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WORKING PAPER-REIHE DER AK WIEN AUFKOMMENSWIRKUNGEN EINER STEUERLICH ABZUGSFÄHIGEN EIGENKAPITALVERZINSUNG Matthias Petutschnig 208 978-3-7063-0851-9 MATERIALIEN ZU WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT WPR_208_Eigenkapitalverzinsung.indd 1 12.01.21 13:32
Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft Nr. 208 Working Paper-Reihe der AK Wien Herausgegeben von der Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien Aufkommenswirkungen einer steuerlich abzugsfähigen Eigenkapitalverzinsung a.Univ.Prof. Dr. Matthias Petutschnig März 2021
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich. ISBN 978-3-7063-0851-9 Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien A-1041 Wien, Prinz-Eugen-Straße 20-22, Tel: (01) 501 65, DW 12283
Zusammenfassung Die vorliegende Studie analysiert basierend auf historischen Jahresabschlussdaten die potenziellen Auswirkungen der Einführung einer Eigenkapitalverzinsung auf das österreichische Steueraufkommen. Die Ergebnisse zeigen eine große Bandbreite an potenziellen Aufkommensreduktionen durch die Einführung einer Eigenkapitalverzinsung. Diese Ergebnisse sind stark durch die unterschiedlichen Zinssätze, die der Eigenkapitalverzinsung zugrunde gelegt werden, beeinflusst. Die Bandbreite der potenziellen Aufkommenswirkungen liegt zwischen 1,75 Mrd EUR (bei 2% Zinssatz) und 8,64 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz). Die Auswertung nach der Unternehmensgröße zeigt, dass größere Unternehmen stärker von einer Eigenkapitalverzinsung profitieren würden als kleine Unternehmen. Der Anteil der größten 10% der Unternehmen an der Gesamtentlastung würde je nach Simulationsmethode zwischen 74,15% und 92,43% (durchschnittlich 83,29%) betragen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass größere Unternehmen in der Regel auch höhere Eigenkapitalbestände aufweisen. Abstract This study simulates the potential revenue effects of an introduction of a tax deductible Allowance for notional Equity interests. The results of this simulation, which is based on historical financial reporting data of Austrian companies, show a wide range of possible revenue reductions. Depending on the simulation approach, the calculation basis for the allowance and the applicable interest rate these revenue reductions range from 1.75 billion EUR (at 2% interest rate) to 8.64 billion EUR (at 5% interest rate). The simulation also shows that large companies (as defined by total assets) would benefit stronger from an introduction of a tax deductible Allowance for notional Equity interests than small companies. Depending on the simulation approach, the largest 10% of Austrian companies would accumulate between 74.15% and 92.43% (on average 83.29%) of the overall tax revenue reduction. This result can be explained by the fact that large companies tend to have larger overall amounts of equity.
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ............................................................................................................................. 1 2. Eigenkapitalverzinsung.......................................................................................................... 5 3. Ergebnisse ............................................................................................................................ 6 3.1. Kapitalgesellschaften............................................................................................................... 6 3.1.1. Simulation 1 – Eigenkapitalbezogene Simulation ........................................................... 7 3.1.1.1. Datenquelle, Datenqualität, Deskriptive Statistik ................................................... 7 3.1.1.2. Auswirkungen auf das Körperschaftssteueraufkommen ........................................ 8 3.1.2. Simulation 2 – Gewinnbezogene Simulation................................................................. 11 3.1.2.1. Datenquelle, Datenqualität, Deskriptive Statistik ................................................. 11 3.1.2.2. Auswirkungen auf das Körperschaftssteueraufkommen ...................................... 12 3.1.3. Gegenüberstellung der beiden Simulationsmethoden ................................................. 15 3.2. Personengesellschaften......................................................................................................... 20 3.2.1. Datenquelle, Datenqualität, Deskriptive Statistik ......................................................... 21 3.2.2. Aufkommenswirkung .................................................................................................... 21 3.3. Zusammenführung der Ergebnisse........................................................................................ 23 4. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse ............................................................... 24
1. Einleitung Die steuerrechtliche Ungleichbehandlung von Eigen- und Fremdkapital und die damit einhergehende mangelnde Finanzierungsneutralität des Steuerrechts wurden in der ökonomischen, der betriebswirtschaftlichen und auch der steuerjuristischen Literatur vielfach und umfassend diskutiert. Angeregt durch die Arbeiten von ua Sandmo (1979), Boadway/Bruce (1984), Wenger (1983), Devereux/Freeman (1991) und Bonds/Devereux (1995) 1 wurden in den 1980er und 1990er Jahren unterschiedliche alternative Besteuerungskonzepte entwickelt und breit diskutiert. 2 Eine besondere Stellung in dieser Diskussion nimmt, da entsprechende Regelungen relativ einfach in die bestehenden Steuersysteme zu integrieren wären, die Abzugsfähigkeit fiktiver Eigenkapitalzinsen (Allowance for Corporate Equity - ACE) ein. Derartige Regelungen ermöglichen, abweichend von den vorherrschenden Steuersystemen 3, einen Betriebsausgabenabzug von fiktiven Zinsen auf das im Unternehmen gebundene Eigenkapital und stellen somit Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung steuerlich gleich. Eine steuerliche Gleichbehandlung wäre aber auch durch eine Nicht-Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen erreichbar. Diese Gleichstellung wird gefordert, da sowohl Eigenkapital- auch Fremdkapitalgeber eine berechtigte Renditeforderung an das Unternehmen stellen (entweder in Form von Zinszahlungen oder in Form einer Gewinnbeteiligung), die aktuellen Steuersysteme aber ausschließlich die Renditeforderung der Fremdkapitalgeber als abzugsfähig betrachten. Durch den Steuerabzug der Fremdkapitalzinsen ist es für Unternehmen in der Regel günstiger Fremdkapital anstatt Eigenkapital aufzunehmen, was zu einer Verzerrung der optimalen Finanzierungstruktur des Unternehmens führen kann. Demgegenüber wird teilweise aber auch argumentiert, dass die Nicht-Abzugsfähigkeit von Zahlungen auf Eigenkapital nur dann als Diskriminierung von Eigenkapital angesehen werden kann, wenn die Unternehmensebene isoliert von der Ebene der Anteilseigner betrachtet wird. 4 Bezieht man jedoch die Ebene der Anteilseigner mit ein, hängt eine allfällige Diskriminierung nach Gottholmseder/Handler von der Steuerbelastung bei ausgeschütteten Unternehmensgewinnen bzw Veräußerungsgewinnen und jener bei Zinseinkünften im Privatbereich ab. Bei synthetischer Besteuerung von Gewinnen und Zinsen wird die Ungleichbehandlung von Fremd- und Eigenkapitalzinsen auf Betriebsebene durch die höhere Besteuerung der Zinseinkünfte im Privatbereich ausgeglichen. Ob eine Finanzierung über neu eingebrachtes Eigenkapital steuerlich benachteiligt wird, hängt demnach von der Differenz zwischen Nettoerträgen aus Zinseinkünften und ausbezahlten Unternehmensgewinnen und somit von der 1 Siehe dazu auch den Literaturüberblick bei Bruckner (2009) und Kiesewetter/Niemann (2004). 2 Siehe auch Fehr/Wiegard (2003); Isaac (1997). 3 Siehe dazu ausf. IFA (2012). 4 Siehe Gottholmseder/Handler (2008), 5. 1
Differenz der Steuersätze auf Zinseinkünfte und Unternehmensgewinne ab. Je höher diese Differenz ausfällt, desto größer ist der Anreiz, stärker auf Fremdfinanzierung zu setzen. Daraus wird klar, dass bei Körperschaften der Steuersatz der Körperschaftsteuer und der Steuersatz auf Ausschüttungen auf der einen Seite, sowie der Steuersatz auf Zinseinkünfte auf der anderen Seite bestimmen, wie hoch der steuerliche Vorteil von Fremdfinanzierung ist. Weiters ist zu beachten, dass ein zu hoch gewählter Zinssatz für die Eigenkapitalverzinsung zu negativen Investitionsanreizen führen kann. 5 Insbesondere wäre denkbar, dass Finanzierungsgestaltungen gewählt werden, die Eigenkapitalabzüge im ACE-Land mit Fremdkapitalfinanzierung in Ländern ohne ACE verbinden, 6 etwa dadurch, dass das abzugsfähige Eigenkapital verwendet wird um Konzerngesellschaften in anderen Staaten mit Fremdkapital zu finanzieren. Hierdurch könnte umfassende Steuervermeidung möglich werden. Aspekte von ACE-Steuersystemen wurden 1994 in Kroatien 7 und 1997 in Italien 8 eingeführt; aber wenig später (Kroatien: 2000, Italien: 2003) wieder außer Kraft gesetzt. Im Jahr 2011 führte Italien jedoch wieder einen Betriebsausgabenabzug für fiktive Eigenkapitalzinsen ein. 9 Auch das belgische Körperschaftsteuerrecht ermöglicht seit dem Jahr 2004 einen Betriebsausgabenabzug fiktiver Eigenkapitalzinsen. 10 Außerhalb Europas existiert eine vergleichbare Regelung in Brasilien. 11 Während die Diskussion über alternative Besteuerungsmodelle in den 1990er und frühen 2000er Jahren sehr intensiv geführt wurde, hat sich einerseits die wissenschaftliche Literatur 12 in jüngeren Jahren nur punktuell mit diesem Thema beschäftigt und andererseits haben auch die nationalen Steuergesetzgeber nur sehr wenig Aktivität in diese Richtung entfaltet. Die makroökonomische Literatur, basierend vor allem auf den Erfahrungen aus Kroatien, Italien und Belgien, zeigt zum einen durch die Einführung von ACE-Aspekten in die nationalen Steuersysteme verursachte Rückgänge an Steuereinnahmen, zum anderen aber auch dadurch entstehende Wohlfahrtsgewinne (Anstieg der Kapitalausstattung der Unternehmen, Verringerung der Verschuldungsquote, Anstieg der Beschäftigungsquote, Anstieg des privaten Konsums) für die Volkswirtschaft. 13 Die betriebswirtschaftliche Literatur hat sich den Auswirkungen eines ACE-Steuersystems in nur sehr geringem Ausmaß und vor allem modelltheoretisch gewidmet. 5 Siehe weiterführend Schock (2019), 62 ff. 6 Siehe Hebous/Ruf (2017), 137. 7 Siehe dazu Wagner/Wenger (1996); Keen/King (2002). 8 Siehe Bordignon/Giannini/Panteghini (2001); Panteghini/Parisi/Pighetti (2012). 9 Siehe Panteghini/Parisi/Pighetti (2012). 10 Siehe Gerard (2006). 11 Siehe Klemm (2007). 12 Siehe Petutschnig/Rünger (2016). 13Siehe etwa European Commission (2009); De Mooij/Devereux (2011); IMF (2011); De Mooij (2012); European Commission (2014); Keen/King (2002). 2
Umfassende empirische Analysen, die sich den Auswirkungen von ACE-Regelungen auf die Eigenkapitalausstattung, die Eigenkapitalquote (EK-Quote) oder den Verschuldungsgrad der Unternehmen widmen, sind in nur sehr geringer Zahl vorhanden. Die Untersuchungen von Van Campenhout/Van Caneghem (2013), Auclert/Struyven (2012) und Princen (2012) beschäftigen sich vorwiegend mit den Auswirkungen der ACE-Einführung in Belgien auf die effektive Steuerquote der Unternehmen sowie mit den unternehmensspezifischen und den managerspezifischen Determinanten (Erfahrung, Ausbildung, Profitabilität etc) der Ausnutzung der als Wahlrecht ausgestalteten belgischen ACE-Regelung, zeigen aber auch ein Ansteigen der Eigenkapitalbestände der von der Regelung profitierenden Kapitalgesellschaften. Dabei wird für Belgien gezeigt, dass größere Unternehmen stärker von einer Eigenkapitalverzinsung profitieren. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass größere Unternehmen einerseits über größerer Eigenkapitalbestände verfügen und andererseits schneller zusätzliches Eigenkapital aufnehmen können. Andries et al. (2015) erforschen die Reaktionen des belgischen Kapitalmarktes auf die Ankündigung und das Inkrafttreten der ACE-Regelung und zeigen einen signifikanten Anstieg der Aktienpreise der begünstigten Unternehmen. Die Analyse der Wirkungen der italienischen ACE-Variante von Panteghini et al. (2012) beschäftigt sich mit regionalen Unterschieden in der Ausnutzung des Wahlrechts zwischen Unternehmen verschiedener italienischer Regionen, zeigt aber keinen eindeutigen (signifikanten) Trend dahingehend, dass die Einführung der Eigenkapitalverzinsung einen generellen Anstieg der Eigenkapitalquoten italienischer Unternehmen bewirkt hätte. Für Österreich untersuchen Petutschnig/Rünger (2019) die von 1999 bis 2004 anwendbare Eigenkapitalzuwachsverzinsung gem § 11 KStG. Diese Regelung führte nicht zu einer Verzinsung des Eigenkapitalbestandes, sondern „nur“ zu einer begünstigten Besteuerung des jährlichen Eigenkapitalzuwachses. Dabei wurde der jährliche Eigenkapitalzuwachs mit einem vom BMF veröffentlichten Zinssatz verzinst und dieser fiktive Zinsaufwand wurde mit einem begünstigten Steuersatz besteuert. Trotz der vergleichsweise geringen Begünstigungswirkung zeigt die Analyse einen Anstieg des Eigenkapitalbestandes von durchschnittlich 2,22 Prozentpunkten verglichen mit der Kontrollgruppe. Weiters wird gezeigt, dass die Eigenkapitalzuwachsverzinsung bei kleineren Unternehmen (gemessen an Eigenkapitalbestand und Bilanzsumme) zu einem stärkeren Anstieg der Eigenkapitalquote führt als bei größeren Unternehmen. Dieser Effekt wird damit erklärt, dass Unternehmen die bereits über viel Eigenkapital verfügen einen vergleichsweise geringeren betriebswirtschaftlichen Anreiz bzw Bedarf haben zusätzliches Eigenkapital aufzubauen. Darüber hinaus analysiert Petutschnig/Rünger (2016) die ab dem Jahr 2004 eingeführten, historischen Thesaurierungsbegünstigungen für natürliche Personen bzw Personengesellschaften. Österreich führte im Jahr 2004 eine Thesaurierungsbegünstigung für natürliche Personen ein, die den 3
Eigenkapitalzuwachs im Wege der Innenfinanzierung befördern sollte (§ 11a EStG). Petutschnig/Rünger (2016) zeigen, dass die begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne keinen signifikanten Einfluss auf die EK-Quoten der betroffenen Unternehmen hatte. Weiters untersuchen Petutschnig/Rünger (2016) die Nachfolgeregelung von § 11a EStG den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag gem § 10 EStG (ab 2009). Diese Regelung ist zwar nicht als Förderung des Eigenkapitals im engeren Sinne anzusehen, könnte aber durch seine investitionsfördernde Wirkung positive Sekundäreffekte auf das Eigenkapital haben. Auch hier wurde gezeigt, dass diese Regelung keinen signifikanten Einfluss auf die EK-Quote der begünstigten Unternehmen hat. Beide für Österreich vorliegenden mikroökonomischen Untersuchungen analysieren jedoch die Aufkommenswirkung und die Verteilungswirkung der jeweiligen Regelungen nicht bzw nur unsystematisch. Weiters analysieren sie Regelungen, die nicht zur vollständigen Verzinsung des Eigenkapitalbestandes führen, sondern jeweils nur den Eigenkapitalzuwachs, also die Gewinnthesaurierung bzw die Reinvestition des Gewinnes ins Unternehmen, begünstigen. Diese Lücke soll die vorliegende Studie füllen. In Österreich gibt es aktuell keine explizite steuerrechtliche Fördermaßnahme für Eigenkapital. Im Bereich der Körperschaftssteuer fehlt eine entsprechende Bestimmung gänzlich. Im Bereich der Einkommensteuer kann, wie oben angesprochen, der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag als eine den Eigenkapitalaufbau unterstützende Maßnahme angesehen werden. Die Eigenkapitalförderung bzw die Gleichstellung von Eigen- und Fremdkapital ist aber kein primäres Ziel dieser Regelung und auch die vorliegenden empirischen Befunde zeigen keine statistisch signifikanten Ergebnisse. Die vorliegende Studie analysiert daher die potenziellen Auswirkungen der Einführung einer Eigenkapitalverzinsung in Österreich. Dabei werden mehrere Reformalternativen und deren Auswirkungen auf den Steueraufwand der Unternehmen und in weiterer Folge auf das Steueraufkommen, auf Basis historischer Jahresabschlussdaten simuliert. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung haben mehrfach und auch überregional Relevanz und Aktualität. Zum einen werden unterschiedliche Ausprägungen dieses Eigenkapitalförderungsinstruments auf deren Wirkungsweise untersucht. Die Berücksichtigung von Personengesellschaften ermöglicht Rückschlüsse auf die Bedeutung der Gleichstellung von Eigen- und Fremdkapital bei unterschiedlichen Rechtsformen und bei kleinen und mittelgroßen, nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen, die nicht nur in Österreich, sondern in der gesamten Europäischen Union große Bedeutung für die Volkswirtschaften und die ökonomische Entwicklung haben. Die Aktualität der Untersuchung zeigen nicht zuletzt die Diskussionen über die Bedeutung der steuerlichen Ungleichbehandlung von Eigen- und Fremdkapital für die Finanzkrise 2008/09 14 und vor den Hintergrund der COIVD-19-Pandemie. 14 Siehe dazu etwa Keen/Klemm/Perry (2010). 4
2. Eigenkapitalverzinsung Die steuerliche Abzugsfähigkeit einer fiktiven Eigenkapitalverzinsung kann relativ einfach gestaltet werden. Dabei kommt der Definition der Bemessungsgrundlage der Eigenkapitalverzinsung und der Ermittlung des fiktiven Zinssatzes große Bedeutung zu. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage sind mehrere Varianten denkbar; so könnte etwa der gesamte Eigenkapitalbestand 15 (Variante I) oder ausschließlich der jährliche Zuwachs zum Eigenkapital (Variante II) als Basis für die Verzinsung dienen, hierbei könnte noch zwischen der Zuführung von Eigenkapital von außen („Gesellschafterzuschuss“ - Außenfinanzierung) und der Gewinnthesaurierung („Innenfinanzierung“) unterschieden werden. Die vorliegende Studie fokussiert hinsichtlich dieser Alternativen auf die Verzinsung des gesamten Eigenkapitalbestandes (Variante I). Neben der Definition der Bemessungsgrundlage der Eigenkapitalverzinsung ist die Definition des anwendbaren Zinssatzes relevant. Die historische österreichische Regelung zur Eigenkapitalzuwachsverzinsung gem § 11 EStG bzw § 11 KStG idF StRefG 2000 definierte die Ermittlung des Zinssatzes wie folgt: „Als angemessener Zinssatz gilt jener, den der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festsetzt. Der Zinssatz wird folgendermaßen ermittelt: Der Durchschnitt der Sekundärmarktrenditen gemäß Tabelle 5.5 “Renditen auf dem inländischen Rentenmarkt” der Statistischen Monatshefte der Oesterreichischen Nationalbank Spalte 8 “Emittenten Gesamt” oder einer entsprechenden Nachfolgetabelle wird für den Zeitraum Jänner bis Dezember eines Kalenderjahres ermittelt und um 0,8 erhöht.“ 16 Aufgrund dieser Ermittlungsmethode ergaben sich für die Jahre der Anwendung der Eigenkapitalzuwachsverzinsung (2000-2004) folgende Zinssätze: Historische Zinssätze gem § 11 Abs 1 Z 6 EStG Jahr 2000 2001 2002 2003 2004 Zinssatz 4,9% 6,2% 5,5% 4,9% 4,23% Tabelle 1 – Historische Zinssätze gem § 11 Abs 1 Z 6 EStG idF StRefG 2000 Aufgrund des aktuell niedrigeren allgemeinen Zinsumfeldes werden in dieser Studie mehrere alternative Zinssätze verprobt: 2%, 3%, 4%, und 5%. 15 Hinsichtlich des Eigenkapitalbestandes wäre auch zu beachten, dass die Eigenkapitalbestände von Mutter- und Tochtergesellschaften nicht mehrfach berücksichtigt werden, also insb jener Eigenkapitalbestandteil der Muttergesellschaft, der auf die Beteiligung an der Tochtergesellschaft zurückzuführen ist. 16 § 11 Abs 1 Z 6 EStG idF StRefG 2000 (BGBl I 106/1999). 5
3. Ergebnisse Die Analyse der Auswirkungen einer Eigenkapitalverzinsung bedient sich einer Simulationsstudie auf Basis historischer Jahresabschlussdaten (Einzelabschlüsse) österreichischer Unternehmen. Die Darstellung der Ergebnisse differenziert zwischen Kapitalgesellschaften (Körperschaftsteuer) und Personengesellschaften mit natürlichen Personen als Gesellschafter (Einkommensteuer). 3.1. Kapitalgesellschaften Aufgrund der vorliegenden Unternehmensdaten sind für Kapitalgesellschaften zwei Simulationsmethoden möglich. Simulation 1 modelliert die Reaktion des KSt-Aufkommens bei Einführung einer Eigenkapitalverzinsung ausschließlich auf Basis des Eigenkapitalbestandes der Unternehmen. Dabei wird der positive Eigenkapitalbestand mit dem jeweiligen Zinssatz (2%, 3%, 4% und 5%) verzinst und dieser Betrag mit dem nominellen Körperschaftssteuersatz von 25% multipliziert. Daraus ergibt sich die Steuerersparnis je Unternehmen, die sodann auf das Gesamtaufkommen der Körperschaftsteuer hochgerechnet wird. Diese Simulationsmethode überschätzt tendenziell die Auswirkung der Eigenkapitalverzinsung, da die Profitabilität der Unternehmen, also die Frage, ob das jeweilige Unternehmen überhaupt einen steuerpflichtigen Gewinn ausweißt und Steuern zahlt, nicht berücksichtigt wird. Bei einem Unternehmen, das keinen steuerpflichtigen Gewinn erwirtschaftet, würde der steuerlich abzugsfähige Eigenkapitalverzinsungsbetrag den steuerlichen Verlust und somit den Verlustvortrag erhöhen, würde aber im Jahr der Eigenkapitalverzinsung nicht zu einer Steuerersparnis und somit auch nicht zu einer Reduktion des Steueraufkommens im selben Jahr führen. Da diese temporären Effekte aufgrund der vorliegenden Daten nicht simuliert werden können, überschätzt diese Simulation die Auswirkung der Eigenkapitalverzinsung. Der Vorteil dieser Simulationsmethode liegt jedoch darin, dass die Anforderungen an die zugrundeliegende Datenqualität eher gering sind. Dadurch kann die Stichprobe sehr groß und der Schätzfehler im Rahmen der Hochrechnung geringgehalten werden. Die zweite Simulationsmethode versucht die Profitabilität der Unternehmen zu berücksichtigen. Dabei wird sofern vorhanden der jährliche Steueraufwand verwendet um daraus die steuerliche Bemessungsgrundlage zu schätzen. Daraus wird sodann die Steuerersparnis des jeweiligen Unternehmens unter Anwendung einer Eigenkapitalverzinsung ermittelt und daraus die Auswirkungen auf die Steuereinnahmen des Bundes hochgerechnet. Auch diese Methode ermöglicht es nicht temporäre Effekte gänzlich auszuschließen. Die Position der Gewinn und Verlustrechnung „Steueraufwand“ enthält neben den jährlichen Steuerzahlungen auch die Veränderungen der latenten 6
Steuern. Latente Steuern sind zukünftige Steuerzahlungen oder Steuerminderungen, die sich aufgrund von Unterschieden zwischen den steuerrechtlichen und den unternehmensrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften ergeben. Da diese Methode höhere Anforderungen an die zugrundeliegende Datenqualität stellt, ist die Stichprobe entsprechend geringer wodurch der Schätzfehler bei der Hochrechnung der individuellen Steuerersparnis auf das Körperschaftsteueraufkommen größer wird. Diese Methode unterschätzt tendenziell die Wirkung einer Eigenkapitalverzinsung auf das Körperschaftsteueraufkommen. 3.1.1. Simulation 1 – Eigenkapitalbezogene Simulation 3.1.1.1. Datenquelle, Datenqualität, Deskriptive Statistik Die empirischen Daten österreichischer Kapitalgesellschaften werden der Unternehmensdatenbank „SABINA“ von Bureau van Dijk entnommen. 17 Die Primärquelle der Daten sind die im Firmenbuch veröffentlichten Jahresabschlüsse österreichischer Kapitalgesellschaften. Der Datensatz besteht aus 153.303 österreichischen aktiven Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, SE) während der Beobachtungperiode 2014 bis 2018. Wegen der für Simulation 1 erforderlichen Tiefe der Datenstruktur (Kennzahl „Eigenkapital“) verringert sich die Stichprobe auf 108.256 Unternehmen, für die zumindest einmal im Beobachtungszeitraum die Bilanzposition „Eigenkapital“ ausgewiesen ist. Daraus ergeben sich 541.280 Firmenjahr-Beobachtungen. Die finale Stichprobe, die ausschließlich jene Beobachtungen enthält, die über positives Eigenkapital verfügen und um fehlerhafte Daten bereinigt wurde, besteht aus 485.933 Firmenjahr-Beobachtungen. Tabelle 3 stellt die Stichprobe, deren Verteilung über den Beobachtungszeitraum und den damit verbundenen Erfassungsgrad der Grundgesamtheit dar. Dabei zeigt sich ein durchschnittlicher Erfassungsgrad von 89,52% der österreichischen Kapitalgesellschaften durch die Stichprobe. Grundgesamtheit Erfassungsquote Jahr Beobachtungen Kapital- Kapital- gesellschaften 18 gesellschaften 2014 85.287 100.479 84,88% 2015 90.925 103.101 88,19% 2016 97.425 103.706 93,94% 2017 93.314 104.841 89,00% 2018 99.220 108.364 91,56% Tabelle 2 – Stichprobengröße und Erfassungsgrad 17 Siehe https://www.bvdinfo.com/de-de/our-products/company-information/national-products/sabina. 18 Quelle: Statistik Austria. 7
3.1.1.2. Auswirkungen auf das Körperschaftssteueraufkommen Eine abzugsfähige fiktive Eigenkapitalverzinsung führt bei Verzinsung des gesamten Eigenkapitalbestandes zu einer entsprechenden Steuerersparnis für das Unternehmen und einer entsprechenden Reduktion des Körperschaftssteueraufkommens des Bundes. Insofern wird in der folgenden Simulation der Bestand des Eigenkapitals mit vier unterschiedlichen Zinssätzen (2%, 3%, 4%, und 5%) verzinst. Aus der simulierten Steuerersparnis der erfassten Unternehmen wird unter Berücksichtigung der Erfassungsquote der Stichprobe das Gesamtsteueraufkommen der Körperschaftssteuer abgeschätzt. Mit diesen auf mikroökonomisch-empirischen Daten fußenden simulierten Gesamtsteuerleistungen der betroffenen Unternehmen können die Auswirkungen einer steuerlich abzugsfähigen Eigenkapitalverzinsung auf die Steuerlast der Unternehmen und auf das Steueraufkommen des Bundes analysiert werden. Abbildung 1 – KSt-Aufkommen bei Eigenkapitalverzinsung Abbildung 1 stellt das tatsächliche Körperschaftssteueraufkommen des Bundes den fiktiven kumulierten Steuerzahlungen der österreichischen Kapitalgesellschaften bei Anwendung einer Eigenkapitalverzinsung mit vier unterschiedlichen Zinssätzen (2%, 3%, 4% und 5%) gegenüber. Im Durchschnitt erzielte der Bund in den Jahren 2014-2018 7,35 Mrd EUR an Körperschaftsteuereinnahmen mit einem Maximum im Jahr 2018 mit 9,16 Mrd EUR und einem Minimum im Jahr 2014 mit 5,91 Mrd EUR. Abhängig vom angewendeten Zinssatz würde sich das Körperschaftssteueraufkommen durchschnittlich auf 2,23 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz) bzw 5,30 Mrd EUR (bei 2% Zinssatz) reduzieren. Dadurch würde das Steueraufkommen von zuletzt (2018) 9,16 Mrd EUR auf 3,36 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz) bzw 6,84 Mrd EUR (bei 2% Zinssatz) sinken. 8
Daraus ergibt sich, wie aus Abbildung 2 ersichtlich, eine Reduktion des Körperschaftssteueraufkommens um durchschnittlich zwischen 2,04 Mrd EUR (bei 2% Zinssatz) und 5,11 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz). Die geringste Reduktion ergibt sich dabei im Jahr 2014 bei einem Zinssatz von 2% im Ausmaß von 1,76 Mrd EUR; die höchste Reduktion zeigt die Simulation mit 5% Zinssatz im Jahr 2018 mit 5,8 Mrd EUR. Bei einem Zinssatz von 2% hätte sich das Körperschaftssteueraufkommen im Jahr 2018 um 2,32 Mrd EUR reduziert. Abbildung 2 – KSt-Reduktion (in Mrd EUR) Bezogen auf die in den Jahren 2014-2018 real erzielten jährlichen Steueraufkommen würde eine Eigenkapitalverzinsung das Steueraufkommen um durchschnittlich 14,28 % (bei 2% Zinssatz) bzw 35,6% (bei 5% Zinssatz) verringern (siehe Abbildung 3). Abbildung 3 – Reduktion des Körperschaftssteueraufkommens (in Prozent) 9
In Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde eine Eigenkapitalverzinsung eine Reduktion des Körperschaftssteueraufkommens bzw eine Steuerentlastung österreichischer Kapitalgesellschaften im Ausmaß von rund 0,57% (bei 2% Zinssatz) bis 1,42% (bei 5% Zinssatz) bedeuten. 10
3.1.2. Simulation 2 – Gewinnbezogene Simulation 3.1.2.1. Datenquelle, Datenqualität, Deskriptive Statistik Die empirischen Daten österreichischer Kapitalgesellschaften werden der Unternehmensdatenbank „SABINA“ von Bureau van Dijk entnommen. 19 Die Primärquelle der Daten sind die im Firmenbuch veröffentlichten Jahresabschlüsse österreichischer Kapitalgesellschaften. Der Datensatz besteht aus 153.303 österreichischen aktiven Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, SE) während der Beobachtungperiode 2014 bis 2018. Wegen der für diese Simulation erforderlichen Tiefe der Datenstruktur (insb Kennzahl „Steuern vom Einkommen und Ertrag“) verringert sich die Stichprobe auf 8.157 Unternehmen, für die zumindest einmal im Beobachtungszeitraum die Jahresabschlussposition „Steuern vom Einkommen und Ertrag“ ausgewiesen ist. Daraus ergeben sich 40.785 Firmenjahr-Beobachtungen. Die finale Stichprobe, die ausschließlich jene Beobachtungen enthält, die über sämtliche erforderliche Daten verfügen (insb positives Eigenkapital und Steueraufwand), und um fehlerhafte Daten bereinigt wurde, besteht aus 23.395 Firmenjahr-Beobachtungen. Grundgesamtheit Erfassungsquote KSt KSt- Erfassungsquote Jahr Beobachtungen Kapital- Kapital- Beobachtungen Aufkommen KSt gesellschaften 20 gesellschaften (Mio EUR) (Mio EUR) 21 2014 4.473 100.479 4,45% 3.490,48 5.906 59,10% 2015 4.626 103.101 4,49% 3.983,49 6.320 63,03% 2016 4.097 103.706 3,95% 3.216,73 7.432 43,28% 2017 5.079 104.841 4,84% 4.858,19 7.904 61,46% 2018 5.120 108.364 4,72% 5.079,19 9.163 55,43% Tabelle 3 – Stichprobengröße und Erfassungsgrad Tabelle 3 stellt die Stichprobe, deren Verteilung über den Beobachtungszeitraum und den damit verbundenen Erfassungsgrad der Grundgesamtheit dar. Dabei zeigt sich ein durchschnittlicher Erfassungsgrad von 4,5% der österreichischen Kapitalgesellschaften durch die Stichprobe. Vergleicht man das von der Stichprobe erfasste Körperschaftsteueraufkommen („KSt Beobachtungen“) mit dem gesamten Körperschaftsteueraufkommen des Bundes („KSt-Aufkommen“) so erfasst die Stichprobe zwischen 43,28% und 63,03% (Durchschnitt: 56,46%) des österreichischen Körperschaftsteueraufkommens. Damit repräsentiert die Stichprobe einen signifikanten Anteil der österreichischen Kapitalgesellschaften und die aufkommensstärksten Betriebe und Branchen. 19 Siehe https://www.bvdinfo.com/de-de/our-products/company-information/national-products/sabina. 20 Quelle: Statistik Austria. 21 Quelle: Statistik Austria. 11
Steueraufwand Eigenkapital Bilanzsumme Jahresüberschuss Umsatzerlöse Jahr (Mittelwert) (Mittelwert) (Mittelwert) (Mittelwert) (Mittelwert) in TEUR in TEUR in TEUR in TEUR in TEUR 2014 598,63 18.412,74 46.557,94 3.497,85 58.051,26 2015 552,48 20.080,03 49.713,51 3.434,69 70.747,50 2016 251,03 21.751,41 52.814,54 2.449,35 70.601,73 2017 656,47 22.826,77 54.692,59 3.727,88 76.289,68 2018 694,61 24.332,05 57.719,81 3.797,85 83.844,60 Durchschnitt 505,78 21.533,27 52.398,09 3.383,95 71.794,22 Median 4,81 2.810,18 9.856,56 459,38 15.453,64 Minimum 0,00 1,00 1,00 -1.034.335,81 0,00 Maximum 275.758,41 4.760.320,60 10.654.161,90 2.486.573,09 18.189.002,30 Standard- 3.676,55 131.630,81 241.120,20 36.983,46 357.806,06 Abweichung Tabelle 4 – Deskriptive Statistik der Stichprobe Tabelle 4 gibt einen Überblick über die für die Untersuchung wesentlichen Kennzahlen der Unternehmen der Stichprobe. Der durchschnittliche jährliche Steueraufwand der Unternehmen der Stichprobe beträgt 505.776 EUR, das durchschnittliche Eigenkapital beträgt 21.533.269 EUR, die durchschnittliche Bilanzsumme 52.398.092 EUR und der durchschnittliche Jahresüberschuss beträgt 3.383.950 EUR bei durchschnittlichen Umsatzerlösen iHv 71.794.220 EUR. Die durchwegs vergleichsweise großen Unterschiede zwischen den Mittelwerten und den Medianwerten zeigen an, dass die Stichprobe aus sehr vielen Beobachtungen besteht, die jeweils deutlich geringere Werte als die Durchschnittswerte aufweisen und die Durchschnittswerte von wenigen sehr großen Unternehmen nach oben verzerrt werden. Dies entspricht weitgehend der Struktur der österreichischen Wirtschaft, die auf sehr vielen sehr kleinen Unternehmen basiert und im internationalen Vergleich eher wenige sehr große Unternehmen aufweist. 3.1.2.2. Auswirkungen auf das Körperschaftssteueraufkommen Eine abzugsfähige fiktive Eigenkapitalverzinsung führt bei Verzinsung des gesamten Eigenkapitalbestandes zu einer entsprechenden Steuerersparnis für das Unternehmen und einer entsprechenden Reduktion des Körperschaftssteueraufkommens des Bundes. Insofern wird in der folgenden Simulation der Bestand des Eigenkapitals mit vier unterschiedlichen Zinssätzen (2%, 3%, 4%, und 5%) verzinst. Aus den simulierten Steuerzahlungen der erfassten Unternehmen wird unter Berücksichtigung der Erfassungsquote der Stichprobe das Gesamtsteueraufkommen der Körperschaftssteuer abgeschätzt. Mit diesen auf mikroökonomisch-empirischen Daten fußenden simulierten Gesamtsteuerleistungen der betroffenen Unternehmen können die Auswirkungen einer 12
steuerlich abzugsfähigen Eigenkapitalverzinsung die Steuerlast der Unternehmen und auf das Steueraufkommen des Bundes analysiert werden. Abbildung 4 – KSt-Aufkommen bei Eigenkapitalverzinsung Abbildung 4 stellt das tatsächliche Körperschaftssteueraufkommen des Bundes den fiktiven kumulierten Steuerzahlungen der österreichischen Kapitalgesellschaften bei Anwendung einer Eigenkapitalverzinsung mit vier unterschiedlichen Zinssätzen (2%, 3%, 4% und 5%) gegenüber. Im Durchschnitt erzielte der Bund in den Jahren 2014-2018 7,35 Mrd EUR an Körperschaftsteuereinnahmen mit einem Maximum im Jahr 2018 mit 9,16 Mrd EUR und einem Minimum im Jahr 2014 mit 5,91 Mrd EUR. Abhängig vom angewendeten Zinssatz würde sich das Körperschaftssteueraufkommen durchschnittlich auf 4,72 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz) bzw 6,30 Mrd EUR (bei 2% Zinssatz) reduzieren. Dadurch würde das Steueraufkommen von zuletzt (2018) 9,16 Mrd EUR auf 5,89 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz) bzw 7,85 Mrd EUR (bei 2% Zinssatz) sinken. Daraus ergibt sich, wie aus Abbildung 5 ersichtlich, eine durchschnittliche Reduktion des Körperschaftssteueraufkommens um durchschnittlich zwischen 1,05 Mrd EUR (bei 2% Zinssatz) und 2,62 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz). Die geringste Reduktion ergibt sich dabei im Jahr 2014 bei einem Zinssatz von 2% im Ausmaß von 0,78 Mrd EUR; die höchste Reduktion zeigt die Simulation mit 5% Zinssatz im Jahr 2018 mit 3,27 Mrd EUR. Bei einem Zinssatz von 2% hätte sich das Körperschaftssteueraufkommen im Jahr 2018 um 1,31 Mrd EUR reduziert. Bezogen auf die in den Jahren 2014-2018 real erzielten jährlichen Steueraufkommen würde eine Eigenkapitalverzinsung das Steueraufkommen um durchschnittlich 14,28 % (bei 2% Zinssatz) bzw 35,6% (bei 5% Zinssatz) verringern (siehe Abbildung 6). 13
Abbildung 5 – Reduktion des Körperschaftssteueraufkommens (in Mrd EUR) Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde eine Eigenkapitalverzinsung eine Reduktion des Körperschaftssteueraufkommen Steuerentlastung österreichischer Kapitalgesellschaften im Ausmaß von rund 0,29% (bei 2% Zinssatz) bis 0,73% (bei 5% Zinssatz) bedeuten. Im Jahr 2018 ergibt sich bei einer Verzinsung mit 5% die höchste Reduktion im Ausmaß von 0,85% des BIP. Abbildung 6 – Reduktion des Körperschaftssteueraufkommens in % 14
3.1.3. Gegenüberstellung der beiden Simulationsmethoden Wie oben beschrieben haben beide Simulationsmethoden Vor- und Nachteile. Simulationsmethode 1 überschätzt tendenziell die Auswirkung der Eigenkapitalverzinsung, da sie die Profitabilität bzw die Steuerleistung der betrachteten Unternehmen nicht berücksichtigt und somit implizit davon ausgeht, dass die Eigenkapitalverzinsung jedenfalls zu einer Steuerersparnis führt. Bei einem Unternehmen, das keinen steuerpflichtigen Gewinn erwirtschaftet, würde der steuerlich abzugsfähige Eigenkapitalverzinsungsbetrag den steuerlichen Verlust und somit den Verlustvortrag erhöhen, würde aber im Jahr der Eigenkapitalverzinsung nicht zu einer Steuerersparnis und somit auch nicht zu einer Reduktion des Steueraufkommens im selben Jahr führen. Da diese temporären Effekte aufgrund der vorliegenden Daten nicht simuliert werden können, überschätzt diese Simulation die Auswirkung der Eigenkapitalverzinsung. Bei Simulationsmethode 2 ist demgegenüber aufgrund der geringen Stichprobengröße eher davon auszugehen, dass sie die Aufkommenswirkung tendenziell unterschätzt. Aus diesem Grund werden im Folgenden die Ergebnisse beider Methoden einander gegenübergestellt und zusätzlich das arithmetische Mittel aus beiden dargestellt. Abbildung 7 stellt die Ergebnisse beider Simulationen hinsichtlich der Reduktion des KSt-Aufkommens bei Anwendung einer Eigenkapitalverzinsung dar. Im Durchschnitt zeigt sich ein Aufkommensrückgang bei einem Zinssatz von 2% um 1,55 Mrd EUR jährlich bzw bei einem Zinssatz von 5% um 3,87 Mrd EUR jährlich. Dies stellt eine Reduktion des KSt-Aufkommens auf Basis des fünfjährigen Durchschnitts (2014-2018) des real erzielten KSt-Aufkommens um 21,06% (bei einem Zinssatz von 2%) bzw um 52,95% (bei einem Zinssatz von 5%) dar. Wie aus Abbildung 8 ersichtlich wird, würde dadurch das KSt- Aufkommen bei einem Zinssatz von 2% auf durchschnittlich 5,80 Mrd EUR jährlich bzw bei einem Zinssatz von 5% auf 3,48 Mrd EUR jährlich sinken. Abbildung 7 – Gegenüberstellung – Reduktion des KSt-Aufkommens (in Mrd EUR) 15
Abbildung 8 – Gegenüberstellung – KSt-Aufkommen (in Mrd EUR) Reiht man die Unternehmen nach ihrer Bilanzsumme in Dezile, so wird deutlich, dass der Absolutbetrag der Steuerersparnis mit der Größe des Unternehmens zunimmt (siehe Tabelle 5). Dieses Ergebnis ist nur wenig überraschend, da Unternehmen mit einer größeren Bilanzsumme in der Regel auch über höhere Eigenkapitalbeträge verfügen. Tabelle 5 stellt die Steuerersparnis nach Unternehmensgröße gegliedert für beide Simulationen sowie für das arithmetische Mittel der beiden Simulationen dar. Die kleinsten Unternehmen (Dezil 1) würden bei Simulation 1 jährlich durchschnittlich eine Steuerentlastung zwischen 306 EUR (bei 2 % Zinssatz) und 762 EUR (bei 5% Zinssatz) verzeichnen; bei Simulation 2 zwischen 157 EUR (bei 2 % Zinssatz) und 391 EUR (bei 5% Zinssatz) und im Durchschnitt der beiden Simulationen würde die jährliche Steuerbelastung der kleinsten Unternehmen zwischen 232 EUR (bei 2 % Zinssatz) und 577 EUR (bei 5% Zinssatz) betragen. Bei den größten Unternehmen (Dezil 10) würde die Entlastung bei Simulation 1 jährlich zwischen 1,045 Mio EUR (bei 2 % Zinssatz) und 2,61 Mio EUR (bei 5% Zinssatz) betragen; bei Simulation 2 zwischen 536.179 EUR (bei 2 % Zinssatz) und 1,34 Mio EUR (bei 5% Zinssatz) und im Durchschnitt der beiden Simulationen würde die jährliche Steuerbelastung der größten Unternehmen zwischen 790.717 EUR (bei 2 % Zinssatz) und 1,98 Mio EUR (bei 5% Zinssatz) betragen. Die mittelgroßen Kapitalgesellschaften (Dezile 4 bis 7) würden durchschnittlich bei Simulation 1 um Beträge zwischen 12.668 EUR (bei 2% Zinssatz) und 124.979 EUR (bei 5% Zinssatz), bei Simulation 2 um Beträge zwischen 6.498 EUR (bei 2% Zinssatz) und 64.110 EUR (bei 5% Zinssatz) und im arithmetischen Mittel der beiden Simulationen um Beträge zwischen 9.583 EUR (bei 2% Zinssatz) und 94.545 EUR (bei 5% Zinssatz) entlastet werden. 16
Ersparnis Ersparnis Ersparnis Ersparnis (bei 2% Zinssatz) (bei 3% Zinssatz) (bei 4% Zinssatz) (bei 5% Zinssatz) Dezile Sim. 1 Sim. 2 Durchsch. Sim. 1 Sim. 2 Durchsch. Sim. 1 Sim. 2 Durchsch. Sim. 1 Sim. 2 Durchsch. 1 306 157 232 458 235 347 610 313 462 762 391 577 (0%-10%) 2 1.692 868 1.280 2.538 1.302 1.920 3.384 1.736 2.560 4.230 2.170 3.200 (10%-20%) 3 5.384 2.762 4.073 8.075 4.142 6.108 10.767 5.523 8.145 13.459 6.904 10.182 (20%-30%) 4 12.668 6.498 9.583 18.999 9.746 14.373 25.333 12.995 19.164 31.667 16.244 23.955 (30%-40%) 5 21.485 11.021 16.253 32.228 16.532 24.380 42.970 22.042 32.506 53.713 27.553 40.633 (40%-50%) 6 33.076 16.967 25.022 49.614 25.450 37.532 66.151 33.933 50.042 82.688 42.416 62.552 (50%-60%) 7 49.992 25.644 37.818 74.988 38.466 56.727 99.984 51.288 75.636 124.979 64.110 94.545 (60%-70%) 8 79.904 40.988 60.446 119.854 61.481 90.668 159.806 81.975 120.891 199.759 102.469 151.114 (70%-80%) 9 154.073 79.034 116.554 231.108 118.550 174.829 308.144 158.067 233.106 385.181 197.584 291.382 (80%-90%) 10 1.045.256 536.179 790.717 1.567.885 804.269 1.186.077 2.090.512 1.072.358 1.581.435 2.613.141 1.340.448 1.976.794 (90%-100%) Tabelle 5 – Durchschnittliche Steuerersparnis nach Unternehmensgröße 17
Tabelle 5 zeigt, dass der Absolutbetrag der Steuerersparnis mit der Größe des Unternehmens steigt. Diese Relation wird auch aus Tabelle 6 ersichtlich, die den jeweiligen Anteil der Unternehmen an der Gesamtentlastung nach Unternehmensgröße darstellt. Auch hier werden die Unternehmen nach ihrer Bilanzsumme in Dezile unterteilt. Der relative Anteil an der Gesamtentlastung ist vom angewendeten Zinssatz der Eigenkapitalzuwachsverzinsung unabhängig, weshalb Tabelle 6 keine differenzierte Darstellung nach den angewendeten Zinssätzen enthält. In beiden Simulationen steigt der Anteil am Gesamtentlastungsvolumen mit der Größe der Unternehmen an. Der Gruppe der kleinsten Unternehmen (Dezil 1) kommt ein Anteil von 0,12% (Simulation 1) bzw 0,02% (Simulation 2) – durchschnittlich 0,07% – des Gesamtentlastungsvolumens zu. Der Anteil der größten Unternehmen (Dezil 10) an der Gesamtentlastung würde je nach Simulationsmethode zwischen 74,15% und 92,43% (durchschnittlich 83,29%) betragen. Dies bedeutet, dass beispielsweise bei einer Eigenkapitalverzinsung mit 2% vom Gesamtentlastungsvolumen von rund 1,55 Mrd EUR 1,15 Mio EUR auf die größten Unternehmen entfallen würde. Anteil an der Gesamtentlastung Dezile Simulation 1 Simulation 2 Durchschnitt 1 (0%-10%) 0,12% 0,02% 0,07% 2 (10%-20%) 0,03% 0,12% 0,07% 3 (20%-30%) 0,07% 0,39% 0,23% 4 (30%-40%) 0,15% 0,91% 0,53% 5 (40%-50%) 0,27% 1,54% 0,91% 6 (50%-60%) 0,47% 2,38% 1,43% 7 (60%-70%) 0,85% 3,60% 2,23% 8 (70%-80%) 1,64% 5,78% 3,71% 9 (80%-90%) 3,96% 11,11% 7,54% 10 (90%-100%) 92,43% 74,15% 83,29% Tabelle 6 – Anteil an der Gesamtentlastung nach Unternehmensgröße Zwar wird aus Tabelle 5 und Tabelle 6 ersichtlich, dass der Absolutbetrag der Steuerersparnis mit der Größe des Unternehmens steigt, dies ist aber eine automatische Reaktion, die auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass größere Unternehmen in aller Regel über höhere Eigenkapitalbestände verfügen. Diese Beziehung sagt aber nicht zwingend etwas über die Profitabilität des Unternehmens und über die relative Steuerleistung bzw effektive Steuerquote des Unternehmens aus. Insofern kann daraus nicht geschlossen werden, dass große Unternehmen relativ zu ihrer Größe stärker von einer Eigenkapitalverzinsung profitieren würden als kleine oder mittelgroße Unternehmen. 18
Um entsprechende Aussagen zur Entlastungswirkung einer steuerlich abzugsfähigen Eigenkapitalverzinsung tätigen zu können, wird in Tabelle 7 die durch die Eigenkapitalverzinsung eintretende Steuerersparnis relativ zum Steueraufwand vor Berücksichtigung der Eigenkapitalverzinsung dargestellt. Aufgrund der dafür erforderlichen Datenqualität und Datentiefe ist diese Darstellung nur für die Ergebnisse der Simulation 2 möglich. Reiht man die Unternehmen wiederum nach deren Größe in 10 Dezile so zeigt sich, dass kleinere Unternehmen (Dezil 1) in etwas geringerem Ausmaß von einer Eigenkapitalverzinsung profitieren würden. Ersparnis in % des Ersparnis in % des Ersparnis in % des Ersparnis in % des Dezile Steueraufwand Steueraufwand Steueraufwand Steueraufwand (bei 2% Zinssatz) (bei 3% Zinssatz) (bei 4% Zinssatz) (bei 5% Zinssatz) 1 (0%-10%) 16,64% 24,97% 33,29% 41,61% 2 (10%-20%) 24,38% 36,57% 48,76% 60,95% 3 (20%-30%) 22,92% 34,39% 45,85% 57,31% 4 (30%-40%) 22,89% 34,33% 45,78% 57,22% 5 (40%-50%) 21,45% 32,17% 42,90% 53,62% 6 (50%-60%) 20,01% 30,01% 40,02% 50,02% 7 (60%-70%) 21,64% 32,46% 43,28% 54,10% 8 (70%-80%) 22,89% 34,33% 45,78% 57,22% 9 (80%-90%) 23,91% 35,86% 47,82% 59,77% 10 (90%-100%) 27,51% 41,26% 55,02% 68,77% Tabelle 7 – Steuerersparnis in % des Steueraufwands Abhängig vom angewendeten Eigenkapitalzinssatz beträgt die durchschnittliche Steuerersparnis zwischen 16,64% (bei 2% Zinssatz) und 41,61% (bei 5% Zinssatz) der Steuerzahlung vor Berücksichtigung der Eigenkapitalverzinsung. Bei den mittelgroßen Unternehmen (Dezile 4 bis 7) würde die Steuerersparnis bei einem Zinssatz von 2% zwischen 20,01% und 22,89% bzw bei einem Zinssatz von 5% zwischen 50,02% und 57,22% des Steueraufwands vor Berücksichtigung der Eigenkapitalverzinsung betragen. Zwar würden die größten Unternehmen die relativ zum Steueraufwand größten Entlastungen im Ausmaß zwischen 27,51% (bei 2 % Zinssatz) und 68,77% (bei 5% Zinssatz) des ausgewiesenen durchschnittlichen Steueraufwands vor Berücksichtigung der Eigenkapitalverzinsung verzeichnen. Der Unterschied zwischen den durchschnittlichen Entlastungen zwischen den einzelnen Dezilen ist aber weitaus geringer als bei der Betrachtung der Absolutbeträge. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in der Regel auch der Steueraufwand mit wachsender Unternehmensgröße zunimmt. Die Tabellen 5, 6 und 7 zeigen somit, dass die Steuerersparnis aus einer Eigenkapitalverzinsung naturgemäß mit der Größe des Unternehmens ansteigt. Während die Unterschiede der 19
Absolutbeträge der Steuerersparnis zwischen den kleinsten und größten Unternehmen sehr groß sind, sind diese Unterschiede, wenn sie zum Steueraufwand in Beziehung gesetzt werden eher gering. 3.2. Personengesellschaften Bei der Simulation der Aufkommenswirkung einer Eigenkapitalverzinsung für Personengesellschaften sind mehrere Aspekte zu beachten. Das steuerrechtliche Transparenzprinzip führt dazu, dass die Personengesellschaft zwar das Objekt der steuerlichen Gewinnermittlung ist, die Besteuerung erfolgt aber direkt beim Gesellschafter. Dies hat für die Simulation zwei wesentliche Folgen. Zum einen weißen Personengesellschaften in ihren Jahresabschlüssen keinen Steueraufwand aus und zum anderen ist die Höhe der effektiven Steuerzahlung der Personengesellschafter nicht aus den offengelegten Daten ablesbar. Die Simulation verwendet daher drei unterschiedliche Durchschnittsteuersätze (20%, 30% und 40%) um die Aufkommenswirkung zu ermitteln. Des Weiteren ermöglicht die Datenverfügbarkeit ausschließlich die Durchführung der oben beschriebenen Simulationsmethode 1. Diese Methode modelliert die Reaktion des Ertragsteuer- Aufkommens bei Einführung einer Eigenkapitalverzinsung ausschließlich auf Basis des Eigenkapitalbestandes der Unternehmen. Dabei wird der positive Eigenkapitalbestand mit dem jeweiligen Zinssatz (2%, 3%, 4% und 5%) verzinst und dieser Betrag mit drei unterschiedlichen Durchschnittsteuersätzen (20%, 30% und 40%) multipliziert. Daraus ergibt sich die Steuerersparnis je Unternehmen, die sodann auf das Gesamtaufkommen der Einkommensteuer hochgerechnet wird. Diese Simulationsmethode überschätzt tendenziell die Auswirkung der Eigenkapitalverzinsung, da die Profitabilität der Unternehmen, also die Frage, ob das jeweilige Unternehmen überhaupt einen steuerpflichtigen Gewinn ausweißt und die Gesellschafter entsprechend Steuern zahlen, nicht berücksichtigt wird. Bei einem Unternehmen, das keinen steuerpflichtigen Gewinn erwirtschaftet, würde der steuerlich abzugsfähige Eigenkapitalverzinsungsbetrag den steuerlichen Verlust und somit den Verlustvortrag des Gesellschafters erhöhen, würde aber im Jahr der Eigenkapitalverzinsung nicht zu einer Steuerersparnis und somit auch nicht zu einer Reduktion des Steueraufkommens im selben Jahr führen. Da diese temporären Effekte aufgrund der vorliegenden Daten nicht simuliert werden können, überschätzt diese Simulation die Auswirkung der Eigenkapitalverzinsung. Der Vorteil dieser Simulationsmethode liegt jedoch darin, dass die Anforderungen an die zugrundeliegende Datenqualität eher gering sind. Dadurch kann die Stichprobe sehr groß und der Schätzfehler im Rahmen der Hochrechnung geringgehalten werden. 20
3.2.1. Datenquelle, Datenqualität, Deskriptive Statistik Die empirischen Daten österreichischer Personengesellschaften werden der Unternehmensdatenbank „SABINA“ von Bureau van Dijk entnommen. 22 Die Primärquelle der Daten sind die im Firmenbuch veröffentlichten Jahresabschlüsse österreichischer Personengesellschaften. Der Datensatz besteht aus 16.562 österreichischen aktiven Personengesellschaften (OG, KG, GmbH & Co KG) während der Beobachtungperiode 2014 bis 2018. Wegen der für die Simulation erforderlichen Tiefe der Datenstruktur (Kennzahl „Eigenkapital“) verringert sich die Stichprobe auf 10.682 Unternehmen, für die zumindest einmal im Beobachtungszeitraum die Bilanzposition „Eigenkapital“ ausgewiesen ist. Daraus ergeben sich 53.410 Firmenjahr-Beobachtungen. Tabelle 8 stellt die Stichprobe, deren Verteilung über den Beobachtungszeitraum und den damit verbundenen Erfassungsgrad der Grundgesamtheit dar. Dabei zeigt sich ein durchschnittlicher Erfassungsgrad von 19,47% der österreichischen Personengesellschaften durch die Stichprobe. Grundgesamtheit Erfassungsquote Jahr Beobachtungen Personen- Personen- gesellschaften 23 gesellschaften 2014 10.682 58.857 18,15% 2015 10.682 53.666 19,90% 2016 10.682 53.886 19,82% 2017 10.682 53.781 19,86% 2018 10.682 54.404 19,63% Tabelle 8 – Stichprobengröße und Erfassungsgrad 3.2.2. Aufkommenswirkung Wie oben skizziert ist die Simulation der Aufkommenswirkung einer Eigenkapitalverzinsung für Personengesellschaften bzw Einzelunternehmen bei der in Österreich vorliegenden Datenlage nur unvollständig möglich. Aus dieser Unvollständigkeit ergeben sich zwangsläufig Schätzfehler, deren Größe und Bedeutung nicht festgestellt werden kann. Diese Ungenauigkeit und Unvollständigkeit ist der geringen öffentlichen Verfügbarkeit von entsprechenden Daten von Personengesellschaften und bilanzierenden Einzelunternehmen geschuldet. Auf diese Unvollständigkeit und Ungenauigkeit ist bei der Interpretation der Simulationsergebnisse Rücksicht zu nehmen, insb können die Ergebnisse nur als Bandbreite einer möglichen Reduktion des Steueraufkommens des Bundes angesehen werden. 22 Siehe https://www.bvdinfo.com/de-de/our-products/company-information/national-products/sabina. 23 Quelle: Statistik Austria. 21
Tabelle 9 und Abbildung 9 zeigen die Ergebnisse der Simulation einer Eigenkapitalverzinsung bei Personengesellschaften dar. Dabei werden drei Szenarien hinsichtlich des effektiven Steuersatzes der Personengesellschafter (20%, 30% und 40%) und vier Szenarien hinsichtlich des Zinssatzes der Eigenkapitalverzinsung (2%, 3%, 4% und 5%) simuliert. Die Berechnungsbasis für die Simulation stellen die veröffentlichten Eigenkapitalbestände der österreichischen Personengesellschaften dar, die sich aus der Eigenkapitalverzinsung ergebende Steuerersparnis wird unter Berücksichtigung des Erfassungsgrades der Grundgesamtheit durch die Stichprobe hochgerechnet. Abbildung 9 – Reduktion Steueraufkommen Personengesellschaften (in Mrd EUR) Reduktion Steueraufkommen (in Mio EUR) Effektiver Steuersatz 20% EK-Zinssatz 2014 2015 2016 2017 2018 Mittelwert 2% 603,72 582,39 715,53 792,39 829,40 704,68 3% 905,58 873,58 1.073,30 1.188,58 1.244,10 1.057,03 4% 1.207,43 1.164,77 1.431,06 1.584,77 1.658,80 1.409,37 5% 1.509,29 1.455,97 1.788,88 1.980,97 2.073,50 1.761,71 Effektiver Steuersatz 30% EK-Zinssatz 2014 2015 2016 2017 2018 Mittelwert 2% 905,57 873,58 1.073,30 1.188,58 1.244,10 1.057,03 3% 1.358,36 1.310,37 1.609,95 1.782,87 1.866,15 1.585,54 4% 1.811,15 1.747,16 2.146,59 2.377,16 2.488,20 2.114,05 5% 2.263,94 2.183,95 2.683,24 2.971,45 3.110,25 2.642,57 Effektiver Steuersatz 40% EK-Zinssatz 2014 2015 2016 2017 2018 Mittelwert 2% 1.207,43 1.164,77 1.431,06 1.584,77 1.658,80 1.409,37 3% 1.811,15 1.747,16 2.146,59 2.377,16 2.488,20 2.114,05 4% 2.414,86 2.329,55 2.862,12 3.169,55 3.317,60 2.818,74 5% 3.018,58 2.911,94 3.577,66 3.961,93 4.147,00 3.523,42 Tabelle 9 – Reduktion Steueraufkommen Personengesellschaften (in Mrd EUR) 22
Die Ergebnisse zeigen, dass abhängig vom angewendeten Eigenkapitalzinssatz und vom angenommenen Durchschnittssteuersatz, die Reduktion des Steueraufkommens zwischen 603 Mio EUR (2% Zinssatz, 20% Steuersatz, Jahr 2014) und 4,14 Mrd EUR (5% Zinssatz, 40% Steuersatz, Jahr 2018) betragen würde. Basierend auf dem fünfjährigen arithmetischen Mittel der Eigenkapitalbestände ergibt sich, bei einem angenommenen Durchschnittssteuersatz von 20%, eine Aufkommensreduktion im Ausmaß von 704 Mio EUR (bei 2% Zinssatz) bis 1,76 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz). Bei einem angenommenen Durchschnittssteuersatz von 30% ergibt sich eine Aufkommensreduktion im Ausmaß von 1,06 Mrd EUR (bei 2% Zinssatz) bis 2,64 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz) und bei einem angenommenen Durchschnittssteuersatz von 40% im Ausmaß von 1,41 Mio EUR (bei 2% Zinssatz) bis 3,52 Mrd EUR (bei 5% Zinssatz). Setzt man diese Reduktion in Beziehung zum fünfjährigen Durchschnitt der Steuereinnahmen des Bundes aus veranlagter Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, so beträgt diese Reduktion zwischen 6,31% (2% Zinssatz, 20% Steuersatz) und 31,54% (5% Zinssatz, 40% Steuersatz); durchschnittlich rund 48%. 3.3. Zusammenführung der Ergebnisse Reduktion Steueraufkommen (in Mrd EUR) Zinssatz Simulation 2% 3% 4% 5% Durchschnitt 2,251 3,377 4,503 5,628 + 20 % ESt Durchschnitt 2,604 3,905 5,207 6,509 + 30 % ESt Durchschnitt 2,956 4,434 5,912 7,390 + 40 % ESt Simulation 1 2,749 4,124 5,498 6,873 + 20 % ESt Simulation 1 3,102 4,652 6,203 7,754 + 30 % ESt Simulation 1 3,454 5,181 6,908 8,635 + 40 % ESt Simulation 2 1,753 2,630 3,507 4,384 + 20 % ESt Simulation 2 2,106 3,159 4,212 5,264 + 30 % ESt Simulation 2 2,458 3,687 4,916 6,145 + 40 % ESt Tabelle 10 – Zusammenführung der Ergebnisse Tabelle 10 führt die Ergebnisse der verschiedenen Simulationen und Szenarien zusammen. Dabei werden jeweils die Ergebnisse der Simulationen für Kapitalgesellschaften („Simulation 1“, „Simulation 2“, „Durchschnitt“) mit den Ergebnissen der Simulationen für Personengesellschaften 23
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