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www.ssoar.info Europa und die EU - wer definiert wen? Losang, Eric Veröffentlichungsversion / Published Version Rezension / review Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Losang, E. (2014). Europa und die EU - wer definiert wen? [Rezension des Buches The social atlas of Europe, von D. Ballas, D. Dorling, & B. Hennig]. Europa Regional, 20.2012(2-3), 140-143. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168- ssoar-424074 Nutzungsbedingungen: Terms of use: Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine This document is made available under Deposit Licence (No Weiterverbreitung - keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt. Redistribution - no modifications). We grant a non-exclusive, non- Gewährt wird ein nicht exklusives, nicht übertragbares, transferable, individual and limited right to using this document. persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses This document is solely intended for your personal, non- Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für commercial use. All of the copies of this documents must retain den persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt. all copyright information and other information regarding legal Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle protection. You are not allowed to alter this document in any Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen way, to copy it for public or commercial purposes, to exhibit the Schutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokument document in public, to perform, distribute or otherwise use the nicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Sie document in public. dieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zwecke By using this particular document, you accept the above-stated vervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oder conditions of use. anderweitig nutzen. Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedingungen an.
Europa Regional 20, 2012 (2014) 2-3 Dimitris Ballas, Danny Dorling, krebsroten Türkei, die gleichsam mit ei- dass sie keine Einleitung oder Zusam- Benjamin Hennig: ner „Zange“ ins östliche „Hinterteil“ Eu- menfassung aufweisen, sondern direkt The Social Atlas of Europe ropas kneift. Selbstverständlich macht mit einem Kartenblatt beginnen. So er- Bristol (Uk) 2014, Policy Press, IX, dieses, hier sehr polemisch beschriebene, schließt sich die Füllung des themati- 211 Seiten, 173 Karten, 41 Abbildungen, Cover neugierig, und die für ein „coffee schen Rahmens erst nach der Kartenlek- Literaturverzeichnis S. 200-211 table book“ charakteristische Größe im türe. ISBN 978-1-44731-353-3 Bereich von DIN-A4 (Querformat) lädt Die Einleitung greift die formulierten geradezu zum Schmökern ein. Ziele auf und schafft durch die Aufzäh- Europa und die EU – wer definiert Ein Blick in den Klappentext konkreti- lung der, auf Dekaden eingegrenzten, bis- wen? siert die Darstellung des Schutzum- herigen Phasen der Entwicklung der EU Als im Jahr 2010 der „Atlas der wirkli- schlags, indem er herausstellt, dass (von „A peaceful Europe“ bis „A decade of chen Welt“ mit dem reißerischen Unter- „many of us think of European countries further expansion“) die Basis für die Not- titel „So haben sie die Erde noch nie ge- as discreet entities [...]. But in fact Europe wendigkeit eines anderen Blicks auf Eu- sehen“ auf den Markt kam, war dessen is at once a unified place and a sophisti- ropa, auch wenn, „at this stage it cannot ausgefallene kartographische Darstellung cated fragmented one, and national be predicted how the current, nicht unumstritten. Aus dem Worldmap- boundaries rarely reflect its social and seventh(2010s) decade might be la- per-Projekt abgeleitet projizierte der At- economic realities”. Dieser aufgezeigten belled“. Die Autoren sehen Europa bezüg- las über 382 für alle Staaten der Welt Diskrepanz möchte man aus dem Blick- lich der Ausgestaltung der EU-Politik in verfügbare Indikatoren als Absolutwerte winkel des Humankartographen mit den der Zeit nach der Finanzkrise an einen im Rahmen von Kartenanamorphoten1. „latest state-of-the-art geographical in- Scheideweg zwischen Prosperität und Die durch die mathematische Verzerrung formation systems and new cartographic Massenarmut, zwischen gesellschaftli- häufig nahezu unkenntlichen Staaten techniques” beikommen. Ziel ist es, unter chem Zusammenwachsen und sozialer wurden durch eine dezidierte, kontinent- Einsatz weitreichender statistischer Da- und wirtschaftlicher Ungleichheit. Aus bezogene Farbgebung kenntlich gemacht ten neue Perspektiven auf Europa zu er- diesem Grund greift der humangeogra- − eine Vorgehensweise, die im Rahmen öffnen und durch ein komplettes Neuden- phische Ansatz auf die Betrachtung der kartographischer Sinnsuche in allen ken des Raums den Kontinent in seiner „European people“ anstatt eines „Europe räumlichen Darstellungsformen häufig wirklichen Form verständlich zu machen. of nations“ zurück. In diesem Zusammen- kritisiert wurde (u.a. in der Rezension Die versprochenen verschiedenen Per- hang sollen die Karten multiperspekti- von Werner Stams in den Kartographi- spektiven spiegelt die Wahl derer, denen visch die Differenzen und Similaritäten schen Nachrichten 2011/4). dieser Band gewidmet ist wider: Jean Mo- zwischen Staaten, Regionen und großen Der erste Eindruck beim Blick auf das net (einer der Gründungsväter der EU), Städten herausstellen und den Leser dazu schlicht gehaltene Cover des „The Social Janos Szego (Begründer der europäi- befähigen, Europa als eine „single large Atlas of Europe“: Ein Auszug aus oben ge- schen Tradition der human cartography) group of people“ wahrzunehmen (S. 2). nanntem Werk mit Fokus Europa, ganz in und Pavlos Fyssas (der 2013 in Athen er- Eine erste Einschränkung der Multi- der Tradition der in den letzten Jahren mordet wurde), wobei eine eingehende perspektivität erfährt der Atlas aller- sehr erfolgreichen (Atlas-) Publikationen Recherche zur letzten Person einen links- dings bereits mit der Festlegung der Aus- von Danny Doorling, dem Initiator des politisch orientierten Musiker und Euro- wahl der behandelten Länder. „We in- Worldmapper-Projektes und bedeutends- pabefürworter offenbart. clude in this atlas all states, that have ter Verfechter des Einsatzes von Kreis- Die vierseitige Inhaltsübersicht (IV-VII) demonstrated a strong commitment to a kartogrammen und Kartenanamorphoten unterstreicht die Komplexität der Heran- common European future by their close (u.a. A new social atlas of Britain, People gehensweise. Neben einem kurzen Ein- association to the EU either as current and places: a 2001 census atlas of the UK, leitungs- und Schlusskapitel weist der At- members or official candidate states (or Inequality and the 1 %) in statistischen las elf Kapitel auf, die sich, mit Ausnahme official potential candidates)” (S. 3). Er- Visualisierungen. Der Schutzumschlag von „Identity and Culture“ an typischen gänzt werde diese durch die Mitglieder zeigt ein verzerrtes Europa mit einem kultur-, wirtschafts- und sozialgeographi- des Europäischen Wirtschaftsraums, der „unnatürlich“ aufgeblähten südlichen schen Themen orientierten (Demogra- Schengen Zone und der Europäischen England (Schottland wird zur Margina- phie, Bildung, Arbeit, Industrie und Ar- Währungsunion. Die Liste umfasst so- lie), einem stark vergrößerten Bereich beitsplätze, Gesundheit, Politik, Wirt- dann 43 Staaten (S. 5), von denen der der Benelux-Länder, nahezu unkenntli- schaft, Umwelt) und diese durch zwei Kosovo als von nicht allen (auch europä- chen skandinavischen Ländern und einer EU-spezifische Themenkomplexe − so- ischen) Staaten anerkannt eine Sonder- ziale Kohäsion und die inhaltliche Dimen- rolle einnimmt. Die nebenstehende Kar- 1 In der Folge wird für die Differenzierung der Typen sion der EU-Politik im Sinne von EU-po- te verwendet eine flächentreue Projekti- von Kartenanamorphoten auf den englischen Begriff cartogram zurückgegriffen. licy − ergänzt. Den Kapiteln gemein ist, on, in welcher die Staaten farbig 140
Rezension: Europa und die Rezension – wer definiert wen? eingezeichnet sind, durch welche sie auf Die Autoren stellen drei verschiedene ihrer Konstruktion − nicht möglich ist – den folgenden länderbezogenen New- Kartentypen zur Darstellung der Sachver- sie sind ausnahmslos genordet. man-Gastner-Cartograms wiedererkenn- halte vor: Generell kommt die Erläuterung der bar sein sollen. Diese Farben erfüllen verwandten Techniken für den kartogra- aber noch einen anderen Zweck – sie sol- Typ 1 − Country Cartograms phisch interessierten Leser etwas zu len das Jahr der Beitritts (accession, zehn Dieser Kartentyp basiert auf dem von kurz, ist aber für den Laien sehr eingän- ungleichmäßige Zeiträume zwischen Gastner und Newman (2004) entwickel- gig, was dem Zweck des Buches sicherlich 1952 und 2011) bzw. den derzeitigen ten Verfahren (siehe auch worldmapper- genügt. Das umfangreiche Literaturver- Status in Bezug auf die EU wiedergeben project.com), wobei die Größe in der Dar- zeichnis hilft hier weiter. (3 Klassen). Im Gegensatz zu einer voll- stellung nicht proportional zur tatsächli- Eine weitere Einschränkung der Multi- ständigen Legende werden die verwand- chen geometrischen Größe gewählt, perspektivität entsteht, wenn man die ten Farben im Kartenbild abgestuft, um sondern in Abhängigkeit vom Absolut- verwandten Daten betrachtet. So spiegelt die Staaten unterscheidbar zu machen, wert eines beliebigen Indikators berech- sich, wie bereits angedeutet, die Nutzung was zunächst nicht ersichtlich ist, da die net wird. Diese Abbildungsform wurde der Kartentypen in den thematischen Ka- Intensität der Farben, sowohl der „Ska- für jene Karten genutzt, für die komplet- piteln (meist eine Karte/Thema/Seite) la“ als auch deren Abstufungen, eine sol- tes (für alle dargestellten Staaten) Daten- die Datenverfügbarkeit wieder. Dort wo che Schlussfolgerung nicht zulässt. Spä- material vorhanden ist. die Darstellung normale Absolutwerte testens mit der eingefärbten Schweiz (oder auf Absolutwerte umgerechnete (Beitrittsdatum zur EU gemäß Farb- Typ 2 − Population Cartograms with Anteile an der Bevölkerung) wiedergibt, schattierung zwischen 2008 und 2011) thematic mapping showing the kommt Typ 1 zum Einsatz (108 Karten). sowie Norwegen und Island (beide ca. geographical distribution of a variab- Als Basis dienen sehr heterogen Daten- 1995) verleitet die einleitende Karte zu le of interest quellen, die von der Weltbank über die einer genaueren Recherche. Warum je- Dieser Typ stellt eine einfache Abwand- Statistik des Eurovision Song Contest, doch beispielsweise die norwegische In- lung des ersten dar, wobei die Grundlage den European Values Survey bis hin zu sel Jan Mayen, nicht aber die Isle of Man ein Newman-Gastner-Cartogram der Be- Eurostat-Daten reichen. Beim Typ 2 wer- oder die Faröer-Inseln dargestellt sind, völkerung ist, auf welche Bezugswerte in den ausschließlich EU-Daten verwendet, erschließt sich dabei auch nicht. Erst einer Choroplethen-Darstellung farblich wobei die Balkanstaaten (außer Sloweni- wenn man die Datengrundlagen der Kar- abgestuft werden (z.B. Anteil der Mana- en) und die Türkei nicht berücksichtigt ten zu Rate zieht, scheint ein Muster er- ger an den Beschäftigten). werden können und eine nicht definierte kennbar: Inseln sind dann dargestellt, graue Farbe aufweisen (20 Karten). Die wenn Daten vorhanden sind. Typ 3 − Gridded-Population (Hennig) Gridded-Population Anamorphote (45 Der geschilderte räumliche Ansatz der cartograms with thematic mapping Karten) basiert wie Typ 2 hauptsächlich Autoren ist somit ein selbst gewählter, der Die sicherlich spannendste Darstellung auf Daten der Europäischen Kommission/ selbstverständlich den starken ökonomi- basiert auf der weite Beachtung finden- Eurostat, die fallbezogen um verschiede- schen Einfluss Russlands nicht berück- den Dissertation von Benjamin Hennig ne nationale und regionale Statistiken er- sichtigen kann. Dass hierbei eine Verzer- (2012), in welcher dieser ein Verfahren gänzt wurden. Der bezogene Raum korre- rung entsteht, ist dabei nicht abzustreiten. entwickelt, das die Idee der Darstellung liert aus diesem Grund häufig mit dem von Sie führt nicht allein zu einer im Südosten der Gridded Population of the World2 Typ 2 inklusive der eingegrauten, in den Europas nahezu Solitär auftretenden (Center for International Earth Science Daten nicht berücksichtigten, Rasterflä- Türkei, sondern bei ver-schiedenen Information Network (CIESIN), 2000) mit chenflächen. Die Übersicht der verwand- Themen zu inhaltlichen Ungereimtheiten. dem Ansatz von Newman und Gastner ten Datenquellen zeichnet dabei vornehm- So stellen die Autoren im Kapitel „Identity auf eine äußerst bemerkenswerte Weise lich das Bild einer erweiterten EU nach, and Culture“ die Daten zur Stimmabgabe verbindet, die einen direkten Rückschluss womit die Verwendung des Titels „The So- im Rahmen des European Songkontest auf die Relevanz der Indikator-Klassen cial Atlas of the European Union“ treffen- 2013 (S. 30f.) mit dem Ziel vor, die viel dis- hinsichtlich der Bevölkerungswirksam- der gewesen wäre. kutierten Muster der Stimmabgabe zu keit zulässt, da sie auf einen gleichverteil- Der Aufbau der einzelnen, jeweils auf analysieren. Aufgrund der räumlichen Be- ten Bevölkerungsraster beruht. einer Seite behandelten Themen orien- schränkung fehlen allerdings jene Länder, Keine der Karten ist von einem Maßstab tiert sich nahezu durchgehend am Sche- die damals Platz zwei bis vier Einnahmen begleitet, was − betrachtet man die Basis ma der Kombination von Überschrift mit (Russland, Ukraine, Moldawien) und da- Kartentitel und Datenquelle, Karte mit 2 Festlegung einer Bezugseinheitsgröße über ein mit die Möglichkeit, gerade die oft ge- gleichmäßig gespanntes Gitternetz (z.B. 20 qkm) Legende und in einigen Fällen erläutern- scholtene ost-europäische Allianz näher und farbliche differenzierte Darstellung des hierfür der Graphik zur Verteilung der Indika- ermittelten absoluten Wertes (z.B. Einwohnerzahl) für zu durchdringen. diese Zelle. torausprägung und ein Begleittext (im 141
Europa Regional 20, 2012 (2014) 2-3 Verhältnis 2/3 Karten/Graphik zu 1/3 welt sowie sozialer Kohäsion (jeweils 22 schlüsse und Internetzugang). Nach einer Text). Durchbrochen wird dieses Schema Seiten). Karte über den Anteil der Dollar-Milliar- in nur wenigen Fällen, wie zum Beispiel Wie beim Thema Bildung konzentrie- däre (erheblich vergrößert sind Deutsch- in der Einleitung, wo auf zwei Seiten die ren sich die Autoren auch hinsichtlich der land und Italien!) folgt ein Beitrag über Niederschlagswerte für Europa auf der Umweltaspekte der EU auf aktuelle The- Gewalttaten und Selbstmorde, während Basis der Landfläche und in Bezug auf die men wie Treibhausgas- und CO2-Emmis- das Kapitel wiederum mit einer Gridded- Bevölkerungsverteilung im Rahmen der sionen und Energiegewinnung. Die letzte Population-Karte (S. 180) zum selbst de- Gridded-Population-Darstellung als Small Karte des Kapitels (S. 180, sinnigerweise finierten (natürlich ohne Erläuterung) EU Multiples für jeden Monat gezeigt wer- mit Economy überschrieben) visualisiert Development Index endet. Dabei finden den. Die Begleittexte verstehen sich meist die Disposition von EU-Regionen (Daten- sich die höchsten Werte − wenig überra- als Erläuterung der in der Karte darge- werte für nicht EU-Staaten sind nicht ver- schend − in den stark bevölkerten Regio- stellten Muster und Extremwerte, deren fügbar) hinsichtlich des Klimawechsels. nen West-Europas, die niedrigsten – räumliche Verortung sich dem Leser Dabei greifen die Autoren auf einen selbst ebenso wenig überraschend − in Bulga- nicht bei allen Karten direkt erschließt. definierten Indexwert zwischen 0 (nied- rien und besonders Rumänien. Die mit zahlreichen Zitaten (Zeitungsmel- rig) und 100 (hoch) zurück, den sie aus Das dreizehnte Kapitel – die Zusam- dungen, politische Stellungnahmen, di- unterschiedlichen, nicht näher erläuter- menfassung – beschließt den Atlas mit ei- rekte Zitate) durchzogenen Texte bewe- ten Indikatoren (Hochwasseranfälligkeit, ner recht trivialen Karte, der an die Grid- gen sich auf dem Niveau der adressierten Disposition für Meeresspiegelschwankun- ded-Population angepassten, nächtlichen Leserschaft interessierter Laien und er- gen, Temperatur und Niederschlagswer- Satellitenaufnahme Europas (Europe at gänzen die kartographisch dargestellten ten sowie ökonomischen Faktoren in Ag- Night). Da die bevölkerungsstarken Regi- Sachverhalte um wertvolle Zusatzinfor- rarwirtschaft und Tourismus auf NUTS- onen vergrößert dargestellt werden, er- mationen. Insbesondere Karten im Be- 2-Basis) bilden. Der begleitende Text geht gibt sich ein Bild Europas mit einer zu reich Wirtschaft benötigen diese Erläute- dabei leider nicht auf die Gewichtung der 90 % nächtens beleuchteten Fläche. Dies rungen zum Kartenbild und den Kontex- Faktoren und die verwandte Methode zur soll der emittierten Lichtmenge der Städ- ten, stellen sie doch häufig eine Heraus- Berechnung der Indexwerte ein. So er- te entsprechen und abschließend deren forderung hinsichtlich des Wiedererken- schließt sich dem Leser nicht, warum die überragende Bedeutung für eine differen- nens der Länder (Kartentyp 1) dar − der Extremadura den höchsten Wert (100) zierte Betrachtung Europas (Europa der Rückgriff auf die Farbschattierungen der und die Regionen Schottlands und Irlands Städte statt der Nationen) hervorheben. Einleitungskarte ist meist wenig hilfreich. die niedrigsten Werte (ca. 1,5) haben. Auf Hier wäre eine weitergehende durchaus Der Themen- und Kartenkorpus ist − der anderen Seite zeigt dieses Beispiel die provokative Reflektion aller Karten und wie für einen thematischen Atlas nicht große Nutzungsbreite der Gridded-Popu- Themen wünschenswert gewesen, beste- anders zu erwarten − hier nicht im De- lation-Methode auf, die ohne weiteres die hen doch mehr als zwei Drittel des Bu- tail abzuhandeln. Das Autorenteam hat Daten physisch-geographischer Themen ches aus der Darstellung nationenbezo- sich aufgrund des beschränkten Um- in Bezug auf Bevölkerungsdaten darstel- gener Daten. fangs in den einzelnen Kapiteln auf ak- len kann. tuelle Themen konzentriert und ver- Das Thema soziale Kohäsion wird sehr Zusammenfassung sucht erst gar nicht, der Unmöglichkeit weit gefasst. Interessant ist die Gegen- Aufgrund der Verteilung der Kartenty- einer vollständigen Darstellung nachzu- überstellung von (Typ-1) Karten (S. pen, welche zu drei Viertel aus staaten- gehen. Das Kapitel Bildung fokussiert 160f.), welche die nationale Armutsgren- bezogenen Datenvisualiserungen beste- beispielsweise auf die Anteile der Bevöl- ze und internationale relative Armuts- hen, können die Autoren ihr Versprechen, kerung mit unterschiedlichen Schulab- grenze (unter 2 US$ Nettoäquivalenzein- zu verdeutlichen, dass Europa „is so- schlüssen, Mobilität von Studierenden, kommen) bzw. die Anzahl der jeweils un- mething much more than just a world re- vorschulische Bildung sowie Schul- und ter den o.g. lebenden Personen. Letztere gion or a collection of nation states“ nicht Ausbildungsabbrecher. Trotz dieses ein- führt zu einem erheblich vergrößerten vollständig einlösen. Lediglich die Grid- geschränkten Themenspektrums zeich- Osteuropa und einer dominanten Türkei, ded-Population-Cartograms können der net es jedoch ein differenziertes Bild in welcher 3,5 der 4 Mio. Personen mit formulierten Hoffnung „that we are mov- der Bildungswirklichkeit in der EU einem Einkommen unter 2 US$ in Euro- ing towards the conception of a Europe- nach. pa leben. Neben Einkommen werden an people instead of Europe of nations” Die beiden umfangreichsten Kapitel be- auch GINI-Koeffizient und Armutsrisiko visuellen Nachdruck verleihen. Sie sind finden sich im letzten Drittel des Atlas thematisiert. Ein zweiter Komplex behan- es auch, die den leider nicht explizit er- und beschäftigen sich − dem alternativen delt verschiedene Aspekte von Verkehr läuterten methodischen Anspruch der Ansatz des Atlas folgend − nicht mit Wirt- (u.a. Fahrzeuge, PKW oder Schienennetz) „Human Cartography“ (nachzuschlagen schaft und Bevölkerung, sondern mit Um- und Kommunikation (z.B. Telefonan- in der gleichnamigen Monographie von 142
Rezension: Europa und die Rezension – wer definiert wen? Janos Szegö 1987) wiederspiegeln. So ist haben Sie die Erde noch nie gesehen. density-equalizing maps. Proc. Nat. der Atlas ein sehens- und lesenswertes Darmstadt. Acad. Sci. USA, 101, 7499-7504 (2004). Buch, das beim Schmökern interessante Dorling, D. (2014) Inequality and the Hennig, B. (2013): Rediscovering the Eindrücke vermittelt – eben ein schönes 1 %. London, New York. World. Map Transformations of Human coffee table book. CIESIN (Center for International Earth and Physical Space. Berlin, Heidelberg. Science Information Network) (2000): Szegö, J. (1987): Human cartography. Dorling, D. (1995): A new social atlas of Gridded populationof the world (GPW) Mapping the world of man. Hrsg.: Britain. Chichester u.a. version 2. Palisades Columbia Univer- Swedish Council for Building Research. Dorling, D., B. Thomas, (2004): People sity New York. http://sedac.ciesin.co- Stockholm. and places : a 2001 census atlas of the lumbia.edu/gpw-v2/index.html?main. UK. Bristol. html&2. Accessed August 2012. Eric Losang, Leipzig Dorling, D., M. Newman, A. Bradford Gastner, M. T., M. E. J. Newman (2004): (2010): Atlas der wirklichen Welt: so Diffusion-based method for producing 143
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