloxacin plus Metronidazol plus < 30 31–40 41–50 51–60 > 60 PPI für fünf Tage 6 | 25. März 2019 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 27
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