WOHNEN IN DEUTSCHLAND - DATEN FAKTEN ANALYSEN - Verband der privaten Bausparkassen eV
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Wohnen in Deutschl_2-19.qxp_WiD 01.04.19 14:33 Seite 1 WOHNEN IN DEUTSCHLAND DATEN · FAKTEN · ANALYSEN Ausgabe 2 April 2019 EDITORIAL Familien zieht’s ins Umland Die deutschen Großstädte wachsen seit Jahren rasant. Ursachen sind die Zuwanderung aus dem Ausland und der Zuzug junger Men- Bernd Hertweck Vorstandsvorsitzender schen aus dem Inland. Familien bevorzugen dagegen zunehmend das Umland der Großstädte. Zu diesem Ergebnis kam kürzlich das Familien mit Kindern verlassen seit einigen Institut der deutschen Wirtschaft (iw Köln). Jahren zunehmend die Großstädte, um ins Umland zu ziehen. Dafür gibt es unterschied- Da die Wanderungsstatistik der auslän- noch möglich gewesen, eine passende liche Gründe. Zwei gehören sicher dazu: Sie dischen Zuwanderer durch die häufigen Mietwohnung oder ein Eigenheim zu finden keine passende (größere) Mietwoh- Umzüge der Flüchtlinge nach einer Erst- finden. Seit 2014 verlassen immer mehr nung, wenn sich der Nachwuchs einstellt. anmeldung stark überzeichnet ist, nah- die Großstädte – Tendenz steigend. Hin- Und Eigenheime sind dort für normalverdie- men die Autoren der Kurzstudie nun die zu dürfte kommen, dass im Umland nende Menschen unbezahlbar geworden. Binnenwanderung der Bevölkerung mit vielfach Arbeitsplätze angeboten wer- deutscher Staatsbürgerschaft ins Visier. den. „So ist die Produktivität (Bruttoin- Die Politik hat sich auf den Weg gemacht, Kernaussage: 2017 verzeichneten nur landsprodukt je Einwohner) im Zeit- durch ein Bündel von Maßnahmen die Situ- noch 14 von 71 Großstädten mit mehr raum 2011 bis 2016 am stärksten im teil- ation in den angespannten Wohnungsmärk- als 100.000 Einwohnern ein positives urbanisierten Raum gestiegen“, erklärte ten zu verbessern. Was aus Sicht der Bau- Binnenwanderungssaldo. Die sieben das iw Köln. Vor dem Jahr 2002 wie- sparkassen Not tut, haben wir vielfach formu- größten Städte verloren alle im Saldo sen die Großstädte übrigens auch einen liert: mehr Bauland ausweisen und mehr deutsche Einwohner. Der Grund: das negativen Wanderungssaldo auf. Beige- nachverdichten; Baukosten senken; Bauvor- knappe Wohnungsangebot und dem- tragen dazu habe die damalige Eigen- schriften ausdünnen; Kauf-Nebenkosten sen- entsprechend hohe Immobilienpreise heimzulage. Sie war gerade für junge ken; und das Vorsparen für den Erwerb eige- und Mieten. Bis 2013 ist es für die gro- Eigenheimerwerber in ländlichen Krei- ner vier Wände stärken. ße Mehrzahl der Familien offensichtlich sen sehr attraktiv. Das gemeinsame Bauen in Baugruppen und genossenschaftliche Modelle sind für viele Trendwende beim Wanderungssaldo der Inländer Menschen eine attraktive Alternative. So bie- Binnenwanderungssaldo, deutsche Staatsbürger, kreisfreie Großstädte (n=71), tet sich die Chance, kostengünstiger zu bau- 1995 bis 2017 en – bei einem erhöhten individuellen Ge- staltungsspielraum. Zudem fördern Städte 100 000 und Kommunen diese nachhaltige Form des Bauens immer mehr mit der gezielten Verga- 50 000 be von Baugrundstücken. 0 Wie vielfältig „Co-Living“ sein kann, wie Zu- kunftsforscher diesen Trend nennen, zeigen -50 000 wir zum wiederholten Mal in dieser Ausgabe von „Wohnen in Deutschland“. Als Anregung -100 000 und Ermutigung. 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 Quellen: Statistisches Bundesamt; Institut der deutschen Wirtschaft
Wohnen in Deutschl_2-19.qxp_WiD 01.04.19 14:33 Seite 2 INHALT „Co-Living ist nicht nur etwas für „Wir wohnen anders“ – Interview 5 Verunsicherte Sparer 8 Großstädter“ – Interview 2 Ein Dorf in der Stadt mit Eigenheimbau im Minus 5 verlässlicher Nachbarschaft für Jung und Alt 6 INTERVIEW „Co-Living ist nicht nur etwas für Großstädter“ Gespräch mit dem Trend- und Zukunftsforscher Dr. Daniel Dettling zur Zukunft des Wohnens Nichts ist so beständig wie der Wan- flucht wird von der Stadtflucht abgelöst. denheit und Verwurzelung. Viele Bewoh- del und Wohnen davon nicht ausge- Erstmals seit Jahren verzeichnen die sie- ner im ländlichen Raum fühlen sich ab- nommen. Wie und wo werden wir in ben größten Städte in Deutschland kei- gehängt und von aus ihrer Sicht abgeho- den nächsten Jahrzehnten leben und nen Zuwachs mehr. Vor allem Familien benen Städtern und dort lebenden Eliten wohnen? Welche Antwort haben Sie verlassen die großen Städte, auch, aber nicht verstanden und repräsentiert. Die darauf, als jemand, der von Haus aus nicht nur aus ökonomischen Gründen. In Große Koalition hat diesen Trend, der zur Zukunft des Wohnens forscht? einem Radius von ca. 50 bis 100 Kilome- sich in den USA, England und Frankreich Wir werden dort leben und wohnen, wo tern von den Großstädten lässt sich die als neuer Populismus darstellt, erkannt wir uns wohl fühlen. Die beiden Mega- Infrastruktur leichter bewerkstelligen. Die und versucht über eine Kommission trends Globalisierung und Digitalisierung Luft ist besser, die Naherholungsgebiete „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, Ant- mit ihren Erscheinungsformen der Ent- vor der Tür und die Anbindung an die worten zu finden. Das Ziel ist klar: Es grenzung und Beschleunigung führen zu nächstgroße Stadt ist noch gut. Seit eini- geht um eine Aufwertung und bessere einer Nachfrage nach Sehnsuchtsorten, gen Jahren zeichnet sich aber auch ein Anbindung des ländlichen Raums und je- nach „Heimat“. Die Frage „Stadt oder negativer Trend ab: Viele Bewohner auf ner Regionen, die vom Strukturwandel Land“ wird künftig weniger relevant. Es dem Land fühlen sich von der Politik besonders betroffen sind. Es fehlt aber wird um das Urbane in der Provinz und alleingelassen. Sie fühlen sich als Verlie- noch an überzeugenden und nachhalti- das Dörfliche in den Städten gehen. Die rer der neuen Veränderungen. In den gen Antworten auf die drängenden Fra- Provinz wird progressiver und die Groß- großen Städten wächst das Gefühl der gen: Nahverkehr, Infrastruktur und Arbeit. stadt dörflicher. Das hat Folgen für das Anonymität, auf dem Land das Gefühl Wohnen. Wohnen wird zur individuellen des Abgehängtwerdens. Welche innovativen Wohnmodelle sind wie zur sozialen Frage der Zukunft. Le- Ihnen aus Ihrer Forschungsarbeit und bensqualität wird zum entscheidenden Was hat darauf vor allem Einfluss? Praxis bekannt? Welche haben aus Ih- Standortfaktor. Und inwiefern lässt sich aktuell darauf rer Sicht Zukunftspotenzial? Einfluss nehmen? Innovative Wohnmodelle setzen auf Ge- Was zeichnet sich davon schon heute Der Gegentrend zur Globalisierung ist die meinschaft: Gemeinschaftsräume, Ge- ab? Glokalisierung. Viele Menschen suchen meinschaftsautos, Gemeinschaftskochen. Immer mehr Menschen können sich vor- eine Verbindung von wachsender Mobi- Es geht um Möglichkeiten und Orte, et- stellen, auf dem Land zu leben. Die Land- lität und Vernetzung und lokaler Verbun- was zu teilen. Was wir von Car-Sharing Fortsetzung auf Seite 3 2
Wohnen in Deutschl_2-19.qxp_WiD 01.04.19 14:33 Seite 3 Fortsetzung von Seite 2 im Bereich der Mobilität und Co-Working im Bereich des Arbeitens kennen, weitet sich auch auf Wohnen aus. Während die eigenen vier Wände und Räume tenden- ziell kleiner werden, wird der Gemein- schaftsbereich vergrößert. Wohnmodelle, die diesen Trend umsetzen wollen, ver- suchen, die Angebote zu lokalisieren. Möglichst viel soll von zu Hause aus und gemeinsam erledigt werden können: Ar- beit, Pflege, Engagement. Wie sieht für Sie der ideale Wohnort beziehungsweise die ideale Wohnum- gebung aus? Der ideale Wohnort bzw. die ideale Wohnumgebung setzen auf Harmonie von Wohnen, Leben und Arbeiten. Orte, wo man möglichst viel individuell und gemeinsam erledigen und erleben kann, ohne es zu müssen. Es geht um Orte und Modelle, die ein Höchstmaß an Frei- Der Jurist und Politikwissenschaftler Dr. Daniel Dettling ist Gründer der Denkfabrik Institut willigkeit und Individualität mit Gemein- für Zukunftspolitik www.zukunftspolitik.de und leitet das Berliner Büro des Zukunftsinstituts www.zukunftsinstitut.de. Dort befasst er sich unter anderem mit den Themen Urbanisierung, schaftlichkeit und Nachbarschaft verbin- Wohnen, Mobilität. Foto: Thomas Kierok den. Individuell, aber nicht privatisiert, kollektiv, aber nicht staatlich. Nach Co-Working gibt es nunmehr nicht als Dauerwohnsitz, sondern als Er- Familien, alleinlebende Ältere und Paare, auch Co-Living in den großen Metro- gänzung zur Stadtwohnung gedacht. deren Kinder schon aus dem Haus waren. polen – welches Lebens- und Wohn- modell steht dahinter? Und wäre das Sie selbst haben sich für ein Co-Living- Wie lebt es sich in der neuen Woh- auch etwas für kleinere Städte? Modell inmitten von Berlin entschie- nung? Was macht Ihre Wohnumge- Hinter „Collaborative Living“ steckt das den – was hat Sie dazu bewogen? bung besonders liebens- und lebens- Modell des kooperativen Individualismus (schmunzelt). Eine Mischung aus Not wert? und der dezentralen Vernetzung. Woh- und Neugierde. Wir haben lange nach ei- Die Wohnungen und Zimmer sind sehr nen als dezentrales Netzwerk. Es geht ner gut gelegenen und erschwinglichen hell, entsprechend wenig muss man hei- um Selbstverwirklichung und soziales Mit- Eigentumswohnung gesucht. Unmittelbar zen, und ein Solardach sorgt für grünen, einander. „Co“ heißt nicht „Wir machen nach der Finanzkrise vor zehn Jahren erneuerbaren Strom zur Selbstversor- alles gemeinsam“, sondern die eigene waren die Preise in Berlin auf einem gung. Der Kiez ist sozial – noch – gut Wahl, gemeinsam besser zu leben. Im Höchststand, es war viel Geld unterwegs durchmischt, man kennt sich in der Co-Living ist man eher Teil eines Konnek- und viele Wohnungen gingen zu wahn- Nachbarschaft und den Geschäften. Die tivs und nicht eines Kollektivs. Co-Living sinnigen Preisen weg. Über einen Nach- Verkehrs- und Naherholungsanbindung ist nicht nur etwas für Großstädter. Sein barn haben wir von einer Baugemein- ist hervorragend, in 15 Minuten ist man Grundgedanke, wonach man sich Räume schaft erfahren, die ein größeres Grund- mitten im Regierungsviertel. Das Schöns- und Flächen teilt, ist auch auf kleinere stück direkt am alten Flughafen in Tem- te an dem Projekt ist ein großer Gemein- Städte und sogar Dörfer übertragbar. Aus pelhof gekauft hat. Wir haben sofort schaftspark. Mitten in Berlin so viel Platz Kuh-Dörfern werden Ko-Dörfer. Groß- unterschrieben, obwohl unsere Haus- und Grün für Kinder und Erwachsene! stadtmüde Architekten und Künstler ha- bank nur mit dem Kopf geschüttelt hat: Allein wäre das nicht machbar gewesen. ben sich beispielsweise in Brandenburg „Eine Baugemeinschaft als GbR? Sind Sie Gemeinsam lebt es sich günstiger, ange- zusammengetan und wollen im näch- wahnsinnig??“ In den ersten Versamm- nehmer, aber auch anstrengender. sten Jahr ein gemeinsames neues Dorf lungen haben wir dann die Mitstreiter bauen. Das Betreibermodell ist eine Ge- und künftigen Nachbarn kennengelernt. Wenn Sie heute im Internet inserieren nossenschaft. Die neuen Häuser sind Die Mischung hat uns gefallen: jüngere und nach neuen Mitstreitern suchen Fortsetzung auf Seite 4 3
Wohnen in Deutschl_2-19.qxp_WiD 01.04.19 14:33 Seite 4 Fortsetzung von Seite 3 würden, weil vielleicht jemand ausge- nicht möglich, Katzen sind dafür reichlich kannt, dass immer mehr Menschen nach zogen ist, was stünde dort über Ihr vorhanden.“ neuen Möglichkeiten und Modellen su- Projekt? Und was müssten umgekehrt chen, günstig und gemeinsam zu woh- Interessenten über den finanziellen Derzeit reservieren Städte zunehmend nen. Wohnen ist eine soziale Frage im Anteil hinaus „mitbringen“? kommunales Bauland für Baugrup- doppelten Sinn: finanziell wie solidarisch. „Baugemeinschaft sucht soziale Individu- pen, Beispiele sind Hamburg, Mün- In einer zunehmend individualisierten, alisten zum gemeinsamen Wohnen und chen, Ulm. Ist das ein Trend bezie- bunten und älter werdenden Gesellschaft Leben mitten in Berlin. Erwartet werden hungsweise ein Zukunftsmodell für suchen die Menschen nach neuen Bin- Neugierde, zeitweiliges Engagement und das Wohnen? dungen und Freiheiten jenseits der alten Interesse an Entwicklungen auch außer- Ob es ein genereller Trend ist, muss sich Muster wie der privaten Kernfamilie. halb der eigenen vier Wände. Hunde noch zeigen. Die genannten Städte sind Nicht nur Wohnen, auch Familie erweitert sind aufgrund des Gemeinschaftsgartens zumindest Trendsetter und haben er- sich. Nachbarn gehören neu dazu. Foto: Blaufisch Architekten Foto: Erik-Jan Ouwerkerk Einzug der großen Baugemeinschaft „Tempelhofer Berg“ in das Mehrfamilienhaus im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg war vor gut sechs Jahren. „Die Kosten sind nicht aus dem Ruder gelaufen, die Kalkulation war somit realistisch“, sagt Daniel Dettling als einer von rund 110 Bewohnern. „Nach anfänglichen Reibereien hat sich der Alltag einschließlich der Nutzung der Gemeinschaftsflächen geregelt.“ Es gibt diverse AGs: Garten, Gemeinschaftsraum. „Jeder kann, muss aber nicht mitwirken und sich einbringen.“ Die wichtigsten Erfahrungen aus der Bauphase für Daniel Dettling: „Es geht um die richtige Mischung aus Leben, Arbeiten und Wohnen. Das bedeutet, offen über Zielkonflikte und Bedürfnisse zu sprechen. Und es geht darum, vorsorgend zu planen: Welchen Platz brauchen wir, was wird, wenn die Kinder aus dem Haus sind oder einer pflegebedürftig wird?“ Die Größe der 46 Wohnungen in dem siebenstöckigen Haus bewegt sich zwischen 35 und 180 Quadratmeter Wohnfläche: jede mit indivi- duellem Grundriss, entwickelt nach den Bedürfnissen der Bewohner. Das betrifft etwa den Wunsch nach Teilung, beispielsweise nach Auszug der Kinder, so dass sich die Wohnungsanzahl auf 50 Einheiten erweitern lässt. Zu jeder Wohnung gehört viel Außenraum mit großen Balkonen und vor der gesamten Südfassade laufenden Stegen. Alle Bewohner zusammen haben eine 35 qm Wohnung als gemeinschaftlichen Kul- turraum im Erdgeschoß gebaut. Das KfW-55-Haus nutzt Geothermie und Photovoltaik, hat ein begrüntes Dach und eine kontrollierte zentrale Lüftungsanlage. Das Mehrfamilienhaus in der Nähe des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof – geplant und gebaut von Margit Renatus und Björn Götte vom Büro Blaufisch-Architekten – ist Bestandteil eines neuen Stadtquartiers für insgesamt mehr als 650 Bewohner, das die Architektin ge- meinsam mit drei Kollegen der Stadtquartier Friesenstraße GbR entwickelt hat. 4
Wohnen in Deutschl_2-19.qxp_WiD 01.04.19 14:33 Seite 5 WOHNUNGSMARKT Eigenheimbau im Minus Die Zahl der Wohnungsbaugenehmigungen ist 2018 zum zweiten Mal hintereinander gesunken. Während es im klassischen Mietwohnungsbau noch ein Plus gab, war im Eigenheimbau erneut ein Rückgang zu verzeichnen. Insgesamt belief sich der Rückgang zwar waren jedoch erneut Rückgänge von 1,0 pitalanleger entfallen, die im „Betongold“ nur auf 0,2 Prozent. 2017 hatte es gegen- bzw. 6,5 Prozent festzustellen – nach 5,0 einen sicheren Hafen suchen. über dem Vorjahr noch ein Minus von 7,3 bzw. 2,7 Prozent im Jahr 2017 gegenüber Prozent gegeben. Ein Plus – und zwar von 2016. Einen Zuwachs von 6,5 Prozent ver- Hauptpfeiler des Wohnungsbaus bleibt 3,1 Prozent nach 3,5 Prozent im Vorjahr – meldete das Statistische Bundesamt zwar trotzdem der klassische Eigenheimbau. gab es bei Mehrfamilienhäusern ohne Ei- bei den Eigentumswohnungen. Im Vorjahr Die Zahlen zeigen jedoch: Neue Impulse gentumswohnungen. Bei 1- und 2-Familien- gab es einen Rückgang von 4,9 Prozent. für die Wohneigentumsbildung sind drin- häusern, also im klassischen Eigenheimbau, Der größte Teil davon dürfte aber auf Ka- gend gefragt. Wohnungsbaugenehmigungen 2018 im Vergleich zu 2017 89.850 1-Familienhäuser 90.779 2018 2017 20.800 2-Familienhäuser 22.240 83.700 Eigentumswohnungen (ETW) 78.589 96.970 Mehrfamilienhäuser ohne ETW 94.041 347.290 Wohnungen insgesamt 348.128 Quelle: Statistisches Bundesamt (gerundete Zahlen) INTERVIEW „Wir wohnen anders“ Das sagen auch noch nach fast neun Jahren 25 Mietparteien von sich, die unter dem genossenschaft- lichen Dach des Bau- und Sparvereins Dortmund ihr neues Zuhause in der Ruhr-Metropole gemeinsam geplant und gebaut haben. Dazu das Interview mit Elke Theißen, Architektin und Bewohnerin. Wie sind Sie zu dem Projekt „Wir woh- mit Kind, wünscht man sich ein etwas statt irgendwo im Obergeschoss zu woh- nen anders“ gekommen? geschützteres Umfeld, auch mit anderen nen. Bei den offenen Treffen der Kern- Eher zufällig. Davon erfahren habe ich Kindern. Der Traum war schon immer, gruppe, die sich schon formiert hatte, ha- kurz nach der Elternzeit und bin hellhörig selbst einen Garten zu haben oder zu- ben wir – mein Partner und ich – erst geworden. In dieser familiären Situation, mindest den Bezug zum Außenraum, einmal zugehört, schließlich Interesse be- Fortsetzung auf Seite 6 5
Wohnen in Deutschl_2-19.qxp_WiD 01.04.19 14:33 Seite 6 Fortsetzung von Seite 5 kundet. Die Gruppe hat kurz überlegt Welche Änderungswünsche haben Sie mals vor acht Jahren noch am oberen und gesagt: Passt. So war das Prozedere angemeldet? Rand. Mittlerweile liegen wir damit eher 2006. Da war mein Sohn ein Jahr alt. Mit Unsere Wohnung von 92 Quadratmetern in den oberen zwei Dritteln. Planen und Bauen vergingen bis zum reicht über zwei Etagen – wie ein kleines Einzug noch einmal vier Jahre. Reihenhaus. Auf das zusätzliche WC un- Was hat sich für Sie mit dem Einzug in ten haben wir dabei verzichtet und dar- die neue Wohnung außerdem verändert? Inwiefern konnten die künftigen Be- aus eine Art begehbare Garderobe ge- Der Mehrwert für uns war insbesondere wohner der Genossenschaftswohnun- macht, in der auch die Waschmaschine die neue und engere Nachbarschaft. Das gen beim Hausbau mitreden? Platz hat. Eine Grundrissänderung geht haben wir gesucht. Auch in der normalen Wir sind ein altersgemischtes Haus – der aber immer nur vorbehaltlich der Zustim- Mietwohnung baut man Kontakte auf. Jüngste ein Jahr, die Älteste über 80. Die mung der Architekten, die das als ver- Aber es dauert länger. In einem Wohnpro- Architekten haben die gewünschten Grö- nünftig vermietbare Wohnung abnicken. jekt gibt es diesbezüglich schon von vorn- ßen abgefragt und danach Entwürfe zum herein Konsens. Man will Kontakt. Man Beispiel für typische Familien- oder Sin- Wollen Sie auch über den Mietpreis muss nicht vorsichtig vorfühlen. Zu dieser glewohnungen gemacht. Festgeplant sprechen? Prämisse kommen sehr viele Anknüp- wurden zunächst nur die nötigsten tra- Das ist nicht geheim. Wir zahlen pro fungspunkte über Interessen und Hobbys. genden Wände. Alles andere konnte mit- Quadratmeter 7,50 Euro netto kalt. Das Darüber findet man in unterschiedlichen bestimmt werden. Das ging allerdings war auch eine Grenze, die wir uns als Konstellationen in der Nachbarschaft zu- nur, wenn man rechtzeitig zur Bauge- Baugruppe gesetzt und hierzu Einver- sammen. Damit meine ich auch die be- meinschaft gestoßen war. Denn dieser ständnis mit dem Vermieter erreicht ha- nachbarte Eigenheimsiedlung, wo haupt- Prozess muss frühestmöglich abgeschlos- ben. Bei den Investitionen wurde diese sächlich Familien mit Kindern wohnen. sen werden, damit die Planungen weiter- Vorgabe berücksichtigt. Wir kommen auf Die Aktivitäten reichen kreuz und quer gehen können. gut zehn Euro Warmmiete. Das war da- durch diese beiden Teile des Projekts. Fortsetzung auf Seite 7 Ein Dorf in der Stadt mit verlässlicher Nachbar- schaft für Jung und Alt Entstanden ist das gemeinschaftliche Wohnquartier „WIR wohnen anders“ innenstadtnah im grünen Süden von Dortmund. Die Wohnanlage kombiniert Miet- und Eigentumswohnungen für Alleinerzie- hende, Familien, Paare und Singles unterschiedlichen Alters. Den Kern des Quartiers bildet ein dreigeschossiges Mehrfa- sorgt, zu dem auch 13 Doppel- und Einfamilienhäuser im milienhaus mit 25 Mietwohnungen. Bauherr und Eigentümer Wohneigentum gehören. Sie gruppieren sich um das große ist die Genossenschaft Spar- und Bauverein eG Dortmund. Mehrfamilienhaus. Einzug war 2010. Die Mieter waren bereits am Planungspro- zess beteiligt. Die Grundrisse der zwischen 56 und 92 Qua- Eine Fahrradgarage sowie ein Waschsalon im Dachgeschoss dratmeter großen Genossenschaftswohnungen wurden dabei stehen allen Bewohnern des Mehrfamilienhauses zur Verfü- individuell angepasst. gung und der Gemeinschaftsraum für Feiern und Gäste dar- über hinaus auch den Nachbarn aus dem Wohneigentum of- Alle Wohnungen und Freibereiche in dem Mehrfamilienhaus fen. Der Innenhof zwischen beiden Gebäudeteilen lässt viel sind barrierefrei erreichbar. Ein Aufzug und Galerien zwischen Raum für Begegnungen. Jede Wohnung besitzt außerdem ei- beiden Gebäudeflügeln machen es möglich. Es ist ein KfW- nen privaten Freibereich als Garten, Wintergarten oder Ter- 40-Niedrigenergiehaus. Seine Holzpellet-Heizzentrale mit So- rasse auf der – von der grünen Mitte – abgewandten Seite. larthermie-Unterstützung sorgt im Zusammenwirken mit einer Photovoltaikanlage für eine CO2-neutrale Wärmeerzeugung. „Die Grundidee bei dem Projekt war es, ein ‚Dorf in der Über ein Nahwärmenetz wird das gesamte Quartier mitver- Stadt!‘ zu realisieren, einen Ort mit verlässlicher Nachbar- 6
Wohnen in Deutschl_2-19.qxp_WiD 01.04.19 14:33 Seite 7 Fortsetzung von Seite 6 schön gestalten. Was die Freizeit betrifft: Woran denken Sie da? Ein Nachbar und Filmfan bietet beispiels- Wir haben eine sehr schöne Anlage mit weise im Pantoffelkino monatlich drei Fil- zwei Möglichkeiten, draußen zu sitzen – me zur Auswahl, Gespräche darüber in- einmal die Zugangsseite, wo jeder durch- klusive. Wir haben einen Beamer und geht, wenn er nach Hause kommt. So Verdunkelungsvorhänge für den Gemein- dass man vielleicht ein paar Worte wech- schaftsraum angeschafft. Das hat dann seln, sich verabreden kann. Und eine pri- schon etwas von Kinoatmosphäre. Über vate Seite – wenn man gerade nicht in die Grenzen des Mietshauses hinaus hat der Stimmung dazu ist. Dort, in meinem sich eine kleine Band gefunden, die dort kleinen durchgrünten Garten, kann ich probt. Ein Nachbar, der gern wandert, mich im Liegestuhl hinter Hecken ausru- nimmt Interessenten mit. Ein anderer or- hen, ohne dass mich jemand stört oder ganisiert Paddeltouren auf Ruhr oder Lip- auch nur sieht. Setzt man sich auf die an- pe und eine Nachbarin einmal im Jahr dere Seite, ist das auch ein Signal: Man ein Walking-Dinner, wo man von Woh- darf sich dazusetzen. Das ist eine schöne nung zu Wohnung wandert, gemeinsam Sache, die die Architektur uns hier anbie- Elke Theißen Foto: Thomas Schmidt kocht und isst. Das alles nach dem Mot- tet und die auch gut funktioniert. to: Man kann. Nichts muss. Und diese Die letzten Male, als wir aus dem Urlaub Freiheit ermöglicht es auch, dass man kamen – die Koffer waren noch nicht ein- Bei welcher Gelegenheit trifft man gern daran teilnimmt. Noch mehr als sol- mal aus dem Auto raus – da wurden wir sich denn? che Highlights, die über eine Rundmail schon dazu gebeten an die Tische drau- Der Frühjahrsputz gehört zu den Pflicht- angekündigt werden, gefällt mir aber ßen, wo Nachbarn saßen und grillten. veranstaltungen, die wir für uns aber das, was sich eher zufällig ergibt. Innenhof und Galerien bieten Raum für Begegnung Haupteingang zum Mehrfamilienhaus, zugleich auch ein Treffpunkt Foto: Cornelia Suhan, Architektur: post welters + partner Foto: Gerd P. Müller, Architektur: post welters + partner schaft für Jung und Alt“, informiert der Online-Internetführer Für Planung und Umsetzung des Quartiers „WIR wohnen an- Architektur und Ingenieurbaukunst in Nordrhein-Westfalen. ders“ zeichnet das Architektur- und Stadtplanungsbüro post Initiiert und mitgetragen wurde das Vorhaben vom Verein für welters + partner aus Dortmund verantwortlich. Bis nach generationsübergreifendes Wohnen in Dortmund W.I.R., der Tokio, zum Weltkongress der Architektur, hat es das inzwi- in der Stadt schon mehrere Gemeinschaftsprojekte zur Miete schen mehrfach ausgezeichnete Projekt geschafft. Gezeigt und im Eigentum auf den Weg gebracht hat. Das Kürzel steht wurde es dort 2011 in der begleitenden Ausstellung „Archi- dabei für „Wohnen innovativ realisieren“. tecture for all“. 7
Wohnen in Deutschl_2-19.qxp_WiD 01.04.19 14:33 Seite 8 SPARVERHALTEN Verunsicherte Sparer – Frühjahrsumfrage 2019 der privaten Bausparkassen – Mini-Zinsen und steigende Immobilienpreise verunsichern die deutschen Sparer. Das ist das wesentliche Ergebnis der Frühjahrsumfrage 2019 zum Sparverhalten der Bundesbürger. Kantar TNS befragte dazu im Auftrag des Verbandes der Privaten Bausparkassen zum 65. Mal über 2.000 Bundesbürger im Alter von über 14 Jahren. „Die Mini-Zinsen drücken auf die Stim- diener dringend ein ermutigendes Spar- Das Sparmotiv „Kapitalanlage“ kommt mung der Altersvorsorge-Sparer“. So kom- signal. König: „Der Beschluss der Koali- durch ein Minus von einem Prozentpunkt mentierte der Hauptgeschäftsführer des tion für eine verbesserte Ansparhilfe auf einen Wert von 26 Prozent. Das Spar- Verbandes der Privaten Bausparkassen, sollte noch 2019 umgesetzt werden. Die motiv „Notgroschen“ erreicht 5 Prozent – Christian König, die jüngste Umfrage. Menschen müssen wieder das Gefühl nach 4 Prozent in der letzten Umfrage. Zwar rangiert das Sparmotiv „Altersvor- bekommen: Mein Traum muss kein Ein Plus von immerhin 2 Prozentpunkten sorge“ mit 53 Prozent immer noch auf Traum bleiben.“ auf 4 Prozent gibt es beim Sparmotiv dem ersten Rang. Gegenüber der letzten „Ausbildung der Kinder“. Umfrage vom Herbst 2018 bedeutet dies aber einen Rückgang um 4 Prozentpunk- te. Ebenfalls 53 Prozent erreicht das Sparmotiv „Konsum/Langfristige Anschaf- Sparmotive der Bundesbü rger fungen“ – nach zuvor 55 Prozent. Frühjahrsumfrage 2019; durchschnittliche Anteile in %* Einen Rückgang um 5 Prozentpunkte Altersvorsorge 53 auf 35 Prozent zeigt sich beim Sparmo- Konsum 53 tiv „Wohneigentum“. „Vielerorts stark steigende Immobilienpreise sind für Wohneigentum 35 Haushalte, die sich schwertun, die Kapitalanlage 26 Schwelle zum Wohneigentum zu über- Notgroschen 5 winden, eine Motivationsbremse“, so Ausbildung Kinder 4 König. Weil mangelndes Eigenkapital die größte Hürde beim Wohneigentum- * Die Summe der Prozentanteile ergibt wegen Mehrfachnennungen mehr als 100 Prozent serwerb darstelle, bräuchten Normalver- Quelle: Kantar IMPRESSUM Herausgeber: Anschrift der Redaktion: Verband der Privaten Bausparkassen e. V. Klingelhöferstraße 4 · 10785 Berlin Für den Inhalt verantwortlich: Alexander Nothaft Telefon: (030) 59 00 91-523 · E-Mail: nothaft@vdpb.de Satz: Eins 64 Grafik-Design, Bonn Internet: www.bausparkassen.de 8
Sie können auch lesen