"WOHNEN AUF KOHLE" - INWIS

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"WOHNEN AUF KOHLE" - INWIS
„Wohnen auf Kohle“
– Zukunftsperspektiven für montanindustriell geprägte Wohnquartiere –

    Route B: Modellsiedlungen der 1920er-40er/1950er-60er Jahre
                  bereist am 05. September 2019
                                 –

                                                 DORTMUND: BORSIG-WEST

                               BOCHUM: WESTEND

                   ESSEN: SÜDOSTVIERTEL     SCHWERTE: KREINBERGSIEDLUNG
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Ansprechpartner*innen

Prof. Dr. Torsten Bölting
Malin Leidecker
InWIS Forschung & Beratung GmbH
Tel.: +49 (0)234 - 89034 - 24
Mail: malin.leidecker@inwis.de

Friedrich-Alexander Meyer
VdW Rheinland Westfalen
Tel.: +49 (0)211 - 16998 - 41
Mail: a.meyer@vdw-rw.de

Rebekka Austermann
NRW.BANK
Tel.: +49 (0)211 - 91741 - 1553
Mail: rebekka.austermann@nrwbank.de

Projektseite
https://www.inwis.de/wohnen-auf-kohle/

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Bereisung: Route B: Modellsiedlungen der 1920er-40er/1950er-60er Jahre

Bei der zweiten ganztägigen Bereisung im Rahmen des Projektes „Wohnen aus Kohle“ wurden
ausgewählte Modellsiedlungen der Nachkriegsjahrzehnte sowie der 1920er und 1940er Jahre des
Ruhrgebiets in den Fokus genommen. Teilgenommen haben auch Akteure aus Kommunen und
Wohnungsunternehmen der ersten Bereisung (Route A) und auch Vertreter*innen nicht-
besichtigter Kommunen zeigten Interesse an dem Projekt und nahmen an der Route B teil.
Während der Bereisung der Siedlungen wurde sich zu verschiedenen Problem- und
Handlungsfeldern dieser Quartiere wie Denkmal-schutz, Gestaltung öffentlicher Räume oder auch
Fördermöglichkeiten ausgetauscht. Insgesamt wurden vier Quartiere besichtigt.

Die SüdOstHöfe in Essen waren die erste Siedlung der Route B. Die Allbau GmbH und Vertreter der
Stadt Essen führten die Gruppe durch die bereits modernisierte Siedlung und zeigten auch die
neugestalteten Innenhöfe. Von diesem „Best-Practice“-Beispiel konnte viel über die Neugestaltung
öffentlicher Räume, die Kommunikation mit den Bewohner*innen und dem Abruf von
Fördermitteln gelernt werden. Der zweite Haltepunkt der Bereisung lag im Bochumer Westend.
Dort zeigte die Eigentümerin Vonovia mit den Beständen in Goldhamme und Stahlhausen gleich
zwei Siedlungen mit unterschiedlichen Modernisierungsfortschritten. Während die Modernisierung
in Goldhamme in den nächsten Jahren geplant ist, ist diese in Stahlhausen fast vollständig
abgeschlossen. Nach einer Mittagspause wurde die Kreinbergsiedlung in Schwerte besichtigt, die in
den 1920er Jahren für die Beschäftigten des inzwischen stillgelegten Eisenbahn-
Ausbesserungswerkes gebaut wurde. Hier führte die Eisenbahner Wohnungsgenossenschaft eG
(EWG) durch die Siedlung. Während der Führung wurden insbesondere die Themen
Denkmalschutz, Erbbaurecht und entsprechenden Modernisierungsstrategien vertieft. Die Siedlung
„Borsigplatz-West“ von VIVAWEST stellte den Abschluss der Bereisung dar. Hier konnten die
Gruppe modernisierte und unmodernisierte Bestände besichtigen. Insbesondere die Neugestaltung
der Fassaden, mit der die Identifikation der Bewohner*innen mit der Siedlung gefördert werden
soll, fand bei der Gruppe Anklang.

 Bereisungsteam der zweiten Wohnen auf Kohle Bereisung

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ESSEN: SÜDOSTHÖFE (BEST-PRACTICE)

Themenfokus: Großmodernisierung innerstädtischer Blockrandbebauung

Essen, Südostviertel
Haltepunkt der Bereisung: Storpstraße 9

Baujahre: 1921-1958 Jahre

Eigentümer: Allbau

Industriebezug: Bergwerk
Nähe zur Zeche Königin Elisabeth und
Schacht Emil

Überwiegende Bebauungsstruktur:
Blockrandbebauung
596 Wohneinheiten in 93
Mehrfamilienhäuser

Die SüdOstHöfe sind zwischen 1921 und 1958 entstanden und stellen den größten
zusammenhängenden Gebäudebestand der Allbau dar. Insgesamt verteilen sich rd. 600 WE auf ca.
100 Wohngebäude. Die Siedlung ist überwiegend durch eine Blockrandbebauung geprägt mit
attraktiven Grünbereichen in den Innenhöfen. Eine zentrale Herausforderung ist die Lage der
Siedlung, die aufgrund der verkehrlichen Infrastruktur merklichen Lärmeinträgen ausgesetzt ist.

Die Gebäude der Siedlung bestehen aus bereits modernisierten Wohneinheiten und aus
Wohnungen, die sich aktuell in der Modernisierung befinden. Durch die Lage der Siedlung an
verschiedenen Hauptverkehrsachsen wurde der Fokus der Modernisierung auf die Aufwertung der
ruhigeren Innenhöfe und die Verbesserung des Wohnkomforts gelegt; so haben bereits erneuerte
Häuser zum Innenhof gerichtete Balkone erhalten und die Innenhöfe selbst wurden zu attraktiven
Aufenthaltsflächen für die Bewohner*innen umgestaltet. Die Modernisierung umfasst auch
energetische Bestandteile, sodass unter anderem die Heizungsanlage von Nachtspeicher zu Gas
erneuert wurde. So konnten die Heizkosten deutlich reduziert werden.

Der Modernisierungsprozess startete 2016 und soll bis Ende 2019 abgeschlossen sein. Die
Modernisierung erfolgt unter anderem durch die Wohnraumförderung des Landes mit einem
Investitionsvolumen von 28 Mio. Euro. Das Quartier ist besonders durch
Transferleistungsbezieher*innen und verschiedene Nationalitäten gekennzeichnet. Durch die
Preisbindungen und die enge Zusammenarbeit mit der Stadt Essen und dem Jobcenter (Kosten der
Unterkunft) stehen die Wohnungen weiterhin Leistungsempfänger*innen zur Verfügung. Durch das
Haus der Bildung „Storp 9“unterstützt die Allbau die dortige Quartiersentwicklung indem dort
verschiedene Angebote für die Bewohner geschaffen werden und eine multilinguale
Kommunikation mit der Bewohnerschaft ermöglicht. Von diesem „Best-Practice“-Beispiel konnte
viel über die Neugestaltung öffentlicher Räume, die Kommunikation mit den Bewohner*innen und
den Einsatz der Wohnraumförderung gelernt werden.

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Neugestaltung der Fassaden                                            Anbringung von Balkonen

Aufwertung und Neugestaltung der Innenhöfe

Eingangssituation                   Spiel- und Aufenthaltsflächen im Innenhof

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BOCHUM: WESTEND

Themenfokus: Abgeschlossene und geplante Modernisierungsstrategien

Bochum, Stahlhausen und Goldhamme
Haltepunkt der Bereisung: Ecke
Wattenscheider Str. / Sachsenstr.

Baujahre: 1930 - 1960er Jahre

Eigentümer: Vonovia

Industriebezug: Industrieunternehmen
Ehemalige Thyssen-Krupp-Fläche „Untere
Stahlindustrie“

Überwiegende Bebauungsstruktur:
Blockrandbebauung, freistehende
Mehrfamilienhäuser
Rd. 1.000 Wohneinheiten

Das Bochumer „Westend“ liegt westlich der Bochumer Innenstadt und besteht aus den
Stadtquartieren Goldhamme, Griesenbruch und Stahlhausen. In den Siedlungen Goldhamme und
Stahlhausen hat die Vonovia rd. 1.000 Wohneinheiten aus den 1930er bis 1960er Jahren in ihrem
Bestand. Die Siedlung Goldhamme ist durch Zeilenbau unterschiedlicher Geschossigkeit geprägt,
während in Stahlhausen neben freistehenden Mehrfamilienhäuser auch Blockrandbebauung
vorzufinden ist.

In der Siedlung Goldhamme ist in 2021/22 eine umfassende Modernisierung von 48 Gebäuden mit
insgesamt 322 Wohneinheiten geplant. Der Modernisierungsprozess in Stahlhausen ist hingegen
schon fast abgeschlossen. Dort wurde mit einem Investitionsvolumen von 7,4 Mio. Euro bereits
2018 eine umfassende Modernisierung der 55 Gebäude mit insgesamt 335 Wohneinheiten
gestartet. Dabei hat Vonovia auf Fördermittel des Fassadenprogramms aus dem Programm Soziale
Stadt zurückgegriffen. Die Miete in Stahlhausen liegt derzeit zwischen 6,80 und 7,00 €/m², dabei
gilt die Selbstverpflichtung Vonovias, die Miete nach Modernisierung nicht mehr als 2,00 €/m² zu
erhöhen. Dies wird auch für geplante Modernisierungen in Goldhamme gelten.

Durch die laufenden und geplanten Modernisierungen der Siedlung sollen neue Zielgruppen
angesprochen werden. Zur Stärkung der Nachbarschaft, aber auch zur Gestaltung der Grün- und
Aufenthaltsflächen werden in den Siedlungen verschiedene Aktionen durchgeführt, wie bspw. eine
Baumpflanzaktion zusammen mit der Bewohnerschaft. Insgesamt wird versucht „Kostentreiber“
(Aufstockung, Wärmedämmung, Grünflächen mit hohen Bewirtschaftungskosten) zu vermeiden.
Andere Merkmale sind unverzichtbar, wie z.B. Balkone und gestaltete Grünflächen mit Spielplätzen,
die man bereits in Stahlhausen sehen kann.

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Bestandsbalkone                     Bestandsgebäude im Ausgangszustand

Vorderansicht eines typischen Wohngebäudes

Modernisiertes Wohngebäude                                          Anbringung von Balkonen

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SCHWERTE: KREINBERG-SIEDLUNG

Themenfokus: Denkmalgeschütze Eisenbahner-Siedlung mit Gartenstadtcharakter

Schwerte, Schwerter Heide
Haltepunkt der Bereisung: Lichtendorferstr. 5

Baujahre: 1920 bis 1935

Eigentümer: Eisenbahner-
Wohnungsgenossenschaft (EWG)

Industriebezug: Industrieunternehmen
Bundesbahn Ausbesserungswerk
Schwerte (1922-1987)

Überwiegende Bebauungsstruktur:
Mehrfamilienhäuser in Reihe, Häuserblöcke
800 Wohneinheiten für 3.000
Bewohner*innen

Die Kreinberg-Siedlung entstand im Zuge des Baus eines Eisbahn-Ausbesserungswerkes, welches
1922 in Betrieb genommen wurde. Die ersten Wohnungen wurden bereits 1921 bezogen. In den
Jahren zwischen 1921 und 1935 wurde der überwiegende Teil der Siedlung errichtet. Nach dem II.
Weltkrieg wurde die Bautätigkeit wieder aufgenommen und es entstanden einige weitere
Gebäude. Bis auf wenige Einzelgebäude ist die Eisenbahner-Wohnungsgenossenschaft (EWG) die
Eigentümerin der Gebäude. Insgesamt gehören der EWG 1.500 Wohneinheiten, davon liegen 900
in der Siedlung.

Besondere Themen der Siedlung sind der seit 2001 für 260 Gebäude bestehende Denkmalschutz
sowie das Erbbaurecht, da die EWG in der Siedlung nur von ca. 50 Prozent der Grundstücke
Eigentümerin ist. Die ersten Erbbaurechte laufen 2024-2030 aus. In einigen Bereichen wurde die
Siedlung bereits in Abstimmung mit dem Denkmalschutz nach dem für die Siedlung entwickelten
Farbkonzept modernisiert. Das betrifft aktuell rd. 20 Prozent der Gebäude, von den übrigen
Gebäuden der Siedlung werden nur solche modernisiert, die sich auf den Grundstücken der EWG
befinden. Im Fall einer Neuvermietung wird auch die Innenausstattung modernisiert, wobei vor
allem Badezimmer und Heizung erneuert werden. Bei nicht-modernisierten Wohnungen liegt die
Miete derzeit unter 4 €/m², bei modernisierten um die 5,20 €/m². Das Anbringen von Balkonen
und/oder einer Dämmung ist vor dem Hintergrund des Denkmalschutzes problematisch.

Auch in Zukunft bleiben die Themen der Modernisierung, in Abstimmung mit dem Denkmalschutz,
sowie die Verhandlungen der Erbbaurechte weiterhin zentrale Themen in der Entwicklung der
Kreinberg-Siedlung.

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Spielflächen und Außenansicht eines Wohngebäudes                         Bestandsgebäude

Ein straßenüberbrückender Häuserblock bildet die ehemalige Zufahrt zur Siedlung

Gartennutzung                          Modernisiertes denkmalgeschütztes Wohngebäude

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DORTMUND: BORSIGPLATZ-WEST

Themenfokus: Geplante und laufende Modernisierung und Quartiersentwicklung

Dortmund, Borsigplatz
Haltepunkt der Bereisung: Lütgenholz 29

Baujahre: 1920er und 1950er

Eigentümer: VIVAWEST

Industriebezug: Industrieunternehmen
Maschinenfabrik Deutschland und
Westfalenhütte der früheren Hoesch AG
(nach Fusion heute ThyssenKrupp)

Überwiegende Bebauungsstruktur:
Blockrandbebauung
829 Wohneinheiten

Das Dortmunder Quartier Borsigplatz-West befindet sich ca. 1,2 km nordöstlich der Dortmunder
Innenstadt. Sie entstand in den 1920er bis 1950er Jahren und liegt in unmittelbarer Nähe zur
ehemaligen Westfalenhütte der Hoesch AG. Der Wohnungsbestand von VIVAWEST in dieser
Siedlung beläuft sich auf rd. 830 Wohneinheiten in Blockrandbebauung und einigen
Mehrfamilienhäusern in Zeilenbauweise.

Die gesamte Entwicklung des Quartiers Borsigplatz-West ist in mehrere Teilprojekte aufgeteilt. Die
Gebäude der Siedlung in Zeilenbauweise sind bereits modernisiert. Dabei wurde nicht nur eine
Verbesserung des Wohnkomforts und der Außengestalt angestrebt, sondern es wurden auch die
städtebauliche Kriminalprävention und ein Sicherheitskonzept vorangetrieben, da die Siedlung
zuvor viele Angsträume bot. In diesem Zuge wurden unter anderem Videogegensprechanlagen und
neue Wohnungstüren eingebaut. Zudem hat VIVAWEST in Zusammenarbeit mit dem
Polizeipräsidium Dortmund ein Beleuchtungskonzept für das Quartier erarbeitet. Seit 2017 hat
VIVAWEST rund 6,5 Millionen Euro in die Modernisierung der Bestandsgebäude und des
Wohnumfeldes im Quartier Lütgenholz investiert. Im direkten Anschluss erhalten die Gebäude in
der Oesterholz- und Schlosserstraße ebenfalls durch Modernisierungsmaßnahmen ein neues
Erscheinungsbild. Der Bereich umfasst 21 Gebäude mit 181 Wohnungen. Hier wird VIVAWEST rund
10 Millionen Euro in die Modernisierung investieren.

Perspektivisch soll nicht nur der Bestand von VIVAWEST modernisiert, sondern der gesamte
Stadtteil aufgewertet werden (Stadterneuerungsgebiet Stadt Dortmund). Besonders auffällig ist die
Gestaltung einiger Fassaden die Tradition zum Thema „Hoesch“ und „Westfalenhütte“ wieder in
den Vordergrund hebt und die Identifikation der Bewohner*innen mit der Siedlung fördert. Zudem
sollen in der Siedlung „Orte der Erinnerung“ entstehen, sodass die Bewohner*innen (insbesondere
Jugendliche) anhand von QR-Codes Geschichtsinformationen zum Quartier und der
Fassadengestaltung abrufen können.

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Fassadengestaltung                     Gebäudezustand und Farbkonzept im Ausgangszustand

 Außenansicht und quartiersidentitätsstiftendes Farbkonzept im Modernisierungsprozess

 Modernisiertes Wohngebäude mit Balkon                                    Farbkonzept

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Diskussionsthemen der Bereisung

• Bauliches/Außenhülle:
       • Wärmedämmung vs. Fassadengestaltung
       • Anbau von Balkonen
       • Farbkonzepte
       • Aufstockung

• Fördermöglichkeiten:
      • Wohnraumförderung (auch mittelbare Belegung)
      • Städtebauförderung/Stadterneuerung

• Verkehr:
      • Anbindung an den ÖPNV, Möglichkeiten des Car-Sharings
      • Anbindung an das Radverkehrsnetz (u.a. Radschnellweg)
      • Fahrradboxen mit Stromanschluss für E-Bikes (E-Mobilität)
      • Ruhender Verkehr und Stellplatzsituation in den Quartieren

• Modernisierungshemmnisse:
     • Erhalt bezahlbarer Mieten
     • Erbbaurecht
     • Denkmalschutz

• Grünflächen:
      • Gestaltete Aufenthaltsräume vs. Abstandsgrün
      • Bewirtschaftung als Kostentreiber?
      • „Müllproblematik“
      • Sicherheit im öffentlichen Raum

• Zielgruppen/Bewohner*innen:
       • Verbleib von Leistungsempfängern (Kosten der Unterkunft) nach Modernisierung
       • Ansprache neuer Zielgruppen
       • Soziale Mischung
       • Kommunikation/Ansprache Bewohner*innen
       • Quartiersmanagement

• Sonstiges:
      • Lärmschutz

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